Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 22 EG 1/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 EG 2/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 20. Januar 2010 sowie der Bescheid des Beklagten vom 21. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2006 aufgehoben.
II. Der Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten in beiden Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Erziehungsgeld bzw. die Rechtmäßigkeit der Versagung von Erziehungsgeld wegen mangelnder Mitwirkung streitig.
Die 1976 geborene Klägerin ist serbische und montenegrinische Staatsangehörige. Sie stellte am 11. Oktober 2004 Antrag auf Erziehungsgeld für den 1. bis 12. Lebensmonat ihres 2004 geborenen Kindes D., dessen Vater der Zeuge E. ist. Dabei gab die Klägerin an, sie sei ledig, eine eheähnliche Gemeinschaft mit dem leiblichen Vater des Kindes bestehe nicht. Ergänzend legte die Klägerin eine Geburtsbescheinigung der Stadt F. vom 20. September 2004 und im weiteren Verlauf die Urkunde über die Anerkennung der Vaterschaft des Standesamtes F. vom 27. August 2004 sowie eine Unterhaltsvereinbarung zwischen der Klägerin und dem Zeugen vom 1. September 2004 vor. Mit der Vereinbarung hatte sich der Zeuge E. verpflichtet, monatlich 1.000,00 EUR als Unterhalt für die Klägerin, das Kind D. sowie das weitere, bereits 1999 geborene gemeinsame Kind G. zu zahlen.
Mit Schreiben vom 23. November 2004 teilte der Beklagte der Klägerin mit, aus der Vaterschaftsanerkennung gehe hervor, dass sie mit dem Kindsvater in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebe, weshalb für die weitere Bearbeitung der letzte Einkommensteuerbescheid von ihr und dem Partner benötigt werde. Ebenso seien Ergänzungen im Antragsformular bzw. Einkommensfragebogen erforderlich. Mit weiterem Schreiben vom 20. Dezember 2004 erinnerte der Beklagte an die Erledigung und bat um Beantwortung bis zum 10. Januar 2005. Zugleich wies der Beklagte die Klägerin auf ihre Mitwirkungspflichten gemäß § 60 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil – (SGB I) sowie auf die Möglichkeit der Versagung der Leistung nach § 66 SGB I hin. Die Klägerin fragte mit Schreiben vom 9. Februar 2005 nach dem Sachstand und teilte weiter mit, sie widerspreche der Vermutung, dass sie mit dem Vater des Kindes in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebe. Dieser lebe seit 2001 in einer eigenen Wohnung. Der Beklagte holte daraufhin Auskünfte aus dem Melderegister ein. Danach waren die Klägerin, das Kind D. und der Zeuge E. mit Wohnung in der FX-Straße in F. gemeldet. Für den Zeugen wurde als Nebenwohnung der HX-Straße in F. mit Einzug vom 1. März 2001 angegeben. Mit Schreiben vom 10. März 2005 erläuterte der Beklagte der Klägerin die Voraussetzungen einer eheähnlichen Gemeinschaft und vertrat die Auffassung, der Beweis des ersten Anscheins spreche hier für das Bestehen einer solchen Gemeinschaft. Das Kind trage den Namen des Vaters und die Personensorge werde gemeinsam ausgeübt. Darüber hinaus sei D. das zweite gemeinsame Kind. Es komme deshalb auf die Partnereinkünfte an. Sofern die Klägerin ihrer bestehenden Mitwirkungspflicht nicht bis zum 31. März 2005 nachkomme, verbleibe nur die Möglichkeit der Versagung der Leistung gemäß § 66 SGB I. Im Übrigen könne gegen den Zeugen E. im Falle der Weigerung, entsprechende Angaben zu machen bzw. Unterlagen vorzulegen, im Wege der Bußgeldandrohung und -erhebung vorgegangen werden.
Nachdem die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigten die Antragsformulare erneut ohne die erbetenen weiteren Angaben vorgelegt und darauf verwiesen hatte, zwischen ihr und dem Zeugen E. bestehe weder eine innere noch äußere Bindung und damit auch keine eheähnliche Gemeinschaft, die Geburt des Kindes D. resultiere aus einem kurzzeitigen Versöhnungsversuch und nicht aus einer festen Beziehung, auf die Einkommensverhältnisse des Zeugen komme es damit nicht an, lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 21. April 2005 den Antrag gestützt auf § 66 SGB I ab. Zur Begründung führte er aus, es sei weiter davon auszugehen, dass die Klägerin mit dem Zeugen E. in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe. Soweit es deshalb auf das Einkommen des Zeugen ankomme, sei die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und hierdurch sei die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert worden. Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung von Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr des Kindes vorliegen würden. Die Leistung müsse deshalb für diese Zeit in vollem Umfang versagt werden.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch am 13. Mai 2005 und machte erneut geltend, es bestehe keine eheähnliche Gemeinschaft. Ergänzend legte sie eine eidesstattliche Versicherung des Zeugen E. vom 13. Juni 2005 vor. Er führte darin aus, er habe mit der Klägerin keine Beziehung und lebe mit ihr auch nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Der Kontakt mit der Klägerin bestehe nur wegen der Kinder. Soweit der Hauptwohnsitz in der FX-Straße sei, beruhe dies darauf, dass er derzeit noch die Miete für die Wohnung zahle und seine Kinder dort wohnen würden. Er wohne im HX-Straße, dies sei sein Lebensmittelpunkt. Weiter legte die Klägerin ein Schreiben des Jugendamtes der Stadt F. an den Zeugen E. vom 18. Mai 2005 vor, mit dem dieser aufgefordert wurde, für den Sohn D. 229,00 EUR Unterhalt monatlich zu erbringen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er hielt unter Verweis auf § 6 Abs. 3 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) an seiner Auffassung fest, dass zwischen der Klägerin und dem Zeugen E. eine eheähnliche Lebensgemeinschaft bestehe und deshalb dessen Einkommen zu berücksichtigen sei. D. sei bereits das zweite gemeinsame Kind, obwohl die Klägerin nach ihren eigenen Angaben bereits seit 2001 von dem Zeugen getrennt lebe. D. trage auch den Nachnamen des Vaters und die Personensorge werde gemeinsam ausgeübt. Obwohl laut Auskunft des Jugendamtes der Zeuge E. nur zur Zahlung von 229,00 EUR verpflichtet wäre, zahle er freiwillig 1.000,00 EUR sowie die Miete für die bis zum 1. September 2005 gemeinsame Wohnung, aus der er selbst in eine kleinere Wohnung umgezogen sei. Weitere Nachweise bzw. Unterlagen, die das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft widerlegen könnten, habe die Klägerin nicht vorgelegt. Insbesondere durch das Fehlen einer verbindlichen Unterhaltsverpflichtung bzw. eines Antrages auf Unterhaltsvorschuss und die weiterhin fehlenden Angaben zu den Einkommensverhältnissen des Zeugen komme eine andere Entscheidung nicht in Betracht.
Dagegen erhob die Klägerin Klage am 29. Juni 2006 zum Sozialgericht Würzburg und begehrte Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr des Kindes D. Sie trug vor, sie habe mit dem Zeugen E. nur noch wegen der Kinder Kontakt. Der Unterhalt sei zunächst aufgrund einer Vereinbarung geregelt gewesen. Mit Schreiben der Stadt F. vom 18. Mai 2005 sei der Kindsvater sogar zur Zahlung von Kindesunterhalt aufgefordert worden. Sie habe zum Zeitpunkt der Antragstellung in der FX-Straße gewohnt, der Kindsvater im HX-Straße. All dies zeige, dass keine eheähnliche Gemeinschaft vorgelegen habe. Dies werde durch ihren Umzug nach J. nochmals verdeutlicht. Für den 13. bis 24. Lebensmonat des Kindes sei ihr im Übrigen Erziehungsgeld gewährt worden.
Demgegenüber trug der Beklagte vor, es bestehe offensichtlich eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen der Klägerin und dem Kindsvater, da dieser mindestens seit 2001 die Mietkosten übernehme und zusätzlich monatlich 1.000,00 EUR für den Unterhalt der Klägerin aufbringe. Da nach der angeblichen Trennung im Jahr 2001 noch ein zweites Kind im Jahr 2004 geboren worden sei, könne auch von inneren Bindungen der Partner ausgegangen werden. Dabei sei es nicht zwingend erforderlich, dass ein gemeinsamer Wohnsitz vorliege.
Durch Beschluss vom 4. Dezember 2006 hat das Sozialgericht Würzburg den Rechtsstreit an das Sozialgericht Frankfurt am Main verwiesen. Das Sozialgericht hat im Termin vom 20. Januar 2010 den Kindsvater E. als Zeugen vernommen und sodann durch Urteil vom selben Tag die Klage mit der Begründung abgewiesen, vorliegend sei die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht in Gestalt der Vorlage der Einkommensnachweise des Zeugen nicht nachgekommen. Sofern die Eltern in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebten, sei auch das Einkommen des Partners zu berücksichtigen. Das Sozialgericht sei zu der Überzeugung gelangt, dass zwischen der Klägerin und dem Zeugen vor und nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes D. eine eheähnliche Gemeinschaft bestanden habe. Diese setze nach der Rechsprechung des Bundesverfassungsgerichts voraus, dass Partner in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebten, dass bei verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen sei, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Erforderlich sei eine auf Dauer angelegte partnerschaftliche Lebensgemeinschaft, die daneben keine weiteren Lebensgemeinschaften gleicher Art zulasse und sich durch innere Bindungen auszeichne, die ein gegenseitiges Einstehen der Paare füreinander begründeten, also über eine reine Wohn- bzw. Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgingen. Nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so sehr füreinander verantwortlich fühlten, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwendeten, sie insbesondere gegenseitig in den Not- und Wechselfällen des Lebens füreinander einstehen würden, sei ihre Lage mit derjenigen nicht dauernd getrennt lebender Ehegatten vergleichbar. Kriterien hierfür seien insbesondere Dauerhaftigkeit und Kontinuität der Beziehung, die gemeinsame Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt, die Intensität der Bekanntschaft vor Begründung der Wohngemeinschaft und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen. Entscheidend komme es auf das Gesamtbild der feststellbaren Indizien an. Davon ausgehend habe zur Überzeugung des Gerichts im Jahr 2004 zwischen der Klägerin und dem Zeugen E. eine Wohn-, Wirtschafts- und Einstandsgemeinschaft bestanden. Zunächst seien die Angaben zur tatsächlichen Wohnsituation widersprüchlich. So seien zur Anzahl der Schlafzimmer wie auch zum Vorhandensein eines Festnetztelefons und der Anschaffung der Möbel unterschiedliche Angaben gemacht worden. Weiter seien die Ausführungen der Klägerin zum Zeitpunkt des Auszuges des Zeugen nicht eindeutig. Insgesamt könnten die Angaben der Klägerin nicht als schlüssig und nachvollziehbar angesehen werden und das Gericht sei der Überzeugung, dass zwischen der Klägerin und dem Zeugen im maßgeblichen Zeitraum eine Wohngemeinschaft bestanden habe. Ebenso habe eine Wirtschaftsgemeinschaft bestanden, denn diese hätten für sich und ihre Kinder gemeinsam gewirtschaftet, indem sie im Wesentlichen den Einkauf von Nahrungsmitteln und die Organisation des Haushaltes gemeinsam übernommen hätten und eine Trennung der Ausgaben nicht erfolgt sei. Letztlich stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin und der Zeuge auch eine Einstandsgemeinschaft bildeten. Dies folge zunächst aus dem Umstand, dass sie zwei gemeinsame Kinder miteinander hätten und die Eltern sich bereits seit 1995/96 kennen würden. Auch hätten sie längerfristig in der gemeinsamen Wohnung in der FX-Straße gelebt. Trotz fehlender gemeinsamer Konten habe der Zeuge über eine Lebensversicherung verfügt, für die die Klägerin bis 2006 als Begünstigte geführt worden sei. Im Ergebnis, insbesondere unter Berücksichtigung von Dauer und Kontinuität der Beziehung, des Umstandes der gemeinsamen Versorgung beider Kinder sowie der gemeinsamen Wohnung sei davon auszugehen, dass die Klägerin und der Zeuge bereit gewesen seien, gegenseitig in den Not- und Wechselfällen des Lebens füreinander einzustehen. Dies führe zur Anwendung der Vorschrift des § 6 Abs. 3 BErzGG, wonach das Einkommen der berechtigten Personen und des Lebenspartners zu berücksichtigen sei. Weiter seien die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 SGB I erfüllt, weil ohne Vorlage der angeforderten Unterlagen die Aufklärung des Sachverhalts nicht nur erheblich erschwert, sondern unmöglich sei. Die Klägerin sei auch auf die möglichen Rechtsfolgen mit Schreiben vom 20. Dezember 2004 und 10. März 2005 unmissverständlich unter Setzung einer angemessenen Frist hingewiesen worden. Letztlich sei die Entscheidung des Beklagten, mangels weiterer Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung die Leistung zu versagen, ermessensfehlerfrei.
Gegen dieses der Klägerin am 1. Februar 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Februar 2010 vor dem Hessischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Sie trägt im Wesentlichen vor, die Beweisaufnahme habe keine eindeutigen Anhaltspunkte für eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen ihr und dem Zeugen E. ergeben, so dass die Wertung des Sozialgerichts nicht nachvollziehbar sei. So sei nicht einsichtig, warum die von dem Sozialgericht ausgeführten Widersprüche gerade für das Bestehen einer Wohngemeinschaft sprechen sollten. Eher wäre der gegenteilige Schluss anzunehmen. Eine Wirtschaftsgemeinschaft könne aufgrund der Beweisaufnahme ebenfalls nicht bejaht werden. So würden die Angaben des Zeugen gegen ein "Wirtschaften aus einem Topf" sprechen. Die Einkäufe seien nur teilweise gemeinsam bezahlt worden und weder sie noch der Zeuge hätten die Befugnis gehabt, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen zu verfügen. Ein gemeinsames Konto habe nicht bestanden. Aus dem bloßen Zusammenleben von Mann und Frau könne auch nicht auf das Vorliegen einer Einstandsgemeinschaft geschlossen werden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Zeuge über eine Lebensversicherung verfügt habe, deren Begünstigte sie, die Klägerin, bis 2006 gewesen sei. Dies sei der Tatsache geschuldet, dass hierdurch auch das gemeinsame Kind abgesichert gewesen sei. Weiter sei beachtlich, dass sowohl sie als auch der Zeuge sich zum fraglichen Zeitpunkt bzw. in der Folgezeit neuen Partnern zugewandt hätten. Prozessual sei zu beachten, dass die Existenz einer eheähnlichen Gemeinschaft als anspruchsausschließender Umstand im gerichtlichen Verfahren von der Verwaltung glaubhaft zu machen sei. Entsprechende Zweifel müssten sich zu ihren Gunsten auswirken. Im Übrigen scheide ein Verstoß gegen Mitwirkungspflichten bereits deshalb aus, weil die von dem Beklagten geforderte Mitwirkungshandlung gegen den Willen des Zeugen nicht erfüllbar gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Januar 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die nach seiner Auffassung zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung. Neue Gesichtspunkte würden sich aus dem Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren nicht ergeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.
Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht durch Urteil vom 20. Januar 2010 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 21. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2006, mit dem ein Anspruch auf Erziehungsgeld versagt worden ist, ist rechtswidrig. Der Beklagte hat bei seiner Entscheidung über die Versagung der Leistung aufgrund der mangelnden Mitwirkung der Klägerin das ihm eingeräumte Ermessen nicht in hinreichendem Maße ausgeübt. Nach § 66 Abs. 1 S. 1 SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen. Dies verlangt, dass die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, ferner, dass derjenige, der eine Sozialleistung erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folgen schriftlich hingewiesen worden ist und er seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist. Die Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 3 SGB I beinhalten, dass derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben hat, die für die Leistung erheblich sind, ferner Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen hat. Diese Mitwirkungspflichten werden gemäß § 65 Abs. 1 u. Abs. 3 SGB I begrenzt. Sie bestehen u.a. nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung steht, ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann. Nach § 66 Abs 1 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise entziehen. Das Gesetz räumt den Verwaltungsträgern damit einen Ermessensspielraum ein, den die Gerichte zu beachten haben. Gemäß § 54 Abs 2 Satz 2 SGG haben sie zu prüfen, ob die Verwaltung die ihr durch das Verwaltungsverfahrensrecht auferlegte Verhaltenspflicht beachtet haben, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Im Einzelnen ist die Prüfung darauf zu richten, ob der Leistungsträger seiner Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (falls nein: Ermessensnichtgebrauch), ob er mit dem Ergebnis seiner Ermessensbetätigung, d.h. mit seiner Ermessensentscheidung, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, d.h. eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt (ggf: Ermessensüberschreitung) und ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Ermessensfehlgebrauch). Zur Ermessensausübung ist der Leistungsträger verfahrensrechtlich verpflichtet; insoweit steht ihm kein Entscheidungsspielraum zu. Die Ermessenserwägungen sind dem Betroffenen im Bescheid im Einzelnen darzulegen. Die Begründung muss ersehen lassen, welche Gesichtspunkte die Beklagte bei der Ausübung des Ermessens berücksichtigt und wie sie diese gewichtet hat (§ 35 Abs. 1 S. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X). Konkret erstreckt sich das Ermessen bei der Versagung darauf, ob der Leistungsträger überhaupt von der Möglichkeit der Versagung Gebrauch macht oder er die Leistung gleichwohl gewährt oder belässt, in welchem Umfang weitere Ermittlungen angestellt werden sollen (es sei denn, die leistungserheblichen Tatsachen sind von Amts wegen nicht ermittelbar), ob eine Nachfrist eingeräumt wird und ob die Leistung befristet oder ohne Fristbestimmung ganz oder teilweise entzogen wird. Der Leistungsträger muss dabei berücksichtigen, in welchem Umfang die Mitwirkung den Betroffenen belastet hätte, weshalb die Mitwirkung verweigert wurde und ob der Betroffene irrtümlich oder wider besseres Wissens seine Mitwirkungspflicht verletzt hat. Ein Bescheid, der nicht erkennen lässt, ob der Leistungsträger seinen Ermessensspielraum erkannt und sodann sein Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat, ist rechtswidrig, denn von einem Ermessensnichtgebrauch ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Leistungsträger von den ihm eingeräumten Ermessen ersichtlich keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. zu allem: Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. September 2009, L 6 AS 275/08; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2007, L 7 AS 1703/06; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. April 2007, L 28 B 295/07 AS ER).
Davon ausgehend lässt sich hier dem Bescheid vom 21. April 2005 nicht entnehmen, dass der Beklagte den ihm eingeräumten Ermessensspielraum erkannt und Ermessen ausgeübt hat. Der Bescheid enthält hierzu keinerlei Ausführungen. Am Ende der Begründung wird ausgeführt: "Die Leistung muss deshalb für diese Zeit in vollem Umfang versagt werden." Damit hat der Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass aus seiner Sicht bei einer Verletzung der Mitwirkungspflicht die Versagung der Leistung eine zwingende Folge ist. Vorangestellt war lediglich der Hinweis, nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Anspruchsvoraussetzungen für das Erziehungsgeld erfüllt seien. Für den Senat steht damit fest, dass der Beklagte von dem ihm eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht hat. Dies gilt gleichermaßen für den Widerspruchsbescheid. Hier finden sich Ausführungen zur eheähnlichen Lebensgemeinschaft und der Hinweis, aufgrund der weiterhin fehlenden Angaben zu den Einkommensverhältnissen des Ehemannes könne es zu keiner anderen Entscheidung kommen. Soweit das Sozialgericht im Hinblick auf die Ermessensausübung darauf abgestellt hat, dass weitere Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung nicht bestanden hätten, so dass die Versagung ermessensfehlerfrei sei, ist zwar zuzustimmen, dass - sofern leistungserhebliche Tatsachen von Amts wegen nicht ermittelbar sind - keine Erwägungen dazu anzustellen sind, in welchem Umfang weitere Ermittlungen getätigt werden sollen. Hierbei handelt es sich - wie ausgeführt - jedoch nicht um den alleinigen Gesichtspunkt im Rahmen der Ermessensprüfung. Darüber hinaus konnte der Beklagte auch nicht davon ausgehen, dass es keine weiteren Ermittlungsmöglichkeiten gibt, denn er selbst hat im Schreiben vom 10. März 2005 an die Klägerin darauf hingewiesen, es könne auch gegen den Zeugen - sofern sich dieser weigere, die geforderten Angaben zu machen bzw. Unterlagen vorzulegen - nach §§ 12 und 14 BErzGG (Bußgeldandrohung und -erhebung) vorgegangen werden. Eine solche Vorgehensweise setzt zwar voraus, dass zwischen dem Zeugen und der Klägerin eine eheähnliche Gemeinschaft besteht bzw. bestand. Hiervon ist aber der Beklagte ausgegangen, so dass es konsequent gewesen wäre, die geforderten Angaben unmittelbar von dem Zeugen anzufordern. Im Ergebnis ist bereits mangels Ermessensausübung der angefochtene Bescheid rechtswidrig und unterliegt deshalb der Kassation.
Angesichts des eindeutig gewonnenen Ergebnisses kann dahingestellt bleiben, ob sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auch daraus ergibt, dass für den Beklagten die Möglichkeit bestand, die erforderlichen Kenntnisse durch einen gegenüber der Klägerin geringeren Aufwand zu erlangen. Hierfür spricht zumindest die von dem Beklagten selbst aufgeworfene Vorgehensweise nach §§ 12 und 14 BErzGG.
Ebenso bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Erfüllung der Voraussetzungen des § 66 SGB I daran scheitert, dass die Klägerin nur einer Auskunftspflicht unterliegt, die sich auf Tatsachen erstreckt, die ihr selbst bekannt sind. Insofern hat das Bundessozialgericht bereits mit Urteil vom 10. März 1993 entschieden (14b/4 REg 1/91), dass nicht von dem Antragsteller bzw. Leistungsempfänger zu verlangen ist, Nachweise über Einkommensverhältnisse von einem privaten Dritten zu beschaffen und vorzulegen.
Für die erneute Prüfung des Antrags auf Erziehungsgeld wird der Beklagte sowohl im Hinblick auf einen geringeren eigenen Ermittlungsaufwand als auch die Zumutbarkeit der verlangten Mitwirkung zu beachten haben, dass die Klägerin mit dem Kindesvater keinen Kontakt mehr hat und nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgrund einer von ihm ausgehenden Bedrohung ihre Einwohnermeldedaten gesperrt sind. Angesichts dessen verbietet sich jedwede Heranziehung der Klägerin bei der Ermittlung eines Sachverhalts, der unmittelbar den Kindesvater betrifft, weshalb insofern auf seine Unterlagen zurückgegriffen werden muss.
War damit der angefochtene Bescheid aufzuheben, kommt darüber hinaus eine Verurteilung zur Leistungsgewährung nicht in Betracht, wie dies die Klägerin mit ihrem Berufungsschriftsatz noch begehrt, in der mündlichen Verhandlung jedoch nicht weiter verfolgt hat. Richtige Klageart ist im Falle einer Versagung einer Leistung nach § 66 SGB I nur die (isolierte) Anfechtungsklage und nicht die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG (vgl. eingehend: BSG, Urteile vom 24. November 1987, 3 RK 11/87 u. vom 25. Oktober 1988, 7 RAr 70/87; Kampe in: jurisPK-SGB I, § 66, Rn. 36). Die Versagung wegen fehlender Mitwirkung führt nur zur gerichtlichen Überprüfung der Ablehnungsvoraussetzungen im Sinne von § 66 SGB I, mangels einer Sachentscheidung der Verwaltung über das Leistungsbegehren jedoch noch nicht zu einer Prüfung der materiellrechtlichen Leistungsvoraussetzungen durch das Gericht. Die Anfechtungsklage als Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung hat zur Folge, dass nur die Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes in Betracht kommt (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG); eine darüber hinausgehende Verurteilung zu einer Leistung ist ausgeschlossen. Soweit in der Rechtsprechung eine Ausnahme von diesem Grundsatz aus Gründen der Prozessökonomie und des effektiven Rechtsschutzes dergestalt entwickelt worden ist, dass eine zusätzliche Klage auf Leistungsgewährung in Betracht kommt, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen zwischen den Beteiligten unstreitig ist oder vom Kläger behauptet wird bzw. wenn sich das Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (vgl. BSG vom 1. Juli 2009, B 4 AS 78/08 R m.w.N.), liegen die Voraussetzungen hier erkennbar nicht vor. Insofern hat die Klägerin die Entscheidungserheblichkeit der von dem Beklagten begehrten Informationen gerade bestritten mit der Begründung, eine eheähnliche Gemeinschaft habe während des streitigen Zeitraums nicht bestanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
II. Der Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten in beiden Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Erziehungsgeld bzw. die Rechtmäßigkeit der Versagung von Erziehungsgeld wegen mangelnder Mitwirkung streitig.
Die 1976 geborene Klägerin ist serbische und montenegrinische Staatsangehörige. Sie stellte am 11. Oktober 2004 Antrag auf Erziehungsgeld für den 1. bis 12. Lebensmonat ihres 2004 geborenen Kindes D., dessen Vater der Zeuge E. ist. Dabei gab die Klägerin an, sie sei ledig, eine eheähnliche Gemeinschaft mit dem leiblichen Vater des Kindes bestehe nicht. Ergänzend legte die Klägerin eine Geburtsbescheinigung der Stadt F. vom 20. September 2004 und im weiteren Verlauf die Urkunde über die Anerkennung der Vaterschaft des Standesamtes F. vom 27. August 2004 sowie eine Unterhaltsvereinbarung zwischen der Klägerin und dem Zeugen vom 1. September 2004 vor. Mit der Vereinbarung hatte sich der Zeuge E. verpflichtet, monatlich 1.000,00 EUR als Unterhalt für die Klägerin, das Kind D. sowie das weitere, bereits 1999 geborene gemeinsame Kind G. zu zahlen.
Mit Schreiben vom 23. November 2004 teilte der Beklagte der Klägerin mit, aus der Vaterschaftsanerkennung gehe hervor, dass sie mit dem Kindsvater in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebe, weshalb für die weitere Bearbeitung der letzte Einkommensteuerbescheid von ihr und dem Partner benötigt werde. Ebenso seien Ergänzungen im Antragsformular bzw. Einkommensfragebogen erforderlich. Mit weiterem Schreiben vom 20. Dezember 2004 erinnerte der Beklagte an die Erledigung und bat um Beantwortung bis zum 10. Januar 2005. Zugleich wies der Beklagte die Klägerin auf ihre Mitwirkungspflichten gemäß § 60 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil – (SGB I) sowie auf die Möglichkeit der Versagung der Leistung nach § 66 SGB I hin. Die Klägerin fragte mit Schreiben vom 9. Februar 2005 nach dem Sachstand und teilte weiter mit, sie widerspreche der Vermutung, dass sie mit dem Vater des Kindes in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebe. Dieser lebe seit 2001 in einer eigenen Wohnung. Der Beklagte holte daraufhin Auskünfte aus dem Melderegister ein. Danach waren die Klägerin, das Kind D. und der Zeuge E. mit Wohnung in der FX-Straße in F. gemeldet. Für den Zeugen wurde als Nebenwohnung der HX-Straße in F. mit Einzug vom 1. März 2001 angegeben. Mit Schreiben vom 10. März 2005 erläuterte der Beklagte der Klägerin die Voraussetzungen einer eheähnlichen Gemeinschaft und vertrat die Auffassung, der Beweis des ersten Anscheins spreche hier für das Bestehen einer solchen Gemeinschaft. Das Kind trage den Namen des Vaters und die Personensorge werde gemeinsam ausgeübt. Darüber hinaus sei D. das zweite gemeinsame Kind. Es komme deshalb auf die Partnereinkünfte an. Sofern die Klägerin ihrer bestehenden Mitwirkungspflicht nicht bis zum 31. März 2005 nachkomme, verbleibe nur die Möglichkeit der Versagung der Leistung gemäß § 66 SGB I. Im Übrigen könne gegen den Zeugen E. im Falle der Weigerung, entsprechende Angaben zu machen bzw. Unterlagen vorzulegen, im Wege der Bußgeldandrohung und -erhebung vorgegangen werden.
Nachdem die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigten die Antragsformulare erneut ohne die erbetenen weiteren Angaben vorgelegt und darauf verwiesen hatte, zwischen ihr und dem Zeugen E. bestehe weder eine innere noch äußere Bindung und damit auch keine eheähnliche Gemeinschaft, die Geburt des Kindes D. resultiere aus einem kurzzeitigen Versöhnungsversuch und nicht aus einer festen Beziehung, auf die Einkommensverhältnisse des Zeugen komme es damit nicht an, lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 21. April 2005 den Antrag gestützt auf § 66 SGB I ab. Zur Begründung führte er aus, es sei weiter davon auszugehen, dass die Klägerin mit dem Zeugen E. in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebe. Soweit es deshalb auf das Einkommen des Zeugen ankomme, sei die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und hierdurch sei die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert worden. Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung von Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr des Kindes vorliegen würden. Die Leistung müsse deshalb für diese Zeit in vollem Umfang versagt werden.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch am 13. Mai 2005 und machte erneut geltend, es bestehe keine eheähnliche Gemeinschaft. Ergänzend legte sie eine eidesstattliche Versicherung des Zeugen E. vom 13. Juni 2005 vor. Er führte darin aus, er habe mit der Klägerin keine Beziehung und lebe mit ihr auch nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Der Kontakt mit der Klägerin bestehe nur wegen der Kinder. Soweit der Hauptwohnsitz in der FX-Straße sei, beruhe dies darauf, dass er derzeit noch die Miete für die Wohnung zahle und seine Kinder dort wohnen würden. Er wohne im HX-Straße, dies sei sein Lebensmittelpunkt. Weiter legte die Klägerin ein Schreiben des Jugendamtes der Stadt F. an den Zeugen E. vom 18. Mai 2005 vor, mit dem dieser aufgefordert wurde, für den Sohn D. 229,00 EUR Unterhalt monatlich zu erbringen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er hielt unter Verweis auf § 6 Abs. 3 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) an seiner Auffassung fest, dass zwischen der Klägerin und dem Zeugen E. eine eheähnliche Lebensgemeinschaft bestehe und deshalb dessen Einkommen zu berücksichtigen sei. D. sei bereits das zweite gemeinsame Kind, obwohl die Klägerin nach ihren eigenen Angaben bereits seit 2001 von dem Zeugen getrennt lebe. D. trage auch den Nachnamen des Vaters und die Personensorge werde gemeinsam ausgeübt. Obwohl laut Auskunft des Jugendamtes der Zeuge E. nur zur Zahlung von 229,00 EUR verpflichtet wäre, zahle er freiwillig 1.000,00 EUR sowie die Miete für die bis zum 1. September 2005 gemeinsame Wohnung, aus der er selbst in eine kleinere Wohnung umgezogen sei. Weitere Nachweise bzw. Unterlagen, die das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft widerlegen könnten, habe die Klägerin nicht vorgelegt. Insbesondere durch das Fehlen einer verbindlichen Unterhaltsverpflichtung bzw. eines Antrages auf Unterhaltsvorschuss und die weiterhin fehlenden Angaben zu den Einkommensverhältnissen des Zeugen komme eine andere Entscheidung nicht in Betracht.
Dagegen erhob die Klägerin Klage am 29. Juni 2006 zum Sozialgericht Würzburg und begehrte Erziehungsgeld für das erste Lebensjahr des Kindes D. Sie trug vor, sie habe mit dem Zeugen E. nur noch wegen der Kinder Kontakt. Der Unterhalt sei zunächst aufgrund einer Vereinbarung geregelt gewesen. Mit Schreiben der Stadt F. vom 18. Mai 2005 sei der Kindsvater sogar zur Zahlung von Kindesunterhalt aufgefordert worden. Sie habe zum Zeitpunkt der Antragstellung in der FX-Straße gewohnt, der Kindsvater im HX-Straße. All dies zeige, dass keine eheähnliche Gemeinschaft vorgelegen habe. Dies werde durch ihren Umzug nach J. nochmals verdeutlicht. Für den 13. bis 24. Lebensmonat des Kindes sei ihr im Übrigen Erziehungsgeld gewährt worden.
Demgegenüber trug der Beklagte vor, es bestehe offensichtlich eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen der Klägerin und dem Kindsvater, da dieser mindestens seit 2001 die Mietkosten übernehme und zusätzlich monatlich 1.000,00 EUR für den Unterhalt der Klägerin aufbringe. Da nach der angeblichen Trennung im Jahr 2001 noch ein zweites Kind im Jahr 2004 geboren worden sei, könne auch von inneren Bindungen der Partner ausgegangen werden. Dabei sei es nicht zwingend erforderlich, dass ein gemeinsamer Wohnsitz vorliege.
Durch Beschluss vom 4. Dezember 2006 hat das Sozialgericht Würzburg den Rechtsstreit an das Sozialgericht Frankfurt am Main verwiesen. Das Sozialgericht hat im Termin vom 20. Januar 2010 den Kindsvater E. als Zeugen vernommen und sodann durch Urteil vom selben Tag die Klage mit der Begründung abgewiesen, vorliegend sei die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht in Gestalt der Vorlage der Einkommensnachweise des Zeugen nicht nachgekommen. Sofern die Eltern in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebten, sei auch das Einkommen des Partners zu berücksichtigen. Das Sozialgericht sei zu der Überzeugung gelangt, dass zwischen der Klägerin und dem Zeugen vor und nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes D. eine eheähnliche Gemeinschaft bestanden habe. Diese setze nach der Rechsprechung des Bundesverfassungsgerichts voraus, dass Partner in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebten, dass bei verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen sei, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Erforderlich sei eine auf Dauer angelegte partnerschaftliche Lebensgemeinschaft, die daneben keine weiteren Lebensgemeinschaften gleicher Art zulasse und sich durch innere Bindungen auszeichne, die ein gegenseitiges Einstehen der Paare füreinander begründeten, also über eine reine Wohn- bzw. Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgingen. Nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so sehr füreinander verantwortlich fühlten, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwendeten, sie insbesondere gegenseitig in den Not- und Wechselfällen des Lebens füreinander einstehen würden, sei ihre Lage mit derjenigen nicht dauernd getrennt lebender Ehegatten vergleichbar. Kriterien hierfür seien insbesondere Dauerhaftigkeit und Kontinuität der Beziehung, die gemeinsame Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt, die Intensität der Bekanntschaft vor Begründung der Wohngemeinschaft und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen. Entscheidend komme es auf das Gesamtbild der feststellbaren Indizien an. Davon ausgehend habe zur Überzeugung des Gerichts im Jahr 2004 zwischen der Klägerin und dem Zeugen E. eine Wohn-, Wirtschafts- und Einstandsgemeinschaft bestanden. Zunächst seien die Angaben zur tatsächlichen Wohnsituation widersprüchlich. So seien zur Anzahl der Schlafzimmer wie auch zum Vorhandensein eines Festnetztelefons und der Anschaffung der Möbel unterschiedliche Angaben gemacht worden. Weiter seien die Ausführungen der Klägerin zum Zeitpunkt des Auszuges des Zeugen nicht eindeutig. Insgesamt könnten die Angaben der Klägerin nicht als schlüssig und nachvollziehbar angesehen werden und das Gericht sei der Überzeugung, dass zwischen der Klägerin und dem Zeugen im maßgeblichen Zeitraum eine Wohngemeinschaft bestanden habe. Ebenso habe eine Wirtschaftsgemeinschaft bestanden, denn diese hätten für sich und ihre Kinder gemeinsam gewirtschaftet, indem sie im Wesentlichen den Einkauf von Nahrungsmitteln und die Organisation des Haushaltes gemeinsam übernommen hätten und eine Trennung der Ausgaben nicht erfolgt sei. Letztlich stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin und der Zeuge auch eine Einstandsgemeinschaft bildeten. Dies folge zunächst aus dem Umstand, dass sie zwei gemeinsame Kinder miteinander hätten und die Eltern sich bereits seit 1995/96 kennen würden. Auch hätten sie längerfristig in der gemeinsamen Wohnung in der FX-Straße gelebt. Trotz fehlender gemeinsamer Konten habe der Zeuge über eine Lebensversicherung verfügt, für die die Klägerin bis 2006 als Begünstigte geführt worden sei. Im Ergebnis, insbesondere unter Berücksichtigung von Dauer und Kontinuität der Beziehung, des Umstandes der gemeinsamen Versorgung beider Kinder sowie der gemeinsamen Wohnung sei davon auszugehen, dass die Klägerin und der Zeuge bereit gewesen seien, gegenseitig in den Not- und Wechselfällen des Lebens füreinander einzustehen. Dies führe zur Anwendung der Vorschrift des § 6 Abs. 3 BErzGG, wonach das Einkommen der berechtigten Personen und des Lebenspartners zu berücksichtigen sei. Weiter seien die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 SGB I erfüllt, weil ohne Vorlage der angeforderten Unterlagen die Aufklärung des Sachverhalts nicht nur erheblich erschwert, sondern unmöglich sei. Die Klägerin sei auch auf die möglichen Rechtsfolgen mit Schreiben vom 20. Dezember 2004 und 10. März 2005 unmissverständlich unter Setzung einer angemessenen Frist hingewiesen worden. Letztlich sei die Entscheidung des Beklagten, mangels weiterer Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung die Leistung zu versagen, ermessensfehlerfrei.
Gegen dieses der Klägerin am 1. Februar 2010 zugestellte Urteil richtet sich die am 26. Februar 2010 vor dem Hessischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Sie trägt im Wesentlichen vor, die Beweisaufnahme habe keine eindeutigen Anhaltspunkte für eine eheähnliche Gemeinschaft zwischen ihr und dem Zeugen E. ergeben, so dass die Wertung des Sozialgerichts nicht nachvollziehbar sei. So sei nicht einsichtig, warum die von dem Sozialgericht ausgeführten Widersprüche gerade für das Bestehen einer Wohngemeinschaft sprechen sollten. Eher wäre der gegenteilige Schluss anzunehmen. Eine Wirtschaftsgemeinschaft könne aufgrund der Beweisaufnahme ebenfalls nicht bejaht werden. So würden die Angaben des Zeugen gegen ein "Wirtschaften aus einem Topf" sprechen. Die Einkäufe seien nur teilweise gemeinsam bezahlt worden und weder sie noch der Zeuge hätten die Befugnis gehabt, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen zu verfügen. Ein gemeinsames Konto habe nicht bestanden. Aus dem bloßen Zusammenleben von Mann und Frau könne auch nicht auf das Vorliegen einer Einstandsgemeinschaft geschlossen werden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Zeuge über eine Lebensversicherung verfügt habe, deren Begünstigte sie, die Klägerin, bis 2006 gewesen sei. Dies sei der Tatsache geschuldet, dass hierdurch auch das gemeinsame Kind abgesichert gewesen sei. Weiter sei beachtlich, dass sowohl sie als auch der Zeuge sich zum fraglichen Zeitpunkt bzw. in der Folgezeit neuen Partnern zugewandt hätten. Prozessual sei zu beachten, dass die Existenz einer eheähnlichen Gemeinschaft als anspruchsausschließender Umstand im gerichtlichen Verfahren von der Verwaltung glaubhaft zu machen sei. Entsprechende Zweifel müssten sich zu ihren Gunsten auswirken. Im Übrigen scheide ein Verstoß gegen Mitwirkungspflichten bereits deshalb aus, weil die von dem Beklagten geforderte Mitwirkungshandlung gegen den Willen des Zeugen nicht erfüllbar gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Januar 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2006 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die nach seiner Auffassung zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung. Neue Gesichtspunkte würden sich aus dem Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren nicht ergeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.
Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht durch Urteil vom 20. Januar 2010 abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 21. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2006, mit dem ein Anspruch auf Erziehungsgeld versagt worden ist, ist rechtswidrig. Der Beklagte hat bei seiner Entscheidung über die Versagung der Leistung aufgrund der mangelnden Mitwirkung der Klägerin das ihm eingeräumte Ermessen nicht in hinreichendem Maße ausgeübt. Nach § 66 Abs. 1 S. 1 SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen. Dies verlangt, dass die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind, ferner, dass derjenige, der eine Sozialleistung erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Gemäß § 66 Abs. 3 SGB I dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folgen schriftlich hingewiesen worden ist und er seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist. Die Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 3 SGB I beinhalten, dass derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben hat, die für die Leistung erheblich sind, ferner Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen hat. Diese Mitwirkungspflichten werden gemäß § 65 Abs. 1 u. Abs. 3 SGB I begrenzt. Sie bestehen u.a. nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung steht, ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann. Nach § 66 Abs 1 Satz 1 SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise entziehen. Das Gesetz räumt den Verwaltungsträgern damit einen Ermessensspielraum ein, den die Gerichte zu beachten haben. Gemäß § 54 Abs 2 Satz 2 SGG haben sie zu prüfen, ob die Verwaltung die ihr durch das Verwaltungsverfahrensrecht auferlegte Verhaltenspflicht beachtet haben, ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Im Einzelnen ist die Prüfung darauf zu richten, ob der Leistungsträger seiner Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (falls nein: Ermessensnichtgebrauch), ob er mit dem Ergebnis seiner Ermessensbetätigung, d.h. mit seiner Ermessensentscheidung, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, d.h. eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt (ggf: Ermessensüberschreitung) und ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Ermessensfehlgebrauch). Zur Ermessensausübung ist der Leistungsträger verfahrensrechtlich verpflichtet; insoweit steht ihm kein Entscheidungsspielraum zu. Die Ermessenserwägungen sind dem Betroffenen im Bescheid im Einzelnen darzulegen. Die Begründung muss ersehen lassen, welche Gesichtspunkte die Beklagte bei der Ausübung des Ermessens berücksichtigt und wie sie diese gewichtet hat (§ 35 Abs. 1 S. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X). Konkret erstreckt sich das Ermessen bei der Versagung darauf, ob der Leistungsträger überhaupt von der Möglichkeit der Versagung Gebrauch macht oder er die Leistung gleichwohl gewährt oder belässt, in welchem Umfang weitere Ermittlungen angestellt werden sollen (es sei denn, die leistungserheblichen Tatsachen sind von Amts wegen nicht ermittelbar), ob eine Nachfrist eingeräumt wird und ob die Leistung befristet oder ohne Fristbestimmung ganz oder teilweise entzogen wird. Der Leistungsträger muss dabei berücksichtigen, in welchem Umfang die Mitwirkung den Betroffenen belastet hätte, weshalb die Mitwirkung verweigert wurde und ob der Betroffene irrtümlich oder wider besseres Wissens seine Mitwirkungspflicht verletzt hat. Ein Bescheid, der nicht erkennen lässt, ob der Leistungsträger seinen Ermessensspielraum erkannt und sodann sein Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat, ist rechtswidrig, denn von einem Ermessensnichtgebrauch ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Leistungsträger von den ihm eingeräumten Ermessen ersichtlich keinen Gebrauch gemacht hat (vgl. zu allem: Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. September 2009, L 6 AS 275/08; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2007, L 7 AS 1703/06; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. April 2007, L 28 B 295/07 AS ER).
Davon ausgehend lässt sich hier dem Bescheid vom 21. April 2005 nicht entnehmen, dass der Beklagte den ihm eingeräumten Ermessensspielraum erkannt und Ermessen ausgeübt hat. Der Bescheid enthält hierzu keinerlei Ausführungen. Am Ende der Begründung wird ausgeführt: "Die Leistung muss deshalb für diese Zeit in vollem Umfang versagt werden." Damit hat der Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass aus seiner Sicht bei einer Verletzung der Mitwirkungspflicht die Versagung der Leistung eine zwingende Folge ist. Vorangestellt war lediglich der Hinweis, nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Anspruchsvoraussetzungen für das Erziehungsgeld erfüllt seien. Für den Senat steht damit fest, dass der Beklagte von dem ihm eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht hat. Dies gilt gleichermaßen für den Widerspruchsbescheid. Hier finden sich Ausführungen zur eheähnlichen Lebensgemeinschaft und der Hinweis, aufgrund der weiterhin fehlenden Angaben zu den Einkommensverhältnissen des Ehemannes könne es zu keiner anderen Entscheidung kommen. Soweit das Sozialgericht im Hinblick auf die Ermessensausübung darauf abgestellt hat, dass weitere Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung nicht bestanden hätten, so dass die Versagung ermessensfehlerfrei sei, ist zwar zuzustimmen, dass - sofern leistungserhebliche Tatsachen von Amts wegen nicht ermittelbar sind - keine Erwägungen dazu anzustellen sind, in welchem Umfang weitere Ermittlungen getätigt werden sollen. Hierbei handelt es sich - wie ausgeführt - jedoch nicht um den alleinigen Gesichtspunkt im Rahmen der Ermessensprüfung. Darüber hinaus konnte der Beklagte auch nicht davon ausgehen, dass es keine weiteren Ermittlungsmöglichkeiten gibt, denn er selbst hat im Schreiben vom 10. März 2005 an die Klägerin darauf hingewiesen, es könne auch gegen den Zeugen - sofern sich dieser weigere, die geforderten Angaben zu machen bzw. Unterlagen vorzulegen - nach §§ 12 und 14 BErzGG (Bußgeldandrohung und -erhebung) vorgegangen werden. Eine solche Vorgehensweise setzt zwar voraus, dass zwischen dem Zeugen und der Klägerin eine eheähnliche Gemeinschaft besteht bzw. bestand. Hiervon ist aber der Beklagte ausgegangen, so dass es konsequent gewesen wäre, die geforderten Angaben unmittelbar von dem Zeugen anzufordern. Im Ergebnis ist bereits mangels Ermessensausübung der angefochtene Bescheid rechtswidrig und unterliegt deshalb der Kassation.
Angesichts des eindeutig gewonnenen Ergebnisses kann dahingestellt bleiben, ob sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auch daraus ergibt, dass für den Beklagten die Möglichkeit bestand, die erforderlichen Kenntnisse durch einen gegenüber der Klägerin geringeren Aufwand zu erlangen. Hierfür spricht zumindest die von dem Beklagten selbst aufgeworfene Vorgehensweise nach §§ 12 und 14 BErzGG.
Ebenso bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Erfüllung der Voraussetzungen des § 66 SGB I daran scheitert, dass die Klägerin nur einer Auskunftspflicht unterliegt, die sich auf Tatsachen erstreckt, die ihr selbst bekannt sind. Insofern hat das Bundessozialgericht bereits mit Urteil vom 10. März 1993 entschieden (14b/4 REg 1/91), dass nicht von dem Antragsteller bzw. Leistungsempfänger zu verlangen ist, Nachweise über Einkommensverhältnisse von einem privaten Dritten zu beschaffen und vorzulegen.
Für die erneute Prüfung des Antrags auf Erziehungsgeld wird der Beklagte sowohl im Hinblick auf einen geringeren eigenen Ermittlungsaufwand als auch die Zumutbarkeit der verlangten Mitwirkung zu beachten haben, dass die Klägerin mit dem Kindesvater keinen Kontakt mehr hat und nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat aufgrund einer von ihm ausgehenden Bedrohung ihre Einwohnermeldedaten gesperrt sind. Angesichts dessen verbietet sich jedwede Heranziehung der Klägerin bei der Ermittlung eines Sachverhalts, der unmittelbar den Kindesvater betrifft, weshalb insofern auf seine Unterlagen zurückgegriffen werden muss.
War damit der angefochtene Bescheid aufzuheben, kommt darüber hinaus eine Verurteilung zur Leistungsgewährung nicht in Betracht, wie dies die Klägerin mit ihrem Berufungsschriftsatz noch begehrt, in der mündlichen Verhandlung jedoch nicht weiter verfolgt hat. Richtige Klageart ist im Falle einer Versagung einer Leistung nach § 66 SGB I nur die (isolierte) Anfechtungsklage und nicht die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG (vgl. eingehend: BSG, Urteile vom 24. November 1987, 3 RK 11/87 u. vom 25. Oktober 1988, 7 RAr 70/87; Kampe in: jurisPK-SGB I, § 66, Rn. 36). Die Versagung wegen fehlender Mitwirkung führt nur zur gerichtlichen Überprüfung der Ablehnungsvoraussetzungen im Sinne von § 66 SGB I, mangels einer Sachentscheidung der Verwaltung über das Leistungsbegehren jedoch noch nicht zu einer Prüfung der materiellrechtlichen Leistungsvoraussetzungen durch das Gericht. Die Anfechtungsklage als Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung hat zur Folge, dass nur die Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes in Betracht kommt (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG); eine darüber hinausgehende Verurteilung zu einer Leistung ist ausgeschlossen. Soweit in der Rechtsprechung eine Ausnahme von diesem Grundsatz aus Gründen der Prozessökonomie und des effektiven Rechtsschutzes dergestalt entwickelt worden ist, dass eine zusätzliche Klage auf Leistungsgewährung in Betracht kommt, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen zwischen den Beteiligten unstreitig ist oder vom Kläger behauptet wird bzw. wenn sich das Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (vgl. BSG vom 1. Juli 2009, B 4 AS 78/08 R m.w.N.), liegen die Voraussetzungen hier erkennbar nicht vor. Insofern hat die Klägerin die Entscheidungserheblichkeit der von dem Beklagten begehrten Informationen gerade bestritten mit der Begründung, eine eheähnliche Gemeinschaft habe während des streitigen Zeitraums nicht bestanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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