L 3 R 213/07

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 11 RA 504/02
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 R 213/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18. Oktober 2007 im Hauptausspruch geändert und wie folgt neu gefasst: Der Bescheid vom 14. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. September 2002 wird (soweit er K., J. und K1 betrifft) aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Bescheide vom 11., 15. und 16. August 2011 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass K., J. und K1 in den in den aufgehobenen Bescheiden genannten Zeiträumen und Beschäftigungen in allen Zweigen der Sozialversicherung nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sind. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Anfrageverfahrens noch darum, ob die bei der Klägerin beschäftigten Promoter K., J. und K1 in den Jahren 2002/2003 versicherungspflichtig beschäftigt waren.

Die Klägerin ist eine Dienstleistungsagentur, deren Geschäftsfeld darin bestand und besteht, den Promotionbereich für den Zigarettenhersteller B. zu organisieren. Hierfür entwickelt sie gemeinsam mit dem Auftraggeber eine "grobe Idee" für die Entwicklung von Kundenkontakten im Rahmen von Promotionsaktionen, orientiert am Image der jeweiligen Zigarettenmarke. Ausgehend von diesem Image erstellt die Klägerin eine Liste von Gastronomiebetrieben, die im Rahmen der Aktion zwecks Verteilung von Werbematerial aufgesucht werden konnten, als Vorschlagsliste für die jeweiligen Promoter.

Die Klägerin verfügte über eine Kartei von im streitigen Zeitraum 2002/2003 ca. 1200 Studenten. Der Auftraggeber erteilte den Auftrag, innerhalb eines gewissen Zeitraumes von beispielsweise 4 Wochen eine Aktion durchzuführen und machte dazu der Klägerin gewisse Vorgaben etwa hinsichtlich der Anzahl, des Alters und des Geschlechts der Promoter. Die Klägerin suchte dann aus ihrer Kartei entsprechende Personen heraus und fragte telefonisch an, wer im betreffenden Zeitraum an der Aktion teilzunehmen bereit war. Schriftliche Vereinbarungen existierten nicht, die Promoter, die sich zur Durchführung der Aktion bereit erklärten, erhielten eine Mail, in der die Rahmenbedingungen bestätigt wurden. Die Promoter holten sich dann das Promotionmaterial (Zigarettenpäckchen) und ggfs. die Promotionkleidung des Auftraggebers bei der Klägerin ab. Eine persönliche Erbringung der Leistung war nicht erforderlich, die Promoter waren befugt, eine dem Kundenauftrag entsprechende und instruierte Ersatzperson zu stellen und machten in der Praxis auch hiervon Gebrauch, beispielsweise, um einen ihnen von anderen Unternehmen parallel angebotenen lukrativeren Auftrag selbst anzunehmen.

Die in der Kartei der Klägerin geführten Promoter verfügten über einen Gewerbeschein, sie erstellten der Klägerin gegenüber Rechnungen, mit welchen die "Touren" selbst (Stundensatz für eine pauschal vorgegeben Stundenzahl, deren Einhaltung nicht relevant war), Auslagen, Pauschalen und Kilometergeld für Nutzung des Privat-PKW abgerechnet wurden. Falls kein Privat-PKW zur Verfügung stand, wurde ein Mietwagen gestellt. Die notwendige Büroausstattung hielten die Promoter selbst vor.

Anspruch auf Lohnersatzleistung bei Krankheit bestand nicht, es bestand dann die Möglichkeit, selbst für Ersatz zu sorgen. Ebenso bestand kein Anspruch auf bezahlten Urlaub. Die Promoter durften für andere Auftraggeber tätig werden, hiervon wurde auch in der Praxis Gebrauch gemacht. Allerdings durfte parallel in ein und derselben Aktion eines Zigarettenherstellers nicht für eine andere Zigarettenmarke geworben werden. Außerdem durften entsprechend den gesetzlichen Vorgaben bei bestimmten Promotionartikeln keine minderjährigen Personen angesprochen werden. Schließlich mussten zum Teil Nachweise hinsichtlich des Verbleibs des Promotionmaterials geführt werden.

Die Promoter wurden teilweise, je nach Auftrag, in Gruppen tätig, wobei dann einer der Promoter als "Teamleiter" eingesetzt wurde und in der Folge neben der Verteilung des Materials auch für die Organisation der Promotionaktion zuständig war. Darüber hinaus gab es sogenannte "Gastronomiebetreuer", die vorab bei Restaurants, Kneipen etc. sicherstellten, dass dort Werbematerial verteilt werden durfte und die diese "Locations" in der Folge betreuten. Die Auswahl der jeweiligen Lokalitäten oblag dabei dem Gastronomiebetreuer selbst, Vorgaben der Klägerin oder deren Auftraggeber existierten nicht.

Die Promoter bzw. die Teams entschieden in den einzelnen Promotionaktionen jeweils selbständig, wann und wo die Aktionen stattfinden sollten. Grundsätzliche Zielvorgabe war zwar "Gastronomie", es konnte aber eine Aktion nach freier Wahl der Promoter bei gutem Wetter im Stadtpark oder an der Hafenpromenade stattfinden, statt Gastronomiebetriebe aufzusuchen, wie vielleicht ursprünglich geplant. Hierauf nahm weder die Klägerin noch deren Auftraggeber Einfluss.

Das Promotionmaterial wurde von der Klägerin bzw. deren Auftraggeber gestellt, ebenso einheitliche Kleidung z.B. mit Werbeaufdruck, wenn einheitliches Auftreten gefragt war. Übriges Material wurde – soweit notwendig – von den Promotern selbst gestellt. Dafür wurden sie mit Pauschalen, wie beispielsweise einer "Kommunikationspauschale" abgegolten. Die Stundenvorgabe diente lediglich der Abrechnung und wurde in jedem Fall in der vorher vereinbarten Höhe erbracht, und zwar unabhängig von der tatsächlich für die Verteilung des Promotionmaterials aufgewendeten Zeit. Tatsächlich abgearbeitet war der Auftrag, wenn das Material aufgebraucht war, wobei die Promoter bei der Wahl der Einsatzorte und Einsatzzeiten frei waren, die unter Nutzung ihrer Ortskenntnisse günstigsten Zeiten und Orte für die Verteilung des Materials zu wählen.

Am 18. April 2000 leitete die Klägerin bei der Beklagten ein Anfrageverfahren zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status der von ihr eingesetzten Promoter ein. Die Beklagte überprüfte daraufhin den Status von rund 60 ihr von der Klägerin genannten Promotern und hörte die Klägerin mit Schreiben vom 1. September 2001 zu einer beabsichtigten Feststellung eines Bestehens sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse in den überprüften Fällen an. Mit Bescheid vom 14. Dezember 2001 stellte die Beklagte dann fest, die namentlich genannten ca. 60 Promoter übten "die Tätigkeit als Promoter/Promoterinnen im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses aus". Für die Abgrenzung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit von einer nichtselbstständigen Tätigkeit komme es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) darauf an, ob ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis eines Arbeitnehmers gegenüber einem Arbeitgeber infolge der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation bestehe. Typisches Merkmal eines solchen Abhängigkeitsverhältnisses sei die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers über Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der Tätigkeit, selbst wenn von diesem Weisungsrecht - wegen der klar umrissenen Aufgabenstellung - nicht ständig in Form von Einzelanweisungen Gebrauch gemacht werde. Die selbstständige Tätigkeit sei demgegenüber gekennzeichnet durch ein eigenes Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit. Nach Maßgabe dieser Grundsätze sei insbesondere beachtlich, dass die Weisungsfreiheit der Promoter hinsichtlich der jeweiligen Einsatzorte eingeschränkt sei. Die Einsatzorte ergäben sich zwingend aus den Vorgaben des jeweiligen Veranstaltungsortes (Kaufhaus, Supermarkt ). Der zeitliche Rahmen werde durch die geregelten Geschäfts- oder Öffnungszeiten der Unternehmen bestimmt. Ein Einsatz eigener Betriebsmittel in erheblichem Maße sei nicht erforderlich, so dass auch kein unternehmerisches Risiko bestehe.

Mit ihrer nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens (Widerspruchsbescheid vom 2. September 2002) erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Promoter handelten selbstständig und entschieden, an welchen Tagen der Woche und wo im Einsatzgebiet sie tätig würden. Vorgegeben würden allein der Großraum des Einsatzgebietes und die Gesamtdauer der Promotionaktion. Die Promoter könnten dann selbst bestimmen, welche Restaurationen bzw. Veranstaltungen sie zur Durchführung der Promotionsaktion besuchten. Das Auffinden der entsprechenden Zielgruppe sei allein ihre Entscheidung und setze entsprechende Orts- und Szenekenntnisse im Einsatzgebiet zur ordnungsgemäßen Durchführung des Auftrages voraus. Von einer Eingliederung in den Betrieb der Klägerin könne nicht gesprochen werden. Auch seien die Promoter in der eigentlichen Durchführung der Aktion vollkommen frei. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der Frage, wie im Rahmen der Gesamtdauer des Projekts die Zielvorgaben erfüllt würden. Die Promoter erbrächten diese Dienstleistung im eigenen Namen und auf eigene Rechnung unter freier Entscheidung, welche Betriebsmittel sie einsetzten, ob sie sich weiteren Personals bedienten und in welcher Art und in welchem Umfang Kundenakquisition betrieben werde.

Das Sozialgericht hat zehn Auftragnehmer der Klägerin beigeladen und mit Urteil vom 18. Oktober 2007 den angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und festgestellt, dass die vom Sozialgericht beigeladenen Promoter bei der Klägerin nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig gewesen sind. Zwar sei die Tätigkeit als Promoter dadurch gekennzeichnet, dass es sich um einen konkreten Auftrag gehandelt habe, welcher darin bestanden habe, im Rahmen einer Werbekampagne eine Promotionaktion durchzuführen. Allein die Tatsache, dass Ort und Zeit in einem weiten Rahmen vorgegeben gewesen seien, spreche indes noch nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Denn die jeweiligen Promoter seien in der konkreten Umsetzung des Auftrages unter Berücksichtigung von globalen Vorgaben frei in ihrer Ausgestaltung gewesen. Sie hätten im Wesentlichen frei bestimmen können, an welchen Tagen es wirtschaftlich betrachtet sinnvoll sei, Gastronomiebetriebe aufzusuchen und die Produkte zu bewerben. Die Kenntnisse der Szene, die für den jeweiligen wirtschaftlich sinnvollen Einsatz erforderlich waren, hätten die jeweiligen Promoter mitgebracht, Vorgaben der Klägerin hierfür habe es nicht gegeben. Gleiches gelte auch für den Ort der Ausführung. Welche Gastronomiebetriebe die Promoter konkret ausgewählt hätten, habe ihrer eigenen Entscheidung oblegen, eine Überwachung nicht stattgefunden. Die Promoter hätten auch ein eigenes unternehmerisches Risiko getragen. Eine unzutreffend eingeschätzte Zeit oder ein nicht gut besuchter Gastronomiebetrieb hätten zu weniger Kontakten geführt bzw. es sei zur Erreichung des Aktionszieles ein verstärkter Einsatz an anderen Tagen oder in anderen Gastronomiebetrieben erforderlich gewesen. Der Umstand, dass weder Lohnfortzahlung im Urlaub noch im Krankheitsfall erfolgt sei, sowie die Art der Zahlung der Einkünfte seien weitere Hinweise auf eine selbstständige Tätigkeit. Aus alledem ergebe sich, dass die Beklagte zu Unrecht das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses festgestellt habe.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 29. Oktober 2007 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 23. November 2007 Berufung eingelegt, mit welcher sie im Wesentlichen vorträgt, gegen eine tatsächliche Weisungsungebundenheit der Promoter spreche bereits die Tatsache, dass nicht einzelne Promoter, sondern jeweils eine Gruppe die Gastronomiebetriebe aufgesucht habe. Die Organisation mit Teamleiter und Koordinator wäre nicht notwendig gewesen, wenn die Betroffenen tatsächlich weisungsfrei gewesen wären. Des Weiteren beruft sich die Beklagte auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 4.6.1998 (B 12 KR 5/97 R "Ausbeiner"). Schließlich ist sie der Auffassung, eine Weisungsgebundenheit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin ergebe sich für die Promoter bereits aus der Tatsache, dass die Leistungen auszuführen seien, welche die Produktkunden der Klägerin vorgäben.

Die Beklagte hat nach Erlass des Urteils des Bundessozialgerichts vom 4.6.2009 (B 12 R 6/08 R), nach welchem die Beklagte im Rahmen von Entscheidungen im Anfrageverfahren nach § 7a des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) nicht zur isolierten Feststellung des (Nicht-) Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung ermächtigt ist, drei Bescheide hinsichtlich der von der Beklagten regelmäßig beauftragten Promoter K., J. und K1 erlassen. Auf den Inhalt dieser Bescheide wird Bezug genommen.

Das Berufungsgericht hat zunächst die Beiladungen der ersten Instanz aufgehoben und sodann durch Beschluss vom 22. Februar 2012 die betroffenen Promoter aufgefordert, bis zum 31. Juli 2012 ihre Beiladung zu beantragen. Unterbleibe der Antrag, finde eine Beiladung nicht statt. Der Beschluss ist im Bundesanzeiger und in den Tageszeitungen "Frankfurter Allgemeine", "Die Welt" und "Die Süddeutsche Zeitung" veröffentlicht worden. Anträge auf Beiladungen sind nicht erfolgt.

In der mündlichen Verhandlung hat das Berufungsgericht den Teil des Verfahrens, welcher nicht K., J. und K1 betrifft, durch Beschluss abgetrennt.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18. Oktober 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klage gegen die Bescheide vom 11., 15. und 16. August 2011 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Bescheide vom 11., 15. und 16. August 2011 aufzuheben.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und verweist insbesondere darauf, dass die Promoter – im Gegensatz zu den von der Beklagten angeführten Ausbeinern – selbst bestimmen konnten, an welchen Tagen sie welche Örtlichkeiten aufsuchen wollten, um ihre Produkte zu bewerben.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 4. Dezember 2012 aufgeführten Akten und Unterlagen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.

Sie ist jedoch unbegründet. Das angefochtene Urteil ist im Ergebnis zu bestätigen. Zu Recht hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 14. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. September 2002, mit welchem die Beklagte zunächst lediglich festgestellt hat, die namentlich in dem Bescheid genannten rund 60 Promoter übten "die Tätigkeit als Promoter/Promoterinnen im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses aus". Verfahrensgegenstand sind des Weiteren die Bescheide vom 11., 15. und 16. August 2011, mit welchem die Beklagte diesen Bescheid dahingehend abgeändert hat, dass in den von K., J. und K1 ausgeübten Beschäftigungen als Promoter bzw. Promoterin in den in den Bescheiden genannten Zeiträumen Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung bestanden habe. Diese Bescheide sind gemäß § 96 SGG i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn die Bescheide, die die Versicherungspflicht der genannten Promoter auf Grund der für die Klägerin ausgeübten Beschäftigung feststellen, ändern den vorherigen Bescheid, der lediglich das Element "abhängige Beschäftigung" u.a. in Bezug auf die genannten Personen isoliert festgestellt hatte, ab. Damit hat die Beklagte der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (zuletzt Urt. vom 4. Juni 2009 - B 12 R 31/07 R - SozR 4-2400 § 7a Nr. 3) Rechnung getragen, nach der eine isolierte Feststellung einer abhängigen Beschäftigung nicht zulässig ist (zur Anwendbarkeit des § 96 SGG in diesen Fällen: LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 20. November 2009 - L 4 R 1540/08 – Juris Rn. 26; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24. März 2010 - L 9 KR 13/08 – Juris Rn. 21; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 31. März 2010 - L 6 R 3/09 – Juris Rn. 39).

Die Beklagte war zur Entscheidung über den Antrag der Klägerin befugt. Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV könnten die Beteiligten – in der Regel der Dienstgeber und der Dienstnehmer – schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Für eine solche Statusfeststellung ist nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV die Beklagte zuständig, nicht die nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV zur Entscheidung berufene Einzugsstelle. Einen solchen Antrag auf Statusfeststellung hatte die Klägerin am 15. April 2000 bei der Beklagten gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig, das erstinstanzliche Urteil daher insoweit zu bestätigen und die in der Berufungsinstanz ergangenen Gegenstandsbescheide waren aufzuheben. Die Promoter K., J. und K1 waren in ihren Tätigkeiten für die Klägerin in den in den Bescheiden aufgeführten Zeiträumen nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Die Versicherungspflicht richtet sich in den Zweigen der Sozialversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) für die Arbeitslosen-versicherung, § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) für die Krankenversicherung, § 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) für die Rentenversicherung und § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XI) für die soziale Pflegeversicherung. Diese Vorschriften setzen für die Versicherungspflicht – in der hier einzig denkbaren Alternative – jeweils eine abhängige Beschäftigung gegen Entgelt im Sinne des § 7 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) voraus.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (siehe etwa Urteil v. 28.05.2008 – B 12 KR 13/07 R) setzt danach eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig Beschäftigter oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das gesamte Bild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag. Dieser Rechtsprechung folgt der Senat in ebenfalls ständiger Rechtsprechung. Sie stimmt überein mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil v. 09.03.2005 – 5 AZR 493/04), wonach Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist und wonach sich die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation insbesondere darin zeigt, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht seines Vertragspartners unterliegt, welches Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betrifft und wonach für die Abgrenzung in erster Linie die tatsächlichen Umstände, unter denen die Dienstleistung zu erbringen ist, von Bedeutung sind und wonach schließlich eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles zu erfolgen hat.

Vorliegend spricht allenfalls der Umstand, dass die Propagandisten über keine eigene Betriebsstätte verfügten und ferner, dass sie zumindest kein Betriebsrisiko im Sinne eines Kapitalrisikos hatten, für eine abhängige Beschäftigung. Dagegen sprechen die vertragliche Ausgestaltung mit einem gewissen "Auftragsvolumen", die Entgeltabwicklung aufgrund von Rechnungstellung mit einem Pauschalbetrag zzgl. Auslagen, der Umstand, dass kein Anspruch auf Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Urlaub bestand und dass die Leistung nicht persönlich erbracht werden musste, sowie der Umstand, dass Tätigkeiten für andere Auftraggeber vertraglich und zeitlich möglich und auch tatsächlich üblich waren, für eine selbständige Tätigkeit.

Ausschlaggebend ist allerdings, dass kein Weisungsrecht der Klägerin bestand, welches zu einer Eingliederung der Propagandisten in die Arbeitsorganisation der Klägerin führte. Auch für sogenannte "Verkaufsförderer", "Werber", "Propagandisten" oder "Promoter" gilt insoweit, dass die Beurteilung des Vertragsverhältnisses im Wege der Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist (vgl. nur Voelzke in: Küttner, Personalbuch 2010, Scheinselbständigkeit, Rz. 21 und BSG, Urteil v. 24.10.1978 – 12 RK 58/76 – Juris Rn. 12).

Wichtigstes Kriterium für die Selbständigkeit der betroffenen drei Promoter ist danach die fehlende Weisungsgebundenheit. So wurde den Promotern weder von der Klägerin noch von deren Auftraggeber ein konkreter Arbeitsort und eine konkrete Arbeitszeit vorgegeben. Von den rechtlichen Rahmenbedingungen abgesehen (d.h. insbesondere keine Abgabe von Rauchwaren an Minderjährige, § 10 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes) waren die Promoter auch frei darin, wie und wo sie das Werbematerial zum Absatz brachten bzw. die Kundenkontakte herstellten.

Die Promoter trugen auch ein für Selbständige typisches unternehmerisches Risiko: sie hatten ihren Auftrag dann erfüllt und bekamen den Einsatz abgerechnet, wenn sie ihr Werbematerial verteilt hatten – waren sie dabei schneller als vom Auftraggeber bei Festlegung der pauschalen Stundenzahl prognostiziert, kam ihnen der Zeitgewinn zu Gute, waren sie langsamer, mussten sie mehr Zeit zur Abarbeitung des Auftrages aufwenden. Ihr unternehmerisches Risiko lag mithin darin, ihre Arbeitskraft vollständig, über dem Limit oder unter dem Limit für den Auftrag einzusetzen und je nach Erfolg mehr oder weniger Arbeitskraft für andere Einsätze zur Verfügung zu haben. Dem entspricht, dass die Promoter im Verhinderungsfalle Ersatz stellen konnten, eine persönliche Dienstleistung war nicht notwendig. Dass hiervon auch regelmäßig Gebrauch gemacht, beispielsweise von einzelnen Promotern Aufträge der Klägerin an dritte Personen weitergegeben wurde, wenn zeitgleich ein lukrativeres Angebot einer anderen Promotionagentur vorlag, bestätigt die Annahme der Selbständigkeit. Denn es handelt sich hierbei um ein Verhalten, das für Arbeitnehmerarbeitsverhältnisse untypisch und arbeitgeberseitig regelmäßig nicht akzeptiert, bei Selbständigen hingegen durchaus üblich ist.

Soweit Tätigkeiten für andere Auftraggeber zeitlich und vertraglich möglich und tatsächlich üblich waren, gilt dieselbe Überlegung. Um ein unternehmerisches Risiko handelt es sich auch, wenn Promoter mit ggfs. entstehenden Ausfallkosten belastet wurden, falls sie im Verhinderungsfall keinen Ersatz stellten und die Aktion auch nicht rechtzeitig absagten.

Auch der Umstand, dass die Aufträge immer nur von jeweils kurzer Dauer waren und jeweils neu vergeben wurden, spricht für selbständige Ausübung der Tätigkeit, denn bei nur kurzer Berührung mit dem Betrieb des Auftraggebers muss sich der Auftragnehmer – stärker als bei einer auf Dauer angelegten (Arbeitnehmer-)Tätigkeit – dem Auftraggeber gegenüber immer wieder bestätigen; er trägt also ein verstärktes Unternehmerrisiko. Auch ist er bei kurzzeitigen Aufträgen weniger in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert und dessen Weisungen auch nur in geringerem Umfang unterworfen (Bundesfinanzhof, Urt v. 14.6.1985 – VI R 150-152/82 – Juris Rn. 40). Dies gilt insbesondere dann, wenn wie hier der Auftragnehmer weder in der Betriebsstätte des Auftraggebers tätig geworden ist, noch von ihm Weisungen hinsichtlich Ort, Zeit und Art der Durchführung der Tätigkeit erhalten hat. Insoweit bestand allenfalls eine gewisse Bindung an die Öffnungszeiten der aufgesuchten Gastronomiebetriebe. Aber selbst diese Bindung war nicht zwingend, denn die Promoter konnten auch insoweit frei entscheiden, in welche Betriebe bzw. Locations oder zu welchen Veranstaltungen sie gehen wollten. Zudem beeinträchtigt eine derartige Bindung die Selbständigkeit hier deshalb nicht, weil die Promoter eben nicht gehalten waren, diese Zeiten persönlich einzuhalten, sondern sie sich vielmehr auch vertreten lassen konnten (Bundesgerichtshof, Urt. v. 11.3.1982 – I ZR 27/80 – Juris Rn. 17).

Im Unterschied zu dem von der Beklagten für sich in Anspruch genommenen "Ausbeiner-Urteil" waren die Propagandisten auch nicht in einen "Arbeitsprozess" eingegliedert. Zeit, Dauer und Ort der Zerlege- und Ausbeinarbeiten waren in dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall bestimmt durch den Fremdbetrieb; dessen Anweisungen gab der Auftraggeber schlicht weiter (Urteil v. 4.6.1998 - B 12 KR 5/97 R – Juris Rn. 19). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Soweit die Fremdbetriebe hier bestimmte Vorgaben machten – etwa hinsichtlich des Geschlechts, der Haarfarbe der Propagandisten oder ähnlicher Äußerlichkeiten – setzte die Klägerin diese bei der Auswahl der Promoter direkt um; die Vorgaben hatten aber keine Auswirkungen auf die Art der Auftragserledigung selbst. Diesbezüglich wurden keine Weisungen erteilt. Bei dem Verbot, zeitgleich in ein und derselben Promotionaktion verschiedene Zigarettenmarken zu bewerben, handelt es sich um eine Wettbewerbsabrede, wie sie auch bei Freiberuflern durchaus üblich ist.

Auch dass teilweise in Gruppen mit einem "Teamleiter" gearbeitet wurde, führt zu keiner anderen Bewertung. Die Teamleiter waren in erster Linie zur Koordination eingesetzt. Ihre Aufgabe war die Planung und Organisation eines Promotiontages, Tourenplanung, Bestandsaufnahme des Promotionmaterials und Buchführung. Anhaltspunkte für eine Weisungsbefugnis gegenüber den Promotern ergeben sich daraus nicht. Die Teamleiter selbst waren wiederum in der Organisation im Hinblick auf das Erreichen des vorgegebenen Werbezieles (bestimmte Anzahl von "Kontakten") frei. Bei einem Einsatz von Gruppen entschied die zusammengestellte Gruppe selbst dann jeweils über Art, Ort und Zeit der Einsätze. Es lag dann ein gemeinschaftlich getragenes geschäftliches Risiko im Hinblick auf die möglichst schnelle und unkomplizierte Durchführung des Auftrages vor und nicht eine Unterwerfung unter die Anweisungen des Einsatzbetriebes, wie dies etwa bei Arbeitskolonnen der Fall ist. Einzelanweisungen erfolgten weder durch die Klägerin noch durch deren Auftraggeber; zu letzteren bestand über die Entgegennahme von Promotionmaterial hinaus auch kein Kontakt. Die Weisungsfreiheit zeigt sich auch darin, dass kurzfristig, auch spontan vor Ort durch die Gruppen, entschieden werden konnte und auch entschieden wurde, welche Location angesteuert wurde. Dabei bestand ein gemeinsames Interesse, den Auftrag schnell zu erledigen und daher bevorzugt die Orte aufzusuchen, an denen aktuell "etwas los war", anstatt einen bestimmten, vorgegebenen Plan abzuarbeiten. Dadurch konnte Zeit gewonnen werden für anderweitige Arbeit, Freizeit oder Studium. Auch dies ist ein typisches Merkmal selbständiger Tätigkeit.

Schließlich ergibt sich eine andere Bewertung auch nicht aus dem nach den Angaben der Klägerin zu Beginn der Tätigkeit erfolgte "Briefing", bei welchem u.a. vermittelt wurde, möglichst nur Raucher anzusprechen und sich nicht auf Diskussion mit Nichtrauchern einzulassen. Es handelt sich insoweit nicht um konkrete Einzelweisungen, sondern lediglich um hilfreiche Hinweise zur möglichst zielgerichteten Durchführung des Auftrages.

Von den unständig Beschäftigten unterscheiden sich die Promoter im vorliegenden Fall dadurch, dass auch bei unständig Beschäftigten Zeit und Ort der Arbeitsausführung vorgegeben sind und eine Eingliederung in den Betrieb des Unternehmens bzw. dessen Auftraggeber erfolgt, mag sie auch nicht von Dauer sein. Dies war bei den Promotern wie dargelegt nicht der Fall.

Auch eine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung als Selbständige nach § 2 SGB VI liegt nicht vor, insbesondere waren die Promoter nicht "auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber" tätig.

Die angefochtenen Bescheide waren danach aufzuheben und die Entscheidung des Sozialgerichts insoweit zu bestätigen. Der Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung war allerdings abzuändern, da auch das Sozialgericht nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. März 2009 (B 12 R 11/07 R) zu der getroffenen Feststellung nicht berechtigt war. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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