Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 892/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Untätigkeitsbeschwerde des Klägers wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger, der von der Beklagten Pflegegeld nach der Pflegestufe III und zusätzliche Betreuungsleistungen von EUR 200,00 monatlich erhält, erhob, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 18. April 2011/Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2011 die Gewährung von Ersatzpflege und zusätzlichen Betreuungsleistungen/zusätzliches Pflegegeld von EUR 200,00 abgelehnt hatte, am 16. November 2011 "Untätigkeitsklage" zum Sozialgericht Hamburg und begehrte die Beklagte zu verurteilen, ihm zusätzliche Betreuungsleistungen über den Betrag von EUR 200,00 hinaus und Ersatzpflegeaufwendungen ab Januar 2011 zu zahlen. Gleichzeitig beantragte er, der sich in der Klageschrift und in weiteren Schriftsätzen als prozess- und geschäftsunfähig bezeichnete, für die Klage die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Bestellung eines besonderen Rechtsanwaltsvertreters. Mit Beschluss vom 3. Januar 2012 verwies das Sozialgericht Hamburg den Rechtsstreit an das Sozialgericht Ulm (SG), das den Rechtsstreit zunächst unter dem Aktenzeichen S 13 P 370/12 und mittlerweile unter dem Aktenzeichen S 3 P 370/12 führt. Das SG ermittelte mit Blick auf eine Betreuerbestellung für den Kläger und zog die Akten der Beklagten bei. Mit Beschluss vom 7. Dezember 2012 bestellte das SG für den Kläger für die erste Instanz (die vom Kläger benannte) Rechtsanwältin H. N., Ulm, gemäß § 72 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als besondere Prozessvertreterin. Mit Beschluss vom 15. Februar 2013 hob das SG die Bestellung von Rechtsanwältin N. als besondere Vertreterin nach § 72 Abs. 1 SGG wieder auf. Hinsichtlich der Gewährung von Prozesskostenhilfe forderte das SG den Kläger auf, bis 25. November 2012 die Bedürftigkeit nachzuweisen. Letzterem kam der Kläger nicht nach. Mit Beschluss vom 14. Februar 2013 lehnte das SG hierauf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach §§ 73a Abs. 1 SGG, 118 Abs. 2 Satz 4 Zivilprozessordnung (ZPO) ab.
Mit am 28. Februar 2013 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingegangenen Schriftsatz vom 24. Februar 2013 hat für den Kläger sein Sohn P. M. unter Angabe des Aktenzeichens S 13 P 370/12 PKH "Untätigkeitsbeschwerde" erhoben und zur Begründung die Bestellung eines Ergänzungspflegers und die Bestellung eines Prozesspflegers durch den Vorsitzenden Richter des erkennenden Senats angemahnt.
Er beantragt (sinngemäß),
die Bestellung von Rechtsanwältin M. R. Stuttgart als Ergänzungspflegerin und als Prozesspflegerin durch den Vorsitzenden Richter des erkennenden Senats.
Die Beklagte ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie trägt vor, dass eine Untätigkeit der Kammervorsitzenden des SG nicht gesehen werden könne. Die Entscheidung über die Bestellung eines Ergänzungspflegers falle nicht in die Zuständigkeit der Sozialgerichte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf Beschwerdeakte, die Akten des SG und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
II.
Die für den Kläger erhobene Untätigkeitsbeschwerde ist unzulässig.
Die Untätigkeitsbeschwerde des Klägers richtet sich, obwohl in der Beschwerdeschrift vom 24. Februar 2013 das Aktenzeichen S 13 P 370/12 PKH angegeben wurde, nicht gegen die Beschlüsse des SG vom 14. und 15. Februar 2013 mit denen das SG die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und die Bestellung von Rechtsanwältin N. als besondere Vertreterin nach § 72 Abs. 1 SGG aufgehoben hat, sondern nach den Ausführungen im Schriftsatz des Klägers wird die Bestellung eines Ergänzungspflegers und Prozesspflegers angemahnt und die Bestellung durch den Vorsitzenden Richter des erkennenden Senats begehrt. Gegen die Beschlüsse des SG vom 14. und 15. Februar 2013 hat der Kläger auch gesondert Beschwerde eingelegt.
Ob der für den Kläger tätige Sohn P. M. ordnungsgemäß bevollmächtigt ist und ob die Voraussetzungen für die begehrte Bestellung eines Ergänzungs- und Prozesspflegers vorliegen, lässt der Senat in diesem Verfahren offen, denn die für den Kläger erhobene Untätigkeitsbeschwerde ist schon deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil die Untätigkeitsbeschwerde nicht statthaft ist. Der Bundesgerichtshof, dem sich der Senat anschließt, hat ausgeführt (Beschluss vom 20. November 2012 - VIII ZR 49/12 -, in juris):
"Jedenfalls seit Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) am 3. Dezember 2011 mit Wirkung für alle zu dieser Zeit bereits anhängigen Verfahren ist die nach früherer Rechtslage von einzelnen Gerichten und Teilen der Literatur befürwortete Untätigkeitsbeschwerde (vgl. hierzu Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 567 Rn. 21) nicht mehr statthaft.
Durch die gesetzliche Neufassung sollten die Anforderungen des Art. 13 EMRK erfüllt werden, der verlangt, dass einem Betroffenen ein Rechtsbehelf bei einer innerstaatlichen Instanz zusteht, mit dem er rügen kann, die aus Art. 6 Abs. 1 EMRK folgende Verpflichtung, über eine Streitigkeit innerhalb angemessener Frist zu entscheiden, sei verletzt (vgl. BT-Drucks. 17/3802, S. 15; EGMR, NJW 2001, 2694 Rn. 156). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte muss ein innerstaatlicher Rechtsbehelf bei überlanger Verfahrensdauer wirksam sein. Dies ist der Fall, wenn der Rechtsbehelf geeignet ist, entweder die befassten Gerichte zu einer schnelleren Entscheidungsfindung zu veranlassen (präventive Wirkung) oder dem Rechtsuchenden für die bereits entstandenen Verzögerungen eine angemessene Entschädigung zu gewähren (kompensatorische Wirkung, vgl. EGMR, NJW 2006, 2389 Rn. 99).
Der deutsche Gesetzgeber hat sich mit § 198 Abs. 1 GVG bewusst für die Kompensationslösung entschieden (BT-Drucks. 17/3802, aaO). Der Gedanke der Prävention wurde nur insoweit aufgegriffen, als der Entschädigungsanspruch eine Verzögerungsrüge beim Ausgangsgericht (§ 198 Abs. 3 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG -) voraussetzt (BT-Drucks. 17/3802, S. 16). Im Gesetzesentwurf ist ausgeführt: "Da Gerichte auf entsprechende Rügen mit Abhilfe reagieren können und in begründeten Fällen auch regelmäßig abhelfen werden, hat die Regelung eine konkret-präventive Beschleunigungswirkung. Eine Beschwerdemöglichkeit für den Fall der Nichtabhilfe ist nicht vorgesehen, um die Belastungen für die Praxis begrenzt zu halten" (BT-Drucks. 17/3802, aaO). Hieraus ergibt sich eindeutig, dass der Gesetzgeber gegen die Untätigkeit des Gerichts keine Rechtsmittelmöglichkeit zu einer höheren Instanz vorsehen wollte. Einer außerordentlichen Beschwerde ist damit der Boden entzogen (OLG Düsseldorf, NJW 2012, 1455 f.; OLG Brandenburg, MDR 2012, 305; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 567 Rn. 21b; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 33. Aufl., § 567 Rn. 10)."
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger, der von der Beklagten Pflegegeld nach der Pflegestufe III und zusätzliche Betreuungsleistungen von EUR 200,00 monatlich erhält, erhob, nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 18. April 2011/Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2011 die Gewährung von Ersatzpflege und zusätzlichen Betreuungsleistungen/zusätzliches Pflegegeld von EUR 200,00 abgelehnt hatte, am 16. November 2011 "Untätigkeitsklage" zum Sozialgericht Hamburg und begehrte die Beklagte zu verurteilen, ihm zusätzliche Betreuungsleistungen über den Betrag von EUR 200,00 hinaus und Ersatzpflegeaufwendungen ab Januar 2011 zu zahlen. Gleichzeitig beantragte er, der sich in der Klageschrift und in weiteren Schriftsätzen als prozess- und geschäftsunfähig bezeichnete, für die Klage die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Bestellung eines besonderen Rechtsanwaltsvertreters. Mit Beschluss vom 3. Januar 2012 verwies das Sozialgericht Hamburg den Rechtsstreit an das Sozialgericht Ulm (SG), das den Rechtsstreit zunächst unter dem Aktenzeichen S 13 P 370/12 und mittlerweile unter dem Aktenzeichen S 3 P 370/12 führt. Das SG ermittelte mit Blick auf eine Betreuerbestellung für den Kläger und zog die Akten der Beklagten bei. Mit Beschluss vom 7. Dezember 2012 bestellte das SG für den Kläger für die erste Instanz (die vom Kläger benannte) Rechtsanwältin H. N., Ulm, gemäß § 72 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als besondere Prozessvertreterin. Mit Beschluss vom 15. Februar 2013 hob das SG die Bestellung von Rechtsanwältin N. als besondere Vertreterin nach § 72 Abs. 1 SGG wieder auf. Hinsichtlich der Gewährung von Prozesskostenhilfe forderte das SG den Kläger auf, bis 25. November 2012 die Bedürftigkeit nachzuweisen. Letzterem kam der Kläger nicht nach. Mit Beschluss vom 14. Februar 2013 lehnte das SG hierauf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach §§ 73a Abs. 1 SGG, 118 Abs. 2 Satz 4 Zivilprozessordnung (ZPO) ab.
Mit am 28. Februar 2013 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingegangenen Schriftsatz vom 24. Februar 2013 hat für den Kläger sein Sohn P. M. unter Angabe des Aktenzeichens S 13 P 370/12 PKH "Untätigkeitsbeschwerde" erhoben und zur Begründung die Bestellung eines Ergänzungspflegers und die Bestellung eines Prozesspflegers durch den Vorsitzenden Richter des erkennenden Senats angemahnt.
Er beantragt (sinngemäß),
die Bestellung von Rechtsanwältin M. R. Stuttgart als Ergänzungspflegerin und als Prozesspflegerin durch den Vorsitzenden Richter des erkennenden Senats.
Die Beklagte ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie trägt vor, dass eine Untätigkeit der Kammervorsitzenden des SG nicht gesehen werden könne. Die Entscheidung über die Bestellung eines Ergänzungspflegers falle nicht in die Zuständigkeit der Sozialgerichte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf Beschwerdeakte, die Akten des SG und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
II.
Die für den Kläger erhobene Untätigkeitsbeschwerde ist unzulässig.
Die Untätigkeitsbeschwerde des Klägers richtet sich, obwohl in der Beschwerdeschrift vom 24. Februar 2013 das Aktenzeichen S 13 P 370/12 PKH angegeben wurde, nicht gegen die Beschlüsse des SG vom 14. und 15. Februar 2013 mit denen das SG die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und die Bestellung von Rechtsanwältin N. als besondere Vertreterin nach § 72 Abs. 1 SGG aufgehoben hat, sondern nach den Ausführungen im Schriftsatz des Klägers wird die Bestellung eines Ergänzungspflegers und Prozesspflegers angemahnt und die Bestellung durch den Vorsitzenden Richter des erkennenden Senats begehrt. Gegen die Beschlüsse des SG vom 14. und 15. Februar 2013 hat der Kläger auch gesondert Beschwerde eingelegt.
Ob der für den Kläger tätige Sohn P. M. ordnungsgemäß bevollmächtigt ist und ob die Voraussetzungen für die begehrte Bestellung eines Ergänzungs- und Prozesspflegers vorliegen, lässt der Senat in diesem Verfahren offen, denn die für den Kläger erhobene Untätigkeitsbeschwerde ist schon deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil die Untätigkeitsbeschwerde nicht statthaft ist. Der Bundesgerichtshof, dem sich der Senat anschließt, hat ausgeführt (Beschluss vom 20. November 2012 - VIII ZR 49/12 -, in juris):
"Jedenfalls seit Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) am 3. Dezember 2011 mit Wirkung für alle zu dieser Zeit bereits anhängigen Verfahren ist die nach früherer Rechtslage von einzelnen Gerichten und Teilen der Literatur befürwortete Untätigkeitsbeschwerde (vgl. hierzu Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 567 Rn. 21) nicht mehr statthaft.
Durch die gesetzliche Neufassung sollten die Anforderungen des Art. 13 EMRK erfüllt werden, der verlangt, dass einem Betroffenen ein Rechtsbehelf bei einer innerstaatlichen Instanz zusteht, mit dem er rügen kann, die aus Art. 6 Abs. 1 EMRK folgende Verpflichtung, über eine Streitigkeit innerhalb angemessener Frist zu entscheiden, sei verletzt (vgl. BT-Drucks. 17/3802, S. 15; EGMR, NJW 2001, 2694 Rn. 156). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte muss ein innerstaatlicher Rechtsbehelf bei überlanger Verfahrensdauer wirksam sein. Dies ist der Fall, wenn der Rechtsbehelf geeignet ist, entweder die befassten Gerichte zu einer schnelleren Entscheidungsfindung zu veranlassen (präventive Wirkung) oder dem Rechtsuchenden für die bereits entstandenen Verzögerungen eine angemessene Entschädigung zu gewähren (kompensatorische Wirkung, vgl. EGMR, NJW 2006, 2389 Rn. 99).
Der deutsche Gesetzgeber hat sich mit § 198 Abs. 1 GVG bewusst für die Kompensationslösung entschieden (BT-Drucks. 17/3802, aaO). Der Gedanke der Prävention wurde nur insoweit aufgegriffen, als der Entschädigungsanspruch eine Verzögerungsrüge beim Ausgangsgericht (§ 198 Abs. 3 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG -) voraussetzt (BT-Drucks. 17/3802, S. 16). Im Gesetzesentwurf ist ausgeführt: "Da Gerichte auf entsprechende Rügen mit Abhilfe reagieren können und in begründeten Fällen auch regelmäßig abhelfen werden, hat die Regelung eine konkret-präventive Beschleunigungswirkung. Eine Beschwerdemöglichkeit für den Fall der Nichtabhilfe ist nicht vorgesehen, um die Belastungen für die Praxis begrenzt zu halten" (BT-Drucks. 17/3802, aaO). Hieraus ergibt sich eindeutig, dass der Gesetzgeber gegen die Untätigkeit des Gerichts keine Rechtsmittelmöglichkeit zu einer höheren Instanz vorsehen wollte. Einer außerordentlichen Beschwerde ist damit der Boden entzogen (OLG Düsseldorf, NJW 2012, 1455 f.; OLG Brandenburg, MDR 2012, 305; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 567 Rn. 21b; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 33. Aufl., § 567 Rn. 10)."
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved