L 13 AL 2678/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 4748/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 2678/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Mai 2012 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 11. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2011 verpflichtet, den Kläger ab 27. Mai 2011 einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.

Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen.

Der am 17. Juni 1964 geborenen Kläger, ein ausgebildeter Kommunikationselektriker und Industriemeister, ist seit 1995 als Montageschlosser bei der D. AG, Werk R., beschäftigt. Bei ihm ist seit 23. März 2011 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt (Bescheid des Landratsamts K., Amt für Versorgung und Rehabilitation, vom 20. April 2011, auf den verwiesen wird).

Auf den Antrag des Klägers vom 27. Mai 2011 auf Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen, zu dem der Kläger u.a. eine Aufstellung der Arbeitsunfähigkeitszeiten vorlegte, befragte die Beklagte die Arbeitergeberin sowie den Betriebsrat und die Schwerbehinderten-Vertretung der Arbeitgeberin. Gemäß der Auskunft der Personalstelle der Arbeitgeberin vom 13. Juli 2011 sind dieser gesundheitliche Einschränkungen bekannt, wodurch der Arbeitseinsatz eingeschränkt sei. Der Arbeitsplatz (als Produktionsmitarbeiter) sei nicht behindertengerecht gestaltet, eine Verbesserung durch eine technische Hilfe könne nicht erreicht werden und eine innerbetriebliche Umsetzung wegen der Auswirkung der Behinderung sei nicht möglich. Der Arbeitsplatz sei weder auf Grund behinderungsbedingter Auswirkungen, noch aus sonstigen Gründen gefährdet. Im Konzern bestehe eine Integrationsvereinbarung gemäß § 83 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Gemäß den Angaben des Betriebsrats vom 15. Juli 2011 ist der Kläger bei der ausgeübten Tätigkeit als Montageschlosser auf Grund bekannter gesundheitlicher Einschränkungen eingeschränkt, was sich insofern auswirke, als der Arbeitseinsatz eingeschränkt sei und eine geringe betriebliche Einsatzmöglichkeit bestehe. Der Arbeitsplatz sei nicht behinderungsgerecht gestaltet, durch eine technische Hilfe könne eine Verbesserung nicht erreicht werden. Eine innerbetriebliche Umsetzung wegen der Auswirkungen der Behinderung sei nicht möglich. Der Arbeitsplatz sei wegen der eingeschränkten Rotationsfähigkeit gefährdet. Auf Grund der Einschränkungen sei der Kläger gegenüber den gesunden Kollegen benachteiligt, er könne nicht heben und tragen, wodurch der Arbeitsplatz auch gefährdet sei. Die Schwerbehinderten-Vertretung teilte am 15. Juli 2011 mit, durch die bekannten Einschränkungen sei der Arbeitseinsatz eingeschränkt und bestehe eine geringe betriebliche Einsatzmöglichkeit. Der Arbeitsplatz sei nicht behinderungsgerecht gestaltet, durch eine technische Hilfe könne eine Verbesserung nicht erreicht werden und eine innerbetriebliche Umsetzung wegen der Auswirkungen der Behinderung sei nicht möglich. Der Arbeitsplatz sei auf Grund behinderungsbedingter Auswirkungen insoweit gefährdet, als eine eingeschränkte Rotationsfähigkeit vorliege. Der Kläger sei auf Grund seiner Einschränkungen gegenüber seinen gesunden Kollegen benachteiligt, wodurch der Arbeitsplatz gefährdet sei. Personalstelle, Betriebsrat und Schwerbehinderten-Vertretung haben im Übrigen übereinstimmend angegeben, das Arbeitsverhältnis sei nicht unkündbar und eine Kündigung sei nicht ausgesprochen.

Mit Bescheid vom 11. August 2011 lehnte die Beklagte die Gleichstellung des Klägers mit einem schwerbehinderten Menschen ab. Die Prüfung habe keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Arbeitsplatz aus behinderungsbedingten Gründen gefährdet und der Kläger zur Erhaltung des Arbeitsplatzes auf den Schutz angewiesen sei.

Mit seinem Widerspruch vom 29. August 2011 machte der Kläger geltend, auf Grund seiner Behinderung habe er ein hohes Arbeitsplatzrisiko. Das Produktionssystem sehe Bandarbeit vor, die in Gruppenarbeit organisiert sei. Eine Gruppe bestehe aus 12 bzw. 16 ("brutto") Beschäftigten, die die Tätigkeiten in der Gruppe in einem rollierenden System verrichteten. Das rollierende System sei notwendig, da die einseitige Körperbelastung bei kurzen Takten sehr hoch sei. Er könne auf Grund seiner gesundheitlichen Einschränkungen lediglich an vier der insgesamt acht Stationen arbeiten. Deswegen sei - jenseits eines hohen Ausmaßes an krankheitsbedingten Fehlzeiten - eine personenbedingte Kündigung zu befürchten. Ohne die Gleichstellung sei es ihm nicht möglich, an einen der raren Vormontageplätze, die für Mitarbeiter mit Einschränkungen (GdB von mindestens 50 oder Gleichstellung) eingerichtet seien, zu wechseln.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen für eine Gleichstellung seien nicht erfüllt. Die Arbeitgeberin, der Betriebsrat und die Schwerbehinderten-Vertretung hätten übereinstimmend mitgeteilt, dass der Arbeitsplatz aus behinderungsbedingten Gründen nicht gefährdet sei. Betriebsrat und Schwerbehinderten-Vertretung seien der Auffassung, dass im Hinblick auf die Einschränkungen künftig eine Arbeitsplatzgefährdung bestehen könnte. Nach Aktenlage hätten weder häufige Kurzerkrankungen vorgelegen, noch könne von einer lang anhaltenden Krankheit ausgegangen werden, die die Kündigung des Arbeitsverhältnis zur Folge habe könnte. Eine vorsorgliche Gleichstellung in Form einer "Zukunftssicherung" sei nach dem Gesetz nicht vorgesehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.

Deswegen hat der Kläger am 17. November 2011 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben.

Das SG hat eine Auskunft der Arbeitgeberin eingeholt. Deren Personalabteilung hat am 6. Februar 2012 mitgeteilt, der Kläger arbeite in der PKW-Montage im Rahmen der Aggregate-endmontage. Von den dort vorhandenen Stationen sei es ihm auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht möglich, an der gesamten Rotation teilzunehmen. Er werde an vier Stationen eingesetzt. Dieser eingeschränkte Rotationseinsatz entspreche den gesundheitlichen Einsatzeinschränkungen und stelle aus aktueller Sicht keine Arbeitsplatzgefährdung dar.

Der Kläger hat im Wesentlichen vorgetragen, Betriebsrat und Schwerbehinderten-Vertretung hätten die Auffassung vertreten, im Hinblick auf die Einsatzeinschränkung könnte künftig eine Arbeitsplatzgefährdung bestehen. Beide hätten den Arbeitsplatz für gefährdet erachtet. Wenn ihm eine Gleichstellung zuerkannt würde, bestünde die Möglichkeit einer entsprechenden innerbetrieblichen Umsetzung. Da er Probleme mit den Handgelenke habe und manche Dinge nicht richtig greifen könne, sowie Wirbelsäulenbeschwerden habe, weswegen er nicht schwer heben und tragen könne, sei der Einsatz nur an vier der acht Stationen möglich. Dies sei jedoch recht problematisch. Während der Frühschicht werde der Arbeitsplatz fünfmal gewechselt und während der Spätschicht sechsmal. Es bestehe kein Einsatzplan, wie zu rotieren sei und wer an welchem Arbeitsplatz wechsele. Er müsse sich selbst darum kümmern, dass er an den vier Stationen, an denen er eingesetzt werden könne, auch tatsächlich eingesetzt werde. Dazu müsse er innerhalb der Rotation des ganzen Teams jemanden finden, der mit ihm tausche. Für seine Kollegen sei dies nicht angenehm, da sie dann die schweren Lasten heben müssten. Damit stelle er für das gesamte Team eine Belastung dar. Auch ihm sei es unangenehm, immer andere Arbeitnehmer bitten und fragen zu müssen, ob sie tauschten. Der Arbeitsplatz sei durchaus gefährdet, da er nicht wisse, wie lange seine Kollegen seine einschränkte Einsetzbarkeit mitmachten. Wie ihm vom Betriebsrat erklärt, sei nur im Falle einer Schwerbehinderung oder einer Gleichstellung eine Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz möglich. Die Gleichstellung sei die einzige Möglichkeit, an einem anderen Arbeitsplatz eingesetzt zu werden.

Mit Urteil vom 16. Mai 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage sei nicht begründet. Der Kläger, der über einen Arbeitsplatz verfüge, habe keinen Anspruch auf Gleichstellung gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX. Eine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen wegen des drohenden Verlustes des Arbeitsplatzes sei nur dann vorzunehmen, wenn dem behinderten Menschen infolge seiner Behinderung ohne die Gleichstellung der konkrete Verlust des Arbeitsplatzes drohe; eine bloß abstrakte Gefährdung des Arbeitsplatzes nach der Rechtsprechung des Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg und des LSG Nordrhein-Westfalen genüge nicht. Der Verlust des Arbeitsplatzes drohe dem Kläger konkret nicht. Er könne an vier der acht Montagestationen eingesetzt werden, was von ihm nicht bestritten und von Seiten der Arbeitgeberin bestätigt sei. Der Kläger sei in den vergangenen Jahren auch nicht häufiger krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen, als ein sonstiger Arbeitnehmer. Demnach drohe ihm aus personenbedingten Gründen nicht der Verlust des Arbeitsplatzes. Die Arbeitgeberin habe auch bislang eine solche Kündigung nicht in Aussicht gestellt. Er müsse sich zwar mit seinen Kollegen bezüglich seiner begrenzten Einsatzfähigkeit absprechen, doch liege auch in Folge dieser Absprache eine konkrete Arbeitsplatzgefährdung nicht vor. Die Absicht, durch die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen die Zugangsvoraussetzungen für einen Schonarbeitsplatz zu schaffen, sei im Rahmen des § 2 Abs. 3 SGB IX nicht schutzwürdig. Mit der Gleichstellung solle der Arbeitsplatz geschützt werden, nicht jedoch die allgemeine Verbesserung der Arbeitsbedingungen herbeigeführt werden.

Gegen das am 25. Mai 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. Juni 2012 Berufung eingelegt. Er trägt im Wesentlichen vor, der Arbeitsplatz sei so gestaltet, dass man zwischen verschiedenen Stationen rotiere, die jeweils eineinhalb Stunden dauerten. Bislang seien es acht verschiedene Stationen gewesen, nun seien es mittlerweile 17. Wenn er an einer Station auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht arbeiten könne, müsse er einen Kollegen bitten, für ihn einzuspringen. Da dies auf Dauer keine Lösung sei, versuche er derzeit an allen 17 Stationen zu arbeiten, was allerdings nur unter Einnahme von Schmerzmitteln gelinge. Auch wenn der Arbeitgeber nach eigener Auskunft derzeit keine konkrete Kündigungsabsicht habe, sei er auf Grund seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht in einem gleichwertigen Konkurrenzverhältnis mit den Kollegen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe es im Urteil vom 2. März 2000 für ausreichend gehalten, dass die begehrte Gleichstellung den Arbeitsplatz sicherer mache.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Mai 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 11. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2011 zu verpflichten, ihn ab 27. Mai 2011 einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an ihrer Entscheidung fest.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.

Gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX sollen behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 aber wenigstens 30 schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB IX (Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt oder rechtmäßige Beschäftigung im Sinnen des § 73 SGB IX im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches) vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen). Die Gleichstellung, für die die Beklagte zuständig ist (§ 68 Abs. 2 Satz 1SGB IX), wird nach § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB IX mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam.

Diese Voraussetzungen sind insoweit erfüllt, als beim Kläger ein GdB von 30 festgestellt ist und er seinen Wohnsitz sowie auch eine rechtmäßige Beschäftigung in Deutschland, mithin im Geltungsbereich des SGB IX hat.

Gemessen an den gesetzlichen Vorgaben und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG liegen hier auch die weiteren Voraussetzungen für eine Gleichstellung vor. Das BSG hat im Urteil vom 2. März 2000 (B 2 AL 46/99, veröffentlicht u.a. in BSGE 86, 10ff sowie Juris, m.w.N.) zu § 2 Abs. 1 Schwerbehindertengesetz, der Vorgängervorschrift zu § 2 Abs. 3 SGB IX, zu der hier allein in Betracht kommenden 2. Alternative (Gleichstellung zum Behalten eines geeigneten Arbeitsplatzes) entschieden, dass eine Gleichstellung voraussetzt, dass der Antragsteller einen geeigneten Arbeitsplatz hat und bei wertender Betrachtung in der Behinderung, also gerade in ihrer Art und Schwere, die Schwierigkeit der Erhaltung des Arbeitsplatzes liegt. Da der behinderte Mensch insoweit in seiner ungünstigen Konkurrenzsituation am Arbeitsplatz zu sehen ist und die Gleichstellung wie die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch eine Rehabilitationsmaßnahme im weiten Sinn darstellt, ist bei der erforderlichen Prognose über das Behaltenkönnen des Arbeitsplatzes keine absolute Sicherheit erforderlich. Es genügt vielmehr, dass durch die Gleichstellung der Arbeitsplatz sicherer gemacht werden kann. Ist er an seinem Arbeitsplatz gegenüber Nichtbehinderten nicht mehr konkurrenzfähig, wird diese ungünstige Konkurrenzsituation durch eine Gleichstellung verbessert und der Arbeitsplatz sicherer gemacht. Dies genügt den gesetzlichen Anforderungen des "Nichtbehaltenkönnens" eines geeigneten Arbeitsplatzes ohne Gleichstellung. Die Beklagte muss somit vorausschauend in Betracht ziehen, ob der Arbeitsplatz angesichts der Behinderung auf Dauer behalten wird.

In der bisherigen Rechtsprechung wird darüber hinaus eine konkrete Gefährdung des Arbeitsplatzes gefordert, eine abstrakte Gefährdung reiche nicht (so der erkennende Senat im Urteil vom 18. Januar 2011, L 13 AL3853/10, und LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. April 2010, L 19 AL 51/09, sowie Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 14. Dezember 2012, L 3 AL 36/11, alle veröffentlicht in Juris).

Der Senat stellt hierzu weiter fest, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers, der nicht unkündbar ist, ungekündigt fortbesteht. Der Kläger leidet allerdings unter Funktionseinschränkungen durch degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, einem Schulter-Arm-Syndrom, einer Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes und einer Fingerpolyarthrose, die zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz geführt haben (Bescheid des Landratsamtes K. vom 20. April 2011). Dadurch ist er in seiner Einsatzfähigkeit am Arbeitsplatz - wie auch im Betrieb bekannt - eingeschränkt, da er beim Heben und Tragen beeinträchtigt und nicht an allen Einsatzstellen seines Arbeitsplatzes, an dem die Mitarbeiter rotierend die Tätigkeit wechseln, einsetzbar ist (Angaben der Arbeitergeberin sowie des Betriebsrats und der Schwerbehinderten-Vertretung der Arbeitgeberin). Von den zunächst vorhandenen Stationen ist es ihm auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht möglich gewesen, an der gesamten Rotation teilzunehmen. Er ist an vier Stationen eingesetzt gewesen. Allerdings hat kein Einsatzplan, wie zu rotieren war und wer an welchem Arbeitsplatz wechselte, bestanden. Der Kläger hat sich selbst darum kümmern müssen, dass er an den vier Stationen, an denen er eingesetzt werden konnte, auch tatsächlich eingesetzt worden ist. Dazu hat er innerhalb der Rotation des ganzen Teams jemanden finden müssen, der mit ihm getauscht hat. Dieser eingeschränkte Rotationseinsatz hat gemäß der Auskunft der Arbeitgeberin gegenüber dem SG den gesundheitlichen Einsatzeinschränkungen entsprochen. Nachdem die Zahl der Arbeitsstationen auf 17 erweitert worden ist, hat der Kläger gemäß seinen Angaben im Erörterungstermin vom 29. November 2012 an allen Stationen gearbeitet, was allerdings nur unter Einnahme von Schmerzmitteln (Ibuprofen 600) gelungen ist. Der konkrete Arbeitsplatz (als Produktionsmitarbeiter bzw. Montageschlosser) war und ist nicht behindertengerecht gestaltet, eine Verbesserung durch eine technische Hilfe kann nicht erreicht werden und eine innerbetriebliche Umsetzung wegen der Auswirkung der Behinderung ist - ohne Schwerbehinderung oder Gleichstellung - nicht möglich (so übereinstimmend Arbeitergeberin sowie Betriebsrat und Schwerbehinderten-Vertretung der Arbeitgeberin).

Gemäß den Angaben der Personalstelle der Arbeitgeberin vom 13. Juli 2011 ist der Arbeitsplatz weder auf Grund behinderungsbedingter Auswirkungen, noch aus sonstigen Gründen gefährdet. Auch in der vom SG eingeholten Auskunft der Personalstelle der Arbeitgeberin vom 6. Februar 2012 hat diese mitgeteilt, der eingeschränkte Rotationseinsatz habe den gesundheitlichen Einsatzeinschränkungen entsprochen und keine Arbeitsplatzgefährdung dargestellt. Demgegenüber haben der Betriebsrat und die Schwerbehinderten-Vertretung am 15. Juli 2011 die Auffassung vertreten, der Arbeitsplatz sei auf Grund behinderungsbedingter Auswirkungen gefährdet, weil eine eingeschränkte Rotationsfähigkeit vorliege. Der Kläger sei auf Grund seiner Einschränkungen gegenüber seinen gesunden Kollegen benachteiligt.

Der Senat schließt sich insofern der überzeugenden und nachvollziehbaren Einschätzung des Betriebsrats und die Schwerbehinderten-Vertretung an. Der Kläger konnte bzw. kann - wie oben dargelegt - nur an einer begrenzten Zahl von Arbeitsstationen im Rahmen der Rotation seiner Arbeitsgruppe eingesetzt werden, der Arbeitsplatz ist nicht behinderungsgerecht gestaltet und eine Verbesserung kann durch technische Hilfsmittel nicht erreicht werden. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Behinderungen sowie der vorgenannten Einschätzungen ist der Arbeitsplatz des Klägers in der Montage zur Überzeugung des Senats damit konkret gefährdet. Sein Arbeitsplatz ist auch - anders als in dem vom LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 12. April 2010, L 19 AL 51/09) entschiedenen Fall - nicht behinderungsgerecht ausgestattet. Der Kläger ist auch nicht - wie in dem Fall des Schleswig-Holsteinischen LSG (a.a.O.), das bei unkündbaren Arbeitnehmern eine besondere Begründung, warum der Arbeitsplatz trotz Kündigungsschutz gegenüber nichtbehinderten Kollegen gefährdet ist, gefordert hat - unkündbar. Der Fall des Klägers ist auch nicht dem vom Senat am 18. Januar 2011 (a.a.O.) entschiedenen Sachverhalt vergleichbar, denn dort war eine konkrete Gefahr des Verlustes des Arbeitsplatzes verneint worden. Auf die Frage, ob und inwieweit eine konkrete Gefährdung des Arbeitsplatzes für eine Gleichstellung zu fordern ist, kommt es angesichts dessen im hier zu entscheidenden Fall, in dem eine konkrete Gefährdung vorliegt, nicht an.

Im Falle des Klägers führt die Gleichstellung zu einer Sicherung des Arbeitsplatzes im Sinne der Rechtsprechung des BSG.

Aus den vorgenannten Gründen waren die angefochtenen Entscheidungen aufzuheben und die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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