L 27 P 101/12 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 111 P 1812/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 P 101/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 05. November 2012 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegner haben auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Streitwert wird für das Verfahren in erster und in zweiter Instanz auf jeweils 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG), sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegner vom 13. August 2012 angeordnet.

Rechtsgrundlage der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG i. V. m. § 115 Abs. 2 Satz 3, 73 Abs. 2 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI). Hiernach kann das Gericht in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt keine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes besitzt, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnet. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn ernstliche Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestehen.

Vorliegend sind solche ernstlichen Zweifel gegeben. Dabei lässt der Senat offen, ob der Bescheid vom 13. August 2012 schon deswegen rechtswidrig ist, weil er nach § 115 Abs. 2 Satz 1 SGB XI ohne zureichende Beteiligung der Sozialhilfeträger ergangen sein könnte oder weil möglicherweise die erforderliche Anhörung nicht durchgeführt wurde. Denn jedenfalls ist der Bescheid, worauf das Sozialgericht zu Recht hingewiesen hat, nicht hinreichend bestimmt. Nach § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Zehntes Buch (SGB X) muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Diese Voraussetzungen sind vor allem dann erfüllt, wenn der Verwaltungsakt hinsichtlich seines Verfügungssatzes bzw. seiner Verfügungssätze einen vollstreckungsfähigen Inhalt aufweist. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

Der durch die Klage angefochtene Bescheid der Antragsgegner vom 13. August 2012 enthält eine Reihe von Verfügungssätzen, die sich auf Maßnahmen zur Sicherstellung einer angemessenen Pflege und Versorgung durch die Antragstellerin beziehen. Diese sind durch die Antragsgegner in dem genannten Bescheid in drei Gruppen eingeteilt, wobei die Verfügungen der ersten Gruppe ab sofort zu befolgen sind, die der zweiten Gruppe bis zum 31. Oktober 2012 und die der dritten Gruppe bis zum 31. Januar 2013.

Die Verfügungen hinsichtlich der ersten Gruppe lauten wörtlich wie folgt:

Bei bestehenden Einschränkungen in der selbständigen Flüssigkeitsaufnahme sollten die einzuleitenden Maßnahmen mit den Pflegebedürftigen nachweislich abgestimmt und eindeutig durchgeführt werden.

Bei einem vorliegenden Sturz-, Dekubitus- oder Kontrakturrisiko sollten nachweislich entsprechende prophylaktische Maßnahmen durchgeführt werden.

Eine systematische und aktuelle Einschätzung des individuellen Dekubitusrisikos sollte nachweislich vorgenommen werden.

Bei Pflegebedürftigen mit einem Blasenkatheter sollten nachweislich geeignete Ziele sowie erforderliche, prophylaktische Maßnahmen geplant werden, beispielsweise Wechsel und Pflege des Katheters.

Ärztliche verordnete Medikamente als auch deren Einnahme sollten eindeutig nachweislich sein, beispielsweise hinsichtlich der Applikationsform, Dosierung und Häufigkeit.

Behandlungspflegerische Maßnahmen sollten nur nach ärztlicher Anordnung durchgeführt werden.

Die Verfügungssätze der zweiten Gruppe lauten wörtlich wie folgt:

Eine systematische und aktuelle Einschätzung des individuellen Kontrakturrisikos sollte nachweislich vorgenommen werden.

Die individuellen Wünsche und Bedürfnisse der Pflegebedürftigen in Bezug auf die Mund-, Zahn- und Körperpflege sollten nachweislich bei der Erbringung der vereinbarten Leistungen berücksichtigt werden.

Die individuelle soziale Betreuung des Pflegebedürftigen sollte im Pflegeprozess nachweislich berücksichtigt werden. Individuelle Bedürfnisse zur sozialen Betreuung sollten nachweislich ermittelt, geeignete Angebote gemeinsam mit den Pflegebedürftigen geplant sowie diese Angebote nachvollziehbar durchgeführt werden.

Die Verfügung der dritten Gruppe lautet wie folgt:

Das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement sollte nachweislich entsprechend eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, beispielsweise des PDCA-Zyklus, gehandhabt werden.

Keine der dort aufgeführten Verfügungen besitzt einen vollstreckungsfähigen Inhalt. Vielmehr haben alle vorgenannten Verfügungen einen beratenden und anleitenden Charakter, sie wären indessen nicht mit Mitteln der Zwangsvollstreckung durchsetzbar. Es fehlt insbesondere an einer erkennbaren Zuweisung tatsächlicher Voraussetzungen und darauf fußender Rechtsfolgen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Streitwertentscheidung beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Beschluss vom 5. Oktober 2011, L 27 P 23/11 B mit weiteren Nachweisen) ist in Fällen von Maßnahmebescheiden stets darauf zu achten, wie viele Streitgegenstände in Gestalt selbständiger Regelungen der Bescheide eröffnet werden. Dies sind im vorliegenden Fall drei selbständige Streitgegenstände, die im angefochtenen Bescheid schon deswegen deutlich werden, weil drei unterschiedliche Fristen zu ihrer jeweiligen Umsetzung durch die Antragsgegner selbst benannt werden. Hingegen ist eine weitere Aufgliederung nach Streitgegenständen vorliegend nicht durchführbar, weil wegen der bereits genannten mangelnden inhaltlichen Bestimmbarkeit der Regelungen eine weitere Abgrenzung nach individualisierbaren Lebenssachverhalten in den Regelungen der Antragsgegner nicht gesehen werden kann. Jeder der drei Streitgegenstände war in Ermangelung weiterer Anhaltspunkte gemäß § 52 Abs. 2 GKG mit dem Auffangstreitwert von 5.000,- EUR zu belegen.

Dieser Beschluss kann gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Rechtskraft
Aus
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