L 9 SO 437/12 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 SO 151/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 437/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 30.10.2012 abgeändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Aachen ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt S aus X beigeordnet. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Sozialgerichts (SG) Aachen vom 30.10.2012 ist unabhängig davon, dass in der Hauptsache die Berufung nach Maßgabe von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht zulässig wäre, nicht nach § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) ausgeschlossen, sondern gemäß § 172 Abs. 1 SGG mangels Eingreifens eines in § 172 Abs. 3 SGG genannten Ausschlussgrundes statthaft (vgl. hierzu LSG NRW, Beschl. v. 18.04.2007 - L 19 B 42/06 AL -, juris Rn. 4 ff.; Beschl. v. 19.04.2007 - L 16 B 9/07 KR -, juris Rn. 10; Beschl. v. 07.02.2008 - L 7 B 307/07 AS -, juris Rn. 1, jeweils m.w.N.) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Das SG hat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für die auf Übernahme von Umzugskosten in Höhe von 300,- Euro, d.h. in Höhe der Hälfte der im Angebot der Firma K Umzüge vom 09.08.2012 veranschlagten Kosten (die andere Hälfte hat die Beklagte in ihrem an die Tochter der Klägerin vom 31.10.2012 adressierten Bescheid übernommen), gerichtete Klage vom 31.08.2012 zu Unrecht abgelehnt.

1. Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen vor.

a) Entgegen der Auffassung des SG bietet die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg.

aa) Allerdings hat das SG zu Recht entschieden, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht gegen die Beklagte zusteht, weil die Klägerin als Erwerbsfähige dem Grunde nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) leistungsberechtigt ist und deshalb Ansprüche gegen die Beklagte als Sozialhilfeträger gemäß § 21 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) ausscheiden. Der Senat schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen des SG in dem angefochtenen Beschluss an und nimmt auf sie Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).

bb) Es spricht jedoch viel dafür, dass der zuständige Träger der Leistungen nach dem SGB II, das Jobcenter B, zumindest teilweise zur Übernahme der geltend gemachten Umzugskosten bzw. zur einer entsprechenden Zusicherung oder jedenfalls zu einer erneuten ermessensfehlerfreien Entscheidung insoweit verpflichtet ist. Das Jobcenter B ist deshalb im vorliegenden Klageverfahren gegen die Beklagte gemäß § 75 Abs. 2 2. Alt. SGG beizuladen (sog. unechte Beiladung) und ggf. nach § 75 Abs. 5 SGG zu verurteilen. Die Beiladung steht nicht im Ermessen des SG und ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin ebenfalls am 31.08.2012 unter dem Az.: S 8 AS 817/12 eine auf Übernahme der Umzugskosten gerichtete Klage gegen das Jobcenter B erhoben hat, denn die Verurteilung eines nach § 75 Abs. 2 2. Alt. SGG Beizuladenden wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch gegen diesen bereits anderweitig rechtshängig ist (BSG, Urt. v. 19.05.1982 - 11 RA 37/81 -, juris Rn. 38, stRspr).

(1) Maßgebliche Anspruchsgrundlage gegen das Jobcenter B ist § 22 Abs. 6 SGB II. Danach können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden (§ 22 Abs. 6 Satz 1 1. Halbsatz SGB II). Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann (§ 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II).

(2) Entgegen der im Richterbrief vom 08.11.2012 im Verfahren S 8 AS 817/12 angedeuteten Auffassung setzt § 22 Abs. 6 SGB II, wie sich im Umkehrschluss aus § 24 Abs. 3 Satz 2 SGB II ergibt, das Bestehen eines Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts dem Grunde nach voraus (so auch BSG, Urt. v. 06.05.2010 - B 14 AS 7/09 R -, juris Rn. 11). Anders als das Jobcenter B meint, hat die Klägerin jedoch nach gegenwärtigem Sachstand dem Grunde nach als erwerbsfähige Leistungsberechtigte gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II, die mit ihrer mittlerweile 36jährigen schwerbehinderten Tochter nach Maßgabe von § 7 Abs. 3 SGB II keine Bedarfsgemeinschaft bildet, Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Alg II) gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Sie ist gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 SGB II hilfebedürftig und erfüllt auch die übrigen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Der gesetzliche Hilfebedarf der Klägerin setzt sich aus dem Regelbedarf für Alleinstehende gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II i.V.m. den Bekanntmachungen über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2012 und 2013 (374,- Euro monatlich bis zum 31.12.2012 und 382,- Euro monatlich ab dem 01.01.2013), dem Bedarf für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der Hälfte der tatsächlichen Kosten (205,- Euro monatlich) und einem Mehrbedarf für die dezentrale Warmwasserbereitung gemäß § 21 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 SGB II (8,60 Euro monatlich bis zum 31.12.2012 und 8,79 Euro ab dem 01.01.2013) zusammen. Dem steht als nach § 11 Abs. 1 und 2 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen allein der vom Ehemann der Klägerin gezahlte Ehegattenunterhalt von 600,- Euro gegenüber. Alle anderen Einnahmen stehen der Tochter der Klägerin zu. Von dem Unterhalt sind gemäß § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V), was das Jobcenter B übersehen hat, pauschal 30,- Euro abzusetzen, so dass als anrechenbares Einkommen monatlich 570,- Euro verbleiben. Bis zum 31.12.2012 ergab sich mithin ein monatlicher Leistungsanspruch von 17,60 Euro; ab dem 01.01.2013 hat die Klägerin Anspruch auf Alg II in Höhe von 25,79 Euro monatlich. Die Klägerin dürfte zwar nach §§ 3 Abs. 1, 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Wohngeldgesetz (WoGG) Anspruch auf Wohngeld haben. Solange ihr dieses jedoch nicht gewährt wird und zufließt, ist es nicht als leistungsminderndes Einkommen zu berücksichtigen.

Der Leistungsberechtigung der Klägerin auf Arbeitslosengeld II dem Grunde nach steht aus mehreren Gründen nicht entgegen, dass das Jobcenter B seinen ursprünglich bis zum 31.07.2012 reichenden Bewilligungsbescheid mit bestandskräftigem Bescheid vom 12.03.2012 aufgehoben hat. Dieser Bescheid enthält keine Regelung im Sinne einer (negativen) Feststellung, dass die Klägerin in der für die Übernahme der Umzugskosten allein maßgeblichen Zeit ab dem 01.08.2012 dem Grunde nach keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hat. Zudem dürfte die Frage nach dem Bestehen einer Leistungsberechtigung dem Grunde nach im Rahmen von § 22 Abs. 6 SGB II unabhängig von etwaigen bestandskräftigen Bewilligungs- oder Ablehnungsentscheidungen in Bezug auf die Gewährung von Alg II zu prüfen sein. Schließlich ist das Jobcenter B gemäß § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) verpflichtet, von Amts wegen seinen rechtswidrigen Bescheid vom 12.03.2012 zu korrigieren, und dürfte aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs auch gehalten sein, der Klägerin ungeachtet der fehlenden Antragstellung (vgl. § 37 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB II) für die Zeit ab dem 01.08.2012 Alg II nachträglich zu gewähren.

(3) Es spricht viel dafür, dass die Klägerin bereits nach der Sollvorschrift des § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II Anspruch auf Übernahme von Umzugskosten dem Grunde nach hat.

(a) Dass es sich bei den streitgegenständlichen Möbeltransportkosten um Umzugskosten im Sinne von § 22 Abs. 6 SGB II handelt, ist, wie bereits das SG zutreffend festgestellt hat, nicht zweifelhaft. Soweit das Jobcenter B im Widerspruchsbescheid vom 28.08.2012 eine andere Auffassung vertreten hat, vermag der Senat dies nicht nachzuvollziehen. Die geltend gemachten Möbeltransportkosten fallen an, weil die Klägerin zusammen mit ihrer Tochter in eine neue Wohnung gezogen ist und sich die Möbel weiterhin in der Wohnung befinden, die die Klägerin früher mit ihrem Ehemann gemeinsam bewohnt hat. Schon allein begriffsmäßig handelt es sich deshalb um Umzugskosten. Aus dem Umstand, dass die Klägerin zwischenzeitlich Zuflucht in einem Frauenhaus gesucht hat, folgt nichts anderes. Sowohl nach dem Wortlauf des § 22 Abs. 6 SGB II als auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift kommt es allein darauf an, ob die Kosten durch einen Wohnungswechsel verursacht werden. Dies ist hier unproblematisch der Fall.

(b) Nach dem gegenwärtig bekanten Sachverhalt deutet viel darauf hin, dass es sich vorliegend um einen aus anderen Gründen notwendigen Umzug im Sinne von § 22 Abs. 6 Satz 2 2. Alt. SGB II handelt. Da die Klägerin die gemeinsame eheliche Wohnung nach eigenen Angaben verlassen und in einem Frauenhaus Zuflucht gesucht hat, liegt die Annahme nahe, dass ihr der weitere Verbleib in der ehelichen Wohnung nicht zumutbar und die Anmietung einer neuen Wohnung deshalb erforderlich war. Ein im Rahmen von § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II nicht anerkennungsfähiger rein privater Zweck (vgl. insoweit BSG, Urt. v. Urt. v. 06.05.2010 - B 14 AS 7/09 R -, juris Rn. 17) läge bei dieser Sachlage nicht vor. Das SG wird insoweit den Sachverhalt ggf. weiter aufzuklären haben.

(c) Entgegen der im Verfahren S 8 AS 817/12 vom Jobcenter B vertretenen Auffassung dürfte eine Anspruch nach § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II nicht daran scheitern, dass der Mietvertrag über die neue Wohnung bereits vor der Beantragung der Übernahme der Umzugskosten abgeschlossen worden ist und die Zusicherung der Übernahme von Umzugskosten deshalb offensichtlich nicht notwendig war, um eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum zu finden. Bei der in § 22 Abs. 6 Satz 2 3. Alt. SGB II enthaltenen Regelung ("und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann") handelt es sich nicht um Tatbestandsvoraussetzung, die kumulativ neben den in § 22 Abs. 6 Satz 2 1. und 2. Alt. geregelten Voraussetzungen gegeben sein muss, damit die Zusicherung im Regelfall ("soll") zu erteilen ist. Vielmehr handelt es sich um eine weitere, gleichrangig neben der Veranlassung des Umzugs durch den Grundsicherungsträger und der anderweitigen Notwendigkeit des Umzugs stehende Alternative, die den Grundsicherungsträger regelhaft zur Übernahme der in § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II genannten Kosten zwingt (in diesem Sinne auch Lang/Link; in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 22 Rn. 88; Piepenstock, in: jurisPK-SGB II, § 22 Rn. 174, und wohl auch BSG, Urt. v. 06.05.2010 - B 14 AS 7/09 R -, juris Rn. 10, 14, 18). Dies folgt zum einen daraus, dass § 22 Abs. 6 Satz 2 3. Alt. SGB II durch ein weiteres "wenn" eingeleitet wird. Zum anderen hängt das Auffinden einen anderen Wohnung in angemessener Zeit in der Regel nicht davon ab, wer in welchem Umfang die Umzugskosten übernimmt, so dass die Voraussetzungen des § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II in Bezug auf Umzugskosten so gut wie nie gegeben wären, wenn es sich bei § 22 Abs. 6 Satz 2 3. Alt. SGB II um eine kumulative Tatbestandsvoraussetzung handeln würde. § 22 Abs. 6 Satz 2 3. Alt. SGB II bezieht sich vielmehr offensichtlich auf Wohnungsbeschaffungskosten und hat insoweit eigenständige Bedeutung (in diesem Sinne auch Berlit, in: LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, § 22 Rn. 159).

(d) Gründe, warum abweichend vom gesetzlichen Regelfall ("soll") die Umzugskosten der Klägerin nicht zu übernehmen sein sollten, sind nicht ersichtlich.

(4) Wenn die Voraussetzungen des § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II nicht erfüllt sein sollten, stünde der Klägerin jedenfalls ein Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung hinsichtlich der Übernahme der Kosten dem Grunde nach gemäß § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu (vgl. insoweit auch BSG, Urt. v. 06.05.2010 - B 14 AS 7/09 R -, juris Rn. 18 f.). Da das Jobcenter B die Übernahme der Umzugskosten bislang mit nicht tragfähiger Begründung abgelehnt hat, hat es sein Ermessen nicht bzw. nicht rechtmäßig ausgeübt.

(5) Was den Umfang der zu übernehmenden Umzugskosten anbetrifft, fehlt es ebenfalls an der insoweit sowohl nach § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II als auch nach § 22 Abs. 6 Satz 1 SGB II erforderlichen rechtmäßigen Ermessensentscheidung des Jobcenters B. Insoweit wird das Jobcenter zu prüfen haben, ob hier ausnahmsweise die Übernahme der Aufwendung für einen gewerblich organisierten Umzug entsprechend dem Angebot der Firma K Umzüge vom 09.08.2012 in Betracht kommt und wie hoch die Kosten für einen privat von der Klägerin durchgeführten Umzug zu veranschlagen wären (vgl. hierzu BSG, Urt. v. 06.05.2010 - B 14 AS 7/09 R -, juris Rn. 19 f.). Hierbei wird das Jobcenter auch zu bedenken haben, dass die Tochter der Klägerin beim Umzug nicht mithelfen kann und dass die Beklagte anteilige Kosten von 300,- Euro ausweislich ihres Bescheids vom 31.10.2012 für angemessen gehalten hat.

b) Die Rechtsverfolgung der Klägerin erscheint auch nicht mutwillig. In Anbetracht der zum Teil schwierigen Abgrenzung der Leistungssysteme des SGB II einerseits und des SGB XII andererseits und angesichts der rechtswidrigen Aufhebung der Bewilligung von Alg II durch das Jobcenter B und der Ablehnung des Antrags durch die Beklagte anstelle der Weiterleitung gemäß § 16 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) wäre auch ein Bemittelter sowohl gegen den Sozialhilfeträger als auch gegen den Träger der Leistungen nach dem SGB II gerichtlich vorgegangen.

c) Die Klägerin ist als nach dem SGB II dem Grunde nach Leistungsberechtigte nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande, die Kosten der Prozessführung aufzubringen (§ 73a SGG i.V.m. § 115 ZPO), so dass ihr ratenfrei Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen ist.

2. Die Beiordnung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin folgt aus § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist in Anbetracht der schwierigen Sach- und Rechtslage erforderlich.

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Klägerin im Verfahren S 8 AS 817/12 ebenfalls Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr Prozessbevollmächtigter als Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Die Klägerin führt zwar mit anwaltlicher Vertretung in ein und derselben Angelegenheit zwei sozialgerichtliche Klageverfahren, obwohl in der Sache die Klage gegen das Jobcenter B im Verfahren S 8 AS 817/12 zur Erreichung des Rechtsschutzziels ausreichend gewesen wäre, und die Beiordnung eines Rechtsanwalts in eindeutig gleichgelagerten Parallelfällen ist grundsätzlich nicht geboten (vgl. insoweit BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 02.09.2010 - 1 BvR 1974/08 -, juris, Rn. 16 f.; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30.05.2011 - 1 BvR 3151/10 -, juris Rn. 12, 16; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 08.02.2012 - 1 BvR 1120/11, 1 BvR 1121/11 -, juris Rn. 13). Wegen der zwingenden Regelung des § 75 Abs. 2 2. Alt., Abs. 5 SGG, die der Prozessökonomie dient und der Gefahr widersprechender Entscheidungen vorbeugen soll, kann die Erforderlichkeit der Anwaltsbeiordnung aber nicht im Hinblick auf die bereits rechtshängige Klage gegen das beizuladende Jobcenter abgelehnt werden. Die Notwendigkeit der Beiladung des Jobcenters besteht unabhängig davon, ob die Klägerin im Parallelverfahren anwaltlich vertreten ist. Im Hinblick auf die notwendige Beiladung des Jobcenters im vorliegenden Verfahren steht auch nicht fest, dass im Verfahren S 8 AS 817/12 in der Sache entschieden werden wird. Das SG wird vielmehr im dortigen Verfahren zu prüfen haben, ob die zeitgleich erhobene Klage gegen das Jobcenter infolge der Beiladung des Jobcenters im vorliegenden Verfahren wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig wird (vgl. hierzu auch LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 30.09.2011 - L 1 AL 70/11 B -, juris Rn. 6). Ob die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Verfahren S 8 AS 817/12 notwendig war, obwohl diese Klage an sich in Anbetracht des im vorliegenden Verfahren zur Anwendung kommenden § 75 Abs. 2 2. Alt., Abs. 5 SGG nur zur Verhinderung der Bestandskraft der ablehnenden Bescheide des Jobcenters erhoben werden musste (vgl. hierzu auch BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18.11.2009 - 1 BvR 2455/08 -, juris Rn. 9 ff.), hat der Senat nicht zu prüfen. Das SG wird seinerseits im Rahmen von § 193 Abs. 1 SGG zu entscheiden haben, ob es ggf. gerechtfertigt ist, dem Jobcenter die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Klageverfahren ganz oder teilweise aufzuerlegen. Denkbar ist auch, die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten in zwei Verfahren mit jeweils dem gleichen Gegenstand bei der Gebührenhöhe zu berücksichtigen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved