Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 6505/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3138/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 4.7.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1959 geborene Kläger war (seit 1995) bei der Beklagten freiwillig krankenversichert; seit 1.4.2007 besteht Versicherungspflicht zur Auffangversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). In einem im Jahr 2000 beim Sozialgericht Stuttgart geführten Klageverfahren (Verfahren S 12 KR 6281/00) begehrte der Kläger die Aushändigung einer Krankenversichertenkarte, Beitragsfreistellung bis zu deren Übergabe sowie eine Beitragsaufstellung. Der Rechtsstreit wurde durch einen in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 22.11.2001 abgeschlossenen Vergleich beendet. Die Beklagte verpflichtete sich, dem Kläger außergerichtliche Kosten i. H. v. 500 DM zu erstatten; der Kläger nahm die Klage zurück.
Mit Schreiben vom 5.12.2001 teilte die Beklagte dem Kläger Beitragsrückstände zur Kranken- und Pflegeversicherung von 582,04 DM (September bis November 2001) mit und bot dem Kläger Ratenzahlung an; dadurch könnten Säumniszuschläge vermieden werden. Ein Hinweis auf die Beendigung der Mitgliedschaft wegen Beitragssäumnis war Schreiben nicht beigefügt.
Mit Schreiben vom 13.1.2002 machte der Kläger u.a. Ansprüche seiner Mutter gegen die Beklagte geltend und forderte die Beklagte auf, die im Vergleich vom 22.11.2001 vereinbarte Zahlung zu leisten.
Mit Bescheid vom 2.4.2002 stellte die Beklagte fest, dass die Mitgliedschaft des Klägers (in der Kranken- und Pflegeversicherung) zum 15.3.2002 geendet hat. Zur Begründung verwies sie auf die Beitragsrückstände des Klägers (1.1.2002 bis 15.3.2002 273,72 EUR).
Mit Schreiben vom 9.4.2002 sandte die Beklagte dem Zahnarzt des Klägers einen eingereichten Heil- und Kostenplan zurück; die Mitgliedschaft des Klägers sei beendet.
Der Kläger erhob gegen den Bescheid vom 2.4.2002 Widerspruch. Er trug (u.a.) vor, man habe ihm keine Zahlungsfrist gesetzt und über die Rechtsfolgen des Beitragsrückstands nicht belehrt. Außerdem müsse die im Vergleich vom 20.11.2001 vereinbarte Zahlung dem Beitragskonto rückwirkend gutgeschrieben werden. Der Kläger gab die Krankenversicherungskarte zurück; ab 15.3.2002 werde er keine Beiträge mehr zahlen.
Unter dem 12.6.2002 führte der Kläger aus, die Beklagte habe sein Versicherungsverhältnis und das Versicherungsverhältnis seiner Mutter seit 1995 mehrfach rechtswidrig aufgelöst und die Zusendung der Krankenversichertenkarte verweigert. Außerdem habe sie den angeforderten Kontoauszug nicht übersandt und die Fortsetzung der Mitgliedschaft von der Zahlung nicht gerechtfertigter Beiträge abhängig gemacht.
Am 29.12.2004 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (Verfahren S 12 KR 8594/04) wegen der Beendigung der Versicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung (Bescheid vom 2.4.2002). Mit Bescheid vom 23.6.2005 hob die Beklagte den Bescheid vom 2.4.2002 auf; die Mitgliedschaft des Klägers bleibe daher durchgehend bestehen. Die Beklagte bezifferte den Beitragsrückstand des Klägers auf 4.421,05 EUR (Zeitraum 15.3.2002 bis 31.5.2005). Der Kläger verweigerte die Zahlung der rückständigen Beiträge und machte Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wegen gesundheitlicher Schäden geltend. Die Beklagte hat von der Beitreibung der Beitragsrückstände (zunächst vorläufig, sodann endgültig) abgesehen. Unter dem 21.9.2006 erklärte sich der Kläger zur Zahlung der laufenden Beiträge bereit.
Am 29.12.2005 erhob der Kläger (erneut) Klage beim Sozialgericht Stuttgart (Verfahren S 12 KR 5/06); er machte Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend. Mit Beschluss vom 10.4.2006 verwies das Sozialgericht den Rechtsstreit an das Landgericht Stuttgart. Die dagegen eingelegte Beschwerde wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Beschluss vom 12.6.2006 (- L 4 KR 2508/06 B -) zurück.
Mit Urteil vom 16.10.2007 (- S 12 KR 8594/04 -) stellte das Sozialgericht Stuttgart fest, dass die Kündigung der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten mit Bescheid vom 2.4.2002 rechtswidrig war und die Beklagte über den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers nicht innerhalb der Frist des §§ 88 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, mangels entsprechender Hinweise auf die Folgen von Beitragsrückständen (Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft) sei der Bescheid der Beklagten vom 2.4.2002 rechtswidrig. An dieser Feststellung habe der Kläger wegen der beim Landgericht Stuttgart anhängigen Amtshaftungsklage ein berechtigtes Interesse. Dem Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 2.4.2002 sei erst mit Bescheid vom 23.6.2005 abgeholfen worden.
Mit Bescheid vom 5.11.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er sei seit 1.4.2007 bei ihr gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) pflichtversichert (Auffangversicherung). Die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge betrügen 109,43 EUR bzw. 15,93 EUR monatlich. Der Beitragsrückstand für die Zeit vom 1.1.2007 bis 30.9.2007 betrage 752,16 EUR.
Am 23.11.2007 legte der Kläger Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 16.10.2007 (- S 12 KR 8594/04 -) ein (Verfahren L 5 KR 5770/07). Zur Begründung trug er vor, er habe kein Interesse an der rückwirkenden Wiederherstellung seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten, da er auch Leistungen nicht rückwirkend in Anspruch nehmen könne. Durch die Beendigung der freiwilligen Versicherung habe man ihm die Möglichkeit genommen, bei einer anderen Krankenkasse freiwilliges Mitglied zu werden. Außerdem gehe es ihm um Schadenersatz. Die Beklagte trug vor, sie habe dem Kläger mehrfach die Mitgliedschaft zugesagt, bzw. entsprechende Bescheide erlassen. Der Kläger habe jedoch die Krankenversichertenkarte nicht angenommen, da er offensichtlich keine Beiträge zahlen wolle. Zum 1.4.2007 sei Versicherungspflicht zur Auffangversicherung eingetreten. Beiträge habe der Kläger bislang nicht gezahlt.
Mit Bescheid vom 6.5.2008 setzte die Beklagte die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des Klägers ab 1.4.2008 auf insgesamt 563,40 EUR fest. Da der Kläger die Einkommensabfragen nicht zurückgesandt habe, habe man die Beiträge aus der Beitragsbemessungsgrenze ermittelt. Unter dem 2.9.2008 erklärte die Beklagte den Verzicht auf die im Bescheid vom 23.6.2005 angeforderten Beitragsrückstände (4.421,05 EUR) für die Zeit vom 16.3.2003 bis 30.6.2005. Ab 1.7.2005 müsse der Kläger allerdings wieder Beiträge entrichten.
Das LSG Baden-Württemberg wies die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 16.10.2007 - S 12 KR 8594/04 - mit Beschluss vom 12.11.2008 - L 5 KR 5770/07 - zurück. Der Beschluss ist rechtskräftig.
Am 29.9.2008 erhob der Kläger (wiederum) Klage beim Sozialgericht Stuttgart (Verfahren S 8 KR 6505/08). Er trug vor, die Beklagte habe seine Mitgliedschaft während der Zeit vom 15.3.2002 bis 30.6.2005 rechtswidrig aufgelöst, weshalb sie von ihm keine Beiträge fordern könne. Dies werde durch den entsprechenden Verzicht der Beklagten bestätigt. Außerdem habe er Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 95,60 EUR, da das Kündigungssaldo zum 15.3.2002 273,72 EUR betragen habe, die Beklagte 255,65 EUR aus dem Vergleich vom 20.11.2001 verrechnet und er sodann am 12.4.2002 113,67 EUR an die Beklagte überwiesen habe. Mit Schreiben vom 9.4.2002 habe die Beklagte die Übernahme der Kosten einer begonnenen zahnmedizinischen Behandlung rechtswidrig verweigert, da die Frist für die Einlegung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 2.4.2002 seinerzeit noch nicht abgelaufen gewesen sei. Er dürfe die Mitgliedschaft bei der Beklagten aufkündigen. Diese habe fünfeinhalb Jahre lang seinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 2.4.2002 nicht bearbeitet, erbetene Auskünfte versagt und sich zur Übernahme von Behandlungskosten und Zusendung einer gültigen Krankenversichertenkarte nicht bereit erklärt. Er werde gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche geltend machen. Außerdem habe die Beklagte Straftatbestände verwirklicht.
Der Kläger machte sein Klagebegehren im Wege der Feststellungsklage mit 13 Klageanträgen geltend; festgestellt werden sollte, dass
1. die Inrechnungstellung von 4.421,05 EUR zum 23.6.2005 rechtswidrig, er nicht zur Zahlung verpflichtet und berechtigt sei, den Bescheid der Beklagten durch Schriftsatz vom 5.7.2005 in Gänze zurückzuweisen,
2. nach der unter Nr. 1 getroffenen Feststellung der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2005 nicht rechtswirksam geworden sei, die Kündigung ab dem 15.3.2002 über den 23.6.2005 hinaus rechtlich fortgewirkt habe und die Beklagte es unterlassen müsse, ihm für die Zeit ab 15.3.2002 über den 23.6.2005 hinaus die Mitgliedschaft bei ihr zu unterstellen,
3. die bis heute über Jahre währende vollständige Auskunftsverweigerung der Beklagten bezüglich seiner Schriftsätze vom 13.1.2002 und 12.6.2002 sowie eines seit 12.4.2002 zu seinen Gunsten bestehenden Guthabens von 95,60 EUR rechtswidrig sei und die Beklagte ihm hierüber Auskunft erteilen müssen,
4. die Verweigerung der Kostenübernahme für eine begonnene zahnmedizinische Behandlung durch Schreiben der Beklagten vom 9.4.2002 rechtswidrig gewesen sei,
5. er nach den unter Nr. 3 und 4 getroffenen Feststellungen der Beklagten gegenüber zum Vorhalt der Vorsätzlichkeit ihres rechtswidrigen Verwaltungshandelns hinsichtlich der Aufkündigung seiner Mitgliedschaft berechtigt sei,
6. die ihn schädigenden Einwirkungen der Kündigung ab 15.3.2002 aufgrund des Entzugs sämtlicher Ansprüche auf Leistungen von der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Kündigung fünfeinhalb Jahre später zum 16.10.2007 vollständig unberührt blieben,
7. nach insgesamt vierjähriger Verfahrensdauer seit erstmaliger Klageerhebung das Gericht ihn erst zum 10.9.2008 darauf hingewiesen habe, dass möglicherweise die begehrte Wiedereinsetzung in die Rechte zum Zeitpunkt des ursprünglichen Kassenausschlusses ohne gleichzeitige Fortsetzung der Mitgliedschaft nicht gehen dürfte,
8. er berechtigt gewesen sei, mit Schriftsatz vom 21.9.2006 auf das von der Beklagten ihm zum 5.9.2006 übersandte gewandelte Angebot ihres Vorschlags 1 1/4 Jahre zuvor zum 23.6.2005 von dieser eine sachlich und rechtlich eindeutige und vollständige Abgrenzung des von ihr seit dem 15.3.2002 rechtswidrig gekündigten Zeitraums von daran anschließenden Versicherungszeiten, für die er Beiträge ausschließlich hinsichtlich künftig eintretender Versicherungsfälle zu leisten gewillt sei, zu fordern,
9. die Beklagte die von ihm nach Nr. 8 geforderte Abgrenzung verweigert und die Kündigung insofern ab dem 15.3.2002 über den 5.9.2006 hinaus rechtlich fortgewirkt habe,
10. die Beklagte ihn mit Schriftsatz vom 5.11.2007 nicht zum 1.4.2007 rückwirkend bei ihr habe versichern können, da seine berechtigte Forderung gemäß der Feststellung unter Nr. 8 in Verbindung mit der diesbezüglichen Verweigerung der Beklagten gemäß der Feststellung unter Nr. 9 von der zum 1.4.2007 gesetzlich neu eingeführten Versicherungspflicht vollständig unberührt bleibe,
11. die Beklagte es zu unterlassen habe, den Begriff "Verzicht" in Zusammenhang mit ihr rechtlich nicht zustehenden Beiträgen zu verwenden oder bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie ihre diesbezüglichen Ansprüche rechtskräftig belegen könne, zu behaupten, er zahle an sie keine Beiträge oder nehme Überweisungen ohne Zuordnungsmöglichkeit/Angabe eines Verwendungszwecks (Versicherungsnummer o. Ä.) an sie vor,
12. die Beklagte es zu unterlassen habe, ihr nicht rechtskräftig zugesprochenen Beträge (Beiträge) ab dem 15.3.2002 bei ihm zu vollstrecken und bereits zugestellte Vollstreckungsbescheide für rechtswidrige Beitragsforderungen ab dem 1.4.2007 zurückzunehmen habe und
13. der Bescheid der Beklagten vom 6.5.2008 rechtswidrig sei und die Beklagte ihn zurücknehmen müsse.
Die Beklagte trug vor, die Klage sei unzulässig, da ihr Streitgegenstand bereits Gegenstand des Berufungsverfahrens vor dem LSG Baden-Württemberg L 5 KR 5770/07 sei. Sie verlange Beiträge ab 1.4.2007, nicht jedoch für vorangegangene Zeiträume.
Mit Urteil vom 4.7.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die vom Kläger erhobene Feststellungsklage sei (mit allen 13 Klageanträgen) mangels Feststellungsinteresses unzulässig, da der Kläger sein Begehren vor Klageerhebung nicht bei der Beklagten im Verwaltungswege geltend gemacht habe (vgl. Meyer/Ladewig, SGG § 55 Rdnr. 3b; BSG, Urt. v, 9.10.1984, - 12 RK 18/83 -). Die Anträge Nr. 1,2,8 und 9 seien außerdem deshalb unzulässig, weil ihnen der rechtskräftige Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 12.11.2008 (- L 5 KR 5770/07 -) entgegenstehe; das LSG habe in diesem Beschluss entschieden, dass aufgrund des Verzichts der Beklagten auf die rückwirkende Geltendmachung der Beiträge für die Zeit vom 16.3.2002 bis 30.6.2005 ein weitergehendes Feststellungsinteresse des Klägers nicht bestehe. Der unter Nr. 3 gestellte Antrag (Auskunftsanspruch) sei nicht hinreichend bestimmt genug. Mit dem Hinweis auf Schreiben des Klägers vom 13.1.2002 und 12.6.2002 sei unklar, ob er eigene Ansprüche oder auch Ansprüche seiner Mutter geltend machen wolle; für die Geltendmachung von Ansprüchen seiner Mutter wäre der Kläger nicht klagebefugt.
Das Sozialgericht wies den Kläger in seinem Urteil ergänzend darauf hin, der Bescheid der Beklagten vom 2.4.2002 sei rechtswidrig gewesen, weshalb die Mitgliedschaft des Klägers auch vom 15.3.2002 bis 22.6.2005 bestanden habe. Er hätte deswegen Beiträge zahlen müssen. Die Beklagte habe seinem Begehren allerdings entsprochen und auf die Beitragserhebung für die Zeit vom 15.3.2002 bis 23.6.2005 verzichtet. Entsprechendes gelte für die Zeit bis 31.3.2007. Ab 1.4.2007 sei der Kläger pflichtversichertes Mitglied der Beklagten gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Durch das Entgegenkommen der Beklagten habe der Kläger daher vom 15.3.2002 bis 31.3.2007, also für über fünf Jahre, keine Beiträge gezahlt, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre. Dass die Rechtswidrigkeit der Kündigung vom 2.4.2002 erst im Nachhinein festgestellt worden sei, sei unerheblich. Etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers wegen der Nichtinanspruchnahme von Sach- oder Dienstleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung seien Gegenstand des beim Zivilgericht anhängigen Amtshaftungsprozesses. Soweit ersichtlich, habe der Kläger behauptete Schäden aber bislang nicht im Ansatz konkretisiert.
Auf das ihm am 13.7.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.7.2011 Berufung eingelegt. Er trägt im Wesentlichen vor, beantragt werde eine sozialgerichtliche Berichtigung seiner Einlassung zu Beitragszahlungen an die Beklagte in seinem Schriftsatz vom 21.1.2006 (Verfahren S 12 KR 8594/04); das Sozialgericht habe den Inhalt seines Schriftsatzes nicht zutreffend wiedergegeben. Im Übrigen nehme er die (im sozialgerichtlichen Verfahren gestellten) Klageanträge Nr. 1 und 2 zurück. An den Klageanträgen Nr. 3 bis 13 halte er allerdings fest. Insoweit habe er auch ein Feststellungsinteresse. Die Beklagte habe seine Mitgliedschaft mit Bescheid vom 2.4.2002 rechtswidrig beendet. Deswegen habe er bei einer anderen Krankenkasse eine freiwillige Versicherung nicht begründen können und sei vom 15.3.2002 bis 1.4.2007 nicht versichert gewesen. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 9.4.2002 die Übernahme der Kosten einer Zahnbehandlung zu Unrecht verweigert. Das sei bislang nicht gerichtlich festgestellt worden. Spätere Aufforderungen, ihm ärztliche Behandlungen zu ermöglichen, habe die Beklagte ignoriert. Auch die Rechtswidrigkeit dieses bis in die jüngste Vergangenheit fortgesetzten Verhaltens sei bislang nicht gerichtlich festgestellt worden. An der mit dem Klageantrag Nr. 4 begehrten Feststellung habe er im Hinblick auf künftige Prozesse gegen die Beklagte ein Feststellungsinteresse. Außerdem habe der zuständige Kammervorsitzende des Sozialgerichts Rechtsbeugung zur Begünstigung der Beklagten begangen; auch daraus ergebe sich ein Feststellungsinteresse. Das gelte angesichts des Verfahrensablaufs auch für den Klageantrag Nr. 10. In künftigen Prozessen sei zu klären, welche seiner Schreiben die Beklagte negiert, zeitlich unterdrückt oder endgültig unterschlagen habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 4.7.2011 aufzuheben und festzustellen, dass 1. die bis heute über Jahre währende vollständige Auskunftsverweigerung der Beklagten bezüglich seiner Schriftsätze vom 13.1.2002 und 12.6.2002 sowie eines seit 12.4.2002 zu seinen Gunsten bestehenden Guthabens von 95,60 EUR rechtswidrig sei und die Beklagte ihm hierüber Auskunft erteilen müsse,
2. die Verweigerung der Kostenübernahme für eine begonnene zahnmedizinische Behandlung durch Schreiben der Beklagten vom 9.4.2002 rechtswidrig gewesen sei,
3. er nach den unter Nr. 1 und 2 getroffenen Feststellungen der Beklagten gegenüber zum Vorhalt der Vorsätzlichkeit ihres rechtswidrigen Verwaltungshandelns hinsichtlich der Aufkündigung seiner Mitgliedschaft berechtigt sei,
4. die ihn schädigenden Einwirkungen der Kündigung ab 15.3.2002 aufgrund des Entzugs sämtlicher Ansprüche auf Leistungen von der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Kündigung fünfeinhalb Jahre später zum 16.10.2007 vollständig unberührt blieben,
5. nach insgesamt vierjähriger Verfahrensdauer seit erstmaliger Klageerhebung das Gericht ihn erst zum 10.9.2008 darauf hingewiesen habe, dass möglicherweise die begehrte Wiedereinsetzung in die Rechte zum Zeitpunkt des ursprünglichen Kassenausschlusses ohne gleichzeitige Fortsetzung der Mitgliedschaft nicht gehen dürfte,
6. er berechtigt gewesen sei, mit Schriftsatz vom 21.9.2006 auf das von der Beklagten ihm zum 5.9.2006 übersandte gewandelte Angebot ihres Vorschlags 1 1/4 Jahre zuvor zum 23.6.2005 von dieser eine sachlich und rechtlich eindeutige und vollständige Abgrenzung des von ihr seit dem 15.3.2002 rechtswidrig gekündigten Zeitraums von daran anschließenden Versicherungszeiten, für die er Beiträge ausschließlich hinsichtlich künftig eintretender Versicherungsfälle zu leisten gewillt sei, zu fordern,
7. die Beklagte die von ihm nach Nr. 8 geforderte Abgrenzung verweigert und die Kündigung insofern ab dem 15.3.2002 über den 5.9.2006 hinaus rechtlich fortgewirkt habe,
8. die Beklagte ihn mit Schriftsatz vom 5.11.2007 nicht zum 1.4.2007 rückwirkend bei ihr habe versichern können, da seine berechtigte Forderung gemäß der Feststellung unter Nr. 8 in Verbindung mit der diesbezüglichen Verweigerung der Beklagten gemäß der Feststellung unter Nr. 9 von der zum 1.4.2007 gesetzlich neu eingeführten Versicherungspflicht vollständig unberührt bleibe,
9. die Beklagte es zu unterlassen habe, den Begriff "Verzicht" in Zusammenhang mit ihr rechtlich nicht zustehenden Beiträgen zu verwenden oder bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie ihre diesbezüglichen Ansprüche rechtskräftig belegen könne, zu behaupten, er zahle an sie keine Beiträge oder nehme Überweisungen ohne Zuordnungsmöglichkeit/Angabe eines Verwendungszwecks (Versicherungsnummer o. Ä.) an sie vor,
10. die Beklagte es zu unterlassen habe, ihr nicht rechtskräftig zugesprochenen Beträge (Beiträge) ab dem 15.3.2002 bei ihm zu vollstrecken und bereits zugestellte Vollstreckungsbescheide für rechtswidrige Beitragsforderungen ab dem 1.4.2007 zurückzunehmen habe und
11. der Bescheid der Beklagten vom 6.5.2008 rechtswidrig sei und die Beklagte ihn zurücknehmen müsse.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind im Wesentlichen noch die im sozialgerichtlichen Verfahren unter Nr. 3 bis 13 bzw. im Berufungsverfahren unter Nr. 1 bis 10 gestellten Klaganträge; hierauf hat der Kläger die Berufung beschränkt. Hinsichtlich der mit der Berufung (im Wege der objektiven Klagehäufung, § 56 SGG) weiterverfolgten Feststellungsbegehren liegen zulässige Feststellungsklagen nicht vor.
Gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Ein Rechtsverhältnis liegt vor bei Rechtsbeziehungen zwischen Personen oder zwischen Personen und Sachen, die sich aus einem Sachverhalt aufgrund einer Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Das Rechtsverhältnis muss konkret sein; die Beteiligten müssen über die Anwendung einer Norm auf einen konkreten Sachverhalt streiten. Feststellungsfähig ist nicht nur das Rechtsverhältnis als Ganzes, auch einzelne Rechte und Pflichten aus dem Rechtsverhältnis können gerichtlich festgestellt werden. Die Feststellungsklage ist gegenüber der Gestaltungs- und Leistungsklage aber subsidiär, also nicht zulässig, wenn der Kläger seine Rechte durch Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage oder durch allgemeine Leistungsklage verfolgen kann (vgl. etwa LSG Bayern, Urt. v. 29.4.2010, - L 6 SO 196/09 -); dies gilt allerdings bei Klagen gegen Hoheitsträger nicht uneingeschränkt (Meyer/Ladewig, SGG § 55 Rdnrn. 4 ff. 19, 19c m. w. N.).
Die Feststellungsklage ist nur zulässig, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der (baldigen) Feststellung des Rechtsverhältnisses oder daraus folgender Rechte und Pflichten hat. Auch wenn ein rechtliches Interesse nicht notwendig ist und deswegen auch schutzwürdige wirtschaftliche oder ideelle Interessen genügen können, dürfen an das Feststellungsinteresse nicht zu geringe Anforderungen gestellt werden. Außerdem gelten für das Feststellungsinteresse der allgemeinen Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) im Grundsatz strengere Anforderungen als für das Feststellungsinteresse der Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG (vgl. dazu etwa NK-VwGO/Sodan § 43 Rdnr. 82 m. w. N.). Das Feststellungsbegehren muss im Grundsatz auch zunächst an die Verwaltung herantragen und ggf. ein Verwaltungsverfahren durchgeführt werden. Erst wenn der Kläger auf diesem (einfacheren) Weg sein Rechtsschutzziel nicht erreichen kann, darf er sich an das Gericht wenden (vgl. Meyer/Ladewig, SGG § 55 Rndr. 3b; NK-SGG/Castendieck § 55 Rdnr. 18, 27 ff.; BSG, Beschl. v. 17.6.2006, - B 2 U 77/06 B -; Urt. v. 30.9.1999, - B 8 KN 1/98 P R -). Andernfalls fehlt es am Feststellungsinteresse oder am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis.
Davon ausgehend gilt für die vom Kläger im Berufungsverfahren (weiter-)verfolgten Feststellungsklagen im Einzelnen Folgendes:
Antrag Nr. 1: Der Kläger bezieht sich für die behauptete Auskunftsverweigerung der Beklagten auf nunmehr über 10 Jahre zurückliegende Schreiben vom 13.1.2002 und 12.6.2002 bzw. einen ebenfalls über 10 Jahre zurückliegenden (Beitrags-)Kontostand vom 12.4.2002. Verwaltungsvorgänge sind dazu nicht mehr vorhanden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger mit entsprechend konkretisierten und ausreichend klar gefassten Auskunftsbegehren bzw. Anfragen im Verwaltungsweg an die Beklagte herangetreten wäre und hierüber sodann Verwaltungsverfahren stattgefunden hätten. Deswegen hat das Sozialgericht zu Recht das Feststellungsinteresse bzw. das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an der gerichtlichen Feststellung einer Auskunftspflicht der Beklagten verneint. Ein i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung ist auch im Übrigen nicht erkennbar und auch nicht ausreichend dargetan. Die Sozialgerichte sind nicht dazu da, die schriftliche Kommunikation zwischen Krankenkassen und Versicherten zu überprüfen und zu klären, ob, wann und wie welche Schreiben von Versicherten beantwortet worden sind oder nicht. Insoweit fehlt es schon an einem gerichtlich feststellungsfähigen Rechtsverhältnis. Davon abgesehen wäre der Kläger grundsätzlich gehalten, wenn er konkrete Auskunftsansprüche geltend machen will, nach Durchführung des im Einzelfall erforderlichen Verwaltungsverfahrens eine Leistungsklage auf Erteilung der - im Verwaltungsverfahren versagten - Auskunft zu erheben. Der Senat nimmt ergänzend auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zu diesem Klagantrag Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Antrag Nr. 2: Für diesen Feststellungsantrag fehlt es (ebenfalls) am Feststellungsinteresse. Hierfür kommt allein die Durchführung eines Schadensersatzprozesses wegen etwaiger Schäden in Betracht, die auf der Weigerung der Beklagten zur Übernahme der Zahnbehandlungskosten beruhen könnten. Ein Schadensersatzprozess ist allerdings schon vor Erhebung der hier streitgegenständlichen Klage bei dem zuständigen Zivilgericht anhängig gewesen. Dieses müsste ggf. - sofern es hierauf ankäme - die Rechtswidrigkeit des Handelns der Beklagten als Vorfrage prüfen. Daneben kommt eine sozialgerichtliche Feststellung nicht in Betracht.
Antrag Nr. 3: Dieser Antrag hat ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG nicht zum Gegenstand. Die (angebliche) Berechtigung, anderen vorsätzlich rechtswidriges Handeln vorwerfen zu dürfen, ist nicht statthafter Gegenstand einer Feststellungsklage.
Antrag Nr. 4: Dieser Antrag hat ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i. S. d § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG ebenfalls nicht zum Gegenstand. Er richtet sich der Sache nach auf die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage. Sollte diese Rechtsfrage, etwa im Rahmen eines Schadensersatzverfahrens von Belang sein, wäre sie (als Vorfrage) in diesem Verfahren von der hierfür zuständigen Stelle zu klären. Eine davon losgelöste abstrakte Klärung ist nicht Aufgabe der Sozialgerichte.
Antrag Nr. 5: Auch dieser Antrag hat ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i. S. d § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG nicht zum Gegenstand. Er richtet sich auf eine Verfahrenshandlung im sozialgerichtlichen Verfahren (ersichtlich die Hinweisverfügung des Berichterstatters im Verfahren L 5 KR 5770/07 vom 10.9.2008). Verfahrensfehler des Gerichts - deren Vorliegen unterstellt - können Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens, nicht aber eines gesonderten Klageverfahrens sein.
Antrag Nr. 6: Hierfür gelten die Ausführungen zum Antrag Nr. 1 entsprechend.
Antrag Nr. 7: Hierfür geltend die Ausführungen zum Antrag Nr. 4 entsprechend.
Antrag Nr. 8: Der Kläger wendet sich mit diesem Antrag ersichtlich gegen den Bescheid der Beklagten vom 5.11.2007, in dem das Bestehen von Versicherungspflicht zur Auffangversicherung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V festgestellt worden ist. Gegen diesen Bescheid ist die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG), nicht jedoch die Feststellungsklage statthaft, wobei die Anfechtungsklage (u.a.) die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens (§ 78 SGG) und die Einhaltung der Klagefrist (§ 87 SGG) voraussetzen würde. Dies kann durch eine Feststellungsklage nicht unterlaufen werden.
Antrag Nr. 9: Diesem Antrag fehlt es sowohl am Feststellungsinteresse des Klägers wie am Rechtsschutzbedürfnis. Es ist nicht Aufgabe der Sozialgerichte, Versicherungsträgern auf Wunsch der Versicherten einen bestimmten Sprachgebrauch für deren Kommunikation mit den Versicherten aufzuerlegen. Hierfür gibt es auch keine Rechtsgrundlage. Ob der Kläger (geschuldete) Beiträge zahlt oder nicht, ist ggf. in einem Beitragsprozess zu klären.
Antrag Nr. 10: Dieser Antrag richtet sich im Wesentlichen gegen künftige Vollstreckungsmaßnahmen und damit der Sache nach auf vorbeugenden Rechtsschutz; er ist deswegen mangels entsprechenden (qualifizierten) Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. etwa Meyer/Ladewig, SGG § 55 Rdnr. 8c) nicht zulässig. Ggf. kann der Kläger um vorläufigen Rechtsschutz (§ 86b SGG) nachsuchen. Im Übrigen ist für rechtswidrige Vollstreckungsmaßnahmen nichts ersichtlich, zumal die Beklagte auf die Beitreibung der Beiträge für die Zeit vom 15.3.2002 bis 31.3.2007 verzichtet hat. Dass hinsichtlich der Beiträge zur Auffangversicherung ab 1.4.2007 rechtswidrige Vollstreckungsmaßnahmen stattgefunden hätten, ist nicht erkennbar und auch nicht substantiiert dargetan.
Antrag Nr. 11: Der Kläger wendet sich mit diesem Antrag gegen die Festsetzung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 1.4.2008 durch Bescheid vom 6.5.2008. Statthafter und gegenüber der Feststellungklage vorrangiger Rechtsbehelf ist insoweit die Anfechtungsklage, die freilich (u.a.) die Durchführung des Widerspruchsverfahrens voraussetzt (§ 78 SGG).
Soweit der Kläger schließlich noch eine Berichtigung seiner Einlassung zu Beitragszahlungen an die Beklagte in seinem Schriftsatz vom 21.1.2006 (Verfahren S 12 KR 8594/04) beantragt, weil das Sozialgericht den Inhalt seines Schriftsatzes nicht zutreffend wiedergegeben habe, ist eine Klage nicht statthaft. Statthaft wäre allein der (binnen 2 Wochen nach Zustellung des Urteils zu stellende) Antrag auf Berichtigung des Tatbestands nach Maßgabe des § 139 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der 1959 geborene Kläger war (seit 1995) bei der Beklagten freiwillig krankenversichert; seit 1.4.2007 besteht Versicherungspflicht zur Auffangversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). In einem im Jahr 2000 beim Sozialgericht Stuttgart geführten Klageverfahren (Verfahren S 12 KR 6281/00) begehrte der Kläger die Aushändigung einer Krankenversichertenkarte, Beitragsfreistellung bis zu deren Übergabe sowie eine Beitragsaufstellung. Der Rechtsstreit wurde durch einen in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 22.11.2001 abgeschlossenen Vergleich beendet. Die Beklagte verpflichtete sich, dem Kläger außergerichtliche Kosten i. H. v. 500 DM zu erstatten; der Kläger nahm die Klage zurück.
Mit Schreiben vom 5.12.2001 teilte die Beklagte dem Kläger Beitragsrückstände zur Kranken- und Pflegeversicherung von 582,04 DM (September bis November 2001) mit und bot dem Kläger Ratenzahlung an; dadurch könnten Säumniszuschläge vermieden werden. Ein Hinweis auf die Beendigung der Mitgliedschaft wegen Beitragssäumnis war Schreiben nicht beigefügt.
Mit Schreiben vom 13.1.2002 machte der Kläger u.a. Ansprüche seiner Mutter gegen die Beklagte geltend und forderte die Beklagte auf, die im Vergleich vom 22.11.2001 vereinbarte Zahlung zu leisten.
Mit Bescheid vom 2.4.2002 stellte die Beklagte fest, dass die Mitgliedschaft des Klägers (in der Kranken- und Pflegeversicherung) zum 15.3.2002 geendet hat. Zur Begründung verwies sie auf die Beitragsrückstände des Klägers (1.1.2002 bis 15.3.2002 273,72 EUR).
Mit Schreiben vom 9.4.2002 sandte die Beklagte dem Zahnarzt des Klägers einen eingereichten Heil- und Kostenplan zurück; die Mitgliedschaft des Klägers sei beendet.
Der Kläger erhob gegen den Bescheid vom 2.4.2002 Widerspruch. Er trug (u.a.) vor, man habe ihm keine Zahlungsfrist gesetzt und über die Rechtsfolgen des Beitragsrückstands nicht belehrt. Außerdem müsse die im Vergleich vom 20.11.2001 vereinbarte Zahlung dem Beitragskonto rückwirkend gutgeschrieben werden. Der Kläger gab die Krankenversicherungskarte zurück; ab 15.3.2002 werde er keine Beiträge mehr zahlen.
Unter dem 12.6.2002 führte der Kläger aus, die Beklagte habe sein Versicherungsverhältnis und das Versicherungsverhältnis seiner Mutter seit 1995 mehrfach rechtswidrig aufgelöst und die Zusendung der Krankenversichertenkarte verweigert. Außerdem habe sie den angeforderten Kontoauszug nicht übersandt und die Fortsetzung der Mitgliedschaft von der Zahlung nicht gerechtfertigter Beiträge abhängig gemacht.
Am 29.12.2004 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Stuttgart (Verfahren S 12 KR 8594/04) wegen der Beendigung der Versicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung (Bescheid vom 2.4.2002). Mit Bescheid vom 23.6.2005 hob die Beklagte den Bescheid vom 2.4.2002 auf; die Mitgliedschaft des Klägers bleibe daher durchgehend bestehen. Die Beklagte bezifferte den Beitragsrückstand des Klägers auf 4.421,05 EUR (Zeitraum 15.3.2002 bis 31.5.2005). Der Kläger verweigerte die Zahlung der rückständigen Beiträge und machte Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wegen gesundheitlicher Schäden geltend. Die Beklagte hat von der Beitreibung der Beitragsrückstände (zunächst vorläufig, sodann endgültig) abgesehen. Unter dem 21.9.2006 erklärte sich der Kläger zur Zahlung der laufenden Beiträge bereit.
Am 29.12.2005 erhob der Kläger (erneut) Klage beim Sozialgericht Stuttgart (Verfahren S 12 KR 5/06); er machte Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend. Mit Beschluss vom 10.4.2006 verwies das Sozialgericht den Rechtsstreit an das Landgericht Stuttgart. Die dagegen eingelegte Beschwerde wies das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Beschluss vom 12.6.2006 (- L 4 KR 2508/06 B -) zurück.
Mit Urteil vom 16.10.2007 (- S 12 KR 8594/04 -) stellte das Sozialgericht Stuttgart fest, dass die Kündigung der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten mit Bescheid vom 2.4.2002 rechtswidrig war und die Beklagte über den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers nicht innerhalb der Frist des §§ 88 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte das Sozialgericht aus, mangels entsprechender Hinweise auf die Folgen von Beitragsrückständen (Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft) sei der Bescheid der Beklagten vom 2.4.2002 rechtswidrig. An dieser Feststellung habe der Kläger wegen der beim Landgericht Stuttgart anhängigen Amtshaftungsklage ein berechtigtes Interesse. Dem Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 2.4.2002 sei erst mit Bescheid vom 23.6.2005 abgeholfen worden.
Mit Bescheid vom 5.11.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er sei seit 1.4.2007 bei ihr gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) pflichtversichert (Auffangversicherung). Die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge betrügen 109,43 EUR bzw. 15,93 EUR monatlich. Der Beitragsrückstand für die Zeit vom 1.1.2007 bis 30.9.2007 betrage 752,16 EUR.
Am 23.11.2007 legte der Kläger Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 16.10.2007 (- S 12 KR 8594/04 -) ein (Verfahren L 5 KR 5770/07). Zur Begründung trug er vor, er habe kein Interesse an der rückwirkenden Wiederherstellung seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten, da er auch Leistungen nicht rückwirkend in Anspruch nehmen könne. Durch die Beendigung der freiwilligen Versicherung habe man ihm die Möglichkeit genommen, bei einer anderen Krankenkasse freiwilliges Mitglied zu werden. Außerdem gehe es ihm um Schadenersatz. Die Beklagte trug vor, sie habe dem Kläger mehrfach die Mitgliedschaft zugesagt, bzw. entsprechende Bescheide erlassen. Der Kläger habe jedoch die Krankenversichertenkarte nicht angenommen, da er offensichtlich keine Beiträge zahlen wolle. Zum 1.4.2007 sei Versicherungspflicht zur Auffangversicherung eingetreten. Beiträge habe der Kläger bislang nicht gezahlt.
Mit Bescheid vom 6.5.2008 setzte die Beklagte die monatlichen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des Klägers ab 1.4.2008 auf insgesamt 563,40 EUR fest. Da der Kläger die Einkommensabfragen nicht zurückgesandt habe, habe man die Beiträge aus der Beitragsbemessungsgrenze ermittelt. Unter dem 2.9.2008 erklärte die Beklagte den Verzicht auf die im Bescheid vom 23.6.2005 angeforderten Beitragsrückstände (4.421,05 EUR) für die Zeit vom 16.3.2003 bis 30.6.2005. Ab 1.7.2005 müsse der Kläger allerdings wieder Beiträge entrichten.
Das LSG Baden-Württemberg wies die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 16.10.2007 - S 12 KR 8594/04 - mit Beschluss vom 12.11.2008 - L 5 KR 5770/07 - zurück. Der Beschluss ist rechtskräftig.
Am 29.9.2008 erhob der Kläger (wiederum) Klage beim Sozialgericht Stuttgart (Verfahren S 8 KR 6505/08). Er trug vor, die Beklagte habe seine Mitgliedschaft während der Zeit vom 15.3.2002 bis 30.6.2005 rechtswidrig aufgelöst, weshalb sie von ihm keine Beiträge fordern könne. Dies werde durch den entsprechenden Verzicht der Beklagten bestätigt. Außerdem habe er Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von 95,60 EUR, da das Kündigungssaldo zum 15.3.2002 273,72 EUR betragen habe, die Beklagte 255,65 EUR aus dem Vergleich vom 20.11.2001 verrechnet und er sodann am 12.4.2002 113,67 EUR an die Beklagte überwiesen habe. Mit Schreiben vom 9.4.2002 habe die Beklagte die Übernahme der Kosten einer begonnenen zahnmedizinischen Behandlung rechtswidrig verweigert, da die Frist für die Einlegung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 2.4.2002 seinerzeit noch nicht abgelaufen gewesen sei. Er dürfe die Mitgliedschaft bei der Beklagten aufkündigen. Diese habe fünfeinhalb Jahre lang seinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 2.4.2002 nicht bearbeitet, erbetene Auskünfte versagt und sich zur Übernahme von Behandlungskosten und Zusendung einer gültigen Krankenversichertenkarte nicht bereit erklärt. Er werde gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche geltend machen. Außerdem habe die Beklagte Straftatbestände verwirklicht.
Der Kläger machte sein Klagebegehren im Wege der Feststellungsklage mit 13 Klageanträgen geltend; festgestellt werden sollte, dass
1. die Inrechnungstellung von 4.421,05 EUR zum 23.6.2005 rechtswidrig, er nicht zur Zahlung verpflichtet und berechtigt sei, den Bescheid der Beklagten durch Schriftsatz vom 5.7.2005 in Gänze zurückzuweisen,
2. nach der unter Nr. 1 getroffenen Feststellung der Bescheid der Beklagten vom 23.6.2005 nicht rechtswirksam geworden sei, die Kündigung ab dem 15.3.2002 über den 23.6.2005 hinaus rechtlich fortgewirkt habe und die Beklagte es unterlassen müsse, ihm für die Zeit ab 15.3.2002 über den 23.6.2005 hinaus die Mitgliedschaft bei ihr zu unterstellen,
3. die bis heute über Jahre währende vollständige Auskunftsverweigerung der Beklagten bezüglich seiner Schriftsätze vom 13.1.2002 und 12.6.2002 sowie eines seit 12.4.2002 zu seinen Gunsten bestehenden Guthabens von 95,60 EUR rechtswidrig sei und die Beklagte ihm hierüber Auskunft erteilen müssen,
4. die Verweigerung der Kostenübernahme für eine begonnene zahnmedizinische Behandlung durch Schreiben der Beklagten vom 9.4.2002 rechtswidrig gewesen sei,
5. er nach den unter Nr. 3 und 4 getroffenen Feststellungen der Beklagten gegenüber zum Vorhalt der Vorsätzlichkeit ihres rechtswidrigen Verwaltungshandelns hinsichtlich der Aufkündigung seiner Mitgliedschaft berechtigt sei,
6. die ihn schädigenden Einwirkungen der Kündigung ab 15.3.2002 aufgrund des Entzugs sämtlicher Ansprüche auf Leistungen von der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Kündigung fünfeinhalb Jahre später zum 16.10.2007 vollständig unberührt blieben,
7. nach insgesamt vierjähriger Verfahrensdauer seit erstmaliger Klageerhebung das Gericht ihn erst zum 10.9.2008 darauf hingewiesen habe, dass möglicherweise die begehrte Wiedereinsetzung in die Rechte zum Zeitpunkt des ursprünglichen Kassenausschlusses ohne gleichzeitige Fortsetzung der Mitgliedschaft nicht gehen dürfte,
8. er berechtigt gewesen sei, mit Schriftsatz vom 21.9.2006 auf das von der Beklagten ihm zum 5.9.2006 übersandte gewandelte Angebot ihres Vorschlags 1 1/4 Jahre zuvor zum 23.6.2005 von dieser eine sachlich und rechtlich eindeutige und vollständige Abgrenzung des von ihr seit dem 15.3.2002 rechtswidrig gekündigten Zeitraums von daran anschließenden Versicherungszeiten, für die er Beiträge ausschließlich hinsichtlich künftig eintretender Versicherungsfälle zu leisten gewillt sei, zu fordern,
9. die Beklagte die von ihm nach Nr. 8 geforderte Abgrenzung verweigert und die Kündigung insofern ab dem 15.3.2002 über den 5.9.2006 hinaus rechtlich fortgewirkt habe,
10. die Beklagte ihn mit Schriftsatz vom 5.11.2007 nicht zum 1.4.2007 rückwirkend bei ihr habe versichern können, da seine berechtigte Forderung gemäß der Feststellung unter Nr. 8 in Verbindung mit der diesbezüglichen Verweigerung der Beklagten gemäß der Feststellung unter Nr. 9 von der zum 1.4.2007 gesetzlich neu eingeführten Versicherungspflicht vollständig unberührt bleibe,
11. die Beklagte es zu unterlassen habe, den Begriff "Verzicht" in Zusammenhang mit ihr rechtlich nicht zustehenden Beiträgen zu verwenden oder bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie ihre diesbezüglichen Ansprüche rechtskräftig belegen könne, zu behaupten, er zahle an sie keine Beiträge oder nehme Überweisungen ohne Zuordnungsmöglichkeit/Angabe eines Verwendungszwecks (Versicherungsnummer o. Ä.) an sie vor,
12. die Beklagte es zu unterlassen habe, ihr nicht rechtskräftig zugesprochenen Beträge (Beiträge) ab dem 15.3.2002 bei ihm zu vollstrecken und bereits zugestellte Vollstreckungsbescheide für rechtswidrige Beitragsforderungen ab dem 1.4.2007 zurückzunehmen habe und
13. der Bescheid der Beklagten vom 6.5.2008 rechtswidrig sei und die Beklagte ihn zurücknehmen müsse.
Die Beklagte trug vor, die Klage sei unzulässig, da ihr Streitgegenstand bereits Gegenstand des Berufungsverfahrens vor dem LSG Baden-Württemberg L 5 KR 5770/07 sei. Sie verlange Beiträge ab 1.4.2007, nicht jedoch für vorangegangene Zeiträume.
Mit Urteil vom 4.7.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die vom Kläger erhobene Feststellungsklage sei (mit allen 13 Klageanträgen) mangels Feststellungsinteresses unzulässig, da der Kläger sein Begehren vor Klageerhebung nicht bei der Beklagten im Verwaltungswege geltend gemacht habe (vgl. Meyer/Ladewig, SGG § 55 Rdnr. 3b; BSG, Urt. v, 9.10.1984, - 12 RK 18/83 -). Die Anträge Nr. 1,2,8 und 9 seien außerdem deshalb unzulässig, weil ihnen der rechtskräftige Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 12.11.2008 (- L 5 KR 5770/07 -) entgegenstehe; das LSG habe in diesem Beschluss entschieden, dass aufgrund des Verzichts der Beklagten auf die rückwirkende Geltendmachung der Beiträge für die Zeit vom 16.3.2002 bis 30.6.2005 ein weitergehendes Feststellungsinteresse des Klägers nicht bestehe. Der unter Nr. 3 gestellte Antrag (Auskunftsanspruch) sei nicht hinreichend bestimmt genug. Mit dem Hinweis auf Schreiben des Klägers vom 13.1.2002 und 12.6.2002 sei unklar, ob er eigene Ansprüche oder auch Ansprüche seiner Mutter geltend machen wolle; für die Geltendmachung von Ansprüchen seiner Mutter wäre der Kläger nicht klagebefugt.
Das Sozialgericht wies den Kläger in seinem Urteil ergänzend darauf hin, der Bescheid der Beklagten vom 2.4.2002 sei rechtswidrig gewesen, weshalb die Mitgliedschaft des Klägers auch vom 15.3.2002 bis 22.6.2005 bestanden habe. Er hätte deswegen Beiträge zahlen müssen. Die Beklagte habe seinem Begehren allerdings entsprochen und auf die Beitragserhebung für die Zeit vom 15.3.2002 bis 23.6.2005 verzichtet. Entsprechendes gelte für die Zeit bis 31.3.2007. Ab 1.4.2007 sei der Kläger pflichtversichertes Mitglied der Beklagten gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Durch das Entgegenkommen der Beklagten habe der Kläger daher vom 15.3.2002 bis 31.3.2007, also für über fünf Jahre, keine Beiträge gezahlt, obwohl er dazu verpflichtet gewesen wäre. Dass die Rechtswidrigkeit der Kündigung vom 2.4.2002 erst im Nachhinein festgestellt worden sei, sei unerheblich. Etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers wegen der Nichtinanspruchnahme von Sach- oder Dienstleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung seien Gegenstand des beim Zivilgericht anhängigen Amtshaftungsprozesses. Soweit ersichtlich, habe der Kläger behauptete Schäden aber bislang nicht im Ansatz konkretisiert.
Auf das ihm am 13.7.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.7.2011 Berufung eingelegt. Er trägt im Wesentlichen vor, beantragt werde eine sozialgerichtliche Berichtigung seiner Einlassung zu Beitragszahlungen an die Beklagte in seinem Schriftsatz vom 21.1.2006 (Verfahren S 12 KR 8594/04); das Sozialgericht habe den Inhalt seines Schriftsatzes nicht zutreffend wiedergegeben. Im Übrigen nehme er die (im sozialgerichtlichen Verfahren gestellten) Klageanträge Nr. 1 und 2 zurück. An den Klageanträgen Nr. 3 bis 13 halte er allerdings fest. Insoweit habe er auch ein Feststellungsinteresse. Die Beklagte habe seine Mitgliedschaft mit Bescheid vom 2.4.2002 rechtswidrig beendet. Deswegen habe er bei einer anderen Krankenkasse eine freiwillige Versicherung nicht begründen können und sei vom 15.3.2002 bis 1.4.2007 nicht versichert gewesen. Die Beklagte habe mit Schreiben vom 9.4.2002 die Übernahme der Kosten einer Zahnbehandlung zu Unrecht verweigert. Das sei bislang nicht gerichtlich festgestellt worden. Spätere Aufforderungen, ihm ärztliche Behandlungen zu ermöglichen, habe die Beklagte ignoriert. Auch die Rechtswidrigkeit dieses bis in die jüngste Vergangenheit fortgesetzten Verhaltens sei bislang nicht gerichtlich festgestellt worden. An der mit dem Klageantrag Nr. 4 begehrten Feststellung habe er im Hinblick auf künftige Prozesse gegen die Beklagte ein Feststellungsinteresse. Außerdem habe der zuständige Kammervorsitzende des Sozialgerichts Rechtsbeugung zur Begünstigung der Beklagten begangen; auch daraus ergebe sich ein Feststellungsinteresse. Das gelte angesichts des Verfahrensablaufs auch für den Klageantrag Nr. 10. In künftigen Prozessen sei zu klären, welche seiner Schreiben die Beklagte negiert, zeitlich unterdrückt oder endgültig unterschlagen habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 4.7.2011 aufzuheben und festzustellen, dass 1. die bis heute über Jahre währende vollständige Auskunftsverweigerung der Beklagten bezüglich seiner Schriftsätze vom 13.1.2002 und 12.6.2002 sowie eines seit 12.4.2002 zu seinen Gunsten bestehenden Guthabens von 95,60 EUR rechtswidrig sei und die Beklagte ihm hierüber Auskunft erteilen müsse,
2. die Verweigerung der Kostenübernahme für eine begonnene zahnmedizinische Behandlung durch Schreiben der Beklagten vom 9.4.2002 rechtswidrig gewesen sei,
3. er nach den unter Nr. 1 und 2 getroffenen Feststellungen der Beklagten gegenüber zum Vorhalt der Vorsätzlichkeit ihres rechtswidrigen Verwaltungshandelns hinsichtlich der Aufkündigung seiner Mitgliedschaft berechtigt sei,
4. die ihn schädigenden Einwirkungen der Kündigung ab 15.3.2002 aufgrund des Entzugs sämtlicher Ansprüche auf Leistungen von der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Kündigung fünfeinhalb Jahre später zum 16.10.2007 vollständig unberührt blieben,
5. nach insgesamt vierjähriger Verfahrensdauer seit erstmaliger Klageerhebung das Gericht ihn erst zum 10.9.2008 darauf hingewiesen habe, dass möglicherweise die begehrte Wiedereinsetzung in die Rechte zum Zeitpunkt des ursprünglichen Kassenausschlusses ohne gleichzeitige Fortsetzung der Mitgliedschaft nicht gehen dürfte,
6. er berechtigt gewesen sei, mit Schriftsatz vom 21.9.2006 auf das von der Beklagten ihm zum 5.9.2006 übersandte gewandelte Angebot ihres Vorschlags 1 1/4 Jahre zuvor zum 23.6.2005 von dieser eine sachlich und rechtlich eindeutige und vollständige Abgrenzung des von ihr seit dem 15.3.2002 rechtswidrig gekündigten Zeitraums von daran anschließenden Versicherungszeiten, für die er Beiträge ausschließlich hinsichtlich künftig eintretender Versicherungsfälle zu leisten gewillt sei, zu fordern,
7. die Beklagte die von ihm nach Nr. 8 geforderte Abgrenzung verweigert und die Kündigung insofern ab dem 15.3.2002 über den 5.9.2006 hinaus rechtlich fortgewirkt habe,
8. die Beklagte ihn mit Schriftsatz vom 5.11.2007 nicht zum 1.4.2007 rückwirkend bei ihr habe versichern können, da seine berechtigte Forderung gemäß der Feststellung unter Nr. 8 in Verbindung mit der diesbezüglichen Verweigerung der Beklagten gemäß der Feststellung unter Nr. 9 von der zum 1.4.2007 gesetzlich neu eingeführten Versicherungspflicht vollständig unberührt bleibe,
9. die Beklagte es zu unterlassen habe, den Begriff "Verzicht" in Zusammenhang mit ihr rechtlich nicht zustehenden Beiträgen zu verwenden oder bis zu dem Zeitpunkt, an dem sie ihre diesbezüglichen Ansprüche rechtskräftig belegen könne, zu behaupten, er zahle an sie keine Beiträge oder nehme Überweisungen ohne Zuordnungsmöglichkeit/Angabe eines Verwendungszwecks (Versicherungsnummer o. Ä.) an sie vor,
10. die Beklagte es zu unterlassen habe, ihr nicht rechtskräftig zugesprochenen Beträge (Beiträge) ab dem 15.3.2002 bei ihm zu vollstrecken und bereits zugestellte Vollstreckungsbescheide für rechtswidrige Beitragsforderungen ab dem 1.4.2007 zurückzunehmen habe und
11. der Bescheid der Beklagten vom 6.5.2008 rechtswidrig sei und die Beklagte ihn zurücknehmen müsse.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind im Wesentlichen noch die im sozialgerichtlichen Verfahren unter Nr. 3 bis 13 bzw. im Berufungsverfahren unter Nr. 1 bis 10 gestellten Klaganträge; hierauf hat der Kläger die Berufung beschränkt. Hinsichtlich der mit der Berufung (im Wege der objektiven Klagehäufung, § 56 SGG) weiterverfolgten Feststellungsbegehren liegen zulässige Feststellungsklagen nicht vor.
Gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Ein Rechtsverhältnis liegt vor bei Rechtsbeziehungen zwischen Personen oder zwischen Personen und Sachen, die sich aus einem Sachverhalt aufgrund einer Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben. Das Rechtsverhältnis muss konkret sein; die Beteiligten müssen über die Anwendung einer Norm auf einen konkreten Sachverhalt streiten. Feststellungsfähig ist nicht nur das Rechtsverhältnis als Ganzes, auch einzelne Rechte und Pflichten aus dem Rechtsverhältnis können gerichtlich festgestellt werden. Die Feststellungsklage ist gegenüber der Gestaltungs- und Leistungsklage aber subsidiär, also nicht zulässig, wenn der Kläger seine Rechte durch Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage oder durch allgemeine Leistungsklage verfolgen kann (vgl. etwa LSG Bayern, Urt. v. 29.4.2010, - L 6 SO 196/09 -); dies gilt allerdings bei Klagen gegen Hoheitsträger nicht uneingeschränkt (Meyer/Ladewig, SGG § 55 Rdnrn. 4 ff. 19, 19c m. w. N.).
Die Feststellungsklage ist nur zulässig, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der (baldigen) Feststellung des Rechtsverhältnisses oder daraus folgender Rechte und Pflichten hat. Auch wenn ein rechtliches Interesse nicht notwendig ist und deswegen auch schutzwürdige wirtschaftliche oder ideelle Interessen genügen können, dürfen an das Feststellungsinteresse nicht zu geringe Anforderungen gestellt werden. Außerdem gelten für das Feststellungsinteresse der allgemeinen Feststellungsklage (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) im Grundsatz strengere Anforderungen als für das Feststellungsinteresse der Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG (vgl. dazu etwa NK-VwGO/Sodan § 43 Rdnr. 82 m. w. N.). Das Feststellungsbegehren muss im Grundsatz auch zunächst an die Verwaltung herantragen und ggf. ein Verwaltungsverfahren durchgeführt werden. Erst wenn der Kläger auf diesem (einfacheren) Weg sein Rechtsschutzziel nicht erreichen kann, darf er sich an das Gericht wenden (vgl. Meyer/Ladewig, SGG § 55 Rndr. 3b; NK-SGG/Castendieck § 55 Rdnr. 18, 27 ff.; BSG, Beschl. v. 17.6.2006, - B 2 U 77/06 B -; Urt. v. 30.9.1999, - B 8 KN 1/98 P R -). Andernfalls fehlt es am Feststellungsinteresse oder am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis.
Davon ausgehend gilt für die vom Kläger im Berufungsverfahren (weiter-)verfolgten Feststellungsklagen im Einzelnen Folgendes:
Antrag Nr. 1: Der Kläger bezieht sich für die behauptete Auskunftsverweigerung der Beklagten auf nunmehr über 10 Jahre zurückliegende Schreiben vom 13.1.2002 und 12.6.2002 bzw. einen ebenfalls über 10 Jahre zurückliegenden (Beitrags-)Kontostand vom 12.4.2002. Verwaltungsvorgänge sind dazu nicht mehr vorhanden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger mit entsprechend konkretisierten und ausreichend klar gefassten Auskunftsbegehren bzw. Anfragen im Verwaltungsweg an die Beklagte herangetreten wäre und hierüber sodann Verwaltungsverfahren stattgefunden hätten. Deswegen hat das Sozialgericht zu Recht das Feststellungsinteresse bzw. das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an der gerichtlichen Feststellung einer Auskunftspflicht der Beklagten verneint. Ein i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG berechtigtes Interesse an der beantragten Feststellung ist auch im Übrigen nicht erkennbar und auch nicht ausreichend dargetan. Die Sozialgerichte sind nicht dazu da, die schriftliche Kommunikation zwischen Krankenkassen und Versicherten zu überprüfen und zu klären, ob, wann und wie welche Schreiben von Versicherten beantwortet worden sind oder nicht. Insoweit fehlt es schon an einem gerichtlich feststellungsfähigen Rechtsverhältnis. Davon abgesehen wäre der Kläger grundsätzlich gehalten, wenn er konkrete Auskunftsansprüche geltend machen will, nach Durchführung des im Einzelfall erforderlichen Verwaltungsverfahrens eine Leistungsklage auf Erteilung der - im Verwaltungsverfahren versagten - Auskunft zu erheben. Der Senat nimmt ergänzend auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zu diesem Klagantrag Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Antrag Nr. 2: Für diesen Feststellungsantrag fehlt es (ebenfalls) am Feststellungsinteresse. Hierfür kommt allein die Durchführung eines Schadensersatzprozesses wegen etwaiger Schäden in Betracht, die auf der Weigerung der Beklagten zur Übernahme der Zahnbehandlungskosten beruhen könnten. Ein Schadensersatzprozess ist allerdings schon vor Erhebung der hier streitgegenständlichen Klage bei dem zuständigen Zivilgericht anhängig gewesen. Dieses müsste ggf. - sofern es hierauf ankäme - die Rechtswidrigkeit des Handelns der Beklagten als Vorfrage prüfen. Daneben kommt eine sozialgerichtliche Feststellung nicht in Betracht.
Antrag Nr. 3: Dieser Antrag hat ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG nicht zum Gegenstand. Die (angebliche) Berechtigung, anderen vorsätzlich rechtswidriges Handeln vorwerfen zu dürfen, ist nicht statthafter Gegenstand einer Feststellungsklage.
Antrag Nr. 4: Dieser Antrag hat ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i. S. d § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG ebenfalls nicht zum Gegenstand. Er richtet sich der Sache nach auf die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage. Sollte diese Rechtsfrage, etwa im Rahmen eines Schadensersatzverfahrens von Belang sein, wäre sie (als Vorfrage) in diesem Verfahren von der hierfür zuständigen Stelle zu klären. Eine davon losgelöste abstrakte Klärung ist nicht Aufgabe der Sozialgerichte.
Antrag Nr. 5: Auch dieser Antrag hat ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i. S. d § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG nicht zum Gegenstand. Er richtet sich auf eine Verfahrenshandlung im sozialgerichtlichen Verfahren (ersichtlich die Hinweisverfügung des Berichterstatters im Verfahren L 5 KR 5770/07 vom 10.9.2008). Verfahrensfehler des Gerichts - deren Vorliegen unterstellt - können Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens, nicht aber eines gesonderten Klageverfahrens sein.
Antrag Nr. 6: Hierfür gelten die Ausführungen zum Antrag Nr. 1 entsprechend.
Antrag Nr. 7: Hierfür geltend die Ausführungen zum Antrag Nr. 4 entsprechend.
Antrag Nr. 8: Der Kläger wendet sich mit diesem Antrag ersichtlich gegen den Bescheid der Beklagten vom 5.11.2007, in dem das Bestehen von Versicherungspflicht zur Auffangversicherung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V festgestellt worden ist. Gegen diesen Bescheid ist die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG), nicht jedoch die Feststellungsklage statthaft, wobei die Anfechtungsklage (u.a.) die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens (§ 78 SGG) und die Einhaltung der Klagefrist (§ 87 SGG) voraussetzen würde. Dies kann durch eine Feststellungsklage nicht unterlaufen werden.
Antrag Nr. 9: Diesem Antrag fehlt es sowohl am Feststellungsinteresse des Klägers wie am Rechtsschutzbedürfnis. Es ist nicht Aufgabe der Sozialgerichte, Versicherungsträgern auf Wunsch der Versicherten einen bestimmten Sprachgebrauch für deren Kommunikation mit den Versicherten aufzuerlegen. Hierfür gibt es auch keine Rechtsgrundlage. Ob der Kläger (geschuldete) Beiträge zahlt oder nicht, ist ggf. in einem Beitragsprozess zu klären.
Antrag Nr. 10: Dieser Antrag richtet sich im Wesentlichen gegen künftige Vollstreckungsmaßnahmen und damit der Sache nach auf vorbeugenden Rechtsschutz; er ist deswegen mangels entsprechenden (qualifizierten) Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. etwa Meyer/Ladewig, SGG § 55 Rdnr. 8c) nicht zulässig. Ggf. kann der Kläger um vorläufigen Rechtsschutz (§ 86b SGG) nachsuchen. Im Übrigen ist für rechtswidrige Vollstreckungsmaßnahmen nichts ersichtlich, zumal die Beklagte auf die Beitreibung der Beiträge für die Zeit vom 15.3.2002 bis 31.3.2007 verzichtet hat. Dass hinsichtlich der Beiträge zur Auffangversicherung ab 1.4.2007 rechtswidrige Vollstreckungsmaßnahmen stattgefunden hätten, ist nicht erkennbar und auch nicht substantiiert dargetan.
Antrag Nr. 11: Der Kläger wendet sich mit diesem Antrag gegen die Festsetzung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 1.4.2008 durch Bescheid vom 6.5.2008. Statthafter und gegenüber der Feststellungklage vorrangiger Rechtsbehelf ist insoweit die Anfechtungsklage, die freilich (u.a.) die Durchführung des Widerspruchsverfahrens voraussetzt (§ 78 SGG).
Soweit der Kläger schließlich noch eine Berichtigung seiner Einlassung zu Beitragszahlungen an die Beklagte in seinem Schriftsatz vom 21.1.2006 (Verfahren S 12 KR 8594/04) beantragt, weil das Sozialgericht den Inhalt seines Schriftsatzes nicht zutreffend wiedergegeben habe, ist eine Klage nicht statthaft. Statthaft wäre allein der (binnen 2 Wochen nach Zustellung des Urteils zu stellende) Antrag auf Berichtigung des Tatbestands nach Maßgabe des § 139 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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