L 13 AS 3904/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 3364/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 3904/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 4. August 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit der teilweisen Aufhebung der Leistungsbewilligungen (Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II) für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Juli 2008 und vom 1. Juni 2009 bis 31. Dezember 2009 sowie die gesamte Aufhebung der Leistungsbewilligung für den Monat Mai 2009, ferner die Erstattung der Leistungen i.H.v. 2359,34 EUR streitig.

Der Kläger und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau D. W. sowie deren 1995 geborener Sohn H. bezogen von der Beklagten seit dem 1. Juni 2007 Leistungen nach dem SGB II. Nach der damaligen Rechtslage leistete die Agentur für Arbeit R. die Regelleistung und der Landkreis R. die Leistungen der Unterkunft und Heizung. Der jetzige Beklagte - Jobcenter Landkreis R. - ist Rechtsnachfolger der beiden bisherigen Leistungsträger; im Folgenden wird aus Vereinfachungsgründen für alle Verwaltungshandlungen der Begriff "der Beklagte" verwendet.

Durch Datenabgleich erlangte der Beklagte am 14. Oktober 2009 Kenntnis davon, dass die Ehefrau des Klägers in der Zeit vom 1. Mai 2009 bis 30. Juni 2009 bei der P. GmbH und in der Zeit vom 9. Mai 2009 bis 30. Juni 2009 bei der T. GmbH & Co. KG beschäftigt war. Durch weiteren Datenabgleich vom selben Tage erlangte die Beklagte Kenntnis davon, dass der Sohn der Ehefrau des Klägers im Jahr 2008 Zinserträge i.H.v. 410 EUR erzielt hat und zudem eine Hinterbliebenenrente i.H.v. 154,91 EUR erhält. In den Leistungsanträgen wurden hierzu keine Angaben gemacht. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2009 forderte der Beklagte den Kläger zur Vorlage von Nachweisen auf. Daraufhin wurden Unterlagen vorgelegt, wonach dem Sohn der Ehefrau des Klägers Hinterbliebenenrente i.H.v. 139,19 EUR monatlich bewilligt worden ist. Ferner wurde bekannt, dass der Sohn der Ehefrau des Klägers im Jahr 2008 eine Zinsgutschrift i.H.v. 410 EUR erhielt. Zu der Erwerbstätigkeit der Ehefrau wurden Kontoauszüge bzw. Entgeltabrechnungen vorgelegt (zu den einzelnen Nachweisen vgl. Bl. 860-883 der Leistungsakten).

Der Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben des Beklagten vom 17. März 2010 zu der beabsichtigten Aufhebung der Leistungsbewilligungen an. Hierzu gab dieser keine Stellungnahme ab. Daraufhin hob die Beklagte mit Bescheid vom 21. Juli 2010 die Bewilligungen vom 12. Dezember 2007, 5. Juni 2008, 15. August 2008, 15. September 2008, 9. Juni 2009 und 10. Oktober 2011 für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis 31. Juli 2008 und vom 1. Juni 2009 bis 31. Dezember 2009 teilweise und für Mai 2009 ganz auf und forderte die Erstattung der zu Unrecht gewährten Leistungen i.H.v. 2359,34 EUR. Die Ehefrau des Klägers (gegenüber der Ehefrau und deren Sohn ergingen gesonderte Bescheide) habe in den genannten Zeiträumen aus Beschäftigungen bei der Fa. P. und der Fa. T. Einkommen in der bescheinigten Höhe erzielt. Daneben sei ausweislich des vorgelegten Kontoauszuges beim Stiefsohn des Klägers eine Zinsgutschrift von 410,- EUR festzustellen gewesen. Ausgehend von einer Verzinsung von 4,1 %, wie sie aus dem vorgelegten Kontoauszug zu entnehmen war, werde davon ausgegangen, dass das Vermögen für das gesamte Jahr 2008 bestanden habe. Das Einkommen und das genannte Vermögen sei anteilig auf die Leistungen anzurechnen. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2010 zurück. Der Kläger habe seine Mitteilungspflicht verletzt, nachdem er das Vermögen des Stiefsohnes i.H.v. 10000,- EUR, dessen Bezug von Halbwaisenrente und das von der Ehefrau des Klägers erzielte Einkommen aus Erwerbstätigkeit verschwiegen habe.

Am 13. Oktober 2010 hat der Kläger hiergegen beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Hierzu hat er u.a. vorgetragen, er fühle sich nicht an Pflichten gebunden, solange der Beklagte seine Pflichten nicht erfülle. Im Rahmen des Klageverfahrens hat der Beklagte u. a. ein Schreiben der V. e.G. vom 8. Juli 2011 vorgelegt, wonach es sich bei der Einlage um einen Anlagebetrag von 10000,- EUR handle. Ferner wurde eine Auskunft des Jugendamtes R. vorgelegt, dass auf das Konto des Stiefsohnes des Klägers am 14. Dezember 2007 ein Betrag i.H.v. 10854,82 EUR resultierend aus gepfändeten Unterhaltsrückständen des Kindesvaters auf das Bankkonto des Stiefsohnes überwiesen worden sei. Bei einer vorzeitigen Auflösung entstehe ein Zinsverlust von 35,- EUR zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr von 20,- EUR.

Mit Gerichtsbescheid vom 4. August 2011 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat es unter anderem ausgeführt, der Bescheid des Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. September 2010 sei rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger sei seiner Mitteilungspflicht nicht nachgekommen. Er habe das Vermögen des Stiefsohnes sowie das Einkommen seiner Ehefrau verschwiegen. Der Bewilligungsbescheid vom 12. Dezember 2007 sei somit nach § 48 SGB X in dem von der Beklagten entsprechend berechneten Umfang aufzuheben gewesen. Die nachfolgenden Bewilligungsbescheide seien von Anfang an rechtswidrig gewesen und nach § 45 SGB X aufzuheben gewesen. Eine Ermessensentscheidung habe der Beklagte nicht zu treffen gehabt. Die Erstattungspflicht ergebe sich aus § 50 SGB X.

Gegen den am 10. August 2011 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 9. September 2011 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung der Berufung hat der Kläger ausgeführt, aus den beiliegenden Akten des Beklagten gehe hervor, dass sich diese die Informationen illegal und gegen seinen Willen verschafft hätte. Das Vermögen des Stiefsohnes gehe den Beklagten nichts an.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 4. August 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. September 2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend und den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig. Der Beklagte habe die Informationen über das Einkommen und Vermögen des Klägers bzw. dessen Ehefrau und deren Sohn sich nicht illegal verschafft.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG nach Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren entscheidet, ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. September 2010. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. September 2010, der die teilweise Aufhebung und Erstattung der Leistungen der Ehefrau des Klägers D. W. und deren Sohn H. betrifft. Der Kläger hat sich ausdrücklich im Klageverfahren nur auf den ihn betreffenden Widerspruchsbescheid bezogen, diesen vorgelegt und nur dieses Aktenzeichen angegeben. Das SG hat daher zutreffend auch nur über diesen Bescheid entschieden.

Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat sowohl die Einnahmen der Ehefrau des Klägers sowie das festgestellte Vermögen des Stiefsohnes zutreffend berücksichtigt, die Bewilligungen entsprechend aufgehoben und die Erstattung der überzahlten Leistungen in rechtmäßiger Weise verlangt. Das SG hat dementsprechend die Klage zu Recht abgewiesen. Auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Gerichtsbescheid nimmt der Senat ausdrücklich Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren vorträgt, der Beklagte habe sich die Informationen über das Einkommen der Ehefrau und dem Vermögen des Stiefsohnes illegal verschafft, entbehrt dieses Vorbringen jeglicher Grundlage. Vielmehr ist darauf hinzuweisen dass der Kläger verpflichtet gewesen wäre, den Beklagten über vorhandenes Einkommen oder Vermögen zu informieren. Dieser Pflicht ist der Kläger vorsätzlich nicht nachgekommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass der Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und die Rechtsverfolgung des Klägers insgesamt ohne Erfolg geblieben ist.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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