S 40 KR 776/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
40
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 40 KR 776/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Notwendigkeit einer stationären Mutter-Kind-Maßnahme. Die 48-jährige Klägerin, die bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert ist, stellte am 17.03.2011 einen Antrag auf eine stationäre Mutter-Kind-Maßnahme als Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme. Der Sohn solle sie begleiten, da eine Versorgung zu Hause nicht möglich sei. Sie sei belastet durch die Pflegebedürftigkeit oder schwere Erkrankung eines Familienmitglieds, den Schichtdienst und häufige Krankheiten des Kindes. Durch den Stress, der durch die Arbeit, Haushalt, Beruf und Kinderbetreuung entstehe, leide sie permanent unter Kopfschmerzen und Schlafproblemen, was sich auf die Neurodermitis und das Asthma negativ auswirke. Aufgrund des Schichtdienstes sei sie nicht in der Lage, verschiedene Angebote wahrzunehmen. Sie verspreche sich Abstand vom Alltagsstress und den besseren Umgang mit Konfliktsituationen. Beigefügt war zudem der Antrag der Dres. L, Fachärzte für Allgemeinmedizin, vom 17.03.2011, worin diese als Diagnosen Asthma, Neurodermitis und eine nicht näher bezeichnete somatoforme Störung angaben. Die Klägerin sei abgeschlagen, leide an Schlafstörungen und Hauterkrankungen. Diese führten zu einer deutlichen schweren Einschränkung der Belastbarkeit im täglichen Leben. Sie habe Schwierigkeiten bei der Fortbewegung, der Selbstversorgung, der Kommunikation und der körperlichen Bewegung. Ziel der Maßnahme sei der Erhalt der Berufsfähigkeit und Verbesserung der psychosomatischen Situation. Termine bei einem Therapeuten seien erst in sechs Monaten erhältlich. Es liege wegen der Tumorerkrankung des Ehemannes eine familiäre Belastung vor. Eine Versorgung des Kindes sei während der Abwesenheit der Mutter nicht sichergestellt. Die Beklagte schaltete daraufhin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein, der in seiner Stellungnahme vom 28.03.2011 mitteilte, dass die therapeutischen Maßnahmen am Wohnort nicht genutzt würden. Die Klägerin sollte die entsprechenden Therapien zudem bereits während der Maßnahme 2006 erlernt haben. Die führende Diagnose sei auch nicht mütterspezifisch. Es genügten daher ambulante Maßnahmen am Wohnort. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 04.04.2011 ab. Nach den Feststellungen des MDK sei eine Mutter-Kind-Maßnahme nicht erforderlich. Es genüge eine ambulante Behandlung am Wohnort. Dagegen erhob die Klägerin am 11.04.2011 Widerspruch. Nach Auskunft des Bundesversicherungsamtes könne sie nicht auf ambulante Behandlungsmöglichkeiten verwiesen werden. Es komme hinzu, dass nach der Stellungnahme ihres Arztes eine Herausnahme aus dem Umfeld erforderlich werde. Sie wende auch die erlernten Maßnahmen regelmäßig an. Gleichwohl sei eine Mutter-Kind-Maßnahme erforderlich. Während der Maßnahme solle das Kind sie einmal unbeschwert und ohne Alltagsbelastungen erleben, was sich nur positiv auf die Beziehung zu ihm auswirken könne. Zu Hause sei eine Versorgung nicht sichergestellt und sie würde sich die ganze Zeit Sorgen machen. Zudem übersandte sie ein Attest von Dr. L vom 05.04.2011, wonach ambulante Maßnahmen nicht ausreichend seien. Die im Jahre 2006 erlernten Therapien genügten nicht. In einem Gutachten des MDK vom 10.05.2011 nach Untersuchung der Klägerin teilte dieser mit, dass keine größeren familiären Konfliktsituation angegeben worden seien. Zudem sei eine Unterstützung durch den Ehemann möglich. Eine mütterspezifische Belastungssituation ergebe sich nicht. Es werde auf eine fachärztliche Behandlung verwiesen. Weitergehende Maßnahmen seien nicht erforderlich. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 10.06.2011 zurück. In der wiederholten Stellungnahme des MDK habe dieser mitgeteilt, dass auch nach den erneuten Angaben keine Änderung feststellbar gewesen sei. Zwar müssten die ambulanten Maßnahmen nicht ausgeschöpft werden, jedoch komme die Maßnahme nicht in Betracht, soweit ambulante Behandlungen genügten, was hier der Fall sei. Mit der am 04.07.2011 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie leide unter einer Neurodermitis und Asthmabeschwerden sowie Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit. Zudem liege eine schwere obstruktive Bronchitis vor. Auch der Sohn leide an dieser Erkrankung. Dies habe die Fachärztin Dr. Lauterbach bei beiden festgestellt. Die Krankheit behindere sie laufend. Sie sei als Fleisch- und Wurstfachverkäuferin an der Theke tätig, wo sie während der Arbeit wiederholt an asthmatischen Anfällen leide. Daneben seien die Neurodermitis-Beschwerden dergestalt, dass sie es nachts nicht mehr aushalten könne. Die Beschwerden verstärkten sich mit Zunahme des Stresses. Zu Hause lebe ein Sohn im Alter von 11 sowie ein weiterer Sohn im Alter von 22, die versorgt werden müssten. Der ältere Sohn sei voll berufstätig und habe ein eigenes Kind zu versorgen. Daher könne er im Haushalt nicht aushelfen. Die im Jahre 2006 zusammen mit dem jüngeren Sohn durchgeführte Kur habe beiden gut getan. Sie habe auch ambulant alle Maßnahmen ergriffen, soweit es ihr möglich gewesen sei. Allerdings sei wegen der beruflichen Tätigkeit und des besonderen Aufwandes der Versorgung des jüngeren Sohnes wenig Zeit für eine partnerschaftliche Beziehung. Sie habe Rehabilitationssport ausgeübt. Weitere Kurse habe sie aufgrund ihrer Tätigkeit nicht mehr wahrnehmen können. Die monatlichen Kosten für ein Fitnessstudio habe sie nicht aufbringen können. Zu Hause nutze sie eine Entspannungs-CD. Weitere Maßnahmen seien aufgrund der wirtschaftlichen und beruflichen Situation nicht durchführbar. Die stationäre Behandlung führe üblicherweise zu einer Stabilisierung des Gesundheitszustandes und einer Verbesserung der Situation. Denn durch die stationäre Durchführung käme es zu einer Entspannung. Die Übungen würden der Behandlung der Erkrankung zugutekommen. Beide befragten Ärzte hätten eine stationäre Maßnahme befürwortet, da eine Versorgung des Sohnes sonst nicht gewährleistet wäre und der Sohn selbst auch an Asthma bronchiale leide. Die stationäre Maßnahme sei zudem zur Distanzierung aus dem häuslichen Umfeld erforderlich. Aus den Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes folge, dass die Maßnahme zu gewähren sei, wenn eine besondere Belastungssituation vorliege. Diese sei vorrangig zu gewähren, zumal die dort genannten Beschwerden wie Schlafstörungen oder Kopfschmerzen vorliegen würden. Die Klägerin leide auch an entsprechenden Kontextfaktoren, wie chronischen Erkrankungen und ständigem Zeitdruck sowie sozialer Isolation. Die Beklagte preise die Mutter-Kind-Maßnahme auch ausdrücklich an. Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 04.04.2011 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2011 aufzuheben und ihr die beantragte Vorsorge- und Rehabilitationsleistung für Mütter und Kind entsprechend ihrem Antrag vom 03.03.2011 zu bewilligen. Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Klage abzuweisen. Zur Begründung nimmt sie zunächst Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend dazu trägt sie vor, dass der MDK bei einer persönlichen Untersuchung keine positive Vorsorgeprognose habe treffen können. Ebenso fehle es an einer Vorsorgebedürftigkeit. Neben dem Ehemann lebe noch der 22-jährige Sohn im Haushalt, so dass die Versorgung der Familie nicht nur von der Klägerin zu leisten sei. Die familiären Probleme könnten nicht durch einen dreiwöchigen Kuraufenthalt gelöst werden. Dies bestätige auch der Befundbericht von Dr. M. Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung von Befund- und Behandlungsberichten von Dr. M, Fachärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde, vom 19.10.2011 und von Dr. L vom 08.12.2011. Auf die ärztlichen Feststellungen wird im Einzelnen verwiesen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die das Gericht beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 04.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2011 nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beschwert, da dieser nicht rechtswidrig ist. Zu Recht hat die Beklagte den Antrag auf Bewilligung einer stationären Mutter-Kind-Maßnahme abgelehnt, da die Klägerin keinen Anspruch aus § 24 oder § 41 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch (SGB V) auf die begehrte Leistung gegen die Krankenkasse hat. Nach Ansicht der Kammer steht einem Anspruch der Klägerin jeweils entgegen, dass ausreichende ambulante Krankenbehandlungsmöglichkeiten vorhanden sind und keine mütterspezifischen Risiken bzw. Belastungen vorliegen. Gemäß § 24 Abs. 1 SGB V kommt die Gewährung einer Mutter-Kind-Maßnahme in Betracht, wenn bei der Versicherten die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 SGB V vorliegen, diese Vorsorgegründe durch die besonderen Belastungen der Mutterschaft verursacht und die Maßnahme erforderlich ist, um die entsprechenden Gesundheitsgefahren zu beseitigen. Nach § 41 SGB V besteht ein Anspruch auf Rehabilitationsleistungen in einer Einrichtung des Müttergenesungswerks oder einer gleichartigen Einrichtung, wenn die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 SGB V vorliegen und die Maßnahme medizinisch erforderlich ist. Weder der Tatbestand des § 24 Abs. 1 SGB V noch des § 41 SGB V sind vorliegend erfüllt. a. Beide setzen nämlich zunächst voraus, dass die Gesundheitsrisiken oder Krankheiten auch auf der besonderen Belastung der Klägerin als Mutter beruhen. Die Vorsorgemaßnahmen gemäß § 24 SGB V und die Rehabilitationsmaßnahmen nach § 41 SGB V verfolgen insofern einen spezifischen Zweck. Sie dienen der Minderung solcher Belastungen, die in wesentlicher Hinsicht aus der Stellung der Versicherten als Mutter eines oder mehrerer Kinder verursacht wurden oder aufrechterhalten werden (SG Karlsruhe, Urteil vom 28.10.2010, Az.: S 3 KR 2544/09; Schütze, in: jurisPK – SGB V, 2. Aufl., § 24 Rn. 20; Schäfer, in: Jurion-OK, SGB V, Stand: 15.03.2011, § 24 Rn. 2; Waßer, in: jurisPK – SGB V, 2. Aufl., § 41 Rn. 10). Daran fehlt es. Ausweislich des Befundberichts von Dr. L vom 08.12.2011 (Bl. 51 der Gerichtsakte) ist die Klägerin Risiken der Umwelt ausgesetzt, die nicht auf Belastungen beruhen, die aus der Versorgung des Kindes herrühren. Auch der MDK hat in seinem Gutachten vom 10.05.2011 nach Untersuchung der Klägerin festgestellt, dass keine mütterspezifische Belastungssituation vorliegt (Bl. 27 der Verwaltungsakte). Größere familiäre Konflikte bestehen nicht. Anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus dem Befundbericht von Dr. M. b. Es kommt hinzu, dass die ambulante Behandlung ausreicht, um die Beschwerden und Krankheiten der Klägerin zu therapieren. Wie die Kammer bereits entschieden hat (SG Dortmund, Urteil vom 24.04.2008, Az.: S 40 KR 220/06), kommt die Gewährung einer stationären Mutter-Kind-Maßnahme weder nach § 24 SGB V noch nach § 41 SGB V in Betracht, wenn die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten genügen. Daran hält sie weiterhin fest (so auch SG Karlsruhe, Urteil vom 28.10.2010, Az.: S 3 KR 2544/09; Schütze, in: jurisPK – SGB V, § 24 Rn. 27 f.; Schäfer, in: Jurion-OK, SGB V, § 24 Rn. 2; Sommer, in: Haufe – SGB Office, SGB V, § 24 Rn. 6; Zipperer, in: Orlowski/Rau/Wasem/Zipperer, GKV-Kommentar SGB V, § 41 Rn. 17 a). (1) Allerdings scheint die Gesetzessystematik des §§ 23 und 24 SGB V sowie des §§ 41 und 40 SGB V zunächst für die Ansicht der Klägerin zu sprechen, dass es genügt, wenn die beantragte Mutter-Kind-Maßnahme zweckdienlich ist. Denn § 24 Abs. 1 S. 4 SGB V schließt die Anwendbarkeit des § 23 Abs. 4 S. 1 SGB V aus. § 23 Abs. 4 S. 1 SGB V sieht wiederum vor, dass stationäre Vorsorgemaßnahmen in Betracht kommen, soweit die ambulanten Behandlungen und Vorsorgeleistungen nicht ausreichen. Damit verlangt das Gesetz dem Wortlaut nach ("ausreichen") auch im Rahmen von § 23 SGB V keine Ausschöpfung der ambulanten Therapiemöglichkeiten, sondern stellt darauf ab, ob ambulante Vorsorgemaßnahmen und Behandlungen medizinisch genügen, um die Gesundheitsrisiken des Versicherten zu behandeln (so Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen [LSG NRW], Urteil vom 26.04.2006, Az.: L 11 (2) KR 97/04; Kaltenborn/Reit, in: Beck scher Online-Kommentar, SGB V, Stand: 01.12.2012, § 23 Rn. 14 i.V.m. 19). Wenn aber § 24 Abs. 1 S. 4 SGB V selbst dieses Erfordernis ausschließt, dann scheint es im Bereich der Mutter-Kind-Maßnahmen nach der Systematik des Gesetzgebers auf ambulante Behandlungsmöglichkeiten nicht anzukommen. Dies gilt im Übrigen ebenso im Bereich des § 41 SGB V, da § 41 Abs. 1 S. 4 SGB V die vergleichbare Regelung des § 40 Abs. 2 S. 1 SGB V ebenfalls ausschließt. (2) Jedoch wird bei Lektüre der Gesetzesbegründung klar, dass dieses Verständnis nicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Anknüpfungspunkt war die Bewilligungspraxis der Krankenkassen, die eine Ausschöpfung der ambulanten Behandlungsmöglichkeiten vor der Bewilligung der Mutter-Kind-Maßnahmen verlangten. Genau diese und nur diese Bewilligungspraxis sollte mit der Gesetzesänderung und dem Ausschluss des § 23 Abs. 4 S. 1 SGB V sowie des § 40 Abs. 2 S. 1 SGB V abgeschafft werden. Mehr als den Ausschluss des Ausschöpfungsgrundsatzes wollte der Gesetzgeber nicht regeln, wozu aber der direkte Verweis auf § 23 Abs. 4 S. 1 SGB V oder auf § 40 Abs. 2 S. 2 SGB V ebenfalls genügt hätte. Insoweit hat die Kammer bereits im oben genannten Urteil ausgeführt: "In der Gesetzesbegründung zur Einfügung des § 24 Abs. 1 S. 4 SGB V heißt es insoweit, dass es sich um eine Klarstellung handeln soll. Für die Gewährung einer medizinischen Vorsorgemaßnahme für Mütter und Väter soll nach dem Willen des Gesetzgebers nicht erforderlich sein, dass die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden. Vielmehr habe die Krankenkasse die beantragte Leistung zu erbringen, wenn sie medizinisch notwendig ist und für das angestrebte Vorsorgeziel keine anderen, ggf. wirtschaftlicheren und zweckmäßigeren Maßnahmen im Sinne von § 12 SGB V existieren (siehe BT-Drucks. 16/3100, S. 101). Insoweit war nach der Gesetzesbegründung die Triebfeder für die "Klarstellung" die gegensätzliche Bewilligungspraxis der Krankenkassen, die teilweise eine Ausschöpfung der ambulanten Maßnahmen verlangt hatten (siehe BT-Drucks. 16/3100, S. 101). Der Gesetzgeber hat dabei scheinbar übersehen, dass der strikte Ausschöpfungsgrundsatz, der nunmehr durch § 24 Abs. 1 S. 4 SGB V ausdrücklich ausgeschlossen werden soll, auch im Rahmen des § 23 SGB V nicht zur Anwendung gelangt. § 23 Abs. 4 S. 1 SGB V sieht nämlich vor, dass stationäre Vorsorgemaßnahmen in Betracht kommen, soweit die ambulanten Behandlungen und Vorsorgeleistungen nicht ausreichen. Damit verlangt das Gesetz dem Wortlaut nach ("ausreichen") auch im Rahmen von § 23 SGB V keine Ausschöpfung der ambulanten Therapiemöglichkeiten, sondern stellt darauf ab, ob ambulante Vorsorgemaßnahmen und Behandlungen medizinisch genügen, um die Gesundheitsrisiken des Versicherten zu behandeln (so Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.04.2006, Az.: L 11 (2) KR 97/04; Kaltenborn, in: Beck scher Online-Kommentar, SGB V, § 23 Rn. 14 i.V.m. 19; vgl. zum ähnlichen § 40 SGB V auch Wiemers, in: JurisPK, SGB V, 2007, § 40 Rn. 26). Es handelte sich lediglich um eine Fehlinterpretation der Krankenkassen, die eine gesetzliche Anpassung eigentlich nicht erforderlich gemacht hätten. Letztlich wäre daher selbst bei einem direkten Verweis auf § 23 Abs. 4 S. 1 SGB V in der aktuellen Fassung das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel, dass es nicht auf die Ausschöpfung der ambulanten Leistungen ankommt, erreicht worden. Es spricht damit vieles dafür, dass es sich bei der Regelung des § 24 Abs. 1 S. 4 SGB V insoweit um ein Redaktionsversehen handelt." (3) Jedenfalls muss nach dem Willen des Gesetzgebers das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V auch im Rahmen des § 24 SGB V Beachtung finden. Nach der Gesetzesbegründung hat die Krankenkasse die beantragte Leistung nämlich zu erbringen, wenn sie medizinisch notwendig ist und für das angestrebte Vorsorgeziel keine anderen, gegebenenfalls wirtschaftlicheren und zweckmäßigeren Maßnahmen im Sinne von § 12 SGB V existieren (siehe BT-Drucks. 16/3100, S. 101; ebenso im Bereich des § 41 BT-Drucks. 16/3100, S. 107). Nach diesem übergeordneten Prinzip der gesetzlichen Krankenversicherung können nur solche Leistungen beansprucht werden, die notwendig sind. Sie müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Daraus folgt, dass Leistungen dann nicht beansprucht werden können, wenn der angestrebte Erfolg mit geringerem Aufwand erreicht werden kann. Daher können Mutter-Kind-Maßnahmen nur dann geleistet werden, wenn das Vorsorgeziel nicht mit ambulanten Mitteln ebenso erreicht werden kann (SG Karlsruhe, Urteil vom 28.10.2010, Az.: S 3 KR 2544/09; Schütze, in: jurisPK – SGB V, § 24 Rn. 27 f.; Schäfer, in: Jurion-OK, SGB V, § 24 Rn. 2). (4) Soweit dagegen eingewandt wird, dass durch § 24 Abs. 1 S. 4 SGB V ein Verweis auf die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten und ein Rückgriff auf das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V ausgeschlossen worden sei (so etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30.04.2012, Az.: L 4 KR 10/12 B ER), verkennt dies sowohl den Sinn und Zweck der Regelungen der §§ 24 Abs. 1 S. 4 und 41 Abs. 1 S. 4 SGB V als auch den wirklichen Willen des Gesetzgebers. Wie bereits dargelegt, sollte durch die Vorschrift lediglich der Ausschöpfungsgrundsatz, nicht aber das Wirtschaftlichkeitsgebot und die Möglichkeit des Verweises auf ambulante Behandlungsmöglichkeiten ausgeschlossen werden. Dies ergibt sich für die Kammer eindeutig aus der Gesetzesbegründung. Der Regelungswille des Gesetzgebers ist aber primäre Richtlinie der Gesetzesanwendung (zum Folgenden: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 25.01.2011, Az.: 1 BvR 918/10; BVerfG, Beschluss vom 26.09.2011, Az.: 2 BvR 2216/06 u.a.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.08.2012, Az.: L 23 SF 80/12 B AB; Rüthers, NJW 2011, 1856 ff.; Wedel, NJW 2012, 719 f.). Lässt sich der Wille des Gesetzgebers eindeutig feststellen, gebietet es der Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber, diesem bei der Anwendung der Norm Ausdruck zu verleihen. Jedenfalls darf das Gericht nicht durch seine Auslegung das gesetzgeberische Ziel der Norm in einem wesentlichen Punkt verfehlen oder verfälschen oder an die Stelle der Regelungskonzeption des Gesetzgebers gar eine eigene treten lassen. (5) Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die sonstigen, von ihr benannten Schreiben berufen. Das Schreiben des Bundesversicherungsamtes vom 05.02.2008 (Bl. 18 der Verwaltungsakte) dürfte nach dem oben Gesagten unzutreffend sein und ist ohnehin für die Kammer nicht verbindlich. Dies gilt ebenso für die Umsetzungsempfehlung des GKV-Spitzenverbandes (Bl. 77 ff. der Gerichtsakte), die ebenso wenig verbindlich ist. Es kommt hinzu, dass die dort angegebenen Indikationsgruppen teilweise nicht mütterspezifisch sind und daher nicht von § 24 SGB V erfasst sein dürften. (6) Im konkreten Fall genügen nach Ansicht der Kammer die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten. Dies gilt zunächst bezüglich des Asthmas. Insoweit hat die Fachärztin Dr. M im Befundbericht vom 19.10.2011 (Bl. 47 der Gerichtsakte) mitgeteilt, dass am 22.08.2011 die SPO2-Messung ohne Befund war. Im Übrigen ergab die Lungenfunktion einen unveränderten normalen Befund ohne Obstruktion oder Restriktion. Auskulatorisch fanden sich keine Besonderheiten. Als Diagnose hat die Fachärztin daher ein Asthma bronchiale ohne Lungenfunktionseinschränkungen unter der Therapie angegeben. Die Klägerin wird medikamentös behandelt. Es kämen noch inhalative Maßnahmen in Betracht, die aber nicht erforderlich sind. Nach diesen Befunden ist für die Kammer nicht erkennbar, dass überhaupt ein Vorsorge- bzw. ein Rehabilitationsbedarf besteht. Jedenfalls genügen auch nach den Angaben der Fachärztin Dr. M die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten. Dies wird schließlich bestätigt durch das Gutachten des MDK vom 10.05.2011 (Bl. 29 der Verwaltungsakte). Bezüglich der Neurodermitis wurden schon keine weitergehenden Befunde mitgeteilt, die nicht ambulant zu behandeln wären (siehe dazu den Befundbericht von Dr. L vom 08.12.2011 – Bl. 51 der Gerichtsakte –, der lediglich die Neurodermitis angibt). Auch im Gutachten des MDK vom 10.05.2011, das nach Untersuchung der Klägerin am 09.05.2011 erstattet wurde, werden keine weitergehenden Befunde in Bezug auf die Neurodermitis festgehalten. Vielmehr kommt der MDK für die Kammer nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass auch insoweit die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten genügen. Dies gilt schließlich ebenso für die angegebene somatoforme Störung (siehe so noch im Antrag 17.03.2011 – Bl. 7 R der Verwaltungsakte). Der Klägerin ist eine solche Diagnose vom behandelnden Arzt Dr. L bisher weder mitgeteilt, noch ist sie entsprechend behandelt worden, noch hat sich seit März 2011 die Notwendigkeit des Beginns einer ambulanten psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlung ergeben. Die Klägerin hat im Rahmen der Begutachtung durch den MDK auch keine weitergehenden familiären Konflikte angegeben. Vielmehr scheint die vorwiegende Motivation zur Beantragung eine Mutter-Kind-Maßnahme das Bedürfnis nach einer zeitlichen Intensivierung des Umgangs mit ihrem Kind zu sein (vgl. die Angaben im Verhandlungstermin vom 25.01.2013). Dies ließe sich aber ohne Weiteres außerhalb einer Mutter-Kind-Maßnahme realisieren. c. Soweit sich die Klägerin auf ihre orthopädischen Beschwerden stützt, kam es darauf im hiesigen Verfahren nicht an. Denn es sind nur die im Antrag angegebenen Diagnosen relevant. Die Notwendigkeit einer Rehabilitationsmaßnahme sowie Art und Umfang der Maßnahme richten sich nach den gesundheitlichen Verhältnissen, die den Leistungsantrag ausgelöst haben und von der Kasse ihrer Entscheidung zugrunde gelegt wurden (BSG, Urteil vom 25.03.2003, Az.: B 1 KR 33/01 R; BayLSG, Urteil vom 05.09.2006, Az.: L 5 KR 181/05; Keller, in: Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 54 Rn. 34b). Damit soll nach Ansicht der Kammer ausgeschlossen werden, dass nachträglich eingetretene Gesundheitsstörungen einen Rehabilitationsbedarf begründen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 54 Rn. 34b). Die orthopädischen Beschwerden waren nicht Gegenstand des Bewilligungsverfahrens. Vielmehr stützte sich der Antrag ausschließlich auf die Neurodermitis, das Asthma und eine vermeintliche somatoforme Störung (siehe Antrag vom 17.03.2011 – Bl. 7 R der Verwaltungsakte). Eine Prüfung der Krankenkasse im Hinblick auf die orthopädischen Beschwerden im Verwaltungsverfahren war nicht erfolgt. Diese können damit im hiesigen Gerichtsverfahren nicht berücksichtigt werden. 2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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