L 9 U 5864/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 693/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 5864/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Verletztenrente wegen der gesundheitlichen Folgen des als Arbeitsunfall anerkannten Wegeunfalls vom 22.11.2004.

Die 1963 geborene Klägerin war zum Unfallzeitpunkt als Flugbegleiterin (Stewardess) bei der D. – in der Tätigkeit seit 1991 – versicherungspflichtig beschäftigt. Ausweislich des Durchgangsarztberichtes des Chirurgen B. vom 22.11.2004 habe sie sich um 08.40 Uhr als angeschnallte Beifahrerin auf dem Weg von ihrer Wohnung zum Bahnhof in S. (mit dem Endziel F.) befunden, als ein gegnerisches Fahrzeug von hinten aufgefahren sei. Nach dem Unfall habe sie sich sofort in seine Praxis begeben, wo sie am Unfalltag um 11:00 Uhr eingetroffen sei. Er erhob den Befund eines Druck- und Bewegungsschmerzes im gesamten Verlauf der Halswirbelsäule (HWS) ohne wesentliche Ausstrahlung in die dorsolateralseitige Halsmuskulatur und von ziehenden Schmerzen bei Ventralflexion und Rotation des Kopfes. Daneben bestehe ein leichter Druckschmerz im Bereich der mittleren Brustwirbelsäule (BWS) mit geringgradiger paravertebraler Ausstrahlung nach links. Gemäß dem Röntgenbild (HWS in 2 Ebenen) habe bei deutlichen degenerativen Veränderungen keine frische Läsion am Knochen bestanden. Er stellte die Diagnose einer HWS-Distorsion mit voraussichtlicher Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 28.11.2004.

In dem von der Klägerin handschriftlich am 14.12.2004 ausgefüllten Fragebogen zum Unfallhergang (Bl. 7 bis 10 Verwaltungsakte der Beklagten – VA) gab die Klägerin an, dass es sich bei dem auffahrenden Fahrzeug um einen Mercedes gehandelt habe. Die Frage, ob polizeiliche oder sonstige Feststellungen getroffen worden seien (Verkehrspolizei, Staatsanwaltschaft oder andere) verneinte die Klägerin mit der Angabe, es sei ein Rechtsanwalt beauftragt worden. Sie gab ferner an, am 06.12.2004 die Arbeit wieder aufgenommen zu haben.

In dem Erhebungsbogen bei Beschleunigungstraumen der Halswirbelsäule der Beklagten (Bl. 27 VA) gab die Klägerin am 12.02.2005 an, dass sie angeschnallt gewesen sei, der Aufprall in S. auf der L. Straße (Fahrtrichtung stadtauswärts) auf Höhe des Autohauses W. von hinten erfolgt sei und das Fahrzeug, in welchem sie sich befunden habe, gestanden sei (Geschwindigkeit Null). Auf Frage nach der Geschwindigkeit des gegnerischen Fahrzeugs unmittelbar vor dem Zusammenprall fügte sie ein Fragezeichen in den Vordruck ein. Auf Frage, wie hoch sie die Anprallgeschwindigkeit vermute, kreuzte sie nicht nur von den vorgedruckten Möglichkeiten "unter 10 km/h, unter 30 km/h, unter 80 km/h, über 80 km/h" die Alternative "unter 80 km/h" an, sondern fügte daneben handschriftlich "ca. 40 km/h" hinzu. Sie gab ferner an, das Fahrzeug sei hinten beschädigt worden. Die Frage, ob Fotos des beschädigten Fahrzeuges angefertigt worden seien und wo diese gegebenenfalls angefordert werden könnten, verneinte die Klägerin mit der Angabe "nein – keine Fotos". Die Frage, ob ein verkehrstechnisches Sachverständigengutachten angefertigt worden sei, beantwortete die Klägerin nicht. Die Klägerin gab ferner an, die Airbags seien nicht ausgelöst worden, das Fahrzeug sei noch fahrtüchtig gewesen. Nach dem Unfall seien Beschwerden sofort und später aufgetreten. Es habe sich um Kopfschmerzen, Nackenschmerzen, Schwindel und Kribbeln an Armen/Händen auf der Haut gehandelt. Zwar habe sie schon früher Beschwerden an der HWS gehabt, aber nicht so extrem. Auf Frage nach der Art der Beschwerden gab sie an: "Verspannungen &61664; Migräne ca. 6x im Jahr".

Die Beklagte zog hierauf das Haftpflichtschadens-Gutachten für den Pkw, in welchem sich die Klägerin als Beifahrerin befunden hatte, bei (Gutachten vom 23./25.11.2004, Bl. 29 ff. VA). Es handelte sich um ein Fahrzeug der Marke Alfa Romeo Spider. Ausweislich der dem Gutachten beigefügten Rechnung mussten insbesondere der Stoßfänger hinten erneuert und das Heck des Fahrzeuges rückverformt, das Seitenteil hinten links und der Kofferraumboden instandgesetzt, beide Kotflügel repariert und lackiert und eine Heckleuchte ausgetauscht werden. Die Summe der eingebauten Ersatzteile belief sich auf 2.553,28 EUR netto, der Endbetrag der Reparatur auf 6.331,91 EUR brutto.

Ausweislich der Unfallanzeige der D. AG vom 16.03.2005 (Bl. 61 VA) sei die Fahrbahn auf Höhe der Unfallstelle zweispurig gewesen. Der Wagen vor dem Pkw, in welchem sich die Klägerin befunden habe, habe abbiegen wollen, weshalb der Verkehr zum Stillstand gekommen sei. Der Wagen hinter der Klägerin sei nahezu ungebremst aufgefahren. Es habe sich um einen Auffahrunfall von hinten gehandelt.

Mit Nachschaubericht vom 18.01.2005 (Bl. 14 VA) teilte der Chirurg B. mit, die Klägerin sei zwischenzeitlich arbeitsfähig gewesen und habe sich am 17.01.2005 mit zunehmenden Beschwerden zu ihm begeben. Es imponiere ein Druckschmerz im Bereich des cervicothorakalen Übergangs, die Weichteilkontur sei etwas prominent. Es bestünden ausstrahlende Beschwerden in die dorsolateralseitige Halsmuskulatur. In einer an den Rechtsanwalt der Klägerin gerichteten Stellungnahme führte er aus, der nach dem Unfallereignis nachgewiesene Bandscheibenvorfall C5/C6 nach HWS-Distorsion sei in einer Voruntersuchung in Form einer Computertomographie vom 06.05.2004 noch nicht nachweisbar gewesen und somit als posttraumatisch zu werten. Beigefügt war der Bericht der Radiologin Dr. K. vom 06.05.2004 (Bl. 39 VA) über eine Computertomographie der Bandscheiben C3 bis Th1. Auf Höhe C5/C6 beschrieb diese deutliche spondylotische und ventral betonte Wirbelkantenveränderungen und eine Verengung des Lumens des Foramens links bei annähernd normaler Weite des Foramens rechts und einer nur geringen Impression des Spinalkanals durch leichte dorsale Spondylose. Den Befund beurteilte sie als Degenerationszeichen unterschiedlicher Ausprägung in allen Segmenten mit Verengungen von Foramina beidseits in fast allen Segmenten, nur gering asymmetrisch, mit leichter Verkürzung des Sagittaldurchmessers des Spinalkanals durch dorsale Spondylose. Ein Beweis für einen Bandscheibenvorfall sei nicht erbracht. Der Arzt für diagnostische Radiologie und Innere Medizin Dr. H. beschrieb in dem Bericht über die am 18.01.2005 (Bl. 38 VA) durchgeführte Kernspintomographie der HWS im Segment C5/C6 einen medio-lateralen Bandscheibenvorfall links mit Impression des Duralsacks mit partiell aufgebrauchtem Subarachnoidalraum, ohne relevante Myelonkompression, jedoch Affektion der abgehenden linken Nervenwurzel und ein mäßig eingeengtes linkes Neuroforamen.

Das aktenkundige Register der G. (G.), wo die Klägerin seit dem 01.10.2004 versichert war, weist Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 22.11.2004 bis 05.12.2004 und wieder ab dem 17.01.2005 auf (Bl. 20 ff. VA, Diagnose "Verstauchung und Zerrung der Halswirbelsäule").

Das von der Beklagten beigezogene Vorerkrankungsregister der H. (H.) weist vor dem Unfallereignis eine Vielzahl von Arbeitsunfähigkeitszeiten auf, denen – zum Teil als eine von mehreren Diagnosen – die Diagnose HWS-Syndrom zugeordnet ist (etwa im November/Dezember 1996, im September 1997, Juni/Juli 1998, August 1998 bis Januar 1999, November 2001 [Zervikoneuralgie]). Wirbelsäulenbeschwerden ohne nähere Angaben lagen den Arbeitsunfähigkeitszeiten vom November 1996, April/Mai 2001 und Juli/August 2001 zugrunde. Vom 15.04.2000 bis 14.05.2000 enthält das Register eine Arbeitsunfähigkeitszeit unter der Diagnose "Verletzung sonstige Muskeln und Sehnen". Die Klägerin gab später gegenüber dem im Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) beauftragten Gutachter Dr. K. (Gutachten vom 18.07.2007, Bl. 30 [31] SG-Akte) an, im Jahr 2000 bereits einmal ein HWS-Schleudertrauma erlitten zu haben, infolge dessen sie einen Halskragen getragen habe.

Am 13.06.2005 (Bl. 81 ff. VA) erstattete der Chefarzt der Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Klinikums S., Dr. W., unter Mitwirkung seines Oberarztes Dr. L., ein Zusammenhangsgutachten über die Klägerin; am 10.08.2005 (Bl. 103 ff. VA) erstattete nach einer Rückfrage der Beklagten Dr. L. eine ergänzende Stellungnahme. Dr. W. führte im Gutachten vom 13.06.2005 aus, anamnestisch leide die Klägerin seit längerem immer wieder an Wirbelsäulenproblemen und migräneartigen Cephalgien, so dass am 06.05.2004 ein CT des Schädels und der Wirbelsäule angefertigt worden sei, wobei sich in allen Segmenten der HWS Degenerationszeichen unterschiedlicher Ausprägung und Einengungen von Foramina gezeigt hätten, es allerdings keinen Hinweis für einen Bandscheibenvorfall gegeben habe. In der Kernspintomographie der Halswirbelsäule vom 18.01.2005, welche eine signifikante Fehlhaltung der Halswirbelsäule bei bekannten multisegmentalen Spondylosen beschreibe, habe sich ein neu hinzugetretener medio-lateraler Bandscheibenvorfall C5/C6 links gezeigt, welcher sich unzweifelhaft durch das Trauma vom 22.11.2004 entwickelt habe. Ebenso stehe außer Frage, dass ein vorbestehender Schaden zu diesem Ereignis geführt habe. Dieser sei mit 50 % zu veranschlagen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt betrage die MdE 100 vom 100. Mit Stellungnahme nach Aktenlage vom 10.08.2005 führte Dr. L. aus, mit der prozentualen Angabe von 50 % Vorschädigung sei nicht der Anteil des Vorschadens an den unfallbedingten Folgeschäden des konkreten Unfallereignisses gemeint gewesen. Vielmehr habe hiermit die Ausprägung unter dem Aspekt der multisegmentalen Lokalisation formuliert werden sollen. Unfallunabhängig vorbestehend seien eine multisegmentale mäßiggradige Spondylosis intervertebralis und Spondylosis deformans der HWS mit geringgradiger Einengung der Neuroforamina. Diese Beschwerden hätten durch das Unfallereignis eine richtungsweisende Verschlimmerung erfahren. Unfallbedingt sei ein HWS-Distorsionstrauma Grad Erdmann II mit posttraumatischem Bandscheibenvorfall C5/C6 links. Insbesondere der Unfallmodus sei als energetisch überproportional einzustufen, weshalb die vorbestehenden Veränderungen zu vernachlässigen seien. Auch an einer gesunden Wirbelsäule wären die gleichen Unfallfolgeschäden aufgetreten. Der Grad der MdE betrage 20 v.H. bis zum 22.11.2005. Üblicherweise sei bei einem HWS-Schleudertrauma II. Grades nach Erdmann nach dieser Zeit keine MdE in der genannten Höhe mehr zu erwarten; die Beschwerden mündeten dann in einen von den degenerativen Veränderungen geprägten Verlauf ein.

Im Rahmen einer ambulanten Vorstellung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vom 29.08.2005 beschrieb Professor Dr. K. mit Bericht vom 01.09.2005 (Bl. 125 VA) klinisch eine frei bewegliche Halswirbelsäule ohne tastbare paravertebrale Myogelosen. Die durchgeführte orientierende neurologische Untersuchung habe bis auf die angegebenen Kribbelparästhesien und eine vermeintliche Schwäche der Bizeps- und Trizeps-Muskulatur, welche auf andere, nicht objektivierbare, Gründe zurückzuführen sei, keine relevanten Auffälligkeiten ergeben. Anschließend führte die Klägerin ein stationäres Heilverfahren in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. durch (Entlassungsbericht vom 10.11.2005, Bl. 192 VA). Professor Dr. W. gab sowohl im Entlassungsbericht als auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25.01.2006 (Bl. 213 ff. VA) an, dass eine erneute am 26.09.2005 durchgeführte Kernspintomographie keinen Hinweis für einen Bandscheibenvorfall ergeben habe (vgl. MRT-Befund vom 28.09.2005, Bl. 220 VA). Der erhobene Befund multisegmentaler degenerativer Veränderungen ohne Nachweis einer signifikanten Einengung des Spinalkanals oder der Neuroforamina habe dem CT-Befund vom 06.05.2004 entsprochen. Professor Dr. M. (Universitätsklinikum T.) gab im Bericht über eine neurologische Untersuchung vom 27.09.2005 (Bl. 216 VA) an, eine C5-Wurzelläsion links habe ebenso wenig wie eine floride C6-Wurzelläsion links festgestellt werden können. Klinisch und elektrophysiologisch habe er keine Hinweise auf eine radikuläre Symptomatik finden können; im Bereich der HWS hätten keine relevanten Bandscheibenvorfälle dargestellt werden können. Dies aufgreifend führte Professor Dr. W. in seiner Stellungnahme vom 25.01.2006 aus, auf eine radikuläre Symptomatik hindeutende neurologische Ausfälle hätten sich während des Heilverlaufes nicht gefunden. Den im Zusammenhangsgutachten des Klinikums S. postulierten Unfallzusammenhang bezüglich der jetzt bestehenden Beschwerden könne er nicht nachvollziehen. Zwar sei, nachdem die Geschwindigkeit des Heckanpralls mit 40 km/h geschätzt worden sei, eine deutliche Krafteinleitung auf die Halswirbelsäule erfolgt, allerdings habe diese ein entsprechend vorgeschädigtes Organ getroffen. Der klinische Erstbefund entspreche nicht dem klinischen Befund eines frischen traumatischen Bandscheibenvorfalls. Die frische Zerreißung von Bandscheibengewebe führe gemäß der Literatur zu einem schwerwiegenden Schmerzsyndrom mit in der Regel radikulären Ausfallserscheinungen, welche hier nicht vorhanden gewesen seien. Es habe sich ein chronisch persistierendes Schmerzbild im Sinne einer Cervicobrachialgie entwickelt. Der kernspintomographisch am 18.01.2005 festgestellte Bandscheibenvorfall links bei C5/C6 sei jetzt kernspintomographisch nicht mehr nachzuweisen; auch die Funktionsuntersuchung habe keinen Anhalt für eine segmentale Instabilität in diesem Segment gezeigt. Die Anamnese spreche dafür, dass es durch die Krafteinleitung zu einer vorübergehenden Verschlimmerung des Spontanverlaufes der degenerativen Wirbelsäulenerkrankung gekommen sei. Eine Richtunggebung könne allerdings nicht nachgewiesen werden, nachdem zum Zeitpunkt der gegenwärtigen Untersuchung die kernspintomographisch dargestellten Veränderungen im Segment C5/C6 nicht mehr nachweisbar seien. Die aktuell bestehenden Beschwerden seien durch die bestehenden Verschleißveränderungen zwanglos zu erklären. Dies habe von der Klägerin trotz mehrerer Gespräche nicht akzeptiert werden können.

Auf Empfehlung von Professor Dr. W. veranlasste die Beklagte eine neuerliche Zusammenhangsbegutachtung. Mit Zusammenhangsgutachten vom 14.03.2006 (Bl. 242 VA) bezeichnete der Ärztliche Direktor des Universitätsklinikums U., Professor Dr. K., als Unfallfolgen einen Zustand nach HWS-Distorsion mit bei deutlich vorhandenen degenerativen Veränderungen an der HWS noch bestehenden belastungsabhängigen Schmerzen und einem Ziehen im Bereich der HWS. Bei deutlicher Neigung der Klägerin zur Aggravation sei ein neurologisches Zusatzgutachten in Auftrag gegeben worden. Er stellte der Beklagten anheim zu prüfen, ob die Erstellung eines unfalldynamischen Zusatzgutachtens zur Ermittlung der auf die Klägerin einwirkenden Beschleunigungskraft (Delta V) retrospektiv möglich sei. Dies sei sehr hilfreich zur Einschätzung der Beschleunigungskraft, zu welcher ansonsten nur rein spekulative Einschätzungen möglich seien.

Mit neurologischem Gutachten vom 20.07.2006 (Bl. 300 VA) diagnostizierte Dr. S. unter Mitwirkung von Dr. R. eine HWS-Distorsion Grad I und ein abortives C6-Syndrom links, passend zu der von der Klägerin beschriebenen Hypästhesie im Bereich des linken Unterarms radial. Die durchgeführte HWS-MRT-Bildgebung erkläre nach Einschätzung von Dr. S. nicht das Ausmaß der klinischen Symptomatik. Das Trauma erscheine nicht adäquat, um die beschriebenen Veränderungen und die klinische Symptomatik ausreichend zu erklären. Aus neurologischer Sicht betrage die MdE 100 v.H. für 14 Tage nach dem Unfall, 20 v.H. für weitere drei Monate und 10 v.H. für nochmals weitere drei Monate. Mit ergänzenden Stellungnahmen vom 06.09.2006 und 19.10.2006 (Bl. 312 und 320 VA) übernahm Professor Dr. K. diese Werte als Gesamt-MdE und führte aus, durch das Trauma vom 22.11.2004 sei der Spontanverlauf einer anlagebedingten degenerativen frühzeitigen Wirbelsäulenerkrankung im Bereich der HWS vorübergehend verschlimmert worden.

Mit Bescheid vom 08.11.2006 (Bl. 325 VA) lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente ab und stützte sich dabei auf die Gutachten von Professor Dr. K. und Dr. S ... Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit hätten vom 23.11.2004 bis 05.12.2004 und vom 17.01.2005 bis zum 06.05.2005 bestanden. Die darüber hinaus bestehenden Beschwerden, insbesondere im Kopf- und Wirbelsäulenbereich, seien auf unfallunabhängig bestehende Schäden an der Wirbelsäule zurückzuführen.

Mit ihrem Widerspruch vom 08.12.2006 verwies sie auf die von Professor Dr. K. erhobene Forderung, ein unfalldynamisches Zusatzgutachten einzuholen. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2007 (Bl. 349 VA) wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Sachverständigen Professor Dr. K. und Dr. S. seien zu dem Ergebnis gekommen, dass unfallbedingt eine Zerrung der Halswirbelsäulenmuskulatur vorgelegen habe. Durch das Unfallereignis sei es zu einer vorübergehenden Verschlimmerung einer anlagebedingten verschleißbedingten (degenerativen) Wirbelsäulenerkrankung im Bereich der HWS gekommen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit werde von den Sachverständigen längstens für 5 ½ Monate nach dem Unfallereignis, also bis zum 06.05.2005, angenommen. Die MdE werde nach Ablauf der 26. Woche nach dem Unfall von den Sachverständigen mit unter 20 v.H. (nicht rentenberechtigend) bewertet. Soweit die chirurgischen Gutachter ein unfalldynamisches Zusatzgutachten für sinnvoll gehalten hätten, sei dieses für die Beklagte nicht notwendig gewesen, da eine schlüssige Bewertung bereits auf Grundlage der vorliegenden Unterlagen, insbesondere der Unfallhergangschilderung, möglich gewesen sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 22.02.2007 eine auf die Gewährung von Verletztenrente gerichtete Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, die Vorschädigungen, von welchen die Beklagte ausgehe, seien nicht bewiesen. Die Klägerin sei vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen und habe Sport getrieben, seit dem Unfall leide sie an anhaltenden gesundheitlichen Beschwerden – an Sport sei nicht zu denken. Sie hat Unterlagen aus einem wegen des Unfalls parallel geführten Zivilverfahrens zur Akte gereicht, darunter eine vom behandelnden Chirurg B. zur Vorlage beim Landgericht E. angefertigte Stellungnahme vom 29.08.2006. Dieser hat dort ausgeführt (Bl. 14 [15] SG-Akte), auch bei vorliegendem CT vor dem Unfall mit nicht nachgewiesenem Bandscheibenvorfall werde der Beweis, ob der sich posttraumatisch zeigende Bandscheibenvorfall unfallbedingt sei oder nicht, schwer zu führen sein. Ob der kernspintomographisch nachgewiesene Bandscheibenvorfall unfallbedingt sei oder nicht, sei aus seiner Sicht völlig unerheblich. Auch die in der Computertomographie vor dem Unfall dokumentierten leichten Abnutzungsveränderungen der HWS seien für das gegenwärtige Beschwerdebild nicht zu bewerten. Jedenfalls seien die bestehenden therapieresistenten Beschwerden im Sinne einer Zervikobrachialgie bzw. Zervikocephalgie als Unfallfolgen zu werten und einklagbar. Mit Stellungnahme vom 27.04.2007 (Bl. 13 SG-Akte) hat er die Dauer unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.10.2006 beziffert.

Ausweislich des von der Klägerin zur Akte gereichten Befundes von Dr. W. und Dr. K. (Klinikum S.) vom 21.07.2006 (Bl. 108/109 SG-Akte) trete der im Kernspintomogramm vom 18.01.2005 dokumentierte Bandscheibenvorfall C5/C6 paramedian linksseitig klinisch nicht in Erscheinung, da keine radikuläre Symptomatik vorliege. Im Vordergrund stünden eine paravertebrale Muskelverspannung und wahrscheinlich ein Facettengelenkssyndrom C5/C6 und C7/Th1. Ebenfalls aktenkundig ist ein MRT-Befund der HWS vom 10.04.2008 (Facharzt für diagnostische Radiologie W., Bl. 113 f. SG-Akte), in welchem im Segment C5/C6 eine gering bis mäßiggradige Spondylarthrose, breitflächige Bandscheibenprotrusion und ein flacher, regressiv veränderter, lateraler Bandscheibenvorfall linksseitig mit partieller Verlegung des Neuroforamens, aber teilweise noch abgrenzbarer Nervenwurzel, beschrieben worden ist.

Das SG hat auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) den Facharzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. K. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, welches vom 18.07.2007 datiert (Bl. 30 ff. SG-Akte). In der Unfallanamnese ist ausgeführt, dass der Unfallgegner von hinten links (die Autotüre links habe nach dem Unfall geklemmt) auf das stehende Fahrzeug der Klägerin aufgefahren sei. Der Unfall habe sich unerwartet ereignet, die Kopfstützen seien regelrecht eingestellt gewesen, der Airbag habe nicht ausgelöst. Die geschätzte Geschwindigkeit des Unfallgegners sei 40 km/h gewesen. Hierzu habe die Klägerin jedoch angegeben, zu einer Geschwindigkeitsschätzung praktisch genötigt worden zu sein und über die Geschwindigkeit keine differenzierte Aussage machen zu können. Beschwerden im Sinne von Kopf- und Nackenschmerzen, Schwindel und Kribbelparästhesien an Armen/Händen seien ca. 20-30 min nach dem Unfall aufgetreten und dauerten praktisch noch an. Er kam zu dem Ergebnis, dass wie im Gutachten des Universitätsklinikums U. (Professor Dr. K./PD Dr. S.) angenommen, durch den Unfall vom 22.11.2004 eine vorübergehende Verschlimmerung einer bestehenden degenerativen Halswirbelsäulenerkrankung hervorgerufen worden sei. Für die ersten vier Wochen betrage die MdE 100 v.H., danach für die Dauer von drei Monaten 20 v.H. und bis zum Ende des ersten halben Jahres 10 v.H.

Auf den weiteren Antrag nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG hat der Chefarzt der Radiologischen Abteilung der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik M, Dr. E., am 16.10.2008 (Bl. 162-166 SG-Akte) ein radiologisches Zusatzgutachten erstattet und nach Auswertung der CT-Bilder vom 06.05.2004 ausgeführt, diese zeigten in Höhe HWK 5/6 einen mediolateral linksseitigen Bandscheibenvorfall mit deutlicher Einengung des linksseitigen Neuroforamens, ferner in Höhe HWK 6/7 eine mediale Diskusprotrusion. Ebenfalls hat Dr. E. die Kernspinbilder vom 18.01.2005 ausgewertet. Auch dort zeige sich ein mediolateraler Bandscheibenvorfall im Segment HWK 5/6 mit Impression des Duralsackes und Einengung des linksseitigen Neuroforamens in dieser Höhe. Eine gravierende Veränderung des Befundes im Vergleich zum CT vor dem Auffahrunfall sei nicht erkennbar, sofern diese beiden Untersuchungsmethoden miteinander vergleichbar seien. Am 06.05.2004 sei der Bandscheibenvorfall unzweifelhaft erkennbar, eine Progression desselben im Kernspintomogramm vom 18.01.2005 sei allerdings nicht auszuschließen – bei unveränderter Darstellung der degenerativen Veränderungen. Im Kernspinbefund vom 26.09.2005 habe sich im Gegensatz dazu kein Bandscheibenvorfall mehr gezeigt, auch kein Nachweis einer signifikanten Einengung des Spinalkanals oder der Neuroforamina. Die weiteren Kernspinbefunde vom 10.02.2006 und 10.04.2008 hätten im Wesentlichen denselben Befund aufgewiesen (bekannte Bandscheibenprotrusionen, insbesondere im Segment HWK 5/6 und HWK 6/7, sowie die bekannten degenerativen Veränderungen bei Steilstellung der HWS). Insgesamt hätte sich schon ca. ½ Jahr nach dem Unfallereignis keine gravierende Läsion im HWS-Bereich mehr gezeigt, insbesondere sei ein Bandscheibenvorfall im Segment HWK 5/6 schon ½ Jahr nach dem Unfall nicht mehr nachweisbar.

Der unfallchirurgische Hauptgutachter, Prof. Dr. P., hat in seinem Gutachten, welches er am 20.11.2008 (Bl. 120-161 SG-Akte) ebenfalls gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin erstattet hat, unter Mitberücksichtigung der Ausführungen von Dr. E. ausgeführt, dass das Unfallereignis mit einer Aufprallgeschwindigkeit von 40 km/h sich sehr viel eindrucksvoller darstelle, als dies der großen Zahl gleichartiger Fälle entspreche. Ohne unfallanalytisch-physikalische Berechnungen, welche nicht vorlägen und auch nicht mehr nachgeholt werden könnten, könne eine genaue Beschleunigung des angestoßenen Fahrzeuges nicht mehr ermittelt werden. Allerdings müsse der medizinische Gutachter bei dieser Evidenz von einer Beschleunigung von deutlich oberhalb der von Teilen der Wissenschaft postulierten und vom Bundesgerichtshof (BGH) schließlich verworfenen "Harmlosigkeitsgrenze" von bis zu 12 km/h ausgehen. Dass oberhalb dieses Bereichs Verletzungen der HWS entstünden, sei auch bei den meisten Befürwortern der sog. Harmlosigkeitsgrenze unstrittig. Bei einem heckseitigen Fahrzeugzusammenstoß werde die dadurch verursachte Beschleunigung vom Rumpf aufgenommen, wobei der schwere und auf der frei beweglichen HWS aufsitzende Kopf wegen des physikalischen Beharrungsvermögens in der ursprünglichen Position verbleibe. Die Folge sei eine gewaltsame Überstreckung der HWS, deren Scheitelpunkt regelhaft in Höhe von C 5/6 liege. Dabei finde ein Eigenschutz der HWS nicht statt, da die Muskulatur zu schwach sei und die Überstreckung überraschend erfolge. Somit würden Bänder und Gelenkkapseln quasi ungebremst belastet. Da solche Belastungen im Plan der HWS nicht vorgesehen seien, führe dies dazu, dass diese in Gestalt von Zerrungen auf diese Organe und die Muskulatur übergingen. Die Zerrungen führten, wie an anderen Körpergegenden auch, zu mehr oder weniger ausgeprägten Gewebszerreißungen im Verlauf einer Struktur oder im Bereich von Ansatzpunkten; aus letzteren resultierten wegen des geringen Widerstandswertes der Knochenstruktur im Vergleich zum Band knöcherne Bandabrisse. Je nach Richtung und Stärke der Gewalteinwirkung führten diese Umstände auch bei voll leistungsfähiger Gewebsbeschaffenheit zu Verletzungen. Die Verletzungsschwelle sei jedoch bei vorgeschädigtem Gewebe – und bei der Klägerin hätten vor dem Unfall bereits erhebliche qualitative Gewebsveränderungen in der Wirbelkörperbandscheibenreihe der HWS bedingt durch langzeitige Veränderungsprozesse vorgelegen – niedriger. Prof. Dr. P. hat sich dem radiologischen Gutachten des Dr. E., wonach eine Progression des medio-lateral linksseitigen Bandscheibenvorfalles C 5/6 nicht auszuschließen sei, vollumfänglich angeschlossen. Ebenso hat er als erwiesen angesehen, dass sich der beschriebene Vorfall wieder zurückgebildet habe. Er hat aus diesem Ablauf letztlich den Schluss gezogen, dass die Gewalteinwirkung vom 22.11.2004 zu einer discoligamentären Verletzung im Segment C 5/6 (Faserringverletzung der Bandscheibe ohne deren vollständige Zerreißung) geführt habe. Nachdem keine Verlagerung des Bandscheibenkerns gegen den Wirbelkanal und damit das Rückenmark und seine Höhlen erfolgt sei, sei die eingetretene Verletzung auf eine Distorsion im Sinne einer begrenzten Strukturschwächung begrenzt gewesen; ein nicht rückbildungsfähiger Vorfall in den Hüllbereich des Rückenmarks sei dagegen nicht eingetreten. Nachdem die degenerativen HWS-Veränderungen der Klägerin durch die Unfalleinwirkung in ihrer Beschaffenheit nicht verändert worden seien, sei eine richtungsgebende Verschlimmerung auszuschließen; gleichwohl hätten bis zur Beendigung der geweblichen Reparaturvorgänge Ruhe-, Belastungs- und Bewegungsschmerzen bestanden. Insgesamt habe es sich um eine HWS-Distorsion Grad II nach Erdmann gehandelt. Dabei sei es zu einer discoligamentären Verletzung des Segments C 5/6 Gekommen, welche vollständig ausgeheilt sei. Die Heilung sei beeinflusst durch den vorbestehenden Degenerationszustand stark verzögert abgelaufen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe vom 22.11.2004 bis 13.11.2005 bestanden; die Arbeitsaufnahme am 22/23.12.2004 sei als missglückter Arbeitsversuch zu werten. Über den genannten Zeitraum hinaus habe keine unfallbedingte MdE bestanden.

Mit Urteil vom 29.10.2009 hat das SG die Klage abgewiesen und sich in den Gründen insbesondere den Schlussfolgerungen der Gutachter Prof. Dr. K. und Prof. Dr. L. (richtig: Dr. S.) angeschlossen, und als wesentlich durch den Unfall vom 22.11.2004 verursacht nur eine HWS-Distorsion Grad I nach Erdmann angesehen, demgegenüber nicht den Bandscheibenvorfall bei C5/C6, welcher wesentlich ursächlich auf den vorbestehenden degenerativen Veränderungen beruhe.

Gegen das ihr am 14.11.2009 mittels Postzustellungsurkunde zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.12.2009 Berufung eingelegt und ausgeführt, das Gutachten von Dr. K. halte sie für unbrauchbar. Prof. Dr. P. habe die bestehende Bandscheibenproblematik als eindeutig unfallursächlich gewertet. Vor dem 22.11.2004 habe sie nachweislich keinen Bandscheibenvorfall gehabt. Ferner hat sie vortragen lassen, die Klärung des Ursachenzusammenhanges der bei der Klägerin insbesondere im HWS-Bereich bestehenden Gesundheitsschäden insbesondere im HWS-Bereich setze eingehende Ermittlungen zum Ablauf des Unfallereignisses (Feststellungen zur Geschwindigkeit des auffahrenden Fahrzeuges, Typ des auffahrenden Fahrzeuges, Sitzposition des Verletzten und die auf diesen einwirkenden physikalischen Kräfte) voraus. Vorliegend fehlten Feststellungen zum Unfallmechanismus bzw. zum biomechanischen Vorgang in sämtlichen vorliegenden Sachverständigengutachten, weshalb die Einholung eines interdisziplinären biomechanischen Sachverständigengutachtens beantragt werde. Hierfür könnten Lichtbilder des gegnerischen Fahrzeuges bei dem KFZ-Sachverständigen-Büro H. angefordert werden. Zum Unfallhergang hat die Klägerin ausführen lassen, sie habe sich in einem Alfa Romeo Spider (Cabrio) mit Kopfstützen als angeschnallte Beifahrerin befunden, wobei nach verkehrsbedingtem Anhalten ihres Fahrzeuges ein dahinter fahrender PKW Typ Mercedes Benz mit einer Geschwindigkeit von etwa 40-50 km/h links hinten aufgefahren sei. Besonderer Berücksichtigung bedürfe der Umstand, dass es sich um ein Cabrio gehandelt habe, denn die Ableitung der auf das Fahrzeug einwirkenden Kräfte wirke sich in einem Cabrio ungünstiger als bei einem normalen Pkw aus.

Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 29. Oktober 2009 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 08. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 22. November 2004 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. zu gewähren, hilfsweise zum Beweis der Tatsache, dass der Unfall vom 22. November 2004 für die bei der Klägerin fortbestehende HWS-Verletzung ursächlich ist, ein interdisziplinäres biomechanisches Sachverständigengutachten nebst Unfallanalytik einzuholen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für zutreffend.

Im Berufungsverfahren hat auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG Dr. S. ein weiteres Gutachten über die Klägerin erstattet. Er hat ausgeführt, im CT vom 06.05.2004 erkenne er in Übereinstimmung mit dem radiologischen Vorgutachter einen kleineren linksbetonten Bandscheibenvorfall. Dieser sei auch im MRT vom 18.01.2005 erkennbar, wobei er eventuell geringgradig an Größe zugenommen haben könnte. Da es sich jedoch um unterschiedliche technische Verfahren handele, sei eine detailliertere Aussage hierzu nicht möglich. Das Unfallereignis habe zu einer vorübergehenden Verschlimmerung des Spontanverlaufes einer anlagebedingten frühzeitigen Wirbelsäulenerkrankung im Bereich der HWS geführt. Die MdE betrage unter Zugrundelegung einer klinischen und morphologischen Störung Grad I nach Erdmann nach HWS-Distorsion bis 14 Tage nach dem Unfall 100 v.H., für weitere 3 Monate 20 v.H. und danach unter 10 v.H. Dies decke sich im Wesentlichen mit der Einschätzung von Prof. Dr. K.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die SG-Akte und die Senatsakte Bezug genommen.

II.

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegt worden.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) statthafte und auch sonst zulässige Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Klägerin hat wegen der Folgen des Unfalls vom 22.11.2004 keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das Landessozialgericht – nach vorheriger Anhörung der Beteiligten – die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis Gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Den Beteiligten wurde im Vorfeld der Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Der Umstand, dass die Klägerin vorliegend eine Entscheidung durch Beschluss entgegengetreten ist, hindert eine solche Entscheidung im Ergebnis nicht, nachdem eine Zustimmung der Beteiligten anders als bei einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG nicht erforderlich ist (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, § 153 Rn. 14). In Fällen wie dem vorliegenden gebietet Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ebenso wenig wie Art. 103 Abs. 1 Grundgesetzt (GG) oder Art. 19 Abs. 4 GG entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung nicht, auch in der Berufungsinstanz nochmals eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Berufsrichter des Senats haben sich bei der nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffenden Entscheidung über die Verfahrensweise (vgl. a.a.O. Rn. 15 bis 15b) davon leiten lassen, dass die Sache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG Gelegenheit hatte, sich zur Sache einzulassen und den Termin auch tatsächlich wahrgenommen hat, sie im Berufungsverfahren durch einen Rechtsanwalt fachkundig vertreten worden ist und sich durch ihren Bevollmächtigten mehrfach ausführlich schriftsätzlich geäußert hat, und sich im Berufungsverfahren wesentliche neue Tatsachen nicht ergeben haben.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben gem. § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.

Versicherungsfälle im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 2.4.2009 – B 2 U 29/07 R – in Juris m.w.N.).

Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Gesundheitsstörung bzw. Funktionseinschränkung als Unfallfolge bei der Bemessung der MdE ist grundsätzlich u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis bzw. dem dadurch eingetretenen Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Gesundheitserstschaden und den fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf Grund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden, bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196-209 und Juris).

Bei mehreren konkurrierenden Ursachen muss die rechtlich wesentliche Bedingung nach dem Urteil des BSG vom 9.5.2006 (a.a.O. Rdnr. 15) nicht "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig" sein. Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Kommt einer der Ursachen gegenüber den anderen eine überragende Bedeutung zu, ist sie allein wesentliche Ursache und damit allein Ursache im Rechtssinn.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.6.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze mindern die nachgewiesenen Gesundheitsstörungen, deren wesentliche Ursache mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Unfallereignis vom 22.11.2004 ist, die Erwerbsfähigkeit der Klägerin über die 26. Woche nach dem Unfallereignis hinaus nicht im für die Gewährung einer Verletztenrente erforderlichen Grad von wenigstens 20 v.H.

Der Senat sieht es als erwiesen an, dass der mittels Kernspintomographie der HWS im Segment C5/C6 vom 18.01.2005 (Bl. 38 VA) nachgewiesene mediolaterale Bandscheibenvorfall im Segmente HWK 5/6 mit Impression des Duralsackes und Einengung des linksseitigen Neuroforamens bereits vor dem Unfallereignis vom 22.11.2004 bestanden hat und sich bis zum 26.09.2005, wo ein neuerliches MRT angefertigt worden ist, zu einer bloßen Bandscheibenprotrusion bei vorbestehenden degenerativen Veränderungen zurückgebildet hat. Er stützt sich dabei maßgeblich auf die schlüssigen Ausführungen des radiologischen Sachverständigen Dr. E., der sein Gutachten nach eigener Durchsicht und Auswertung der am 06.05.2004 angefertigten CT-Bilder wie auch der am 18.01.2005, 26.09.2005 und - bezüglich des weiteren Verlaufes - am 10.02.2006 und 10.04.2008 angefertigten MRT-Bilder erstattet hat. Der im MRT vom 18.01.2005 nachgewiesene mediolaterale Bandscheibenvorfall ist somit nicht traumatischen Ursprungs, zumal es, worauf Dr. S. in seinem Gutachten vom 25.07.2012 zutreffend hingewiesen hat (Bl. 102 Senatsakte), auch an jeglichen Anhaltspunkten für knöcherne oder ligamentäre Begleitverletzungen fehlt. Erstere haben bereits durch die am Unfalltag angefertigten Röntgenbilder ausgeschlossen werden können, für letztere hat Dr. S. nach eigener Inaugenscheinnahme der MRT-Bilder vom 18.01.2005, auf denen ödematöse Veränderungen nicht nachweisbar sind, keine Anhaltspunkte finden können. Bandscheibenvorfälle als Unfallfolge erscheinen demgegenüber stets mit begleitenden (minimalen) knöchernen oder Bandverletzungen im betroffenen Segment (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Seite 434), wobei es sich um einen dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden allgemeinen Erfahrungssatz handelt.

Vorliegend ist nicht einmal nachgewiesen, dass sich das Befundbild des vorbestehenden Bandscheibenvorfalles nach dem Unfallereignis vom 22.11.2004 verschlimmert hat. Soweit Dr. E. eine geringgradige Progression als "nicht auszuschließen" (Bl. 165 SG-Akte) bezeichnet bzw. der orthopädisch-unfallchirurgische Sachverständige Dr. S. ebenfalls eine geringgradige Progression als Möglichkeit in Betracht gezogen hat, haben diese im selben Atemzug auf die Schwierigkeiten der Vergleichbarkeit von CT- mit MRT-Bildern hingewiesen, weshalb sie einen höheren Grad der Wahrscheinlichkeit als eine bloße Möglichkeit einer Verschlimmerung nicht anzunehmen vermocht haben. Dem folgend hat auch der Senat eine Progredienz des vorbestehenden Bandscheibenvorfalls nach dem Unfallereignis nicht als nachgewiesen anzusehen vermocht.

Als nach dem Unfall neu hinzugetretene Gesundheitsstörung nachgewiesen ist somit ausschließlich eine Distorsion der HWS Grad I nach Erdmann, wie sowohl von Prof. Dr. K., dessen Gutachten der Senat im Urkundsbeweis verwertet hat, als auch von Dr. S., welcher den Schlussfolgerungen von Prof. Dr. K. im Ergebnis gefolgt ist, ihrer MdE-Beurteilung zugrunde gelegt. Der Senat schließt sich den Schlussfolgerungen der vorgenannten Gutachter nach eigener Prüfung an. Maßgeblich für die Einordnung in die Schweregrade 0 bis IV nach Erdmann sind (vgl. zum Folgenden Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Seite 462 ff.) neben dem klinischen Befund (Symptomatik) nach dem Unfall die Dauer des symptomfreien Intervalls, die Beschwerdedauer, der Neurostatus, die Morphologie und das HWS-Röntgenergebnis (vgl. a.a.O. Seite 464). Dr. S. hat zu Recht darauf verwiesen, dass im MRT vom 18.01.2005 keine posttraumatischen discoligamentären Verletzungen im Sinne von ödematösen Veränderungen nachweisbar gewesen sind und auch klinisch nach dem Unfallereignis keine höhergradigen Einschränkungen der HWS beschrieben worden sind, ebenso keinerlei röntgenologische Auffälligkeiten wie etwa eine neu aufgetretene Steilstellung der HWS, ein kyphotischer Knick oder Instabilitätszeichen. Die tatsächliche Dauer des beschwerdefreien Intervalls lässt sich nicht feststellen, nachdem hierzu im Durchgangsarztbericht vom 22.11.2004 keine Angaben enthalten sind und das Verhalten der Klägerin nach dem Unfall, der um ca. 08.40 Uhr stattgefunden hat, dort irreführend mit "sofort hierher" beschrieben worden ist, obwohl sich aus dem Gutachten des Dr. K. (Bl. 30 ff. [32] SG-Akte) ergibt, dass sich die Klägerin zunächst - vergeblich - bei Dr. F. (welcher als vorbehandelnder Arzt auch das CT vom 06.05.2004 veranlasst hatte, vgl. Bl. 39 VA) vorgestellt hatte, wo aufgrund von Praxisumbauarbeiten keine Sprechstunde abgehalten worden war, und sie von diesem an einen Durchgangsarzt verwiesen worden ist. Später hat die Klägerin dann im Fragebogen vom 12.02.2005 (Bl. 27/28 VA) angegeben, dass Beschwerden "sofort und später" aufgetreten seien. Selbst wenn man das im Gutachten des Dr. K. (a.a.O. Bl. 31 Rückseite SG-Akte) mit 20-30 Minuten angegebene beschwerdefreie Intervall zugrunde legt, genügt dies angesichts der dokumentierten klinischen und bildgebenden Befunde für eine Einordnung in eine höhere Gruppe als Schweregrad I nach Erdmann nicht, zumal auch gesichert ist, dass die Klägerin ab dem 24.12.2004 ihre berufliche Tätigkeit als Flugbegleiterin zunächst wieder aufgenommen und Flüge nach N. und B. absolviert hat (vgl. die Angaben im Gutachten Dr. K., Bl. 242 ff. [244] VA), bevor erneut Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist.

Demgegenüber hat der Senat den Schlussfolgerungen der Gutachter Dr. W. und Dr. L., welche eine HWS-Distorsion Grad II nach Erdmann mit posttraumatischem Bandscheibenvorfall C5/C6 links als Unfallfolge zugrunde gelegt haben, nicht nachzuvollziehen vermocht. Es fehlt in dem Gutachten an einer eigenen Befundung der CT-Bilder vom 06.05.2004 und MRT-Bilder vom 18.01.2005. Die letztlich auf die radiologischen Kurzbefunde von Dr. K. und Dr. H. gestützte Schlussfolgerung, dass ein posttraumatischer Bandscheibenvorfall nachgewiesen sei, sieht der Senat durch das Gutachten des Dr. E. als widerlegt an. Schließlich hat Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 10.08.2005 (Bl. 103 ff. VA) die Begriffe "Bandscheibenvorfall" und "Bandscheibenprolaps" (auf Bl. 104 und 105) synonym verwendet. Soweit Prof. Dr. P. in seinem für das SG erstattete Gutachten letztlich im Wege des Rückschlusses gestützt darauf, dass eine Progredienz des vorbestehenden Bandscheibenvorfalls radiologisch nicht ausgeschlossen werden kann, und die Angaben der Klägerin, welche noch Monate nach dem Unfall über Schmerzen geklagt hat, den Nachweis einer eigenständigen (allerdings revisiblen und nach weniger als einem Jahr ausgeheilten) disco-ligamentären Verletzung im Segment C5/C6 als erbracht angesehen hat, hat er weder die zeitnah (röntgenologisch am Unfalltag, kernspintomographisch am 18.01.2005) erhobenen bildgebenden Befunde ohne Hinweise auf ligamentäre Verletzungen bzw. ödematöse Veränderungen ausreichend gewürdigt, wie von Dr. S. zu Recht eingewandt hat, noch das am Unfalltag dokumentierte klinische Bild. Nach Schönberger/Mehrtens/Valentin (a.a.O. Seite 462 f.) sind die mikrostrukturellen Weichteilläsionen, welche eine HWS-Distorsion Stufe II begründen, durchweg kernspintomographisch nachweisbar, woran es vorliegend jedoch gerade fehlt.

Die erlittene HWS-Distorsion ersten Grades nach Erdmann begründet keine rentenberechtigende MdE von wenigstens 20 v.H. nach Ablauf der 26. Woche nach dem Unfallereignis; auch insoweit schließt sich der Senat den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Prof. Dr. K. und Dr. S. an, welche dem aktuellen Stand der unfallmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O. Seite 464) entsprechen.

Auch unter Berücksichtigung des von der Klägerin gestellten und bis zuletzt aufrecht erhaltenen Beweisantrages hat sich der Senat nicht gedrängt gesehen, weitere Ermittlungen von Amts wegen in Gestalt der Einholung eines interdisziplinären biomechanischen Sachverständigengutachtens nebst Unfallanalytik durchzuführen. Es handelt sich dabei bereits nicht um einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag, da es an der Bezeichnung einer konkreten Beweistatsache fehlt, die durch Einholung des angeregten Gutachtens belegt werden soll, was aber Voraussetzung für einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag ist (vgl. Beschlüsse des BSG vom 11.12.2008 - B 5 R 136/08 B - Rn. 14 und vom 20.12.2012 - B 5 R 38/12 BH - Rn. 9 [nicht veröffentlicht], jeweils unter Verweis auf BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 Rn. 6 m.w.N.). Soweit das Gutachten den Beweis erbringen soll, dass das Unfallereignis vom 22.11.2004 für die "bei der Klägerin vorliegende" (Schriftsatz vom 27.12.2012, Bl. 142 ff. [143] Senatsakte) bzw. für die "bei der Klägerin (fortbestehende) HWS-Verletzung ursächlich ist", ist bereits die Art der spezifischen Verletzung, welche bewiesen werden soll, nicht hinreichend bezeichnet. Dies aber wäre erforderlich gewesen, nachdem unter den bisher mit der Sache befassten Sachverständigen insoweit keine Einigkeit bestanden hat und die als Unfallfolge zugrunde gelegten Diagnosen sich von einer HWS-Distorsion Erdmann Grad I über eine solche zweiten Grades bis hin zu einem posttraumatischen Bandscheibenvorfall erstreckt haben. Bei der Frage der Kausalität handelt es sich auch nicht um eine Beweistatsache, sondern um eine rechtliche Würdigung, welche letztlich durch das Gericht, nicht aber durch ein Sachverständigengutachten zu erfolgen hat. Schließlich ist die Kausalitätsbeurteilung auch nicht Gegenstand biomechanischer Gutachten, mit welchen lediglich die Ableitung beim Aufprall wirkender biomechanischer Kräfte aus dem Unfallhergang unter Berücksichtigung von Geschwindigkeit und Gewicht der unfallbeteiligten Fahrzeuge, des Aufprallwinkels und der Sitzposition des Verletzten erfolgt.

Unabhängig von der prozessualen Einordnung des Vorbringens hat sich der Senat auch nicht aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG) gedrängt gesehen, ein biomechanisches Gutachten einzuholen. Der Unfallhergang, wie der Bevollmächtigte der Klägerin ihn im Schriftsatz vom 06.12.2012 (Bl. 119 ff. Senatsakte) nochmals zusammengefasst wiedergegeben hat, ist von sämtlichen Sachverständigen in der beschriebenen Form zugrunde gelegt worden (Aufprall eines PKW Mercedes Kombi von links hinten auf das stehende Cabrio, in welchem sich die Klägerin als angeschnallte Beifahrerin befunden hat, und zwar mit einer geschätzten Geschwindigkeit von etwa 40 km/h, wie von der Klägerin aus eigenem Antrieb durch handschriftlichen Zusatz in der Erklärung vom 12.02.2005 [Bl. 27 VA] angegeben). Die Klägerin hat nicht anzugeben vermocht, welche darüber hinausgehenden tatsächlichen Umstände sie durch die von ihr angeregte weitergehende Beweiserhebung zu belegen beabsichtigt. Dass die Aufprallgeschwindigkeit des nachfolgenden Fahrzeuges deutlich mehr als rund 40 km/h betragen haben soll, ist weder behauptet noch ersichtlich. Zudem ist weder vorgetragen noch ersichtlich, auf welche tatsächlichen Grundlagen sich ein Jahre nach dem Unfallereignis eingeholtes biomechanisches Gutachten stützen soll, nachdem die Klägerin bereits mit Erklärung vom 12.02.2005 unter Vorlage des Haftpflichtschadensgutachtens des Fahrzeuges, in welchem sie als Beifahrerin gesessen ist, angegeben hat, dass von dem Fahrzeug keine Fotos existieren. Zu berücksichtigen hatte der Senat bei seiner Entscheidung, von weiteren Ermittlungen von Amts wegen abzusehen auch, dass Prof. Dr. K. ein unfalldynamisches Zusatzgutachten zwar als "sehr hilfreich", nicht aber als für die Zusammenhangsbeurteilung unbedingt erforderlich bezeichnet hat und Prof. Dr. P. in seinem Gutachten (Bl. 147 SG-Akte) das Fehlen unfallanalytisch-physikalischer Berechnungen zwar beklagt, aber auch klargestellt hat, dass diese nicht mehr nachgeholt werden könnten. Soweit die Beiziehung der Landgerichtsakten über einen von der Klägerin geführten Zivilprozess in der Unfallsache angeregt worden ist, handelt es sich um einen Beweisausforschungsantrag (vgl. Beschluss des BSG vom 19.10.2011 - B 13 R 33/11 R -, zitiert nach (juris), dort Rn. 24 bis 26), dem nachzukommen sich der Senat ebenfalls nicht gedrängt gesehen hat.

Nach alledem ist die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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