Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 2171/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 R 801/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Anspruch auf Erstattung der Kosten für ein Hörgerät setzt grundsätzlich voraus, dass mit dem Rehabilitationsträger Kontakt aufgenommen und dessen Entscheidung abgewartet worden ist, bevor sich der Versicherte das Hörgerät selbst beschafft hat.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. Juli 2011 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 13. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2010 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte zur Erstattung der Kosten für die Hörgeräte der Klägerin verpflichtet ist.
Die 1954 geborene Klägerin teilte am 11.11.2009 der Beklagten mit, dass sie aufgrund einer Schwerhörigkeit auf beiden Ohren je ein Hörgerät bekommen habe. Sie wolle wissen, ob die Beklagte den Eigenkostenanteil von 2.020 EUR erstatten könne. Es sei für ihren Beruf unbedingt notwendig, dass sie gut höre. Sie legte dazu ein Schreiben ihres Arbeitgebers vom 11.11.2009 vor, wonach fehlerfreie akustische Wahrnehmungen für die Klägerin unerlässlich seien. Außerdem fügte sie die Rechnung der Firma B. vom 10.11.2009 bei, wonach "aufgrund erbrachter Leistungen" ein Zahlbetrag in Höhe von 2.020 EUR bis zum 24.11.2009 fällig sei.
Auf Anfrage der Beklagten übersandte die Klägerin noch eine Schilderung des täglichen Arbeitsablaufs, ein Audiogramm (Dokumentation zur Hörgeräteanpassung vom 09.06.2009) und die ohrenärztliche Verordnung einer Hörhilfe vom 15.06.2009.
Mit Bescheid vom 13.01.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf Hörhilfeversorgung ab. Die Anforderungen an die Berufstätigkeit lasse dafür keine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit erkennen; aus Missverständnissen resultierende Fehler würden von keinem Arbeitgeber geduldet. Das Verstehen von Sprache in einer geräuschvollen Umgebung gehöre zum Ausgleich eines elementaren Grundbedürfnisses und damit nicht zu einer Leistungsverpflichtung des Rentenversicherungsträgers.
Die Klägerin erhob am 19.01.2010 Widerspruch. Im Jahr 2003 habe der gleiche Sachverhalt vorgelegen; damals sei der Antrag nicht abgelehnt worden. Für die private Nutzung reiche ein Hörgerät ohne Zuzahlung aus, doch für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit sei damit keine optimale Kommunikation möglich. Daher sei sie gezwungen gewesen, ein teureres Hörgerät auszusuchen. Ihr GdB betrage 40 v.H.; bei Ablehnung des Antrags würde sie sich diskriminiert fühlen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2010 zurückgewiesen. Eine Leistungsgewährung durch die Beklagte käme nur in Betracht, wenn eine besonders gute Hörfähigkeit aufgrund berufsspezifischer Verhältnisse notwendig sei. Die geschilderte Kommunikation sowohl mündlicher als auch fernmündlicher Art mit Kunden und Mitarbeitern gehöre zu jedem Berufsbereich und begründe daher nicht die für die gesetzliche Rentenversicherung geforderte spezifische Notwendigkeit. Sollten die von der Krankenkasse geförderten Hörhilfen zum Festbetrag nicht genügen, erwachse aus diesem Umstand keine Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers.
Dagegen hat die Klägerin beim Sozialgericht München (SG) am 24.09.2010 Klage erhoben. Seit der letzten Kostenübernahme im Jahr 2003 habe sich nichts geändert, daher könne sie mit einer Ablehnung nicht einverstanden sein.
Die Beklagte hat ausgeführt, dass aus einer ggf. zu einem früheren Zeitpunkt erfolgten Versorgung kein aktueller Anspruch hergeleitet werden könne. Außerdem sei der Antrag verspätet gestellt worden; die Hörgeräteversorgung sei mit der Rechnungslegung am 10.11.2009 bereits vor der Antragstellung abgeschlossen gewesen.
Dazu hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie genauso wie im Jahr 2003 vorgegangen sei. Ihr sei nie mitgeteilt worden, dass sie den Antrag erst stellen müsse, bevor sie die Hörgeräte bezahlt habe. Wenn sie sich nach der notwendigen Testphase für ein Hörsystem entschieden habe, bekomme sie die Rechnung vom Hörgeräteakustiker, die sie dann innerhalb eines Monats bezahlen müsse. Die Bearbeitung des Antrags bei der Beklagten dauere in der Regel länger.
Die Klägerin hat den Antrag vom 8.07.2003 und den Bewilligungsbescheid vom 08.09.2003 vorgelegt. Aus dem Bescheid geht hervor, dass die Beklagte die Kosten der Firma H.R. in Höhe von 1.407,80 EUR gemäß Kostenvoranschlag vom 17.06.2003 übernimmt. In einem weiter vorgelegten Schreiben vom 15.09.2003 hat die Klägerin auf eine beiliegende Rechnung verwiesen und erklärt, dass sie den Rechnungsbetrag in Bar bezahlt habe, da sie deshalb 3% bekommen habe; daher bitte sie um Überweisung auf ihr Konto.
Die Beklagte hat erklärt, dass ihre Unterlagen aus dem Jahr 2003 vernichtet worden seien. Es sei nicht mehr einsehbar, welche genauen Umstände vorgelegen hätten. Jedenfalls lasse sich aus einer früheren Versorgung kein Anspruch herleiten.
Das SG hat einen Befundbericht der Allgemeinärztin Dr. J. eingeholt und ein Gutachten nach § 106 SGG bei dem HNO-Arzt Dr. K. vom 07.02.2011 in Auftrag gegeben.
Dort hat die Klägerin angegeben, dass sie Betriebsassistentin sei und insbesondere die Kundenbetreuung und viel Telefonverkehr zu erledigen habe. Seit 1996 trage sie ein Hörgerät rechts; seit 2003 habe sie Hörgeräte für beide Ohren. Im Jahr 2009 sei eine Neuversorgung durchgeführt worden.
Der Sachverständige hat eine mittelgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit rechts sowie eine knapp geringgradige Schwerhörigkeit links diagnostiziert. Durch diese Gesundheitsstörung sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Beruf einer Vertriebsassistentin erheblich gemindert. Insbesondere bei Telefonbedienung sowie im Kundenkontakt sei eine erhebliche Einschränkung der Kommunikationsfähigkeit gegeben. Die Erwerbsfähigkeit könne durch das Tragen von zwei Hörgeräten zweifelsfrei deutlich gebessert werden. Das von der Klägerin angeschaffte Hörgerät sei sowohl für die Ausübung des Berufs als auch für das tägliche Leben erforderlich. Es erscheine aus medizinischer Sicht sinnvoll und zweckmäßig.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 28.07.2011 verpflichtet, der Klägerin 2.020 EUR für das erworbene Hörgerät zu leisten.
Die Übernahme des von der Krankenkasse nicht übernommenen Kostenanteils sei als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 9ff Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) iVm § 33 Abs. 8 Nr. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) geboten, weil die spezielle Hörgeräteversorgung überwiegend für die Berufstätigkeit erforderlich sei. Die Kostenübernahme durch die Beklagte sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin den Antrag auf Kostenübernahme erst gestellt habe, nachdem sie die digitalen Hörgeräte erworben habe. Bei selbstbeschafften Leistungen stehe einer Erstattung grundsätzlich § 15 SGB IX entgegen. In einem früheren Verfahren habe die Beklagte aber die Mehrkosten für ein selbstbeschafftes Hörgerät erstattet. Der damalige Antrag vom 08.07.2003, den die Klägerin nach dem Kauf der Hörgeräte gestellt habe, habe zum Bewilligungsbescheid vom 08.09.2003 geführt. Bei dieser Sachlage sei es der Klägerin nicht vorzuwerfen, dass sie bei gleichen Verhältnissen 2009 den Erstattungsantrag erst nach dem Kauf der Hörgeräte gestellt habe. Daher habe die Beklagte den Eigenanteil der Klägerin zu übernehmen.
Gegen das am 24.08.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05.09.2011 Berufung eingelegt. Eine Hörgeräteausstattung könne Gegenstand einer Hilfsmittelversorgung durch die Rentenversicherung sein, wenn ein Hilfsmittel zum Ausgleich einer Behinderung nur für einen bestimmten Arbeitsplatz bzw. nur für eine spezielle Form einer Berufsausübung erforderlich sei und dieses Hilfsmittel bei anderweitiger beruflicher Tätigkeit nicht benötigt werde. Für Hilfsmittel, die - wie hier - elementare Grundbedürfnisse betreffen würden, bestehe keine Zuständigkeit der Rentenversicherung. Die Erlangung der allgemeinen Arbeitsfähigkeit sei ein solches elementares Grundbedürfnis. Die Krankenkasse müsse eine Hörgeräteausstattung gewährleisten, die es ermögliche, einen Gesprächspartner fehlerfrei zu verstehen. Es könne nicht Sinn einer Festbetragsregelung sein, einen anderen Sozialleistungsträger mit den Mehrkosten zu belasten. Den Ausführungen des SG zu § 15 SGB IX könne nicht gefolgt werden. Die ohrenärztliche Verordnung datiere vom 15.09.2009. Seitdem habe die Klägerin gewusst, dass sie neue Hörgeräte benötige. Es sei der Klägerin zumutbar gewesen, den Antrag rechtzeitig zu stellen. Sie hätte auch eine Frist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IX setzen können.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin, in einem früheren Verfahren ebenfalls einen Antrag nach dem Kauf der Hörgeräte gestellt zu haben. Wie das Antragsverfahren seinerzeit abgelaufen sei und aus welchen Gründen eine Bewilligungsentscheidung erfolgt sei, könne nicht mehr nachvollzogen werden, da die Unterlagen bereits vernichtet seien. Jedenfalls könne die Klägerin daraus keine Rechte herleiten. Über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben würde nach dem Sachleistungsprinzip entschieden; dies sei nur bei rechtzeitiger Antragstellung des Versicherten möglich. Über das Antragserfordernis würde in Informationsbroschüren sowie auf der Internetseite informiert.
Die Klägerin hat eine optimale Versorgung für die berufliche Tätigkeit gefordert. Sie sei 2003 nicht darauf hingewiesen worden, dass sie den Antrag gleich stellen müsse. Dieser sei auch erst nach der langwierigen Testung der Hörgeräte sinnvoll.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass Dr. K. ausdrücklich festgestellt habe, dass das angeschaffte Hörgerät sowohl für die Berufsausübung als auch für das tägliche Leben erforderlich sei. Im Übrigen liege keine rechtzeitige Antragstellung vor. Gerade weil das gesamte Versorgungs- und Anpassungsverfahren einschließlich der Testungen im Hörgerätebereich nicht selten einen längeren Zeitraum in Anspruch nehme, sei es besonders wichtig, dass ein entsprechender Leistungsantrag möglichst frühzeitig gestellt werde. Nur durch eine frühe Einbindung erhielten die zuständigen Leistungsträger die Möglichkeit, eine adäquate und passgenaue Hörgeräteversorgung sicherzustellen, ohne durch eine Selbstbeschaffung vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.
Auf gerichtliche Nachfrage hat die Klägerin ausgeführt, dass sie den Antrag wegen der Zuzahlung für die Hörgeräte nur an die Beklagte gestellt habe. Die Bezahlung des Kassenanteils sei direkt mit dem Hörgeräteakustiker abgewickelt worden. Sie selbst habe dort keinen Antrag gestellt.
Die Krankenkasse der Klägerin hat mitgeteilt, dass ihr keine Unterlagen über eine Neuversorgung vorlägen.
Der Hörgeräteakustiker hat erklärt, dass sowohl die Krankenkassenrechnung als auch die Eigenanteilsrechnung von der Klägerin innerhalb des üblichen Zeitrahmens bezahlt worden seien. In weiterführende Anträge sei er nicht involviert worden.
Er hat seine Gesamtaufstellung vom 30.11.2009 und die Rechnung vom 10.11.2009 an die Krankenkasse übermittelt. Der Betrag ist am 04.01.2010 von der Krankenkasse überwiesen worden.
Auf Nachfrage zum Sachstand ist darauf hingewiesen worden, dass der Anspruch auf Erstattung von Kosten voraussetze, dass sich der Versicherte das Hörgerät nicht bereits selbst beschafft habe.
Die Klägerin hat auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass sie bei der mündlichen Verhandlung nicht anwesend sein werde. Es sei ihr nicht möglich und zumutbar gewesen, mit einem Kassengerät bei der Arbeit klar zu kommen. Der erstinstanzliche Richter habe ihrer Klage stattgegeben; es sei ihr nicht verständlich, wie bei gleichem Sachverhalt das Gegenteil entschieden werden könnte.
Die Beklagte stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. Juli 2011 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 13. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2010 abzuweisen.
Die Klägerin stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie des gerichtlichen Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit der Klägerin entscheiden, da in der Ladung darauf hingewiesen worden ist (§ 126 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die zulässige Berufung ist begründet. Das SG München hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 13.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.09.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der Berufung ist daher stattzugeben.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Hörgeräteversorgung gegen die Beklagte.
Grundsätzlich erbringen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Hilfsmittel wie Hörgeräte als Sachleistungen (vgl. BSG, Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R, abgedruckt in BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 7). Hier begehrt die Klägerin jedoch Kostenerstattung.
Unabhängig von der Frage, ob der Rentenversicherungsträger nach den Vorschriften des SGB VI oder - wegen seiner Zuständigkeit als erstangegangener Träger nach § 14 SGB IX - auch nach § 33 SGB V zur Ausstattung der Klägerin mit einem Hörgerät verpflichtet ist, scheitert der Anspruch der Klägerin daran, dass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 SGB IX bzw. des § 13 Abs. 3 SGB V nicht erfüllt sind. Ob in diesem Fall die begehrte Leistung zu Unrecht abgelehnt wurde, bedarf daher keiner Entscheidung.
Als Rechtsgrundlage einer Kostenerstattung kommt entweder § 15 Abs. 1 SGB IX in Betracht oder § 13 Abs. 3 SGB V. Der Senat kann es dabei offen lassen, ob die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX in Fallgestaltungen wie diesen unmittelbar anzuwenden ist, weil sie trägerübergreifend Kostenerstattungsansprüche für selbst beschaffte Teilhabeleistungen normiert (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2009, B 5 R 5/07 R) oder ob dieses Ergebnis aus einer entsprechenden Anwendung des § 13 Abs. 3 SGB V resultiert (vgl. BSG, Urteil vom 21.08.2008, B 13 33/07 R). Ein unterschiedliches Ergebnis resultiert aus diesen verschiedenen Sichtweisen nicht.
§ 15 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 SGB IX bestimmt:
"Kann über den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb der in § 14 Abs. 2 SGB IX genannten Fristen entschieden werden, teilt der Rehabilitationsträger dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mit. Erfolgt die Mitteilung nicht oder liegt ein zureichender Grund nicht vor, können Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger eine angemessene Frist setzen und dabei erklären, dass sie sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen. Beschaffen sich die Leistungsberechtigten nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Die Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat."
Die Klägerin hat der Beklagten keine Frist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IX gesetzt.
Die Versorgung mit Hörgeräten war auch nicht unaufschiebbar.
Auf die Unfähigkeit des Sozialleistungsträgers, eine unaufschiebbare Leistung rechtzeitig zu erbringen, kann ein Kostenerstattungsanspruch nur gestützt werden, wenn es dem Versicherten nicht möglich oder nicht zuzumuten war, sich vor der Leistungsbeschaffung mit dem Leistungsträger in Verbindung zu setzen (vgl. BSG, Urteil vom 25. September 2000 - SozR 3-2500 § 13 Nr 22). Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, war die ohrenärztliche Verordnung der Hörgeräte bereits am 15.06.2009 ausgestellt worden. Insoweit hätte ein Antrag bei der Beklagten bereits früher erfolgen können. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Leistung aus medizinischen Gründen sofort, ohne die Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs erbracht werden musste, damit der angestrebte Erfolg noch erreicht werden konnte (vgl. BSGE 73, 271, 287).
Der Klägerin sind die Kosten für die Hörgeräte auch nicht dadurch entstanden, dass die Beklagte diese Leistung zu Unrecht abgelehnt hätte.
Es fehlt an dem erforderlichen Kausalzusammenhang, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt, ohne zuvor mit dem Rehabilitationsträger Kontakt aufzunehmen und dessen Entscheidung abzuwarten (vgl. BSG, Urteil vom 21.08.2008 - B 13 R 33/07 R in juris Rn. 23; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 20/08 R, BSGE 105, 170, 173f). Eine vorherige Prüfung verbunden mit der Möglichkeit der Beratung ist sachgerecht. Sie liegt auch im eigenen Interesse des Versicherten, weil sie ihn von dem Risiko entlastet, die Kosten ggf. selbst tragen zu müssen (vgl. BSGE 98, 26, 29).
Hier bezweckt die Regelung vor allem, dass der Versicherungsträger noch Einfluss auf die Ausstattung mit dem erforderlichen Hilfsmittel nehmen kann, z.B. durch Hinweise auf andere geeignete (aber evtl. kostengünstigere) Geräte.
Die Leistung ist bereits dann beschafft, wenn das Verpflichtungsgeschäft zwischen dem Versicherten und dem Leistungserbringer bindend abgeschlossen worden ist, wenn also der Leistungserbringer auch im Fall der Ablehnung des Leistungsbegehrens die Abnahme und Bezahlung verlangen kann (vgl. BSGE 105, 170, 174). Dies ist in der Regel bei Rechnungstellung anzunehmen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.06.2011 - L 5 KR 89/09 in juris Rn. 35). Unschädlich sind Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie etwa die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte (vgl. BSGE 105, 170, 174; Belbig, § 13 SGB V, Rn. 58).
Hier hat die Klägerin bei ihrer Antragstellung gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 11.11.2009 bereits die Rechnung des Hörgeräteakustikers vom 10.11.2009 vorgelegt. Daraus geht hervor, dass dieser der Klägerin "für erbrachte Leistungen" einen Betrag von 2.020 EUR in Rechnung gestellt und ihr für die Bezahlung eine Frist bis zum 24.11.2009 gesetzt hat. Wie der Hörgeräteakustiker im Verfahren vor dem LSG mitgeteilt hat, hat die Klägerin den Eigenanteil innerhalb des üblichen Zeitrahmens auch bezahlt.
Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin im Falle der Ablehnung durch die Beklagte berechtigt gewesen wäre, die Hörgeräte zurückzugeben und den Vertrag rückabzuwickeln, bestehen nicht. Das wird auch nicht behauptet.
Der Senat ist aufgrund des Rechnungsdatums davon überzeugt, dass sich die Klägerin die Hörgeräte bereits beschafft hat, bevor die Beklagte darüber entschieden bzw. sogar noch bevor die Klägerin bei der Beklagten den streitgegenständlichen Antrag gestellt hat.
Dass die Klägerin bereits zuvor einmal von der Rentenversicherung mit einem Hörgerät versorgt worden ist, hat für weitere Anträge keine rechtliche Bedeutung; ein Anspruch für die Zukunft kann daraus nicht abgeleitet werden. Das Gericht muss den hier vorliegenden Sachverhalt nach den zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden rechtlichen Bestimmungen bewerten; ob die Beklagte auch früher richtig gehandelt hat, ist grundsätzlich nicht zu prüfen.
Im Übrigen ist nicht erwiesen, dass auch bei der ersten Bewilligung bereits das Hörgerät bindend vor der Antragstellung am 08.07.2003 beschafft worden ist und es sich damit um einen vergleichbaren Sachverhalt gehandelt hat. Die Beklagte hat sich in dem Bescheid aus dem Jahr 2003 auf einen "Kostenvoranschlag" bezogen und die Übernahme der Kosten gegenüber dem Hörgeräteakustiker erklärt. Erst danach hat die Klägerin auf eine "Rechnung" verwiesen und die Auszahlung an sich selbst gefordert.
Selbst wenn aber für die Beklagte auch damals erkennbar gewesen sein sollte, dass sich die Klägerin das Hörgerät vor Antragstellung bereits beschafft hat, so folgt daraus kein Anspruch auf Erstattung der hier streitigen Kosten. Eine eventuell rechtswidrige Entscheidung zu einem früheren Zeitpunkt begründet kein Recht der Klägerin auf Wiederholung des Fehlers.
Eine Beiladung der Krankenkasse konnte unterbleiben. § 75 Abs. 2 SGG sieht die Beiladung vor, wenn sich im Verfahren die ernsthafte Möglichkeit (vgl. Leitherer in Meyer/Lade-wig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 75 Rn. 12) ergibt, dass bei Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger als leistungspflichtig in Betracht kommt. Diese ernsthafte Möglichkeit sieht der Senat hier nicht.
Die Krankenkasse ist nicht sog. erstangegangene Trägerin.
Die Klägerin hat erklärt, dass sie selbst wegen des streitgegenständlichen Zuzahlungsbetrags keinen Antrag an die Krankenkasse gestellt hat bzw. stellen wollte. Zwar kann auch der Hörgeräteakustiker grundsätzlich als Vertreter in die Antragstellung eingebunden werden. Insoweit ist aber lediglich nachgewiesen, dass sich dieser mit Gesamtaufstellung vom 30.11.2009 bzw. Rechnung vom 10.11.2009 wegen des Festbetrags (Kassenanteils) an die Krankenkasse gewandt hat. Es ist insoweit nicht erwiesen, dass die Krankenkasse früher als die Beklagte Kenntnis von der Hörgeräteversorgung erhielt. Ein Vorgang auf Seiten der Krankenkasse liegt dazu nicht vor; bekannt ist nur die Überweisung des Festbetrags vom 04.01.2010 unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 30.11.2009. Außerdem beschränken sich die vom Hörgeräteakustiker vorgelegten Aufstellungen an die Krankenkasse ihrem Inhalt nach eindeutig auf die Erstattung des Kassenanteils; dies entspricht auch dem im Verfahren erklärten Willen der Klägerin. Der Senat erkennt daher angesichts der hier vorhandenen Erklärungen keine Grundlage dafür, im Sinne der Meistbegünstigung von einem umfassenderen Leistungsbegehren gegenüber der Krankenkasse auszugehen - wie dies etwa bei der Weiterleitung der Versorgungsanzeige diskutiert wird (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.11.2010 - L 31 R 37/10 in juris Rn. 30,32).
Selbst wenn jedoch von einer früheren umfassenderen Antragstellung auszugehen wäre - etwa bereits bei der vermutlich erfolgten Übergabe der Hörgeräteverordnung an den Hörgeräteakustiker - so stünde jedenfalls auch einer Kostenerstattung durch die Krankenkasse die Regelung des § 13 Abs. 3 SGB V entgegen. Die Klägerin hat sich die Hörgeräte bereits beschafft ohne die Entscheidung eines Leistungsträgers abzuwarten (s.o.).
Die Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Klägerin letztlich keinen Erfolg hatte.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte zur Erstattung der Kosten für die Hörgeräte der Klägerin verpflichtet ist.
Die 1954 geborene Klägerin teilte am 11.11.2009 der Beklagten mit, dass sie aufgrund einer Schwerhörigkeit auf beiden Ohren je ein Hörgerät bekommen habe. Sie wolle wissen, ob die Beklagte den Eigenkostenanteil von 2.020 EUR erstatten könne. Es sei für ihren Beruf unbedingt notwendig, dass sie gut höre. Sie legte dazu ein Schreiben ihres Arbeitgebers vom 11.11.2009 vor, wonach fehlerfreie akustische Wahrnehmungen für die Klägerin unerlässlich seien. Außerdem fügte sie die Rechnung der Firma B. vom 10.11.2009 bei, wonach "aufgrund erbrachter Leistungen" ein Zahlbetrag in Höhe von 2.020 EUR bis zum 24.11.2009 fällig sei.
Auf Anfrage der Beklagten übersandte die Klägerin noch eine Schilderung des täglichen Arbeitsablaufs, ein Audiogramm (Dokumentation zur Hörgeräteanpassung vom 09.06.2009) und die ohrenärztliche Verordnung einer Hörhilfe vom 15.06.2009.
Mit Bescheid vom 13.01.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf Hörhilfeversorgung ab. Die Anforderungen an die Berufstätigkeit lasse dafür keine spezifisch berufsbedingte Notwendigkeit erkennen; aus Missverständnissen resultierende Fehler würden von keinem Arbeitgeber geduldet. Das Verstehen von Sprache in einer geräuschvollen Umgebung gehöre zum Ausgleich eines elementaren Grundbedürfnisses und damit nicht zu einer Leistungsverpflichtung des Rentenversicherungsträgers.
Die Klägerin erhob am 19.01.2010 Widerspruch. Im Jahr 2003 habe der gleiche Sachverhalt vorgelegen; damals sei der Antrag nicht abgelehnt worden. Für die private Nutzung reiche ein Hörgerät ohne Zuzahlung aus, doch für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit sei damit keine optimale Kommunikation möglich. Daher sei sie gezwungen gewesen, ein teureres Hörgerät auszusuchen. Ihr GdB betrage 40 v.H.; bei Ablehnung des Antrags würde sie sich diskriminiert fühlen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2010 zurückgewiesen. Eine Leistungsgewährung durch die Beklagte käme nur in Betracht, wenn eine besonders gute Hörfähigkeit aufgrund berufsspezifischer Verhältnisse notwendig sei. Die geschilderte Kommunikation sowohl mündlicher als auch fernmündlicher Art mit Kunden und Mitarbeitern gehöre zu jedem Berufsbereich und begründe daher nicht die für die gesetzliche Rentenversicherung geforderte spezifische Notwendigkeit. Sollten die von der Krankenkasse geförderten Hörhilfen zum Festbetrag nicht genügen, erwachse aus diesem Umstand keine Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers.
Dagegen hat die Klägerin beim Sozialgericht München (SG) am 24.09.2010 Klage erhoben. Seit der letzten Kostenübernahme im Jahr 2003 habe sich nichts geändert, daher könne sie mit einer Ablehnung nicht einverstanden sein.
Die Beklagte hat ausgeführt, dass aus einer ggf. zu einem früheren Zeitpunkt erfolgten Versorgung kein aktueller Anspruch hergeleitet werden könne. Außerdem sei der Antrag verspätet gestellt worden; die Hörgeräteversorgung sei mit der Rechnungslegung am 10.11.2009 bereits vor der Antragstellung abgeschlossen gewesen.
Dazu hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie genauso wie im Jahr 2003 vorgegangen sei. Ihr sei nie mitgeteilt worden, dass sie den Antrag erst stellen müsse, bevor sie die Hörgeräte bezahlt habe. Wenn sie sich nach der notwendigen Testphase für ein Hörsystem entschieden habe, bekomme sie die Rechnung vom Hörgeräteakustiker, die sie dann innerhalb eines Monats bezahlen müsse. Die Bearbeitung des Antrags bei der Beklagten dauere in der Regel länger.
Die Klägerin hat den Antrag vom 8.07.2003 und den Bewilligungsbescheid vom 08.09.2003 vorgelegt. Aus dem Bescheid geht hervor, dass die Beklagte die Kosten der Firma H.R. in Höhe von 1.407,80 EUR gemäß Kostenvoranschlag vom 17.06.2003 übernimmt. In einem weiter vorgelegten Schreiben vom 15.09.2003 hat die Klägerin auf eine beiliegende Rechnung verwiesen und erklärt, dass sie den Rechnungsbetrag in Bar bezahlt habe, da sie deshalb 3% bekommen habe; daher bitte sie um Überweisung auf ihr Konto.
Die Beklagte hat erklärt, dass ihre Unterlagen aus dem Jahr 2003 vernichtet worden seien. Es sei nicht mehr einsehbar, welche genauen Umstände vorgelegen hätten. Jedenfalls lasse sich aus einer früheren Versorgung kein Anspruch herleiten.
Das SG hat einen Befundbericht der Allgemeinärztin Dr. J. eingeholt und ein Gutachten nach § 106 SGG bei dem HNO-Arzt Dr. K. vom 07.02.2011 in Auftrag gegeben.
Dort hat die Klägerin angegeben, dass sie Betriebsassistentin sei und insbesondere die Kundenbetreuung und viel Telefonverkehr zu erledigen habe. Seit 1996 trage sie ein Hörgerät rechts; seit 2003 habe sie Hörgeräte für beide Ohren. Im Jahr 2009 sei eine Neuversorgung durchgeführt worden.
Der Sachverständige hat eine mittelgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit rechts sowie eine knapp geringgradige Schwerhörigkeit links diagnostiziert. Durch diese Gesundheitsstörung sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Beruf einer Vertriebsassistentin erheblich gemindert. Insbesondere bei Telefonbedienung sowie im Kundenkontakt sei eine erhebliche Einschränkung der Kommunikationsfähigkeit gegeben. Die Erwerbsfähigkeit könne durch das Tragen von zwei Hörgeräten zweifelsfrei deutlich gebessert werden. Das von der Klägerin angeschaffte Hörgerät sei sowohl für die Ausübung des Berufs als auch für das tägliche Leben erforderlich. Es erscheine aus medizinischer Sicht sinnvoll und zweckmäßig.
Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 28.07.2011 verpflichtet, der Klägerin 2.020 EUR für das erworbene Hörgerät zu leisten.
Die Übernahme des von der Krankenkasse nicht übernommenen Kostenanteils sei als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 9ff Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) iVm § 33 Abs. 8 Nr. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) geboten, weil die spezielle Hörgeräteversorgung überwiegend für die Berufstätigkeit erforderlich sei. Die Kostenübernahme durch die Beklagte sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin den Antrag auf Kostenübernahme erst gestellt habe, nachdem sie die digitalen Hörgeräte erworben habe. Bei selbstbeschafften Leistungen stehe einer Erstattung grundsätzlich § 15 SGB IX entgegen. In einem früheren Verfahren habe die Beklagte aber die Mehrkosten für ein selbstbeschafftes Hörgerät erstattet. Der damalige Antrag vom 08.07.2003, den die Klägerin nach dem Kauf der Hörgeräte gestellt habe, habe zum Bewilligungsbescheid vom 08.09.2003 geführt. Bei dieser Sachlage sei es der Klägerin nicht vorzuwerfen, dass sie bei gleichen Verhältnissen 2009 den Erstattungsantrag erst nach dem Kauf der Hörgeräte gestellt habe. Daher habe die Beklagte den Eigenanteil der Klägerin zu übernehmen.
Gegen das am 24.08.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05.09.2011 Berufung eingelegt. Eine Hörgeräteausstattung könne Gegenstand einer Hilfsmittelversorgung durch die Rentenversicherung sein, wenn ein Hilfsmittel zum Ausgleich einer Behinderung nur für einen bestimmten Arbeitsplatz bzw. nur für eine spezielle Form einer Berufsausübung erforderlich sei und dieses Hilfsmittel bei anderweitiger beruflicher Tätigkeit nicht benötigt werde. Für Hilfsmittel, die - wie hier - elementare Grundbedürfnisse betreffen würden, bestehe keine Zuständigkeit der Rentenversicherung. Die Erlangung der allgemeinen Arbeitsfähigkeit sei ein solches elementares Grundbedürfnis. Die Krankenkasse müsse eine Hörgeräteausstattung gewährleisten, die es ermögliche, einen Gesprächspartner fehlerfrei zu verstehen. Es könne nicht Sinn einer Festbetragsregelung sein, einen anderen Sozialleistungsträger mit den Mehrkosten zu belasten. Den Ausführungen des SG zu § 15 SGB IX könne nicht gefolgt werden. Die ohrenärztliche Verordnung datiere vom 15.09.2009. Seitdem habe die Klägerin gewusst, dass sie neue Hörgeräte benötige. Es sei der Klägerin zumutbar gewesen, den Antrag rechtzeitig zu stellen. Sie hätte auch eine Frist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IX setzen können.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin, in einem früheren Verfahren ebenfalls einen Antrag nach dem Kauf der Hörgeräte gestellt zu haben. Wie das Antragsverfahren seinerzeit abgelaufen sei und aus welchen Gründen eine Bewilligungsentscheidung erfolgt sei, könne nicht mehr nachvollzogen werden, da die Unterlagen bereits vernichtet seien. Jedenfalls könne die Klägerin daraus keine Rechte herleiten. Über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben würde nach dem Sachleistungsprinzip entschieden; dies sei nur bei rechtzeitiger Antragstellung des Versicherten möglich. Über das Antragserfordernis würde in Informationsbroschüren sowie auf der Internetseite informiert.
Die Klägerin hat eine optimale Versorgung für die berufliche Tätigkeit gefordert. Sie sei 2003 nicht darauf hingewiesen worden, dass sie den Antrag gleich stellen müsse. Dieser sei auch erst nach der langwierigen Testung der Hörgeräte sinnvoll.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass Dr. K. ausdrücklich festgestellt habe, dass das angeschaffte Hörgerät sowohl für die Berufsausübung als auch für das tägliche Leben erforderlich sei. Im Übrigen liege keine rechtzeitige Antragstellung vor. Gerade weil das gesamte Versorgungs- und Anpassungsverfahren einschließlich der Testungen im Hörgerätebereich nicht selten einen längeren Zeitraum in Anspruch nehme, sei es besonders wichtig, dass ein entsprechender Leistungsantrag möglichst frühzeitig gestellt werde. Nur durch eine frühe Einbindung erhielten die zuständigen Leistungsträger die Möglichkeit, eine adäquate und passgenaue Hörgeräteversorgung sicherzustellen, ohne durch eine Selbstbeschaffung vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden.
Auf gerichtliche Nachfrage hat die Klägerin ausgeführt, dass sie den Antrag wegen der Zuzahlung für die Hörgeräte nur an die Beklagte gestellt habe. Die Bezahlung des Kassenanteils sei direkt mit dem Hörgeräteakustiker abgewickelt worden. Sie selbst habe dort keinen Antrag gestellt.
Die Krankenkasse der Klägerin hat mitgeteilt, dass ihr keine Unterlagen über eine Neuversorgung vorlägen.
Der Hörgeräteakustiker hat erklärt, dass sowohl die Krankenkassenrechnung als auch die Eigenanteilsrechnung von der Klägerin innerhalb des üblichen Zeitrahmens bezahlt worden seien. In weiterführende Anträge sei er nicht involviert worden.
Er hat seine Gesamtaufstellung vom 30.11.2009 und die Rechnung vom 10.11.2009 an die Krankenkasse übermittelt. Der Betrag ist am 04.01.2010 von der Krankenkasse überwiesen worden.
Auf Nachfrage zum Sachstand ist darauf hingewiesen worden, dass der Anspruch auf Erstattung von Kosten voraussetze, dass sich der Versicherte das Hörgerät nicht bereits selbst beschafft habe.
Die Klägerin hat auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass sie bei der mündlichen Verhandlung nicht anwesend sein werde. Es sei ihr nicht möglich und zumutbar gewesen, mit einem Kassengerät bei der Arbeit klar zu kommen. Der erstinstanzliche Richter habe ihrer Klage stattgegeben; es sei ihr nicht verständlich, wie bei gleichem Sachverhalt das Gegenteil entschieden werden könnte.
Die Beklagte stellt den Antrag,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. Juli 2011 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 13. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2010 abzuweisen.
Die Klägerin stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie des gerichtlichen Verfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit der Klägerin entscheiden, da in der Ladung darauf hingewiesen worden ist (§ 126 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die zulässige Berufung ist begründet. Das SG München hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 13.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.09.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Der Berufung ist daher stattzugeben.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Hörgeräteversorgung gegen die Beklagte.
Grundsätzlich erbringen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation Hilfsmittel wie Hörgeräte als Sachleistungen (vgl. BSG, Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R, abgedruckt in BSGE 101, 207 = SozR 4-3250 § 14 Nr. 7). Hier begehrt die Klägerin jedoch Kostenerstattung.
Unabhängig von der Frage, ob der Rentenversicherungsträger nach den Vorschriften des SGB VI oder - wegen seiner Zuständigkeit als erstangegangener Träger nach § 14 SGB IX - auch nach § 33 SGB V zur Ausstattung der Klägerin mit einem Hörgerät verpflichtet ist, scheitert der Anspruch der Klägerin daran, dass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 SGB IX bzw. des § 13 Abs. 3 SGB V nicht erfüllt sind. Ob in diesem Fall die begehrte Leistung zu Unrecht abgelehnt wurde, bedarf daher keiner Entscheidung.
Als Rechtsgrundlage einer Kostenerstattung kommt entweder § 15 Abs. 1 SGB IX in Betracht oder § 13 Abs. 3 SGB V. Der Senat kann es dabei offen lassen, ob die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX in Fallgestaltungen wie diesen unmittelbar anzuwenden ist, weil sie trägerübergreifend Kostenerstattungsansprüche für selbst beschaffte Teilhabeleistungen normiert (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2009, B 5 R 5/07 R) oder ob dieses Ergebnis aus einer entsprechenden Anwendung des § 13 Abs. 3 SGB V resultiert (vgl. BSG, Urteil vom 21.08.2008, B 13 33/07 R). Ein unterschiedliches Ergebnis resultiert aus diesen verschiedenen Sichtweisen nicht.
§ 15 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 SGB IX bestimmt:
"Kann über den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb der in § 14 Abs. 2 SGB IX genannten Fristen entschieden werden, teilt der Rehabilitationsträger dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig mit. Erfolgt die Mitteilung nicht oder liegt ein zureichender Grund nicht vor, können Leistungsberechtigte dem Rehabilitationsträger eine angemessene Frist setzen und dabei erklären, dass sie sich nach Ablauf der Frist die erforderliche Leistung selbst beschaffen. Beschaffen sich die Leistungsberechtigten nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet. Die Erstattungspflicht besteht auch, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat."
Die Klägerin hat der Beklagten keine Frist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 SGB IX gesetzt.
Die Versorgung mit Hörgeräten war auch nicht unaufschiebbar.
Auf die Unfähigkeit des Sozialleistungsträgers, eine unaufschiebbare Leistung rechtzeitig zu erbringen, kann ein Kostenerstattungsanspruch nur gestützt werden, wenn es dem Versicherten nicht möglich oder nicht zuzumuten war, sich vor der Leistungsbeschaffung mit dem Leistungsträger in Verbindung zu setzen (vgl. BSG, Urteil vom 25. September 2000 - SozR 3-2500 § 13 Nr 22). Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, war die ohrenärztliche Verordnung der Hörgeräte bereits am 15.06.2009 ausgestellt worden. Insoweit hätte ein Antrag bei der Beklagten bereits früher erfolgen können. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Leistung aus medizinischen Gründen sofort, ohne die Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs erbracht werden musste, damit der angestrebte Erfolg noch erreicht werden konnte (vgl. BSGE 73, 271, 287).
Der Klägerin sind die Kosten für die Hörgeräte auch nicht dadurch entstanden, dass die Beklagte diese Leistung zu Unrecht abgelehnt hätte.
Es fehlt an dem erforderlichen Kausalzusammenhang, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt, ohne zuvor mit dem Rehabilitationsträger Kontakt aufzunehmen und dessen Entscheidung abzuwarten (vgl. BSG, Urteil vom 21.08.2008 - B 13 R 33/07 R in juris Rn. 23; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 20/08 R, BSGE 105, 170, 173f). Eine vorherige Prüfung verbunden mit der Möglichkeit der Beratung ist sachgerecht. Sie liegt auch im eigenen Interesse des Versicherten, weil sie ihn von dem Risiko entlastet, die Kosten ggf. selbst tragen zu müssen (vgl. BSGE 98, 26, 29).
Hier bezweckt die Regelung vor allem, dass der Versicherungsträger noch Einfluss auf die Ausstattung mit dem erforderlichen Hilfsmittel nehmen kann, z.B. durch Hinweise auf andere geeignete (aber evtl. kostengünstigere) Geräte.
Die Leistung ist bereits dann beschafft, wenn das Verpflichtungsgeschäft zwischen dem Versicherten und dem Leistungserbringer bindend abgeschlossen worden ist, wenn also der Leistungserbringer auch im Fall der Ablehnung des Leistungsbegehrens die Abnahme und Bezahlung verlangen kann (vgl. BSGE 105, 170, 174). Dies ist in der Regel bei Rechnungstellung anzunehmen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.06.2011 - L 5 KR 89/09 in juris Rn. 35). Unschädlich sind Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die regelmäßig Voraussetzung für den Leistungsantrag sind, wie etwa die Prüfung der Eignung und Anpassungsfähigkeit der in Betracht kommenden Geräte (vgl. BSGE 105, 170, 174; Belbig, § 13 SGB V, Rn. 58).
Hier hat die Klägerin bei ihrer Antragstellung gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 11.11.2009 bereits die Rechnung des Hörgeräteakustikers vom 10.11.2009 vorgelegt. Daraus geht hervor, dass dieser der Klägerin "für erbrachte Leistungen" einen Betrag von 2.020 EUR in Rechnung gestellt und ihr für die Bezahlung eine Frist bis zum 24.11.2009 gesetzt hat. Wie der Hörgeräteakustiker im Verfahren vor dem LSG mitgeteilt hat, hat die Klägerin den Eigenanteil innerhalb des üblichen Zeitrahmens auch bezahlt.
Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin im Falle der Ablehnung durch die Beklagte berechtigt gewesen wäre, die Hörgeräte zurückzugeben und den Vertrag rückabzuwickeln, bestehen nicht. Das wird auch nicht behauptet.
Der Senat ist aufgrund des Rechnungsdatums davon überzeugt, dass sich die Klägerin die Hörgeräte bereits beschafft hat, bevor die Beklagte darüber entschieden bzw. sogar noch bevor die Klägerin bei der Beklagten den streitgegenständlichen Antrag gestellt hat.
Dass die Klägerin bereits zuvor einmal von der Rentenversicherung mit einem Hörgerät versorgt worden ist, hat für weitere Anträge keine rechtliche Bedeutung; ein Anspruch für die Zukunft kann daraus nicht abgeleitet werden. Das Gericht muss den hier vorliegenden Sachverhalt nach den zum Zeitpunkt der Entscheidung geltenden rechtlichen Bestimmungen bewerten; ob die Beklagte auch früher richtig gehandelt hat, ist grundsätzlich nicht zu prüfen.
Im Übrigen ist nicht erwiesen, dass auch bei der ersten Bewilligung bereits das Hörgerät bindend vor der Antragstellung am 08.07.2003 beschafft worden ist und es sich damit um einen vergleichbaren Sachverhalt gehandelt hat. Die Beklagte hat sich in dem Bescheid aus dem Jahr 2003 auf einen "Kostenvoranschlag" bezogen und die Übernahme der Kosten gegenüber dem Hörgeräteakustiker erklärt. Erst danach hat die Klägerin auf eine "Rechnung" verwiesen und die Auszahlung an sich selbst gefordert.
Selbst wenn aber für die Beklagte auch damals erkennbar gewesen sein sollte, dass sich die Klägerin das Hörgerät vor Antragstellung bereits beschafft hat, so folgt daraus kein Anspruch auf Erstattung der hier streitigen Kosten. Eine eventuell rechtswidrige Entscheidung zu einem früheren Zeitpunkt begründet kein Recht der Klägerin auf Wiederholung des Fehlers.
Eine Beiladung der Krankenkasse konnte unterbleiben. § 75 Abs. 2 SGG sieht die Beiladung vor, wenn sich im Verfahren die ernsthafte Möglichkeit (vgl. Leitherer in Meyer/Lade-wig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 75 Rn. 12) ergibt, dass bei Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger als leistungspflichtig in Betracht kommt. Diese ernsthafte Möglichkeit sieht der Senat hier nicht.
Die Krankenkasse ist nicht sog. erstangegangene Trägerin.
Die Klägerin hat erklärt, dass sie selbst wegen des streitgegenständlichen Zuzahlungsbetrags keinen Antrag an die Krankenkasse gestellt hat bzw. stellen wollte. Zwar kann auch der Hörgeräteakustiker grundsätzlich als Vertreter in die Antragstellung eingebunden werden. Insoweit ist aber lediglich nachgewiesen, dass sich dieser mit Gesamtaufstellung vom 30.11.2009 bzw. Rechnung vom 10.11.2009 wegen des Festbetrags (Kassenanteils) an die Krankenkasse gewandt hat. Es ist insoweit nicht erwiesen, dass die Krankenkasse früher als die Beklagte Kenntnis von der Hörgeräteversorgung erhielt. Ein Vorgang auf Seiten der Krankenkasse liegt dazu nicht vor; bekannt ist nur die Überweisung des Festbetrags vom 04.01.2010 unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 30.11.2009. Außerdem beschränken sich die vom Hörgeräteakustiker vorgelegten Aufstellungen an die Krankenkasse ihrem Inhalt nach eindeutig auf die Erstattung des Kassenanteils; dies entspricht auch dem im Verfahren erklärten Willen der Klägerin. Der Senat erkennt daher angesichts der hier vorhandenen Erklärungen keine Grundlage dafür, im Sinne der Meistbegünstigung von einem umfassenderen Leistungsbegehren gegenüber der Krankenkasse auszugehen - wie dies etwa bei der Weiterleitung der Versorgungsanzeige diskutiert wird (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.11.2010 - L 31 R 37/10 in juris Rn. 30,32).
Selbst wenn jedoch von einer früheren umfassenderen Antragstellung auszugehen wäre - etwa bereits bei der vermutlich erfolgten Übergabe der Hörgeräteverordnung an den Hörgeräteakustiker - so stünde jedenfalls auch einer Kostenerstattung durch die Krankenkasse die Regelung des § 13 Abs. 3 SGB V entgegen. Die Klägerin hat sich die Hörgeräte bereits beschafft ohne die Entscheidung eines Leistungsträgers abzuwarten (s.o.).
Die Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Klägerin letztlich keinen Erfolg hatte.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved