Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 3392/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1933/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25. März 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der 1953 geborene Kläger hat von September 1968 bis September 1971 Kfz-Mechaniker gelernt und war bis Dezember 2006 als Kfz-Mechaniker für Lkw beschäftigt. Seit dem 30.5.2005 war er arbeitsunfähig, bezog bis zum 20.11.2006 Krankengeld und danach bis November 2007 Arbeitslosengeld I. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit 1.1.1998, von 60 seit 25.6.2002 und von nunmehr 70 (so Gutachten Dr. F. vom 7.7.2011) anerkannt.
Vom 16.8.2005 bis 13.9.2005 absolvierte er ein Heilverfahren in der Reha-Klinik H ... Die dortigen Ärzte entließen den Kläger als arbeitsunfähig und führten aus, als LKW-Mechaniker sei der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne er in wechselnder Arbeitshaltung bzw. überwiegend im Sitzen sechs Stunden und mehr verrichten. Aufgrund der multifaktoriell bedingten Minderbelastbarkeit der gesamten Wirbelsäule seien häufige Arbeiten in wirbelsäulenbelastenden Zwangshaltungen, in In- und Reklination mit und ohne Rotationskomponente zu vermeiden. Aufgrund der ausgeprägten Gonarthrose sollten Arbeiten im Knien und Hocken nicht ausgeführt werden; ebenso sollte das Steigen bzw. Klettern vermieden werden.
Am 29.6.2006 beantragte der Kläger – wegen Wirbelsäulenbeschwerden seit 30.5.2005 – die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger von der Ärztin für Sozialmedizin Dr. P. und dem Orthopäden Dr. W. gutachterlich untersuchen.
Dr. W. stellte beim Kläger im Gutachten vom 17.9.2006 folgende Diagnosen: Pseudoradikuläres Lendenwirbelsäulen-Syndrom (LWS-Syndrom) bei Prolaps L4/5 und L5/S1, degeneratives Zervikalsyndrom, degeneratives Brustwirbelsäulen-Syndrom (BWS-Syndrom), schwerere Retropatellararthrose beidseits sowie massive Adipositas. Er führte aus, aufgrund dieser Gesundheitsstörungen halte er die Wiederaufnahme der bisherigen Berufstätigkeit eines Kfz-Mechanikers in einer Werkstatt für Lkw-Reparaturen nicht mehr für möglich. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Zwangspositionen, ohne Laufen auf unebenem Boden, ohne Besteigen von Leitern und Gerüsten, ohne Treppensteigen, ohne Überkopfarbeiten und ohne schweres Heben könne der Kläger täglich noch sechs Stunden und mehr verrichten. Die Reduktion des massiv erhöhten Körpergewichts sei anzustreben. Für eine stationäre medizinische Rehabilitation bestehe keinerlei Motivation. Es bestehe auch keine Aussicht, durch eine derartige Maßnahme die Leistungsfähigkeit des Klägers zu verbessern.
Dr. P. führte im Gutachten vom 21.9.2006 aus, der Kläger habe im Jahr 1994 in sehr kurzem Abstand zwei epileptische Anfälle erlitten. Durch regelmäßige Einnahme von Antiepileptika sei es in den vergangenen zwölf Jahren nicht zu erneuten Anfällen gekommen, so dass sich daraus keine zusätzliche Leistungseinschränkung ergebe. Das vom Orthopäden dokumentierte Leistungsbild sei als Gesamtbeurteilung anzusehen.
Mit Bescheid vom 9.10.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne der Kläger zwar nicht mehr den erlernten Beruf als Kfz-Mechaniker ausüben. Er könne jedoch eine zumutbare Verweisungstätigkeit als Kundendienstberater mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Hiergegen legte der Kläger am 20.10.2006 Widerspruch ein und ärztliche Bescheinigungen des Orthopäden Dr. B. vom 6.11.2006, des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 26.10.2006 sowie des Arztes für Anästhesiologie und Allgemeinmedizin Dr. W., Schmerzzentrum H., vom 19.10.2006 vor, die die Ansicht vertraten, der Kläger könne nicht länger als drei Stunden täglich arbeiten.
Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet begutachten. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. führte im Gutachten vom 17.1.2007 aus, beim Kläger hätten früher Grand-mal-Anfälle (seit zwölf Jahren unter VPA anfallsfrei) vorgelegen. Bei ihm liege ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom (HWS, LWS) ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallsymptomatik vor und es bestehe ein Verdacht auf Schmerzfehlverarbeitung. Auf nervenärztlichem Gebiet ergäben sich keine wesentlichen Leistungseinschränkungen; diese lägen vielmehr auf orthopädischem Gebiet. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien dem Kläger vollschichtig zumutbar. Dr. P. führte dazu unter dem 22.1.2007 aus, im Hinblick auf alle vorliegenden Untersuchungsergebnisse sei die im Rentengutachten vom 21.9.2006 dokumentierte sozialmedizinische Leistungsbeurteilung bestätigt worden.
Mit Schreiben vom 26.3.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, für den zuletzt ausgeübten Beruf als Kfz-Mechaniker sei das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden herabgesunken; zumutbare Verweisungstätigkeiten könnten nicht genannt werden. Da nach den Feststellungen des sozialmedizinischen Sachverständigen es unwahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne, liege teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer vor. Gemäß § 116 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gelte der Antrag auf eine Maßnahme zur Rehabilitation vom 25.7.2005 als Rentenantrag. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit werde, ausgehend von einem am 30.5.2005 (Beginn der Arbeitsunfähigkeit) eingetretenen Leistungsfall, ab 1.6.2005 bewilligt. Der Kläger hielt seinen Widerspruch hinsichtlich einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aufrecht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.5.2007 führte die Beklagte aus, dem Widerspruch werde teilweise stattgegeben. Es bestehe Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1.6.2005 bis zum Beginn der Regelaltersrente. Im Übrigen werde der Widerspruch zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 19.6.2007 unter Vorlage der schon im Widerspruchsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben und die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter verfolgt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört und Gutachten auf orthopädischem sowie neurologisch-psychiatrischem Gebiet eingeholt.
Der Orthopäde Dr. B. hat unter dem 17.9.2007 über Behandlungen des Klägers berichtet, Kopien von Arztbriefen vorgelegt und erklärt, bezüglich der Frage des Leistungsvermögens müsse eine Begutachtung durchgeführt werden. Der Neurologe und Psychiater Dr. K. hat unter dem 18.9.2007 ausgeführt, nach Aussagen der Reha sei eine maximale Belastung von zwei Stunden möglich. Nach Aussagen der LVA dürfe er seinen Beruf nicht mehr ausführen. Einer Arbeit ohne Publikumsverkehr und ohne besondere nervliche Beanspruchung könne er weniger als drei Stunden täglich nachgehen. Grund hierfür seien die bestehende Epilepsie, die Wirbelsäulenbeschwerden und der Befund der Reha. Der Arzt für Allgemeinmedizin B. (aus der Gemeinschaftspraxis mit Dr. W., Schmerzzentrum H.) hat unter dem 2.10.2007 ausgeführt, die Höchstdauer des Arbeitstages schätze er mit weniger als drei Stunden täglich ein. Der Internist Dr. A. hat am 26.9.2007 mitgeteilt, die schwere Arbeit eines Kfz-Mechanikers könne der Kläger nicht mehr ausüben. Verwaltungstätigkeiten ohne körperliche Anstrengung wären möglich.
Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Diplom-Psychologe Dr. V. hat im Gutachten vom 4.3.2008 ausgeführt, beim Kläger bestehe der Verdacht auf eine depressiv-konversions-neurotische Entwicklung, auf ein somatoformes Schmerzsyndrom (in Verbindung mit den auf orthopädischem Gebiet festgestellten Organveränderungen; asymptomatisch unter analgetischer Behandlung), auf eine depressive Reaktion (asymptomatisch unter antidepressiver Behandlung) sowie ätiologisch ein unklares Anfallsleiden, unter Antiepileptika anfallsfrei. Der Kläger sei in der Lage, Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen (ohne Akkord- und Fließbandarbeit, ohne Schicht- und Nachtarbeit, ohne starke Beanspruchung des Gehörs, ohne Publikumsverkehr, ohne besondere nervliche Beanspruchung) drei bis unter sechs Stunden täglich zu verrichten. Wegen der medikamentös bedingten rascheren Ermüdbarkeit und des nicht vorhersehbaren Auftretens von Schmerzzuständen seien zusätzliche betriebsunübliche Pausen nicht auszuschließen. Seine Einschätzung weiche von den Vorgutachtern Dr. W., Dr. P. und Dr. S. ab, da er die psychische Belastbarkeit des Klägers geringer einschätze, und zwar wegen des Schmerzerlebens und der Nebenwirkungen der Medikamente. Unter Berücksichtigung der Biografie und ihrer Auswirkung auf die Entwicklung des Klägers und seine Persönlichkeit, der zeitlebens bei ein- und derselben Firma an demselben Arbeitsplatz gearbeitet habe, könne er sich voraussichtlich einer völlig neuen Arbeitssituation nicht mehr anpassen, weil die hierfür erforderliche Flexibilität/psychische Beweglichkeit nicht im entsprechenden Maße vorhanden sein dürfte und er durch die verordneten Medikamente weiter eingeschränkt werde.
Dr. L. hat dazu in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 17.3.2008 ausgeführt, Dr. V. lasse außer Acht, dass bei unerwünschten leistungsmindernden Arzneimittelwirkungen eine Therapieumstellung möglich wäre, die zu einer Beseitigung der (zusätzlichen, durch Tagesmüdigkeit bedingten) Einschränkungen führen könnte. Auffällig sei die relative geringe Beeinträchtigung im von Dr. V. beschriebenen Befund. Insgesamt könne die Reduktion des quantitativen Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden und damit die Abweichung von den bisherigen Beurteilungen nicht nachvollzogen werden.
In dem daraufhin eingeholten psychiatrischen Gutachten vom 18.7.2008 hat Professor Dr. E., Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinik F., angegeben, der Kläger leide unter einer depressiven Episode, differenzialdiagnostisch unter einer organischen depressiven Störung (bei Epilepsie). Dem Kläger seien nur noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Akkord-, Fließband-, Schicht-und Nachtarbeit, ohne mittelschwierige oder schwierige Tätigkeiten geistiger Art, ohne Publikumsverkehr und ohne besondere nervliche Beanspruchung möglich. Leichte Tätigkeiten seien noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. In schweren ausgeprägten Phasen der depressiven Episode könnte der Kläger nur noch etwa halbschichtig tätig sein. Eine solche ausgeprägte Phase sei beim Kläger jedoch nicht feststellbar gewesen; auch ergebe sich eine solche aus den Akten nicht. Er ziehe andere Schlussfolgerungen als Dr. V.
Der Orthopäde Dr. N. hat beim Kläger im Gutachten vom 1.3.2009 folgende Diagnosen auf seinem Fachgebiet gestellt: Chronisch degeneratives Lumbalsyndrom mit Bandscheibenvorfällen L4/5 und L5/S1, derzeit ohne Nervenwurzelreizung, chronisch degeneratives Thorakalsyndrom, chronisch degeneratives Zervikalsyndrom, medial betonte Gonarthrose mit Retropatellararthrose beidseits und beginnende Coxarthrose beidseits. Er hat ausgeführt, der Kläger könne körperlich leichte Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg ohne überwiegendes Stehen und Gehen, ohne häufiges Bücken, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in Kälte, Nässe sowie im Freien und – aufgrund des Anfallsleidens – ohne Tätigkeiten an laufenden Maschinen, im Akkord, am Fließband und ohne Schicht- und Nachtarbeiten verrichten. Aufgrund der multiplen Arthrosen von Wirbelsäule und unteren Extremitäten seien betriebsunübliche Pausen sinnvoll, um dem geforderten Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen nachkommen zu können. Eine leichte körperliche Tätigkeit könne der Kläger drei bis weniger als sechs Stunden ausüben. Die Beurteilungen von Dr. W. und Dr. P. teile er nicht, da sich die Arthrosen verschlimmert hätten.
Dr. S. hat in einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 21.4.2009 ausgeführt, es entstehe der Eindruck, dass sich Dr. N. primär auf radiologische Befunde stütze, obwohl sich bei der klinischen Untersuchung und bei der Herausarbeitung des Alltagsverhaltens keine entsprechenden schwerwiegenden Korrelate fänden. Angesichts der klinischen Befunde an Wirbelsäule und Kniegelenke sowie des Alltagsverhaltens sei es völlig unverständlich, dass Dr. N. eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens für Arbeiten ohne besondere Wirbelsäulen- und Kniegelenksbelastung annehme. Ebenso wenig könne nachvollzogen werden, dass er betriebsunübliche Pausen fordere, um dem geforderten Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen nachzukommen. Die jetzt erhobenen orthopädischen Befunde belegten, dass es klinisch und funktionell nicht zu einer wesentlichen Verschlechterung der Leiden seit dem Jahr 2005 gekommen sei. Es lägen nach wie vor keine aktivierten Arthrosen, keine Reizzustände, keine höhergradigen Funktionseinschränkungen vor, auch nicht in den Bereichen, die radiologisch deutliche Arthrosezeichen aufwiesen.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 26.5.2009 hat Dr. N. an seiner Beurteilung festgehalten. Hierzu hat sich Dr. S. unter dem 7.8.2009 nochmals geäußert.
Der Kläger hat einen Befundbericht des HNO-Arztes Dr. L. vom 18.6.2007 (hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit rechts) sowie ein für die Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd erstattetes HNO-ärztliches Gutachten vom 29.11.2007 (an Taubheit grenzende Innenohrschwerhörigkeit rechts und hochgradige Innenohrschwerhörigkeit links, narbig und reizlos verheiltes Trommelfell rechts nach Tympanoplastik wegen einer Verletzung mit Schweißschlacke) vorgelegt. In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 11.12.2009 hat Dr. S. ausgeführt, durch die Hörminderung ergebe sich keine wesentliche zusätzliche Einschränkung des Leistungsvermögens, insbesondere keine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens. Mit der Hörgeräteversorgung sei die erforderliche Kommunikationsfähigkeit hergestellt. Ausgeschlossen werden müssten nur Arbeiten, die ganz besondere Anforderungen an ein intaktes Gehör stellten.
Das SG hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 25.3.2010 angehört. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 25.3.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach dem medizinischen Beweisergebnis sei das SG nicht davon überzeugt, dass der Kläger nur noch weniger als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein könne. Das SG stütze sich dabei auf das Gutachten von Professor Dr. E. vom 18.7.2008. Dem Gutachten von Dr. V. vom 4.3.2008 vermöge sich das SG dagegen nicht anzuschließen. Die von Dr. V. erhobenen Befunde stützten seine Einschätzung nicht. Hinzu komme, dass Dr. V. nur Verdachtsdiagnosen nenne. Das Gutachten des Orthopäden Dr. N. vom 1.3.2009 führe zu keiner anderen Einschätzung des Leistungsvermögens des Klägers. Die von Dr. N. gestellten Diagnosen entsprächen im Wesentlichen denjenigen, die Dr. W. bereits im Verwaltungsverfahren gestellt habe. Die von Dr. N. daraus gezogenen Schlussfolgerungen ließen sich damit nicht begründen. Auch eine Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers auf 500 m zu Fuß lasse sich für das SG mit dem Gutachten von Dr. N. nicht erklären. Dazu reiche ein schwerfälliger Gang des Klägers nicht aus.
Gegen das am 6.4.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.4.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, er sei nicht mehr in der Lage, leichte Tätigkeiten auf den Arbeitsmarkt voll- oder teilschichtig auszuüben. So schätzten Dr. K. und Dr. B. sein Leistungsvermögen auf unter drei Stunden und Dr. A. auf unter sechs Stunden. Dr. V. und Dr. N. kämen ebenfalls zu einem Leistungsvermögen von unter sechs Stunden. Hinzu komme seine Schwerhörigkeit.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25. März 2010 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 09. Oktober 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. Juni 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Dr. F., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom 7.7.2011 ausgeführt, in den ärztlichen Voruntersuchungen sei ein Restless-Legs-Syndrom nicht beschrieben worden. Dieses führe in der Regel zu Schlafstörungen (Einschlafstörungen), Bewegungsdrang und Empfindungsstörungen in Ruhesituationen. Differenzialdiagnostisch sei auch an eine Polyneuropathie, einen Vitamin B 12-Mangel oder einen Eisenmangel zu denken. Darüber hinaus werde auf neurologischem Gebiet über das Vorliegen einer Epilepsie berichtet. Auf psychiatrischem Gebiet müsse von einer mittelgradigen depressiven Störung sowie einer Somatisierungsstörung bzw. einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung ausgegangen werden. Leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen seien drei Stunden bis unter sechs Stunden täglich möglich und zumutbar. Eine Wegstrecke von mehr als 500 m könne der Kläger viermal täglich in zumutbarer Zeit (500 m in 15 Minuten) zurücklegen und uneingeschränkt öffentliche Verkehrsmittel benutzen.
Die Beklagte hat beratungsärztliche Stellungnahmen des Arztes für Neurologie und Sozialmedizin Dr. W. vom 21.9.2011, 20.12.2011, 8.2.2012 und 22.5.2012 vorgelegt, der unter anderem dargelegt hat, der psychiatrische und neuropsychologische Befund charakterisiere den kräftigen muskulösen Versicherten als freundlich und zugewandt, kooperativ, voll orientiert und von seiner Stimmung her während der gesamten Untersuchung ausgeglichen bei allenfalls diskret verminderter affektiver Schwingungsfähigkeit. Es hätten sich keinerlei Hinweise auf Denkstörungen gefunden. Konzentration, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit und Umstellungsgeschwindigkeit seien unauffällig gewesen. Der beschriebene psychopathologische Befund bilde die diagnostisch angenommene mittelgradige depressive Störung in keiner Weise ab. Eine leistungsmindernde depressive Störung belegten die objektiv erhobenen Befunde nicht. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass dem Kläger außerberufliche Aktivitäten möglich seien, so würden an Hobbys Gartenarbeiten, Eisenbahn und Schreinern in der eigenen Hobbywerkstatt angegeben. Die moderaten neurologischen Befunde im Sinne einer diskreten Polyneuropathie wirkten sich quantitativ nicht leistungsmindernd aus und führten zu keiner alltagsrelevanten Einschränkung der koordinativen Fähigkeiten oder der Gehfähigkeit. Die bestehende Hörminderung sei mittels Hörgeräten kompensiert; außerdem bestehe eine 14-jährige Anfallsfreiheit. Aus sozialmedizinischer Sicht liege keine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden täglich bei leistungsangepassten Verrichtungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vor.
Die Beklagte hat mitgeteilt, dass der Kläger frühestens ab 1.9.2013 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen (brutto 1.198,39 EUR) beziehen könne.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller - § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht besteht, weil der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie der im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass auch der Senat nach der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen nicht festzustellen vermag, dass das Leistungsvermögen des Klägers auf unter sechs Stunden täglich für körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder bzw. überwiegend sitzender Körperhaltung zu ebener Erde in Normalarbeitszeit herabgesunken ist. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund einer Gesamtwürdigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere des Entlassungsberichts der Reha-Klinik H. vom 16.5.2009, der Gutachten des Orthopäden Dr. W. vom 17.9.2006, der Ärztin für Sozialmedizin Dr. P. vom 21.9.2006 (nebst ergänzender Stellungnahme vom 22.1.2007) sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. S. vom 17.1.2007, deren Gutachten im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, des Sachverständigengutachtens des Neurologen und Psychiaters Professor Dr. E. vom 18.7.2008 sowie der beratungsärztlichen Stellungnahmen des Internisten Dr. L. vom 17.3.2008, des Chirurgen Dr. S. vom 21.4.2009, 7.8.2009 und 11.12.2009 sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. W. vom 21.9.2011, 20.12.2011, 8.2.2012 und 22.5.2012, die als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertet werden.
Die auf orthopädischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen (LWS-Syndrom mit Bandscheibenvorfall L4/5 und L5/S1, degeneratives HWS- und BWS-Syndrom, Gonarthrose beidseits, beginnende Coxarthrose beidseits) führen zu qualitativen Einschränkungen (kein schweres Heben und Tragen, keine Zwangshaltungen, kein überwiegendes Stehen und Gehen, kein häufiges Bücken, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in Kälte, Nässe und im Freien), hindern den Kläger jedoch nicht daran, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder oder überwiegend sitzender Körperhaltung in geschlossenen normal temperierten Räumen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der beim Kläger vorliegenden Befunde auf orthopädischem Gebiet und der ihn überzeugenden Beurteilungen der Ärzte der Reha-Klinik H., des Orthopäden Dr. W. und des Chirurgen Dr. S ... Der hiervon abweichenden Beurteilung von Dr. N. vermag sich der Senat nicht anzuschließen. So weist Dr. S. zu Recht darauf hin, dass im Bereich der Rumpfwirbelsäule keine höhergradigen Einschränkungen vorliegen. Wurzelreizungen oder neurologische Ausfälle sind nicht vorhanden. Die Beweglichkeit der BWS war bei der Untersuchung durch Dr. N. nahezu frei und die Beweglichkeit der LWS war nur minimal (FBA 10 cm) eingeschränkt. Die Kniegelenksfunktion war ebenfalls frei. Der freie Gang auf ebener Erde mit und ohne Schuhwerk war sicher und hinkfrei, wenn auch etwas schwerfällig. Eine quantitative Leistungseinschränkung vermag der Senat angesichts dieser Befunde nicht festzustellen.
Die auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen (Anfallsleiden, seit 14 Jahren unter Medikation anfallsfrei; depressive Störung, Restless-legs-Syndrom bzw. diskrete Polyneuropathie) führen ebenfalls zu keiner quantitativen Leistungseinschränkung. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet erhobenen Befunde sowie der Beurteilungen der Ärzte der Reha-Klinik H., des Neurologen und Psychiaters Dr. S., des Neurologen und Psychiaters Professor Dr. E. und des Arztes für Neurologie und Sozialmedizin Dr. W. Den Beurteilungen von Dr. V. und Dr. F. vermag sich der Senat dagegen nicht anzuschließen. Dr. V. stellt nicht einmal exakte Diagnosen, sondern äußert überwiegend den Verdacht auf bestimmte Krankheiten (Verdacht auf eine depressive-konversionsneurotische Entwicklung, Verdacht auf eine somatoforme Schmerz Syndrom, Verdacht auf eine depressive Reaktion). Dr. F. nennt zwar konkrete Diagnosen, die von ihm erhobenen Befunde belegen die gestellten Diagnosen jedoch teilweise nicht. So sieht der Senat die von ihm diagnostizierte mittelgradige depressive Störung aufgrund der von ihm erhobenen Befunde nicht als nachgewiesen an.
So beschreibt Dr. V. beim Kläger einen im Wesentlichen unauffälligen neurologischen Befund und teilt bezüglich des erhobenen psychischen Befundes mit, dass die Stimmung des Klägers ausgeglichen, gelegentlich sogar heiter gewesen sei und bei objektivierten Beeinträchtigungen und zum Teil auch berichteten Beschwerden der Kläger auffallend wenig gedrückt oder traurig war, wobei Zeichen der Enttäuschung oder Gereiztheit nicht vorhanden waren. Das Denken war formal und inhaltlich unauffällig. Zeichen von Zwanghaftigkeit, Überwertigkeit, hypochondrische, phobische und paranoide Züge waren nicht vorhanden. Intelligenzdefekte konnten nicht eruiert oder beobachtet werden. Dr. F. schildert einen im Kontakt freundlichen und zugewandten Kläger, der sich kooperativ verhielt und adäquat auf die Gutachtenssituation reagierte. Die affektive Schwingungsfähigkeit war allenfalls diskret vermindert; während der gesamten Untersuchung war der Kläger ausgeglichen. Konzentration, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit und Umstellungsgeschwindigkeit waren vollkommen unauffällig. Angesichts dieses Befundes vermag der Senat Funktionsstörungen, die zu einer quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens führen würden, nicht festzustellen. Solche ergeben sich auch nicht unter Berücksichtigung des Tagesablaufs und der Hobbys des Klägers. So steht der Kläger zwischen 5:30 Uhr und 6:00 Uhr auf, frühstückt zusammen mit seiner Ehefrau, weckt dann die beiden Jungen, räumt die Wohnung auf, kauft ein, nimmt Arzt- und Krankengymnastik-Termine wahr, beschäftigt sich mit seiner Modelleisenbahn, kocht das Mittagessen für die ganze Familie, räumt zusammen mit der Familie die Küche auf, beaufsichtigt die Schularbeiten der Kinder, macht gelegentliche Spaziergänge, hält sich in seiner Werkstatt auf und sieht abends gemeinsam mit der Familie Fernsehen, führt Spiele durch oder liest und geht zwischen 22:00 Uhr und 22:30 Uhr zu Bett.
Die Hörminderung nach Hörstürzen beidseits ist mit Hörgeräten kompensiert und schließt lediglich Tätigkeiten aus, bei denen besondere Anforderungen an das Hörvermögen gestellt werden. Eine spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt beim Kläger nicht vor, da der Kläger aufgrund der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht gehindert ist, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder bzw. überwiegend sitzender Körperhaltung zu ebener Erde in normal temperierten Räumen (wie sortieren, verpacken, montieren) zu verrichten. Der Kläger ist aus gesundheitlichen Gründen nicht gehindert, Arbeitsplätze aufzusuchen, da er in der Lage ist, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m in zumutbarer Zeit (500 m in höchstens 15 bis 20 Minuten) zurückzulegen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, wie zuletzt Dr. F. bestätigt hat.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der 1953 geborene Kläger hat von September 1968 bis September 1971 Kfz-Mechaniker gelernt und war bis Dezember 2006 als Kfz-Mechaniker für Lkw beschäftigt. Seit dem 30.5.2005 war er arbeitsunfähig, bezog bis zum 20.11.2006 Krankengeld und danach bis November 2007 Arbeitslosengeld I. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 seit 1.1.1998, von 60 seit 25.6.2002 und von nunmehr 70 (so Gutachten Dr. F. vom 7.7.2011) anerkannt.
Vom 16.8.2005 bis 13.9.2005 absolvierte er ein Heilverfahren in der Reha-Klinik H ... Die dortigen Ärzte entließen den Kläger als arbeitsunfähig und führten aus, als LKW-Mechaniker sei der Kläger nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne er in wechselnder Arbeitshaltung bzw. überwiegend im Sitzen sechs Stunden und mehr verrichten. Aufgrund der multifaktoriell bedingten Minderbelastbarkeit der gesamten Wirbelsäule seien häufige Arbeiten in wirbelsäulenbelastenden Zwangshaltungen, in In- und Reklination mit und ohne Rotationskomponente zu vermeiden. Aufgrund der ausgeprägten Gonarthrose sollten Arbeiten im Knien und Hocken nicht ausgeführt werden; ebenso sollte das Steigen bzw. Klettern vermieden werden.
Am 29.6.2006 beantragte der Kläger – wegen Wirbelsäulenbeschwerden seit 30.5.2005 – die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ den Kläger von der Ärztin für Sozialmedizin Dr. P. und dem Orthopäden Dr. W. gutachterlich untersuchen.
Dr. W. stellte beim Kläger im Gutachten vom 17.9.2006 folgende Diagnosen: Pseudoradikuläres Lendenwirbelsäulen-Syndrom (LWS-Syndrom) bei Prolaps L4/5 und L5/S1, degeneratives Zervikalsyndrom, degeneratives Brustwirbelsäulen-Syndrom (BWS-Syndrom), schwerere Retropatellararthrose beidseits sowie massive Adipositas. Er führte aus, aufgrund dieser Gesundheitsstörungen halte er die Wiederaufnahme der bisherigen Berufstätigkeit eines Kfz-Mechanikers in einer Werkstatt für Lkw-Reparaturen nicht mehr für möglich. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Zwangspositionen, ohne Laufen auf unebenem Boden, ohne Besteigen von Leitern und Gerüsten, ohne Treppensteigen, ohne Überkopfarbeiten und ohne schweres Heben könne der Kläger täglich noch sechs Stunden und mehr verrichten. Die Reduktion des massiv erhöhten Körpergewichts sei anzustreben. Für eine stationäre medizinische Rehabilitation bestehe keinerlei Motivation. Es bestehe auch keine Aussicht, durch eine derartige Maßnahme die Leistungsfähigkeit des Klägers zu verbessern.
Dr. P. führte im Gutachten vom 21.9.2006 aus, der Kläger habe im Jahr 1994 in sehr kurzem Abstand zwei epileptische Anfälle erlitten. Durch regelmäßige Einnahme von Antiepileptika sei es in den vergangenen zwölf Jahren nicht zu erneuten Anfällen gekommen, so dass sich daraus keine zusätzliche Leistungseinschränkung ergebe. Das vom Orthopäden dokumentierte Leistungsbild sei als Gesamtbeurteilung anzusehen.
Mit Bescheid vom 9.10.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könne der Kläger zwar nicht mehr den erlernten Beruf als Kfz-Mechaniker ausüben. Er könne jedoch eine zumutbare Verweisungstätigkeit als Kundendienstberater mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Hiergegen legte der Kläger am 20.10.2006 Widerspruch ein und ärztliche Bescheinigungen des Orthopäden Dr. B. vom 6.11.2006, des Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 26.10.2006 sowie des Arztes für Anästhesiologie und Allgemeinmedizin Dr. W., Schmerzzentrum H., vom 19.10.2006 vor, die die Ansicht vertraten, der Kläger könne nicht länger als drei Stunden täglich arbeiten.
Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet begutachten. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. führte im Gutachten vom 17.1.2007 aus, beim Kläger hätten früher Grand-mal-Anfälle (seit zwölf Jahren unter VPA anfallsfrei) vorgelegen. Bei ihm liege ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom (HWS, LWS) ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallsymptomatik vor und es bestehe ein Verdacht auf Schmerzfehlverarbeitung. Auf nervenärztlichem Gebiet ergäben sich keine wesentlichen Leistungseinschränkungen; diese lägen vielmehr auf orthopädischem Gebiet. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten seien dem Kläger vollschichtig zumutbar. Dr. P. führte dazu unter dem 22.1.2007 aus, im Hinblick auf alle vorliegenden Untersuchungsergebnisse sei die im Rentengutachten vom 21.9.2006 dokumentierte sozialmedizinische Leistungsbeurteilung bestätigt worden.
Mit Schreiben vom 26.3.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, für den zuletzt ausgeübten Beruf als Kfz-Mechaniker sei das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden herabgesunken; zumutbare Verweisungstätigkeiten könnten nicht genannt werden. Da nach den Feststellungen des sozialmedizinischen Sachverständigen es unwahrscheinlich sei, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden könne, liege teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer vor. Gemäß § 116 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gelte der Antrag auf eine Maßnahme zur Rehabilitation vom 25.7.2005 als Rentenantrag. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit werde, ausgehend von einem am 30.5.2005 (Beginn der Arbeitsunfähigkeit) eingetretenen Leistungsfall, ab 1.6.2005 bewilligt. Der Kläger hielt seinen Widerspruch hinsichtlich einer Rente wegen voller Erwerbsminderung aufrecht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.5.2007 führte die Beklagte aus, dem Widerspruch werde teilweise stattgegeben. Es bestehe Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1.6.2005 bis zum Beginn der Regelaltersrente. Im Übrigen werde der Widerspruch zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 19.6.2007 unter Vorlage der schon im Widerspruchsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben und die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter verfolgt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört und Gutachten auf orthopädischem sowie neurologisch-psychiatrischem Gebiet eingeholt.
Der Orthopäde Dr. B. hat unter dem 17.9.2007 über Behandlungen des Klägers berichtet, Kopien von Arztbriefen vorgelegt und erklärt, bezüglich der Frage des Leistungsvermögens müsse eine Begutachtung durchgeführt werden. Der Neurologe und Psychiater Dr. K. hat unter dem 18.9.2007 ausgeführt, nach Aussagen der Reha sei eine maximale Belastung von zwei Stunden möglich. Nach Aussagen der LVA dürfe er seinen Beruf nicht mehr ausführen. Einer Arbeit ohne Publikumsverkehr und ohne besondere nervliche Beanspruchung könne er weniger als drei Stunden täglich nachgehen. Grund hierfür seien die bestehende Epilepsie, die Wirbelsäulenbeschwerden und der Befund der Reha. Der Arzt für Allgemeinmedizin B. (aus der Gemeinschaftspraxis mit Dr. W., Schmerzzentrum H.) hat unter dem 2.10.2007 ausgeführt, die Höchstdauer des Arbeitstages schätze er mit weniger als drei Stunden täglich ein. Der Internist Dr. A. hat am 26.9.2007 mitgeteilt, die schwere Arbeit eines Kfz-Mechanikers könne der Kläger nicht mehr ausüben. Verwaltungstätigkeiten ohne körperliche Anstrengung wären möglich.
Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie sowie Diplom-Psychologe Dr. V. hat im Gutachten vom 4.3.2008 ausgeführt, beim Kläger bestehe der Verdacht auf eine depressiv-konversions-neurotische Entwicklung, auf ein somatoformes Schmerzsyndrom (in Verbindung mit den auf orthopädischem Gebiet festgestellten Organveränderungen; asymptomatisch unter analgetischer Behandlung), auf eine depressive Reaktion (asymptomatisch unter antidepressiver Behandlung) sowie ätiologisch ein unklares Anfallsleiden, unter Antiepileptika anfallsfrei. Der Kläger sei in der Lage, Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen (ohne Akkord- und Fließbandarbeit, ohne Schicht- und Nachtarbeit, ohne starke Beanspruchung des Gehörs, ohne Publikumsverkehr, ohne besondere nervliche Beanspruchung) drei bis unter sechs Stunden täglich zu verrichten. Wegen der medikamentös bedingten rascheren Ermüdbarkeit und des nicht vorhersehbaren Auftretens von Schmerzzuständen seien zusätzliche betriebsunübliche Pausen nicht auszuschließen. Seine Einschätzung weiche von den Vorgutachtern Dr. W., Dr. P. und Dr. S. ab, da er die psychische Belastbarkeit des Klägers geringer einschätze, und zwar wegen des Schmerzerlebens und der Nebenwirkungen der Medikamente. Unter Berücksichtigung der Biografie und ihrer Auswirkung auf die Entwicklung des Klägers und seine Persönlichkeit, der zeitlebens bei ein- und derselben Firma an demselben Arbeitsplatz gearbeitet habe, könne er sich voraussichtlich einer völlig neuen Arbeitssituation nicht mehr anpassen, weil die hierfür erforderliche Flexibilität/psychische Beweglichkeit nicht im entsprechenden Maße vorhanden sein dürfte und er durch die verordneten Medikamente weiter eingeschränkt werde.
Dr. L. hat dazu in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 17.3.2008 ausgeführt, Dr. V. lasse außer Acht, dass bei unerwünschten leistungsmindernden Arzneimittelwirkungen eine Therapieumstellung möglich wäre, die zu einer Beseitigung der (zusätzlichen, durch Tagesmüdigkeit bedingten) Einschränkungen führen könnte. Auffällig sei die relative geringe Beeinträchtigung im von Dr. V. beschriebenen Befund. Insgesamt könne die Reduktion des quantitativen Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden und damit die Abweichung von den bisherigen Beurteilungen nicht nachvollzogen werden.
In dem daraufhin eingeholten psychiatrischen Gutachten vom 18.7.2008 hat Professor Dr. E., Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinik F., angegeben, der Kläger leide unter einer depressiven Episode, differenzialdiagnostisch unter einer organischen depressiven Störung (bei Epilepsie). Dem Kläger seien nur noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Akkord-, Fließband-, Schicht-und Nachtarbeit, ohne mittelschwierige oder schwierige Tätigkeiten geistiger Art, ohne Publikumsverkehr und ohne besondere nervliche Beanspruchung möglich. Leichte Tätigkeiten seien noch mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. In schweren ausgeprägten Phasen der depressiven Episode könnte der Kläger nur noch etwa halbschichtig tätig sein. Eine solche ausgeprägte Phase sei beim Kläger jedoch nicht feststellbar gewesen; auch ergebe sich eine solche aus den Akten nicht. Er ziehe andere Schlussfolgerungen als Dr. V.
Der Orthopäde Dr. N. hat beim Kläger im Gutachten vom 1.3.2009 folgende Diagnosen auf seinem Fachgebiet gestellt: Chronisch degeneratives Lumbalsyndrom mit Bandscheibenvorfällen L4/5 und L5/S1, derzeit ohne Nervenwurzelreizung, chronisch degeneratives Thorakalsyndrom, chronisch degeneratives Zervikalsyndrom, medial betonte Gonarthrose mit Retropatellararthrose beidseits und beginnende Coxarthrose beidseits. Er hat ausgeführt, der Kläger könne körperlich leichte Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 15 kg ohne überwiegendes Stehen und Gehen, ohne häufiges Bücken, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in Kälte, Nässe sowie im Freien und – aufgrund des Anfallsleidens – ohne Tätigkeiten an laufenden Maschinen, im Akkord, am Fließband und ohne Schicht- und Nachtarbeiten verrichten. Aufgrund der multiplen Arthrosen von Wirbelsäule und unteren Extremitäten seien betriebsunübliche Pausen sinnvoll, um dem geforderten Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen nachkommen zu können. Eine leichte körperliche Tätigkeit könne der Kläger drei bis weniger als sechs Stunden ausüben. Die Beurteilungen von Dr. W. und Dr. P. teile er nicht, da sich die Arthrosen verschlimmert hätten.
Dr. S. hat in einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 21.4.2009 ausgeführt, es entstehe der Eindruck, dass sich Dr. N. primär auf radiologische Befunde stütze, obwohl sich bei der klinischen Untersuchung und bei der Herausarbeitung des Alltagsverhaltens keine entsprechenden schwerwiegenden Korrelate fänden. Angesichts der klinischen Befunde an Wirbelsäule und Kniegelenke sowie des Alltagsverhaltens sei es völlig unverständlich, dass Dr. N. eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens für Arbeiten ohne besondere Wirbelsäulen- und Kniegelenksbelastung annehme. Ebenso wenig könne nachvollzogen werden, dass er betriebsunübliche Pausen fordere, um dem geforderten Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen nachzukommen. Die jetzt erhobenen orthopädischen Befunde belegten, dass es klinisch und funktionell nicht zu einer wesentlichen Verschlechterung der Leiden seit dem Jahr 2005 gekommen sei. Es lägen nach wie vor keine aktivierten Arthrosen, keine Reizzustände, keine höhergradigen Funktionseinschränkungen vor, auch nicht in den Bereichen, die radiologisch deutliche Arthrosezeichen aufwiesen.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 26.5.2009 hat Dr. N. an seiner Beurteilung festgehalten. Hierzu hat sich Dr. S. unter dem 7.8.2009 nochmals geäußert.
Der Kläger hat einen Befundbericht des HNO-Arztes Dr. L. vom 18.6.2007 (hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit rechts) sowie ein für die Berufsgenossenschaft Metall Nord Süd erstattetes HNO-ärztliches Gutachten vom 29.11.2007 (an Taubheit grenzende Innenohrschwerhörigkeit rechts und hochgradige Innenohrschwerhörigkeit links, narbig und reizlos verheiltes Trommelfell rechts nach Tympanoplastik wegen einer Verletzung mit Schweißschlacke) vorgelegt. In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 11.12.2009 hat Dr. S. ausgeführt, durch die Hörminderung ergebe sich keine wesentliche zusätzliche Einschränkung des Leistungsvermögens, insbesondere keine Minderung des quantitativen Leistungsvermögens. Mit der Hörgeräteversorgung sei die erforderliche Kommunikationsfähigkeit hergestellt. Ausgeschlossen werden müssten nur Arbeiten, die ganz besondere Anforderungen an ein intaktes Gehör stellten.
Das SG hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 25.3.2010 angehört. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 25.3.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach dem medizinischen Beweisergebnis sei das SG nicht davon überzeugt, dass der Kläger nur noch weniger als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein könne. Das SG stütze sich dabei auf das Gutachten von Professor Dr. E. vom 18.7.2008. Dem Gutachten von Dr. V. vom 4.3.2008 vermöge sich das SG dagegen nicht anzuschließen. Die von Dr. V. erhobenen Befunde stützten seine Einschätzung nicht. Hinzu komme, dass Dr. V. nur Verdachtsdiagnosen nenne. Das Gutachten des Orthopäden Dr. N. vom 1.3.2009 führe zu keiner anderen Einschätzung des Leistungsvermögens des Klägers. Die von Dr. N. gestellten Diagnosen entsprächen im Wesentlichen denjenigen, die Dr. W. bereits im Verwaltungsverfahren gestellt habe. Die von Dr. N. daraus gezogenen Schlussfolgerungen ließen sich damit nicht begründen. Auch eine Einschränkung der Wegefähigkeit des Klägers auf 500 m zu Fuß lasse sich für das SG mit dem Gutachten von Dr. N. nicht erklären. Dazu reiche ein schwerfälliger Gang des Klägers nicht aus.
Gegen das am 6.4.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.4.2010 Berufung eingelegt und vorgetragen, er sei nicht mehr in der Lage, leichte Tätigkeiten auf den Arbeitsmarkt voll- oder teilschichtig auszuüben. So schätzten Dr. K. und Dr. B. sein Leistungsvermögen auf unter drei Stunden und Dr. A. auf unter sechs Stunden. Dr. V. und Dr. N. kämen ebenfalls zu einem Leistungsvermögen von unter sechs Stunden. Hinzu komme seine Schwerhörigkeit.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25. März 2010 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 09. Oktober 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. Juni 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Dr. F., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom 7.7.2011 ausgeführt, in den ärztlichen Voruntersuchungen sei ein Restless-Legs-Syndrom nicht beschrieben worden. Dieses führe in der Regel zu Schlafstörungen (Einschlafstörungen), Bewegungsdrang und Empfindungsstörungen in Ruhesituationen. Differenzialdiagnostisch sei auch an eine Polyneuropathie, einen Vitamin B 12-Mangel oder einen Eisenmangel zu denken. Darüber hinaus werde auf neurologischem Gebiet über das Vorliegen einer Epilepsie berichtet. Auf psychiatrischem Gebiet müsse von einer mittelgradigen depressiven Störung sowie einer Somatisierungsstörung bzw. einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung ausgegangen werden. Leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen seien drei Stunden bis unter sechs Stunden täglich möglich und zumutbar. Eine Wegstrecke von mehr als 500 m könne der Kläger viermal täglich in zumutbarer Zeit (500 m in 15 Minuten) zurücklegen und uneingeschränkt öffentliche Verkehrsmittel benutzen.
Die Beklagte hat beratungsärztliche Stellungnahmen des Arztes für Neurologie und Sozialmedizin Dr. W. vom 21.9.2011, 20.12.2011, 8.2.2012 und 22.5.2012 vorgelegt, der unter anderem dargelegt hat, der psychiatrische und neuropsychologische Befund charakterisiere den kräftigen muskulösen Versicherten als freundlich und zugewandt, kooperativ, voll orientiert und von seiner Stimmung her während der gesamten Untersuchung ausgeglichen bei allenfalls diskret verminderter affektiver Schwingungsfähigkeit. Es hätten sich keinerlei Hinweise auf Denkstörungen gefunden. Konzentration, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit und Umstellungsgeschwindigkeit seien unauffällig gewesen. Der beschriebene psychopathologische Befund bilde die diagnostisch angenommene mittelgradige depressive Störung in keiner Weise ab. Eine leistungsmindernde depressive Störung belegten die objektiv erhobenen Befunde nicht. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass dem Kläger außerberufliche Aktivitäten möglich seien, so würden an Hobbys Gartenarbeiten, Eisenbahn und Schreinern in der eigenen Hobbywerkstatt angegeben. Die moderaten neurologischen Befunde im Sinne einer diskreten Polyneuropathie wirkten sich quantitativ nicht leistungsmindernd aus und führten zu keiner alltagsrelevanten Einschränkung der koordinativen Fähigkeiten oder der Gehfähigkeit. Die bestehende Hörminderung sei mittels Hörgeräten kompensiert; außerdem bestehe eine 14-jährige Anfallsfreiheit. Aus sozialmedizinischer Sicht liege keine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden täglich bei leistungsangepassten Verrichtungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vor.
Die Beklagte hat mitgeteilt, dass der Kläger frühestens ab 1.9.2013 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen (brutto 1.198,39 EUR) beziehen könne.
Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente wegen voller - § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht besteht, weil der Kläger noch wenigstens sechs Stunden täglich leistungsfähig ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren sowie der im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen uneingeschränkt an, sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Ergänzend ist auszuführen, dass auch der Senat nach der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen nicht festzustellen vermag, dass das Leistungsvermögen des Klägers auf unter sechs Stunden täglich für körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder bzw. überwiegend sitzender Körperhaltung zu ebener Erde in Normalarbeitszeit herabgesunken ist. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund einer Gesamtwürdigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere des Entlassungsberichts der Reha-Klinik H. vom 16.5.2009, der Gutachten des Orthopäden Dr. W. vom 17.9.2006, der Ärztin für Sozialmedizin Dr. P. vom 21.9.2006 (nebst ergänzender Stellungnahme vom 22.1.2007) sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. S. vom 17.1.2007, deren Gutachten im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden, des Sachverständigengutachtens des Neurologen und Psychiaters Professor Dr. E. vom 18.7.2008 sowie der beratungsärztlichen Stellungnahmen des Internisten Dr. L. vom 17.3.2008, des Chirurgen Dr. S. vom 21.4.2009, 7.8.2009 und 11.12.2009 sowie des Neurologen und Psychiaters Dr. W. vom 21.9.2011, 20.12.2011, 8.2.2012 und 22.5.2012, die als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertet werden.
Die auf orthopädischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen (LWS-Syndrom mit Bandscheibenvorfall L4/5 und L5/S1, degeneratives HWS- und BWS-Syndrom, Gonarthrose beidseits, beginnende Coxarthrose beidseits) führen zu qualitativen Einschränkungen (kein schweres Heben und Tragen, keine Zwangshaltungen, kein überwiegendes Stehen und Gehen, kein häufiges Bücken, keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in Kälte, Nässe und im Freien), hindern den Kläger jedoch nicht daran, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder oder überwiegend sitzender Körperhaltung in geschlossenen normal temperierten Räumen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der beim Kläger vorliegenden Befunde auf orthopädischem Gebiet und der ihn überzeugenden Beurteilungen der Ärzte der Reha-Klinik H., des Orthopäden Dr. W. und des Chirurgen Dr. S ... Der hiervon abweichenden Beurteilung von Dr. N. vermag sich der Senat nicht anzuschließen. So weist Dr. S. zu Recht darauf hin, dass im Bereich der Rumpfwirbelsäule keine höhergradigen Einschränkungen vorliegen. Wurzelreizungen oder neurologische Ausfälle sind nicht vorhanden. Die Beweglichkeit der BWS war bei der Untersuchung durch Dr. N. nahezu frei und die Beweglichkeit der LWS war nur minimal (FBA 10 cm) eingeschränkt. Die Kniegelenksfunktion war ebenfalls frei. Der freie Gang auf ebener Erde mit und ohne Schuhwerk war sicher und hinkfrei, wenn auch etwas schwerfällig. Eine quantitative Leistungseinschränkung vermag der Senat angesichts dieser Befunde nicht festzustellen.
Die auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen (Anfallsleiden, seit 14 Jahren unter Medikation anfallsfrei; depressive Störung, Restless-legs-Syndrom bzw. diskrete Polyneuropathie) führen ebenfalls zu keiner quantitativen Leistungseinschränkung. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet erhobenen Befunde sowie der Beurteilungen der Ärzte der Reha-Klinik H., des Neurologen und Psychiaters Dr. S., des Neurologen und Psychiaters Professor Dr. E. und des Arztes für Neurologie und Sozialmedizin Dr. W. Den Beurteilungen von Dr. V. und Dr. F. vermag sich der Senat dagegen nicht anzuschließen. Dr. V. stellt nicht einmal exakte Diagnosen, sondern äußert überwiegend den Verdacht auf bestimmte Krankheiten (Verdacht auf eine depressive-konversionsneurotische Entwicklung, Verdacht auf eine somatoforme Schmerz Syndrom, Verdacht auf eine depressive Reaktion). Dr. F. nennt zwar konkrete Diagnosen, die von ihm erhobenen Befunde belegen die gestellten Diagnosen jedoch teilweise nicht. So sieht der Senat die von ihm diagnostizierte mittelgradige depressive Störung aufgrund der von ihm erhobenen Befunde nicht als nachgewiesen an.
So beschreibt Dr. V. beim Kläger einen im Wesentlichen unauffälligen neurologischen Befund und teilt bezüglich des erhobenen psychischen Befundes mit, dass die Stimmung des Klägers ausgeglichen, gelegentlich sogar heiter gewesen sei und bei objektivierten Beeinträchtigungen und zum Teil auch berichteten Beschwerden der Kläger auffallend wenig gedrückt oder traurig war, wobei Zeichen der Enttäuschung oder Gereiztheit nicht vorhanden waren. Das Denken war formal und inhaltlich unauffällig. Zeichen von Zwanghaftigkeit, Überwertigkeit, hypochondrische, phobische und paranoide Züge waren nicht vorhanden. Intelligenzdefekte konnten nicht eruiert oder beobachtet werden. Dr. F. schildert einen im Kontakt freundlichen und zugewandten Kläger, der sich kooperativ verhielt und adäquat auf die Gutachtenssituation reagierte. Die affektive Schwingungsfähigkeit war allenfalls diskret vermindert; während der gesamten Untersuchung war der Kläger ausgeglichen. Konzentration, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit und Umstellungsgeschwindigkeit waren vollkommen unauffällig. Angesichts dieses Befundes vermag der Senat Funktionsstörungen, die zu einer quantitativen Einschränkung des Leistungsvermögens führen würden, nicht festzustellen. Solche ergeben sich auch nicht unter Berücksichtigung des Tagesablaufs und der Hobbys des Klägers. So steht der Kläger zwischen 5:30 Uhr und 6:00 Uhr auf, frühstückt zusammen mit seiner Ehefrau, weckt dann die beiden Jungen, räumt die Wohnung auf, kauft ein, nimmt Arzt- und Krankengymnastik-Termine wahr, beschäftigt sich mit seiner Modelleisenbahn, kocht das Mittagessen für die ganze Familie, räumt zusammen mit der Familie die Küche auf, beaufsichtigt die Schularbeiten der Kinder, macht gelegentliche Spaziergänge, hält sich in seiner Werkstatt auf und sieht abends gemeinsam mit der Familie Fernsehen, führt Spiele durch oder liest und geht zwischen 22:00 Uhr und 22:30 Uhr zu Bett.
Die Hörminderung nach Hörstürzen beidseits ist mit Hörgeräten kompensiert und schließt lediglich Tätigkeiten aus, bei denen besondere Anforderungen an das Hörvermögen gestellt werden. Eine spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt beim Kläger nicht vor, da der Kläger aufgrund der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht gehindert ist, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder bzw. überwiegend sitzender Körperhaltung zu ebener Erde in normal temperierten Räumen (wie sortieren, verpacken, montieren) zu verrichten. Der Kläger ist aus gesundheitlichen Gründen nicht gehindert, Arbeitsplätze aufzusuchen, da er in der Lage ist, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m in zumutbarer Zeit (500 m in höchstens 15 bis 20 Minuten) zurückzulegen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeiten öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, wie zuletzt Dr. F. bestätigt hat.
Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved