L 19 R 696/10

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 3 R 461/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 696/10
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 02.08.2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der 1962 geborene Kläger erlernte von 1977 bis 1980 den Beruf eines Betriebsschlossers und legte später die Meisterprüfung ab. Er übte diesen Beruf fortlaufend aus - seit 1993 als Selbstständiger. Im Gefolge eines häuslichen Unfalls am 06.11.2004 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.

Am 09.11.2006 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und wurde am 14.03.2007 durch den Chirurgen Dr.P. untersucht, der folgende Gesundheitsstörungen beschrieb:
1. Verminderte Belastbarkeit des rechten Fußes nach Metatarsale-V-Basisfraktur (06.11.2004) und anschließendem CRPS (Morbus Sudeck).
2. Geringe Fehlhaltung der Wirbelsäule und bis zu mäßige degenerative Veränderungen mit Schmerzsymptomatik an Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule.
3. Osteopenie.
4. Geringe Kniegelenksarthrose bds.; Z.n. Arthroskopie links.
Der Kläger sei als Schlosser derzeit unter 3 Stunden täglich einsatzfähig für die Dauer der nächsten 1 1/2 Jahre. Eine Befundbesserung sei noch ungewiss. Mit dem vorhandenen Leistungsbild könne er leichte Tätigkeiten über 6 Stunden täglich verrichten mit zeitweise mittelschweren Anteilen, wobei sitzende Tätigkeiten betont sein sollten.
Ebenfalls am 14.03.2007 wurde der Kläger neurologisch-psychiatrisch durch Frau Dr.B. untersucht. Sie diagnostizierte zusätzlich eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, hielt aber gleichwohl leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für möglich.

Mit Bescheid vom 05.04.2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ohne zeitliche Einschränkung einsatzfähig.

Hiergegen legte der Kläger mit Telefax vom 25.04.2007 Widerspruch ein und machte geltend, dass zu seinen erheblichen körperlichen Beschwerden auch psychische Beeinträchtigungen als reaktive Folge hinzugetreten seien und er auch nicht einmal stundenweise mehr tätig sein könne. Der Kläger legte das im Rahmen einer bestehenden privaten Unfallversicherung erstellte Gutachten des Dr.M. vom 01.02.2007 vor. Darin wurde eine dauernde Minderung der Gebrauchsfähigkeit des rechten Beines von zumindest 2/10 angenommen, weil nach einer verheilten Fraktur des 5. Mittelfußknochens ein CRPS ersten Grades aufgetreten sei. Ein ebenfalls vorgelegter Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr.K. vom 30.05.2006 berichtete zusätzlich von der Entwicklung einer somatisierten Depression mit mittelgradigem depressiven Affekt, Durchschlafstörungen, frei flottierender Angst, Insuffizienzgefühl und vermindertem Antrieb. Der Kläger könne deshalb seiner beruflichen Tätigkeit nicht nachgehen.

Dr.L. von der Sozialmedizinischen Begutachtungsstelle N. kam am 14.05.2007 zum Ergebnis, dass eine Änderung der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung nicht angezeigt sei. Gleiches vertrat Frau Dr.W. am 23.06.2007.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2007 zurück. Die Voraussetzungen für eine Rentengewährung seien nicht gegeben, da der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein könne und damit weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliege. Eine Berentung im Hinblick auf Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, da der Kläger nach dem 01.01.1961 geboren sei.

Mit Schreiben vom 27.07.2007 hat der Kläger per Telefax am 30.07.2007 Klage zum Sozialgericht (SG) Bayreuth erhoben. Er hat auf die bestehende Schmerzempfindlichkeit und die dadurch ausgelösten psychischen Beeinträchtigungen verwiesen. Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr.C., Dr.K., Dr.K. und nochmals Dr.C. beigezogen. Der Kläger hat ergänzend eine Stellungnahme zur Arbeitsunfähigkeit vorgelegt, die der Orthopäde Dr.N. am 26.09.2006 erstellt hatte. Danach sei wegen einer Algodystrophie bei Z.n. Mittelfußfraktur D 5 rechts von einer dauerhaften Unfähigkeit auszugehen, den bisher ausgeübten Beruf als selbstständiger Schlossermeister weiter auszuüben. Stehen, Gehen und Heben und Tragen seien dem Kläger nicht möglich, dagegen seien Sehen, Hören, Greifen und die Feinmotorik nicht beeinträchtigt. Zusätzlich hat der Kläger einen aktuellen Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.K. vom 18.04.2008 eingereicht.

Vor dem Verhandlungstermin am 06.05.2008 ist der Kläger auf Veranlassung des SG durch Dr.T. untersucht worden. Dieser hat folgende Diagnosen benannt:
1. Somatisierung bei Depression.
2. Nichtalkoholische Fettleberhepatitis bei Medikation mit nicht-stereoiden Antirheumatika
3. Bewegungseinschränkung des Kniegelenkes rechts bei beidseitigem Kniegelenks-erguss, Streckbehinderung des Kniegelenks rechts.
4. Abgelaufener Morbus Sudeck rechts nach Metatarsal-Fraktur.
5. Platt-Spreizfuß.
6. Meralgia paraesthetica.
7. Hiatushernie.
8. Leukopenie.
Der Kläger könne aufgrund der Gesundheitsstörungen die Tätigkeit eines Schlossers nicht mehr verrichten; leichte Arbeiten im Sitzen könnten jedoch auf längere Sicht vollschichtig erbracht werden. Es müsse sich um Tätigkeiten ohne Nässe- und Kälteeinwirkung, ohne nervliche Anspannung oder Zeitdruck und ohne Wechselschicht handeln. Auch seien längeres Stehen oder Gehen nicht zumutbar.

Das SG hat ein weiteres Gutachten nunmehr durch den Neurologen und Psychiater Dr.K. erstellen lassen, der den Kläger am 30.06.2008 untersucht hat. Im Gutachten vom 03.07.2008 sind folgende Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet aufgeführt:
1. Leichte depressive Episode mit deutlicher Somatisierungstendenz; komplexes regionales Schmerzsyndrom ohne periphere Nervenläsion Typ I.
2. Rezidivierendes LWS-Syndrom mit Zeichen einer sensiblen S 1-Irritation rechts ohne funktionell relevantes Defizit; keine Zeichen einer sog. Meralgia paraesthetica.
Von den Vorgutachten sei insofern abzuweichen, als typische Elemente der somatoformen Schmerzstörung und der Meralgia paraesthetica nicht zu finden seien. Der Kläger könne nur noch körperlich leichte Tätigkeiten verrichten, die vorwiegend im Sitzen durchgeführt werden sollten. Kurzes Umhergehen und Stehen sei aber noch möglich. Die Tätigkeiten sollten in geschlossenen temperierten Räumen durchgeführt werden mit Schutz vor Zugluft, Nässe, Kälte und Lärm. Intensive psychomentale Stressfaktoren wie Akkordarbeit, Fließbandarbeit, Nachtschicht, Tätigkeiten mit Führungsverantwortung und ausgeprägte psychosoziale Belastungssituationen seien dem Kläger nicht zumutbar.

Im Weiteren ist der Kläger in der Zeit vom 02.09.2008 bis 11.11.2008 in der psychosomatischen Klinik in E-Stadt stationär behandelt worden u.a. wegen einer schweren depressiven Episode, einem chronischen Schmerzsyndrom und dem V.a. eine ängstliche Persönlichkeitsakzentuierung. Der gerichtsärztliche Sachverständige Dr.K. hat in einer ergänzenden Stellungnahme vom 08.01.2009 geäußert, dass sich beim Kläger die depressive Symptomatik zwischenzeitlich verschlechtert habe, was die stationäre nervenärztliche Behandlung erforderlich gemacht habe; unter einer leitliniengerechten Therapie habe sich das Krankheitsbild jedoch zweifelsohne gebessert. Eine abschließende sozialmedizinische Beurteilung sei aber nur nach einer psychiatrischen Nachuntersuchung möglich. Der Kläger hat um Beauftragung eines anderen Gutachters als Dr.K. gebeten, da dieser die Schwere der Erkrankung nicht hinreichend dargestellt habe. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass die Ehefrau des Klägers an Krebs erkrankt sei, was eine zusätzliche psychische Belastung darstelle.

Das SG hat daraufhin den Arzt für Neurologie und Psychiatrie P.M. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser hat den Kläger am 18.03.2009 untersucht und sein Gutachten im Juni 2009 dem SG übersandt. Kurz nach der Untersuchung hat der Kläger erneut stationär in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in E-Stadt behandelt werden müssen und zwar in der Zeit vom 23.03.2009 bis 13.05.2009. Festgestellt worden ist in diesem Zusammenhang eine mittelschwere Episode der Depression. Das Gutachten des P.M. hat dagegen im Vordergrund der Gesundheitsstörungen des Klägers eine Dysthymie im Rahmen einer anhaltend krankhaft dekompensierten Persönlichkeitsstörung mit V.a. Alkoholismus gesehen. Die beigezogenen Krankheitsunterlagen würden einen verstärkten Alkoholkonsum mit Halluzinationen, die fluktuierenden prädeliranten Entzugserscheinungen entsprechen würden, sowie eine erneute schwerere psychische Dekompensation nahelegen. Es sei von einer Verschlimmerung bzw. Zuspitzung des Leidens ca. ab Sept. 2009 auszugehen. Der Kläger sei derzeit auch für körperlich leichte Tätigkeiten unter den bereits früher benannten Einschränkungen der Einsatzbedingungen nur 3 bis unter 6 Stunden einsatzfähig.

Zu dieser gutachterlichen Bewertung hat der Med.Dir. F. vom ärztlichen Dienst der Beklagten am 11.03.2010 Stellung genommen. Er ist zum Ergebnis gekommen, dass über den aktuellen psychiatrischen Krankheitszustand des Klägers keine hinreichenden Informationen vorliegen würden und deshalb eine Einschätzung des Gesamtverlaufs der psychischen Erkrankung nur schwer möglich sei. Die Aktenlage ergebe auch keinen Hinweis auf einen stärkeren Alkoholkonsum. Eine vollständige Abklärung des psychiatrischen Krankheitsbildes sei nicht erfolgt und deshalb schließe er sich auch nicht der Leistungsbeurteilung im Gutachten des P.M. an; eine relevante Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens des Klägers sei nicht nachgewiesen.

Der Kläger hat vorgetragen, dass er eine empfohlene psychotherapeutische Behandlung aus finanziellen Gründen bisher nicht habe durchführen lassen können, weil diese von der privaten Krankenversicherung nicht übernommen werde.

Das SG hat nochmals einen Befundbericht beim Hausarzt Dr.C. angefordert, den dieser am 16.04.2010 erstellt hat. Darin ist angegeben worden, dass sich die vorhandenen Leiden nicht gebessert hätten und im Berichtszeitraum eine äußerst schmerzhafte Gichtarthropathie hinzugekommen sei.

Abschließend hat das SG ein Gutachten durch den Neurologen Dr.L. erstellen lassen. Dieser hat am 17.06.2010 als Diagnosen aufgeführt:
1. Anhaltende somatoforme Schmerzstörung.
2. Rezidivierende depressive Störung, derzeit mittelgradige Episode.
3. Verminderte Belastbarkeit des rechten Fußes nach Metatarsale-V-Basisfraktur 11/2004 mit anschließendem CRPS (Morbus Sudeck).
4. Wirbelsäulenschmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen ohne sensomotorisches Defizit mit geringgradiger Funktionseinschränkung.
5. Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks bei Gichtarthropathie.
Er hat dargelegt, dass es beim Kläger im Vergleich zur letzten Begutachtung seit Dezember 2009 zu einer Verschlechterung der depressiven Symptomatik gekommen sei. Allerdings erfolge keine leitliniengerechte Behandlung, sondern es werde lediglich eine bestehende Medikation fortgesetzt, obwohl sich die Symptomatik der Depression verschlechtert habe. Der Kläger befinde sich nicht in nervenärztlicher Behandlung und es finde auch keine Psychotherapie statt. Eine klinische Besserung sei anzunehmen, wenn die antidepressive Therapie optimiert werde. Im Hinblick auf die Besserungsaussichten unter Behandlung sei eine quantitative Leistungseinschränkung nicht zu begründen. Der Kläger könne leichten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Körperhaltung ohne besondere Gefährdungs- und Belastungsfaktoren und ohne besonderen Zeitdruck, vermehrte Konzentration oder Verantwortungsanforderungen täglich 6 Stunden nachgehen.

Anschließend hat das SG die Beteiligten dazu angehört, dass es eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtige. Der Kläger hat einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht zugestimmt. Er hat außerdem geltend gemacht dass er sich wieder in psychiatrischer Behandlung nunmehr bei Herrn Dr.E. befinde. Die Feststellungen des Dr.L. seien tendenziös gewesen und der Gutachter habe sich im Wesentlichen der Stellungnahme der Beklagten angeschlossen, ohne eigene, insbesondere psychologische oder psychiatrische Untersuchungen vorzunehmen.

Mit Gerichtsbescheid vom 02.08.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger müsse sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen. Es sei nach den gutachterlichen Feststellungen ein ausreichendes Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gegeben. Das SG folge den Feststellungen des Gutachters P.M. nicht, da dieser im Vergleich mit den übrigen Gutachten nicht nachvollziehbar sei.

Daraufhin hat der Kläger mit Schreiben vom 26.08.2010 am 27.08.2010 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Nachdem die Klägerseite mitgeteilt hatte, dass die Ehefrau des Klägers am 04.12.2010 verstorben sei und der Kläger sich gegenwärtig nicht um das Rentenverfahren kümmern könne, ist mit Zustimmung der Beteiligten durch Beschluss vom 23.12.2010 das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.

Mit Schreiben vom 24.05.2011 hat der Kläger beantragt, das Verfahren fortzusetzen. Er habe sich nach dem Tod seiner Ehefrau wieder teilweise stabilisiert, auch wenn er in letzter Zeit vermehrt Alkohol konsumiere. Er könne nur ganz kurze Strecken Auto fahren und sich schon nach weniger Zeit nicht mehr konzentrieren. Seine Gehfähigkeit sei eingeschränkt, er könne nur mit Gehstützen laufen und auch nur ganz kurze Strecken.

In einem Befundbericht des Facharztes für Neurologie und Nervenheilkunde Dr.E. vom 30.06.2011 ist mitgeteilt worden, dass der Kläger bei ihm nur am 23.06.2010 und 07.07.2010 zur Behandlung gekommen sei; eine Verlaufsbeurteilung der Erkrankung sei ihm deshalb nicht möglich. Der Hausarzt und Internist Dr.C. hat auf Anfrage des Senats am 18.07.2011 angegeben, dass der Kläger sich in fachärztlicher Behandlung befunden habe und sich bei ihm nur gelegentlich vorgestellt habe. Die Schmerzsymptomatik sei Anfang des Jahres 2010 durch familiäre Belastungen verstärkt worden und der Zustand habe sich hinsichtlich der depressiven Symptomatik erheblich verschlechtert. Am 02.08.2011 hat der Med.Dir. F. zu diesen Befundberichten Stellung genommen und ausgeführt, anhand der Aktenlage ließe sich nicht klären, ob Verschlechterungen seit den umfangreichen Begutachtungen im erstinstanzlichen Verfahren eingetreten seien. Der Kläger habe sich auch zuletzt im Nov. 2010 in ärztlicher Behandlung befunden. Die berichtete Gehstrecke von 100 m sei ohne Angabe von näheren Befunden zunächst nicht nachvollziehbar.

Der Senat hat daraufhin ein Gutachten beim Arzt für öffentliches Gesundheitswesen und Sozialmedizin Dr.D. eingeholt, der den Kläger am 31.08.2011 untersucht hat. Im Gutachten vom 02.09.2011 sind folgende Gesundheitsstörungen angegeben worden:
1. Anhaltende somatoforme Schmerzstörung.
2. Rezidivierende depressive Störung, derzeit mittelgradige Episode, Alkoholmissbrauch.
3. Verminderte Belastbarkeit des rechten Fußes nach Metatarsal-V-Basisfraktur mit anschließendem CRPS (Morbus Sudeck).
4. Wirbelsäulen-Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen ohne sensomotorisches Defizit mit leichtgradiger Funktionseinschränkung.
5. Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks bei Gichtarthropathie.
Anamnestisch hätten sich keine Entzugserscheinungen im Hinblick auf eine Alkoholerkrankung gezeigt. Auch das für schwere depressive Episoden typische somatische Syndrom mit psychomotorischer Hemmung oder Agitiertheit, deutlichem Appetitverlust und Gewichtsverlust habe nicht nachgewiesen werden können. Der aktuelle psychische Befund entspreche am ehesten einer mittelgradig depressiven Episode bei chronisch rezidivierender depressiver Störung, bei ängstlicher Persönlichkeitsakzentuierung und Alkoholmissbrauch. Er bedürfe einer leitliniengerechten Behandlung. Der Kläger könne unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein, wobei es sich um leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung überwiegend im Sitzen handeln solle. Nicht zugemutet werden dürften besondere nervliche Belastungen, besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems wie überwiegendes Stehen oder Gehen, häufiges Heben oder Tragen von Lasten, häufiges Bücken oder Überkopfarbeit, Arbeiten in Zwangshaltungen und häufiges Steigen. Ebenso auch nicht ungünstige äußere Bedingungen mit Einflüssen von Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe und unfallgefährdete Arbeitsplätze. Die Wegefähigkeit sei gegeben. Bei entsprechend leitliniengerechter Behandlung sei von einer Besserung und Stabilisierung der gesundheitlichen Verhältnisse auszugehen.

Der Kläger hat eingewandt, dass medikamentenbedingt seine Leberwerte so schlecht seien, dass keinesfalls eine 6-stündige Arbeit täglich ausgeübt werden könne.

Im Weiteren hat der Kläger einen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt. Daraufhin ist ein Gutachten beim Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr.G. eingeholt worden. Der Kläger hat auf eine aktuell vorliegende Knieschädigung hingewiesen; ferner hat er sich vom 16.06.2012 bis 18.06.2012 zur stationären Behandlung im Klinikum am B. in E-Stadt befunden wegen Herzbeschwerden, die sich nach Untersuchung als funktionell herausgestellt haben. Am 04.06.2012 ist der Kläger durch den Sachverständigen Prof. Dr.G. untersucht worden, der die Gesundheitsstörungen in seinem Gutachten vom 23.06.2012 folgendermaßen bezeichnet hat:
1. Dysthymia bei Z.n. rezidivierender depressiver Störung mit Panikattacken 2005 bei vielfältigen psychosozialen (familiären wie beruflichen) Belastungen.
2. Schädlicher Gebrauch von Alkohol, ohne überdauernde zerebrale Schädigungsfolgen.
3. Verminderte Belastbarkeit des rechten Fußes nach konservativ behandelter Mittelfußknochen-V-Basisfraktur 11/2004 mit komplexem regionalem Schmerzsyndrom (CRPS Typ 1), Differentialdiagnose Immobilisationsosteopenie mit Hypästhesie des rechten Mittelfußes dorsolateral.
4. Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks bei Gichtarthropathie seit 2005, höhergradige Teilruptur vorderes Kreuzband rechtes Knie bei mukoider Degeneration, Teilruptur Außenband, Synovialproliferation im suprapatellaren Recessus, Z.n. Arthroskopie links bei Außenmeniskusschaden.
5. Rezidivierendes LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen mit sensibler S1-Irritation rechts und geringgradiger Funktionseinschränkung, Platt-Spreizfuß.
6. Gefäßrisikofaktoren durch Hyperurikämie, Hypercholesterinämie sowie Adipositas.

In der Zusammenschau habe sich seit 12/2005, als erstmals eine depressive Symptomatik festgestellt worden sei, ein schwankender Verlauf dargestellt, der unter äußeren Einflüssen mit akuten Verschlimmerungen des Zustandsbildes einhergegangen sei und Ende 2008 bis Mitte 2009 kulminiert sei. Bei entsprechenden stationären Behandlungen sei es zu einer Besserung des Befindens gekommen. Das psychopathologische Bild habe sich gegenüber dem Gutachten vom Sept. 2011 weiter gebessert. Es seien auch keine Einschränkungen der Umstellungsfähigkeit zu beobachten. Den zuletzt ausgeübten Beruf eines Schlossermeisters mit häufigem Heben schwerer Lasten könne der Kläger nicht mehr ausüben. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt liege jedoch eine Einsatzfähigkeit von mehr als 6 Stunden vor. Es dürfe sich nur um leichte wechselnde Arbeiten ohne Wirbelsäulenbelastung, ohne häufiges Bücken, ohne Überkopfarbeit, ohne Zwangshaltungen und ohne Hebe- und Tragearbeit handeln. Auf eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung müsse geachtet werden. Tätigkeiten mit besonderer Belastung des Bewegungs- und Stützsystems sowie Tätigkeiten, die nur im Stehen, Gehen oder Sitzen ausgeführt werden könnten, seien nicht zumutbar. Auch Tätigkeiten mit erhöhten Gefahrenmomenten wie Absturzgefahr oder an laufenden Maschinen könnten nicht durchgeführt werden. Der Kläger sei für Arbeiten ohne erheblichen Zeitdruck vollschichtig verwendungsfähig und außergewöhnliche Pausen seien nicht notwendig. Auch sei die Wegefähigkeit zu bejahen. Der Kläger sei psychisch in der Lage, aus eigener Willensanstrengung die verbliebene dysthyme Gestimmtheit mit ärztlicher Hilfe ausreichend zu beeinflussen und Dekompensationen durch das Erlernen von Coping-Strategien zu vermeiden. Eine orthopädische Untersuchung zur Feststellung der Wegefähigkeit käme jedoch in Betracht.

Der ärztliche Dienst der Beklagten ist am 12.07.2012 durch Dr.S. zum Ergebnis gekommen, dass die vorliegenden Unterlagen eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegstrecke nicht begründen würden. Mit Schreiben vom 31.07.2012 hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mitgeteilt, dass er sich weiteren Begutachtungen nicht mehr unterziehen möchte, da er psychisch angeschlagen und zermürbt sei. Er könne in seinem gegenwärtigen Gesundheitszustand nicht arbeiten, auch nicht bis zu 3 Stunden. Mittlerweile würden auch Herzbeschwerden vorliegen. Der Kläger hat ergänzend noch den Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 10.10.2012 vorgelegt, wonach bei ihm ein GdB von 80 festgestellt worden sei und das Merkzeichen G zuerkannt worden sei. Ferner hat er darauf hingewiesen, dass er wegen Kniebeschwerden im Oktober und November 2012 stationär behandelt worden ist. Der Hausarzt hat ihm bescheinigt, dass er auf die Nutzung von Behindertenparkplätzen angewiesen sei.

Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 02.08.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 05.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, beim Kläger ab Rentenantragstellung den Leistungsfall der vollen, hilfsweise teilweisen Erwerbsminderung auf Dauer anzuerkennen und die entsprechenden gesetzlichen Leistungen zu erbringen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 02.08.2010 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der Akten der Beklagten und der beigezogenen Schwerbehindertenakte des ZBFS Bezug genommen.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG Bayreuth hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf eine Rentengewährung wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.

Die Leistungsfähigkeit des Klägers stellt sich folgendermaßen dar:
Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kann er noch mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein, wobei es sich um leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung überwiegend im Sitzen handeln muss. Ausgeschlossen sind besondere nervliche Belastungen wie z.B. erheblicher Zeitdruck, besondere Belastungen des Bewegungs- und Stützsystems wie überwiegendes Stehen oder Gehen, häufiges Heben oder Tragen von Lasten, häufiges Bücken oder Überkopfarbeit, Arbeiten in Zwangshaltungen und häufiges Steigen. Auch sind ungünstige äußere Bedingungen mit Einflüssen von Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe und Tätigkeiten mit erhöhten Gefahrenmomenten wie Absturzgefahr oder an laufenden Maschinen zu vermeiden.

Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit stützt sich der Senat wesentlich auf das umfassende und überzeugende gerichtsärztliche Sachverständigengutachten des Dr.D., das durch das nachfolgende Gutachten des Prof. Dr.G. hinsichtlich der Beurteilung der nervlichen Belastbarkeit des Klägers bestätigt wurde. In Übereinstimmung dazu stehen auch die in erster Instanz eingeholten Gutachten des Dr.L., des Dr. K. und des Dr. T. und die im Verwaltungsverfahren erstellten Gutachten der Dr.B. und des Dr.P ... Das Gutachten des P.M. überbetont dagegen die beim Kläger zweifelsfrei vorhandenen Phasen von vollständiger Arbeitsunfähigkeit auch bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Diese schweren depressiven Episoden bringen keine dauerhafte Einschränkung des zeitlichen Einsatzvermögens des Klägers im Erwerbsleben mit sich. Prof.Dr.G. betonte erst jüngst, dass der Kläger psychisch in der Lage sei, aus eigener Willensanstrengung die verbliebene dysthyme Gestimmtheit mit ärztlicher Hilfe ausreichend zu beeinflussen und Dekompensationen durch das Erlernen von Coping-Strategien zu vermeiden.

Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt nach § 43 Abs. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) voraus, dass ein Versicherter voll erwerbsgemindert ist, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit aufzuweisen hat und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt hat.

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die in gleicher Weise für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung oder wegen Berufsunfähigkeit gelten, hätte der Kläger für zurückliegende und aktuelle medizinische Leistungsfälle erfüllt. Da der Kläger eine selbständige Tätigkeit ausgeübt hat und nicht pflichtversichert war, sind von ihm zwar in den letzten Jahren ausschließlich freiwillige Beiträge gezahlt worden, die im Rahmen des § 43 Abs. 2 SGB VI keine Berücksichtigung finden. Der Kläger hat aber unproblematisch die allgemeine Wartezeit erfüllt und dies war auch schon zum 01.01.1984 gegeben. Seitdem hat der Kläger in allen Kalendermonaten bis zur Rentenantragstellung rentenrechtlich relevante Zeiten - meist freiwillige Beiträge - aufzuweisen; ab der Rentenantragstellung könnte der Kläger noch freiwillige Beiträge nachentrichten, weil die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI während des laufenden Rentenverfahrens unterbrochen ist (§ 198 Satz 1 SGB VI). Somit hat der Kläger die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen über die Ausnahmevorschrift des § 241 Abs. 2 SGB VI erfüllt.

Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ergänzend führt § 43 Abs. 3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Unbeachtlich für eine Rentengewährung im Rahmen des SGB VI bleiben nach den gesetzlichen Vorschriften auch die Zeiten, in denen der Kläger wegen Arbeitsunfähigkeit nur vorübergehend nicht arbeiten konnte.

Nach den Feststellungen der Gutachter im Berufungsverfahren liegen beim Kläger zwar qualitative, nicht aber quantitative Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben vor. Die sozialmedizinische Beurteilung orientiert sich dabei an der Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt; eine konkrete Verweisungstätigkeit muss seitens der Beklagten im Regelfall nicht benannt werden. Da beim Kläger nach den ärztlichen Feststellungen der meisten Gutachter an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes keine zeitliche Einschränkung auf weniger als 6 Stunden festzustellen ist, sind die medizinischen Voraussetzungen für eine teilweise Erwerbsminderung nicht erfüllt. Die beim Kläger beschriebenen gesundheitlichen Einschränkungen, die auch seine Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt betreffen, sind noch als vorübergehende Arbeitsunfähigkeit einzuordnen. Die gesundheitlichen Auswirkungen des vorliegenden Suchtmittelmissbrauches sind nämlich noch nicht irreversibel; sie sind vielmehr einer Behandlung zugänglich, die voraussichtlich zu einer Besserung führt. Der Kläger ist auch nicht gehindert, entsprechende ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, befindet sich aber nicht kontinuierlich in fachpsychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung. Eine rentenberechtigende Erwerbsminderung aufgrund einer psychischen Erkrankung ist jedoch noch nicht anzunehmen, wenn Behandlungsbedürftigkeit gegeben ist, aber ein Rentenantragsteller keinerlei fachpsychiatrische oder psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nimmt und einer derartigen Inanspruchnahme auch keine nachvollziehbaren Ausschlussgründe entgegenstehen. Der Hinweis des Klägers auf fehlende finanzielle Möglichkeiten kann nicht überzeugen, da es schon keine Belege dafür gibt, dass seine private Krankenversicherung einen Leistungsausschluss für psychotherapeutische Behandlung beinhaltet; ein Leistungsausschluss für eine notwendige fachpsychiatrische d.h. unmittelbar ärztliche Behandlung wäre ohnehin auch im Bereich der privaten Krankenversicherung allgemein nicht zulässig vereinbar.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann in einigen speziellen Fällen (sogenannten Katalogfällen) bei einer an sich 6-stündigen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gleichwohl eine volle Erwerbsminderung vorliegen (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand April 2011, § 43 SGB VI Rn. 37 m.w.N.). In derartigen Fällen wäre zunächst festzustellen, dass eine Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wegen Vorliegens einer der besonderen Konstellationen nicht in Betracht kommen würde und von der Beklagten ausnahmsweise konkrete Verweisungstätigkeiten benannt werden müssten. Im Rahmen der weiteren Prüfung müsste sich dann herausstellen, dass die benannten Verweisungstätigkeiten sämtlich nicht ohne zeitliche Einschränkung dem Kläger zugemutet werden könnten.

Ein derartiger Ausnahmefall liegt beim Kläger nicht vor. Weder lassen sich die Gesundheitsstörungen des Klägers als schwere spezifische Behinderung wie etwa eine - ggf. funktionale - Einarmigkeit einordnen, noch besteht beim Kläger eine Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen. Zu der Beschränkung auf körperlich leichte Tätigkeiten treten in erster Linie Beschränkungen hinsichtlich der nervlichen Belastung hinzu. Eine Vielzahl von Arbeitsplätzen - z.B. im Bürobereich - können in Tagschicht ohne besonderen Zeitdruck wie Akkordarbeit und überwiegend im Sitzen verrichtet werden. Die dem Kläger bei Beachtung der eingeschränkten Arbeitsbedingungen verbleibenden Tätigkeitsbereiche sind nach wie vor hinreichend breit gestreut, so dass die Beklagte keine konkreten Tätigkeiten aufzählen muss, auf die der Kläger zu verweisen wäre. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang auch, dass ungewöhnliche Arbeitsbedingungen, wie etwa außergewöhnliche Pausen, von den ärztlichen Sachverständigen nicht als notwendig angesehen werden.

Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats auch in der Lage, einen evtl. Arbeitsplatz zu erreichen. In der Vergangenheit wurden seitens der Gerichtsgutachter stets die erforderliche Gehfähigkeit und die Möglichkeit der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln bejaht. Daran ändert auch die mittlerweile im Schwerbehindertenverfahren erfolgte Zuerkennung des Merkzeichens G unmittelbar nichts, da die Anforderungen für dieses Merkzeichen und die im Rentenrecht beschriebene Wegefähigkeit von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen. Ob - wegen des Hinweises des Prof.Dr.G. - trotz der Einwände des Klägers eine weitere Untersuchung zur Ermittlung der Gehstrecke hätte angeordnet werden können, kann dahinstehen, weil ein entsprechender Ermittlungsbedarf nicht besteht, nachdem der Kläger die geforderte Wegefähigkeit jedenfalls unter Einsatz eines PKW erfüllen kann. Hierauf haben die Gutachter verschiedentlich hingewiesen und die tatsächlichen Abläufe während des Rentenverfahrens haben immer wieder bestätigt, dass der Kläger nach wie vor einen PKW benutzt. Selbst im aktuellen Attest, das eine noch stärkere Einschränkung der Gehfähigkeit - vergleichbar dem Merkzeichen aG - angibt, wird darauf Bezug genommen, dass die Nutzung von Behindertenparkplätzen angestrebt wird, was unmittelbar mit der Nutzung eines PKW verknüpft ist.

Ohne Bedeutung für die Frage der Rentengewährung ist eine evtl. Unvermittelbarkeit des Klägers, die im Zusammenhang mit der Arbeitsmarktlage (§ 43 Abs. 3 2. Halbs. SGB VI) steht. Es kommt also nicht darauf an, ob es in der Nähe des Wohnortes des Klägers derartige medizinisch geeignete Arbeitsplätze gibt oder ob dem Kläger solche Vermittlungsangebote in jüngerer Zeit gemacht worden sind oder nicht. Bedeutsam ist allein, dass es - wie ausgeführt - noch medizinisch zumutbare Arbeitsplätze für den Kläger gibt und er nicht durch ein Fehlen der Wegefähigkeit gehindert ist, einen solchen Arbeitsplatz zu erreichen.

Die weitergehenden medizinischen Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI fordern, dass ein Versicherter nicht einmal mindestens 3 Stunden täglich einsatzfähig ist; diese Voraussetzungen hat der Kläger nach dem Vorstehenden erst recht nicht erfüllt.

Weil beim Kläger noch ein mindestens 6-stündiges Einsatzvermögen besteht, sind weder die Voraussetzungen für volle, noch für teilweise Erwerbsminderung erfüllt und die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs 1 und 2 SGB VI kommt daher nicht in Betracht.

Der Kläger gehört nicht zu dem von § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI erfassten Personenkreis, weil er nach dem 01.01.1961 geboren ist. Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ist daher ausgeschlossen. Ob der Kläger noch seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit weiter ohne zeitliche Einschränkung (bzw. zumindest mehr als 6 Stunden täglich) ausüben könnte oder nicht, ist für die vorliegende Entscheidung daher ebenso ohne Belang, wie die Frage nach dem Weiternutzen bisheriger beruflicher Kenntnisse in einer bestimmten Verweisungstätigkeit.

Die erstinstanzliche Entscheidung war somit nicht zu beanstanden und die Berufung war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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