S 41 AS 3275/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
41
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 41 AS 3275/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 556/13
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die verfassungsgemäße Höhe der dem Kläger zu gewährenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) für den Zeitraum vom 01.07.2012 bis 31.12.2012.

Der am 19.08.19xx geborene Kläger bezieht seit 2005 Leistungen nach dem SGB II von der Beklagten. Auf einen entsprechenden Fortzahlungsantrag vom 04.06.2012 hin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 14.06.2012 für den oben genannten Zeitraum Arbeitslosengeld II (Alg II) in Höhe von monatlich insgesamt 608,36 EUR (bestehend aus 374,00 EUR Regelleistung und 234,36 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung). Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den er damit begründete, dass die bewilligte Regelleistung seine Menschenwürde verletze. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung wies sie darauf hin, sie sei als Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden und habe entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen die Regelleistung bewilligt.

Hiergegen hat der Kläger mit bei Gericht am 13.08.2012 eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben. Er ist der Ansicht, die seit dem 01.01.2012 geltende Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende verletze seine Menschenwürde.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2012 zu verurteilen, ihm mindestens einen Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 1.100,- EUR monatlich zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Regelsätze seien nicht verfassungswidrig zu niedrig festgesetzt worden.

Mit Schreiben vom 29.10.2012 hat die Kammervorsitzende den Kläger darauf hingewiesen, dass das Bundesozialgericht (BSG ) mit Urteil vom 12.07.2012 – B 14 AS 153/11 R – entschieden habe, dass die Höhe des ab dem 01.01.2011 geltenden Regelbedarfs für Alleinstehende nicht verfassungswidrig sei und auch das Gericht nicht von der Verfassungswidrigkeit ausgehe.

Daraufhin hat der Kläger dem Gericht mitgeteilt, dass er sich an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wenden möchte, um die Verletzung seiner Menschenwürde zu rügen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist zulässig. Insbesondere ist das beklagte Jobcenter gemäß § 70 Nr. 1 SGG beteiligtenfähig (BSG, Urteil vom 18.01.2011 – B 4 AS 99/10 R – zitiert nach www.juris.de Rn. 11). Nach § 76 Absatz 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft getreten.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Den Gegenstand des Klageverfahrens bildet der Bescheid vom 14.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2012, mit dem die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe der gesetzlichen Regelleistung bzw. des gesetzlichen Regelbedarf sowie Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.07.2012 bis 31.12.2012 bewilligt hat. Dabei beschränkt sich der Streitgegenstand auf die von der Beklagten getroffene Regelung zur Höhe der Regelleistung bzw. des Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts und umfasst nicht die Kosten bzw. Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Der Kläger hat den Streitgegenstand in zulässiger Weise auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes beschränkt (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 12.12.2012 – L 3 AS 4252/11 – m.w.N.)

Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 14.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.07.2012 nicht beschwert im Sinne des § 54 Absatz 2 Satz 1 SGG. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes stehen dem Kläger in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht zu. Zwar ist der Kläger leistungsberechtigt im Sinne des § 7 Absatz 1 SGG II, weil er das 15. Lebensjahr vollendet, nicht jedoch die Altersgrenze nach § 7 a SGB II erreicht hatte, erwerbsfähig und hilfebedürftig war (§ 7 Absatz 1 Satz 1 SGB II). Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf einen höheren Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes als den von der Beklagten mit Bescheid vom 14.06.2011 bewilligten Betrag von monatlich 374,00 EUR.

Gemäß § 20 Absatz 2 Satz 1 SGB XII werden ab dem 01.01.2011 als Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes bei Personen, die alleinstehend sind, monatlich 364,00 EUR anerkannt. Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes wird gemäß § 20 Absatz 5 Satz 1 jeweils zum 1. Januar eines Jahres entsprechend § 28 a Zwölftes Buchs Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (SGB XII) angepasst. Die Regelbedarfsstufen sind zum 01.01.2012 durch § 2 Absatz 1 der Verordnung zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 138 Nr. 2 SGB XII für das Jahr 2012 (Regelbedarfsstufen/Fortschreibungsverordnung 2012 – RBFFV 2012, BGBI I, 2090) innerhalb der Frist des § 40 Absatz 2 Satz 2 SGB XII fortgeschrieben worden.

Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes umfasst nach § 20 Absatz 1 SGB II insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen. Die neuen Regelbedarfe wurden durch das Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 SGB XII (Regelbedarf – Ermittlungsgesetz – RBEG) festgelegt (vgl. Artikel 1 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011, BGBl. I, Seite 453).

Die Beklagte hat dem Kläger den ihm als alleinstehenden und erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gesetzlich zustehenden Geldbetrag gewährt.

Von einer Verfassungswidrigkeit des RBEG, also der Ermittlung der Regelbedarfe, ist nach Ansicht der Kammer nicht auszugehen. Dabei ist die Kammer der Entscheidung des BSG vom 12.07.2012 – B 14 AS 153/11 R – gefolgt. Das BSG hat in der vorgenannten Entscheidung festgestellt, dass die Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.01.2011 nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden ist, weil der Gesetzgeber die Höhe des Regelbedarfs in einem sachgerechten Verfahren ermittelt hat. Die Kammer schließt sich nach eigener Überprüfung den zutreffenden Ausführungen des BSG vollinhaltlich an.

Der vollständigkeitshalber weist die Kammer darauf hin, dass die Verfassungsbeschwerde gegen das BSG-Urteil nicht zur Entscheidung angenommen wurde (BVerfG, Beschluss vom 20.11.2012 – 1 BvR 2203/12).

Insgesamt bestehen daher keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe des seit dem 01.01.2012 geltenden Regelbedarfs von monatlich 374,00 EUR. Es besteht daher für die Kammer auch kein Anlass für eine Vorlage der Streitsache gemäß Artikel 100 Grundgesetz an das Bundesverfassungsgericht.

Auch aus sonstigen Gründen steht dem Kläger kein Anspruch auf höhere Leistungen nach dem SGB II zu. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass bei dem Kläger die tatsächlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehrbedarfs im Sinne des § 21 SGB II vorliegen. Insbesondere ist weder erkennbar noch vorgetragen, dass bei dem Kläger im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Die Berufung ist gemäß § 143 SGG zulässig, da der Kläger monatlich einen höheren Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 726,- EUR fordert, also für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2012 bis 31.12.2012 einen weiteren Betrag in Höhe von 4.356,00 EUR begehrt.
Rechtskraft
Aus
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