Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
4
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 6 VE 11/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 VE 5/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 67/12 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 13. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die beklagte Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist, dem Kläger als ehemaligen Soldaten auf Zeit der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR Leistungen in Form von medizinischer Behandlung, Heil- und Hilfsmitteln, rehabilitierenden, kurativen und berufsfördernden Leistungen einschließlich etwaiger Zuzahlungen zu erbringen.
Der 1964 geborene Kläger leistete bei der NVA vom 2. November 1984 bis zum 13. Juni 1987 Wehrdienst als Unteroffizier auf Zeit. Während seiner Dienstzeit erlitt er zehn Tage nach einer stationären Behandlung eine Hautpilzerkrankung, eine Follikulitis und von der Operation analer Feigwarzen eine Becken-Bein-Venenthrombose im linken Bein, infolge dessen der Kläger nunmehr an einem postthrombotischen Syndrom ersten bis zweiten Grades leidet. Die Beklagte bewilligte dem Kläger deshalb ab dem 1. März 1995 eine Dienstbeschädigtenteilrente nach einem festgestellten Körperschaden von 20 % (Bescheid vom 20. Februar 1995). Anstelle dieser zum 31. Dezember 1996 weggefallenen Leistung gewährt der Beklagte dem Kläger seit dem 1. Januar 1997 im Wege der Besitzstandswahrung einen seitdem nach Maßgabe der Verordnungen zur Anpassung des Bemessungsbetrages und von Geldleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (KOV-Anpassungsverordnungen) fortlaufend dynamisierten Dienstbeschädigungsausgleich in Höhe von aktuell rund 119,00 Euro.
Aufgrund einer telefonischen Anfrage des Klägers vom 29. Oktober 2003 wegen der Erstattung der Praxisgebühr von 10,00 Euro sowie einer schriftlichen Anfrage vom 9. November 2003 hinsichtlich der Auswirkungen der Gesundheitsreform teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 14. April 2004 mit, die Finanzierung von Rehabilitations- bzw. Sachleistungen für ehemalige Zeit- und Berufssoldaten der NVA sei selbst bei anerkannten Dienstbeschädigungen ausgeschlossen. Der Kläger habe Anspruch auf eine Versorgung nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V), auch wenn es sich um Folgen einer Dienstbeschädigung handele. Die Mehraufwendungen würden zudem durch den gewährten Dienstbeschädigungsausgleich ausgeglichen.
Mit Schreiben vom 26. April 2005 beantragte der Kläger die "Überprüfung des Bescheides vom 14. April 2004" und die Kostenübernahme von Zuzahlungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Heilmittel, medizinische Behandlungen, rehabilitierende, kurative und berufsfördernde Leistungen. Wäre er als Soldat im Grundwehrdienst in der ehemaligen DDR geschädigt worden, würde der Schaden wie ein Arbeitsunfall entschädigt und er erhielte die entsprechenden Leistungen zuzahlungsfrei von der zuständigen Berufsgenossenschaft. Als Wehrdienstleistender der Bundesrepublik Deutschland würde er die Leistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) bzw. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) erhalten. Damit sei der Gleichheitssatz verletzt, da er im Vergleich zu anderen Personengruppen willkürlich ungleich behandelt werde.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er übernehme keine Kosten für medizinische Behandlungen, Heil- und Hilfsmittel, rehabilitierende, kurative und berufsfördernde Leistungen. Den Widerspruch des Klägers vom 1. August 2005 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2005 zurück. Mit dem Versorgungssystem der NVA würden nur Rentenleistungen getragen, die Finanzierung von Sachleistungen und Behandlungen aus der Kranken- und Unfallversicherung sei dagegen ausgeschlossen. Nach §§ 8, 11 Abs. 1 der Sozialversicherungsordnung der ehemaligen DDR sei Angehörigen von Sonderversorgungssystemen Sachleistungen der Sozialversicherung zu gewähren gewesen. Nur während der Zeit des Wehrdienstes hätten die Soldaten der NVA Anspruch auf freie Heilfürsorge sowie auf Sachleistungen nach der Sozialversicherungsordnung gehabt, nicht aber über den Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses hinaus. Insofern sei für die klägerischen Belange die Krankenkasse zuständig. Für den verbleibenden Eigenanteil oder Restkosten sei die Bundesrepublik Deutschland weder zuständig noch gebe es eine rechtliche Grundlage. Mit dem Dienstbeschädigungsausgleich solle gerade ein Ersatz für die Mehraufwendungen, einschließlich sonstiger immaterieller Einbußen und Unannehmlichkeiten infolge des erlittenen Körper- oder Gesundheitsschadens geleistet werden.
Der Kläger hat am 21. Oktober 2005 Klage zum Sozialgericht Fulda erhoben, welches nachdem das Verfahren u. a. im Hinblick auf ein von dem Kläger wegen des gleichen Streitgegenstands gegen die Unfallkasse des Bundes vor dem Sozialgericht Fulda geführtes Verfahren zwischenzeitlich geruht hat – mit Urteil vom 13. Februar 2012 die Klage abgewiesen hat. Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig, jedoch in der Sache unbegründet. Der Kläger habe mangels einer einschlägigen Rechtsgrundlage keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen. Die Ordnung Nr. 005/9/003 des Ministers für Nationale Verteidigung über die soziale Versorgung der Angehörigen der Nationalen Volksarmee (VSO-NVA) scheide als Anspruchsgrundlage bereits deshalb aus, weil sie nach Maßgabe von Anlage II zum Einigungsvertrag (Kapitel VIII, Sachgebiet H, Abschnitt III, Nr. 9 lit. a) und e)) zum 31. Dezember 1991 außer Kraft getreten sei. Im Übrigen hätten auch nach der VSO-NVA Armeeangehörige nur während der Dauer des aktiven Wehrdienstes Ansprüche auf Sach- oder Geldleistungen gehabt. Nach dem Ausscheiden sei die Sozialversicherungsordnung der Arbeiter und Angestellten der DDR einschlägig gewesen. Auch das Dienstbeschädigungsausgleichsgesetz (Art. 3 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes vom 11. November 1996) komme als Rechtsgrundlage nicht in Betracht. Dieses Gesetz regele abschließend die Ansprüche von Personen, die einem Sonderversorgungssystem der DDR angehört und einen vor der Schließung des Systems verursachten Körper- oder Gesundheitsschaden erlitten hätten. Danach werde eine Geldrente gewährt, nicht aber Kosten für eine medizinische Behandlung oder Heil- und Hilfsmittel aufgrund von erlittenen Dienstbeschädigungen übernommen. Beschädigtenversorgung nach §§ 80 ff. SVG scheide aus, weil der Kläger die gesundheitliche Schädigung nicht während bzw. infolge des aktiven Wehrdienstes in der Bundeswehr erlitten habe. Der Einigungsvertrag (Anlage I Kap XIX B III Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet B - Recht der Soldaten Abschnitt III) schließe eine Anwendung des SVG für ehemalige Soldaten der NVA aus. Der Kläger sei zum Zeitpunkt des Beitritts nicht mehr bei der NVA gewesen, so dass sein Soldatenverhältnis nicht auf die Bundeswehr übergegangen sei. Aber selbst wenn er zur Bundeswehr gehört hätte, würde er nur Leistungen für schädigende Ereignisse in der Zeit nach dem Beitritt der DDR erhalten. Der Dienstunfall des Klägers sei indes schon vorher eingetreten. Es verstoße nicht gegen das Grundgesetz, wenn ehemalige Soldaten der NVA keine Versorgung wie ehemalige Soldaten der Bundeswehr erhielten (Hinweis auf BSG, Urteil vom 18. Juni 1996, 9 RV 13/95). Das BVG könne nicht angewendet werden, da hierfür eine gesundheitliche Schädigung während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes vor 1945 Voraussetzung sei. Der Kläger sei auch nicht als Vertriebener anzusehen. Für eine analoge Anwendung fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke des Gesetzgebers. Eine Verletzung von Art. 3 Grundgesetz (GG) liege nicht vor, da der Kläger als Zeitsoldat nicht mit Grundwehrdienstleistenden vergleichbar sei, sowohl im Hinblick auf die NVA als auch auf die Bundeswehr. Denn im Unterschied zu Wehrdienstleistenden habe sich der Kläger als Zeitsoldat zu einer längeren Zugehörigkeit freiwillig entschieden. Grundwehrdienstleistende erhielten auch eine niedrigere Besoldung als Soldaten auf Zeit. Insofern seien die Rechte und Pflichten beider Personengruppen unterschiedlich. Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit den Zeit- und Berufssoldaten der Bundeswehr sei ebenfalls nicht gegeben. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Zeit- und Berufssoldaten von ihrem Status her Berufsbeamten vergleichbar seien, beruhten ihre Ansprüche auch auf dem Alimentationsprinzip und den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 5 GG. Die DDR habe sich von dem Berufsbeamtentum aber aus ideologischen Gründen abgewendet. Die Zeit- und Berufssoldaten in einem aktiven Wehrdienstverhältnis erhielten eine unentgeltliche truppenärztliche Versorgung zur Erhaltung und Wiederherstellung der Dienst- und Einsatzfähigkeit. Insofern habe die Versorgung aktiver Bundeswehrsoldaten eine andere Zielsetzung. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei der Überführung der Leistungsansprüche in Bundesrecht einen besonders weiten Gestaltungsspielraum gehabt habe. Der Ausschluss der Leistungen habe an die rechtlichen Gegebenheiten im Beitrittsgebiet angeknüpft. In der ehemaligen DDR habe es in der VSO-NVA keine Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Sachleistungen gegeben, soweit der Zeit- oder Berufssoldat aus dem aktiven Wehrdienst ausgeschieden war; Sachleistungen seien grundsätzlich nur im Rahmen der Sozialversicherung erbracht worden. Dies sei weiterhin der Fall, da der Kläger gegenüber seiner Krankenkasse einen Anspruch auf Versorgung mit Sachleistungen habe.
Gegen das am 27. Februar 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. März 2012 Berufung eingelegt.
Er meint, der Dienstbeschädigungsausgleich sei eine Wiedergutmachung für den erlittenen Körperschaden. Der Aussage der Beklagten, dieser sei ein Ausgleich für Mehraufwendungen infolge der Dienstbeschädigung, widerspreche er entschieden. Vielmehr seien diese Mehraufwendungen zusätzlich vom Verursacher bzw. dessen Rechtsnachfolger zu zahlen. Die vorgenommene Unterscheidung zwischen ehemaligen Soldaten der NVA, Zeit- und Berufssoldaten der Bundeswehr und Soldaten der Wehrmacht sei rassistisch und verstoße gegen Art. 3 GG.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 13. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. September 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm aufgrund seiner erlittenen Dienstbeschädigung medizinische Behandlungen, Heil- und Hilfsmittel, rehabilitierende, kurative und berufsfördernde Leistungen einschließlich einer etwaigen Zuzahlung zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen. Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch die Berufsrichter des Senats ohne mündliche Verhandlung gehört worden.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann über die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat eingehend dargelegt, dass es für das Begehren des Klägers, von Seiten des Beklagten Leistungen in Form von medizinischen Behandlungen, Heil- und Hilfsmitteln, rehabilitierenden, kurativen und berufsfördernden Leistungen einschließlich etwaiger Zuzahlungen zu erhalten, keine Rechtsgrundlage gibt. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug und sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der von dem Kläger geltend gemachte Verstoß dieses Rechtszustandes gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt, sondern nur eine solche, für die sich kein sachlicher Grund finden lässt. Das Grundrecht ist nur verletzt, wenn der Gesetzgeber bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 99, 367, 388; 102, 41, 54; st. Rsprg.).
Der Kläger fühlt sich im Verhältnis zu Zeit- und Berufssoldaten der Bundeswehr, die eine Wehrdienstbeschädigung erlitten haben, ungleich behandelt, weil diese nach der Beendigung des Wehrdienstverhältnisses Leistungen nach dem SVG erhalten. Der Gesetzgeber war jedoch nicht verpflichtet, ehemalige Zeitsoldaten der NVA in vollen Umfang ehemaligen Bundeswehrsoldaten gleichzustellen. Das Sozialgericht hat hierzu unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 18. Juni 1996, 9 RV 13/95 = SozR 3-8110 Kap XIX B III Nr. 5 Nr. 1) zutreffend auf die Unterschiede zwischen dem beamtenrechtlich ausgestalteten Status der Bundeswehrsoldaten und dem davon abweichenden Status der ehemaligen NVA-Soldaten hingewiesen. Zudem konnte der Gesetzgeber bei der im Zuge der Wiedervereinigung zu beantwortenden Frage nach der Versorgung ehemaliger NVA-Soldaten an die rechtliche Situation anknüpfen, die er im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorfand. Nach der VSO-NVA hatte der Kläger aber selbst zu DDR-Zeiten, nachdem er aus dem aktiven Wehrdienst ausgeschieden war, keinen Anspruch gegen den Dienstherrn auf Gewährung von Sachleistungen bei Krankheit; vielmehr erhielt er Sachleistungen nur im Rahmen der (allgemeinen) Sozialversicherungsordnung der Arbeiter und Angestellten der DDR. Der Kläger steht damit nach heutigem Recht nicht schlechter, da er sämtliche erforderlichen Leistungen zur Bewältigung von Krankheitsfolgen und zur Rehabilitation aus den gegliederten Sozialversicherungssystemen erhält, insbesondere ihm im Fall der Krankheit das umfassende Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung steht.
Soweit der Kläger weiter eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu früheren Wehrpflichtigen der DDR moniert, bei denen die Entschädigung für Dienstunfälle während der Wehrzeit auf die gesetzliche Unfallversicherung übergegangen ist, fehlt es ebenfalls an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte, wie das Sozialgericht überzeugend dargelegt hat. Dem Gesetzgeber war es verfassungsrechtlich nicht verwehrt, die Entschädigung für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten in die gesetzliche Unfallversicherung überzuleiten, bei den Dienstunfallentschädigungen der Sonderversorgungsberechtigten dagegen davon abzusehen. Das ist dem Kläger im Übrigen bereits in seinem Verfahren gegen die Unfallkasse des Bundes im rechtskräftigen – Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 24. August 2010 (S 4 U 112/09) unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. März 2009 (B 14 AS 15/08 R, juris Rdnr. 16) eingehend erläutert worden; der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung weiterer Wiederholungen Bezug.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die beklagte Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist, dem Kläger als ehemaligen Soldaten auf Zeit der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR Leistungen in Form von medizinischer Behandlung, Heil- und Hilfsmitteln, rehabilitierenden, kurativen und berufsfördernden Leistungen einschließlich etwaiger Zuzahlungen zu erbringen.
Der 1964 geborene Kläger leistete bei der NVA vom 2. November 1984 bis zum 13. Juni 1987 Wehrdienst als Unteroffizier auf Zeit. Während seiner Dienstzeit erlitt er zehn Tage nach einer stationären Behandlung eine Hautpilzerkrankung, eine Follikulitis und von der Operation analer Feigwarzen eine Becken-Bein-Venenthrombose im linken Bein, infolge dessen der Kläger nunmehr an einem postthrombotischen Syndrom ersten bis zweiten Grades leidet. Die Beklagte bewilligte dem Kläger deshalb ab dem 1. März 1995 eine Dienstbeschädigtenteilrente nach einem festgestellten Körperschaden von 20 % (Bescheid vom 20. Februar 1995). Anstelle dieser zum 31. Dezember 1996 weggefallenen Leistung gewährt der Beklagte dem Kläger seit dem 1. Januar 1997 im Wege der Besitzstandswahrung einen seitdem nach Maßgabe der Verordnungen zur Anpassung des Bemessungsbetrages und von Geldleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (KOV-Anpassungsverordnungen) fortlaufend dynamisierten Dienstbeschädigungsausgleich in Höhe von aktuell rund 119,00 Euro.
Aufgrund einer telefonischen Anfrage des Klägers vom 29. Oktober 2003 wegen der Erstattung der Praxisgebühr von 10,00 Euro sowie einer schriftlichen Anfrage vom 9. November 2003 hinsichtlich der Auswirkungen der Gesundheitsreform teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 14. April 2004 mit, die Finanzierung von Rehabilitations- bzw. Sachleistungen für ehemalige Zeit- und Berufssoldaten der NVA sei selbst bei anerkannten Dienstbeschädigungen ausgeschlossen. Der Kläger habe Anspruch auf eine Versorgung nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V), auch wenn es sich um Folgen einer Dienstbeschädigung handele. Die Mehraufwendungen würden zudem durch den gewährten Dienstbeschädigungsausgleich ausgeglichen.
Mit Schreiben vom 26. April 2005 beantragte der Kläger die "Überprüfung des Bescheides vom 14. April 2004" und die Kostenübernahme von Zuzahlungen für ärztlich verordnete Hilfsmittel, Heilmittel, medizinische Behandlungen, rehabilitierende, kurative und berufsfördernde Leistungen. Wäre er als Soldat im Grundwehrdienst in der ehemaligen DDR geschädigt worden, würde der Schaden wie ein Arbeitsunfall entschädigt und er erhielte die entsprechenden Leistungen zuzahlungsfrei von der zuständigen Berufsgenossenschaft. Als Wehrdienstleistender der Bundesrepublik Deutschland würde er die Leistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) bzw. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) erhalten. Damit sei der Gleichheitssatz verletzt, da er im Vergleich zu anderen Personengruppen willkürlich ungleich behandelt werde.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er übernehme keine Kosten für medizinische Behandlungen, Heil- und Hilfsmittel, rehabilitierende, kurative und berufsfördernde Leistungen. Den Widerspruch des Klägers vom 1. August 2005 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2005 zurück. Mit dem Versorgungssystem der NVA würden nur Rentenleistungen getragen, die Finanzierung von Sachleistungen und Behandlungen aus der Kranken- und Unfallversicherung sei dagegen ausgeschlossen. Nach §§ 8, 11 Abs. 1 der Sozialversicherungsordnung der ehemaligen DDR sei Angehörigen von Sonderversorgungssystemen Sachleistungen der Sozialversicherung zu gewähren gewesen. Nur während der Zeit des Wehrdienstes hätten die Soldaten der NVA Anspruch auf freie Heilfürsorge sowie auf Sachleistungen nach der Sozialversicherungsordnung gehabt, nicht aber über den Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses hinaus. Insofern sei für die klägerischen Belange die Krankenkasse zuständig. Für den verbleibenden Eigenanteil oder Restkosten sei die Bundesrepublik Deutschland weder zuständig noch gebe es eine rechtliche Grundlage. Mit dem Dienstbeschädigungsausgleich solle gerade ein Ersatz für die Mehraufwendungen, einschließlich sonstiger immaterieller Einbußen und Unannehmlichkeiten infolge des erlittenen Körper- oder Gesundheitsschadens geleistet werden.
Der Kläger hat am 21. Oktober 2005 Klage zum Sozialgericht Fulda erhoben, welches nachdem das Verfahren u. a. im Hinblick auf ein von dem Kläger wegen des gleichen Streitgegenstands gegen die Unfallkasse des Bundes vor dem Sozialgericht Fulda geführtes Verfahren zwischenzeitlich geruht hat – mit Urteil vom 13. Februar 2012 die Klage abgewiesen hat. Die Klage sei als Feststellungsklage zulässig, jedoch in der Sache unbegründet. Der Kläger habe mangels einer einschlägigen Rechtsgrundlage keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen. Die Ordnung Nr. 005/9/003 des Ministers für Nationale Verteidigung über die soziale Versorgung der Angehörigen der Nationalen Volksarmee (VSO-NVA) scheide als Anspruchsgrundlage bereits deshalb aus, weil sie nach Maßgabe von Anlage II zum Einigungsvertrag (Kapitel VIII, Sachgebiet H, Abschnitt III, Nr. 9 lit. a) und e)) zum 31. Dezember 1991 außer Kraft getreten sei. Im Übrigen hätten auch nach der VSO-NVA Armeeangehörige nur während der Dauer des aktiven Wehrdienstes Ansprüche auf Sach- oder Geldleistungen gehabt. Nach dem Ausscheiden sei die Sozialversicherungsordnung der Arbeiter und Angestellten der DDR einschlägig gewesen. Auch das Dienstbeschädigungsausgleichsgesetz (Art. 3 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes vom 11. November 1996) komme als Rechtsgrundlage nicht in Betracht. Dieses Gesetz regele abschließend die Ansprüche von Personen, die einem Sonderversorgungssystem der DDR angehört und einen vor der Schließung des Systems verursachten Körper- oder Gesundheitsschaden erlitten hätten. Danach werde eine Geldrente gewährt, nicht aber Kosten für eine medizinische Behandlung oder Heil- und Hilfsmittel aufgrund von erlittenen Dienstbeschädigungen übernommen. Beschädigtenversorgung nach §§ 80 ff. SVG scheide aus, weil der Kläger die gesundheitliche Schädigung nicht während bzw. infolge des aktiven Wehrdienstes in der Bundeswehr erlitten habe. Der Einigungsvertrag (Anlage I Kap XIX B III Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet B - Recht der Soldaten Abschnitt III) schließe eine Anwendung des SVG für ehemalige Soldaten der NVA aus. Der Kläger sei zum Zeitpunkt des Beitritts nicht mehr bei der NVA gewesen, so dass sein Soldatenverhältnis nicht auf die Bundeswehr übergegangen sei. Aber selbst wenn er zur Bundeswehr gehört hätte, würde er nur Leistungen für schädigende Ereignisse in der Zeit nach dem Beitritt der DDR erhalten. Der Dienstunfall des Klägers sei indes schon vorher eingetreten. Es verstoße nicht gegen das Grundgesetz, wenn ehemalige Soldaten der NVA keine Versorgung wie ehemalige Soldaten der Bundeswehr erhielten (Hinweis auf BSG, Urteil vom 18. Juni 1996, 9 RV 13/95). Das BVG könne nicht angewendet werden, da hierfür eine gesundheitliche Schädigung während der Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes vor 1945 Voraussetzung sei. Der Kläger sei auch nicht als Vertriebener anzusehen. Für eine analoge Anwendung fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke des Gesetzgebers. Eine Verletzung von Art. 3 Grundgesetz (GG) liege nicht vor, da der Kläger als Zeitsoldat nicht mit Grundwehrdienstleistenden vergleichbar sei, sowohl im Hinblick auf die NVA als auch auf die Bundeswehr. Denn im Unterschied zu Wehrdienstleistenden habe sich der Kläger als Zeitsoldat zu einer längeren Zugehörigkeit freiwillig entschieden. Grundwehrdienstleistende erhielten auch eine niedrigere Besoldung als Soldaten auf Zeit. Insofern seien die Rechte und Pflichten beider Personengruppen unterschiedlich. Eine Vergleichbarkeit des Klägers mit den Zeit- und Berufssoldaten der Bundeswehr sei ebenfalls nicht gegeben. Denn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Zeit- und Berufssoldaten von ihrem Status her Berufsbeamten vergleichbar seien, beruhten ihre Ansprüche auch auf dem Alimentationsprinzip und den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 5 GG. Die DDR habe sich von dem Berufsbeamtentum aber aus ideologischen Gründen abgewendet. Die Zeit- und Berufssoldaten in einem aktiven Wehrdienstverhältnis erhielten eine unentgeltliche truppenärztliche Versorgung zur Erhaltung und Wiederherstellung der Dienst- und Einsatzfähigkeit. Insofern habe die Versorgung aktiver Bundeswehrsoldaten eine andere Zielsetzung. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bei der Überführung der Leistungsansprüche in Bundesrecht einen besonders weiten Gestaltungsspielraum gehabt habe. Der Ausschluss der Leistungen habe an die rechtlichen Gegebenheiten im Beitrittsgebiet angeknüpft. In der ehemaligen DDR habe es in der VSO-NVA keine Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Sachleistungen gegeben, soweit der Zeit- oder Berufssoldat aus dem aktiven Wehrdienst ausgeschieden war; Sachleistungen seien grundsätzlich nur im Rahmen der Sozialversicherung erbracht worden. Dies sei weiterhin der Fall, da der Kläger gegenüber seiner Krankenkasse einen Anspruch auf Versorgung mit Sachleistungen habe.
Gegen das am 27. Februar 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. März 2012 Berufung eingelegt.
Er meint, der Dienstbeschädigungsausgleich sei eine Wiedergutmachung für den erlittenen Körperschaden. Der Aussage der Beklagten, dieser sei ein Ausgleich für Mehraufwendungen infolge der Dienstbeschädigung, widerspreche er entschieden. Vielmehr seien diese Mehraufwendungen zusätzlich vom Verursacher bzw. dessen Rechtsnachfolger zu zahlen. Die vorgenommene Unterscheidung zwischen ehemaligen Soldaten der NVA, Zeit- und Berufssoldaten der Bundeswehr und Soldaten der Wehrmacht sei rassistisch und verstoße gegen Art. 3 GG.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 13. Februar 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. September 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm aufgrund seiner erlittenen Dienstbeschädigung medizinische Behandlungen, Heil- und Hilfsmittel, rehabilitierende, kurative und berufsfördernde Leistungen einschließlich einer etwaigen Zuzahlung zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen. Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch die Berufsrichter des Senats ohne mündliche Verhandlung gehört worden.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann über die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat eingehend dargelegt, dass es für das Begehren des Klägers, von Seiten des Beklagten Leistungen in Form von medizinischen Behandlungen, Heil- und Hilfsmitteln, rehabilitierenden, kurativen und berufsfördernden Leistungen einschließlich etwaiger Zuzahlungen zu erhalten, keine Rechtsgrundlage gibt. Der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug und sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der von dem Kläger geltend gemachte Verstoß dieses Rechtszustandes gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt, sondern nur eine solche, für die sich kein sachlicher Grund finden lässt. Das Grundrecht ist nur verletzt, wenn der Gesetzgeber bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 99, 367, 388; 102, 41, 54; st. Rsprg.).
Der Kläger fühlt sich im Verhältnis zu Zeit- und Berufssoldaten der Bundeswehr, die eine Wehrdienstbeschädigung erlitten haben, ungleich behandelt, weil diese nach der Beendigung des Wehrdienstverhältnisses Leistungen nach dem SVG erhalten. Der Gesetzgeber war jedoch nicht verpflichtet, ehemalige Zeitsoldaten der NVA in vollen Umfang ehemaligen Bundeswehrsoldaten gleichzustellen. Das Sozialgericht hat hierzu unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 18. Juni 1996, 9 RV 13/95 = SozR 3-8110 Kap XIX B III Nr. 5 Nr. 1) zutreffend auf die Unterschiede zwischen dem beamtenrechtlich ausgestalteten Status der Bundeswehrsoldaten und dem davon abweichenden Status der ehemaligen NVA-Soldaten hingewiesen. Zudem konnte der Gesetzgeber bei der im Zuge der Wiedervereinigung zu beantwortenden Frage nach der Versorgung ehemaliger NVA-Soldaten an die rechtliche Situation anknüpfen, die er im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorfand. Nach der VSO-NVA hatte der Kläger aber selbst zu DDR-Zeiten, nachdem er aus dem aktiven Wehrdienst ausgeschieden war, keinen Anspruch gegen den Dienstherrn auf Gewährung von Sachleistungen bei Krankheit; vielmehr erhielt er Sachleistungen nur im Rahmen der (allgemeinen) Sozialversicherungsordnung der Arbeiter und Angestellten der DDR. Der Kläger steht damit nach heutigem Recht nicht schlechter, da er sämtliche erforderlichen Leistungen zur Bewältigung von Krankheitsfolgen und zur Rehabilitation aus den gegliederten Sozialversicherungssystemen erhält, insbesondere ihm im Fall der Krankheit das umfassende Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung steht.
Soweit der Kläger weiter eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu früheren Wehrpflichtigen der DDR moniert, bei denen die Entschädigung für Dienstunfälle während der Wehrzeit auf die gesetzliche Unfallversicherung übergegangen ist, fehlt es ebenfalls an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte, wie das Sozialgericht überzeugend dargelegt hat. Dem Gesetzgeber war es verfassungsrechtlich nicht verwehrt, die Entschädigung für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten in die gesetzliche Unfallversicherung überzuleiten, bei den Dienstunfallentschädigungen der Sonderversorgungsberechtigten dagegen davon abzusehen. Das ist dem Kläger im Übrigen bereits in seinem Verfahren gegen die Unfallkasse des Bundes im rechtskräftigen – Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 24. August 2010 (S 4 U 112/09) unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. März 2009 (B 14 AS 15/08 R, juris Rdnr. 16) eingehend erläutert worden; der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung weiterer Wiederholungen Bezug.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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