L 13 AS 192/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 3894/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 192/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. November 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der teilweisen Aufhebung der Leistungsbewilligungen (Leistungen der Unterkunft und Heizung) für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. August 2008 und vom 1. Juni 2009 bis 31. Dezember 2009 sowie die gesamte Aufhebung der Leistungsbewilligung für die Zeiträume 1. September 2008 bis 31. Dezember 2008 sowie 1. Februar 2009 bis 31. Mai 2009, ferner die Erstattung der Leistungen i.H.v. 1082,42 EUR (Kl. Ziff. 1) bzw. i.H.v. 2739,19 EUR (Kl. Ziff. 2) streitig.

Die Kläger und der mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebende D. W. bezogen von der Beklagten seit dem 1. Juni 2007 Leistungen nach dem SGB II. Nach der damaligen Rechtslage leistete die Agentur für Arbeit R. die Regelleistung und der Landkreis R. die Leistungen der Unterkunft und Heizung. Der jetzige Beklagte - Jobcenter Landkreis R. - ist Rechtsnachfolger der beiden bisherigen Leistungsträger; im Folgenden wird aus Vereinfachungsgründen für alle Verwaltungshandlungen der Begriff "der Beklagte" verwendet.

Durch Datenabgleich erlangte die Beklagte am 14. Oktober 2009 Kenntnis davon, dass die Klägerin Ziff. 1 in der Zeit vom 1. Mai 2009 bis 30. Juni 2009 bei der P. GmbH und in der Zeit vom 9. Mai 2009 bis 30. Juni 2009 bei der T. GmbH & Co. KG beschäftigt war. Durch weiteren Datenabgleich vom selben Tage erlangte die Beklagte Kenntnis davon, dass der am 13. Februar 1995 geborene Sohn der Klägerin im Jahr 2008 Zinserträge i.H.v. 410 EUR erzielt hat und zudem eine Hinterbliebenenrente i.H.v. 154,91 EUR erhält. In den Leistungsanträgen wurden hierzu keine Angaben gemacht. Mit Schreiben u.a. vom 9. Dezember 2009 forderte der Beklagte die Kläger zur Vorlage von Nachweisen auf. Daraufhin wurden Unterlagen vorgelegt, wonach dem Sohn der Klägerin Hinterbliebenenrente i.H.v. 139,19 EUR monatlich bewilligt worden ist. Ferner wurde bekannt, dass der Sohn der Ehefrau des Klägers im Jahr 2008 eine Zinsgutschrift i.H.v. 410 EUR erhielt. Zu der Erwerbstätigkeit der Klägerin Ziff. 1 wurden Kontoauszüge bzw. Entgeltabrechnungen vorgelegt (zu den einzelnen Nachweisen vgl. Bl. 860-883 der Leistungsakten). Im Rahmen der weiteren Verfahren hat der Beklagte u. a. ein Schreiben der V. e.G. vom 8. Juli 2011 vorgelegt, wonach es sich bei der Einlage um einen Anlagebetrag von 10.000 EUR handle. Ferner wurde eine Auskunft des Jugendamtes R. vorgelegt, dass auf das Konto des Stiefsohnes des Klägers am 14. Dezember 2007 ein Betrag i.H.v. 10854,82 EUR resultierend aus gepfändeten Unterhaltsrückständen des Kindesvaters auf das Bankkonto des Stiefsohnes überwiesen worden sei. Bei einer vorzeitigen Auflösung entstehe ein Zinsverlust von 35,- EUR zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr von 20,- EUR.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23. Juli 2010 hob der Beklagte die Bewilligungsbescheide vom 2. Januar 2008, 9. Juni 2008, 25. Juli 2008, 28. August 2008, 10. Juni 2009 und 10. Oktober 2009 für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. August 2008 und vom 1. Juni 2009 bis 31. Dezember 2009 teilweise und für die Zeiträume 1. September 2008 bis 31. Dezember 2008 und 1. Februar 2009 bis 31. Mai 2009 ganz auf und forderte die Erstattung der Leistungen der Unterkunft von der Klägerin Ziff. 1 in Höhe von 1082,42 EUR und von deren Sohn (Kl. Ziff. 2) in Höhe von 2739,19 EUR. Die Hilfebedürftigkeit sei auf Grund der nicht angegebenen Einkommens- bzw. Vermögensverhältnisse in den näher dargestellten Zeiträumen teilweise bzw. ganz entfallen gewesen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2010 zurück.

Am 13. Oktober 2010 haben die Kläger beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Der angefochtene Bescheid sei zu Unrecht ergangen.

Mit Gerichtsbescheid vom 29. November 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es u.a. ausgeführt, Gegenstand des Verfahrens sei lediglich der gegenüber den Klägern ergangene Bescheid vom 23. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2010, nicht jedoch der gegenüber D. W. ergangene Bescheid vom 23. Juli 2010, zumal das dortige Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen sei. Der (streitgegenständliche) Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sei zu Recht ergangen, der Beklagte habe zutreffend festgestellt, dass die Kläger in dem genannten Umfange nicht mehr bedürftig gewesen seien. Die Existenz des Vermögens und das Einkommen hätten die Kläger vorsätzlich verschwiegen.

Gegen den den Klägern am 3. Dezember 2012 zugestellten Gerichtsbescheid haben diese am 28. Dezember 2012 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung haben sie unter anderem ausgeführt, als der Sohn das Vermögen bekommen habe, hätten Sie vom Jugendamt ausdrücklich den Rat erhalten, dieses fest anzulegen. Dem Landratsamt sei das Vermögen somit bekannt gewesen. Da das SGB II in Teilen "gesetzeswidrig" sei, habe keine Notwendigkeit bestanden, die von ihnen als Leistungsempfänger geforderten Pflichten zu erfüllen. Auch die Art und Weise, wie sich der Beklagte die Informationen verschafft habe, sei nicht legal.

Die Kläger beantragen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. November 2012 und den Bescheid vom 23. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und weist darauf hin, dass zwischenzeitlich die Klägerin Ziff. 1 wegen der vorsätzlich verursachten Leistungsüberzahlungen rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden sei.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Kläger bleibt ohne Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG nach Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren entscheidet, ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist, worauf auch das SG zutreffend hingewiesen hat, der gegenüber den Klägern ergangene Bescheid vom 23. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2010. Nicht Streitgegenstand ist der gegenüber D. W. getrennt ergangene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23. Juli 2010 in Gestalt des zwischenzeitlich ergangenen Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2013. Aufgrund der Tatsache, dass es sich um die Rückforderung der individuellen Leistungen handelt, ist der Beklagte auch befugt gewesen, getrennte Bescheide zu erlassen.

Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat sowohl die Einnahmen der Ehefrau des Klägers sowie das festgestellte Vermögen des Stiefsohnes zutreffend berücksichtigt, die Bewilligungen für Unterkunft entsprechend aufgehoben und die Erstattung der überzahlten Leistungen in rechtmäßiger Weise verlangt. Insbesondere hat der Beklagte zwischen den Bewilligungen und der Vermögens- und Einkommensanrechnung der Klägerin Ziff. 1 und dem Kläger Ziff. 2 differenziert und die Erstattungszeiträume gesondert dargestellt. Das SG hat dementsprechend die Klage zu Recht abgewiesen. Auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Gerichtsbescheid nimmt der Senat ausdrücklich Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Begründung der Berufung führt zu keinem anderen Ergebnis. Im Gegenteil bringt der Bevollmächtigte der Kläger darin zum Ausdruck, dass er und seine Ehefrau sich an Pflichten - insbesondere die Pflicht, Einkommen und Vermögen dem Beklagten anzuzeigen, nicht anerkennt. Dies lässt, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, nur den Schluss zu, dass das Einkommen der Ehefrau und das Vermögen des Sohnes vorsätzlich verschwiegen worden sind. Die Rücknahmeentscheidung des Beklagten ist somit rechtmäßig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass der Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und die Rechtsverfolgung des Klägers insgesamt ohne Erfolg geblieben ist.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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