Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 48 SB 2023/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 208/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. Mai 2008 wird auch insoweit zurückgewiesen, als das Verfahren durch Beschluss des Senats vom 23. November 2011 abgetrennt worden ist. Kosten sind auch für das weitere Berufungsverfahren im Umfang der Abtrennung nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 für die Zeit ab dem 21. November 2011.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. Februar 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 1989 stellte der Beklagte zu Gunsten der Klägerin nach deren Begutachtung durch den Chirurgen Dr. Mund den Facharzt für Innere Medizin Dr. P einen Gesamt-GdB von 30 auf Grund der Funktionsbeeinträchtigung
- HWS-Syndrom, migräneartiger Kopfschmerz, Fehlhaltung und Verschleiß der Wirbelsäule, wiederkehrende Wurzelreizerscheinungen
fest. Zugleich stelle er fest, dass die Körperbehinderung zu einer äußerlich erkennbaren dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt habe.
Den von der Klägerin am 22. August 2006 gestellten Verschlimmerungsantrag wies der Beklagte nach Beiziehung medizinischer Befundunterlagen und in deren Auswertung mit Bescheid vom 26. September 2006 zurück. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin vom 12. Oktober 2006 anerkannte der Beklagte mit Bescheid vom 11. Juni 2007 der Einschätzung der mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragten Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie und Sozialmedizin G vom 23. Mai 2007 folgend einen Gesamt-GdB von 40 auf Grund folgender Funktionsbeeinträchtigungen:
- Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschäden, Muskelreizerscheinungen der Wirbelsäule (Einzel-GdB 30) - Migräne, Kopfschmerz (Einzel-GdB 20) - Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks (Einzel-GdB 10) - Carpaltunnelsyndrom rechts (Einzel-GdB 10) - Psychische Störungen (Einzel-GdB 10).
Im Übrigen wies er den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2007 zurück.
Die daraufhin vor dem Sozialgericht Berlin am 11. Juli 2007 erhobene Klage hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 6. Mai 2008 abgewiesen.
Gegen den ihr am 16. Mai 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 6. Juni 2008 Berufung zum Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 13 SB 111/08 eingelegt, mit der sie ihr Begehren auf Feststellung eines GdB von 50 weiterverfolgt.
In dem dortigen Verfahren hat der Senat nach Beiziehung von Befundberichten der die Klägerin behandelnden Ärzte, des Facharztes für Innere Medizin Dr. O vom 14. März 2009 und 14. November 2009 sowie des Orthopäden Dr. K vom 8. April 2009, den von der Klägerin zur Akte gereichten ärztlichen Befundunterlagen und nach Einreichung von versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Beklagten den Facharzt für Orthopädie Dr. W-R mit der Erstattung eines Sachverständigengutachten beauftragt. Der Sachverständige gelangte nach körperlicher Untersuchung der Klägerin vom 17. Juni 2011 in seinem Gutachten von demselben Tag zu der Einschätzung, dass der Gesamt-GdB mit 40 auf Grund folgender Funktionsbeeinträchtigungen zu bewerten sei:
- Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bei mehrsegmentalen Osteochondrosen der HWS und LWS, keine Mitbeteiligung spinaler Nervenstrukturen (Einzel-GdB 30) - Migräne, Kopfschmerzen (Einzel-GdB 20) - Geringgradige Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, Zustand nach operiertem Carpaltunnelsyndrom ohne Rezidiv (Einzel-GdB 10) - Kniegelenksarthrose rechts)links mit geringen Funktionsstörungen, Hallux valgus bds. (Einzel-GdB 10) - Psychische Störungen (Einzel-GdB 10)
Nachdem der Ehemann der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23. November 2011 unter Vorlage von Befundunterlagen auf die stationäre Aufnahme der Klägerin am 21. November 2011 im D Krankenhaus B und der an demselben Tag durchgeführten Operation des Hallux valgus hingewiesen hat, hat der Senat mit Beschluss vom 23. November 2011 den Rechtsstreit für die Zeit ab dem Tag der stationären Aufnahme der Klägerin am 21. November 2011 abgetrennt und unter dem hiesigen Aktenzeichen fortgeführt.
Die unter dem Aktenzeichen L 13 SB 111/08 geführte Berufung, deren Gegenstand nach Abtrennung die Feststellung eines GdB von 50 für die Zeit vom 22. August 2006 bis zum 20. November 2011 gewesen ist, hat der Senat mit rechtskräftigem Urteil vom 23. November 2011 abgewiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass für den vorgenannten Zeitraum kein Anspruch der Klägerin auf Feststellung eines höheren Grades der Behinderung als 40 bestehe. Dies ergebe sich aus den überzeugenden und nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen Dr. W-R unter Einschluss der Feststellungen, wie sie durch die Sachverständige G getroffen geworden seien. Danach sei das Wirbelsäulenleiden mit einem Einzel-GdB von 30, die Migräne und Kopfschmerz mit einem Einzel-GdB von 20 sowie die übrigen Funktionsbeeinträchtigungen (einschließlich der Schwerhörigkeit sowie des Magenleidens) mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 zu bewerten. Ausgehend von dem mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewertenden Wirbelsäulenleiden sei der Gesamt-GdB mit Blick auf den Einzel-GdB von 20 für die Migräne und die Kopfschmerzen auf 40 zu erhöhen.
Anschließend hat der Senat im hiesigen Verfahren eine Epikrise des D Krankenhauses B vom 24. November 2011 bezüglich des dortigen stationären Aufenthaltes der Klägerin vom 21. bis zum 24. November 2011 wegen durchgeführter Hallux valgus Operation und einen Befundbericht des Orthopädiezentrums K vom 18. Juli 2012 beigezogen und eine ergänzende Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie Dr. W-R vom 1. Oktober 2012 eingeholt.
Hierzu trägt die Klägerin vor, dass eine weitere Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes insbesondere im Hinblick auf ihr Halswirbelsäulenleiden eingetreten sei. Sie verweist auf den zur Gerichtsakte gereichten Befundbericht des Facharztes für Neurologie Dr. F vom 29. Oktober 2012 sowie den CT- Befundbericht des zentrums B Dr. E vom 8. November 2012.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Berlin vom 6. Mai 2008 zu ändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 26. September 2006 sowie des Bescheides vom 11. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2007 zu verpflichten, für die Klägerin ab dem 21. November 2011 einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakte des Verfahrens L 13 SB 111/08 Bezug genommen. Die Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. Mai 2008 ist auch im Hinblick auf den vorliegend noch streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 21. November 2011 unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage auch insoweit abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 26. September 2006 sowie der Bescheid vom 11. Juli 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2007 sind auch insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50 ab dem 21. November 2011.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches/ Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 des Bundesversorgungsgesetzes zu bewerten. Hierbei sind als antizipiertes Sachverständigengutachten vorliegend die seit dem 1. Januar 2009 in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I Seite 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze", die in Form einer Rechtsverordnung in Kraft gesetzt worden sind, heranzuziehen. Liegen dabei mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, so ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Dabei verbietet sich die Anwendung jeglicher Rechenmethoden, insbesondere die bloße Addition der Einzel-GdB (Teil A Nr. 3a der Anlage zu § 2 VersMedV, Seite 24). Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zu § 2 VersMedV (Seite 25) ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann mit Blick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und insoweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB- Grad von 10 bedingen, führen grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung; auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem GdB- Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (Teil A Nr. 3d aa) bis ee) der Anlage zu § 2 VersMedV, Seite 24 ff.).
Dies zu Grunde gelegt lässt sich auch für den vorliegenden noch strittigen Zeitraum ab dem 21. November 2011 nicht feststellen, dass der Gesamt-GdB im Falle der Klägerin höher als mit 40 zu bewerten ist. Das Hauptleiden der Klägerin, die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, ist zur Überzeugung des Senats unverändert mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten und mit Blick auf den weiterhin gültigen Einzel-GdB von 20 für die Migräne/die Kopfschmerzen auf 40 zu erhöhen. Die weiteren mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 zu bewertenden Funktionsbeeinträchtigungen wirken sich auch für die Zeit ab dem 21. November 2011 nicht GdB- erhöhend aus. Der Senat nimmt insoweit im Einzelnen Bezug auf die Gründe in seinem Urteil vom 23. November 2011 (Az. L 13 SB 111/08). Diese gelten auch für den hier noch strittigen Zeitraum unverändert fort, weil sich insoweit keine Veränderungen feststellen lassen, die für die Zeit ab dem 21. November 2011 die Vergabe eines höheren Gesamt-GdB rechtfertigen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senates insbesondere nachvollziehbar auf Grund der eingeholten ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. W-R vom 1. Oktober 2012.
Soweit die Klägerin nunmehr mit Blick auf die vorgelegten neuen Befundunterlagen des Dr. F vom 29. Oktober 2012 und des Dr. B vom 8. November 2012 insbesondere eine Befundverschlechterung mit Blick auf die Halswirbelsäule geltend macht, führt dies nicht zum Erfolg ihres Klagebegehrens. Denn das Vorliegen von länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen, die die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung rechtfertigen können, ist damit im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht belegt. Soweit die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung durch ihre Prozessbevollmächtigte vorgetragen hat, dass eine Verschlechterung bereits zu einem weitaus früheren Zeitpunkt vorgelegen habe, handelt es sich letztlich um bloße Vermutungen, die durch Tatsachen nicht untermautert sind. Vor diesem Hintergrund ist eine weitere Sachaufklärung rein "ins Blaue hinein" nicht geboten.
Soweit sich die Klägerin am 21. November 2011 einer Operation des Hallux valgus rechts unterzogen hat, lässt sich auch auf Grund dessen nicht feststellen, dass es zu einer Verschlechterung bestehender Funktionsbeeinträchtigungen gekommen ist, die einen höheren GdB ab dem 21. November 2011 rechtfertigen können. Nach den insoweit ergänzend beigezogenen Befundunterlagen verlief die Operation vielmehr komplikationsfrei und hat mangels entgegenstehender Anhaltspunkte zu einer Verbesserung der bis dato bestehenden Fußproblematik geführt. Dies wird durch die ergänzend eingeholte Stellungnahme des Sachverständigen Dr. W-R bestätigt. Gegenteiliges ist auch von der Klägerin nicht vorgetragen worden, die auch im Übrigen keine Verschlechterung sonstiger bestehender Funktionsbeeinträchtigungen geltend gemacht hat, die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung länger als sechs Monate angehalten haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 50 für die Zeit ab dem 21. November 2011.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 27. Februar 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 1989 stellte der Beklagte zu Gunsten der Klägerin nach deren Begutachtung durch den Chirurgen Dr. Mund den Facharzt für Innere Medizin Dr. P einen Gesamt-GdB von 30 auf Grund der Funktionsbeeinträchtigung
- HWS-Syndrom, migräneartiger Kopfschmerz, Fehlhaltung und Verschleiß der Wirbelsäule, wiederkehrende Wurzelreizerscheinungen
fest. Zugleich stelle er fest, dass die Körperbehinderung zu einer äußerlich erkennbaren dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt habe.
Den von der Klägerin am 22. August 2006 gestellten Verschlimmerungsantrag wies der Beklagte nach Beiziehung medizinischer Befundunterlagen und in deren Auswertung mit Bescheid vom 26. September 2006 zurück. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin vom 12. Oktober 2006 anerkannte der Beklagte mit Bescheid vom 11. Juni 2007 der Einschätzung der mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragten Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie und Sozialmedizin G vom 23. Mai 2007 folgend einen Gesamt-GdB von 40 auf Grund folgender Funktionsbeeinträchtigungen:
- Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschäden, Muskelreizerscheinungen der Wirbelsäule (Einzel-GdB 30) - Migräne, Kopfschmerz (Einzel-GdB 20) - Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks (Einzel-GdB 10) - Carpaltunnelsyndrom rechts (Einzel-GdB 10) - Psychische Störungen (Einzel-GdB 10).
Im Übrigen wies er den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juni 2007 zurück.
Die daraufhin vor dem Sozialgericht Berlin am 11. Juli 2007 erhobene Klage hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 6. Mai 2008 abgewiesen.
Gegen den ihr am 16. Mai 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 6. Juni 2008 Berufung zum Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 13 SB 111/08 eingelegt, mit der sie ihr Begehren auf Feststellung eines GdB von 50 weiterverfolgt.
In dem dortigen Verfahren hat der Senat nach Beiziehung von Befundberichten der die Klägerin behandelnden Ärzte, des Facharztes für Innere Medizin Dr. O vom 14. März 2009 und 14. November 2009 sowie des Orthopäden Dr. K vom 8. April 2009, den von der Klägerin zur Akte gereichten ärztlichen Befundunterlagen und nach Einreichung von versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Beklagten den Facharzt für Orthopädie Dr. W-R mit der Erstattung eines Sachverständigengutachten beauftragt. Der Sachverständige gelangte nach körperlicher Untersuchung der Klägerin vom 17. Juni 2011 in seinem Gutachten von demselben Tag zu der Einschätzung, dass der Gesamt-GdB mit 40 auf Grund folgender Funktionsbeeinträchtigungen zu bewerten sei:
- Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bei mehrsegmentalen Osteochondrosen der HWS und LWS, keine Mitbeteiligung spinaler Nervenstrukturen (Einzel-GdB 30) - Migräne, Kopfschmerzen (Einzel-GdB 20) - Geringgradige Funktionsbehinderung beider Schultergelenke, Zustand nach operiertem Carpaltunnelsyndrom ohne Rezidiv (Einzel-GdB 10) - Kniegelenksarthrose rechts)links mit geringen Funktionsstörungen, Hallux valgus bds. (Einzel-GdB 10) - Psychische Störungen (Einzel-GdB 10)
Nachdem der Ehemann der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 23. November 2011 unter Vorlage von Befundunterlagen auf die stationäre Aufnahme der Klägerin am 21. November 2011 im D Krankenhaus B und der an demselben Tag durchgeführten Operation des Hallux valgus hingewiesen hat, hat der Senat mit Beschluss vom 23. November 2011 den Rechtsstreit für die Zeit ab dem Tag der stationären Aufnahme der Klägerin am 21. November 2011 abgetrennt und unter dem hiesigen Aktenzeichen fortgeführt.
Die unter dem Aktenzeichen L 13 SB 111/08 geführte Berufung, deren Gegenstand nach Abtrennung die Feststellung eines GdB von 50 für die Zeit vom 22. August 2006 bis zum 20. November 2011 gewesen ist, hat der Senat mit rechtskräftigem Urteil vom 23. November 2011 abgewiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass für den vorgenannten Zeitraum kein Anspruch der Klägerin auf Feststellung eines höheren Grades der Behinderung als 40 bestehe. Dies ergebe sich aus den überzeugenden und nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen Dr. W-R unter Einschluss der Feststellungen, wie sie durch die Sachverständige G getroffen geworden seien. Danach sei das Wirbelsäulenleiden mit einem Einzel-GdB von 30, die Migräne und Kopfschmerz mit einem Einzel-GdB von 20 sowie die übrigen Funktionsbeeinträchtigungen (einschließlich der Schwerhörigkeit sowie des Magenleidens) mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 zu bewerten. Ausgehend von dem mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewertenden Wirbelsäulenleiden sei der Gesamt-GdB mit Blick auf den Einzel-GdB von 20 für die Migräne und die Kopfschmerzen auf 40 zu erhöhen.
Anschließend hat der Senat im hiesigen Verfahren eine Epikrise des D Krankenhauses B vom 24. November 2011 bezüglich des dortigen stationären Aufenthaltes der Klägerin vom 21. bis zum 24. November 2011 wegen durchgeführter Hallux valgus Operation und einen Befundbericht des Orthopädiezentrums K vom 18. Juli 2012 beigezogen und eine ergänzende Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie Dr. W-R vom 1. Oktober 2012 eingeholt.
Hierzu trägt die Klägerin vor, dass eine weitere Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes insbesondere im Hinblick auf ihr Halswirbelsäulenleiden eingetreten sei. Sie verweist auf den zur Gerichtsakte gereichten Befundbericht des Facharztes für Neurologie Dr. F vom 29. Oktober 2012 sowie den CT- Befundbericht des zentrums B Dr. E vom 8. November 2012.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Berlin vom 6. Mai 2008 zu ändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 26. September 2006 sowie des Bescheides vom 11. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2007 zu verpflichten, für die Klägerin ab dem 21. November 2011 einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakte des Verfahrens L 13 SB 111/08 Bezug genommen. Die Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. Mai 2008 ist auch im Hinblick auf den vorliegend noch streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 21. November 2011 unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage auch insoweit abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 26. September 2006 sowie der Bescheid vom 11. Juli 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2007 sind auch insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 50 ab dem 21. November 2011.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches/ Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 des Bundesversorgungsgesetzes zu bewerten. Hierbei sind als antizipiertes Sachverständigengutachten vorliegend die seit dem 1. Januar 2009 in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I Seite 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze", die in Form einer Rechtsverordnung in Kraft gesetzt worden sind, heranzuziehen. Liegen dabei mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, so ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Dabei verbietet sich die Anwendung jeglicher Rechenmethoden, insbesondere die bloße Addition der Einzel-GdB (Teil A Nr. 3a der Anlage zu § 2 VersMedV, Seite 24). Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zu § 2 VersMedV (Seite 25) ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann mit Blick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und insoweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB- Grad von 10 bedingen, führen grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung; auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem GdB- Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (Teil A Nr. 3d aa) bis ee) der Anlage zu § 2 VersMedV, Seite 24 ff.).
Dies zu Grunde gelegt lässt sich auch für den vorliegenden noch strittigen Zeitraum ab dem 21. November 2011 nicht feststellen, dass der Gesamt-GdB im Falle der Klägerin höher als mit 40 zu bewerten ist. Das Hauptleiden der Klägerin, die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, ist zur Überzeugung des Senats unverändert mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten und mit Blick auf den weiterhin gültigen Einzel-GdB von 20 für die Migräne/die Kopfschmerzen auf 40 zu erhöhen. Die weiteren mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 zu bewertenden Funktionsbeeinträchtigungen wirken sich auch für die Zeit ab dem 21. November 2011 nicht GdB- erhöhend aus. Der Senat nimmt insoweit im Einzelnen Bezug auf die Gründe in seinem Urteil vom 23. November 2011 (Az. L 13 SB 111/08). Diese gelten auch für den hier noch strittigen Zeitraum unverändert fort, weil sich insoweit keine Veränderungen feststellen lassen, die für die Zeit ab dem 21. November 2011 die Vergabe eines höheren Gesamt-GdB rechtfertigen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senates insbesondere nachvollziehbar auf Grund der eingeholten ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. W-R vom 1. Oktober 2012.
Soweit die Klägerin nunmehr mit Blick auf die vorgelegten neuen Befundunterlagen des Dr. F vom 29. Oktober 2012 und des Dr. B vom 8. November 2012 insbesondere eine Befundverschlechterung mit Blick auf die Halswirbelsäule geltend macht, führt dies nicht zum Erfolg ihres Klagebegehrens. Denn das Vorliegen von länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen, die die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung rechtfertigen können, ist damit im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats nicht belegt. Soweit die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung durch ihre Prozessbevollmächtigte vorgetragen hat, dass eine Verschlechterung bereits zu einem weitaus früheren Zeitpunkt vorgelegen habe, handelt es sich letztlich um bloße Vermutungen, die durch Tatsachen nicht untermautert sind. Vor diesem Hintergrund ist eine weitere Sachaufklärung rein "ins Blaue hinein" nicht geboten.
Soweit sich die Klägerin am 21. November 2011 einer Operation des Hallux valgus rechts unterzogen hat, lässt sich auch auf Grund dessen nicht feststellen, dass es zu einer Verschlechterung bestehender Funktionsbeeinträchtigungen gekommen ist, die einen höheren GdB ab dem 21. November 2011 rechtfertigen können. Nach den insoweit ergänzend beigezogenen Befundunterlagen verlief die Operation vielmehr komplikationsfrei und hat mangels entgegenstehender Anhaltspunkte zu einer Verbesserung der bis dato bestehenden Fußproblematik geführt. Dies wird durch die ergänzend eingeholte Stellungnahme des Sachverständigen Dr. W-R bestätigt. Gegenteiliges ist auch von der Klägerin nicht vorgetragen worden, die auch im Übrigen keine Verschlechterung sonstiger bestehender Funktionsbeeinträchtigungen geltend gemacht hat, die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung länger als sechs Monate angehalten haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
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