L 19 AS 30/13

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 9 AS 1807/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 30/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 04.12.2012 wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Hausverbotes.

In der Vergangenheit bezog der Kläger in Bedarfsgemeinschaft mit seiner Ehefrau lebend Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Nach vorheriger Kontaktaufnahme per E-Mail erschien der Kläger am 01.06.2011 in den Räumlichkeiten des Beklagten.

Hierbei soll es nach Vermerken in der Verwaltungsakte des Beklagten zu lautstarken Äußerungen und Fehlverhalten des Klägers gekommen sein, in deren Folge er zum Verlassen des Dienstgebäudes aufgefordert worden sei. Dieser Aufforderung sei der Kläger nicht nachgekommen, ebenso wenig der mündlichen Aufforderung zweier hinzugezogener Polizeibeamter, die ihn nach neuerlicher Weigerung, selbst zu gehen, unter körperlichem Einsatz aus den Räumen des Beklagten geführt hätten.

Mit Bescheid vom 03.06.2011 erteilte der Beklagte dem Kläger ein bis zum 30.11.2011 befristetes Hausverbot für die Räumlichkeiten des Beklagten am Standort E, Q-straße 00, E. Dem Kläger wurde untersagt, diese Räumlichkeiten für den genannten Zeitraum zu betreten. Zwischenzeitliche Angelegenheiten seien telefonisch oder schriftlich zu regeln. Bei Zuwiderhandlung werde Strafanzeige wegen Hausfriedensbruches erstattet.

Gegen den am 04.06.2011 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 20.06.2011 Widerspruch eingelegt, der Beklagte diesen mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2011 - W 1133/11 - zurückgewiesen.

Am 11.08.2011 hat der Kläger im vorliegenden Verfahren Klage zum Sozialgericht erhoben. Er habe Anspruch auf Leistungen, es sei Sache des Beklagten diese zu gewähren. Dieser Aufgabe dürfe er sich nicht durch ein willkürliches Hausverbot entziehen.

Das Sozialgericht hat am 28.03.2012 einen Erörterungstermin durchgeführt. Der Kläger hat im Rahmen dieses Termins erklärt, er sei durch das Hausverbot gekränkt worden, habe eine andere Sicht der das Hausverbotes auslösenden Vorfälle und beabsichtige eine Schadensersatzklage, weil ihm durch das Hausverbot ein Schaden entstanden sei.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.12.2012 hat das Sozialgericht die am 01.06.2011 mit dem Kläger befassten Mitarbeiter des Beklagten als Zeugen vernommen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Anlagen zur Sitzungsniederschrift vom 04.12.2012 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 04.12.2012 hat das Sozialgericht über den Antrag entschieden,

festzustellen, dass das Hausverbot des Beklagten vom 03.06.2011 rechtswidrig ist

und die Klage abgewiesen. Die als Fortsetzungsfeststellungsklage in der Sozialgerichtsbarkeit zulässige Klage sei nicht begründet. Zu Recht habe der Beklagte ein Hausverbot verhängt. Auf die weitere Begründung des Urteils wird Bezug genommen.

Gegen das am 14.12.2012 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 07.01.2013. Zu Unrecht habe das Sozialgericht das Hausverbot bestätigt. Die nicht glaubwürdigen Zeugen seien erneut zu vernehmen.

Nach seinem erkennbaren Interesse beantragt der Kläger,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 04.12.2012 zu ändern und festzustellen, dass das mit Bescheid vom 03.06.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.07.2011 festgestellte Hausverbot rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Der Senat macht nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Schreiben vom 15.02.2013 von der Möglichkeit Gebrauch, die Berufung im Beschlussverfahren zurückzuweisen.

Diese Möglichkeit besteht nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG), wenn der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Die Anhörung ist erfolgt. Die weiteren Voraussetzungen einer Entscheidung durch Beschluss über die Berufung liegen gleichfalls vor, denn die Berufsrichter des Senats sind übereinstimmend der Auffassung, dass die Berufung unbegründet ist.

Im Rahmen des bei dieser Einschätzung zustehenden Ermessens (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. Beschlüsse vom 06.04.2011 - B 4 AS 188/10 B, vom 24.05.2012 - B 9 SB 14/11 B, vom 29.05.2012 - B 1 KR 6/12 B, zusammenfassend Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 153 Rn 15 m.w.N.) sieht der Senat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als nicht erforderlich an.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Im Berufungsverfahren nicht mehr zu prüfen ist dabei, ob das Sozialgericht unter Berufung auf einen Beschluss des Bundessozialgerichts (Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R) und damit entgegen einer im Vordringen begriffenen, möglicherweise vorherrschenden Auffassung (vgl. z.B. Beschlüsse des OVG NRW vom 13.05.2011 - 16 E 174/11, des VG Hamburg vom 15.12.2011 - 5 E 2409/11, des LSG Hamburg vom 31.07.2012 - L 4 AS 246/12 B ER, allesamt aufzufinden in juris) die Zulässigkeit des zu ihm beschrittenen (Sozial-) Rechtsweges zu Recht bejaht hat.

Denn nach § 17a Abs. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) prüft das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.

Im Übrigen ist die Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteiles zurückzuweisen. Der Senat sieht entsprechend § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Die als Berufungsbegründung gemeinte Äußerung des Klägers, er fühle sich durch das ausgesprochene Hausverbot weiterhin beleidigt, die Zeugen seien unglaubwürdig und erneut zu vernehmen, gibt keine Veranlassung zur abweichenden Einschätzung und insbesondere auch nicht dazu, die vom Sozialgericht gehörten Zeugen erneut vor dem Senat anzuhören. Er benennt keine Tatsachen dafür, dass er die Zeugen für unglaubwürdig hält. Die Beobachtung, die Zeugen seien sich vor Verkündung des Urteils des Sozialgerichts hinsichtlich des Ausgangs des Verfahrens nicht sicher gewesen, ist kein Beleg für eine unglaubhafte Aussage der Zeugen.

Ausweislich der Sitzungsniederschrift zur mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts hat dieses die Formalien der Beweisaufnahme eingehalten und protokolliert. Die Sitzungsniederschrift erbringt nach §§ 202 SGG, 414 ZPO bis zur Wiederlegung im Wege des Vollbeweises ihrerseits den vollen Beweis des beurkundeten Vorganges (§ 415 Abs. 1 am Ende, Abs. 2 ZPO).

Der Sitzungsniederschrift ist zu entnehmen, dass sowohl die Zeugin I als auch der Zeuge T eine Äußerung des Klägers, die Zeugin werde am nächsten Tag keinen schönen Tag haben, als Drohung gegenüber der Zeugin empfunden haben.

Hierzu hat der Kläger erklärt: "Ich habe zwar gehört, was die Zeugen hier ausgesagt haben, möchte aber noch einmal betonen, dass ich die Frau I nicht am 01.06.2011 in den Büroräumen bedroht habe."

Diese mit den Aussagen der Zeugen kontrastierende Äußerung war bereits Inhalt der vorprozessualen Äußerungen des Klägers im Widerspruchsverfahren. Sie wird nicht gestützt durch Hinweise auf Widersprüche innerhalb der Aussagen beider Zeugen, ebenso wenig durch Hinweise auf Widersprüche der zwei Aussagen im Verhältnis zueinander. Beobachtungen oder Hilfstatsachen, die Zweifel an der Wahrhaftigkeit der protokollierten Aussagen bzw. der persönlichen Verlässlichkeit der Zeugen im Sinne ihrer vom Kläger in Abrede gestellten Glaubwürdigkeit nähren könnten, werden nicht aufgezeigt.

Es besteht danach kein Anlass zu einer Wiederholung der Beweisaufnahme durch erneute Anhörung der Zeugen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Misserfolg der Berufung Rechnung.

Ein Anlass zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG besteht nicht.

Gegen diesen Beschluss steht nach § 158 S.3 SGG den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte.
Rechtskraft
Aus
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