L 15 SF 338/11 B

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
15
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 8 SF 100/08 KO
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SF 338/11 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze
1. Streitgegenstandsfähig im Beschwerdeverfahren sind nur die Gebühren, die auch beantragt worden sind.
2. Bei der Verfahrensgebühr kann Nr. 3103 VVRVG nur dann anstatt Nr. 3102 VV RVG Anwendung finden, wenn eine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren tatsächlich vorausgegangen ist.
3. Bei der Ermittlung der zutreffenden Gebührenhöhe gibt es für Verfahren nach dem SGB II keine besonderen Bemessungskriterien. Vergleichsobjekt ist insoweit stets das gesamte Spektrum sozialrechtlicher Streitigkeiten.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 22. August 2011 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Das Beschwerdeverfahren betrifft die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung nach §§ 45 ff. RVG.

Der Beschwerdeführer vertrat die damaligen Antragstellerinnen - es handelte sich um eine vierköpfige Bedarfsgemeinschaft - in einem grundsicherungsrechtlichen Eilverfahren vor dem Sozialgericht Landshut (Aktenzeichen ); Gegenstand des Eilrechtsschutzes war eine Leistung für Heizmaterial. Der Beschwerdeführer wurde den damaligen Antragstellerinnen im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnet.

Die Chronologie des Verfahrens lässt sich wie folgt skizzieren: Am 23.10.2007 beantragten die damaligen Antragstellerinnen bei der Grundsicherungsbehörde mündlich die Gewährung einer Heizungsbeihilfe. Die Behörde lehnte dies ebenfalls mündlich ab. Am 25.10. kontaktierten die damaligen Antragstellerinnen den Beschwerdeführer. Der wandte sich noch am gleichen Tag telefonisch an die Grundsicherungsbehörde. Nachdem auch ihm gegenüber die Gewährung der Heizungsbeihilfe abgelehnt worden war, riet er den damaligen Antragstellerinnen, das benötigte Heizöl auf eigene Initiative zu beschaffen. Als diese ihn tags darauf (26.10.) davon in Kenntnis setzten, dass ihnen ohne Kostenübernahmeerklärung der Grundsicherungsbehörde keine Firma Heizöl liefern wollte, stellte der Beschwerdeführer am 29.10. besagten Eilantrag beim Sozialgericht; daneben legte er Widerspruch gegen die Leistungsablehnung ein. Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerdeschrift vorgetragen, er habe am 30.10. mit dem zuständigen Richter den Fall telefonisch erörtert und am gleichen Tag noch mit der Grundsicherungsbehörde telefoniert, um diese über die Ansicht des Richters zu informieren. Fest steht, dass die Grundsicherungsbehörde nach einer telefonischen Rücksprache mit dem Sozialamt sich am 31.10. entschloss, dem Begehren der Antragstellerinnen im Wesentlichen zu entsprechen. Über diesen Entschluss unterrichtete sie den Beschwerdeführer telefonisch ebenfalls am 31.10. Tags darauf richtete der Beschwerdeführer ein Fax an die Grundsicherungsbehörde, das die Modalitäten der Heizöllieferung betraf. Unter dem Datum 12.11.2007 erklärte der Beschwerdeführer das Eilverfahren für erledigt.

Nach Beendigung des Eilverfahrens veranschlagte der Beschwerdeführer in seinem auf den 10.04.2008 datierten Kostenerstattungsantrag eine Verfahrensgebühr in Höhe von 475 EUR (Nr. 3102 VV RVG) sowie eine Einigungsgebühr in Höhe von 190 EUR (Nr. 1006 VV RVG), was jeweils der Mittelgebühr entsprach. Unter dem Datum 09.06.2008 setzte die Urkundsbeamtin beim Sozialgericht Landshut lediglich eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG (einschließlich Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG) von 275,50 EUR fest. Eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr wurde nicht zuerkannt.

Auf die Erinnerung des Beschwerdeführers hat die Kostenrichterin beim Sozialgericht die Verfahrensgebühr (einschließlich Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG) mit Beschluss vom 22.08.2011 auf 332,50 EUR festgesetzt und einen entsprechend höheren Vergütungsbetrag errechnet. Auch sie hat es aber abgelehnt, eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr anzusetzen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen, weil kein qualifiziertes Mitwirken des Beschwerdeführers erkennbar sei, das für die Erledigung ursächlich gewesen sei. Die Kostenübernahme durch die Grundsicherungsbehörde sei letztlich nicht maßgeblich vom Beschwerdeführer veranlasst worden, auch wenn die Stellung eines Eilantrags sicherlich einen wesentlichen Impuls gesetzt habe. Eine Terminsgebühr sei nicht angefallen. Hinsichtlich der Verfahrensgebühr sei der Ansatz der Mittelgebühr nicht gerechtfertigt; angemessen seien 70% der Mittelgebühr.

Mit der am 19.09.2011 eingelegten Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer das Ziel weiter, eine Vergütung gemäß seinem Kostenerstattungsantrag vom 10.04.2008 zu erhalten. Zur Begründung trägt er vor, eine Erledigungsgebühr sei angefallen, weil er über das übliche Betreiben eines Geschäfts hinaus die Rechtslage telefonisch mit Behörde und Gericht erörtert und den Eilantrag vorab an die Behörde gefaxt habe. Die Angelegenheit rechtfertige eine Verfahrensgebühr, die über der Mittelgebühr liegen dürfte; jedenfalls sei die von ihm angesetzte Mittelgebühr nicht unbillig.

Der Senat hat die Akte des Sozialgerichts beigezogen.

II.

Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Jedoch entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper; die grundsätzliche Bedeutung resultiert aus der hier vorzunehmenden Auslegung von Nr. 3103 VV RVG. Ehrenamtliche Richter wirken nicht mit (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). § 178 Satz 1 SGG steht nicht entgegen (vgl. dazu eingehend Senatsbeschluss vom 04.10.2012 - L 15 SF 131/11 B E). Die Beschwerde ist auch fristgerecht eingelegt worden.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Kostenrichterin hat die dem Beschwerdeführer zustehende Vergütung richtig festgesetzt.

Der Streitgegenstand im Beschwerdeverfahren umfasst lediglich die Höhe der Verfahrensgebühr sowie die Gewährung einer Einigungs- oder Erledigungsgebühr dem Grunde und der Höhe nach (jeweils einschließlich der entsprechenden Umsatzsteuer). Nicht Streitgegenstand ist dagegen eine Terminsgebühr. Der Beschwerdeführer hat nie eine Terminsgebühr beantragt. Streitgegenstandsfähig sind nur die Gebühren, die auch beantragt worden sind. Dagegen dürfen nicht undifferenziert die Gesamthöhe der Vergütung als Streitgegenstand und die einzelnen Gebühren als bloße Begründungselemente behandelt werden. Zwar ist es unschädlich, dass der Beschwerdeführer einmal eine Einigungsgebühr, dann wieder eine Erledigungsgebühr verlangt. Denn sein Begehren ist dahin auszulegen, dass er entweder die eine oder die andere Gebühr möchte; das erscheint nicht zuletzt wegen der frappierenden Ähnlichkeit der beiden Gebührentatbestände angemessen. Ein solches Vorgehen ist aber bezüglich der Terminsgebühr nicht gerechtfertigt; denn diese unterscheidet sich dem Wesen nach grundlegend von der Einigungs- und der Erledigungsgebühr. Es existiert kein Meistbegünstigungsprinzip dergestalt, dass der Kostenerstattungsantrag dahin auszulegen wäre, alles, was objektiv in Betracht komme, werde auch beantragt. Nach alldem sind die Ausführungen in der Erinnerungsentscheidung zu einer Terminsgebühr überflüssig.

1. Verfahrensgebühr

Die Kostenrichterin hat die Verfahrensgebühr in zutreffender Höhe festgesetzt.

Auch der Senat geht davon aus, dass der Gebührentatbestand Nr. 3102 VV RVG einschlägig ist. Zwar bedürfte einer eingehenden Prüfung, ob der von der Kostenrichterin vertretenen Ansicht, bei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dürfe Nr. 3103 VV RVG generell nicht zur Anwendung kommen, weil diese kein Widerspruchsverfahren voraussetzten, zu folgen ist. Darauf kommt es hier aber nicht an. Denn Nr. 3103 VV RVG kann nur dann anstatt Nr. 3102 VV RVG Anwendung finden, wenn eine Tätigkeit im Widerspruchsverfahren vorausgegangen ist. Nur dann nämlich kann der Anwalt im Folgeverfahren einen nennenswerten Synergieeffekt erzielen (dieser Synergieeffekt ist das Motiv für den niedrigeren Betragsrahmen, vgl. Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Auflage 2010, 3103 VV, Rn. 1), indem er sich den jeweiligen Fall nicht von Grund auf neu aneignen muss. Läuft aber wie hier ein Widerspruchsverfahren lediglich parallel, fehlt es regelmäßig an derartigen Synergieeffekten; ein Vorausgehen ist hier zu verneinen. Der Senat muss sich an dieser Stelle nicht festlegen, ob ein Widerspruchsverfahren formal bereits abgeschlossen sein muss, damit ein Vorausgehen und damit die Einschlägigkeit von Nr. 3103 VV RVG zu bejahen ist. Jedenfalls aber, wenn wie hier das Widerspruchsverfahren erst zeitgleich mit dem gerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eröffnet wird, kann von einem Vorausgehen keine Rede sein.

Innerhalb des einschlägigen Betragsrahmens (40 bis 460 EUR, nach Anwendung von Nr. 1008 VV RVG 76 bis 874 EUR) hat die Kostenrichterin die richtige Gebührenhöhe gefunden. Sie hat, wie es § 14 RVG verlangt, die Gebühren unter Berücksichtigung aller Umstände ermittelt und dies auch in der Begründung des angefochtenen Beschlusses dokumentiert. In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass der hier einschlägige Gebührentatbestand Nr. 3102 VV RVG nicht spezifisch auf Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zugeschnitten ist. Das bedeutet, dass die Einstufung, ob Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit durchschnittlich, unterdurchschnittlich oder überdurchschnittlich gewesen sind, nicht anhand eines Vergleichs nur mit Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, sondern auch unter Einbeziehung von Hauptsacheverfahren zu erfolgen hat. Weiter ist bei der Ermittlung der zutreffenden Gebührenhöhe zu beachten, dass es für Verfahren nach dem SGB II keine besonderen Bemessungskriterien gibt (vgl. Senatsbeschluss vom 10.12.2012 - L 15 SF 18/12 B). Beispielsweise darf kein abweichender Maßstab für den die Mittelgebühr rechtfertigenden Durchschnittsfall angelegt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 28.12.2011 - L 15 SF 60/11 B E; Senatsbeschluss vom 02.12.2011 - L 15 SF 28/11 B E). Vergleichsobjekt ist insoweit stets das gesamte Spektrum sozialrechtlicher Streitigkeiten (vgl. Senatsbeschluss vom 28.12.2011 - L 15 SF 60/11 B E). Wichtig erscheint im vorliegenden Fall weiter, dass die Parameter, welche die Gebührenhöhe determinieren, nicht zwangsläufig gleich gewichtet werden müssen. Vielmehr besteht auch insoweit Ermessen, das sich wiederum an den Umständen des Einzelfalls auszurichten hat. Die jeweiligen Taxierungen der einzelnen Bemessungsparameter dürfen zur Ermittlung der Gesamtwertigkeit auch nicht im Sinn eines mathematischen Verfahrens ins Verhältnis zueinander gebracht werden; erforderlich ist vielmehr eine dem Einzelfall gerecht werdende Gesamtabwägung.

Gemessen daran entspricht die vom Beschwerdeführer vorgenommene Bestimmung der Verfahrensgebühr nicht billigem Ermessen (vgl. dazu, insbesondere zur 20-prozentigen Toleranzgrenze, Senatsbeschluss vom 21.03.2011 - L 15 SF 204/09 B E m.w.N.), so dass sie nicht bindend ist. Das hat die Kostenrichterin zutreffend gesehen und selbst die korrekte Verfahrensgebühr ermittelt. Bei Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist zwar normalerweise von unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Betroffenen auszugehen, denen jedoch regelmäßig eine überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit gegenübersteht (vgl. BSG vom 01.07.2009, B 4 AS 21/09 R, Leitsatz Nr. 3; vgl. auch Senatsbeschluss vom 01.07.2011 - L 15 SF 82/10 B E). Das ist hier nicht anders; immerhin ging es darum, die Antragstellerinnen davor zu bewahren, praktisch ab sofort - es war Ende Oktober - in einer kalten Wohnung leben zu müssen. Jedoch hat sich der Arbeits- und Zeitaufwand des Beschwerdeführers merklich in Grenzen gehalten, auch wenn dieser auf seine vielfältigen Aktivitäten hingewiesen hat. Zwar sind hier auch die Tätigkeiten des Beschwerdeführers bei der Bemessung zu berücksichtigen, die noch vor der Antragstellung bei Gericht seit dem 25.10.2007 angefallen sind (vgl. Gerold/Schmidt, a.a.O., 3100 VV, Rn. 48). Gleichwohl ergibt sich daraus keine höhere Gebühr. Wesentlich fällt insoweit ins Gewicht, dass das Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz nur sehr kurze Zeit dauerte. Das mag zwar gemessen an anderen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht unüblich sein, im Vergleich zu regulären gerichtlichen Verfahren - darauf kommt es an - aber schon. Weiter musste der Beschwerdeführer keine umfangreichen Akten durcharbeiten oder ansonsten umfangreiches Material sichten. Der Sachverhalt lag klar auf der Hand. Die sich stellende Rechtsfrage war eine rein punktuelle; es mussten keine Regelungszusammenhänge durchdacht werden. Komplizierte Schriftsätze wurden nicht angefertigt. Zugegebenermaßen stand der Beschwerdeführer unter Zeitdruck; das aber ist nur ein Abwägungsgesichtspunkt neben zahlreichen anderen.

Dass die von der Kostenrichterin festgesetzte Verfahrensgebühr angemessen ist, wird auch daraus deutlich, dass sich die Gebühr von 332,50 EUR innerhalb des Gebührenrahmens, der eine Spanne von 798 EUR aufweist, immerhin schon am "Übergang vom unteren zum mittleren Drittel" befindet. Setzt man die relevanten Merkmale des konkreten Falls dazu in Relation, erscheint die Honorierung gerecht.

2. Erledigungsgebühr

Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf eine Erledigungsgebühr.

Im Beschluss vom 01.07.2011 - L 15 SF 82/10 B E hat der Senat die Entstehungsvoraussetzungen für eine Erledigungsgebühr grundlegend dargestellt; darauf wird verwiesen. Als Anspruchsgrundlage kommt nur Satz 2 von Nr. 1002 VV RVG in Betracht. In der Tat hat sich ein Rechtsstreit, nämlich das Verfahren L 13 AS 500/07 ER, durch den Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Gleichwohl entsteht eine Erledigungsgebühr nur dann, wenn der Anwalt gewissermaßen "treibende Kraft" für die Erledigung gewesen ist. Im Beschluss vom 01.07.2011 - L 15 SF 82/10 B E hat der Senat dazu Folgendes ausgeführt:

"Das Entstehen der Erledigungsgebühr setzt regelmäßig eine besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts voraus, die über die normale Prozessführung hinausgeht. Die Erledigungsgebühr ist eine Erfolgsgebühr, die die Entlastung des Gerichts und das erfolgreiche anwaltliche Bemühen um die Herstellung des Rechtsfriedens ohne Sachentscheidung des Gerichts honoriert. Die "anwaltliche Mitwirkung" erfordert daher einen besonderen, nicht ganz unwesentlichen Beitrag des Rechtsanwalts zur Erledigung des Rechtsstreits ohne eine gerichtliche Entscheidung. Der Senat sieht sich dabei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, das für das Entstehen der Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG (im Widerspruchsverfahren) eine besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts im Sinn einer qualifizierten anwaltlichen Mitwirkung bei der Erledigung der Rechtssache verlangt (Urteil vom 07.11.2006, B 1 KR 13/06 R; vom 21.03.2007, B 11a AL 53/06 R; vom 02.10.2008, B 9/9a SB 5/07 R und B 9/9a SB 3/07 R; vom 05.05.2009, B 13 R 137/08 R; vom 05.05.2010, B 11 AL 14/09 R; vom 09.12.2010, B 13 R 63/09 R; vgl. auch Bayer. LSG, Urteil vom 28.07.2010, L 15 SB 4/09). Für das Entstehen der Erledigungsgebühr reichen nicht schon Tätigkeiten aus, die durch andere Gebühren wie etwa die Verfahrensgebühr oder die Terminsgebühr honoriert werden (Bayer. LSG, Beschluss vom 26.01.2011, L 15 SF 169/10 B E m.w.N.)."

Entscheidende Voraussetzung ist das qualifizierte Mitwirken des Anwalts (vgl. dazu auch Gerold/Schmidt, a.a.O., 1002 VV, Rn. 38). Daran fehlt es hier. Die vom Beschwerdeführer am 30.10. angeblich geführten Telefonate - der Senat unterstellt, dass diese tatsächlich stattgefunden haben - bildeten keine hinreichenden Impulse für die Erledigung des Rechtsstreits. Legt man den Vortrag des Beschwerdeführers zugrunde, telefonierte er am 30.10. zunächst mit dem Richter, im Anschluss daran mit der Grundsicherungsbehörde. Aus dem Beschwerdeschriftsatz lässt sich entnehmen, dass es dem Beschwerdeführer bei dem zweiten Telefonat im Wesentlichen darum ging, die Grundsicherungsbehörde wissen zu lassen, dass das Gericht seine Ansicht teile. Diese Information mag tatsächlich mit Anstoß für die Grundsicherungsbehörde gewesen sein, mit dem Sozialamt in Kontakt zu treten, was letztlich in das Einlenken mündete. Dabei hat sich die Behörde jedoch sicherlich vor allem durch die Auffassung des Gerichts beeindrucken lassen. Insoweit hat der Beschwerdeführer aber nur als Übermittler fungiert. Damit soll nicht in Abrede gestellt werden, dass der Beschwerdeführer geschickt und situationsgerecht vorgegangen ist. Trotzdem liegt darin noch kein hinreichend qualifizierter Beitrag, wie er für das Entstehen einer Erledigungsgebühr Voraussetzung ist.

Dass auch das Telefonat vom 31.10., in dessen Rahmen der Beschwerdeführer lediglich über den Entschluss der Grundsicherungsbehörde, Leistungen nun doch zu gewähren, informiert wurde, dies nicht zu bewirken vermag, bedarf keiner weiteren Erörterung. Gleiches gilt für die abschließende Erledigterklärung, die prozessual als Antragsrücknahme zu werten ist. Denn es war schlicht ein Gebot der Vernunft, den Antrag zurückzuziehen, nachdem die Beschwer nachträglich entfallen war. Im Übrigen verweist der Senat wiederum auf die Begründung im Beschluss vom 01.07.2011 - L 15 SF 82/10 B E, wo die Klagerücknahme, die Erledigterklärung und die Annahme eines Anerkenntnisses thematisiert werden (vgl. dazu auch Gerold/Schmidt, a.a.O., 1002 VV, Rn. 43). Des Weiteren fehlt es auch an einem derart qualifizierten Einwirken des Beschwerdeführers auf die damaligen Antragstellerinnen, dass damit eine Erledigungsgebühr gerechtfertigt werden könnte. Ein Einwirken mit der rechtlich gebotenen Intensität, so wie es exemplarisch bei Gerold/Schmidt, a.a.O., 1002 VV, Rn. 50/51 dargestellt wird, war offenbar nicht notwendig und erfolgte nicht. Denn die Leistungsgewährung bedeutete zumindest im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einen vollumfänglichen Erfolg. In seiner Erinnerungsschrift hat der Beschwerdeführer auch nur erwähnt, er habe die Kostenübernahme mit den damaligen Antragstellerinnen erörtert und diesen geraten, sich damit zufrieden zu geben.

3. Einigungsgebühr

Das Entstehen der Einigungsgebühr setzt unter anderem voraus, dass ein Vertrag zustande kommt, durch den ein Streit oder eine Ungewissheit beseitigt wird. An dieser Stelle bedarf es keiner weiteren Ausführungen, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Vertrag überhaupt zustande kommt. Denn selbst wenn man hier einen Vertrag bejahen würde, so würde dieser ein bloßes Anerkenntnis beinhalten (vgl. Absatz 1 Satz 1 zu Nr. 1000 VV RVG), weil die präsumtiven Vertragsparteien sich auf einen vollen Erfolg des Rechtsschutzbegehrens verständigt hätten. Ein voller Erfolg läge vor, weil die akute Notlage, die Grund war für den Antrag auf einstweilige Anordnung, vollständig beseitigt ist; der Umstand, dass ein Teil der Leistungen nur darlehensweise gewährt wurde, spielt für die Bewertung des Erfolgs im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keine Rolle. Eine vertragliche Regelung, die in der Sache ein Anerkenntnis verkörpert, ist nicht geeignet, eine Einigungsgebühr auszulösen.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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