Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 4109/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4978/12 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Nachforderung von Beiträgen zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum 1. Dezember 2006 bis 31. Juli 2011 in Höhe von EUR 36.851,10.
Der 1963 geborene Kläger ist Maschinenbau-Techniker und seit dem 1. Februar 1988 bei der M. & H. GmbH (im Folgenden: Arbeitgeber) versicherungspflichtig beschäftigt. Sein monatliches Bruttoeinkommen schwankt aufgrund von Überstunden, Erfindervergütungen, Sonderzahlungen, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld; im März 2005 betrug es ca. EUR 4.100,00 bei einmaligen Bezügen von jährlich EUR 4.000,00. Im August 2011 belief sich sein Bruttoarbeitsentgelt auf EUR 6.204,10. Er ist verheiratet und hat sieben Kinder. Im September und Oktober 2009 sowie im August 2010 nahm der Kläger nach seinen Angaben Elternzeit dergestalt, dass er in diesen Monaten nicht in Vollzeit tätig war und der Arbeitgeber vom Gehalt Abzüge wegen unbezahlter Fehlzeiten vornahm. Im September 2009 erzielte er ein Bruttoeinkommen von EUR 1.133,94; im Oktober 2009 von EUR 4.107,28 und im August 2010 von EUR 1.327,58. Der Kläger bezog für die Zeit vom 7. August bis 6. September 2010 Elterngeld in Höhe von EUR 1.800,00. Seinen Angaben zufolge bezog er auch im September 2009 Elterngeld. 2009 hatte er bis September ein Bruttoeinkommen von EUR 51.072,39; 2010 bis August von EUR 44.545,98.
Der Kläger ist seit 1. März 2005 freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1) und versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 2). Zuvor war er vom 1. Dezember 2000 bis 28. Februar 2005 bei der mhplus (im Folgenden: M.) ebenfalls freiwilliges sowie versicherungspflichtiges Mitglied der bei der M. errichteten Pflegekasse. Er erteilte den Beklagten eine Einzugsermächtigung. Die Aufnahmebestätigung enthielt den Hinweis, der Kläger müsse sich um die Beitragszahlung nicht kümmern, sein Arbeitgeber überweise die Beiträge direkt.
Eine Überprüfung bei den Beklagten am 30. März 2011 ergab, dass seit März 2005 keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt wurden. Die Nachfrage beim Arbeitgeber ergab, dass der Kläger von dort als Selbstzahler gemeldet, bei den Beklagten aber als Firmenzahler eingestuft wurde. Zwischen dem Arbeitgeber und dem Kläger wurde bei Beschäftigungsbeginn vereinbart, dass der Kläger die Beiträge zahle. Vom Arbeitgeber erhielt er - ausgewiesen auf den monatlichen Gehaltsabrechnungen - den Beitragszuschuss in Höhe des Arbeitgeberanteils zur Kranken- und Pflegeversicherung mit dem Gehalt überwiesen.
Mit Bescheid vom 31. August 2011 - mit Rechtsmittelbelehrung - forderte die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) offene Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Juli 2011 in Höhe von EUR 34.264,87 und fügte eine Beitragsberechnung bei. Die Beiträge vom 1. März 2005 bis 30. November 2006 seien verjährt und fielen nicht an. Nachdem der Kläger nicht reagierte, mahnte die Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 4. Oktober 2011 die ausstehenden Beiträge an und setzte für jeden Monatsbeitrag Säumniszuschläge von EUR 5,50 (bis Dezember 2008) bzw. EUR 6,00 (ab Januar 2006) sowie einmalige Mahnkosten von EUR 5,00 fest. Die Forderung belief sich insgesamt auf EUR 34.657,72
Am 24. Oktober 2011 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 4. Oktober 2011 Widerspruch und trug vor, eine Prüfung seinerseits im März 2005 auf der Gehaltsabrechnung habe ergeben, dass die Beklagte zu 1) als neue Krankenversicherung vermerkt sei und die Summe der Position Sozialversicherungsbeiträge und Steuern die Summe der Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ergebe. Ihm sei nicht aufgefallen, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu diesem Zeitpunkt genauso hoch gewesen seien wie der Steueranteil. Fehlbuchungen seitens des Arbeitgebers seien auszuschließen, da er dort als Selbstzahler geführt werde. Bei den Steuererklärungen sei nie ein entsprechender Hinweis auf fehlende Versicherungsbeiträge aufgetaucht. Das Versäumnis zur Entstehung der Beitragsrückstände liege bei den Beklagten. Er könne der Forderung nicht nachkommen, weil er der einzige Verdiener - neben einem Sohn in der Ausbildung - sei. Seit 2005 würden die Ausgaben der Familie auf seinem Einkommen ohne Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge beruhen. Gleichzeitig mit dem Kassenwechsel habe er eine Gehaltserhöhung bekommen. 2005 habe er aufgrund seines Nettogehalts ein Darlehen von EUR 400.000,00 aufgenommen und ein Haus gebaut. Eine Veräußerung sei derzeit nur mit großem Verlust möglich. Er könne nicht einmal monatliche Raten von EUR 100,00 aufbringen, da er zunächst die Zusatzbelastung mit EUR 647,00 Beiträgen verkraften müsse. Außerdem habe sein Sohn A. einen Skiunfall mit Hubschraubereinsatz gehabt, sie hätten nur teilweise Kindergeld nachgezahlt bekommen, das Arbeitslosengeld seines Sohnes M. sei zu niedrig berechnet worden, ihr Mieter habe Insolvenz angemeldet. Insgesamt hätten sie EUR 30.000,00 an Außenständen, die sie zum größten Teil verlieren würden. Derzeit bestehe eine monatliche Überbelastung mit EUR 1.700,00, er sei mittlerweile in psychiatrischer Behandlung.
Die Beklagten unterbreiteten ein Vergleichsangebot des Inhalts, auf die Arbeitnehmeranteile zu verzichten. Der Kläger erklärte, nur zu einer Zahlung von 10 % der Nachforderung bereit zu sein.
Mit Bescheid vom 19. März 2012 mahnte die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) die Beiträge an und setzte weitere Beiträge für August bis Dezember 2011 fest sowie weitere Säumniszuschläge für Januar 2007 bis August 2011 sowie einmalige Mahnkosten von EUR 10,00 fest. Die Forderung belief sich insgesamt auf EUR 36.851,10.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 5. April 2012, eingegangen am 13. April 2012, Widerspruch. Die Säumniszuschläge seien unberechtigt, weil erstmals im September 2011 die Beitragsrückstände erkannt worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2012 wies der bei den Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss die Widersprüche vom 23. Oktober 2011 und 5. April 2012 gegen die Bescheide vom 31. August 2011, 4. Oktober 2011 und 19. März 2012 zurück. In der Begründung gab der Widerspruchsausschuss die gesetzlichen Bestimmungen für die Nachforderung der Beiträge sowie die Forderung von Säumniszuschlägen und Mahnkosten an, verwies auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 30. November 1978 - 12 RK 6/76) zur Verwirkung und führte weiter aus, der Kläger sei als versicherungsfreier Arbeitnehmer freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1), weshalb die Beiträge zu fordern seien. Da auf den Gehaltsbescheinigungen der Beitragszuschuss separat ausgewiesen worden sei, hätte dem Kläger im Verlauf der vergangenen sechs Jahre anhand der Gehaltsbescheinigungen auffallen können und müssen, dass ihm die Arbeitgeberzuschüsse ausgezahlt worden seien und der gesamte Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht an sie (die Beklagten) abgeführt worden sei. Die Nacherhebung bedeute für den Kläger keine Mehrbelastung, da nicht mehr verlangt werde, als bei fristgemäßer Entrichtung zu zahlen gewesen wäre. Den finanziellen Verhältnissen des Klägers sei durch das Angebot von Vergleichs- und Ratenzahlungsvereinbarung Rechnung getragen worden. Mithin lägen die Voraussetzungen für eine Verwirkung der Beitragsforderung nicht vor. Da trotz Aufforderung der Kläger die fälligen Beiträge nicht fristgerecht überwiesen habe, seien die Beiträge für die Monate Dezember 2006 bis Juli 2011 zulässigerweise unter Erhebung einer Mahngebühr und von Säumniszuschlägen angefordert worden.
Hiergegen erhob der Kläger am 16. Juli 2012 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), die unter Aktenzeichen S 19 KR 3923/12 anhängig ist. Am 25. Juli 2012 beantragte er (sinngemäß) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Widerspruchsbescheid. Die Forderung sei verjährt. Die Bescheide seien nicht hinreichend bestimmt, da nicht erkennbar sei, wie sich die Beitragsforderung zusammensetze. Der Anspruch sei verwirkt, denn mit der Bemerkung, er müsse sich nicht um die Beitragszahlung kümmern, hätten die Beklagten eine Vertrauensgrundlage geschaffen. Auch hätten die Beklagten über sechs Jahre den Einzug der Beiträge unterlassen. Er habe darauf vertraut, dass - wie zuvor während der Versicherung bei der M. - sein Arbeitgeber die Beiträge direkt an die Beklagten überweise. Er habe den Fehler nicht aufdecken können, weil die Gehaltsabrechnungen vom Februar 2005 und März 2005 im Abgleich keine Veränderung aufgewiesen hätten. Er habe in Unkenntnis der Tatsache, dass die Beiträge nicht für ihn vom Arbeitgeber entrichtet worden seien, den vom Arbeitgeber erhaltenen Zuschuss für den Unterhalt seiner Familie verwendet. Steuerberater, Finanzamt und verschiedene Bankberater hätten nicht festgestellt, dass keine Beiträge gezahlt worden seien. Anstatt der vierjährigen Verjährung müsse eine Rückzahlungsfrist von einem Jahr gelten, weil er in den Status eines Firmenzahlers eingetreten sei. Die Verjährungsfristen müssten zur Vermeidung einer Diskriminierung gegenüber Pflichtversicherten einheitlich ein Jahr betragen. Durch die sofortige Vollziehung drohten wesentliche Nachteile, wie der Verlust des belasteten Eigenheims und des Arbeitsplatzes, da er psychisch schwer angeschlagen sei.
Die Beklagten traten dem Antrag entgegen. Hinsichtlich der Elternzeit liege keine Unterbrechungsmeldung des Arbeitgebers vor. Da kein unter der Bemessungsgrenze liegendes Einkommen nachgewiesen sei, wirke sich dies nicht auf die Höhe der Beiträge aus.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins lehnte das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 29. Oktober 2012 ab. Zur Begründung führte das SG aus, in Fällen, in denen - wie bei Beitragsforderungen - von Gesetzes wegen Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung hätten, sei die Vollziehung nur dann auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestünden oder die Vollziehung für den Verpflichteten eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel bestünden vorliegend nicht. Der Kläger sei als freiwillig Versicherter Beitragsschuldner. Die Beiträge seien durch das Mitglied allein zu tragen, also auch zu zahlen. Dieser Verpflichtung könne sich der Kläger nicht entledigen. Selbst wenn mit dem Arbeitgeber vereinbart gewesen wäre, dass dieser die Beiträge zahle, hätte der Beitragsschuldner hierfür das Risiko getragen. Die geltend gemachten Beitragsnachforderungen seien nicht verjährt und nicht verwirkt. Für letzteres genüge nicht, dass die Beklagten die Forderungen mehrere Jahre nicht geltend gemacht hätten und der Kläger davon ausgegangen sei, mit seinen Beiträgen sei alles in Ordnung. Bloßes Nichtstun reiche als Verwirkungsverhalten regelmäßig nicht aus, ein konkretes Verhalten des Gläubigers müsse beim Schuldner die berechtigte Erwartung wecken, dass die Beitragsforderung nicht bestehe oder nicht geltend gemacht werde. Dies sei auch hinsichtlich der Aufnahmemitteilung nicht der Fall. Diese erwecke den Eindruck, der Kläger müsse sich nicht um die Überweisung kümmern, nicht etwa, die Beklagten verzichteten auf Beiträge. Die Vollziehung führe auch nicht zu einer nicht durch öffentliche Interessen gebotenen Härte, insbesondere angesichts des Vergleichsangebots mit vollständigem Verzicht auf die Arbeitnehmeranteile und die ausdrücklich angebotene Ratenzahlung.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 30. Oktober 2012 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 28. November 2012 Beschwerde erhoben. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und trägt vor, eine unbillige Härte liege vor, denn aufgrund der verspäteten Durchsetzung der Forderung entstehe ihm ein unzumutbarer Nachteil. Der Fehler der Beklagten bzw. die fehlerhafte Meldung seitens seines Arbeitgebers an die Beklagten, könne nicht zu seinen Lasten gehen. Aus seinen Gehaltsabrechnungen habe er nicht ersehen könne, dass keine Beiträge gezahlt worden seien. Er sei nicht in der Lage, eine Ratenzahlung zu erbringen, von seinem monatlichen Gehalt bleibe kein Überschuss, es drohe Obdachlosigkeit. Wegen der unerwarteten Rückforderung der Beklagten seien erhebliche psychische und familiäre Probleme entstanden.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Oktober 2012 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage S 19 KR 3923/12 anzuordnen.
Die Beklagten beantragen,
die Beschwerde des Klägers zurückzuweisen.
Sie halten den angefochtenen Beschluss des SG für zutreffend. Da im Bescheid vom 4. Oktober 2011 der Monat Dezember 2006 nicht mehr genannt ist, haben die Beklagten auf Säumniszuschläge für diesen Monat in Höhe von EUR 33,00 EUR verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Senatsakte, die SG-Akten zum Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes S 19 KR 4109/12 ER und zum Klageverfahren S 19 KR 3923/12 sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
II.
1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. In der Hauptsache wäre die Berufung statthaft. Denn der Kläger wendet sich gegen eine Nachforderung in Höhe von EUR 36.851,10, sodass in der Hauptsache der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 überschritten wäre.
2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der von den Beklagten geforderten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Säumniszuschläge anzuordnen.
a) Vorläufiger Rechtsschutz findet hier gem. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG statt. Die Klage gegen die Bescheide vom 31. August 2011, 4. Oktober 2011, 19. März 2012 und den Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2012 hat nicht bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Nach Abs. 1 des mit Wirkung ab 2. Januar 2002 durch Art. 1 Nr. 35 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des SGG (6. SGG-ÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl. I S. 2144) eingefügten § 86a SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Bis zu diesem Zeitpunkt galt der umgekehrte Grundsatz, wonach Rechtsmittel im sozialgerichtlichen Verfahren nur aufschiebende Wirkung hatten, wenn dies im Gesetz ausdrücklich angeordnet war (Timme NZS 2004, 292f.). Nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt jedoch die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Die Regelung dient der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Leistungsträger der Sozialversicherung (vgl. BT-Drs. 14/5943, S. 25).
b) Die fehlende aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gilt auch hinsichtlich der Festsetzung von Säumniszuschlägen. Hierbei kann offen bleiben, ob Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG Nebenkosten oder selbst öffentliche Abgaben sind (so Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2009 - L 1 KR 45/09 B ER -; in juris, unter Hinweis auf BT-Drs. 7/4122, S. 34). Jedenfalls lässt sich § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entnehmen, dass die aufschiebende Wirkung umfassend immer dann entfallen soll, wenn die Anfechtung solche öffentlich-rechtlichen Geldforderungen betrifft, die ein Hoheitsträger zur Deckung seines Finanzbedarfs für die Erfüllung seiner öffentlich-rechtlichen Aufgaben erhebt. Zu diesen Forderungen gehören auch die Säumniszuschläge. Sie sind nicht nur ein Druckmittel (so aber Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 10. Aufl,. § 86a Rn. 13a), sondern sie sollen die Sozialleistungsträger auch so stellen, wie sie stehen würden, wenn die Versicherten ihrer Beitragspflicht ordnungsgemäß nachgekommen wären (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Der Säumniszuschlag soll auch einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Beiträge den Versicherungsträgern nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen; es handelt sich damit um einen standardisierten Mindestschadensausgleich (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 13 RJ 28/03 R -; in juris).
3. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide vom 31. August 2011, 4. Oktober 2011, 19. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2012 ist auf den Antrag des Klägers nicht anzuordnen. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die gerichtliche Eilentscheidung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG beruht auf einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, regelmäßig also des (privaten) Aufschubinteresses des Klägers auf der einen und des (öffentlichen) Vollziehungsinteresses der Behörde bzw. der Allgemeinheit auf der anderen Seite. Da der vorläufige Rechtsschutz den Hauptsacherechtsschutz sichern soll, sind für diese Interessenabwägung die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs grundsätzlich ausschlaggebend. Wird der Hauptsacherechtsbehelf aller Voraussicht nach erfolgreich sein, überwiegt regelmäßig das private Aufschubinteresse des Klägers, andernfalls kommt dem öffentlichen Vollziehungsinteresse regelmäßig der Vorrang zu. Ist keiner dieser Fälle der erkennbaren Aussichtslosigkeit der Klage bzw. des Widerspruchs oder der erkennbaren Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes gegeben, so sind die beteiligten Interessen anhand sonstiger Umstände im Einzelfall zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen.
Hinsichtlich des Umfangs der Ermittlungen sind - unbeschadet der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG) auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren - der Eilcharakter des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens und das Risiko einer etwaigen Abweichung von der künftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Das gilt auch für die Prüfungsdichte des Gerichts. Regelmäßig genügt danach eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage auf der Grundlage unstreitiger oder glaubhaft gemachter Tatsachen bzw. auf der Grundlage der von den Beteiligten vorgelegten oder in angemessener Zeit erreichbaren Beweismittel. Drohen besonders schwerwiegende Eingriffe in grundrechtlich geschützte Güter, die nur schwer oder gar nicht mehr rückgängig gemacht werden können, ist eine besonders eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage, wenn möglich eine Vollprüfung, geboten. Kommt das aus Zeitgründen im Hinblick auf den Eilcharakter des Verfahrens nicht in Betracht, wird eine Folgenbetrachtung unter umfassender Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Güter des Antragstellers und der diesen drohenden Beeinträchtigungen den Ausschlag geben müssen (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 27. Oktober 2009, - 1 BvR 1876/09 -; Beschluss vom 15. März 2010, - 1 BvR 722/10 -; beide in juris; vgl. entsprechend auch Beschluss des Senats vom 14. Dezember 2011, - L 4 P 4355/11 ER-B -; nicht veröffentlicht).
Davon ausgehend ist auch der Senat der Auffassung, dass die mit der Klage angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 31. August 2011, 4. Oktober 2011, 19. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2012 über die Nachforderung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie über die Erhebung von Säumniszuschlägen von den Beklagten vollzogen werden dürfen. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Bescheide führt nach gegenwärtiger Sach- und Rechtslage nicht zu ernstlichen Zweifeln an ihrer Rechtmäßigkeit. Die daher vorzunehmende Interessenabwägung musste zugunsten der Beklagten ausfallen.
a) Die Forderung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Juli 2011 in Höhe von EUR 34.264,87 durch den Bescheid vom 31. August 2011 ist nicht bestandskräftig, obgleich der Kläger es versäumte, gegen diesen Bescheid, der eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung enthält, fristgerecht Widerspruch einzulegen. Der Kläger legte erst mit Schreiben vom 23. Oktober 2011, bei den Beklagten eingegangen am 24. Oktober 2011, (schriftlich) Widerspruch ein. Der Kläger bestritt den Zugang dieses Bescheides nicht, sondern bezog sich im Widerspruchsschreiben vom 23. Oktober 2011 ausdrücklich auf ein Schreiben vom 31. August 2011. Der Senat geht deshalb davon aus, dass dem Kläger dieser Bescheid zeitnah zuging, jedenfalls vor dem 24. September 2011. Der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss berief sich allerdings nicht auf das Versäumen der Widerspruchsfrist, sondern entschied über den Widerspruch des Klägers in der Sache, so dass die Fristversäumnis geheilt ist.
b) Rechtsgrundlage für die geforderten Beiträge ist § 250 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. § 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach haben freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung den Beitrag selbst zu tragen (§ 250 Abs. 2 SGB V); der Beitrag ist von demjenigen zu zahlen, der ihn zu tragen hat (§ 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Für die Pflegeversicherung gilt § 59 Abs. 4 Satz 1 SGB XI. Der Kläger war seit seinem Beitritt zum 1. März 2005 freiwilliges Mitglied bei den Beklagten als abhängig Beschäftigter, der die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Er verdiente 2005 monatlich ca. EUR 4.100,00. Der Kläger überschritt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in dem gesamten Zeitraum, für den die Beklagten Beiträge nachfordern. Dies gilt auch für die Elternzeit im August und September 2009 und August 2010. 2009 hatte der Kläger bereits im Oktober ein Bruttoeinkommen von EUR 51.072,39; 2010 im August von EUR 44.545,98. Damit lag er 2009 bereits im Oktober über der Jahresarbeitsentgeltgrenze von EUR 48.600,00. 2010 lag diese bei EUR 49.650,00 und war vom Kläger im August also noch nicht erreicht. Da der Kläger aber anschließend unverminderte Einnahmen hatte, geht der Senat mangels gegenteiligen Vorbringens davon aus, dass die Einkünfte des Klägers für 2010 insgesamt die Jahresarbeitsentgeltgrenze überstiegen. Daher geht der Senat jedenfalls für das vorläufige Rechtsschutzverfahren davon aus, dass die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung wegen des nur kurzzeitigen Unterschreibens der Jahresarbeitsentgeltgrenze für jeweils einen Monat fortbestand, weil im Ergebnis für das ganze Jahr die Prognose des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze zutraf (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 1993 - 12 RK 48/91-; in juris).
b) Die Beiträge sind nach summarischer Prüfung im Wesentlichen zutreffend berechnet.
Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung wurde für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt. Die Satzung der Krankenkasse musste nach der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378), die zum 1. Januar 2009 in Kraft trat und seither gilt (Art. 46 Abs. 10 GKV-WSG), wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 GKV-WSG, die ebenfalls zum 1. Januar 2009 in Kraft trat (Art. 46 Abs. 10 GKV-WSG) und seitdem gilt, sind bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Nach § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V - durch das GKV-WSG nicht geändert - ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Nach § 56 Abs. 4 Satz 1 SGB XI ist bei freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung für die Beitragsbemessung § 240 SGB V entsprechend anzuwenden.
Weder aus den vorliegenden Akten noch dem Vorbringen des Klägers ergeben sich - abgesehen von den Monaten September 2009 sowie August 2010 (dazu sogleich) - Anhaltspunkte, dass die Beklagten der Bemessung der Beiträge zu hohe beitragspflichtige Einnahmen des Klägers, insbesondere aus seiner Beschäftigung, oder einen unzutreffenden Beitragssatz zugrunde legten.
Der Senat lässt es im vorläufigen Rechtsschutzverfahren dahinstehen, ob die Beiträge für September 2009 sowie August 2010 angesichts der geringeren Einkünfte in diesen Monaten (wegen des behaupteten Entfallens des vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelts) aufgrund der verringerten Arbeitszeit ebenfalls zutreffend festgesetzt worden sind. Die Beklagten hatten insoweit die Festsetzung zunächst zutreffend aufgrund der Prognoseentscheidung angesichts der regelmäßigen Einkünfte vorgenommen. Der Kläger hatte jedoch ausweislich der von ihm im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorgelegten Entgeltabrechnungen für September 2009 Einkünfte von brutto EUR 1.133,94 und im August 2010 von EUR 1.327,58. Die Einkünfte lagen somit unter seinem in den anderen Monaten gezahlten Arbeitsentgelt, so dass dies möglicherweise zu geringeren Beiträgen für diese Monate führen könnte. Ob die Beitragsfestsetzung auch für September 2009 und August 2010 rechtmäßig war, weil - wie von den Beklagten vorgetragen - keine Unterbrechung von mehr als einem Monat vorlag, und die niedrigeren Einkünfte nicht hinreichend nachgewiesen seien, kann im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht geklärt werden. Angesichts des geringen Anteils an der Gesamtforderung erscheint es nicht sachgerecht, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide betreffend die Beitragsnachforderung anzuordnen.
c) Die nachgeforderten Beiträge sind nicht verjährt. Gemäß § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind laufende Beiträge, die geschuldet werden, entsprechend den Regelungen der Satzung fällig. Nach § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Ausgehend von einer in den Satzungen der Kranken- und Pflegekassen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) üblichen Fälligkeit der Beiträge für Dezember 2006 am 15. Januar 2007, waren die nachgeforderten Beiträge bei Erlass der Bescheide vom 31. August 2011 und 4. Oktober 2011 unverjährt. Die Verjährung wäre erst mit Ablauf des 31. Dezember 2011 eingetreten.
d) Die Beitragsforderung ist aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes nicht verwirkt. Gründe, weshalb die Beitragsforderung der Beklagten gegen Treu und Glauben verstoßen könnte, sind nicht erkennbar. Zwar ist das Rechtsinstitut der Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) für das Sozialversicherungsrecht, insbesondere die Nachforderung von Beiträgen für zurückliegende Zeiten, anerkannt. Diese setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung aber voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts für einen längeren Zeitraum unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls das verspätete Geltend machen nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (z.B. BSG, Urteile vom 30. November 1978 - 12 RK 6/76 - und 14. Juli 2004 - B 12 KR 1/04 R -; beide in juris). Diese besonderen Umstände setzen voraus, dass der Verpflichtete in Folge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen würde (Vertrauensgrundlage), tatsächlich darauf vertraut und sein Verhalten darauf eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), so dass ihm durch die verspätete Geltendmachung ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, a.a.O.). Dabei sind an das Verwirkungsverhalten strenge Anforderungen zu stellen, weil dem Interesse des Beitragsschuldners, das Ausmaß von Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, bereits durch die kurze Verjährungsfrist (hier: § 25 SGB IV) hinreichend Rechnung getragen ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. November 1978 - 12 RK 6/76 - a.a.O.).
Ein Verwirkungsverhalten der Beklagten ist weder in der Bemerkung, der Kläger müsse sich um die Beitragszahlung nicht kümmern, der Arbeitgeber überweise diese direkt, noch darin, dass die Beklagten diese mehrere Jahre lang nicht geltend gemacht haben, zu sehen. Einen Erklärungswert des Inhalts, dass die Beklagten bei bestehender Mitgliedschaft keine Beiträge erheben wollten, kann dem nicht entnommen werden. Daher kann dahinstehen, ob ein Vertrauensverhalten des Klägers darin erkennen sein soll, dass er seinen Lebenszuschnitt mit Kreditaufnahme und Hausbau auf ein von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen ungeschmälertes Einkommen zuzüglich der ihm überwiesenen Arbeitgeberanteile eingerichtet hat. Der Kläger hatte seit 1. März 2005 mit seiner gesamten Familie den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung. Es ist nicht erkennbar, dass er und seine im Rahmen der Familienversicherung versicherten Angehörigen davon abgehalten worden wären, Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen.
Schließlich ist nicht erkennbar, dass aus der nachträglichen Geltendmachung unzumutbare Nachteile entstehen. Eher erwachsen der Versichertengemeinschaft aus dem Unterbleiben des Einbehalts der Beiträge Nachteile (BSG, Urteil vom 23. Mai 1989 - 12 RK 23/88; in juris). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagten einen Vergleichsvorschlag unterbreitet haben, der dem Kläger - in Raten - nur die Summe abfordert, die er zu Unrecht von seinem Arbeitgeber vereinnahmt hat.
e) Auch die Voraussetzungen für den Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlags sind erfüllt. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf EUR 50,00 nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Bei summarischer Prüfung geht der Senat nach dem derzeitigen Sachstand davon aus, dass eine unverschuldete Unkenntnis des Klägers von der Zahlungspflicht, die der Erhebung des Säumniszuschlags entgegenstünde, nicht bestand.
Nach § 24 Abs. 2 SGB IV ist auf eine Beitragsforderung, die durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wurde, ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht steht sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten im Sinne von § 276 BGB entgegen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R -, in juris). Für fahrlässig verschuldete Unkenntnis genügt es, dass der Zahlungspflichtige sich nicht hinreichend um die Klärung der Beitragspflicht bei einem im Allgemeinen beitragspflichtigen Sachverhalt bemüht hat. Der Vortrag des Klägers, er habe gemeint, die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge seien ab März 2005 in dem Posten Sozialversicherungsbeiträge und Steuern enthalten und ihm sei nicht aufgefallen, dass der Arbeitgeber diese Beiträge nicht für ihn abgeführt habe, ist nicht nachvollziehbar. Beim Vergleich der Verdienstabrechnungen für Februar und März 2005 fällt auf, dass die Summe der Abzüge Sozialversicherungsbeiträge und Steuern etwa gleich, ein Arbeitgeberzuschuss Kranken- und Pflegeversicherung in beiden enthalten ist, im Februar 2005 aber mit einem Minus gekennzeichnet "freiwilliger Beitrag zur KV" und freiwilliger Beitrag zur PV" abgezogen wurden. Im März 2005 enthält die Verdienstabrechnung immer noch den Arbeitgeberzuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung von mehr als EUR 270,00, aber keine Abbuchung der Beiträge, die sich im Vormonat auf EUR 546,38 beliefen. Das Nettogehalt im März 2005 war dementsprechend bei nur geringfügigen Abweichungen der geleisteten Arbeitszeit und der vom Arbeitgeber gezahlten Erfindervergütung - also abgesehen von den nicht abgebuchten Beiträgen ohne erkennbaren Grund - mehr als EUR 650,00 höher.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
5. Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Nachforderung von Beiträgen zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum 1. Dezember 2006 bis 31. Juli 2011 in Höhe von EUR 36.851,10.
Der 1963 geborene Kläger ist Maschinenbau-Techniker und seit dem 1. Februar 1988 bei der M. & H. GmbH (im Folgenden: Arbeitgeber) versicherungspflichtig beschäftigt. Sein monatliches Bruttoeinkommen schwankt aufgrund von Überstunden, Erfindervergütungen, Sonderzahlungen, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld; im März 2005 betrug es ca. EUR 4.100,00 bei einmaligen Bezügen von jährlich EUR 4.000,00. Im August 2011 belief sich sein Bruttoarbeitsentgelt auf EUR 6.204,10. Er ist verheiratet und hat sieben Kinder. Im September und Oktober 2009 sowie im August 2010 nahm der Kläger nach seinen Angaben Elternzeit dergestalt, dass er in diesen Monaten nicht in Vollzeit tätig war und der Arbeitgeber vom Gehalt Abzüge wegen unbezahlter Fehlzeiten vornahm. Im September 2009 erzielte er ein Bruttoeinkommen von EUR 1.133,94; im Oktober 2009 von EUR 4.107,28 und im August 2010 von EUR 1.327,58. Der Kläger bezog für die Zeit vom 7. August bis 6. September 2010 Elterngeld in Höhe von EUR 1.800,00. Seinen Angaben zufolge bezog er auch im September 2009 Elterngeld. 2009 hatte er bis September ein Bruttoeinkommen von EUR 51.072,39; 2010 bis August von EUR 44.545,98.
Der Kläger ist seit 1. März 2005 freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1) und versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 2). Zuvor war er vom 1. Dezember 2000 bis 28. Februar 2005 bei der mhplus (im Folgenden: M.) ebenfalls freiwilliges sowie versicherungspflichtiges Mitglied der bei der M. errichteten Pflegekasse. Er erteilte den Beklagten eine Einzugsermächtigung. Die Aufnahmebestätigung enthielt den Hinweis, der Kläger müsse sich um die Beitragszahlung nicht kümmern, sein Arbeitgeber überweise die Beiträge direkt.
Eine Überprüfung bei den Beklagten am 30. März 2011 ergab, dass seit März 2005 keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gezahlt wurden. Die Nachfrage beim Arbeitgeber ergab, dass der Kläger von dort als Selbstzahler gemeldet, bei den Beklagten aber als Firmenzahler eingestuft wurde. Zwischen dem Arbeitgeber und dem Kläger wurde bei Beschäftigungsbeginn vereinbart, dass der Kläger die Beiträge zahle. Vom Arbeitgeber erhielt er - ausgewiesen auf den monatlichen Gehaltsabrechnungen - den Beitragszuschuss in Höhe des Arbeitgeberanteils zur Kranken- und Pflegeversicherung mit dem Gehalt überwiesen.
Mit Bescheid vom 31. August 2011 - mit Rechtsmittelbelehrung - forderte die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) offene Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Juli 2011 in Höhe von EUR 34.264,87 und fügte eine Beitragsberechnung bei. Die Beiträge vom 1. März 2005 bis 30. November 2006 seien verjährt und fielen nicht an. Nachdem der Kläger nicht reagierte, mahnte die Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 4. Oktober 2011 die ausstehenden Beiträge an und setzte für jeden Monatsbeitrag Säumniszuschläge von EUR 5,50 (bis Dezember 2008) bzw. EUR 6,00 (ab Januar 2006) sowie einmalige Mahnkosten von EUR 5,00 fest. Die Forderung belief sich insgesamt auf EUR 34.657,72
Am 24. Oktober 2011 erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 4. Oktober 2011 Widerspruch und trug vor, eine Prüfung seinerseits im März 2005 auf der Gehaltsabrechnung habe ergeben, dass die Beklagte zu 1) als neue Krankenversicherung vermerkt sei und die Summe der Position Sozialversicherungsbeiträge und Steuern die Summe der Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung ergebe. Ihm sei nicht aufgefallen, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu diesem Zeitpunkt genauso hoch gewesen seien wie der Steueranteil. Fehlbuchungen seitens des Arbeitgebers seien auszuschließen, da er dort als Selbstzahler geführt werde. Bei den Steuererklärungen sei nie ein entsprechender Hinweis auf fehlende Versicherungsbeiträge aufgetaucht. Das Versäumnis zur Entstehung der Beitragsrückstände liege bei den Beklagten. Er könne der Forderung nicht nachkommen, weil er der einzige Verdiener - neben einem Sohn in der Ausbildung - sei. Seit 2005 würden die Ausgaben der Familie auf seinem Einkommen ohne Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge beruhen. Gleichzeitig mit dem Kassenwechsel habe er eine Gehaltserhöhung bekommen. 2005 habe er aufgrund seines Nettogehalts ein Darlehen von EUR 400.000,00 aufgenommen und ein Haus gebaut. Eine Veräußerung sei derzeit nur mit großem Verlust möglich. Er könne nicht einmal monatliche Raten von EUR 100,00 aufbringen, da er zunächst die Zusatzbelastung mit EUR 647,00 Beiträgen verkraften müsse. Außerdem habe sein Sohn A. einen Skiunfall mit Hubschraubereinsatz gehabt, sie hätten nur teilweise Kindergeld nachgezahlt bekommen, das Arbeitslosengeld seines Sohnes M. sei zu niedrig berechnet worden, ihr Mieter habe Insolvenz angemeldet. Insgesamt hätten sie EUR 30.000,00 an Außenständen, die sie zum größten Teil verlieren würden. Derzeit bestehe eine monatliche Überbelastung mit EUR 1.700,00, er sei mittlerweile in psychiatrischer Behandlung.
Die Beklagten unterbreiteten ein Vergleichsangebot des Inhalts, auf die Arbeitnehmeranteile zu verzichten. Der Kläger erklärte, nur zu einer Zahlung von 10 % der Nachforderung bereit zu sein.
Mit Bescheid vom 19. März 2012 mahnte die Beklagte zu 1) auch im Namen der Beklagten zu 2) die Beiträge an und setzte weitere Beiträge für August bis Dezember 2011 fest sowie weitere Säumniszuschläge für Januar 2007 bis August 2011 sowie einmalige Mahnkosten von EUR 10,00 fest. Die Forderung belief sich insgesamt auf EUR 36.851,10.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 5. April 2012, eingegangen am 13. April 2012, Widerspruch. Die Säumniszuschläge seien unberechtigt, weil erstmals im September 2011 die Beitragsrückstände erkannt worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2012 wies der bei den Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss die Widersprüche vom 23. Oktober 2011 und 5. April 2012 gegen die Bescheide vom 31. August 2011, 4. Oktober 2011 und 19. März 2012 zurück. In der Begründung gab der Widerspruchsausschuss die gesetzlichen Bestimmungen für die Nachforderung der Beiträge sowie die Forderung von Säumniszuschlägen und Mahnkosten an, verwies auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteil vom 30. November 1978 - 12 RK 6/76) zur Verwirkung und führte weiter aus, der Kläger sei als versicherungsfreier Arbeitnehmer freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1), weshalb die Beiträge zu fordern seien. Da auf den Gehaltsbescheinigungen der Beitragszuschuss separat ausgewiesen worden sei, hätte dem Kläger im Verlauf der vergangenen sechs Jahre anhand der Gehaltsbescheinigungen auffallen können und müssen, dass ihm die Arbeitgeberzuschüsse ausgezahlt worden seien und der gesamte Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht an sie (die Beklagten) abgeführt worden sei. Die Nacherhebung bedeute für den Kläger keine Mehrbelastung, da nicht mehr verlangt werde, als bei fristgemäßer Entrichtung zu zahlen gewesen wäre. Den finanziellen Verhältnissen des Klägers sei durch das Angebot von Vergleichs- und Ratenzahlungsvereinbarung Rechnung getragen worden. Mithin lägen die Voraussetzungen für eine Verwirkung der Beitragsforderung nicht vor. Da trotz Aufforderung der Kläger die fälligen Beiträge nicht fristgerecht überwiesen habe, seien die Beiträge für die Monate Dezember 2006 bis Juli 2011 zulässigerweise unter Erhebung einer Mahngebühr und von Säumniszuschlägen angefordert worden.
Hiergegen erhob der Kläger am 16. Juli 2012 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), die unter Aktenzeichen S 19 KR 3923/12 anhängig ist. Am 25. Juli 2012 beantragte er (sinngemäß) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Widerspruchsbescheid. Die Forderung sei verjährt. Die Bescheide seien nicht hinreichend bestimmt, da nicht erkennbar sei, wie sich die Beitragsforderung zusammensetze. Der Anspruch sei verwirkt, denn mit der Bemerkung, er müsse sich nicht um die Beitragszahlung kümmern, hätten die Beklagten eine Vertrauensgrundlage geschaffen. Auch hätten die Beklagten über sechs Jahre den Einzug der Beiträge unterlassen. Er habe darauf vertraut, dass - wie zuvor während der Versicherung bei der M. - sein Arbeitgeber die Beiträge direkt an die Beklagten überweise. Er habe den Fehler nicht aufdecken können, weil die Gehaltsabrechnungen vom Februar 2005 und März 2005 im Abgleich keine Veränderung aufgewiesen hätten. Er habe in Unkenntnis der Tatsache, dass die Beiträge nicht für ihn vom Arbeitgeber entrichtet worden seien, den vom Arbeitgeber erhaltenen Zuschuss für den Unterhalt seiner Familie verwendet. Steuerberater, Finanzamt und verschiedene Bankberater hätten nicht festgestellt, dass keine Beiträge gezahlt worden seien. Anstatt der vierjährigen Verjährung müsse eine Rückzahlungsfrist von einem Jahr gelten, weil er in den Status eines Firmenzahlers eingetreten sei. Die Verjährungsfristen müssten zur Vermeidung einer Diskriminierung gegenüber Pflichtversicherten einheitlich ein Jahr betragen. Durch die sofortige Vollziehung drohten wesentliche Nachteile, wie der Verlust des belasteten Eigenheims und des Arbeitsplatzes, da er psychisch schwer angeschlagen sei.
Die Beklagten traten dem Antrag entgegen. Hinsichtlich der Elternzeit liege keine Unterbrechungsmeldung des Arbeitgebers vor. Da kein unter der Bemessungsgrenze liegendes Einkommen nachgewiesen sei, wirke sich dies nicht auf die Höhe der Beiträge aus.
Nach Durchführung eines Erörterungstermins lehnte das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 29. Oktober 2012 ab. Zur Begründung führte das SG aus, in Fällen, in denen - wie bei Beitragsforderungen - von Gesetzes wegen Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung hätten, sei die Vollziehung nur dann auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestünden oder die Vollziehung für den Verpflichteten eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel bestünden vorliegend nicht. Der Kläger sei als freiwillig Versicherter Beitragsschuldner. Die Beiträge seien durch das Mitglied allein zu tragen, also auch zu zahlen. Dieser Verpflichtung könne sich der Kläger nicht entledigen. Selbst wenn mit dem Arbeitgeber vereinbart gewesen wäre, dass dieser die Beiträge zahle, hätte der Beitragsschuldner hierfür das Risiko getragen. Die geltend gemachten Beitragsnachforderungen seien nicht verjährt und nicht verwirkt. Für letzteres genüge nicht, dass die Beklagten die Forderungen mehrere Jahre nicht geltend gemacht hätten und der Kläger davon ausgegangen sei, mit seinen Beiträgen sei alles in Ordnung. Bloßes Nichtstun reiche als Verwirkungsverhalten regelmäßig nicht aus, ein konkretes Verhalten des Gläubigers müsse beim Schuldner die berechtigte Erwartung wecken, dass die Beitragsforderung nicht bestehe oder nicht geltend gemacht werde. Dies sei auch hinsichtlich der Aufnahmemitteilung nicht der Fall. Diese erwecke den Eindruck, der Kläger müsse sich nicht um die Überweisung kümmern, nicht etwa, die Beklagten verzichteten auf Beiträge. Die Vollziehung führe auch nicht zu einer nicht durch öffentliche Interessen gebotenen Härte, insbesondere angesichts des Vergleichsangebots mit vollständigem Verzicht auf die Arbeitnehmeranteile und die ausdrücklich angebotene Ratenzahlung.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 30. Oktober 2012 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 28. November 2012 Beschwerde erhoben. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und trägt vor, eine unbillige Härte liege vor, denn aufgrund der verspäteten Durchsetzung der Forderung entstehe ihm ein unzumutbarer Nachteil. Der Fehler der Beklagten bzw. die fehlerhafte Meldung seitens seines Arbeitgebers an die Beklagten, könne nicht zu seinen Lasten gehen. Aus seinen Gehaltsabrechnungen habe er nicht ersehen könne, dass keine Beiträge gezahlt worden seien. Er sei nicht in der Lage, eine Ratenzahlung zu erbringen, von seinem monatlichen Gehalt bleibe kein Überschuss, es drohe Obdachlosigkeit. Wegen der unerwarteten Rückforderung der Beklagten seien erhebliche psychische und familiäre Probleme entstanden.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Oktober 2012 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage S 19 KR 3923/12 anzuordnen.
Die Beklagten beantragen,
die Beschwerde des Klägers zurückzuweisen.
Sie halten den angefochtenen Beschluss des SG für zutreffend. Da im Bescheid vom 4. Oktober 2011 der Monat Dezember 2006 nicht mehr genannt ist, haben die Beklagten auf Säumniszuschläge für diesen Monat in Höhe von EUR 33,00 EUR verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Senatsakte, die SG-Akten zum Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes S 19 KR 4109/12 ER und zum Klageverfahren S 19 KR 3923/12 sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
II.
1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen. In der Hauptsache wäre die Berufung statthaft. Denn der Kläger wendet sich gegen eine Nachforderung in Höhe von EUR 36.851,10, sodass in der Hauptsache der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 überschritten wäre.
2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das SG hat es zu Recht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der von den Beklagten geforderten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Säumniszuschläge anzuordnen.
a) Vorläufiger Rechtsschutz findet hier gem. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG statt. Die Klage gegen die Bescheide vom 31. August 2011, 4. Oktober 2011, 19. März 2012 und den Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2012 hat nicht bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Nach Abs. 1 des mit Wirkung ab 2. Januar 2002 durch Art. 1 Nr. 35 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des SGG (6. SGG-ÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl. I S. 2144) eingefügten § 86a SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage zwar grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Bis zu diesem Zeitpunkt galt der umgekehrte Grundsatz, wonach Rechtsmittel im sozialgerichtlichen Verfahren nur aufschiebende Wirkung hatten, wenn dies im Gesetz ausdrücklich angeordnet war (Timme NZS 2004, 292f.). Nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt jedoch die aufschiebende Wirkung bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Die Regelung dient der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Leistungsträger der Sozialversicherung (vgl. BT-Drs. 14/5943, S. 25).
b) Die fehlende aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gilt auch hinsichtlich der Festsetzung von Säumniszuschlägen. Hierbei kann offen bleiben, ob Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG Nebenkosten oder selbst öffentliche Abgaben sind (so Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. März 2009 - L 1 KR 45/09 B ER -; in juris, unter Hinweis auf BT-Drs. 7/4122, S. 34). Jedenfalls lässt sich § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG entnehmen, dass die aufschiebende Wirkung umfassend immer dann entfallen soll, wenn die Anfechtung solche öffentlich-rechtlichen Geldforderungen betrifft, die ein Hoheitsträger zur Deckung seines Finanzbedarfs für die Erfüllung seiner öffentlich-rechtlichen Aufgaben erhebt. Zu diesen Forderungen gehören auch die Säumniszuschläge. Sie sind nicht nur ein Druckmittel (so aber Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 10. Aufl,. § 86a Rn. 13a), sondern sie sollen die Sozialleistungsträger auch so stellen, wie sie stehen würden, wenn die Versicherten ihrer Beitragspflicht ordnungsgemäß nachgekommen wären (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Der Säumniszuschlag soll auch einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Beiträge den Versicherungsträgern nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen; es handelt sich damit um einen standardisierten Mindestschadensausgleich (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 13 RJ 28/03 R -; in juris).
3. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide vom 31. August 2011, 4. Oktober 2011, 19. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2012 ist auf den Antrag des Klägers nicht anzuordnen. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die gerichtliche Eilentscheidung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG beruht auf einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, regelmäßig also des (privaten) Aufschubinteresses des Klägers auf der einen und des (öffentlichen) Vollziehungsinteresses der Behörde bzw. der Allgemeinheit auf der anderen Seite. Da der vorläufige Rechtsschutz den Hauptsacherechtsschutz sichern soll, sind für diese Interessenabwägung die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs grundsätzlich ausschlaggebend. Wird der Hauptsacherechtsbehelf aller Voraussicht nach erfolgreich sein, überwiegt regelmäßig das private Aufschubinteresse des Klägers, andernfalls kommt dem öffentlichen Vollziehungsinteresse regelmäßig der Vorrang zu. Ist keiner dieser Fälle der erkennbaren Aussichtslosigkeit der Klage bzw. des Widerspruchs oder der erkennbaren Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes gegeben, so sind die beteiligten Interessen anhand sonstiger Umstände im Einzelfall zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen.
Hinsichtlich des Umfangs der Ermittlungen sind - unbeschadet der Geltung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG) auch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren - der Eilcharakter des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens und das Risiko einer etwaigen Abweichung von der künftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Das gilt auch für die Prüfungsdichte des Gerichts. Regelmäßig genügt danach eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage auf der Grundlage unstreitiger oder glaubhaft gemachter Tatsachen bzw. auf der Grundlage der von den Beteiligten vorgelegten oder in angemessener Zeit erreichbaren Beweismittel. Drohen besonders schwerwiegende Eingriffe in grundrechtlich geschützte Güter, die nur schwer oder gar nicht mehr rückgängig gemacht werden können, ist eine besonders eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage, wenn möglich eine Vollprüfung, geboten. Kommt das aus Zeitgründen im Hinblick auf den Eilcharakter des Verfahrens nicht in Betracht, wird eine Folgenbetrachtung unter umfassender Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Güter des Antragstellers und der diesen drohenden Beeinträchtigungen den Ausschlag geben müssen (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 27. Oktober 2009, - 1 BvR 1876/09 -; Beschluss vom 15. März 2010, - 1 BvR 722/10 -; beide in juris; vgl. entsprechend auch Beschluss des Senats vom 14. Dezember 2011, - L 4 P 4355/11 ER-B -; nicht veröffentlicht).
Davon ausgehend ist auch der Senat der Auffassung, dass die mit der Klage angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 31. August 2011, 4. Oktober 2011, 19. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2012 über die Nachforderung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie über die Erhebung von Säumniszuschlägen von den Beklagten vollzogen werden dürfen. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Bescheide führt nach gegenwärtiger Sach- und Rechtslage nicht zu ernstlichen Zweifeln an ihrer Rechtmäßigkeit. Die daher vorzunehmende Interessenabwägung musste zugunsten der Beklagten ausfallen.
a) Die Forderung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. Juli 2011 in Höhe von EUR 34.264,87 durch den Bescheid vom 31. August 2011 ist nicht bestandskräftig, obgleich der Kläger es versäumte, gegen diesen Bescheid, der eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung enthält, fristgerecht Widerspruch einzulegen. Der Kläger legte erst mit Schreiben vom 23. Oktober 2011, bei den Beklagten eingegangen am 24. Oktober 2011, (schriftlich) Widerspruch ein. Der Kläger bestritt den Zugang dieses Bescheides nicht, sondern bezog sich im Widerspruchsschreiben vom 23. Oktober 2011 ausdrücklich auf ein Schreiben vom 31. August 2011. Der Senat geht deshalb davon aus, dass dem Kläger dieser Bescheid zeitnah zuging, jedenfalls vor dem 24. September 2011. Der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss berief sich allerdings nicht auf das Versäumen der Widerspruchsfrist, sondern entschied über den Widerspruch des Klägers in der Sache, so dass die Fristversäumnis geheilt ist.
b) Rechtsgrundlage für die geforderten Beiträge ist § 250 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. § 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach haben freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung den Beitrag selbst zu tragen (§ 250 Abs. 2 SGB V); der Beitrag ist von demjenigen zu zahlen, der ihn zu tragen hat (§ 252 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Für die Pflegeversicherung gilt § 59 Abs. 4 Satz 1 SGB XI. Der Kläger war seit seinem Beitritt zum 1. März 2005 freiwilliges Mitglied bei den Beklagten als abhängig Beschäftigter, der die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Er verdiente 2005 monatlich ca. EUR 4.100,00. Der Kläger überschritt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in dem gesamten Zeitraum, für den die Beklagten Beiträge nachfordern. Dies gilt auch für die Elternzeit im August und September 2009 und August 2010. 2009 hatte der Kläger bereits im Oktober ein Bruttoeinkommen von EUR 51.072,39; 2010 im August von EUR 44.545,98. Damit lag er 2009 bereits im Oktober über der Jahresarbeitsentgeltgrenze von EUR 48.600,00. 2010 lag diese bei EUR 49.650,00 und war vom Kläger im August also noch nicht erreicht. Da der Kläger aber anschließend unverminderte Einnahmen hatte, geht der Senat mangels gegenteiligen Vorbringens davon aus, dass die Einkünfte des Klägers für 2010 insgesamt die Jahresarbeitsentgeltgrenze überstiegen. Daher geht der Senat jedenfalls für das vorläufige Rechtsschutzverfahren davon aus, dass die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung wegen des nur kurzzeitigen Unterschreibens der Jahresarbeitsentgeltgrenze für jeweils einen Monat fortbestand, weil im Ergebnis für das ganze Jahr die Prognose des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze zutraf (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 1993 - 12 RK 48/91-; in juris).
b) Die Beiträge sind nach summarischer Prüfung im Wesentlichen zutreffend berechnet.
Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung wurde für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung durch die Satzung geregelt. Die Satzung der Krankenkasse musste nach der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I, S. 378), die zum 1. Januar 2009 in Kraft trat und seither gilt (Art. 46 Abs. 10 GKV-WSG), wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V in der Fassung des Art. 2 Nr. 29a1 GKV-WSG, die ebenfalls zum 1. Januar 2009 in Kraft trat (Art. 46 Abs. 10 GKV-WSG) und seitdem gilt, sind bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Nach § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V - durch das GKV-WSG nicht geändert - ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Nach § 56 Abs. 4 Satz 1 SGB XI ist bei freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung für die Beitragsbemessung § 240 SGB V entsprechend anzuwenden.
Weder aus den vorliegenden Akten noch dem Vorbringen des Klägers ergeben sich - abgesehen von den Monaten September 2009 sowie August 2010 (dazu sogleich) - Anhaltspunkte, dass die Beklagten der Bemessung der Beiträge zu hohe beitragspflichtige Einnahmen des Klägers, insbesondere aus seiner Beschäftigung, oder einen unzutreffenden Beitragssatz zugrunde legten.
Der Senat lässt es im vorläufigen Rechtsschutzverfahren dahinstehen, ob die Beiträge für September 2009 sowie August 2010 angesichts der geringeren Einkünfte in diesen Monaten (wegen des behaupteten Entfallens des vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelts) aufgrund der verringerten Arbeitszeit ebenfalls zutreffend festgesetzt worden sind. Die Beklagten hatten insoweit die Festsetzung zunächst zutreffend aufgrund der Prognoseentscheidung angesichts der regelmäßigen Einkünfte vorgenommen. Der Kläger hatte jedoch ausweislich der von ihm im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorgelegten Entgeltabrechnungen für September 2009 Einkünfte von brutto EUR 1.133,94 und im August 2010 von EUR 1.327,58. Die Einkünfte lagen somit unter seinem in den anderen Monaten gezahlten Arbeitsentgelt, so dass dies möglicherweise zu geringeren Beiträgen für diese Monate führen könnte. Ob die Beitragsfestsetzung auch für September 2009 und August 2010 rechtmäßig war, weil - wie von den Beklagten vorgetragen - keine Unterbrechung von mehr als einem Monat vorlag, und die niedrigeren Einkünfte nicht hinreichend nachgewiesen seien, kann im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht geklärt werden. Angesichts des geringen Anteils an der Gesamtforderung erscheint es nicht sachgerecht, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide betreffend die Beitragsnachforderung anzuordnen.
c) Die nachgeforderten Beiträge sind nicht verjährt. Gemäß § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind laufende Beiträge, die geschuldet werden, entsprechend den Regelungen der Satzung fällig. Nach § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Ausgehend von einer in den Satzungen der Kranken- und Pflegekassen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) üblichen Fälligkeit der Beiträge für Dezember 2006 am 15. Januar 2007, waren die nachgeforderten Beiträge bei Erlass der Bescheide vom 31. August 2011 und 4. Oktober 2011 unverjährt. Die Verjährung wäre erst mit Ablauf des 31. Dezember 2011 eingetreten.
d) Die Beitragsforderung ist aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes nicht verwirkt. Gründe, weshalb die Beitragsforderung der Beklagten gegen Treu und Glauben verstoßen könnte, sind nicht erkennbar. Zwar ist das Rechtsinstitut der Verwirkung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) für das Sozialversicherungsrecht, insbesondere die Nachforderung von Beiträgen für zurückliegende Zeiten, anerkannt. Diese setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung aber voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts für einen längeren Zeitraum unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls das verspätete Geltend machen nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen (z.B. BSG, Urteile vom 30. November 1978 - 12 RK 6/76 - und 14. Juli 2004 - B 12 KR 1/04 R -; beide in juris). Diese besonderen Umstände setzen voraus, dass der Verpflichtete in Folge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen würde (Vertrauensgrundlage), tatsächlich darauf vertraut und sein Verhalten darauf eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), so dass ihm durch die verspätete Geltendmachung ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG, a.a.O.). Dabei sind an das Verwirkungsverhalten strenge Anforderungen zu stellen, weil dem Interesse des Beitragsschuldners, das Ausmaß von Beitragsnachforderungen in angemessenen Grenzen zu halten, bereits durch die kurze Verjährungsfrist (hier: § 25 SGB IV) hinreichend Rechnung getragen ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. November 1978 - 12 RK 6/76 - a.a.O.).
Ein Verwirkungsverhalten der Beklagten ist weder in der Bemerkung, der Kläger müsse sich um die Beitragszahlung nicht kümmern, der Arbeitgeber überweise diese direkt, noch darin, dass die Beklagten diese mehrere Jahre lang nicht geltend gemacht haben, zu sehen. Einen Erklärungswert des Inhalts, dass die Beklagten bei bestehender Mitgliedschaft keine Beiträge erheben wollten, kann dem nicht entnommen werden. Daher kann dahinstehen, ob ein Vertrauensverhalten des Klägers darin erkennen sein soll, dass er seinen Lebenszuschnitt mit Kreditaufnahme und Hausbau auf ein von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen ungeschmälertes Einkommen zuzüglich der ihm überwiesenen Arbeitgeberanteile eingerichtet hat. Der Kläger hatte seit 1. März 2005 mit seiner gesamten Familie den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung. Es ist nicht erkennbar, dass er und seine im Rahmen der Familienversicherung versicherten Angehörigen davon abgehalten worden wären, Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen.
Schließlich ist nicht erkennbar, dass aus der nachträglichen Geltendmachung unzumutbare Nachteile entstehen. Eher erwachsen der Versichertengemeinschaft aus dem Unterbleiben des Einbehalts der Beiträge Nachteile (BSG, Urteil vom 23. Mai 1989 - 12 RK 23/88; in juris). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagten einen Vergleichsvorschlag unterbreitet haben, der dem Kläger - in Raten - nur die Summe abfordert, die er zu Unrecht von seinem Arbeitgeber vereinnahmt hat.
e) Auch die Voraussetzungen für den Anspruch der Beklagten auf Erhebung des Säumniszuschlags sind erfüllt. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf EUR 50,00 nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Bei summarischer Prüfung geht der Senat nach dem derzeitigen Sachstand davon aus, dass eine unverschuldete Unkenntnis des Klägers von der Zahlungspflicht, die der Erhebung des Säumniszuschlags entgegenstünde, nicht bestand.
Nach § 24 Abs. 2 SGB IV ist auf eine Beitragsforderung, die durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wurde, ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Der unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht steht sowohl fahrlässiges wie auch vorsätzliches Verhalten im Sinne von § 276 BGB entgegen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2010 - B 13 R 67/09 R -, in juris). Für fahrlässig verschuldete Unkenntnis genügt es, dass der Zahlungspflichtige sich nicht hinreichend um die Klärung der Beitragspflicht bei einem im Allgemeinen beitragspflichtigen Sachverhalt bemüht hat. Der Vortrag des Klägers, er habe gemeint, die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge seien ab März 2005 in dem Posten Sozialversicherungsbeiträge und Steuern enthalten und ihm sei nicht aufgefallen, dass der Arbeitgeber diese Beiträge nicht für ihn abgeführt habe, ist nicht nachvollziehbar. Beim Vergleich der Verdienstabrechnungen für Februar und März 2005 fällt auf, dass die Summe der Abzüge Sozialversicherungsbeiträge und Steuern etwa gleich, ein Arbeitgeberzuschuss Kranken- und Pflegeversicherung in beiden enthalten ist, im Februar 2005 aber mit einem Minus gekennzeichnet "freiwilliger Beitrag zur KV" und freiwilliger Beitrag zur PV" abgezogen wurden. Im März 2005 enthält die Verdienstabrechnung immer noch den Arbeitgeberzuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung von mehr als EUR 270,00, aber keine Abbuchung der Beiträge, die sich im Vormonat auf EUR 546,38 beliefen. Das Nettogehalt im März 2005 war dementsprechend bei nur geringfügigen Abweichungen der geleisteten Arbeitszeit und der vom Arbeitgeber gezahlten Erfindervergütung - also abgesehen von den nicht abgebuchten Beiträgen ohne erkennbaren Grund - mehr als EUR 650,00 höher.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
5. Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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