Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 6968/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1014/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Verzugslohn i.S.d. §§ 611,615 BGB kann insolvenzgeschützt sein.
Die Ausübung eines die Entgeltansprüche wegen Verzug begründenden Leistungsverweigerungs- bzw. Zurückbehalungsrechts setzt voraus, dass dieses vor der Ausübung dem Arbeitgeber gegenüber angekündigt worden ist.
Die Ausübung eines die Entgeltansprüche wegen Verzug begründenden Leistungsverweigerungs- bzw. Zurückbehalungsrechts setzt voraus, dass dieses vor der Ausübung dem Arbeitgeber gegenüber angekündigt worden ist.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 01. März 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Insolvenzgeld für die Zeit vom 20.11.2003 bis 15.02.2004 streitig.
Der am 17.04.1962 geborene Kläger war ab dem 20.10.2003 als Fahrer für die Fa. K. S. GmbH & Co. KG (S KG), einen Speditionsbetrieb, - zeitlich befristet bis zum 31.12.2004 - beschäftigt (Beschäftigungsvertrag vom 20.10.2003). Vertraglich war hierfür ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt i.H.v. 1.850,- EUR zzgl. Spesen i.H.v. 20,- EUR pro Arbeitstag vereinbart. Unter dem 14.01.2004 kündigte die S KG das Arbeitsverhältnis zum 15.02.2004. Die hiergegen vom Kläger zum Arbeitsgericht S. (ArbG) erhobene Kündigungsschutzklage - 28 Ca 512/04 - endete nach einer Klagerücknahme.
Am 30.01.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Insolvenzgeld. Er brachte hierzu vor, sein Arbeitsverhältnis mit der S KG sei zum 15.02.2004 gekündigt worden. Für die Monate November 2003 bis Januar 2004 habe er offene Ansprüche auf Arbeitsentgelt i.H.v. 1.850,- EUR (brutto) monatlich zzgl. 400,- EUR für Spesen monatlich. Er habe seit dem 17.11.2003 nicht mehr gearbeitet, da er von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht habe, nachdem das Arbeitsentgelt für den Monat Oktober 2003 nicht gezahlt worden sei. Am 15.01.2004 habe er die Gewährung von Arbeitslosengeld beantragt, welches ihm sodann tatsächlich gewährt worden sei.
Mit Bescheid vom 28.04.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger einen Vorschuss auf das zu erwartende Insolvenzgeld i.H.v. 2.500,- EUR. Sie begründete dies damit, dass über den Antrag auf Insolvenzgeld mangels Insolvenzereignis noch nicht abschließend entschieden werden könne. Die Beklagte ging hierbei von einem Insolvenzgeldzeitraum vom 14.11.2003 - 15.02.2004 aus und beschränkte den Vorschusszeitraum auf die Zeit vom 14.11.2003 - 14.01.2004.
Mit Beschluss des Amtsgerichtes E. a.N. - Insolvenzgericht - vom 15.06.2004 (- 4 IN 151/04 -) wurde auf einen Antrag der S KG vom 24.03.2004 hin das Insolvenzverfahren über deren Ver-mögen eröffnet und Rechtsanwalt K./E. zum Insolvenzverwalter bestellt.
Parallel zur Gewährung von Insolvenzgeld machte der Kläger gegenüber dem Insolvenzverwal-ter gerichtlich Ansprüche auf Arbeitsentgelt beim ArbG (- 17 Ca 12861/03 -) geltend. Mit Urteil vom 14.12.2006 wies dieses die Klage, mit der der Kläger Lohn- und Gehaltsansprüche für November 2003 - Januar 2004 nebst Zinsen hieraus begehrt hat, ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das ArbG an, die Ausübung von Zurückbehaltungsrechten durch den Kläger widerspreche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, da sich der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der geltend gemachten Ausübung erst mit 1/3 des Monatslohns in Verzug befunden habe. Hiergegen erhob der Kläger Berufung zum Landesarbeitsgericht Baden- Württemberg (LAG, - 5 Sa 2/07 -), mit der der Kläger die Feststellung der geltend gemachten Vergütungsansprüche zur Insolvenztabelle begehrte. Im Rahmen einer Zeugeneinvernahme vor dem LAG gab der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der S KG, K. E. S. (S), am 11.05.2007 (Bl. 150 f LAG Akte Bd. II) an, in der Zeit um November 2003 mit seinen Mitarbeitern viele Gespräche über Vergütungsrückstände geführt zu haben. Daran, ob ein solches auch mit dem Kläger geführt worden sei, könne er sich nicht erinnern, ausschließen könne er dies jedoch nicht. Ob der Kläger gegenüber ihm, dem Zeugen, erklärt habe, dass er, der Kläger, nicht mehr arbeite, wenn er keinen Lohn erhalte, sei ihm nicht mehr erinnerlich. Das einzige, woran er sich konkret erinnern könne sei, dass der Kläger einmal angekündigt habe, nachmittags nicht zu arbeiten, sondern mit seinen Kindern zum Laternenlauf zu gehen.
Mit Urteil vom 11.05.2007 wies das LAG sodann die Berufung des Klägers zurück. Soweit der Kläger aktivlegitimiert sei, dies sei der Zeitraum vom 20.11.2003 - 31.01.2004 - zuvor fehle es wegen einer Abtretungserklärung zu Gunsten der hiesigen Beklagten an einer Aktivlegitimation des Klägers - sei nicht bewiesen, dass der Kläger gegen seinem ehemaligen Arbeitgeber ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt habe. Sowohl § 273 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als auch § 321 BGB setzten ferner voraus, dass die Absicht, das Leistungsverweigerungsrecht aus-zuüben, vor Ausübung desselben, dem Arbeitgeber gegenüber unter Angabe von Gründen mitgeteilt werde, damit dieser ggf. den Anspruch des Arbeitnehmers erfüllen bzw. Sicherheit leisten könne. Der insofern beweisbelastete Kläger habe nicht belegt, dass er dies am 16. oder 17.11.2003 getan habe. Der einvernommene Zeuge S habe sich insofern nicht erinnern können. Das bloße Fernbleiben vom Arbeitsplatz könne, insb. vor dem Hintergrund, dass nicht ausge-schlossen werden konnte, dass die geringfügigen Lohnrückstände noch bedient werden würden, nicht als konkludente Ausübung des Zurückbehaltungsrechts angesehen werden. Der Kläger habe deswegen im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Vergütung aus Annahmeverzug.
Eine hiergegen vom Kläger eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wies das Bundesarbeitsge-richt mit Beschluss vom 26.09.2007 - 5 AZN 767/07 - zurück.
Bereits unter dem 20.11.2006 erteilte der Insolvenzverwalter eine Insolvenzgeldbescheinigung des Inhalts, dass für die Zeit vom 16. -19.11.2003 ein Anspruch des Klägers auf Arbeitsentgelt i.H.v. 292,63 EUR brutto (226,81 EUR netto) bestehe. Für die Zeiträume vom 20. - 30.11.2003 sowie die Abrechnungsmonate Dezember 2003 und Januar 2004 sowie den Zeitraum vom 1. - 15.02.2004 sei hingegen kein Entgelt angefallen.
Mit Bescheid vom 27.11.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger sodann Insolvenzgeld für die Zeit vom 16. - 19.11.2003 i.H.v. insg. 226,81 EUR. Für die Zeit vom 20.11.2003 - 15.02.2004 be-willigte die Beklagte keine Leistungen. Mit weiterem Bescheid vom 27.11.2006 forderte die Beklagte vom Kläger einen Betrag von 2.273,19 EUR zurück. Zur Begründung führte sie an, dem Kläger sei ein Vorschuss i.H.v. 2.500,- EUR gewährt worden, obschon ihm nur Insolvenzgeld i.H.v. 226,81 EUR zugestanden habe. Der Differenzbetrag sei vom Kläger zu erstatten.
Zur Begründung des hiergegen am 04.12.2006 eingelegten Widerspruchs brachte der Kläger vor, der Erstattungsbescheid sei fehlerhaft. Er führe gegen den Insolvenzverwalter des ehemaligen Arbeitgebers noch ein Klageverfahren vor dem ArbG bzgl. der Feststellung von Arbeitsentgelt für die Monate November 2003 bis Januar 2004 zur Insolvenztabelle. Hierüber sei bisher noch nicht entschieden worden. Der Kläger wies ferner auf ein strafrechtliches Verfahren gegen den Geschäftsführer der S KG, den S, hin. Nachdem das Widerspruchsverfahren zunächst im Hinblick auf das noch rechtshängige arbeitsgerichtliche Klageverfahren zum Ruhen gebracht worden war, wies die Beklagte den Widerspruch sodann mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2010 zurück. Die angefochtenen Entscheidungen seien nicht zu beanstanden. Der Kläger habe keinen, über die für die Zeit vom 16.- 19.11.2003 bewilligten Leistungen von 226,81 EUR, die der geänderten Insolvenzgeldbescheinigung des Insolvenzverwalters entsprächen, hinausgehenden Anspruch auf Insolvenzgeld. Offene Ansprüche auf Arbeitsentgelt seien vom LAG rechtskräftig abgelehnt worden.
Hiergegen hat der Kläger am 09.11.2010 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, die Beklagte habe bei ihrer Entscheidung den rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichtes K./T. vom 23.02.2005 (- 156 Js 41860/04 -) nicht berücksichtigt, mit dem S wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und vorsätzlichem Bankrott zu einer Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 10,- EUR verurteilt worden sei. Aufgrund der dort seit dem Jahre 2002 angenommenen Zahlungsunfähigkeit des ehemaligen Arbeitgebers sei ihm nichts anderes übrig geblieben, als von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu machen. Es sei insoweit, obwohl die Strafverfolgung nach § 154 Abs. 1 der Strafprozessordnung eingestellt worden sei, auch von einer Straftat zu seinen Lasten auszugehen. Die sich hieraus ergebenden Schadenersatzansprüche seien von der Beklagten zu befriedigen. Die Beklagte habe jedenfalls von der genannten Entscheidung des LAG abweichen müssen.
Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegen getreten.
Mit Gerichtsbescheid vom 01.03.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Kläger habe für die Zeit vom 20.11.2003 - 15.02.2004 keinen Anspruch auf (weiteres) Insolvenzgeld. Der Insolvenzzeitraum umfasse, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (hier am 15.02.2004) vor dem Insolvenzereignis (hier dem 15.06.2004) liege, die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses. Dies sei der Zeitraum vom 16.11.2003 - 15.02.2004. Für diesen Zeitraum habe der Kläger keine (offenen) Ansprüche auf Arbeitsentgelt, insb. nicht aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges. Dies stehe nach dem Urteil des LAG rechtskräftig fest. Obschon das Urteil des LAG nicht zwischen den jetzigen Verfahrensbeteiligten ergangen sei und daher im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht formell rechtskräftig geworden sei, habe es Auswirkungen auf den vorliegenden Rechtsstreit, da die Beteiligten vorliegend über denselben Gegenstand stritten. Der Kläger habe hiernach nur für die Zeit vom 16. - 19.11.2003 Anspruch auf Insolvenzgeld, das von der Beklagten anhand der vorgelegten Insolvenzgeldbescheinigung zutreffend mit 226,81 EUR festgesetzt worden sei. In Ansehung des dem Kläger gewährten Vorschusses i.H.v. 2.500,- EUR sei die Beklagte auch berechtigt, einen Betrag in Höhe von 2.273,19 EUR zurückzufordern.
Gegen den am 04.03.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.03.2011 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt der Kläger vor, das Urteil des LAG sei nicht bindend. S habe vielmehr ihm gegenüber eine Straftat begangen, weswegen das SG den Sachverhalt hätte aufklären müssen. Er beantrage, die Akten des strafrechtlichen Verfahrens beizuziehen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 01. März 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 27. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. November 2010 zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit vom 20. November 2003 bis 15. Februar 2004 unter Zugrundelegung eines monatlichen Bruttoarbeitsentgeltes i.H.v. 1.850,- EUR sowie 20,- EUR Spesen täglich zu gewähren sowie den Erstattungsbescheid vom 27. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. November 2010 aufzuheben,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Aus-führungen im angefochtenen Gerichtsbescheid sowie ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die bei der Beklagten für den Kläger geführte Verwaltungsakte sowie die Prozessakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 10.04.2013 wurden sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 10.04.2013 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist zulässig, führt jedoch für den Kläger inhaltlich nicht zum Erfolg.
Streitgegenständlich sind der Bescheid vom 27.11.2006, mit dem dem Kläger Insolvenzgeld für die Zeit vom 16. - 19.11.2003 i.H.v. 226,81 EUR bewilligt wurde sowie der Erstattungsbescheid vom gleichen Tag mit dem die Erstattung des gezahlten Vorschusses in einer Höhe von 2.273,19 EUR verfügt wurde. Beide Bescheide sind in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2010 gegenständlich (vgl. § 95 SGG). Nach verständiger Würdigung des Vorbringens des Klägers unter Berücksichtigung des § 123 SGG begehrt er die Gewährung von Insolvenzgeld für die Zeit vom 20.11.2003 - 15.02.2004 unter Zugrundelegung der vertraglich vereinbarten Vergütung i.H.v. 1.850,- EUR monatlich zzgl. 20,- EUR Spesen pro Arbeitstag.
Das SG hat die Klage insoweit in nicht zu beanstandender Weise abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 27.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2010 sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weiteres Insolvenzgeld für den Zeitraum vom 20.11.2003 - 15.02.2004.
Arbeitnehmer haben nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der insofern unverändert bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung bzw. nach § 165 SGB III in der insoweit nur sprachlich veränderten, ab dem 01.04.2012 geltenden Fassung, Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers (Nr.1), Abweisung eines Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (Nr.2) oder der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (Nr.3) (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
Zwar ist mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 15.06.2004 ein Insolvenzereignis einge-treten, zur Überzeugung des Senats hat der Kläger für den dreimonatigen Insolvenzzeitraum, der vorliegend mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, d.h. am 15.02.2004 endet und hiernach bis zum 16.11.2003 zurückreicht, keine ausgefallenen Ansprüche auf Arbeitsentgelt.
Unter Arbeitsentgelt im Sinne des § 183 SGB III sind alle Arten von Bezügen aus dem Arbeits-verhältnis, d.h. Zahlungen des Arbeitgebers zu verstehen, die im weitesten Sinne als eine Gegenleistung für geleistete Arbeit oder das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft angesehen werden können. Hierunter kann grds. auch Verzugslohn nach §§ 611, 615 BGB fallen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18.12.2003 - B 11 AL 27/03 R - veröffentlicht in juris).
Der ehemalige Arbeitgeber des Klägers, die S KG, war jedoch ab dem 17.11.2003 nicht mehr verpflichtet, dem Kläger die vereinbarte Vergütung zu gewähren. Der Kläger hat die ihm oblie-gende Arbeitsleistung für die S KG ab dem 17.11.2003 unstreitig nicht (mehr) erbracht. Auch befand sich diese für und ab diesem Zeitpunkt nicht in Verzug mit der Annahme der klägeri-schen Arbeitsleistung; sie ist daher nicht nach § 615 BGB zur Zahlung der vertragsgemäßen Arbeitsvergütung verpflichtet.
Nach § 615 Satz 1 BGB kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug kommt. Der Arbeitnehmer muss die infolge des Annahmeverzugs ausgefallene Arbeit nicht nachleisten.
Der Arbeitgeber gerät mit der Folge, dass er gemäß § 615 Satz 1 BGB die Vergütung zu zahlen hat, in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer berechtigterweise ein Leistungsverweigerungs- oder Zurückbehaltungsrecht ausübt (vgl. u.a. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.02.2011 - 9 Sa 577/10 - veröffentlicht in juris). Der Arbeitnehmer kann nach § 273 Abs. 1 BGB ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitsleistung ausüben, wenn er einen fälligen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber erworben hat und dieser nicht erfüllt. Ob der Arbeitgeber leistungsunwillig oder bloß leistungsunfähig ist, spielt im Rahmen von § 273 BGB keine Rolle. Gemäß § 321 Abs. 1 BGB kann, wer aus einem gegenseitigen Vertrag vorzuleisten verpflichtet ist, die ihm obliegende Leistung verweigern, wenn nach Abschluss des Vertrags erkennbar wird, dass sein Anspruch auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils gefährdet wird. Sowohl § 321 BGB als auch § 273 Abs. 1 BGB setzen jedoch voraus, dass, bevor das Recht ausgeübt wird, der Arbeitnehmer den Arbeitgeber möglichst frühzeitig von der beabsichtigten Geltendmachung in Kenntnis setzt und eine gewisse Zeit abwartet, bevor das Zurückbehaltungsrecht tatsächlich ausgeübt wird (Landesarbeitsgericht Hessen, Beschluss vom 13.09.1984 - 12 Sa 676/84 - Kurztext veröffentlicht in juris; Preis in Erfurter Kommentar, 7. Aufl. § 611 BGB, Rn. 852), damit der Arbeitgeber ggf. den Anspruch auf Arbeitsentgelt erfüllen bzw. Sicherheit leisten (vgl. § 273 Abs. 3 BGB bzw. § 321 Abs. 1 Satz 2 BGB) kann. Das Erfordernis einer vorherigen Information des Schuldners gründet in der Funktion der Zurückbehaltungsrechte, den Schuldner unter Druck zu setzen, um ihn zur Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten zu veranlassen.
Ungeachtet davon, ob der Kläger überhaupt ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt hat, hat der Kläger bereits nicht vorgetragen, den S zuvor über die geplante Ausübung eines Zurückbehal-tungsrechts in Kenntnis gesetzt zu haben. Weder im Verwaltungs- noch im gerichtlichen Verfahren hat der Kläger dargelegt, den S vor der vermeintlichen Ausübung des Zurückbehaltungsrechts, darüber informiert zu haben, seine Arbeitsleistung wegen der ausstehenden Lohnzahlung nicht mehr erbringen zu wollen. Da auch S im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme vor dem LAG angegeben hat, sich nicht an eine etwaige Vorsprache des Klägers, anlässlich derer dieser angekündigt habe, zukünftig ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben, erinnern zu können, besteht für den Senat kein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger tatsächlich, wie für die berechtigte Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts erforderlich, dies zuvor gegenüber dem Arbeitgeber angekündigt hat. Der Senat verwertet die Zeugenaussage des S vor dem LAG, die sich in den dortigen Akten befinden, im Wege des Urkundenbeweises. Eine Zustimmung des Klägers hierzu ist nicht erforderlich (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Aufl., § 103, Rn. 11d). Auch ein Ausnahmefall der Gestalt, dass der Arbeitgeber bereits unmissverständlich zum Aus-druck gebracht hat, die Arbeitsvergütung nicht zu zahlen, ist klägerseits nicht vorgetragen und dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.
Mithin ist der Senat nicht davon überzeugt, dass das ggf. ausgeübte Zurückbehaltungsrecht vor der tatsächlichen Ausübung, die gleichfalls nicht substantiiert dargelegt wurde, dem Arbeitgeber gegenüber angekündigt wurde. Hieraus folgt, dass jedenfalls nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass der Kläger berechtigterweise ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt hat. Zur Überzeugung des Senats bestehen daher keine, dem Zeitraum vom 20.11.2003 - 15.02.2004 zuzuordnenden ausgefallenen Entgeltansprüche des Klägers gegen die S KG. Ein Anspruch auf Gewährung von Insolvenzgeld besteht mithin nicht.
Soweit der Kläger während des Verfahren beantragt hat, die Akten der Staatsanwaltschaft S. betreffend des Strafverfahrens gegen S hinzuzuziehen, hat er diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 10.04.2013 nicht mehr gestellt und daher nicht aufrechterhalten, weswegen dem Begehren bereits deswegen nicht zu entsprechen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 29.03.2007 - B 9a VJ 5/06 B - veröffentlicht in juris).
Auch die Entscheidung, einen Betrag von 2.273,19 EUR vom Kläger zurückzufordern ist nicht zu beanstanden.
Gem. § 186 Satz 4 SGB III ist ein auf das Insolvenzgeld erbrachter Vorschuss zu erstatten, so-weit ein Anspruch auf Insolvenzgeld nicht oder nur in geringerer Höhe zu erkannt wird.
Vorliegend wurde dem Kläger ein Vorschuss auf das Insolvenzgeld i.H.v. 2.500,- EUR gewährt. Da indes ein Anspruch auf Insolvenzgeld lediglich i.H.v. 226,81 EUR besteht, errechnet sich eine Überzahlung von 2.273,19 EUR. Dieser Betrag ist von dem Kläger, ohne dass es auf Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes ankommt (vgl. Krodel in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 186, Rn. 11), zu erstatten.
Die Bescheide vom 27.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2010 sind daher rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Da Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG (grundlegende Bedeutung der Rechtssache, Divergenz oder ein Verfahrensmangel) nicht vorliegen, ist der Antrag des Klägers auf Zulassung der Revision abzulehnen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Insolvenzgeld für die Zeit vom 20.11.2003 bis 15.02.2004 streitig.
Der am 17.04.1962 geborene Kläger war ab dem 20.10.2003 als Fahrer für die Fa. K. S. GmbH & Co. KG (S KG), einen Speditionsbetrieb, - zeitlich befristet bis zum 31.12.2004 - beschäftigt (Beschäftigungsvertrag vom 20.10.2003). Vertraglich war hierfür ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt i.H.v. 1.850,- EUR zzgl. Spesen i.H.v. 20,- EUR pro Arbeitstag vereinbart. Unter dem 14.01.2004 kündigte die S KG das Arbeitsverhältnis zum 15.02.2004. Die hiergegen vom Kläger zum Arbeitsgericht S. (ArbG) erhobene Kündigungsschutzklage - 28 Ca 512/04 - endete nach einer Klagerücknahme.
Am 30.01.2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Insolvenzgeld. Er brachte hierzu vor, sein Arbeitsverhältnis mit der S KG sei zum 15.02.2004 gekündigt worden. Für die Monate November 2003 bis Januar 2004 habe er offene Ansprüche auf Arbeitsentgelt i.H.v. 1.850,- EUR (brutto) monatlich zzgl. 400,- EUR für Spesen monatlich. Er habe seit dem 17.11.2003 nicht mehr gearbeitet, da er von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch gemacht habe, nachdem das Arbeitsentgelt für den Monat Oktober 2003 nicht gezahlt worden sei. Am 15.01.2004 habe er die Gewährung von Arbeitslosengeld beantragt, welches ihm sodann tatsächlich gewährt worden sei.
Mit Bescheid vom 28.04.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger einen Vorschuss auf das zu erwartende Insolvenzgeld i.H.v. 2.500,- EUR. Sie begründete dies damit, dass über den Antrag auf Insolvenzgeld mangels Insolvenzereignis noch nicht abschließend entschieden werden könne. Die Beklagte ging hierbei von einem Insolvenzgeldzeitraum vom 14.11.2003 - 15.02.2004 aus und beschränkte den Vorschusszeitraum auf die Zeit vom 14.11.2003 - 14.01.2004.
Mit Beschluss des Amtsgerichtes E. a.N. - Insolvenzgericht - vom 15.06.2004 (- 4 IN 151/04 -) wurde auf einen Antrag der S KG vom 24.03.2004 hin das Insolvenzverfahren über deren Ver-mögen eröffnet und Rechtsanwalt K./E. zum Insolvenzverwalter bestellt.
Parallel zur Gewährung von Insolvenzgeld machte der Kläger gegenüber dem Insolvenzverwal-ter gerichtlich Ansprüche auf Arbeitsentgelt beim ArbG (- 17 Ca 12861/03 -) geltend. Mit Urteil vom 14.12.2006 wies dieses die Klage, mit der der Kläger Lohn- und Gehaltsansprüche für November 2003 - Januar 2004 nebst Zinsen hieraus begehrt hat, ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das ArbG an, die Ausübung von Zurückbehaltungsrechten durch den Kläger widerspreche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, da sich der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der geltend gemachten Ausübung erst mit 1/3 des Monatslohns in Verzug befunden habe. Hiergegen erhob der Kläger Berufung zum Landesarbeitsgericht Baden- Württemberg (LAG, - 5 Sa 2/07 -), mit der der Kläger die Feststellung der geltend gemachten Vergütungsansprüche zur Insolvenztabelle begehrte. Im Rahmen einer Zeugeneinvernahme vor dem LAG gab der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der S KG, K. E. S. (S), am 11.05.2007 (Bl. 150 f LAG Akte Bd. II) an, in der Zeit um November 2003 mit seinen Mitarbeitern viele Gespräche über Vergütungsrückstände geführt zu haben. Daran, ob ein solches auch mit dem Kläger geführt worden sei, könne er sich nicht erinnern, ausschließen könne er dies jedoch nicht. Ob der Kläger gegenüber ihm, dem Zeugen, erklärt habe, dass er, der Kläger, nicht mehr arbeite, wenn er keinen Lohn erhalte, sei ihm nicht mehr erinnerlich. Das einzige, woran er sich konkret erinnern könne sei, dass der Kläger einmal angekündigt habe, nachmittags nicht zu arbeiten, sondern mit seinen Kindern zum Laternenlauf zu gehen.
Mit Urteil vom 11.05.2007 wies das LAG sodann die Berufung des Klägers zurück. Soweit der Kläger aktivlegitimiert sei, dies sei der Zeitraum vom 20.11.2003 - 31.01.2004 - zuvor fehle es wegen einer Abtretungserklärung zu Gunsten der hiesigen Beklagten an einer Aktivlegitimation des Klägers - sei nicht bewiesen, dass der Kläger gegen seinem ehemaligen Arbeitgeber ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt habe. Sowohl § 273 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als auch § 321 BGB setzten ferner voraus, dass die Absicht, das Leistungsverweigerungsrecht aus-zuüben, vor Ausübung desselben, dem Arbeitgeber gegenüber unter Angabe von Gründen mitgeteilt werde, damit dieser ggf. den Anspruch des Arbeitnehmers erfüllen bzw. Sicherheit leisten könne. Der insofern beweisbelastete Kläger habe nicht belegt, dass er dies am 16. oder 17.11.2003 getan habe. Der einvernommene Zeuge S habe sich insofern nicht erinnern können. Das bloße Fernbleiben vom Arbeitsplatz könne, insb. vor dem Hintergrund, dass nicht ausge-schlossen werden konnte, dass die geringfügigen Lohnrückstände noch bedient werden würden, nicht als konkludente Ausübung des Zurückbehaltungsrechts angesehen werden. Der Kläger habe deswegen im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Vergütung aus Annahmeverzug.
Eine hiergegen vom Kläger eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wies das Bundesarbeitsge-richt mit Beschluss vom 26.09.2007 - 5 AZN 767/07 - zurück.
Bereits unter dem 20.11.2006 erteilte der Insolvenzverwalter eine Insolvenzgeldbescheinigung des Inhalts, dass für die Zeit vom 16. -19.11.2003 ein Anspruch des Klägers auf Arbeitsentgelt i.H.v. 292,63 EUR brutto (226,81 EUR netto) bestehe. Für die Zeiträume vom 20. - 30.11.2003 sowie die Abrechnungsmonate Dezember 2003 und Januar 2004 sowie den Zeitraum vom 1. - 15.02.2004 sei hingegen kein Entgelt angefallen.
Mit Bescheid vom 27.11.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger sodann Insolvenzgeld für die Zeit vom 16. - 19.11.2003 i.H.v. insg. 226,81 EUR. Für die Zeit vom 20.11.2003 - 15.02.2004 be-willigte die Beklagte keine Leistungen. Mit weiterem Bescheid vom 27.11.2006 forderte die Beklagte vom Kläger einen Betrag von 2.273,19 EUR zurück. Zur Begründung führte sie an, dem Kläger sei ein Vorschuss i.H.v. 2.500,- EUR gewährt worden, obschon ihm nur Insolvenzgeld i.H.v. 226,81 EUR zugestanden habe. Der Differenzbetrag sei vom Kläger zu erstatten.
Zur Begründung des hiergegen am 04.12.2006 eingelegten Widerspruchs brachte der Kläger vor, der Erstattungsbescheid sei fehlerhaft. Er führe gegen den Insolvenzverwalter des ehemaligen Arbeitgebers noch ein Klageverfahren vor dem ArbG bzgl. der Feststellung von Arbeitsentgelt für die Monate November 2003 bis Januar 2004 zur Insolvenztabelle. Hierüber sei bisher noch nicht entschieden worden. Der Kläger wies ferner auf ein strafrechtliches Verfahren gegen den Geschäftsführer der S KG, den S, hin. Nachdem das Widerspruchsverfahren zunächst im Hinblick auf das noch rechtshängige arbeitsgerichtliche Klageverfahren zum Ruhen gebracht worden war, wies die Beklagte den Widerspruch sodann mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2010 zurück. Die angefochtenen Entscheidungen seien nicht zu beanstanden. Der Kläger habe keinen, über die für die Zeit vom 16.- 19.11.2003 bewilligten Leistungen von 226,81 EUR, die der geänderten Insolvenzgeldbescheinigung des Insolvenzverwalters entsprächen, hinausgehenden Anspruch auf Insolvenzgeld. Offene Ansprüche auf Arbeitsentgelt seien vom LAG rechtskräftig abgelehnt worden.
Hiergegen hat der Kläger am 09.11.2010 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, die Beklagte habe bei ihrer Entscheidung den rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichtes K./T. vom 23.02.2005 (- 156 Js 41860/04 -) nicht berücksichtigt, mit dem S wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung und vorsätzlichem Bankrott zu einer Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 10,- EUR verurteilt worden sei. Aufgrund der dort seit dem Jahre 2002 angenommenen Zahlungsunfähigkeit des ehemaligen Arbeitgebers sei ihm nichts anderes übrig geblieben, als von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu machen. Es sei insoweit, obwohl die Strafverfolgung nach § 154 Abs. 1 der Strafprozessordnung eingestellt worden sei, auch von einer Straftat zu seinen Lasten auszugehen. Die sich hieraus ergebenden Schadenersatzansprüche seien von der Beklagten zu befriedigen. Die Beklagte habe jedenfalls von der genannten Entscheidung des LAG abweichen müssen.
Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegen getreten.
Mit Gerichtsbescheid vom 01.03.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, der Kläger habe für die Zeit vom 20.11.2003 - 15.02.2004 keinen Anspruch auf (weiteres) Insolvenzgeld. Der Insolvenzzeitraum umfasse, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (hier am 15.02.2004) vor dem Insolvenzereignis (hier dem 15.06.2004) liege, die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses. Dies sei der Zeitraum vom 16.11.2003 - 15.02.2004. Für diesen Zeitraum habe der Kläger keine (offenen) Ansprüche auf Arbeitsentgelt, insb. nicht aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges. Dies stehe nach dem Urteil des LAG rechtskräftig fest. Obschon das Urteil des LAG nicht zwischen den jetzigen Verfahrensbeteiligten ergangen sei und daher im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht formell rechtskräftig geworden sei, habe es Auswirkungen auf den vorliegenden Rechtsstreit, da die Beteiligten vorliegend über denselben Gegenstand stritten. Der Kläger habe hiernach nur für die Zeit vom 16. - 19.11.2003 Anspruch auf Insolvenzgeld, das von der Beklagten anhand der vorgelegten Insolvenzgeldbescheinigung zutreffend mit 226,81 EUR festgesetzt worden sei. In Ansehung des dem Kläger gewährten Vorschusses i.H.v. 2.500,- EUR sei die Beklagte auch berechtigt, einen Betrag in Höhe von 2.273,19 EUR zurückzufordern.
Gegen den am 04.03.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.03.2011 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt der Kläger vor, das Urteil des LAG sei nicht bindend. S habe vielmehr ihm gegenüber eine Straftat begangen, weswegen das SG den Sachverhalt hätte aufklären müssen. Er beantrage, die Akten des strafrechtlichen Verfahrens beizuziehen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 01. März 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 27. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. November 2010 zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit vom 20. November 2003 bis 15. Februar 2004 unter Zugrundelegung eines monatlichen Bruttoarbeitsentgeltes i.H.v. 1.850,- EUR sowie 20,- EUR Spesen täglich zu gewähren sowie den Erstattungsbescheid vom 27. November 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. November 2010 aufzuheben,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Aus-führungen im angefochtenen Gerichtsbescheid sowie ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die bei der Beklagten für den Kläger geführte Verwaltungsakte sowie die Prozessakten beider Rechtszüge, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 10.04.2013 wurden sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 10.04.2013 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist zulässig, führt jedoch für den Kläger inhaltlich nicht zum Erfolg.
Streitgegenständlich sind der Bescheid vom 27.11.2006, mit dem dem Kläger Insolvenzgeld für die Zeit vom 16. - 19.11.2003 i.H.v. 226,81 EUR bewilligt wurde sowie der Erstattungsbescheid vom gleichen Tag mit dem die Erstattung des gezahlten Vorschusses in einer Höhe von 2.273,19 EUR verfügt wurde. Beide Bescheide sind in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2010 gegenständlich (vgl. § 95 SGG). Nach verständiger Würdigung des Vorbringens des Klägers unter Berücksichtigung des § 123 SGG begehrt er die Gewährung von Insolvenzgeld für die Zeit vom 20.11.2003 - 15.02.2004 unter Zugrundelegung der vertraglich vereinbarten Vergütung i.H.v. 1.850,- EUR monatlich zzgl. 20,- EUR Spesen pro Arbeitstag.
Das SG hat die Klage insoweit in nicht zu beanstandender Weise abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 27.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2010 sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weiteres Insolvenzgeld für den Zeitraum vom 20.11.2003 - 15.02.2004.
Arbeitnehmer haben nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der insofern unverändert bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung bzw. nach § 165 SGB III in der insoweit nur sprachlich veränderten, ab dem 01.04.2012 geltenden Fassung, Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers (Nr.1), Abweisung eines Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (Nr.2) oder der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (Nr.3) (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
Zwar ist mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 15.06.2004 ein Insolvenzereignis einge-treten, zur Überzeugung des Senats hat der Kläger für den dreimonatigen Insolvenzzeitraum, der vorliegend mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses, d.h. am 15.02.2004 endet und hiernach bis zum 16.11.2003 zurückreicht, keine ausgefallenen Ansprüche auf Arbeitsentgelt.
Unter Arbeitsentgelt im Sinne des § 183 SGB III sind alle Arten von Bezügen aus dem Arbeits-verhältnis, d.h. Zahlungen des Arbeitgebers zu verstehen, die im weitesten Sinne als eine Gegenleistung für geleistete Arbeit oder das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft angesehen werden können. Hierunter kann grds. auch Verzugslohn nach §§ 611, 615 BGB fallen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18.12.2003 - B 11 AL 27/03 R - veröffentlicht in juris).
Der ehemalige Arbeitgeber des Klägers, die S KG, war jedoch ab dem 17.11.2003 nicht mehr verpflichtet, dem Kläger die vereinbarte Vergütung zu gewähren. Der Kläger hat die ihm oblie-gende Arbeitsleistung für die S KG ab dem 17.11.2003 unstreitig nicht (mehr) erbracht. Auch befand sich diese für und ab diesem Zeitpunkt nicht in Verzug mit der Annahme der klägeri-schen Arbeitsleistung; sie ist daher nicht nach § 615 BGB zur Zahlung der vertragsgemäßen Arbeitsvergütung verpflichtet.
Nach § 615 Satz 1 BGB kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug kommt. Der Arbeitnehmer muss die infolge des Annahmeverzugs ausgefallene Arbeit nicht nachleisten.
Der Arbeitgeber gerät mit der Folge, dass er gemäß § 615 Satz 1 BGB die Vergütung zu zahlen hat, in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer berechtigterweise ein Leistungsverweigerungs- oder Zurückbehaltungsrecht ausübt (vgl. u.a. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.02.2011 - 9 Sa 577/10 - veröffentlicht in juris). Der Arbeitnehmer kann nach § 273 Abs. 1 BGB ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitsleistung ausüben, wenn er einen fälligen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber erworben hat und dieser nicht erfüllt. Ob der Arbeitgeber leistungsunwillig oder bloß leistungsunfähig ist, spielt im Rahmen von § 273 BGB keine Rolle. Gemäß § 321 Abs. 1 BGB kann, wer aus einem gegenseitigen Vertrag vorzuleisten verpflichtet ist, die ihm obliegende Leistung verweigern, wenn nach Abschluss des Vertrags erkennbar wird, dass sein Anspruch auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils gefährdet wird. Sowohl § 321 BGB als auch § 273 Abs. 1 BGB setzen jedoch voraus, dass, bevor das Recht ausgeübt wird, der Arbeitnehmer den Arbeitgeber möglichst frühzeitig von der beabsichtigten Geltendmachung in Kenntnis setzt und eine gewisse Zeit abwartet, bevor das Zurückbehaltungsrecht tatsächlich ausgeübt wird (Landesarbeitsgericht Hessen, Beschluss vom 13.09.1984 - 12 Sa 676/84 - Kurztext veröffentlicht in juris; Preis in Erfurter Kommentar, 7. Aufl. § 611 BGB, Rn. 852), damit der Arbeitgeber ggf. den Anspruch auf Arbeitsentgelt erfüllen bzw. Sicherheit leisten (vgl. § 273 Abs. 3 BGB bzw. § 321 Abs. 1 Satz 2 BGB) kann. Das Erfordernis einer vorherigen Information des Schuldners gründet in der Funktion der Zurückbehaltungsrechte, den Schuldner unter Druck zu setzen, um ihn zur Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten zu veranlassen.
Ungeachtet davon, ob der Kläger überhaupt ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt hat, hat der Kläger bereits nicht vorgetragen, den S zuvor über die geplante Ausübung eines Zurückbehal-tungsrechts in Kenntnis gesetzt zu haben. Weder im Verwaltungs- noch im gerichtlichen Verfahren hat der Kläger dargelegt, den S vor der vermeintlichen Ausübung des Zurückbehaltungsrechts, darüber informiert zu haben, seine Arbeitsleistung wegen der ausstehenden Lohnzahlung nicht mehr erbringen zu wollen. Da auch S im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme vor dem LAG angegeben hat, sich nicht an eine etwaige Vorsprache des Klägers, anlässlich derer dieser angekündigt habe, zukünftig ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben, erinnern zu können, besteht für den Senat kein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger tatsächlich, wie für die berechtigte Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts erforderlich, dies zuvor gegenüber dem Arbeitgeber angekündigt hat. Der Senat verwertet die Zeugenaussage des S vor dem LAG, die sich in den dortigen Akten befinden, im Wege des Urkundenbeweises. Eine Zustimmung des Klägers hierzu ist nicht erforderlich (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Aufl., § 103, Rn. 11d). Auch ein Ausnahmefall der Gestalt, dass der Arbeitgeber bereits unmissverständlich zum Aus-druck gebracht hat, die Arbeitsvergütung nicht zu zahlen, ist klägerseits nicht vorgetragen und dem Senat auch anderweitig nicht ersichtlich.
Mithin ist der Senat nicht davon überzeugt, dass das ggf. ausgeübte Zurückbehaltungsrecht vor der tatsächlichen Ausübung, die gleichfalls nicht substantiiert dargelegt wurde, dem Arbeitgeber gegenüber angekündigt wurde. Hieraus folgt, dass jedenfalls nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass der Kläger berechtigterweise ein Zurückbehaltungsrecht ausgeübt hat. Zur Überzeugung des Senats bestehen daher keine, dem Zeitraum vom 20.11.2003 - 15.02.2004 zuzuordnenden ausgefallenen Entgeltansprüche des Klägers gegen die S KG. Ein Anspruch auf Gewährung von Insolvenzgeld besteht mithin nicht.
Soweit der Kläger während des Verfahren beantragt hat, die Akten der Staatsanwaltschaft S. betreffend des Strafverfahrens gegen S hinzuzuziehen, hat er diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 10.04.2013 nicht mehr gestellt und daher nicht aufrechterhalten, weswegen dem Begehren bereits deswegen nicht zu entsprechen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 29.03.2007 - B 9a VJ 5/06 B - veröffentlicht in juris).
Auch die Entscheidung, einen Betrag von 2.273,19 EUR vom Kläger zurückzufordern ist nicht zu beanstanden.
Gem. § 186 Satz 4 SGB III ist ein auf das Insolvenzgeld erbrachter Vorschuss zu erstatten, so-weit ein Anspruch auf Insolvenzgeld nicht oder nur in geringerer Höhe zu erkannt wird.
Vorliegend wurde dem Kläger ein Vorschuss auf das Insolvenzgeld i.H.v. 2.500,- EUR gewährt. Da indes ein Anspruch auf Insolvenzgeld lediglich i.H.v. 226,81 EUR besteht, errechnet sich eine Überzahlung von 2.273,19 EUR. Dieser Betrag ist von dem Kläger, ohne dass es auf Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes ankommt (vgl. Krodel in Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 186, Rn. 11), zu erstatten.
Die Bescheide vom 27.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2010 sind daher rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Da Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG (grundlegende Bedeutung der Rechtssache, Divergenz oder ein Verfahrensmangel) nicht vorliegen, ist der Antrag des Klägers auf Zulassung der Revision abzulehnen.
Rechtskraft
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