L 4 P 1243/13 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 18 P 917/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 1243/13 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Ablehnungsgesuch der Antragsteller gegen Richterin am Landessozialgericht H. wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Ablehnung des beantragten einstweiligen Rechtsschutzes im Beschluss des Sozialgerichts Freiburg (SG) vom 21. März 2013 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Entscheidung des Amtes für Senioren und Soziales der Stadt F. über die Lieferung von Lebensmitteln. Die Antragsteller richten Antrag und Beschwerde ausdrücklich auch gegen die Antragsgegnerin.

Mit beim Sozialgericht Freiburg (SG) am 28. Februar 2013 eingegangener E-Mail wendete sich der Antragsteller zu 1) gegen einen seiner E-Mail angefügten Bescheid des Amtes für Senioren und Soziales der Stadt F. (Sozialamt) vom 20. Februar 2013. In diesem Bescheid hatte das Sozialamt eine Regelung zur Belieferung des Antragstellers zu 1) mit Lebensmitteln getroffen. Im Verlauf des Verfahrens stellte der Antragsteller zu 1) durch weitere E-Mails klar, dass er für sich und die Antragstellerin zu 2) die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begehre und sich dieser nicht nur gegen das Sozialamt, sondern auch gegen die Antragsgegnerin richte. In der Folge gingen auch zahlreiche Telefaxe beim SG ein, die jedoch sämtlich nicht mit einer eigenhändigen Unterschrift der Antragsteller versehen waren. Lediglich ein Telefax war von der Schwester des Antragstellers zu 1), Sigune Schlotzhauer, unterzeichnet. Diese trat jedoch ausdrücklich nur als Botin auf.

Für den Antragsteller zu 1) ist Rechtsanwalt F. Freiherr v. S. zum Betreuer bestellt. Ausweislich des Betreuerausweises vom 8. Mai 2012 umfasst der Aufgabenkreis des Betreuers u.a. die Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern sowie die Vertretung in sämtlichen Verfahren, die bei den Zivilgerichten, den Sozialgerichten, den Verwaltungsgerichten und den Verwaltungsbehörden anhängig sind bzw. anhängig werden bis zu deren jeweiligem Abschluss. Für alle Klagen beim Verwaltungs-, Sozial- und Zivilgericht, den möglichen Rechtsmitteln sowie für jegliches Verwaltungshandeln ist ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet.

Mit Beschluss vom 21. März 2013 stellte das SG fest, dass die am 28. Februar 2013 gestellten Anträge unwirksam sind. Zur Begründung führte das SG aus, wegen des bestehenden Einwilligungsvorbehalts könne der Antragsteller für sich selbst rechtswirksam keine Anträge stellen. Dies gelte erst Recht, soweit er für die Antragstellerin zu 2) gehandelt habe. Der Betreuer habe mitgeteilt, dass er die in den Schriftsätzen vom 28. Februar 2013 enthaltenen Anträge nicht genehmige.

Die Antragsteller hatten bereits mit beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg per E-Mail am 12. März 2013 eingegangenen und von den Antragstellern nicht unterzeichneten Schreiben vom 11. März 2013 unter Hinweis auf das (zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossene) Verfahren S 18 P 916/13 ER Beschwerde eingelegt sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt. Von den Antragstellern eigenhändig unterzeichnete Schriftsätze sind beim Senat auch in der Folge nicht eingegangen. Lediglich ein Telefax vom 4. April 2013 ist von der Schwester des Antragstellers zu 1) unterzeichnet, allerdings wiederum mit dem Zusatz "als Bote" versehen. Mit E-Mail vom 17. April 2013 hat der Antragsteller zu 1) die zur Berichterstatterin bestellte Richterin am Landessozialgericht H. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Der Betreuer des Antragstellers zu 1) hat mit Schriftsatz vom 17. April 2013 sinngemäß erklärt, die für die Wirksamkeit einer Beschwerde erforderliche Einwilligung werde nicht abgegeben.

Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Akten des SG und die Beschwerdeakten des Senats Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragsteller und der Antrag, für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, haben keinen Erfolg.

1. Der Senat konnte über die Beschwerde in der Besetzung, wie sie der Geschäftsverteilungsplan vorsieht, entscheiden, obwohl der Antragsteller zu 1) Richterin am Landessozialgericht H. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat. Es bedurfte vor der Entscheidung über die Beschwerde keiner förmlichen Entscheidung über das Ablehnungsgesuch; vielmehr konnte der Senat hierüber zugleich mit der Entscheidung in der Hauptsache (hier: Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes) befinden (vgl. dazu Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 16. Februar 2001 - B 11 AL 19/01 B - in juris; Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 14. Juni 2005 - 6 C 11/05 - in juris), weil der Antrag nicht formgerecht gestellt worden und das Ablehnungsgesuch deshalb bereits unzulässig ist (vgl. dazu auch BSG, Beschluss vom 26. April 1989 - 11 BAr 33/88 - in juris; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 60 Rdnr. 10d m.w.N.).

Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gilt für die Ablehnung eines Richters § 42 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Die hier allein in Betracht zu ziehende Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet nach § 42 Abs. 2 ZPO statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Eine Besorgnis der Befangenheit liegt nur dann vor, wenn ein objektiv vernünftiger Grund gegeben ist, der den am Verfahren Beteiligten auch von seinem Standpunkt aus befürchten lassen kann, der Richter werde nicht unparteiisch und nicht sachlich entscheiden. Eine rein subjektive, unvernünftige Vorstellung ist unerheblich. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich befangen ist oder ob er sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist ausschließlich, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 5. April 1990 - 2 BvR 413/88; BSG, Beschluss vom 1. März 1993 - 12 RK 45/92 - beide in Juris).

Der vom Antragsteller zu 1) gestellte Befangenheitsantrag ist bereits unzulässig. Das Befangenheitsgesuch unterliegt als Prozesserklärung den für solche Erklärungen allgemein geltenden Formerfordernissen. Sie können grundsätzlich nur schriftsätzlich, zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung oder einem Termin zur Erörterung des Sachverhalts zu Protokoll erklärt werden. Durch E-Mail können Prozesserklärungen hingegen nicht wirksam abgegeben werden (vgl. dazu im Einzelnen die Ausführungen unten 2.). Nachdem das Ablehnungsgesuch des Antragstellers zu 1) dem Gericht ausschließlich per E Mail vom 17. April 2013 zugeleitet worden ist, fehlt es bereits an einer rechtswirksamen Übermittlung des Gesuchs.

2. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des SG vom 21. März 2013 ist ebenfalls nicht formwirksam eingelegt worden und deshalb unzulässig.

Gemäß § 173 Satz 1 SGG ist die Beschwerde binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim SG schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdefrist ist nach Satz 2 der Vorschrift auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Diesen Formerfordernissen genügen weder die noch vor Ergehen der angegriffenen Entscheidung des SG am 12. März 2013 erfolgte elektronische Übermittlung der nicht signierten E-Mail des Antragstellers zu 1) vom 11. März 2013 noch das nachfolgend beim Senat am 4. April 2013 eingegangene Telefax der Schwester des Antragstellers zu 1) und dessen weitere E-Mail vom 17. April 2013.

Zwar können die Beteiligten dem Gericht auch elektronische Dokumente übermitteln, soweit dies für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich durch Rechtsverordnung der Bundesregierung oder der Landesregierungen zugelassen worden ist (§ 65 a Abs. 1 Satz 1 SGG). Für Dokumente, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, ist dabei eine qualifizierte elektronische Signatur nach § 2 Nr. 3 Signaturgesetz vorzuschreiben (§ 65 a Abs. 1 Satz 3 SGG). Für den Zuständigkeitsbereich der Sozialgerichtsbarkeit in Baden-Württemberg fehlt es bereits an einer entsprechenden Rechtsverordnung, so dass hier eine Beschwerdeeinlegung durch E-Mail formgerecht grundsätzlich nicht erfolgen kann. Darüber hinaus würden die E-Mails des Antragstellers zu 1) auch nicht den zu regelnden Formerfordernissen entsprechen, denn sie verfügten nicht über eine den Anforderungen des § 2 Nr. 3 Signaturgesetz genügende qualifizierte elektronische Signatur (vgl zum Ganzen: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 4. August 2010 - L 2 SO 18/10 - in juris). Letztlich kann auch das von der Schwester des Antragstellers zu 1) übersandte Telefax vom 4. April 2013 nicht als formwirksame Beschwerdeeinlegung gewertet werden, da diese das Schreiben zwar unterzeichnet, ihre Unterschrift jedoch mit dem Zusatz versehen hat, sie handele lediglich als Botin. Damit fehlt auch dem Schreiben vom 4. April 2013 eine rechtsgültige Unterschrift der Antragsteller oder eines von diesen wirksam mit der Prozessvertretung bevollmächtigten Dritten.

Im Übrigen wäre die Beschwerde auch deshalb unzulässig, weil der den Antragsteller zu 1) betreuende Rechtsanwalt die erforderliche Einwilligung zur Einlegung von Rechtsmitteln (vgl. § 1903 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) mit Schreiben vom 17. April 2013 ausdrücklich nicht erteilt hat.

3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO) war ebenfalls abzulehnen, da auch dieser Antrag aus den oben dargelegten Gründen nicht formwirksam gestellt worden ist.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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