L 2 U 258/11

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 866/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 258/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 76/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Bemessung der MdE nach dem Segmentprinzip bei der Instabilität von Wirbelsegmenten
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 12. Mai 2011 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Der Kläger hat 225,00 Euro Kosten an die Staatskasse zu zahlen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Parteien ist in der Berufungsinstanz noch streitig, ob dem Kläger und Berufungskläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 07.05.2008 ab dem 01.10.2009 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 % im Sinne des Siebten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VII) zusteht.

Der Kläger erlitt am 07.05.2008 als Fußgänger auf dem Weg von einem Firmengebäude in das andere beim Überqueren einer grünen Ampel einen Unfall, als er von einem Pkw erfasst wurde und über die Motorhaube stürzte.

Im Klinikum A-Stadt wurde noch am Unfalltag vom Radiologen OA Dr. M. B. eine Computertomographie (CT) des thoraco-lumbalen Übergangs (BWK 10 - LWK 2) in axialer Schnitttechnik mit ergänzender sagittaler und koronarer Rekonstruktion durchgeführt. Nach dessen Arztbrief vom 07.05.2008 ergab sich als Befund eine frische Deckplatten-Impressionsfraktur des BWK 12 mit nur geringer Niveau-Absenkung und minimaler Konturverwerfung an der Vorderkante. Es liege keine Hinterkanten- oder Bogenwurzelbeteiligung und dementsprechend keine Wulstung oder Höhenminderung der Hinterkante vor. Anlagebedingt liege eine geringfügige keilförmige Deformierung des BWK 11 vor, der jedoch nicht frisch frakturiert sei.

Der Kläger wurde bis zum 13.05.2008 stationär behandelt, wobei ein Drei-Punkt-Korsett angepasst und der Kläger unter Schmerztherapie mobilisiert wurde. Darüber hinaus wandte er sich an die Praxisklinik Dr. Sch., T., die ihn im Rahmen eines stationären Aufenthalts vom 15.05. bis zum 19.05.2008 in der Iatros Klinik in A-Stadt belegärztlich operierte. Die Operation bestand im Einspritzen von Knochenzement in den gebrochenen BWK 12 (Vertebroplastie) am 16.05.2008. Der Entlassungsbericht vom 02.06.2008 verweist hinsichtlich der Operationsindikation auf die aktuelle CT, aus der sich eine geringe Deckplattenimpression BWK 12 ergebe.

Der geschäftsführende Chefarzt der Klinik für Chirurgie der Kliniken A-Stadt GmbH und Durchgangsarzt (D-Arzt) PD Dr. A. berichtete mit Schreiben vom 24.07.2008, dass eine Röntgenkontrolle des thorakolumbalen Übergangs in zwei Ebenen den Verdacht auf Kanten-Fraktur der Anschlussplatte von BWK 11 im vorderen Bereich ergeben habe. Diese Diagnose fand dann in spätere Arztschreiben - ohne eigene Befunderhebung - Eingang und verselbständigte sich zunehmend von der Verdachts- zur gesicherten Diagnose.

Mit Bescheid vom 18.12.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des Versicherungsfalles vom 07.05.2008 eine Rente als vorläufige Entschädigung, die in Form einer Gesamtvergütung von 8.108,26 EUR gezahlt werde. Die Gesamtvergütung umfasste den Zeitraum vom 02.12.2008 bis zum 30.09.2009. Danach werde eine rentenberechtigende MdE voraussichtlich nicht mehr bestehen. Als Folgen des Versicherungsfalles wurden in dem Bescheid anerkannt: vorübergehende eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Wirbelsäule nach operativ versorgtem Deckplatteneinbruch des 12. BWK.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 20.12.2008 Widerspruch ein, den er damit begründete, es sei die Verletzung des 11. BWK (Einbruch der Vorderkante) nicht berücksichtigt worden, im Übrigen hätte die Verletzung eine Verminderung der Belastbarkeit und Schmerzen nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft zur Folge.

Der D-Arzt Dr. A. wurde von der Beklagten nochmals zur Frage der BWK 11-Fraktur befragt und antwortete mit Schreiben vom 10.07.2009, der Verdacht auf eine Kantenfraktur der Anschlussplatte von BWK 11 sei "nach dem anfänglichen, konventionellen Röntgen" entstanden und versehentlich in sein Schreiben vom 06.08.2008 übernommen worden. "Im Verlauf" habe sich die BWK-11-Fraktur nicht bestätigt, wozu auf den Radiologie-Befund von Dr. B. vom 07.05.2008 verwiesen wurde.

Im Auftrag der Beklagten erstellte der Chefarzt der Rehabilitationszentrums A-Stadt, Dr. S. E., Facharzt für Orthopädie, ein Rentengutachten vom 23.10.2009, in dem er als Unfallfolge u. a. eine Deckplattenimpression BWK 11 mit Erniedrigung der Vorderkante und des mittleren Pfeilers um knapp 20 % im Vergleich zur Hinterkante beschrieb. Die MdE bewertete er mit 20 %. Zur Begründung des Grades der MdE verwies der Gutachter nur darauf, dass ein Erstgutachten zur Beurteilung der MdE nicht vorliege, die Beklagte auf telefonische Anfrage mitgeteilt habe, dass eine MdE von 20 % derzeit vorliege, und dass keine Änderung eingetreten sei.

Der Beratungsarzt der Beklagten, Prof. Dr. H., gab mit Unterschrift vom 24.11.2009 und kurzen handschriftlichen Bemerkungen zum Gutachten von Dr. E. seine Auffassung kund, dass die BWK 11-Fraktur nicht unfallbedingt sei - wozu er auf das Schreiben von Dr. A. vom 10.07.2009 verwies - und eine MdE von 20 % nicht mehr vorliege.

Bereits am 12.11.2009 hatte sich der Kläger einer Magnetresonanztomographie (MRT) der LWS und der BWS unterzogen. Nach dem Schreiben der Fachärztin für diagnostische Radiologie Dr. A. S. vom 13.11.2009 fand sich dabei eine 30 %-ige Höhenminderung des BWK 11, einem Zustand nach kleiner Deckplattenimpressionsfraktur entsprechend. Ferner fanden sich ein kleiner medianer Bandscheibenvorfall LWK 5/ SWK 1 mit Kontakt zur Nervenwurzel S 1 links sowie verschiedene kleinere Veränderungen im Bereich der LWK 2 bis 5 ohne Nervenkompression.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, weil die eingeholten Befunde, insbesondere des Dr. A., nicht bestätigt hätten, dass die BWK 11-Fraktur auf den Arbeitsunfall zurückgehe.

Dagegen hat der Kläger am 22.12.2009 beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben.

Der Kläger hat seine Klage damit begründet, dass durch den Unfall auch am BWK 11 eine Verletzung in Form eines Einbruchs der Vorderkante eingetreten sei. Die Verletzungen an BWK 11 und 12 seien dauerhaft. Der Kläger leide unter ständigen Schmerzen, die er nur durch Krankengymnastik und unter Einnahme von Schmerzmitteln in den Griff bekomme.

Mit Schriftsatz vom 09.08.2010 hat der Kläger beim SG beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bescheides vom 18.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2009 über den 30.09.2009 hinaus auf Dauer eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 % zu gewähren.

Das SG hat zunächst den Unfallchirurgen Dr. L. zum Sachverständigen ernannt. Nachdem es zu persönlichen Differenzen zwischen dem Kläger und Dr. L. gekommen war, hat das SG auf Wunsch des Klägers Dr. L. von seinem Auftrag entbunden und stattdessen den Unfallchirurgen Dr. T. L. zum Sachverständigen ernannt. Dieser hat am 18.11.2008 den Kläger klinisch untersucht und Röntgenaufnahmen angefertigt. In seinem Gutachten vom 18.11.2008 kommt Dr. L. zu dem Ergebnis, dass die Fraktur des BWK 11 ebenso wie diejenige des BWK 12 unfallbedingt sei. Der CT-Befund von Dr. B. vom 07.05.2008, wonach der BWK 11 zwar eine geringfügige keilförmige Deformierung aufweise, die aber nicht frisch frakturiert, sondern anlagebedingt sei, werde durch die Röntgenaufnahmen vom 05.07.2008 sowie durch das Kernspintomogramm vom 12.11.2009 widerlegt, wo jeweils eine Deckplattenimpressionsfraktur im BWK 11 nachweisbar sei. Der im Kernspintomogramm nachweisbare kleine Bandscheibenvorfall LWK-5/ SWK-1 sei nicht unfallbedingt, es handle sich um ein anlagebedingtes "Os sacrum acutum".
Im Ergebnis könne dem Kläger ein leichtgradiges Thoracolumbalsyndrom unter Ausschluss eines sensomotorischen Defizits bei Z. n. BWK-11- und BWK-12-Fraktur sowie einer Vertebroplastie des 12. BWK bescheinigt werden.
Die MdE hat der Sachverständige mit 10 % ab dem 01.10.2009 beziffert. Nach dem Segmentprinzip ergebe sich für das Segment BWK-10/11 eine MdE von 2,2 % und für das Segment sowie BWK-12/LWK-1 eine MdE von 3,6 %, wobei jeweils der einfache Segmentwert zu nehmen sei. Für das Segment zwischen den BWK 11 und 12 sei der Segmentwert von 1,8 % wegen der leichtgradigen Knickbildung in diesem Bereich auf eine MdE von 3,6 % zu verdoppeln. Somit ergebe der Gesamtsegmentwert eine MdE von 9,4 %.
Der Befund des Kernspintomogramms vom 12.11.09 lasse sich mit den Röntgenaufnahmen aus dem Jahr 2008 auf die Weise in Einklang bringen, dass von einer leichtgradigen Zunahme des Sinterungsprozesses des BWK 11 im Bereich der Vorderkante auszugehen sei, die eine leichtgradige kyphotische Knickbildung im Segment Th 11/12 zur Folge gehabt habe, die durch die Verdoppelung des Segmentwerts bei der Bemessung der MdE zu berücksichtigen sei.
Die vom Kläger geschilderte Beschwerdesymptomatik könne nicht einem Thoracolumbalsyndrom, sondern vielmehr einem chronischen LWS-Syndrom bei vorbestehendem Os sacrum acutum und kleinem Bandscheibenvorfall L5/S1 angelastet werden.

Ergänzend zum Gutachten des Sachverständigen Dr. L. ist beim SG das röntgenologische Gutachten von Dr. G. vom 03.01.2011 eingegangen, in dem dieser aufgrund der von Dr. L. am 18.11.2010 angefertigten Röntgenaufnahmen eine keilförmige Deformierung von BWK 11 und 12 feststellte sowie eine diskrete vermehrte Kyphosierung in den beschriebenen Segmenten.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 12.05.2011 die Beklagte verurteilt, in Abänderung des Bescheids vom 18.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2009 als weitere Folgen des Unfalls vom 07.05.2008 eine Fraktur des 11. BWK mit Vorderkantenimpression und leichter kyphotischer Knickbildung im Segment Th 11/12 sowie ein leichtes Thorakolumbalsyndrom anzuerkennen. Im Übrigen hat es die Klage als unbegründet abgewiesen, weil ein Anspruch auf Verletztenrente über den 30.09.2009 hinaus nicht bestehe. In den Entscheidungsgründen hat es sich in vollem Umfang den Ausführungen des Sachverständigen Dr. L. angeschlossen.

Der Kläger hat gegen den Gerichtsbescheid, der ihm am 20.05.2011 zugestellt worden ist, am 14.06.2011 Berufung eingelegt.

Der Kläger hat seine Berufung bis zur mündlichen Verhandlung nicht begründet. Anfangs hat er erwogen, einen Antrag nach § 109 SGG zu stellen, einen solchen Antrag aber mit Schreiben vom 17.07.2012 ausdrücklich ausgeschlossen. In der mündlichen Verhandlung vom 06.02.2013 hat er sich - vertreten durch seine Prozessbevollmächtigte - zur Begründung seiner Berufung auf das Gutachten von Dr. E. vom 23.10.2009 berufen.

Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 12.05.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.11.2009 zu verurteilen, ihm über den 30.09.2009 hinaus eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Berufung bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.

Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, soweit sie darauf gerichtet war, dem Kläger über den 30.09.2009 hinaus auf Dauer eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 % zu gewähren. Die Klage ist insoweit zulässig, aber unbegründet.

Anspruch auf Verletztenrente haben Versicherte nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Gemäß § 56 Abs. 2 SGB VII richtet sich die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Weiter regelt § 56 Abs. 3 SGB VII, dass bei Verlust der Erwerbsfähigkeit Vollrente und bei einer MdE Teilrente geleistet wird, die in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt wird, der dem Grad der MdE entspricht.

Eine MdE von 20 % lässt sich auch dann nicht begründen, wenn man davon entsprechend dem rechtskräftig gewordenen Teil des angefochtenen Gerichtsbescheides davon ausgeht, dass nicht nur die Fraktur des BWK 12, sondern auch die Fraktur des BWK 11 mit jeweiliger Abflachung der Vorderkante als Folgen des Arbeitsunfalls vom 07.05.2008 anzuerkennen sind und zu einer leichten kyphotischen Knickbildung im Segment Th 11/12 sowie einem leichten Thorakolumbalsyndrom geführt haben. Der Sachverständige hat eine normale Beweglichkeit der Wirbelsäule nachgewiesen und ein sensomotorisches Defizit ausgeschlossen. Nach der Fachliteratur (Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. A. 2010, S. 442 ff.) ergibt ein isolierter WK-Bruch ohne Bandscheibenbeteiligung eine MdE von unter 10 %. Eine verbleibende Instabilität ist nach dem Segmentprinzip zu berücksichtigen. Betroffen sind bei einer verbleibenden Deformierung der BWK 11 und 12 drei Segmente, nämlich das T 10/11 (Segmentwert 2,2 %), das T 11/12 (Segmentwert 1,8 %) und das T 12/ L 1 (Segmentwert 3,6 %). Dabei hat der Sachverständige im Einklang mit der Begutachtungsliteratur (aaO, S. 443) den Segmentwert von 1,8 % für das T 11/12 auf 3,6 % verdoppelt, weil es in diesem Segment zu einer posttraumatischen Wirbelsäulendeformität mit Verkrümmung in der Frontalebene gekommen ist. Im Übrigen sind die Segmentwerte zu addieren, was einen Gesamtsegmentwert und damit eine MdE von 9,4 % ergibt. Was die vom Kläger geschilderten Schmerzen, insbesondere mit Ausstrahlung in die Beine betrifft, so hat der Sachverständige nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass diese nicht auf das Thoracolumbalsyndrom, sondern einem chronischen LWS-Syndrom bei vorbestehenden Os sacrum acutum und kleinem Bandscheibenvorfall L5/S1 zurückzuführen sind. Eine Unfallkausalität besteht insofern nicht.

Die überzeugende Argumentation des Sachverständigen Dr. L. wird durch das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten von Dr. E. vom 15.10.2009 nicht widerlegt. Denn der dort vorgeschlagene Wert einer MdE von 20 % wird mit keinem Wort näher begründet. Insoweit findet sich im Gutachten nur der Hinweis, dass ein Erstgutachten nicht vorliege, dass die Beklagte auf telefonische Anfrage hin mitgeteilt habe, dass der Kläger mit einer MdE von 20 % eingestuft sei, und dass diesbezüglich keine Änderung eingetreten sei. Ein Telefonvermerk der Beklagten vom 08.10.2008 (Bl. 488 Beklagtenakte) bestätigt, dass der Gutachter Dr. E. von der Beklagten auf Nachfrage die Auskunft erhalten hat, dass die MdE noch bei 20 % liege, wobei dieser seine Verwunderung geäußert habe, dass diese Feststellung nicht aufgrund eines Gutachtens erfolgt sei. Der Gutachter
Dr. E. hat keine eigene MdE-Einstufung vorgenommen, sondern nur festgestellt, dass keine Änderung eingetreten sei, und daraus den rechtlich unzutreffenden Schluss gezogen, dass es bei der - in Wirklichkeit schon zum 30.09.2009 beendeten und zudem nur vorläufigen - Einstufung mit einer MdE von 20 % bleiben müsse.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Demnach kann der Kläger nicht die Erstattung der Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels verlangen. Die Kostenentscheidung der ersten Instanz, wonach die Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zur Hälfte trägt, ist nicht zu beanstanden.

Darüber hinaus hat der Senat dem Kläger gemäß § 192 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGG Verschuldenskosten in Höhe von 225 EUR auferlegt. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei gemäß § 192 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 184 Abs. 2 SGG in der Berufungsinstanz mindestens ein Betrag von 225 EUR. Die Fortführung des Rechtsstreits war missbräuchlich, weil das Ergebnis nach der Gutachtenslage eindeutig war. Der Kläger hat seine Berufung mehr als eineinhalb Jahre lang bis zum Tag der mündlichen Verhandlung trotz mehrfacher gerichtlicher Aufforderung nicht begründet, auch nicht, nachdem seinem Prozessbevollmächtigten die Akten zur Einsicht übersandt worden waren. Die von der Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung gegebene Begründung der Berufung unter Hinweis auf das Gutachten von Dr. E. war aus den o. g. Gründen in keiner Weise tragfähig, was mit der Prozessbevollmächtigten ausführlich erörtert wurde. Auch Versuche, den Kläger telefonisch zu erreichen, waren erfolglos. Der Senat hat von seinem Ermessen, Verschuldenskosten zu verhängen, Gebrauch gemacht, weil der Kläger - bzw. dessen Prozessbevollmächtigte, deren Verschulden sich der Kläger gemäß § 192 Abs. 1 Satz 2 SGG zurechnen lassen muss, sich in hohem Maße uneinsichtig gezeigt haben, indem sie in der mündlichen Verhandlung erstmals ein - sofort zu widerlegendes - Argument in einer bis dahin nicht begründeten Berufung vorgetragen haben, wobei ferner der Kläger selbst nicht erschienen ist, gleichzeitig aber seiner Prozessbevollmächtigten wohl durch eine entsprechende Weisung jeden Entscheidungsspielraum zur Berufungsrücknahme abgeschnitten hat. Der Vorsitzende hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers über die Folgen nach § 192 SGG in der mündlichen Verhandlung vom 06.02.2013 belehrt.

Als verursachter Kostenbetrag gilt nach § 192 Abs. 1 S. 3 SGG mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz, für das Berufungsverfahren somit in Höhe von 225 EUR. Der Senat setzte diesen Mindestbetrag an.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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