L 8 R 545/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 10 R 134/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 545/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 14.9.2010 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung in dem Zeitraum vom 1.1.2007 bis 7.1.2010.

Der 1956 geborene Kläger ist Diplomingenieur und übte seit Mai 1984 verschiedene Tätigkeiten als Bauleiter und Prokurist aus. Seit Juli 1999 war er bei der Beigeladenen zu 1) beschäftigt. Nach deren Gesellschaftsvertrag vom 1.12.1986 ist Gegenstand des Unternehmens die Erbringung von Bauleistungen insbesondere mit den Bereichen Spritzbeton, lnjektionstechnik, Betonsanierung, Korrosionsschutz, Bauten- und Eisenschutz sowie Vollwärmeschutz. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 50.000,00 DM, wobei die beiden Gründungsgesellschafter O und G jeweils einen Geschäftsanteil von 25.000,00 DM innehatten. Beschlüsse der Gesellschafterversammlung bedürfen der Mehrheit von 51 v.H., wobei jeweils 1.000,00 DM Geschäftsanteile eine Stimme gewähren. Die Gesellschafter sind am Gewinn und Verlust der Gesellschaft entsprechend ihrer Stimmanteile beteiligt. Später schied der Gesellschafter G aus der Gesellschaft aus, und Herr K wurde Gesellschafter mit einem Geschäftsanteil von 10 v.H.

Nachdem das Unternehmen ursprünglich auf Spritzbeton spezialisiert und ein Großteil des Tätigkeitsbereiches im Bergbau angesiedelt war, wurden in den letzten 10 Jahren die Bereiche Sanierung historischer Bauwerke, Spezialtiefbau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern erheblich ausgeweitet worden. Der Kläger brachte bei seinem Wechsel zu der Beigeladenen zu 1) im Jahre 1999 weiteres Personal von seiner früheren Firma mit und baute mit diesem Personal diese Geschäftsbereiche weiter aus. Für den Bereich Instandhaltung von Trinkwasserbehältern erwarb er notwendige Zertifizierungs-qualifikationen. Weitere Tätigkeitsfelder des Unternehmens sind Bauwerksabdichtung und Betonsanierung. Durch die Verlagerung der Tätigkeitsschwerpunkte gelang es nach Angaben der Beigeladenen zu 1), die rückläufigen ursprünglichen Geschäftsbereiche zu kompensieren und weiter zu expandieren.

Durch notariellen Vertrag vom 31.3.2006 wurde dem Kläger gegen Zahlung von 20.000,00 Euro ein Geschäftsanteil im Nennbetrag von 1.300,00 EUR (5 v.H.) übertragen. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug zu diesem Zeitpunkt 25.700,00 EUR. Auf den Gesellschafter O entfiel ein Geschäftsanteil in Höhe von 11.550,00 EUR (45 v.H.), auf den Gesellschafter K ein Geschäftsanteil in Höhe von 2.600,00 EUR (10 v.H.) und auf die Beigeladene zu 1) selbst ein Geschäftsanteil in Höhe von 10.250,00 EUR (40 H.). Darüber hinaus wurde der Kläger in Ausführung eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 3.3.2006 mit Wirkung ab dem 1.1.2007 zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. Die Gesellschafter O und K waren im Streitzeitraum ebenfalls jeweils alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer. Hintergrund der Übertragung des Geschäftsanteiles in Höhe von 5 v.H. und der Geschäftsführerfunktion war der Umstand, dass der Kläger die Gesellschaft verlassen wollte, um sich selbständig zu machen. Der Kläger war seit Januar 2007 als Vollzeitkraft weiterhin schwerpunktmäßig für die Bereiche Sanierung historischer Bauwerke, Spezialtiefbau und Instandsetzung von Trinkwasserbehältern zuständig. Nach seinen Angaben entfielen auf diese Bereiche etwa 60 bis 70 v.H. des Unternehmensumsatzes. Herr K war in dem Zeitraum ab Januar 2007 für die Bereiche Spritzbeton, Betoninstandsetzung bzw. Betonsanierung und Abdichtungstechnik zuständig und seit Mai 2008 krankheitsbedingt mit 3/4 seiner Arbeitskraft tätig. Der Zeuge O war für den kaufmännischen Bereich und für den Bereich Bergbau zuständig, wobei sein Aufgabenbereich Bergbau immer weiter zurückging. Er übte seit Januar 2007 formal eine 5/8-Teilzeitstelle aus, wobei er nach den Angaben des Klägers täglich lediglich zwei Stunden in dem Unternehmen anwesend war und seine Kontrollfunktion ausübte. Zum Zeitpunkt der Übertragung des Geschäftsanteiles und der Geschäftsführerfunktion auf den Kläger war bereits beabsichtigt, dass der Zeuge O Ende 2009 aus der Gesellschaft ausscheiden und die Geschäftsanteile auf den Kläger und den Gesellschafter K übergehen sollten.

In dem zwischen dem Kläger und der Beigeladenen geschlossenen Geschäftsführervertrag ist geregelt, dass der Kläger alleinvertretungsberechtigt, von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit ist und als Geschäftsführer für sämtliche Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, der Genehmigung der Gesellschaft bedarf. Unter § 4 (Arbeitszeit) ist geregelt, dass der Geschäftsführer seine volle Arbeitskraft mit 40 Stunden wöchentlich zur Verfügung stellt, in der Gestaltung der Arbeit, insbesondere der Arbeitszeit frei ist und insofern keinen Weisungen der Gesellschafterversammlung oder weiterer Geschäftsführer unterliegt. In § 7 ist vorgesehen, dass der Kläger ein monatliches Gehalt in Höhe von 8.500,00 EUR sowie ein 13. Monatsgehalt als Weihnachtsgeld und eine Tantieme (Anteil am Jahresgewinn der Gesellschaft) in Höhe von 20 v.H. des Jahresgewinnes erhält, dass die Vergütung der Reisekosten und der Spesen nach den gültigen Vereinbarungen der Gesellschaft erfolgt, dass der Kläger für die tariflichen Urlaubstage Urlaubsgeld in Höhe der tariflichen Bestimmungen für Angestellte im Tarif Bau erhält und dass sich das Gehalt jährlich um die tariflich vereinbarten Lohn- und Gehaltserhöhungen für Angestellte im Tarif Bau erhöht. Ferner ist geregelt, dass das Gehalt im Falle unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit oder Unfall für sechs Wochen weitergezahlt wird, dass dem Kläger 30 Arbeitstage Urlaub zustehen, dass er hinsichtlich der Urlaubsplanung keinen Weisungen unterliegt, dass er für die Durchführung seiner Tätigkeiten sowie zu seiner uneingeschränkten privaten Nutzung einen PKW erhält und der Anstellungsvertrag beiderseits frühestens zum 31.12.2010 gekündigt werden kann.

Der Kläger erhielt im Streitzeitraum folgende Tantiemen:

- 2007: 65.016,00 Euro
- 2008: 19.274,00 Euro
- 2009: 38.054,00 Euro
- 2010: 0,00 Euro

Der Kläger leitete am 2.4.2007 ein Statusfeststellungsverfahren mit dem Antrag auf Feststellung ein, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht vorliege. Nach Anhörung der Beteiligten erging ein Bescheid der Beklagten vom 27.7.2007, mit dem festgestellt wurde, dass der Kläger die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es ihm aufgrund des Kapitalanteils von 5 v.H. des Gesamtkapitals und des daraus resultierenden Stimmrechtsanteils nicht möglich sei, die Geschäfte der Firma maßgeblich zu beeinflussen. Ferner könne er aufgrund mangelnder Vetorechte bzw. Sperrminoritäten keine Entscheidungen verhindern.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 21.8.2007 Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, nach einhelliger Meinung in der Rechtsprechung sei die Kapitalbeteiligung nicht das ausschlaggebende Kriterium für die Frage, ob Weisungsgebundenheit und damit ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Eine beherrschende Stellung der zu beurteilenden Person könne außer unmittelbar über die Beteiligung auch durch ein für die Gesellschaft notwendiges und wertvolles Wissen oder durch besondere vorhandene Fähigkeiten dokumentiert werden. Maßgeblich sei insoweit das tatsächlich gelebte Vertragsverhältnis. Mit dem Anteil von 5 v.H. vom Stammkapital der Gesellschaft sei es ihm möglich, maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens zu nehmen und es nach seinen Vorstellungen zu führen. Er verfüge in dem für die Gesellschaft maßgeblichen Schlüsselbranchen Spezialtiefbau, Instandsetzung von Trinkwasseranlagen, Bohr-, Anker- und lnjektionsarbeiten, historische Bauwerke, Behebung und Sicherung von Bergschäden allein über das notwendige Fachwissen. Diese Geschäftsbereiche, für die er allein zuständig sei, machten mindestens 60 v.H. des Umsatzes des Unternehmens aus.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 7.4.2008 zurück. Ergänzend führte sie zur Begründung aus, dass die Arbeitsleistung des Klägers insoweit fremdbestimmt sei, als sie sich in eine von den Mehrheitsgesellschaftern vorgegebene Ordnung des Betriebes eingliedere. Die Weisungsgebundenheit verfeinere sich, wie bei Diensten höherer Art üblich, zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess. Der Kläger unterliege als Geschäftsführer selbst bei Belassung größerer Freiheiten der Überwachung durch die Gesellschafterversammlung. Er verfüge auch nicht als einziger über die für die Führung des Unternehmens notwendigen Branchenkenntnisse. Spezielle Fachkenntnisse seien vielfach gerade Voraussetzung für die Übertragung der Aufgaben eines Geschäftsführers, was auch für Geschäftsführer in einem Beschäftigungsverhältnis gelte.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 7.5.2008 zum Sozialgericht (SG) Duisburg Klage erhoben.

Während des Klageverfahrens ist am 20.11.2009 ein weiterer Bescheid der Beklagten ergangen, mit dem festgestellt worden ist, dass der Kläger seit dem 1.1.2007 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Dagegen ist eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze verneint worden.

Mit Wirkung zum 8.1.2010 sind dem Kläger aufgrund des Ausscheidens von Herrn O Geschäftsanteile von 45 v.H. übertragen worden. Seitdem halten der Kläger 50 v.H., Herr K 38 v.H. und Herr I1 12 v.H. der Geschäftsanteile. Daraufhin hat die Beklagte mit Bescheid vom 12.2.2010 festgestellt, dass der Kläger seine Tätigkeit ab dem 8.1.2010 im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausübt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe auch in der Zeit vom 1.1.2007 bis zum 7.1.2010 eine selbständige Tätigkeit ausgeübt, weil er aufgrund seiner besonderen und alleinigen Fachkenntnisse in den Geschäftsbereichen Instandsetzung von Trinkwasserbehältern, Sanierung historischer Bauwerke und Spezialtiefbau eine faktisch beherrschende Stellung in dem Unternehmen gehabt und daher praktisch habe schalten und walten können, wie er wollte. Die anderen Gesellschafter seien wirtschaftlich erheblich von ihm abhängig gewesen, da der Umsatz in seinen Geschäftsbereichen mehr als 60 v.H. des Gesamtumsatzes der Gesellschaft ausgemacht habe. Maßgeblich für eine selbständige Tätigkeit spreche auch der Umstand, dass er alleinvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB befreit gewesen sei. Zudem habe es ihm freigestanden, wann und wo er welche Arbeitsleistungen als Geschäftsführer erbringe.

Der Kläger hat beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 27.7.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.4.2008 und unter Abänderung des Bescheides vom 20.11.2009 festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen in der Zeit vom 1.1.2007 bis zum 7.1.2010 nicht im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung, sondern im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt wurde und keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Arbeitsförderungsrecht besteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist weiterhin der Ansicht gewesen, der Kläger habe bis zum 7.1.2010 seine Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt. Die Gesellschaft sei nicht nur vom Kläger, sondern von zwei weiteren Geschäftsführern vertreten worden. Der Kläger habe auch nicht die alleinigen Branchenkenntnisse zur Führung der Gesellschaft gehabt. Dies möge zwar in Teilbereichen so gewesen sein, es sei jedoch nicht unüblich, einem Branchenkenner die Geschäftsführeraufgabe zu übertragen und ihn dennoch von einem maßgeblichen Einfluss auszuschließen. Spezielle Fachkenntnisse seien vielfach gerade die Voraussetzung für die Übertragung der Aufgabe eines Geschäftsführers.

Mit Urteil vom 14.9.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.

Gegen das ihm am 20.10.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.11.2010 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen. Aufgrund seiner herausragenden Stellung bei der Beigeladenen zu 1) (durch: überwiegende Fachkenntnis und Zertifizierung; Generierung von 60-70 % des Gesamtumsatzes; freie und nicht weisungsgebundene Arbeitsleistung sowie Einteilung seiner Arbeitszeiten und -orte; Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB; gerichtliche und außergerichtliche Alleinvertretungsberechtigung) habe er im Streitzeitraum eine faktisch beherrschende Position in der Gesellschaft der Beigeladenen zu 1) eingenommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 14.9.2010 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 27.7.2007 in Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 7.4.2008 und unter Änderung des Bescheides vom 20.11.2009 festzustellen, dass für die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1.1.2007 bis 7.1.2010 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Zeuge O sowie der Kläger sind in nichtöffentlicher Sitzung am 19.9.2012 und in öffentlicher Sitzung am 17.10.2012 zu der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) vernommen bzw. gehört worden. In der vorgenannten öffentlichen Sitzung ist zudem der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1), Herr K, zu der besagten Tätigkeit des Klägers gehört worden. Auf die Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Bescheid vom 27.7.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.4.2008 und der Bescheid vom 20.11.2009 sind rechtmäßig und beschweren den Kläger somit nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Dementsprechend hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen. In seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestand für den Kläger Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung vom 1.1.2007 bis zum 7.1.2010, da er in diesem Zeitraum die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st.Rspr.; vgl zum Ganzen z.B. zuletzt BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 14/10 R, juris; BSG SozR 4-2400 § 28e Nr. 4 Rdnr. 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 6 Rdnr. 14 m.w.N.; siehe insbesondere auch BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 19 S. 69 f., Nr. 13 S. 31 f. und Nr. 4 S. 13, jeweils m.w.N.; BSGE 78, 34, 36 = SozR 3-2940 § 2 Nr. 5 S. 26 f. m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).

Bei der Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu (vgl. BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 14/10 R, juris; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 Rdnr. 17; ebenso Urteil v. 25.1.2006, B 12 KR 30/04 R, USK 2006-8; Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, Die Beiträge, Beilage 2008, 333, 341 f.): Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist.

Nach diesen Grundsätzen ist auch zu beurteilen, ob der Geschäftsführer einer GmbH zu dieser in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht. Der Geschäftsführer einer GmbH ist weder wegen seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH Arbeitgeber-funktionen ausübt. Denn auch wer Arbeitgeberfunktionen ausübt, kann seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein. Maßgebend ist vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1 m.w.N.). Insoweit ist von besonderer Bedeutung, ob ein Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter ist und aufgrund seiner Gesellschafterstellung maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hat und damit Beschlüsse und Einzelweisungen an sich jederzeit verhindern kann (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Ist dies der Fall, ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen, weil der Geschäftsführer mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann (BSG SozR 3-4100 § 104 Nr. 8). Darüber hinaus ist von Bedeutung, ob der Einfluss des Geschäftsführers auf die Willensbildung der GmbH aufgrund besonderer Einzelfallumstände unabhängig von seiner Gesellschafterstellung so erheblich ist, dass ihm nicht genehme Beschlüsse und jede Weisung ausgeschlossen sind und er die Geschäft nach eigenem Gutdünken führen, d.h. frei schalten und walten kann. Dann ist eine persönliche Abhängigkeit auch bei Diensten höherer Art zu verneinen, weil die Gesellschafter tatsächlich keinerlei Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen und sich der Geschäftsführer nur in der von ihm selbst gegebenen Ordnung des Betriebes einfügt (BSG, Urteil v. 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, USK 9975; BSG, Urteil v. 11.2.1993, 7 RAr 48/92, USK 9347).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalles sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher Hinsicht fest, dass der Kläger in dem Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 7.1.2010 seine Geschäftsführertätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat, da die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände überwiegen.

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Geschäftsführertätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) im Rahmen einer Beschäftigung oder selbstständig ausgeübt wurde, ist der Geschäftsführervertrag vom 3.3.2006, der das Vertragsverhältnis der Beteiligten bestimmte. Dieser Vertrag hatte sowohl nach der weiteren Bezeichnung als "Anstellungsvertrag" als auch nach seinem Inhalt - monatliches festes Gehalt neben einer gewinnabhängigen Tantieme, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Anspruch auf bezahlten jährlichen Erholungsurlaub, Anspruch auf Nutzung eines Dienstwagens, Fortführung einer Direktversicherung und einer Pensionszusage - ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Auf der Grundlage dieses Vertrages wurde der Kläger als weiterer Geschäftsführer neben den Geschäftsführern K und O der Beigeladenen zu 1) tätig. Sämtliche Regelungen des Geschäftsführervertrages wurden in der Praxis auch umgesetzt.

Der Kläger hatte zudem keine Möglichkeiten, ihm unangenehme Weisungen der Beigeladenen zu 1) zu verhindern. Er verfügte in dem maßgeblichen Zeitraum lediglich über einen Geschäftsanteil von 5 v.H., so dass er über seine Gesellschafterstellung keinen maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH hatte. Ein maßgeblicher Einfluss liegt regelmäßig dann vor, wenn der Geschäftsführer einen Anteil von mindestens 50 v.H. des Stammkapitals inne hat und damit Einzelweisungen an sich als Geschäftsführer im Bedarfsfall jederzeit verhindern kann (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 mwN). Der Kläger verfügte auch nicht über eine Sperrminorität, um ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschaft zu verhindern, was die Annahme einer abhängigen Beschäftigung ausschließen würde (BSG SozR 3-4100 § 104 Nr. 8). Da die Gesellschafter O und K zusammen 55 v.H. der Geschäftsanteile an der Beigeladenen zu 1) hielten, hatten sie zusammen die Rechtsmacht zu Einzelweisungen an den Kläger, die dieser aufgrund seiner Gesellschafterrechte nicht hätte verhindern können, sodass die für ein Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit von dem willensbildenden Organ der Beigeladenen zu 1) bestand. Da bereits die Gesellschafter O und K zusammen über die für Einzelweisungen an den Kläger erforderliche Mehrheitsbeteiligung verfügten, kommt es nicht darauf an, wie die Willensbildung und Abstimmung im Hinblick auf die von der Beigeladenen zu 1) selbst gehaltenen Geschäftsanteile von 40 v.H. hätte erfolgen können. Soweit in § 4 Abs. 2 des Geschäftsführervertrages geregelt ist, dass der Kläger in der Gestaltung der Arbeit insbesondere der Arbeitszeit frei sei und insofern keinen Weisungen der Gesellschafterversammlung oder weiterer Geschäftsführer unterliege, ist diese Regelung Ausfluss des Umstandes, dass es sich um eine Tätigkeit höherer Art handelte, bei dem das Weisungsrecht des Arbeitgebers von Vornherein eingeschränkt und zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert ist (vgl. BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 20).

Entgegen der Auffassung des Klägers liegen keine einzelfallbezogenen Umstände vor, die abweichend vom Regelfall seine Bindung an das willensbildende Organ der Beigeladenen zu 1), d.h. die Gesamtheit der Gesellschafter ausschließen und damit einer für ein Beschäftigungsverhältnis typischen Abhängigkeit von der Beigeladenen zu 1) entgegenstehen. Bei Geschäftsführern, die weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine Sperrminorität verfügen, ist im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Eine hiervon abweichende Beurteilung kommt nur dann in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalles den Schluss zulassen, es liege keine Weisungsgebundenheit vor (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 8). Solche besonderen Umstände sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung insbesondere dann angenommen worden, wenn die übrigen Gesellschafter tatsächlich ihre Gesellschafterrechte nicht wahrgenommen und in keiner Weise in die Betriebsführung eingegriffen haben und der Geschäftsführer wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken geführt hat, d.h. schalten und walten konnte, wie er wollte. Ein derartig beherrschender Einfluss ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung teilweise bei Geschäftsführern in Familiengesellschaften bejaht worden, wenn der Geschäftsführer mit den Gesellschaftern familiär verbunden war, die Geschäftsführertätigkeit durch familienhafte Rücksichtnahme geprägt war und es an der Ausübung der Gesellschafterrechte durch die Gesellschafter völlig mangelte (BSG, Urteil vom 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, juris: Keine Ausübung von Gesellschafterrechten durch die Ehefrau des Geschäftsführers; BSG, Urteil vom 29.10.1986, 7 RAr 43/85, juris: Keine Ausübung von Gesellschafterrechten durch die Kinder des Geschäftsführers; BSG SozR 4100 § 141b Nr. 41).

Soweit der Kläger geltend gemacht hat, er habe in dem streitigen Zeitraum aufgrund besonderer Branchenkenntnisse und eines besonderen Fachwissens eine faktisch beherrschende Stellung in der Gesellschaft innegehabt und deshalb quasi schalten und walten könne, wie er wollte, stimmt dies mit den rechtlichen und den tatsächlichen Verhältnissen nicht überein. Zwischen den drei Gesellschafter-Geschäftsführern gab es entsprechend ihrer Qualifikation und ihrer beruflichen Kenntnisse und Erfahrungen eine Aufgabenverteilung nach Geschäftsbereichen. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass jeder Geschäftsführer für seinen Geschäftsbereich ein besonderes Fachwissen und spezielle Kenntnisse und Erfahrungen einbrachte, die ihn befähigten, in seinem Zuständigkeitsbereich für die Gesellschaft erfolgreich tätig zu sein. Dementsprechend verfügte der Kläger in den Bereichen Instandsetzung von Trinkwasserbehältern, Sanierung historischer Bauwerke und Spezialtiefbau über ein besonderes Fachwissen, was sich auch darin äußerte, dass er für die Instandsetzung von Trinkwasserbehältern eine Zertifizierung als Führungskraft und als Fachaufsichtsperson besitzt, von der auch die Zertifizierung der Beigeladenen zu 1) abhing. Dabei geht der Senat auch von der Richtigkeit der Angaben des Klägers aus, wonach in dem maßgeblichen Zeitraum in den Geschäftsbereichen, für die er zuständig war, etwa 60 bis 70 v.H. des Umsatzes des Unternehmens erwirtschaftet worden ist und dass durch die Verlagerung der Tätigkeitsschwerpunkte der Gesellschaft in diesen Bereich andere zurückgehende Bereiche kompensiert werden konnten. Daraus ergibt sich eine zunehmende Bedeutung der Person des Klägers für den Erfolg der Gesellschaft in wirtschaftlicher Hinsicht, was der Grund dafür war, dass die Gesellschaft ihn Anfang 2007 zum Gesellschafter-Geschäftsführer bestellte und ihm einen Geschäftsanteil von 5 v.H. übertrug sowie für 2010 in Aussicht stellte, einen Geschäftsanteil von 50 v.H. zu erhalten. Für die hier streitige Übergangszeit von Januar 2007 bis Januar 2010 hatte der Kläger jedoch weder gesellschaftsrechtlich noch faktisch eine Position inne, die es ihm ermöglichte, die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken zu führen und zu schalten bzw. zu walten, wie er wollte. Dem steht die Bindung des Klägers an das willensbildende Organ, d.h. die Gesamtheit der Gesellschafter entgegen, die nicht nur gesellschaftsrechtlich, sondern auch tatsächlich bestanden hat und nicht aufgehoben war.

Neben dem Kläger gab es zwei weitere Gesellschafter-Geschäftsführer, nämlich den Zeugen O mit einem Geschäftsanteil von 45 v.H. und Herrn K mit einem Geschäftsanteil von 10 v.H., die damit zusammen über die einfache Stimmenmehrheit verfügten. Der Zeuge O war im Wesentlichen für den kaufmännischen Bereich zuständig, Herr K war für die Geschäftsbereiche Spritzbeton, Betoninstandsetzung bzw. Betonsanierung und Abdichtungstechnik zuständig. Die Aufgabenbereiche des Klägers waren die Instandsetzung von Trinkwasserbehältern, Spezialtiefbau, Sanierung historischer Bauwerke, Bauwerksabdichtung und Betoninstandsetzung bzw. Betonsanierung. Es gab regelmäßige wöchentliche Besprechungstermine, an denen alle drei Gesellschafter-Geschäftsführer regelmäßig teilnahmen. Im Rahmen dieser wöchentlichen Zusammenkünfte wurde die Personalplanung für die nächsten zwei Wochen besprochen und festgelegt, es wurden die Auftragslage, der Auftragsbestand und mögliche neue Aufträge sowie die Finanzlage, Entscheidungen über Neuanschaffungen, Personalplanungen etc. und Probleme besprochen, die sich im Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebes ergaben. Die Entscheidungen über neue Aufträge und die damit verbundenen Personalplanungen wurden im Bedarfsfall zwischen dem Kläger und dem weiteren Gesellschafter-Geschäftsführer K abgestimmt. Beide entschieden gemeinsam über große Aufträge wegen der damit verbundenen Bindung von Arbeitskräften. Ansonsten entschieden diese in ihren Geschäftsbereichen allein. Bedeutsame Angelegenheiten wurden nur gemeinsam von allen drei Gesellschafter-Geschäftsführern entschieden. Dazu gehörten beispielsweise große Anschaffungen und die Einstellung einer neuen Mitarbeiterin. Die Zusammenarbeit aller drei Gesellschafter-Geschäftsführer wird von diesen übereinstimmend als kollegial, offen und kooperativ bezeichnet. Der Zeuge O hat bei seinen glaubhaften, von den Beteiligten unwidersprochenen Bekundungen herausgestellt, dass der Kläger seine Tätigkeit immer am Unternehmensinteresse ausgerichtet hatte. Deshalb und weil der Kläger wirtschaftlich erfolgreich arbeitete, bestand für die übrigen Gesellschafter keine Veranlassung, ihm konkrete Weisungen zu erteilen, was allerdings nicht gleichbedeutend ist mit einem Verzicht auf die Ausübung ihrer Gesellschafterrechte.

Daraus ergibt sich, dass die anderen Gesellschafter Einfluss ausgeübt haben im Sinne einer regelmäßigen Kontrolle der Geschäftsführertätigkeit des Klägers. Dies ist auch vom Kläger im Rahmen seiner Anhörung so dargestellt worden, und zwar nicht nur bezogen auf den Gesellschafter-Geschäftsführer K, mit dem er sich in vielen Einzelfragen wie Auftragsannahme und Personalplanung abgesprochen und diese gemeinsam entschieden hat, sondern auch bezogen auf den Gesellschafter-Geschäftsführer O. Insoweit hat der Kläger ausdrücklich ausgeführt, dass der Zeuge O in zeitlicher Hinsicht zwar nicht mehr lange in der Firma anwesend gewesen sei, aber seine Kontrollfunktion ausgeübt habe. Der Kläger hat zudem angegeben, er hätte gerne bereits zum Januar 2007 die Geschäftsanteile von dem Zeugen O erworben, was jedoch an dessen Widerstand gescheitert sei, da er erst Ende 2009 seine Gesellschafterstellung habe aufgeben wollen. Dies spricht dagegen, dass er sich seines Einflusses auf die Gesellschaft im Sinne einer Ausübung seiner Kontrollrechte begeben wollte. Darüber haben die Gesellschafter O und K deutlich gemacht, dass sie ihre Gesellschafterrechte wahrgenommen hätten, wenn die Geschäfte im Zuständigkeitsbereich des Klägers schlecht gelaufen wären. Der Zeuge O hat glaubhaft und unwidersprochen bekundet, dass er im Konfliktfall oder bei mangelndem wirtschaftlichem Erfolg des Klägers sehr wohl in dessen Tätigkeit eingegriffen und sich nötigenfalls auch von ihm getrennt hätte. Aufgrund des persönlichen Eindrucks, den der Senat von den beteiligten Personen im Termin gewonnen hat, hat er keine Zweifel, dass der Zeuge O entsprechende Maßnahmen auch umgesetzt hätte. Darauf dass ein Ausscheiden des Klägers zu einer Existenzbedrohung der Beigeladenen zu 1) geführt hätte, wovon der Zeuge O für den Fall des Ausscheidens des Klägers allerdings nicht ausgegangen ist, kommt es daher nicht an. Nicht zuletzt hatte der Zeuge O ein ein Ausscheiden des Klägers aus der Beigeladenen zu 1) zu verhindern verstanden, indem er ihn mit der Beteiligung an der Beigeladenen zu 1) und der Bestellung zum Geschäftsführer stärker an die Beigeladene zu 1) band. Gegen einen die übrigen Gesellschafter dominierenden Einfluss des Klägers spricht auch der Umstand, dass sich in einer Angelegenheit, in der es Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gesellschaftern gab, der Gesellschafter-Geschäftsführer O durchgesetzt hat, indem dieser ohne Beteiligung des Klägers und des Gesellschafter-Geschäftsführers K die Verhandlungen über die Höhe der Miete mit der Vermieterin der Firmengebäude, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, führte.

Die Argumentation des Klägers, er habe eine faktisch beherrschende Position bei der Beigeladenen zu 1) eingenommen und sein Ausscheiden aus der Beigeladenen zu 1) wäre für diese existenzbedrohend gewesen, greift auch aufgrund der Kündigungsregelung nach § 13 des Geschäftsführervertrages vom 3.3.2006 nicht durch, da ihm danach im Streitzeitraum kein Kündigungsrecht zustand, er also gar nicht seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) einseitig - mit Ausnahme einer außerordentlichen Kündigung - beenden konnte. § 13 des Geschäftsführervertrages gewährte dem Kläger - wie auch der Beigeladenen zu 1) - ein Kündigungsrecht frühestens zum 31.12.2010. Es handelte sich damit um einen auf weniger als fünf Jahre abgeschlossenen Dienstvertrag. Ein gesetzliches außerordentliches Kündigungsrecht besteht allerdings erst bei einem Dienstverhältnis, das für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen ist (vgl. § 624 Satz 1 BGB). Die Beigeladene zu 1) hatte sich demnach vertraglich die Branchenkenntnisse des Klägers mindestens bis zum 31.12.2010, also für den gesamten Streitzeitraum gesichert.

Die vom Kläger dargestellte faktisch beherrschende Position hat demnach nicht bestanden. Seine für die Beigeladene zu 1) sicher bedeutende Position hat er tatsächlich nicht dazu genutzt und nicht dazu nutzen können, um sich über die Rechte der übrigen Gesellschafter im Konfliktfall hinwegsetzen zu können. Zudem stand für ihn für den Jahreswechsel 2009/2010 der Erwerb der Geschäftsanteile vom Zeugen O in Aussicht, der tatsächlich zum 8.1.2010 auch erfolgte. Es lag nicht im Interesse des Klägers, die Verwirklichung dieses Geschäfts selbst zu vereiteln oder zu gefährden.

Der Kläger war auch in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1.) eingebunden. Er hatte die Geschäfte der Gesellschaft in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen, den Vorgaben des Gesellschaftervertrages sowie den Vereinbarungen des Geschäftsführervertrages zu führen. Nach § 2 des Geschäftsführervertrages benötigte er als Geschäftsführer für sämtliche Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgingen, die Genehmigung der Gesellschaft. Hiervon ist in der praktischen Umsetzung nicht abgewichen worden. Nach § 4 des Geschäftsführervertrags hatte er seine volle Arbeitskraft mit 40 Stunden wöchentlich und seine gesamten Erfahrungen und Kenntnisse der Beigeladenen zu 1) zur Verfügung zu stellen und ihr Wohl im Auge zu behalten. Der Kläger war zudem nicht alleiniger Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1). Neben ihm waren noch die Geschäftsführer K und O für die Beigeladene zu 1) tätig. In den ihnen zugewiesenen Aufgabenbereichen waren die einzelnen Geschäftsführer in ihrer Handlungsfreiheit im Wesentlichen nicht eingeschränkt. Jedoch fand einmal wöchentlich eine Besprechung der Geschäftsführer statt, die dem Informationsaustausch diente, bei der aber auch Schwierigkeiten in den Aufgabenbereichen der einzelnen Geschäftsführer besprochen und Entscheidungen über größere Investitionen oder Einstellungen von Personal getroffen wurden.

Die dem Kläger in § 4 Abs. 2 des Geschäftsführervertrages eingeräumte und in der praktischen Umsetzung vorhandene Handlungsfreiheit kann eine Selbstständigkeit des Klägers im Rechtssinne nicht rechtfertigen. Dies gilt schon deshalb, weil sich die Handlungsfreiheit des Klägers von vornherein nur auf bestimmte, wenn auch wirtschaftlich bedeutende Geschäftsbereiche der Beigeladenen zu 1) bezog. Im Übrigen ist die Wahrnehmung von Handlungsfreiheiten für leitende Angestellte, die in einem Betrieb höhere Dienste leisten, geradezu charakteristisch. Sie werden dennoch im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sie - wie hier - fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (st. Rspr. seit BSGE 16, 289, 294 = SozR Nr. 30 zu § 165 RVO und BSGE 21, 57, 58 f = SozR Nr. 2 zu § 2 AVG S. 4; in jüngerer Zeit z.B. BSG SozR 3-2940 § 3 Nr. 2 S. 9 m.w.N.; BSGE 66, 168 = SozR 3-2400 § 7 Nr. 1 und SozR 3-2400 § 7 Nr. 20 S. 80; vgl. - zum Fehlen einer Eingliederung einer hauswirtschaftlichen Familienbetreuerin - BSG, Urteil v. 28.9.2011, B 12 R 17/09 R, USK 2011-125 = Juris Rdnr. 22). Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Sonderregelungen zur Versicherungsfreiheit von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (§ 1 Satz 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III), die regelmäßig abhängig beschäftigt sind, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (st. Rspr. BSGE 65, 113, 116 f = SozR 2200 § 1248 Nr. 48 S. 125; SozR 3-2400 § 7 Nr. 18 S. 65; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr. 3, Rdnr. 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr. 6 Rdnr. 14). Allein weit reichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem gemilderten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen.

Das in §§ 2, 3 des Anstellungsvertrages vorgesehene Alleinvertretungsrecht und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB sind bei einer kleineren GmbH nicht untypisch und deuten deshalb nicht zwingend auf eine selbständige Tätigkeit hin (BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 8).

Für den Kläger bestand in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) ein nur geringes Unternehmerrisiko. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, m.w.N., juris) ist maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Soweit der Kläger überhaupt ein wirtschaftliches Risiko insoweit trägt, als er über seinen Geschäftsanteil in Höhe von 5 v.H. entsprechend an Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt ist, wird dies durch die Gewährung eines monatlichen Festgehalts in Höhe von 8.500,00 Euro, das sich jährlich um die tariflich vereinbarten Lohn- und Gehaltserhöhungen im Tarif Bau erhöhte, einem 13. Monatsgehalt als Weihnachtsgeld, einem Urlaubsgeld sowie weiterer Sonderleistungen wie die Gewährung eines Dienstwagens auch zur uneingeschränkten privaten Nutzung, der Fortführung einer bestehenden Direktversicherung sowie einer bestehenden Pensionszusage und der Gewährung einer Unfallversicherung auch gegen private Unfälle mehr als aufgewogen, da der Kläger Gehalt und Sonderleistungen unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis der Beigeladenen zu 1) beanspruchen konnte, sodass er seine eigene Arbeitskraft nicht mit der Gefahr eingesetzt hat, diese nicht vergütet zu bekommen.

Die neben den festen Gehaltsbestandteilen gem. § 7 Abs. 2 des Geschäftsführervertrages vereinbarte gewinnabhängige Tantieme, die der Kläger in den Jahren von 2007 bis 2009 in der im Tatbestand genannten Höhe erhalten hat, genügt vorliegend nicht, um eine abhängige Beschäftigung auszuschließen. Bedeutung für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit kommt Tantiemen nur als (ein) Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist (vgl. BSG, Urteil vom 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, mwN, juris). Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist, ist deren Gewicht für die hier im Vordergrund stehende Abgrenzung der Beschäftigung gegenüber einer selbständigen Tätigkeit eher gering (BSG a.a.O.). Der Senat geht hier zugunsten des Klägers von einer nicht nur geringen Bedeutung der gewährten Tantiemen für die Gesamtabwägung aus, da die Tantieme in Höhe von 20 v.H. des Jahresgewinns, der sich nach dem Jahresüberschuss vor Steuern (Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer) bemisst, zu zahlen ist, ohne dass eine betragsmäßige Begrenzung der Höhe vereinbart worden ist. Diese ergebnisabhängige Verdienstmöglichkeit führt deshalb zu einem nicht unerheblichen wirtschaftlichen Eigeninteresse des Klägers. Da schon das Festgehalt in Höhe von mindestens 110.500,00 Euro jährlich (= 8.500,00 Euro x 13) die ergebnisabhängige Tantieme in Höhe von 65.016,00 Euro für 2007, in Höhe von 19.274,00 Euro für 2008 und in Höhe von 38.054,00 Euro für 2009 deutlich überschritt, kann die Tantiemengewährung nach den vorgenannten Grundsätzen keine allein ausschlaggebende Bedeutung bei der Gesamtabwägung zukommen.

Auch unter Berücksichtigung der übrigen Gesichtspunkte, die für eine Selbständigkeit sprechen können wie die Alleinvertretungsberechtigung des Klägers, dessen Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens gem. § 181 BGB und des geringen Unternehmerrisikos aufgrund eines Kapitaleinsatzes in Höhe von 20.000,00 Euro überwiegen vom Gewicht her die typischen für eine abhängige Beschäftigung streitenden Gesichtspunkte wie die Weisungsunterworfenheit des Klägers unter das willensbildende Organ der Beigeladenen zu 1) und die Eingliederung des Klägers in eine fremde Arbeitsorganisation.

Die Beklagte hat daher zu Recht für den streitigen Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum 7.1.2010 die Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt. Eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung besteht wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht, was in dem gem. § 96 SGG zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Bescheid vom 20.11.2009 zutreffend festgestellt worden ist.

Zutreffend hat die Beklagte die Versicherungspflicht mit Wirkung ab dem 1.1.2007 festgestellt, da die Voraussetzungen für einen späteren Beginn gem. § 7a Abs. 6 SGB IV nicht vorliegen. Die Antragstellung gem. § 7a Abs. 1 SGB IV am 2.4.2007 ist bereits nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit am 1.1.2007 erfolgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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