Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 SB 1920/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 1674/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 31.03.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist zuletzt noch die Neufeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der 1950 geborene Kläger stammt aus Mazedonien und ist im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Bei dem Kläger stellte das Landratsamt B. -Versorgungsamt in S.- (LRA) in Ausführung eines im Rechtsstreit beim Sozialgericht Stuttgart (SG) - S 13 SB 6745/05 - abgegebenen Anerkenntnisses mit Bescheid vom 03.01.2007 den GdB mit 50 neu fest. Nachfolgende Änderungsanträge des Klägers blieben nach Beiziehung von weiteren medizinischen Unterlagen, insbesondere einem Gutachten des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit S., Dr. B. vom 23.04.2007 und einem im Rentenrechtsstreit des Klägers beim SG - S 13 R 5527/06 - eingeholten Gutachten des Dr. C. vom 28.07.2008 zuletzt mit Bescheid vom 09.12.2008 ohne Erfolg.
Am 10.02.2009 stellte der Kläger beim LRA einen weiteren Antrag auf Neufeststellung eines höheren GdB. Das LRA zog weitere medizinische Befundunterlagen bei (Befundberichte Dr. K. vom 04.03.2009, Dr. P. vom 10.10.2006, Dr. G. vom 04.11.2008 und Dr. S. vom 17.02.2009) und holte hierzu die gutachtliche Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes, Dr. K., vom 18.04.2009 ein. Dr. K. schlug wegen einer koronaren Herzkrankheit, Bluthochdruck, Stentimplantation und abgelaufenen Herzinfarkts (Teil-GdB 30), einer seelischen Störung und funktionellen Organbeschwerden (Teil-GdB 30), einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden und chronischen Schmerzsyndroms (Teil-GdB 20), Diabetes mellitus und Adipositas permagna (Teil-GdB 20) sowie Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen (Teil-GdB 10) den Gesamt-GdB mit 60 vor. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 05.05.2009 stellte das LRA beim Kläger den GdB mit 60 seit dem 10.02.2009 neu fest.
Am 30.06.2009 stellte der Kläger beim LRA einen weiteren Änderungsantrag. Er machte das Vorliegen gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme der Merkzeichen "G", "Gl" sowie eine Verschlimmerung seiner im Antragsformular spezifiziert bezeichneten Gesundheitsstörungen geltend. Das LRA zog weitere medizinische Unterlagen bei (Berichte Dr. K. vom 10.07.2009, der MVZ Laborärzte L. vom 24.11.2008 und Dr. G. vom 08.06.2009). Nach Einholung der gutachtlichen Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes, Dr. W., vom 30.08.2009, der unter Übernahme der in der gutachtlichen Stellungnahme des Dr. K. vom 18.04.2009 vorgeschlagenen Teil-GdB-Werte den GdB weiterhin mit 60 vorschlug und das Vorliegen gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Merkzeichen verneinte, lehnte das LRA mit Bescheid vom 22.09.2009 den Antrag des Klägers vom 30.06.2009 ab. Die Voraussetzungen für eine Erhöhung des GdB sowie für die Feststellung der geltend gemachten Merkzeichen "G" und "Gl" lägen nicht vor.
Gegen den Bescheid vom 22.09.2009 legte der Kläger am 23.10.2009 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung geltend, einige Funktionsbeeinträchtigungen wie das Bluthochdruckleiden mit Neigung zu Blutdruckkrisen, eine Angsterkrankung, eine rezidivierende Gastritis sowie Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule seien nicht zutreffend erfasst worden. Der Kläger berief sich auf die Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit S. vom 23.04.2007 und das Gutachten des Dr. C. vom 28.07.2008. Das LRA holte die gutachtliche Stellungnahme seines Ärztlichen Dienstes, Dr. H., vom 10.02.2010 ein, in der unter Übernahme der in den gutachtlichen Stellungnahmen von Dr. K. und Dr. W. vorgeschlagenen Teil-GdB-Werte der Gesamt-GdB weiterhin mit 60 vorgeschlagen und das Vorliegen gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Merkzeichen verneint wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2010 wies das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 22.09.2009 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, über den GdB sei letztmals mit Bescheid vom 05.05.2009, etwas mehr als einen Monat vor dem jetzt streitbefangenen Antrag, entschieden worden. Eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes könne nicht mit älteren Unterlagen bewiesen werden. Auf neuere Befunde stütze sich der Antrag nicht. In den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 05.05.2009 zu Grunde lägen, sei eine wesentliche Änderung nicht eingetreten. Für die Beantragung des Merkzeichens "Gl" (Gehörlos) gebe es bei einer Schwerhörigkeit mit einem Teil-GdB von 10 keinen Anhaltspunkt. Auch das Merkzeichen "G" sei nicht zu begründen.
Hiergegen erhob der Kläger am 25.03.2010 Klage beim SG, mit dem Ziel, den Beklagten zu verurteilen, bei ihm den GdB höher als 60 festzusetzen. Er trug im Verlauf des Klageverfahrens vor, hinsichtlich seines Bluthochdruckleidens und der koronaren Herzkrankheit sowie der seelischen Störung sei von Teil-GdB-Werten von jeweils 40 auszugehen. Hinsichtlich der Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule sei nicht berücksichtigt worden, dass er sowohl im Bereich der Halswirbelsäule als auch der Lendenwirbelsäule unter erheblichen Funktionsbeeinträchtigungen leide. Das Gutachten von Dr. C. vom 28.07.2008, das Anlass gegeben habe, ihn zu verrenten, interessiere den Beklagten nicht. Hinsichtlich der Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen sowie einer Fettstoffwechselstörung sei ein Teil-GdB von jeweils 20 anzusetzen. Probleme im Schulter-Arm-Bereich sowie Kniebeschwerden seien nicht bewertet worden, für die ebenfalls ein Teil-GdB von 20 anzusetzen sei. Er befinde sich in einem multimorbiden Gesundheitszustand, der den Gesamt-GdB von 60 weit überschreite. Bereits bei den vom Beklagten angenommenen Teil-GdB-Werten sei die Bildung des GdB von 60 fehlerhaft.
Das SG hörte den Neurologen Dr. S., den Orthopäden Dr. P. sowie den Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie Dr. G. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. S. teilte in seiner Stellungnahme vom 28.04.2010 unter Vorlage von Befundberichten den Behandlungsverlauf, die erhobenen Befunde und Diagnosen (chronisches Schmerzsyndrom in Form von chronischen Cervikocephalgien, chronisches Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulen-Syndrom ohne Hinweis auf ein radikuläres oder spinales Defizit, Verdacht auf ein depressives Syndrom, KHK mit Zustand nach PTCA 2005, arterielle Hypertonie, Fettstoffwechselstörung und Diabetes mellitus II) mit. Wahrscheinlich sei die chronische Schmerzsymptomatik zumindest teilweise im Zusammenhang mit einer depressiven Entwicklung im Sinne einer Somatisierung zu werten. Dr. S. hielt die Bewertung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten hinsichtlich der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschäden und einem chronischen Schmerzsyndrom mit einem GdB von 20 für vertretbar und sah sich hinsichtlich der übrigen fachfremden Teil-GdB-Ansätze zu einer Stellungnahme zur GdB-Bewertung nicht in der Lage. Dr. P. teilte in Stellungnahmen vom 10.05.2010 und 22.07.2010 den Behandlungsverlauf sowie die Befunde hinsichtlich der Wirbelsäule, der Schulter- und der Kniegelenke mit und nannte als Diagnosen eine chronische Cervico-Cephalgo-Brachialalgie, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, eine Periatropathia humeroscapularis beidseits, eine AC-Gelenksarthrose beidseits, eine retropatellare Chondropathie beidseits sowie eine Innenmeniskopathie beidseits. Hinsichtlich der Wirbelsäule schätzte Dr. P. den GdB auf 30, hinsichtlich der Schultergelenke und der Kniegelenke jeweils auf 10 sowie den Gesamt-GdB auf unverändert 60 ein. Dr. G. teilte in seiner Stellungnahme vom 21.05.2010 die Befunde und Diagnosen (Koronare 1-Gefäß-Erkrankung, Zustand nach PTCA/Stent bei akutem Infarkt) mit. Hinweise für eine Progression der KHK bei guter linksventrikulärer Funktion ergäben sich nicht.
Mit Schriftsatz vom 18.06.2010 kündigte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten den Antrag in der mündlichen Verhandlung an, ihm das Merkzeichen "G" zuzuerkennen.
Anschließend holte das SG die weitere schriftliche sachverständige Zeugenaussage (ohne Datum) des Dr. G. zum Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" ein, in der er eine relevante Einschränkung der Gehfähigkeit des Klägers verneinte.
Auf Hinweisschreiben des SG trugen die Beteiligten außerdem zum (zulässigen) Streitgegenstand des Klageverfahrens vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 31.03.2012 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, die Klage sei unzulässig, soweit der Kläger die Feststellung des Merkzeichens "G" begehre. Der Zulässigkeit der Klage stehe insoweit die Bestandskraft des Bescheides vom 22.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2010 entgegen, da der Kläger hiergegen nicht fristgerecht Klage erhoben habe. Die im Übrigen zulässige Klage sei nicht begründet. Die dem bestandskräftigen Neufeststellungsbescheid vom 05.05.2009 zu Grunde liegenden gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers hätten sich nicht so wesentlich geändert, dass ein höherer GdB als 60 gegeben sei. Für die Funktionssysteme Herz-Kreislauf und Psyche betrage der Einzel-GdB jeweils 30, für die Wirbelsäulenschäden 20 und für den Diabetes mellitus und die Adipositas 20. Hinsichtlich der Kniegelenke und der Schulter sei kein GdB in Ansatz zu bringen. Im Funktionssystem Ohren sei eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes nicht nachgewiesen. Zu Recht habe der Beklagte keinen höheren Gesamt-GdB als 60 gebildet.
Gegen den am 12.04.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 20.04.2012 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, er sei multimorbid. Er leide seit langem unter sich verschlimmernden Nacken- und Kreuzschmerzen, die in das linke Bein und den linken Arm ausstrahlten. Auch die von Dr. P. genannte Vielzahl von Diagnosen sprächen dafür, dass er von Schmerzen geplagt sei. Durch Dr. P. sei bekannt, dass er unter Gelenkschmerzen im gesamten Bereich des Körpers leide. Hierfür sei ein Teil-GdB von 20 bis 30 anzusetzen. Dr. G. berichte von einer beginnenden hypertensiven Herzerkrankung. Dr. O. habe eine Polyneuropathie unklarer Ursache festgestellt.
Der Kläger beantragt zuletzt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 31.03.2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 70 seit dem 30.06.2009 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 11.12.2012, der ab Juli 2010 den Gesamt-GdB mit 50 vorschlug, vorgetragen, hinsichtlich des Achsenskeletts könne ein Teil-GdB von 30 nicht bestätigt werden. Hinsichtlich des Diabetes erfolge eine Therapie mit einem Medikament, das keine Unterzuckerungen auslösen könne und daher keinen GdB bedinge. Da keine fortschreitende koronare Herzerkrankung festzustellen und nervenärztlich weder eine Höherbewertung des GdB noch eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ableitbar seien, sei die Berufung nicht begründet.
Im Verlauf des Berufungsverfahrens stellte der Kläger beim LRA am 27.04.2012 einen weiteren Änderungsantrag auf Erhöhung des GdB. Der Kläger legte die fachärztliche Bescheinigung des Dr. P. vom 05.05.2011 mit Befundbeschreibung und Diagnosen vor. Das LRA holte den Befundschein des Dr. K. vom 14.05.2012 zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers ein, der außerdem Befundberichte des Dr. S. vom 17.02.2009, der Augenärztin D. vom 28.10.2009, des Dr. G. vom 02.11.2011 sowie ein Laborblatt vom 14.05.2012 vorlegte. Weiter hat der Beklagte den Befundbericht von Dr. O. vom 13.05.2012 (Diagnosen: Lumboischialgie links, Zervikobrachialgie links, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, sensibles L5/S1 Syndrom links, Polyneuropathie der Beine) dem Senat nachgereicht. Zuletzt hat der Kläger dem Senat - ohne nähere Begründung - vorgelegt (Schriftsatz vom 15.04.2013): die ärztlichen Atteste von Dr. K. vom 28.03.2013 und 28.12.2005, den Arztbrief der Praxis Dr. D./Dr. O. vom 13.05.2012, die Bescheinigung des Orthopäden/Unfallchirurgen W. vom 27.03.2013. Auf Nachfrage des Berichterstatters hat der Kläger angeregt, den Änderungsantrag zurückzustellen und den Ausgang des Berufungsverfahrens abzuwarten (Schriftsatz vom 02.10.2012).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie zwei Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Das im Berufungsverfahren nur noch weiterverfolgte Begehren des Klägers auf Neufeststellung des GdB mit mindestens 70 ist zulässiger Streitgegenstand, wovon auch das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ausgeht. Es bestehen keine formell-rechtlichen Bedenken wegen eines fehlenden Antrags des Klägers auf Neufeststellung eines höheren GdB. Zwar hat der Kläger im Neufeststellungsantrag vom 30.06.2009 im Antragsformular des LRA die Erhöhung des GdB nicht ausdrücklich als beantragt angekreuzt (anders als die Feststellung der Merkzeichen "G" und "Gl"). Der Kläger hat aber im Antrag unter II. Angaben zur Verschlimmerung bzw. neu aufgetretenen Gesundheitsstörungen gemacht. Diese Angaben sind dahin zu werten, dass neben der Zuerkennung von Merkzeichen auch eine Neufeststellung des GdB beantragt ist. Hiervon ist auch der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 22.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2010 ausgegangen.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30).
Nach diesen Kriterien steht dem Kläger nach wie vor kein GdB von mehr als 60 zu.
Der Beklagte hat im Widerspruchsbescheid vom 25.02.2010 zutreffend begründet, dass mit bestandskräftigem Bescheid vom 05.05.2009, etwas mehr als einen Monat vor dem vorliegend streitgegenständlichen Neufeststellungsantrag des Klägers, der GdB bestandskräftig auf 60 festgesetzt worden ist und dass in den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 05.05.2009 zu Grunde lagen, eine wesentliche Änderung nicht eingetreten ist. Eine solche wesentliche Änderung ist auch im Verlauf des Klageverfahrens nicht eingetreten, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ausführlich und zutreffend begründet hat, worauf der Senat nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner eigenen Entscheidung ebenfalls Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahren bleibt auszuführen:
Die Diabetes mellitus-Erkrankung des Klägers ist mit einem Teil-GdB von 20 nicht unterbewertet. Die Zuckererkrankung des Klägers wird nach den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen (z.B. Befundschein von Dr. K. an das LRA vom 14.05.2012) mit Metformin behandelt. Dieses Medikament kann nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 11.12.2012 nicht zu einer Unterzuckerung führen, was dem Senat zudem aus vielen anderen Rechtsstreitigkeiten wegen der Feststellung des GdB bekannt ist. Schwer regulierbare Stoffwechsellagen sind nicht ersichtlich. Für die nicht näher substantiierte Behauptung des Klägers, sein Stoffwechsel sei als entgleist anzusehen, gibt es in den vorliegenden medizinischen Unterlagen keinen Hinweis. Auch Dr. K. hat in seinem Befundschein vom 14.05.2012 über eine entgleiste Stoffwechsellage nicht berichtet. Nach dem Befundbericht der Augenärztin D. vom 28.10.2009 besteht weiter keine diabetische Retinopathie. Zwar diagnostiziert Dr. O. im Befundbericht vom 13.05.2012 eine Polyneuropathie. Die Genese der Polyneuropathie ist jedoch ungeklärt. Jedenfalls seit dem Inkrafttreten der Zweiten Verordnung zur Änderung der VersMedV vom 14.07.2010 ist bei dieser Befundlage wegen der Diabetes mellitus-Erkrankung ein Gesamt-GdB relevanter Teil-GdB nicht mehr anzunehmen (VG Teil B Nr. 15.1), worauf Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 11.12.2012 zudem hinweist, und ist damit auch nicht geeignet, für den streitigen Zeitraum einen Gesamt-GdB von über 60 zu rechtfertigen.
Soweit sich der Kläger auf eine im Befundbericht des Dr. G. vom 02.11.2011 genannte beginnende hypertensive Herzerkrankung beruft, lässt sich diesem Befundbericht keine Verschlimmerung entnehmen, die für die Herz-Kreislauferkrankung des Klägers nunmehr einen Teil-GdB von über 30 rechtfertigt. Nach diesem Befundbericht gibt es keinen Hinweis für eine relevante Progression der Erkrankung. Es besteht eine gute linksventrikuläre Funktion. Eine (kongestive) Herzinsuffizienz oder eine hypertensive Krise bestehen nicht. Dem entspricht im Wesentlichen schon die von Dr. G. in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 21.05.2010 beschriebene Befundlage. Dass die Herzerkrankung des Klägers eine Leistungseinbuße bewirkt, die nach den rechtlichen Vorgaben der VG (Teil B 9.1.1) nunmehr einen Teil-GdB von über 30 rechtfertigt, lässt sich dem Befundbericht des Dr. G. vom 02.11.2011 nicht entnehmen. Vielmehr bewertet Dr. G. die Beschwerdesymptomatik des Klägers als muskulo-skelettal bedingt. Allerdings beschreibt Dr. G. in seinem Befundbericht vom 02.11.2011 einen Blutdruckwert von 140/100 mmHg. Eine Entgleisung der Blutdruckwerte, wie der Kläger unsubstantiiert behauptet, wird durch diesen Blutdruckbefund nicht belegt. Nach dem Befundschein von Dr. K. vom 14.05.2012 beträgt der Blutdruck des Klägers vielmehr zwischen 120/80 mmHg und 160/80 mmHg und liegt damit nach den VG Teil B 9.3 im leichten Hochdruckbereich der Bewertungsstufe GdB 0 - 10. Nach den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen ergibt sich kein Bluthochdruck mit Organbeteiligung (Bewertungsstufe GdB 20 - 40), weshalb es nach den rechtlichen Vorgaben der VG nicht gerechtfertigt ist, hinsichtlich der Herzerkrankung auch unter zusätzlicher Berücksichtigung des Bluthochdrucks von einem Teil-GdB von über 30 auszugehen.
Auch sonst sind im Berufungsverfahren (durch den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 27.04.2012) neue medizinische Unterlagen, die abweichend von der Entscheidung des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid einen Gesamt-GdB von über 60 rechtfertigen, nicht zu den Akten gelangt. Der Befundbericht des Dr. S. vom 17.02.2009 lag bereits seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 28.04.2010 zugrunde, die das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend gewürdigt hat. Zudem war dieser Befundbericht bereits Grundlage des bestandskräftigen Bescheids vom 05.05.2009. Der (erstmals) im Berufungsverfahren vorgelegten fachärztlichen Bescheinigung des Dr. P. vom 05.05.2011 lässt sich im Vergleich zu seinen schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen an das SG vom 10.05.2010 und 22.07.2010 keine Veränderung / Verschlimmerung entnehmen, die abweichend vom angefochtenen Gerichtsbescheid des SG insbesondere hinsichtlich der Wirbelsäule, der Schulter- und Kniegelenke des Klägers eine Erhöhung der vom SG zutreffend angenommenen Teil-GdB-Werte rechtfertigt. Ebenso ergibt die Bescheinigung des Orthopäden/Unfallchirurgen W. vom 27.03.2013 keinen Hinweis auf ein verschlimmertes Wirbelsäulenleiden. Die Motorik der HWS war frei. Eine radikuläre Symptomatik ist nicht nachweisbar. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich den von Dr. P. und vom Orthopäden W. genannten Diagnosen nicht schon hinreichend belegt ableiten, dass der Kläger als von Schmerzen geplagter Patient unter erheblichen Beschwerden in mehreren Wirbelsäulenabschnitten leidet. Maßgeblich für die Bewertung des GdB sind nicht Diagnosen, sondern die durch die diagnostizierten Gesundheitsstörungen hervorgerufenen Funktionseinbußen, die sich aus den von Dr. P. in der Bescheinigung vom 05.05.2011 beschriebenen Befunden ergeben, die sich mit seinen in den schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen an das SG beschriebenen Befunden und den dort mitgeteilten Diagnosen decken, und dem Senat keinen Anlass geben, von den zutreffenden Erwägungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zu Gunsten des Klägers abzuweichen. Soweit Dr. O. in ihrem Befundbericht vom 13.05.2012 beim Kläger eine Polyneuropathie der Beine diagnostiziert, lassen sich diesem Befundbericht keine zusätzlichen Funktionseinbußen entnehmen, die die Bewertung des Gesamt-GdB von über 60 rechtfertigt. Relevante (funktionelle) neurologische Ausfälle beschreibt Dr. O. im Befundbericht nicht. Nach der Ansicht von Dr. O. steht beim Kläger vielmehr eine Somatisierungsstörung sicher im Vordergrund. Dies gilt auch für den vom Kläger nachgereichten Befundbericht von Dr. O. vom 22.03.2013/22.02.2013 wegen eines diagnostizierten und behandelten Karpaltunnelsyndroms links.
Die Somatisierungsstörung hat das SG zutreffend auf der Grundlage der rechtlichen Vorgaben der VG Teil B 3.7 bewertet. Dem entspricht die ständige Rechtsprechung des Senats (z.B. Urteil vom 14.12.2012 - L 8 SB 3245/09 -). Hiervon ausgehend hat das SG weiter für die (chronifizierte) Somatisierungsstörung des Klägers zutreffend einen Teil-GdB von 30 angenommen. Der Senat sieht nach eigener Überprüfung keinen Anlass, davon zu Gunsten des Klägers abzuweichen. In dieser Bewertung (mit) enthalten sind vom Kläger geltend gemachte Schmerzen bzw. eine Belästigung durch Ohrgeräusche. Der letzte zu den Akten gelangte HNO-ärztliche Befund datiert aus dem Jahre 2006 (Bescheinigung von Dr. S. vom 13.03.2006 mit Audiogramm vom Oktober 2005). Ein Tinnitus wird auch von Dr. P. einmal erwähnt (Bericht vom 08.06.2006), danach werden Ohrgeräusche in keinem Arztbrief mehr angeführt. Eine Verschlimmerung der auf psychiatrischem Gebiet liegenden Gesundheitsstörung des Klägers lässt sich dem Befundschein des Dr. K. und seinem zuletzt vorgelegten Attest vom 28.03.2013 nicht entnehmen. Vielmehr bestätigt Dr. K. lediglich seit vielen Jahren bekannte rezidivierende depressive Episoden mit Antriebsstörungen, Rückzugsverhalten, Niedergeschlagenheit und Zukunftssorgen mit Somatisierung, die (nach seinen Angaben unter Betreuung durch Dr. O.) medikamentös therapiert wird. Diesen Befundangaben des Dr. K. lässt sich - entgegen der Ansicht des Klägers - nach den Vorgaben der VG Teil B 3.7 ein Teil-GdB von 40 nicht ableiten, zumal Dr. K. im Übrigen auch offen lässt, auf welcher Untersuchungsmethode seine Befundangaben und die genannten Diagnosen beruhen. Zudem beschreibt Dr. K. eine seit dem Bescheid vom 05.05.2009 eingetretene Verschlimmerung nicht und wird im Übrigen vom Kläger auch nicht substantiiert dargetan. Auch dem (neurologischen) Befundbericht von Dr. O. vom 13.05.2012 lässt sich kein neuer Gesichtspunkte entnehmen, der eine Teil-GdB-Bewertung von über 30 hinsichtlich der Somatisierungsstörung rechtfertigt. Ihr Befundbericht vom 13.05.2012 ist auf die Beschreibung von neurologischen Befunden bezogen.
Dafür, dass sich das Hörvermögen des Klägers im Vergleich zu den im Bescheid vom 05.05.2009 berücksichtigten Behinderungszustand des Klägers verschlechtert hat, wie der Kläger unsubstantiiert behauptet, findet sich nach den vom SG durchgeführten Ermittlungen und den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen kein Hinweis. Entsprechendes gilt wegen einer Belästigung durch Ohrgeräusche.
Dass der Kläger durch eine Fettstoffwechselstörung in der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht dargetan.
Auch der vom Kläger nachgereichten Bescheinigung des Orthopäden W. vom 27.03.2013 lassen sich hinsichtlich der Wirbelsäule, der Schultern, der Hände und Finger keine Funktionseinschränkungen entnehmen, die eine dem Kläger günstigere Bewertung des GdB rechtfertigen. Auch im Attest des Dr. K. vom 28.03.2013 wird eine Verschlimmerung nicht genannt.
Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Der Senat hält den entscheidungserheblichen Sachverhalt für aufgeklärt. Er sieht sich insbesondere im Hinblick auf den im Berufungsverfahren gestellten Neufeststellungsantrag des Klägers zu weiteren Ermittlungen nicht gedrängt. Die im Rahmen des Neufeststellungsantrags zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen geben keinen greifbaren Hinweis auf eine nunmehr eingetretene relevante wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers, die zu weiteren Ermittlungen Anlass gibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist zuletzt noch die Neufeststellung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der 1950 geborene Kläger stammt aus Mazedonien und ist im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Bei dem Kläger stellte das Landratsamt B. -Versorgungsamt in S.- (LRA) in Ausführung eines im Rechtsstreit beim Sozialgericht Stuttgart (SG) - S 13 SB 6745/05 - abgegebenen Anerkenntnisses mit Bescheid vom 03.01.2007 den GdB mit 50 neu fest. Nachfolgende Änderungsanträge des Klägers blieben nach Beiziehung von weiteren medizinischen Unterlagen, insbesondere einem Gutachten des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit S., Dr. B. vom 23.04.2007 und einem im Rentenrechtsstreit des Klägers beim SG - S 13 R 5527/06 - eingeholten Gutachten des Dr. C. vom 28.07.2008 zuletzt mit Bescheid vom 09.12.2008 ohne Erfolg.
Am 10.02.2009 stellte der Kläger beim LRA einen weiteren Antrag auf Neufeststellung eines höheren GdB. Das LRA zog weitere medizinische Befundunterlagen bei (Befundberichte Dr. K. vom 04.03.2009, Dr. P. vom 10.10.2006, Dr. G. vom 04.11.2008 und Dr. S. vom 17.02.2009) und holte hierzu die gutachtliche Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes, Dr. K., vom 18.04.2009 ein. Dr. K. schlug wegen einer koronaren Herzkrankheit, Bluthochdruck, Stentimplantation und abgelaufenen Herzinfarkts (Teil-GdB 30), einer seelischen Störung und funktionellen Organbeschwerden (Teil-GdB 30), einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden und chronischen Schmerzsyndroms (Teil-GdB 20), Diabetes mellitus und Adipositas permagna (Teil-GdB 20) sowie Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen (Teil-GdB 10) den Gesamt-GdB mit 60 vor. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 05.05.2009 stellte das LRA beim Kläger den GdB mit 60 seit dem 10.02.2009 neu fest.
Am 30.06.2009 stellte der Kläger beim LRA einen weiteren Änderungsantrag. Er machte das Vorliegen gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme der Merkzeichen "G", "Gl" sowie eine Verschlimmerung seiner im Antragsformular spezifiziert bezeichneten Gesundheitsstörungen geltend. Das LRA zog weitere medizinische Unterlagen bei (Berichte Dr. K. vom 10.07.2009, der MVZ Laborärzte L. vom 24.11.2008 und Dr. G. vom 08.06.2009). Nach Einholung der gutachtlichen Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes, Dr. W., vom 30.08.2009, der unter Übernahme der in der gutachtlichen Stellungnahme des Dr. K. vom 18.04.2009 vorgeschlagenen Teil-GdB-Werte den GdB weiterhin mit 60 vorschlug und das Vorliegen gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Merkzeichen verneinte, lehnte das LRA mit Bescheid vom 22.09.2009 den Antrag des Klägers vom 30.06.2009 ab. Die Voraussetzungen für eine Erhöhung des GdB sowie für die Feststellung der geltend gemachten Merkzeichen "G" und "Gl" lägen nicht vor.
Gegen den Bescheid vom 22.09.2009 legte der Kläger am 23.10.2009 Widerspruch ein. Er machte zur Begründung geltend, einige Funktionsbeeinträchtigungen wie das Bluthochdruckleiden mit Neigung zu Blutdruckkrisen, eine Angsterkrankung, eine rezidivierende Gastritis sowie Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule seien nicht zutreffend erfasst worden. Der Kläger berief sich auf die Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit S. vom 23.04.2007 und das Gutachten des Dr. C. vom 28.07.2008. Das LRA holte die gutachtliche Stellungnahme seines Ärztlichen Dienstes, Dr. H., vom 10.02.2010 ein, in der unter Übernahme der in den gutachtlichen Stellungnahmen von Dr. K. und Dr. W. vorgeschlagenen Teil-GdB-Werte der Gesamt-GdB weiterhin mit 60 vorgeschlagen und das Vorliegen gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Merkzeichen verneint wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2010 wies das Regierungspräsidium S. - Landesversorgungsamt - den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 22.09.2009 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, über den GdB sei letztmals mit Bescheid vom 05.05.2009, etwas mehr als einen Monat vor dem jetzt streitbefangenen Antrag, entschieden worden. Eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes könne nicht mit älteren Unterlagen bewiesen werden. Auf neuere Befunde stütze sich der Antrag nicht. In den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 05.05.2009 zu Grunde lägen, sei eine wesentliche Änderung nicht eingetreten. Für die Beantragung des Merkzeichens "Gl" (Gehörlos) gebe es bei einer Schwerhörigkeit mit einem Teil-GdB von 10 keinen Anhaltspunkt. Auch das Merkzeichen "G" sei nicht zu begründen.
Hiergegen erhob der Kläger am 25.03.2010 Klage beim SG, mit dem Ziel, den Beklagten zu verurteilen, bei ihm den GdB höher als 60 festzusetzen. Er trug im Verlauf des Klageverfahrens vor, hinsichtlich seines Bluthochdruckleidens und der koronaren Herzkrankheit sowie der seelischen Störung sei von Teil-GdB-Werten von jeweils 40 auszugehen. Hinsichtlich der Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule sei nicht berücksichtigt worden, dass er sowohl im Bereich der Halswirbelsäule als auch der Lendenwirbelsäule unter erheblichen Funktionsbeeinträchtigungen leide. Das Gutachten von Dr. C. vom 28.07.2008, das Anlass gegeben habe, ihn zu verrenten, interessiere den Beklagten nicht. Hinsichtlich der Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen sowie einer Fettstoffwechselstörung sei ein Teil-GdB von jeweils 20 anzusetzen. Probleme im Schulter-Arm-Bereich sowie Kniebeschwerden seien nicht bewertet worden, für die ebenfalls ein Teil-GdB von 20 anzusetzen sei. Er befinde sich in einem multimorbiden Gesundheitszustand, der den Gesamt-GdB von 60 weit überschreite. Bereits bei den vom Beklagten angenommenen Teil-GdB-Werten sei die Bildung des GdB von 60 fehlerhaft.
Das SG hörte den Neurologen Dr. S., den Orthopäden Dr. P. sowie den Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie Dr. G. schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. S. teilte in seiner Stellungnahme vom 28.04.2010 unter Vorlage von Befundberichten den Behandlungsverlauf, die erhobenen Befunde und Diagnosen (chronisches Schmerzsyndrom in Form von chronischen Cervikocephalgien, chronisches Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulen-Syndrom ohne Hinweis auf ein radikuläres oder spinales Defizit, Verdacht auf ein depressives Syndrom, KHK mit Zustand nach PTCA 2005, arterielle Hypertonie, Fettstoffwechselstörung und Diabetes mellitus II) mit. Wahrscheinlich sei die chronische Schmerzsymptomatik zumindest teilweise im Zusammenhang mit einer depressiven Entwicklung im Sinne einer Somatisierung zu werten. Dr. S. hielt die Bewertung des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten hinsichtlich der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschäden und einem chronischen Schmerzsyndrom mit einem GdB von 20 für vertretbar und sah sich hinsichtlich der übrigen fachfremden Teil-GdB-Ansätze zu einer Stellungnahme zur GdB-Bewertung nicht in der Lage. Dr. P. teilte in Stellungnahmen vom 10.05.2010 und 22.07.2010 den Behandlungsverlauf sowie die Befunde hinsichtlich der Wirbelsäule, der Schulter- und der Kniegelenke mit und nannte als Diagnosen eine chronische Cervico-Cephalgo-Brachialalgie, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, eine Periatropathia humeroscapularis beidseits, eine AC-Gelenksarthrose beidseits, eine retropatellare Chondropathie beidseits sowie eine Innenmeniskopathie beidseits. Hinsichtlich der Wirbelsäule schätzte Dr. P. den GdB auf 30, hinsichtlich der Schultergelenke und der Kniegelenke jeweils auf 10 sowie den Gesamt-GdB auf unverändert 60 ein. Dr. G. teilte in seiner Stellungnahme vom 21.05.2010 die Befunde und Diagnosen (Koronare 1-Gefäß-Erkrankung, Zustand nach PTCA/Stent bei akutem Infarkt) mit. Hinweise für eine Progression der KHK bei guter linksventrikulärer Funktion ergäben sich nicht.
Mit Schriftsatz vom 18.06.2010 kündigte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten den Antrag in der mündlichen Verhandlung an, ihm das Merkzeichen "G" zuzuerkennen.
Anschließend holte das SG die weitere schriftliche sachverständige Zeugenaussage (ohne Datum) des Dr. G. zum Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" ein, in der er eine relevante Einschränkung der Gehfähigkeit des Klägers verneinte.
Auf Hinweisschreiben des SG trugen die Beteiligten außerdem zum (zulässigen) Streitgegenstand des Klageverfahrens vor.
Mit Gerichtsbescheid vom 31.03.2012 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, die Klage sei unzulässig, soweit der Kläger die Feststellung des Merkzeichens "G" begehre. Der Zulässigkeit der Klage stehe insoweit die Bestandskraft des Bescheides vom 22.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2010 entgegen, da der Kläger hiergegen nicht fristgerecht Klage erhoben habe. Die im Übrigen zulässige Klage sei nicht begründet. Die dem bestandskräftigen Neufeststellungsbescheid vom 05.05.2009 zu Grunde liegenden gesundheitlichen Verhältnisse des Klägers hätten sich nicht so wesentlich geändert, dass ein höherer GdB als 60 gegeben sei. Für die Funktionssysteme Herz-Kreislauf und Psyche betrage der Einzel-GdB jeweils 30, für die Wirbelsäulenschäden 20 und für den Diabetes mellitus und die Adipositas 20. Hinsichtlich der Kniegelenke und der Schulter sei kein GdB in Ansatz zu bringen. Im Funktionssystem Ohren sei eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes nicht nachgewiesen. Zu Recht habe der Beklagte keinen höheren Gesamt-GdB als 60 gebildet.
Gegen den am 12.04.2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 20.04.2012 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, er sei multimorbid. Er leide seit langem unter sich verschlimmernden Nacken- und Kreuzschmerzen, die in das linke Bein und den linken Arm ausstrahlten. Auch die von Dr. P. genannte Vielzahl von Diagnosen sprächen dafür, dass er von Schmerzen geplagt sei. Durch Dr. P. sei bekannt, dass er unter Gelenkschmerzen im gesamten Bereich des Körpers leide. Hierfür sei ein Teil-GdB von 20 bis 30 anzusetzen. Dr. G. berichte von einer beginnenden hypertensiven Herzerkrankung. Dr. O. habe eine Polyneuropathie unklarer Ursache festgestellt.
Der Kläger beantragt zuletzt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 31.03.2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 22.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.10.2010 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 70 seit dem 30.06.2009 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 11.12.2012, der ab Juli 2010 den Gesamt-GdB mit 50 vorschlug, vorgetragen, hinsichtlich des Achsenskeletts könne ein Teil-GdB von 30 nicht bestätigt werden. Hinsichtlich des Diabetes erfolge eine Therapie mit einem Medikament, das keine Unterzuckerungen auslösen könne und daher keinen GdB bedinge. Da keine fortschreitende koronare Herzerkrankung festzustellen und nervenärztlich weder eine Höherbewertung des GdB noch eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ableitbar seien, sei die Berufung nicht begründet.
Im Verlauf des Berufungsverfahrens stellte der Kläger beim LRA am 27.04.2012 einen weiteren Änderungsantrag auf Erhöhung des GdB. Der Kläger legte die fachärztliche Bescheinigung des Dr. P. vom 05.05.2011 mit Befundbeschreibung und Diagnosen vor. Das LRA holte den Befundschein des Dr. K. vom 14.05.2012 zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers ein, der außerdem Befundberichte des Dr. S. vom 17.02.2009, der Augenärztin D. vom 28.10.2009, des Dr. G. vom 02.11.2011 sowie ein Laborblatt vom 14.05.2012 vorlegte. Weiter hat der Beklagte den Befundbericht von Dr. O. vom 13.05.2012 (Diagnosen: Lumboischialgie links, Zervikobrachialgie links, anhaltende somatoforme Schmerzstörung, sensibles L5/S1 Syndrom links, Polyneuropathie der Beine) dem Senat nachgereicht. Zuletzt hat der Kläger dem Senat - ohne nähere Begründung - vorgelegt (Schriftsatz vom 15.04.2013): die ärztlichen Atteste von Dr. K. vom 28.03.2013 und 28.12.2005, den Arztbrief der Praxis Dr. D./Dr. O. vom 13.05.2012, die Bescheinigung des Orthopäden/Unfallchirurgen W. vom 27.03.2013. Auf Nachfrage des Berichterstatters hat der Kläger angeregt, den Änderungsantrag zurückzustellen und den Ausgang des Berufungsverfahrens abzuwarten (Schriftsatz vom 02.10.2012).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie zwei Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Das im Berufungsverfahren nur noch weiterverfolgte Begehren des Klägers auf Neufeststellung des GdB mit mindestens 70 ist zulässiger Streitgegenstand, wovon auch das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ausgeht. Es bestehen keine formell-rechtlichen Bedenken wegen eines fehlenden Antrags des Klägers auf Neufeststellung eines höheren GdB. Zwar hat der Kläger im Neufeststellungsantrag vom 30.06.2009 im Antragsformular des LRA die Erhöhung des GdB nicht ausdrücklich als beantragt angekreuzt (anders als die Feststellung der Merkzeichen "G" und "Gl"). Der Kläger hat aber im Antrag unter II. Angaben zur Verschlimmerung bzw. neu aufgetretenen Gesundheitsstörungen gemacht. Diese Angaben sind dahin zu werten, dass neben der Zuerkennung von Merkzeichen auch eine Neufeststellung des GdB beantragt ist. Hiervon ist auch der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 22.09.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2010 ausgegangen.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30).
Nach diesen Kriterien steht dem Kläger nach wie vor kein GdB von mehr als 60 zu.
Der Beklagte hat im Widerspruchsbescheid vom 25.02.2010 zutreffend begründet, dass mit bestandskräftigem Bescheid vom 05.05.2009, etwas mehr als einen Monat vor dem vorliegend streitgegenständlichen Neufeststellungsantrag des Klägers, der GdB bestandskräftig auf 60 festgesetzt worden ist und dass in den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 05.05.2009 zu Grunde lagen, eine wesentliche Änderung nicht eingetreten ist. Eine solche wesentliche Änderung ist auch im Verlauf des Klageverfahrens nicht eingetreten, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ausführlich und zutreffend begründet hat, worauf der Senat nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner eigenen Entscheidung ebenfalls Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsverfahren bleibt auszuführen:
Die Diabetes mellitus-Erkrankung des Klägers ist mit einem Teil-GdB von 20 nicht unterbewertet. Die Zuckererkrankung des Klägers wird nach den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen (z.B. Befundschein von Dr. K. an das LRA vom 14.05.2012) mit Metformin behandelt. Dieses Medikament kann nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 11.12.2012 nicht zu einer Unterzuckerung führen, was dem Senat zudem aus vielen anderen Rechtsstreitigkeiten wegen der Feststellung des GdB bekannt ist. Schwer regulierbare Stoffwechsellagen sind nicht ersichtlich. Für die nicht näher substantiierte Behauptung des Klägers, sein Stoffwechsel sei als entgleist anzusehen, gibt es in den vorliegenden medizinischen Unterlagen keinen Hinweis. Auch Dr. K. hat in seinem Befundschein vom 14.05.2012 über eine entgleiste Stoffwechsellage nicht berichtet. Nach dem Befundbericht der Augenärztin D. vom 28.10.2009 besteht weiter keine diabetische Retinopathie. Zwar diagnostiziert Dr. O. im Befundbericht vom 13.05.2012 eine Polyneuropathie. Die Genese der Polyneuropathie ist jedoch ungeklärt. Jedenfalls seit dem Inkrafttreten der Zweiten Verordnung zur Änderung der VersMedV vom 14.07.2010 ist bei dieser Befundlage wegen der Diabetes mellitus-Erkrankung ein Gesamt-GdB relevanter Teil-GdB nicht mehr anzunehmen (VG Teil B Nr. 15.1), worauf Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 11.12.2012 zudem hinweist, und ist damit auch nicht geeignet, für den streitigen Zeitraum einen Gesamt-GdB von über 60 zu rechtfertigen.
Soweit sich der Kläger auf eine im Befundbericht des Dr. G. vom 02.11.2011 genannte beginnende hypertensive Herzerkrankung beruft, lässt sich diesem Befundbericht keine Verschlimmerung entnehmen, die für die Herz-Kreislauferkrankung des Klägers nunmehr einen Teil-GdB von über 30 rechtfertigt. Nach diesem Befundbericht gibt es keinen Hinweis für eine relevante Progression der Erkrankung. Es besteht eine gute linksventrikuläre Funktion. Eine (kongestive) Herzinsuffizienz oder eine hypertensive Krise bestehen nicht. Dem entspricht im Wesentlichen schon die von Dr. G. in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 21.05.2010 beschriebene Befundlage. Dass die Herzerkrankung des Klägers eine Leistungseinbuße bewirkt, die nach den rechtlichen Vorgaben der VG (Teil B 9.1.1) nunmehr einen Teil-GdB von über 30 rechtfertigt, lässt sich dem Befundbericht des Dr. G. vom 02.11.2011 nicht entnehmen. Vielmehr bewertet Dr. G. die Beschwerdesymptomatik des Klägers als muskulo-skelettal bedingt. Allerdings beschreibt Dr. G. in seinem Befundbericht vom 02.11.2011 einen Blutdruckwert von 140/100 mmHg. Eine Entgleisung der Blutdruckwerte, wie der Kläger unsubstantiiert behauptet, wird durch diesen Blutdruckbefund nicht belegt. Nach dem Befundschein von Dr. K. vom 14.05.2012 beträgt der Blutdruck des Klägers vielmehr zwischen 120/80 mmHg und 160/80 mmHg und liegt damit nach den VG Teil B 9.3 im leichten Hochdruckbereich der Bewertungsstufe GdB 0 - 10. Nach den vorliegenden medizinischen Befundunterlagen ergibt sich kein Bluthochdruck mit Organbeteiligung (Bewertungsstufe GdB 20 - 40), weshalb es nach den rechtlichen Vorgaben der VG nicht gerechtfertigt ist, hinsichtlich der Herzerkrankung auch unter zusätzlicher Berücksichtigung des Bluthochdrucks von einem Teil-GdB von über 30 auszugehen.
Auch sonst sind im Berufungsverfahren (durch den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 27.04.2012) neue medizinische Unterlagen, die abweichend von der Entscheidung des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid einen Gesamt-GdB von über 60 rechtfertigen, nicht zu den Akten gelangt. Der Befundbericht des Dr. S. vom 17.02.2009 lag bereits seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 28.04.2010 zugrunde, die das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend gewürdigt hat. Zudem war dieser Befundbericht bereits Grundlage des bestandskräftigen Bescheids vom 05.05.2009. Der (erstmals) im Berufungsverfahren vorgelegten fachärztlichen Bescheinigung des Dr. P. vom 05.05.2011 lässt sich im Vergleich zu seinen schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen an das SG vom 10.05.2010 und 22.07.2010 keine Veränderung / Verschlimmerung entnehmen, die abweichend vom angefochtenen Gerichtsbescheid des SG insbesondere hinsichtlich der Wirbelsäule, der Schulter- und Kniegelenke des Klägers eine Erhöhung der vom SG zutreffend angenommenen Teil-GdB-Werte rechtfertigt. Ebenso ergibt die Bescheinigung des Orthopäden/Unfallchirurgen W. vom 27.03.2013 keinen Hinweis auf ein verschlimmertes Wirbelsäulenleiden. Die Motorik der HWS war frei. Eine radikuläre Symptomatik ist nicht nachweisbar. Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich den von Dr. P. und vom Orthopäden W. genannten Diagnosen nicht schon hinreichend belegt ableiten, dass der Kläger als von Schmerzen geplagter Patient unter erheblichen Beschwerden in mehreren Wirbelsäulenabschnitten leidet. Maßgeblich für die Bewertung des GdB sind nicht Diagnosen, sondern die durch die diagnostizierten Gesundheitsstörungen hervorgerufenen Funktionseinbußen, die sich aus den von Dr. P. in der Bescheinigung vom 05.05.2011 beschriebenen Befunden ergeben, die sich mit seinen in den schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen an das SG beschriebenen Befunden und den dort mitgeteilten Diagnosen decken, und dem Senat keinen Anlass geben, von den zutreffenden Erwägungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zu Gunsten des Klägers abzuweichen. Soweit Dr. O. in ihrem Befundbericht vom 13.05.2012 beim Kläger eine Polyneuropathie der Beine diagnostiziert, lassen sich diesem Befundbericht keine zusätzlichen Funktionseinbußen entnehmen, die die Bewertung des Gesamt-GdB von über 60 rechtfertigt. Relevante (funktionelle) neurologische Ausfälle beschreibt Dr. O. im Befundbericht nicht. Nach der Ansicht von Dr. O. steht beim Kläger vielmehr eine Somatisierungsstörung sicher im Vordergrund. Dies gilt auch für den vom Kläger nachgereichten Befundbericht von Dr. O. vom 22.03.2013/22.02.2013 wegen eines diagnostizierten und behandelten Karpaltunnelsyndroms links.
Die Somatisierungsstörung hat das SG zutreffend auf der Grundlage der rechtlichen Vorgaben der VG Teil B 3.7 bewertet. Dem entspricht die ständige Rechtsprechung des Senats (z.B. Urteil vom 14.12.2012 - L 8 SB 3245/09 -). Hiervon ausgehend hat das SG weiter für die (chronifizierte) Somatisierungsstörung des Klägers zutreffend einen Teil-GdB von 30 angenommen. Der Senat sieht nach eigener Überprüfung keinen Anlass, davon zu Gunsten des Klägers abzuweichen. In dieser Bewertung (mit) enthalten sind vom Kläger geltend gemachte Schmerzen bzw. eine Belästigung durch Ohrgeräusche. Der letzte zu den Akten gelangte HNO-ärztliche Befund datiert aus dem Jahre 2006 (Bescheinigung von Dr. S. vom 13.03.2006 mit Audiogramm vom Oktober 2005). Ein Tinnitus wird auch von Dr. P. einmal erwähnt (Bericht vom 08.06.2006), danach werden Ohrgeräusche in keinem Arztbrief mehr angeführt. Eine Verschlimmerung der auf psychiatrischem Gebiet liegenden Gesundheitsstörung des Klägers lässt sich dem Befundschein des Dr. K. und seinem zuletzt vorgelegten Attest vom 28.03.2013 nicht entnehmen. Vielmehr bestätigt Dr. K. lediglich seit vielen Jahren bekannte rezidivierende depressive Episoden mit Antriebsstörungen, Rückzugsverhalten, Niedergeschlagenheit und Zukunftssorgen mit Somatisierung, die (nach seinen Angaben unter Betreuung durch Dr. O.) medikamentös therapiert wird. Diesen Befundangaben des Dr. K. lässt sich - entgegen der Ansicht des Klägers - nach den Vorgaben der VG Teil B 3.7 ein Teil-GdB von 40 nicht ableiten, zumal Dr. K. im Übrigen auch offen lässt, auf welcher Untersuchungsmethode seine Befundangaben und die genannten Diagnosen beruhen. Zudem beschreibt Dr. K. eine seit dem Bescheid vom 05.05.2009 eingetretene Verschlimmerung nicht und wird im Übrigen vom Kläger auch nicht substantiiert dargetan. Auch dem (neurologischen) Befundbericht von Dr. O. vom 13.05.2012 lässt sich kein neuer Gesichtspunkte entnehmen, der eine Teil-GdB-Bewertung von über 30 hinsichtlich der Somatisierungsstörung rechtfertigt. Ihr Befundbericht vom 13.05.2012 ist auf die Beschreibung von neurologischen Befunden bezogen.
Dafür, dass sich das Hörvermögen des Klägers im Vergleich zu den im Bescheid vom 05.05.2009 berücksichtigten Behinderungszustand des Klägers verschlechtert hat, wie der Kläger unsubstantiiert behauptet, findet sich nach den vom SG durchgeführten Ermittlungen und den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen kein Hinweis. Entsprechendes gilt wegen einer Belästigung durch Ohrgeräusche.
Dass der Kläger durch eine Fettstoffwechselstörung in der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht dargetan.
Auch der vom Kläger nachgereichten Bescheinigung des Orthopäden W. vom 27.03.2013 lassen sich hinsichtlich der Wirbelsäule, der Schultern, der Hände und Finger keine Funktionseinschränkungen entnehmen, die eine dem Kläger günstigere Bewertung des GdB rechtfertigen. Auch im Attest des Dr. K. vom 28.03.2013 wird eine Verschlimmerung nicht genannt.
Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Der Senat hält den entscheidungserheblichen Sachverhalt für aufgeklärt. Er sieht sich insbesondere im Hinblick auf den im Berufungsverfahren gestellten Neufeststellungsantrag des Klägers zu weiteren Ermittlungen nicht gedrängt. Die im Rahmen des Neufeststellungsantrags zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen geben keinen greifbaren Hinweis auf eine nunmehr eingetretene relevante wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers, die zu weiteren Ermittlungen Anlass gibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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