Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 2123/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 4879/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Verwaltungsakt, mit dem die Beklagte eine nicht zu Stande gekommene Eingliederungsvereinbarung ersetzt hat.
Der am 11.03.1968 geborene Kläger steht im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Anlässlich einer persönlichen Vorsprache des Klägers bei dem Beklagten am 07.05.2012 wurde dem Kläger der ausgearbeitete Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung vorgelegt. Der Kläger weigerte sich, unter Berufung darauf, dass diese gegen das Grundgesetz verstoße, die Eingliederungsvereinbarung abzuschließen.
Sodann ersetzte der Beklagte die Eingliederungsvereinbarung mit Verwaltungsakt vom 01.06.2012. Der Beklagte legte hierin, für einen Geltungszeitraum vom 01.06. - 04.12.2012, als Ziel die Unabhängigkeit (des Klägers) von Arbeitslosengeld II durch die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sowie die Verbesserung der gesundheitlichen Situation des Klägers fest. Er sagte dem Kläger aktive Leistungen, u.a. die Übernahme von Kosten bis zu EUR 2,- bzw. EUR 4,- für online bzw. für schriftliche Bewerbung sowie die Möglichkeit der Teilnahme an einem Bewerbungscenter bei "T." zu. Im Gegenzug erlegte er dem Kläger auf, sich um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungen zu bemühen, diese Bemühungen zu dokumentieren und ihm die Liste der Eigenbemühungen in einem zweimonatigen Abstand vorzulegen. Konkret forderte der Beklagte den Kläger zu jeweils acht Bewerbungen innerhalb eines jeweils zweimonatigen Zeitraums auf. Ferner gab er dem Kläger auf, Arbeitsunfähigkeiten am gleichen Tag anzuzeigen, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen spätestens am dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen sowie an geeigneten Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit teilzunehmen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und brachte begründend vor, es handle sich um einen Zwangsvertrag, welcher gegen die Grundrechte des Grundgesetzes (GG) verstoße. So sichere das GG die Unverletzlichkeit seiner Person und seiner Vertragsfreiheit. Das SGB II verletze das Zitiergebot des Art. 19 GG. Eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt sei daher unzulässig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2012 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Nach § 15 SGB II seien, wenn eine entsprechende Eingliederungsvereinbarung nicht zu Stande komme, deren Inhalte im Wege eines Verwaltungsaktes festzulegen. Dessen Inhalte berücksichtigten die individuellen Verhältnisse des Klägers ausreichend, die dem Kläger auferlegten Verpflichtungen seien unter Berücksichtigung des bisherigen beruflichen Werdegangs des Klägers zumutbar, erforderlich und geeignet.
Hiergegen hat der Kläger am 16.08.2012 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) eingelegt, zu deren Begründung er seinen Vortrag betreffend des Verstoßes gegen das GG wiederholt hat. Ergänzend hat er vorgebracht, dass im Verwaltungsakt als Ziel eine Verbesserung seiner gesundheitlichen Situation definiert sei. Dies sei das Resultat einer vorsätzlichen Manipulation und anderer Schikanen, die in eine Untersuchung durch den psychologischen Dienst der Bundesagentur für Arbeit gemündet hätten. Eine Korrektur des Gutachtens werde ihm verweigert. Solange seitens des Beklagten keine Veranlassung gesehen werde, korrupte Vorgänge zu bereinigen, betrachte er es als angemessen diese Institution auf ihre eigenen Vorgaben zu verweisen und klage daher aus einem Sekundärinteresse heraus gleichfalls ein, den Verwaltungsakt auch inhaltlich für nichtig zu erklären. Im Übrigen sei, so der Kläger, ungeklärt, ob das SG nach der Aufhebung des § 15 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ein Staatsgericht sei.
Der Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegen getreten.
Mit Gerichtsbescheid vom 19.10.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierzu ausgeführt, der Beklagte sei nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II berechtigt gewesen, die Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt zu erlassen, da sich der Kläger geweigert habe eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Eine Grundrechtsverletzung liege hierin nicht begründet, insb. läge ein Verstoß gegen die in Art. 12 GG normierte Berufsfreiheit oder die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG nicht vor, da die Verknüpfung der Gewährung staatlicher Leistungen mit der Ausübung von Arbeitstätigkeiten verfassungsrechtlich unbedenklich sei. Ein mittelbarer Arbeitszwang sei nicht vom Schutzbereich des Art. 12 GG erfasst. Das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG finde keine Anwendung, da Art. 2 GG auf Grund ausdrücklicher Ermächtigung vom Gesetzgeber eingeschränkt werden dürfe. Die Zielsetzung einer Verbesserung der gesundheitlichen Situation sei in § 1 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 SGB II ausdrücklich als Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende festgelegt. Der Kläger selbst habe seine Gesundheit thematisiert, weswegen Anlass bestanden habe, insoweit unterstützend tätig zu werden. Überdies enthalte der Verwaltungsakt diesbezüglich keine konkreten Regelungen, die in Rechte des Klägers eingreifen könnten. Das SG sei als staatliches Gericht errichtet und daher zur Entscheidung über die Klage des Klägers berufen. Daran ändert auch die Streichung von § 15 GVG nichts. Die Tätigkeit der Sozialgerichtsbarkeit und damit - mittelbar - auch des SG finde in Art. 95 Abs. 1 GG eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Im Übrigen wäre es widersinnig, wenn der Kläger ein Gericht um ein Urteil ersucht, dessen rechtliche Grundlage er in Zweifel zieht.
Gegen den am 23.10.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.11.2012 beim SG Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt der Kläger vor, durch die Aufhebung von § 15 GVG sei eine Rechtsunsicherheit zwischen Art. 95 Abs. 1 GG und den nachrangigen gesetzlichen Regelungen entstanden. Da der Gerichtsbescheid des SG diesbezüglich keine Klärung herbeigeführt habe, müsse er zwangsläufig weiterhin davon ausgehen, dass eine dahingehende Rechtsunsicherheit bestehe, ob die richterliche Gewalt vorliegend durch ein dem Gesetz unterworfenes Staatsgericht oder im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgeübt werde. Die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Widerspruchsbescheid habe ihm insofern keine Alternative zur Klageerhebung beim SG aufgezeigt. Der ihm übersandte Gerichtsbescheid sei nicht vom Richter sondern lediglich von einem Urkundsbeamten unterzeichnet. Der ihm aufoktroyierte Verwaltungsakt taste das Wesen der ihm grundgesetzlich garantierten Vertragsfreiheit an. Schließlich stehe die ihm auferlegte Verpflichtung, sich um Beschäftigungen zu bemühen, dem niedergelegten Ziel der Verbesserung seiner gesundheitlichen Situation entgegen. Er sei auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht vermittelbar, weswegen ihm keine Bewerbungen zumutbar seien.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. Oktober 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 01. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages verweist der Beklagte auf die aus seiner Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Instanzen und die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2013 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2013 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere war sie nicht nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Mit dem angefochtenen Verwaltungsakt wurden dem Kläger konkrete Verhaltensobliegenheiten im Bereich der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt auferlegt; er betrifft mithin keine Geld-, Sach- oder Dienstleistung i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Dass ein späterer Verstoß gegen die im Verwaltungsakt festgelegten Obliegenheiten Auswirkungen auf den Leistungsanspruch haben kann, ist hinsichtlich des angefochtenen Verwaltungsaktes ein bloßer Rechtsreflex. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Beschwer des Klägers, der mit einer Klage gegen den eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt unterlegen ist, mit mehr oder weniger als 750,- EUR zu beziffern ist (Urteil des erkennenden Senats vom 12.12.2012 - L 3 AS 2192/12 - veröffentlicht in juris).
Die Berufung führt jedoch für den Kläger nicht zum Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage war und ist, trotz dessen, dass die Laufzeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bis zum 04.12.2012 inzwischen verstrichen ist, unverändert zulässig (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 12.12.2012, a.a.O.). Dies gilt insb. vor dem Hintergrund der Regelung des § 31 b Abs. 1 Satz 5 SGB II, nach der die Feststellung der Minderung binnen sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig ist. Mithin könnte auf Basis der bis zum 04.12.2012 reichenden Geltungsdauer des angefochtenen Verwaltungsaktes eine Feststellung der Minderung wegen einer Verletzung der Verpflichtungen aus dem Eingliederungsverwaltungsakt längstens bis zum 04.06.2013 erfolgen. Da dieser (zeitliche) Abschluss zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch nicht abgelaufen ist, hat sich der angefochtene Verwaltungsakt nicht i.S.d. § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) erledigt; der angefochtene Verwaltungsakt vermag vielmehr noch Wirkung zu entfalten.
Der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt des Beklagten vom 01.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2012 ist jedoch rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der ab dem 01.04.2011 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 13.05.2011 (BGBl I 850) soll die Agentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für ihre Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung). Hierin soll die Eingliederungsvereinbarung insbesondere bestimmen, welche Leistungen die oder der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält, welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müssen und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind, welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu beantragen haben (§ 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, sollen die Regelungen nach Satz 2 durch Verwaltungsakt erfolgen (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II). Da eine Eingliederungsvereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Kläger infolge der Weigerung des Klägers, eine solche abzuschließen, nicht zu Stande gekommen ist, war der Beklagte berechtigt, die Eingliederungsvereinbarung durch den Verwaltungsakt vom 01.06.2012 zu ersetzen. Im Übrigen stellt § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II eine reine Verfahrensvorschrift dar, die dem Kläger keinen Rechtsanspruch gegen die Beklagte auf Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung einräumt (Bundessozialgericht, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 13/09 R - veröffentlicht in juris).
Die dem Kläger im Verwaltungsakt auferlegten Obliegenheiten unterliegen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insb. sieht es der Senat nicht als unzumutbar an, innerhalb von zwei Monaten acht Bewerbungen zu tätigen, diese zu dokumentieren und die Dokumentation hierüber der Beklagten vorzulegen. Das im Verwaltungsakt niedergelegte Ziel, die Verbesserung der gesundheitlichen Situation des Klägers, entspricht, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, der in § 1 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 SGB II normierten gesetzlichen Zielsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende, dem Erhalt, der Verbesserung oder der Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit der leistungsberechtigten Person. Anders als der Kläger sieht der Senat auch keinen Widerspruch zwischen der Zielsetzung im Verwaltungsakt und der dem Kläger auferlegten Verpflichtung, sich um sozialversicherungspflichtige oder geringfügige Beschäftigungen zu bemühen. Dass das Tätigen von Bewerbungen einer Verbesserung bzw. Aufrechterhaltung der gesundheitlichen Situation des Klägers widersprechen würde, ist dem Senat bereits in Ermangelung eines substantiierten Sachvortrages nicht nachvollziehbar.
Der Verwaltungsakt ist auch nicht, wie der Kläger geltend macht, nichtig. Nach § 40 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Ferner ist ein Verwaltungsakt gemäß § 40 Abs. 2 SGB X, ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 nichtig, der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt (Nr. 1), der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt (Nr.2), den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann (Nr.3), der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht (Nr.4) oder der gegen die guten Sitten verstößt (Nr.5). Indes ist es dem Senat nicht ersichtlich, dass der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt vom 01.06.2012 unter einem offensichtlichem besonders schweren Fehler leidet oder aus Gründen des § 40 Abs. 2 SGB X nichtig ist. Weder der unsubstantiierte Vortrag des Klägers noch der Akteninhalt liefern insofern Anhaltspunkte.
Der Senat sieht, wie das SG, durch den eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt auch keine Grundrechtsverletzung des Klägers begründet. Die Abhängigkeit des Anspruchs auf Gewährung staatlicher Leistungen von zumutbaren Eigenbemühungen zur Sicherung der Lebensgrundlage ist vielmehr verfassungsrechtlich unbedenklich (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.10.2009 - L 12 AS 12/09 - veröffentlicht in juris). Der Verwaltungsakt greift insb. nicht in das in Art. 12 Abs. 2 und Abs. 3 GG geregelte Verbot des Zwangs zur Arbeit und der Zwangsarbeit ein. Vom Verbot der Art. 12 Abs. 2 und Abs. 3 GG werden uneingeschränkt nur erzwungene Arbeiten erfasst, die in einer die Menschenwürde missachtenden Weise unter gleichzeitigem Verstoß gegen bestimmte Grundrechte gefordert werden. Daneben richtet sich der grundrechtliche Schutz auch gegen Zwangs- oder Pflichtarbeit als Methode der Rekrutierung und Verwendung von Arbeitskräften für Zwecke der wirtschaftlichen Entwicklung. Etwas anderes gilt jedoch, bei Arbeitspflichten, die dem Betroffenen im Rahmen eines gesetzlich ausgeformten und abgestuften Systems als Folge eigener Handlungen auferlegt werden (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 13.01.1987 - 2 BvR 209/84- veröffentlicht in juris, dort Rn. 53 ff). In diesem Sinne ist in den Schutzbereich des Art. 12 GG durch einen allenfalls mittelbaren Arbeitszwang in der Form, dass staatliche Leistungen mit der Ausübung von Arbeitstätigkeiten verknüpft werden, nicht eingegriffen (vgl. Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., 2007, § 10 Rn. 24). Auch einen unzulässigen Eingriff in die in Art. 2 Abs.1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit und die Vertragsfreiheit vermag der Senat nicht zu erkennen. Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die allgemeine Handlungsfreiheit in einem umfassenden Sinn. Hiervon wird zwar u.a. auch die Vertragsfreiheit erfasst, indes ist diese Freiheit nur in den durch das Grundgesetz bezeichneten Schranken garantiert, vor allem denen der verfassungsmäßigen Ordnung, zu der insb. verfassungsmäßige Rechtsvorschriften zählen. Ungeachtet davon, dass der Kläger von seiner Vertragsfreiheit gerade dadurch, dass er den vertraglichen Abschluss der Eingliederungsvereinbarung abgelehnt hat, Gebrauch gemacht hat, ist der Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG durch die Regelung des § 15 SGB II gerechtfertigt.
Auch ein Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach ein Gesetz, welches ein Grundrecht einschränkt, das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen muss, liegt nicht vor, da bereits nicht in den Schutzbereich des Art. 12 GG eingegriffen wird und sich Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nicht auf die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG bezieht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 11.08.1999 - u.a. 1 BvR 2181/98 - veröffentlicht in juris, dort Rn. 58).
Soweit der Kläger ferner anführt, nach der Aufhebung von § 15 GVG zwangsläufig davon ausgehen zu müssen, dass eine Rechtsunsicherheit bestehe, ob die richterliche Gewalt vorliegend durch ein dem Gesetz unterworfenes Staatsgericht oder im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgeübt werde, wurde der Kläger bereits durch den angefochtenen Gerichtsbescheid darüber in Kenntnis gesetzt, dass die rechtsprechende Gewalt nach Art. 92 GG den Richtern anvertraut ist, die u.a. durch die Gerichte der Länder ausgeübt wird. Aus § 7 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 1 Abs. 4 des baden-württembergischen Ausführungsgesetzes zum SGG ergibt sich mithin, dass sowohl das SG als auch der erkennende Senat staatliche Gerichte sind. Der Vortrag, es sei unklar, ob richterliche Gewalt vorliegend durch ein Staatsgericht oder im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgeübt wird, verkennt bereits, dass, soweit Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit den ordentlichen Gerichten zugewiesen ist, diese gleichfalls staatliche Gerichte sind. Im Übrigen sind der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Wesentlichen Bereiche der "Rechtsfürsorge" bzw. der "vorsorgenden Rechtspflege" wie Vormundschaftssachen, Betreuungssachen, Unterbringungssachen, Nachlasssachen, Registersachen oder Grundbuchsachen zugewiesen. Im Sozialrecht besteht hingegen keine Zuweisung.
Soweit der Kläger schließlich zur Begründung der Berufung vorbringt, der ihm übersandte Gerichtsbescheid sei nicht vom Richter sondern lediglich von einem Urkundsbeamten unterzeichnet, er mithin die formelle Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung rügt, vermag auch dies der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen, da die in § 134 Abs. 1 SGG (i.V.m. § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG) gründende Notwendigkeit, dass das Urteil bzw. der Gerichtsbescheid vom Vorsitzenden zu unterschreiben ist, nur die in den Gerichtsakten verbleibende Originalfassung der Entscheidung erfasst, nicht jedoch die den Beteiligten zu erteilende Ausfertigung. Diese ist vielmehr gemäß § 137 Satz 1 SGG vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben. Die Berufung ist hiernach zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Verwaltungsakt, mit dem die Beklagte eine nicht zu Stande gekommene Eingliederungsvereinbarung ersetzt hat.
Der am 11.03.1968 geborene Kläger steht im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Anlässlich einer persönlichen Vorsprache des Klägers bei dem Beklagten am 07.05.2012 wurde dem Kläger der ausgearbeitete Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung vorgelegt. Der Kläger weigerte sich, unter Berufung darauf, dass diese gegen das Grundgesetz verstoße, die Eingliederungsvereinbarung abzuschließen.
Sodann ersetzte der Beklagte die Eingliederungsvereinbarung mit Verwaltungsakt vom 01.06.2012. Der Beklagte legte hierin, für einen Geltungszeitraum vom 01.06. - 04.12.2012, als Ziel die Unabhängigkeit (des Klägers) von Arbeitslosengeld II durch die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sowie die Verbesserung der gesundheitlichen Situation des Klägers fest. Er sagte dem Kläger aktive Leistungen, u.a. die Übernahme von Kosten bis zu EUR 2,- bzw. EUR 4,- für online bzw. für schriftliche Bewerbung sowie die Möglichkeit der Teilnahme an einem Bewerbungscenter bei "T." zu. Im Gegenzug erlegte er dem Kläger auf, sich um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungen zu bemühen, diese Bemühungen zu dokumentieren und ihm die Liste der Eigenbemühungen in einem zweimonatigen Abstand vorzulegen. Konkret forderte der Beklagte den Kläger zu jeweils acht Bewerbungen innerhalb eines jeweils zweimonatigen Zeitraums auf. Ferner gab er dem Kläger auf, Arbeitsunfähigkeiten am gleichen Tag anzuzeigen, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen spätestens am dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen sowie an geeigneten Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit teilzunehmen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und brachte begründend vor, es handle sich um einen Zwangsvertrag, welcher gegen die Grundrechte des Grundgesetzes (GG) verstoße. So sichere das GG die Unverletzlichkeit seiner Person und seiner Vertragsfreiheit. Das SGB II verletze das Zitiergebot des Art. 19 GG. Eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt sei daher unzulässig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.07.2012 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Nach § 15 SGB II seien, wenn eine entsprechende Eingliederungsvereinbarung nicht zu Stande komme, deren Inhalte im Wege eines Verwaltungsaktes festzulegen. Dessen Inhalte berücksichtigten die individuellen Verhältnisse des Klägers ausreichend, die dem Kläger auferlegten Verpflichtungen seien unter Berücksichtigung des bisherigen beruflichen Werdegangs des Klägers zumutbar, erforderlich und geeignet.
Hiergegen hat der Kläger am 16.08.2012 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) eingelegt, zu deren Begründung er seinen Vortrag betreffend des Verstoßes gegen das GG wiederholt hat. Ergänzend hat er vorgebracht, dass im Verwaltungsakt als Ziel eine Verbesserung seiner gesundheitlichen Situation definiert sei. Dies sei das Resultat einer vorsätzlichen Manipulation und anderer Schikanen, die in eine Untersuchung durch den psychologischen Dienst der Bundesagentur für Arbeit gemündet hätten. Eine Korrektur des Gutachtens werde ihm verweigert. Solange seitens des Beklagten keine Veranlassung gesehen werde, korrupte Vorgänge zu bereinigen, betrachte er es als angemessen diese Institution auf ihre eigenen Vorgaben zu verweisen und klage daher aus einem Sekundärinteresse heraus gleichfalls ein, den Verwaltungsakt auch inhaltlich für nichtig zu erklären. Im Übrigen sei, so der Kläger, ungeklärt, ob das SG nach der Aufhebung des § 15 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ein Staatsgericht sei.
Der Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegen getreten.
Mit Gerichtsbescheid vom 19.10.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierzu ausgeführt, der Beklagte sei nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II berechtigt gewesen, die Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt zu erlassen, da sich der Kläger geweigert habe eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Eine Grundrechtsverletzung liege hierin nicht begründet, insb. läge ein Verstoß gegen die in Art. 12 GG normierte Berufsfreiheit oder die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG nicht vor, da die Verknüpfung der Gewährung staatlicher Leistungen mit der Ausübung von Arbeitstätigkeiten verfassungsrechtlich unbedenklich sei. Ein mittelbarer Arbeitszwang sei nicht vom Schutzbereich des Art. 12 GG erfasst. Das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG finde keine Anwendung, da Art. 2 GG auf Grund ausdrücklicher Ermächtigung vom Gesetzgeber eingeschränkt werden dürfe. Die Zielsetzung einer Verbesserung der gesundheitlichen Situation sei in § 1 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 SGB II ausdrücklich als Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende festgelegt. Der Kläger selbst habe seine Gesundheit thematisiert, weswegen Anlass bestanden habe, insoweit unterstützend tätig zu werden. Überdies enthalte der Verwaltungsakt diesbezüglich keine konkreten Regelungen, die in Rechte des Klägers eingreifen könnten. Das SG sei als staatliches Gericht errichtet und daher zur Entscheidung über die Klage des Klägers berufen. Daran ändert auch die Streichung von § 15 GVG nichts. Die Tätigkeit der Sozialgerichtsbarkeit und damit - mittelbar - auch des SG finde in Art. 95 Abs. 1 GG eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Im Übrigen wäre es widersinnig, wenn der Kläger ein Gericht um ein Urteil ersucht, dessen rechtliche Grundlage er in Zweifel zieht.
Gegen den am 23.10.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.11.2012 beim SG Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt der Kläger vor, durch die Aufhebung von § 15 GVG sei eine Rechtsunsicherheit zwischen Art. 95 Abs. 1 GG und den nachrangigen gesetzlichen Regelungen entstanden. Da der Gerichtsbescheid des SG diesbezüglich keine Klärung herbeigeführt habe, müsse er zwangsläufig weiterhin davon ausgehen, dass eine dahingehende Rechtsunsicherheit bestehe, ob die richterliche Gewalt vorliegend durch ein dem Gesetz unterworfenes Staatsgericht oder im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgeübt werde. Die Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Widerspruchsbescheid habe ihm insofern keine Alternative zur Klageerhebung beim SG aufgezeigt. Der ihm übersandte Gerichtsbescheid sei nicht vom Richter sondern lediglich von einem Urkundsbeamten unterzeichnet. Der ihm aufoktroyierte Verwaltungsakt taste das Wesen der ihm grundgesetzlich garantierten Vertragsfreiheit an. Schließlich stehe die ihm auferlegte Verpflichtung, sich um Beschäftigungen zu bemühen, dem niedergelegten Ziel der Verbesserung seiner gesundheitlichen Situation entgegen. Er sei auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht vermittelbar, weswegen ihm keine Bewerbungen zumutbar seien.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 19. Oktober 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 01. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung seines Antrages verweist der Beklagte auf die aus seiner Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Instanzen und die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2013 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2013 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere war sie nicht nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Mit dem angefochtenen Verwaltungsakt wurden dem Kläger konkrete Verhaltensobliegenheiten im Bereich der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt auferlegt; er betrifft mithin keine Geld-, Sach- oder Dienstleistung i.S.d. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Dass ein späterer Verstoß gegen die im Verwaltungsakt festgelegten Obliegenheiten Auswirkungen auf den Leistungsanspruch haben kann, ist hinsichtlich des angefochtenen Verwaltungsaktes ein bloßer Rechtsreflex. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Beschwer des Klägers, der mit einer Klage gegen den eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt unterlegen ist, mit mehr oder weniger als 750,- EUR zu beziffern ist (Urteil des erkennenden Senats vom 12.12.2012 - L 3 AS 2192/12 - veröffentlicht in juris).
Die Berufung führt jedoch für den Kläger nicht zum Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage war und ist, trotz dessen, dass die Laufzeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bis zum 04.12.2012 inzwischen verstrichen ist, unverändert zulässig (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 12.12.2012, a.a.O.). Dies gilt insb. vor dem Hintergrund der Regelung des § 31 b Abs. 1 Satz 5 SGB II, nach der die Feststellung der Minderung binnen sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Pflichtverletzung zulässig ist. Mithin könnte auf Basis der bis zum 04.12.2012 reichenden Geltungsdauer des angefochtenen Verwaltungsaktes eine Feststellung der Minderung wegen einer Verletzung der Verpflichtungen aus dem Eingliederungsverwaltungsakt längstens bis zum 04.06.2013 erfolgen. Da dieser (zeitliche) Abschluss zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats noch nicht abgelaufen ist, hat sich der angefochtene Verwaltungsakt nicht i.S.d. § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) erledigt; der angefochtene Verwaltungsakt vermag vielmehr noch Wirkung zu entfalten.
Der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt des Beklagten vom 01.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.07.2012 ist jedoch rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der ab dem 01.04.2011 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 13.05.2011 (BGBl I 850) soll die Agentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für ihre Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung). Hierin soll die Eingliederungsvereinbarung insbesondere bestimmen, welche Leistungen die oder der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält, welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müssen und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind, welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu beantragen haben (§ 15 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, sollen die Regelungen nach Satz 2 durch Verwaltungsakt erfolgen (§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II). Da eine Eingliederungsvereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Kläger infolge der Weigerung des Klägers, eine solche abzuschließen, nicht zu Stande gekommen ist, war der Beklagte berechtigt, die Eingliederungsvereinbarung durch den Verwaltungsakt vom 01.06.2012 zu ersetzen. Im Übrigen stellt § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II eine reine Verfahrensvorschrift dar, die dem Kläger keinen Rechtsanspruch gegen die Beklagte auf Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung einräumt (Bundessozialgericht, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 13/09 R - veröffentlicht in juris).
Die dem Kläger im Verwaltungsakt auferlegten Obliegenheiten unterliegen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insb. sieht es der Senat nicht als unzumutbar an, innerhalb von zwei Monaten acht Bewerbungen zu tätigen, diese zu dokumentieren und die Dokumentation hierüber der Beklagten vorzulegen. Das im Verwaltungsakt niedergelegte Ziel, die Verbesserung der gesundheitlichen Situation des Klägers, entspricht, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, der in § 1 Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 SGB II normierten gesetzlichen Zielsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende, dem Erhalt, der Verbesserung oder der Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit der leistungsberechtigten Person. Anders als der Kläger sieht der Senat auch keinen Widerspruch zwischen der Zielsetzung im Verwaltungsakt und der dem Kläger auferlegten Verpflichtung, sich um sozialversicherungspflichtige oder geringfügige Beschäftigungen zu bemühen. Dass das Tätigen von Bewerbungen einer Verbesserung bzw. Aufrechterhaltung der gesundheitlichen Situation des Klägers widersprechen würde, ist dem Senat bereits in Ermangelung eines substantiierten Sachvortrages nicht nachvollziehbar.
Der Verwaltungsakt ist auch nicht, wie der Kläger geltend macht, nichtig. Nach § 40 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Ferner ist ein Verwaltungsakt gemäß § 40 Abs. 2 SGB X, ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 nichtig, der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt (Nr. 1), der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt (Nr.2), den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann (Nr.3), der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht (Nr.4) oder der gegen die guten Sitten verstößt (Nr.5). Indes ist es dem Senat nicht ersichtlich, dass der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt vom 01.06.2012 unter einem offensichtlichem besonders schweren Fehler leidet oder aus Gründen des § 40 Abs. 2 SGB X nichtig ist. Weder der unsubstantiierte Vortrag des Klägers noch der Akteninhalt liefern insofern Anhaltspunkte.
Der Senat sieht, wie das SG, durch den eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt auch keine Grundrechtsverletzung des Klägers begründet. Die Abhängigkeit des Anspruchs auf Gewährung staatlicher Leistungen von zumutbaren Eigenbemühungen zur Sicherung der Lebensgrundlage ist vielmehr verfassungsrechtlich unbedenklich (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.10.2009 - L 12 AS 12/09 - veröffentlicht in juris). Der Verwaltungsakt greift insb. nicht in das in Art. 12 Abs. 2 und Abs. 3 GG geregelte Verbot des Zwangs zur Arbeit und der Zwangsarbeit ein. Vom Verbot der Art. 12 Abs. 2 und Abs. 3 GG werden uneingeschränkt nur erzwungene Arbeiten erfasst, die in einer die Menschenwürde missachtenden Weise unter gleichzeitigem Verstoß gegen bestimmte Grundrechte gefordert werden. Daneben richtet sich der grundrechtliche Schutz auch gegen Zwangs- oder Pflichtarbeit als Methode der Rekrutierung und Verwendung von Arbeitskräften für Zwecke der wirtschaftlichen Entwicklung. Etwas anderes gilt jedoch, bei Arbeitspflichten, die dem Betroffenen im Rahmen eines gesetzlich ausgeformten und abgestuften Systems als Folge eigener Handlungen auferlegt werden (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 13.01.1987 - 2 BvR 209/84- veröffentlicht in juris, dort Rn. 53 ff). In diesem Sinne ist in den Schutzbereich des Art. 12 GG durch einen allenfalls mittelbaren Arbeitszwang in der Form, dass staatliche Leistungen mit der Ausübung von Arbeitstätigkeiten verknüpft werden, nicht eingegriffen (vgl. Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., 2007, § 10 Rn. 24). Auch einen unzulässigen Eingriff in die in Art. 2 Abs.1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit und die Vertragsfreiheit vermag der Senat nicht zu erkennen. Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die allgemeine Handlungsfreiheit in einem umfassenden Sinn. Hiervon wird zwar u.a. auch die Vertragsfreiheit erfasst, indes ist diese Freiheit nur in den durch das Grundgesetz bezeichneten Schranken garantiert, vor allem denen der verfassungsmäßigen Ordnung, zu der insb. verfassungsmäßige Rechtsvorschriften zählen. Ungeachtet davon, dass der Kläger von seiner Vertragsfreiheit gerade dadurch, dass er den vertraglichen Abschluss der Eingliederungsvereinbarung abgelehnt hat, Gebrauch gemacht hat, ist der Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG durch die Regelung des § 15 SGB II gerechtfertigt.
Auch ein Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach ein Gesetz, welches ein Grundrecht einschränkt, das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen muss, liegt nicht vor, da bereits nicht in den Schutzbereich des Art. 12 GG eingegriffen wird und sich Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nicht auf die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG bezieht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 11.08.1999 - u.a. 1 BvR 2181/98 - veröffentlicht in juris, dort Rn. 58).
Soweit der Kläger ferner anführt, nach der Aufhebung von § 15 GVG zwangsläufig davon ausgehen zu müssen, dass eine Rechtsunsicherheit bestehe, ob die richterliche Gewalt vorliegend durch ein dem Gesetz unterworfenes Staatsgericht oder im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgeübt werde, wurde der Kläger bereits durch den angefochtenen Gerichtsbescheid darüber in Kenntnis gesetzt, dass die rechtsprechende Gewalt nach Art. 92 GG den Richtern anvertraut ist, die u.a. durch die Gerichte der Länder ausgeübt wird. Aus § 7 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 1 Abs. 4 des baden-württembergischen Ausführungsgesetzes zum SGG ergibt sich mithin, dass sowohl das SG als auch der erkennende Senat staatliche Gerichte sind. Der Vortrag, es sei unklar, ob richterliche Gewalt vorliegend durch ein Staatsgericht oder im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausgeübt wird, verkennt bereits, dass, soweit Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit den ordentlichen Gerichten zugewiesen ist, diese gleichfalls staatliche Gerichte sind. Im Übrigen sind der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Wesentlichen Bereiche der "Rechtsfürsorge" bzw. der "vorsorgenden Rechtspflege" wie Vormundschaftssachen, Betreuungssachen, Unterbringungssachen, Nachlasssachen, Registersachen oder Grundbuchsachen zugewiesen. Im Sozialrecht besteht hingegen keine Zuweisung.
Soweit der Kläger schließlich zur Begründung der Berufung vorbringt, der ihm übersandte Gerichtsbescheid sei nicht vom Richter sondern lediglich von einem Urkundsbeamten unterzeichnet, er mithin die formelle Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung rügt, vermag auch dies der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen, da die in § 134 Abs. 1 SGG (i.V.m. § 105 Abs. 1 Satz 3 SGG) gründende Notwendigkeit, dass das Urteil bzw. der Gerichtsbescheid vom Vorsitzenden zu unterschreiben ist, nur die in den Gerichtsakten verbleibende Originalfassung der Entscheidung erfasst, nicht jedoch die den Beteiligten zu erteilende Ausfertigung. Diese ist vielmehr gemäß § 137 Satz 1 SGG vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben. Die Berufung ist hiernach zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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