Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SB 3015/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5289/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Neufeststellung seines Grades der Behinderung (GdB) mit 100.
Der 1945 geborene Kläger ist griechischer Staatsangehöriger und hält sich seit mindestens 1986 erlaubt in der Bundesrepublik Deutschland auf. Für ihn wurde erstmals mit (Abhilfe-) Bescheid vom 17.11.1992 ein GdB von 50 festgestellt. Mit Bescheid vom 12.01.1999 wurde ein GdB von 60 festgestellt. Ein weiterer Änderungsantrag, mit dem der Kläger auch die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen G, B, H, aG und RF beantragte, wurde mit Bescheid vom 14.09.2004 abgelehnt. Auf den dagegen gerichteten Widerspruch stellte der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 03.03.2005 einen GdB von 70 und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G fest. Als Behinderungen berücksichtigte er eine koronare Herzkrankheit, abgelaufene Herzinfarkte, Bluthochdruck, Angina pectoris (GdB 50), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Wirbelsäulenverformung (GdB 30), Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks (GdB 20), Adipositas per magna (GdB 20), Gebrauchseinschränkung beider Arme (GdB 10), Entleerungsstörung der Harnblase (GdB 10). Widerspruch, Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 13.04.2005, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen – SG – vom 20.11.2006 – S 5 SB 1310/05, Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 06.08.2007 – L 1 SB 6447/06). Die dagegen zum Bundessozialgericht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (B 9 SB 59/07 B) nahm der Kläger zurück.
Am 25.02.2008 beantragte der Kläger die Feststellung eines GdB von 100 und des Merkzeichens G. Sein Gesundheitszustand habe sich dramatisch verschlechtert, er habe im September 2007 einen weiteren Herzinfarkt erlitten. Er habe sich zwei Monate in stationärer Behandlung in Griechenland befunden. Er müsse ständig Marcumar nehmen, außerdem habe sich im Brustbereich eine Verhärtung gebildet, die sich als Tumor herausstellen könne.
Dazu legte er einen vorläufigen Entlassungsbericht der Kreiskliniken R. vom 15.02.2008 vor. Dort wurde eine Sigmadivertikulitis diagnostiziert. Der Kläger wurde wegen Unterbauchbeschwerden behandelt, die sich auf Antibiotika besserten.
Er legte weiterhin einen Arztbrief des Kardiologen R. M. vom 21.02.2008 vor, der ihn wegen der Frage der Operationsfähigkeit zur Entfernung des Sigma untersuchte. Der Kläger wog bei der dortigen Untersuchung 110 kg bei 175 cm Körpergröße, der Blutdruck betrug 130/85 mmHg. Das Belastungs-EKG war bis 75 Watt über zwei Minuten möglich. Die Belastung wurde wegen Schmerzen in der Leiste abgebrochen. Eine Angina pectoris Symptomatik gab der Kläger nicht an. Der Kläger erlitt im Mai 2007 einen erneuten Hinterwandinfarkt in Athen. Dabei wurde ein Verschluss der rechten Kranzarterie festgestellt. In der Echokardiographie ergab sich eine große inferoposteriore Narbe, der Kläger war allerdings im Alltag beschwerdefrei. Die Marcumarisierung war nicht mehr erforderlich, eine Therapie mit einem Thrombozytenaggregationshemmer ausreichend.
Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. F., 02.06.2008) lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 03.06.2008 eine Änderung der bisherigen Entscheidung ab. Die geltend gemachte Sigmadivertikulitis bedinge keinen Einzel-GdB von wenigstens 10. Dagegen erhob der Kläger am 05.06.2008 Widerspruch, den der Beklagte nach erneuter Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. G., 18.06.2008) mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2008 zurückwies.
Dagegen erhob der Kläger am 21.08.2008 Klage zum SG, zu deren Begründung er zunächst seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholte und geltend machte, er habe Probleme mit dem rechten Bein. Die Arterie am rechten Oberschenkel sei durch die verschiedenen Katheteruntersuchungen verletzt worden. Ganz plötzlich könne er das rechte Bein nicht mehr belasten und er sacke in sich zusammen. Auch habe er Knieprobleme, deren Ursache noch nicht erforscht sei. Den ursprünglich auch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens G gerichteten Klageantrag nahm der Kläger nach Hinweis des Beklagten auf die bereits erfolgte Feststellung dieser Voraussetzungen zurück. In der Folge trug er vor, dass seine körperlichen Erkrankungen ihn auch psychisch beeinträchtigten.
Er legte einen Entlassungsbericht der Kreiskliniken R. vom 10.06.2008 vor, in dem er wegen zwei Lipomen an der linken Schulter und der linken Brustwand operativ behandelt worden war.
Nach einem Arztbrief des Kardiologen Dr. M. vom 19.05.2009 stellte sich der Kläger notfallmäßig dort vor, weil er seit einem Monat häufig einen hohen Blutdruck habe und auch schlecht Luft bekomme. Der Kläger war inzwischen 120 kg schwer, der Blutdruck lag bei 150/90 mmHg. Im Ruhe-EKG fand sich eine absolute Arrhythmie mit Vorhofflimmern. Dr. M. hielt eine erneute Marcumarisierung für unabdingbar.
Der Chirurg Dr. O. berichtete am 19.05.2009 über Schmerzen im rechten Hüftgelenk und rechten Knie sowie der Wirbelsäule. Es bestehe ein Rotationsschmerz vor allem bei der Außenrotation, die Beweglichkeit sei deutlich, die Beugung endgradig schmerzhaft. Es bestehe eine massive Coxarthrose beidseits, rechts mehr als links und ein degeneratives Wirbelsäulenleiden. Der Kläger legte u.a. einen Arztbrief des Prof. K. vom 01.10.1991 vor, der ihn wegen Beschwerden in der Brustwirbelsäule (BWS) behandelt hatte.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. M. teilte unter dem 19.01.2009 mit, dass der Kläger seit 22.02.2008 nicht mehr dort behandelt worden sei. Der Internist Dr. M. gab unter dem 10.02.2009 an, der Kläger habe sich wegen einer koronaren Zweigefäßerkrankung, eines Hinterwandinfarkts 1995, eines Myokardinfarkts 2004, einer arteriellen Hypertonie, Hyperlipidämie, Adipositas, eines Zustands nach Sigmaresektion wegen rezidivierender Divertikulitis am 03.04.2008, eines Zustand nach operativer Exzision von zwei Lipomen, degenerativer Wirbelsäulenveränderungen und Coxarthrose rechts III. Grades, einer allergischen Disposition und Penicillinallergie bei ihm in Behandlung befunden. Die Veränderungen in seinem Gesundheitszustand seien vorübergehend gewesen. Die Grunderkrankung am Herzen und der Wirbelsäule habe keinen Änderungen unterlegen, die letzte kardiologische Untersuchung sei im Februar 2008 gewesen. Der Bewertung des medizinischen Dienstes stimme er im Wesentlichen zu.
Das SG holte ein Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 14.10.2009 ein. Dort gab der Kläger an, in der Vergangenheit immer mal wieder Physiotherapie wegen der Beschwerden im Rücken in Anspruch genommen zu haben, allerdings nicht in den letzten zwölf Monaten. Er wache zwei bis dreimal pro Nacht auf und könne dann zunächst nicht wieder einschlafen. Er habe immer wieder Hautausschlag unklarer Ursache, eine dermatologische Untersuchung sei unauffällig verlaufen. Er gehe regelmäßig mit seinen Hunden morgens und abends eine Stunde spazieren. Die meisten Beschwerden habe er im unteren Rücken und in der Hüfte. Immer wieder verspüre er ein Ziehen im rechten Bein bis zum Fuß ausstrahlend. Dr. K. stellte fest, dass der Kläger angedeutet rechts hinke. Das Auskleiden erfolge sehr langsam. Die Beweglichkeit in BWS und Lendenwirbelsäule (LWS) sei end- bis mittelgradig eingeschränkt (Drehung 20/0/20°, Seitneigung 15/0/15°, Finger-Boden-Abstand 38 cm, Schober 10/12 cm, Ott 30/31 cm). Es bestehe ein Pseudolasègue bei 70° beidseits und ein Beckentiefstand von 1 cm nach rechts. Die Beweglichkeit der Hüftgelenke sei eingeschränkt (5/0/120° rechts, 0/0/130° links). An den Knien bestehe eine leichtgradige Funktionseinschränkung durch eine Gon- und Retropatellararthrose beidseits (140/0/0°). Eine deutliche Lockerung des Außenbandapparats bestehe nicht, der Innenbandapparat sei leichtgradig gelockert. Aufgrund der Röntgenbilder müsse von einem dritt- bis viertgradigen Knorpelschaden ausgegangen werden. Der Kläger habe beidseits Senk-Spreizfüße mit mäßiggradiger Arthrose und einen Fersensporn beidseits, die zu einer leichten Funktionsbeeinträchtigung führten. An den Schultergelenken würden keine Beschwerden geklagt, die Schultern seien frei beweglich. Bezüglich der als Behinderung anerkannten Gefühlsstörungen in den oberen Extremitäten ergäben sich keine Hinweise mehr. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bedinge einen GdB von 30, diejenige der Hüftgelenke 10, der Kniegelenke 10 und der Fußfehlstellung beidseits ebenfalls 10. Der Gesamt-GdB sei mit 70 zu bestätigen.
Der Kläger trug dazu vor, dass er nicht verstehe, warum der GdB weiterhin 70 betrage, obwohl die Addition der Werte 140 ergebe. Außerdem seien die Beschwerden in der Wirbelsäule allein mit einem GdB von 70 zu bewerten. Es sei auch nicht richtig, dass er regelmäßig mit den Hunden spazieren gehe. Das sei vor 10 Jahren gewesen, jetzt habe die Familie keine Hunde mehr. Er könne allenfalls noch wenige 100 m gehen und benötige seinen Stock und eine Person, die ihn stütze. Er könne auch allenfalls zwei Stufen Treppen steigen und 2 min stehen, dann müsse er sich setzen. Die Schmerzen seien inzwischen so stark, dass er mehrfach täglich in hoher Dosis Schmerzmittel nehmen müsse. Deshalb habe sich seine Depression auch verstärkt.
Mit Gerichtsbescheid vom 21.10.2010 wies das SG die Klage ab. Die Beeinträchtigung von Seiten des Herzens sei mit einem GdB von 50 weiterhin zutreffend berücksichtigt. Bezüglich der Beschwerden in der Wirbelsäule sei dem Gutachten von Dr. K. zu folgen. Aus den von ihm festgestellten Befunden lasse sich ein höherer GdB als 30 nicht ableiten. Der Beklagte habe deshalb zu Recht die Änderung der bisherigen Entscheidung abgelehnt.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 03.11.2010 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 15.11.2010 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er ausgeführt hat, er habe keine Kraft mehr, leide unter Gleichgewichtsstörungen und könne nur noch kürzeste Strecken zu Fuß gehen. Es müsse ihn immer jemand begleiten, weil ihm ganz plötzlich seine Beine versagen könnten und er dann einfach einknicke und zusammenbreche. Er leide an einer Coxarthritis, die wegen seiner Herzprobleme nicht operiert werden könne. Auch habe das SG nicht beachtet, dass er sich zwei Operationen, nämlich einer Entfernung von 50 cm des Darms und einer Entfernung der beiden Lipome habe unterziehen müssen. Er sei "mit den Nerven fertig", bekomme Panikattacken und leide unter Depressionen. Dazu hat er einen Medikamentenplan vorgelegt. Sein zu hoher Blutdruck sei bisher ebenfalls nicht berücksichtigt.
Der Kläger hat ein Pflegegutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 16.06.2011 vorgelegt, in dem keine Pflegestufe vorgeschlagen wurde. Bei der dortigen Untersuchung hat der Kläger angegeben, nachts schlecht zu schlafen und psychische Probleme zu haben. Er sei depressiv und ziehe sich zurück. Er habe Ängste und könne nicht mehr allein sein. Im Jahr 2010 habe er im Flugzeug eine Panikattacke erlitten. Seit einigen Jahren habe er ärztliche Behandlungen abgelehnt. Der Kläger bewege sich verlangsamt, stehe frei, der Nackengriff könne wegen Schmerzen nur bis hinter die Ohren durchgeführt werden, die grobe Kraft der Hände sei leicht vermindert, die Feinmotorik aber erhalten. Bücken sei schmerzhaft und führe nach Angaben des Klägers auch zu Schwindel. Es bestanden Unterschenkelödeme. Aufgrund der Schmerzen helfe seine Familie ihm beim Kleiden des Unterkörpers. Die psychischen Beschwerden seien bisher nicht fachärztlich behandelt. Die Alltagskompetenz sei nicht eingeschränkt.
Der Kläger hat am 20.02.2013 mitgeteilt, dass er in ein künstliches Koma habe versetzt werden müssen. Er könne deshalb zur mündlichen Verhandlung am 22.02.2013 nicht erscheinen. Sein aktueller Gesundheitszustand zeige, dass die Feststellung der Kardiologen nicht zutreffend seien.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. Oktober 2010 und den Bescheid des Beklagten vom 03. Juni 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2008 aufzuheben und einen GdB von 100 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Es sei nicht zutreffend, dass der hohe Blutdruck bisher nicht berücksichtigt sei. Zur weiteren Begründung bezieht er sich auf die angefochtenen Bescheide und schließt sich dem Gerichtsbescheid des SG an.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts die nunmehr behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Kardiologe Dr. V. hat unter dem 30.08.2012 mitgeteilt, es habe sich bei den Untersuchungen eine stabile kardiale Situation gezeigt. Im Langzeit-EKG habe sich durchgehend eine Tachyarrhythmia absoluta gezeigt. Es sei eine Betablocker-Therapie empfehlenswert. Die LV-Pumpfunktion sei leichtgradig reduziert, die linksseitigen Herzhöhlen deutlich dilatiert. Ergometrisch erreiche der Kläger 75 Watt. Das entspreche einer deutlich reduzierten Belastbarkeit.
Der Chirurg Dr. O. hat am 17.09.2012 angegeben, den Kläger am 18.05.2009 und danach wieder am 25.05.2011 gesehen zu haben. Es seien Beschwerden in der Hüfte und der Wirbelsäule zu klären gewesen. Es bestehe eine Wirbelsäulendegeneration (Inaktivitätsbeschwerden), die er als durchaus altersentsprechend ansehe. Im Vordergrund stünden die Beschwerden in der Hüfte. Diesbezüglich sei eine Operation notwendig.
Dr. O. hat einen Entlassungsbericht des Universitätsklinikums T. vom 15.09.2011 vorgelegt, in dem der Verdacht auf eine akute Bronchitis geäußert worden ist. Es habe eine schwere Atemnot vorgelegen. In den Lungen sei ein ausgeprägtes Giemen und Brummen feststellbar gewesen. Es bestehe der Verdacht auf Vorliegen einer COPD. Der Blutdruck habe bei 140/85 mmHg gelegen.
Er hat weiterhin einen Arztbrief des Orthopäden PD Dr. K., Universitätsklinikum T. vom 15.06.2011 übersandt, der eine Coxarthrose rechts festgestellt hat. Es bestehe ein Entlastungshinken rechts bei geradem Beckenstand (Extension/Flexion 0/0/85°, Rotation 5/0/30, Abduktion 20/0/30°). Er empfehle die Implantation einer Hüftgelenksendoprothese bei anhaltenden Beschwerden.
Der Orthopäde Prof. Dr. W. hat die Anfrage unter dem 21.09.2012 beantwortet. Dort hat der Kläger sich am 06. und 07.06.2011 vorgestellt. Der Kläger habe über rechtsseitige Hüftbeschwerden geklagt. Es habe eine Bewegungseinschränkung auf 85° Flexion bestanden. Das entspreche einer leichtgradigen Funktionsbeeinträchtigung. Insofern sei ein GdB von 10 anzunehmen.
Der Neurologe und Psychiater Dr. P. hat unter dem 17.10.2012 ausgeführt, der Kläger sei nur am 02.08.2011 einmalig zu ambulanten Behandlung bei ihm gewesen. Er habe eine uncharakteristische, den Alltag einschränkende Angstsymptomatik beschrieben, die er in Zusammenhang mit mehreren Herzinfarkten gebracht habe. Sie trete vor allem auf, wenn er allein im Auto oder Flugzeug sitze und bewirke Herzrasen und Luftnot. Der Kläger sei bei der Untersuchung affektiv gedrückt und im Antrieb reduziert gewesen und neige zum Grübeln. Außerdem habe er Ein- und Durchschlafstörungen angegeben. Dr. Pape hat im Hinblick auf die nur einmalige Untersuchung den GdB mit 20 eingeschätzt, weil er vermute, dass die depressive Störung und die Angststörung zu einem sozialen Rückzug und Vermeidungsverhalten geführt haben.
Der Kläger hat einen Entlassungsbericht des Universitätsklinikums T. vom 13.03.2013 über eine stationäre Behandlung vom 11.02.2013 bis 13.03.2013 wegen einer schweren koronare Herzerkrankung, eines akuten Koronarsyndroms am 11.02.2013 mit mehrfacher Reanimation, kardiogenen Schocks mit koronarer Intervention mit Drug eluting Stents und Komplikation Hauptsstammdissektion mit Notwendigkeit zur ECLS Anlage, eines permanenten Vorhofflimmerns bei arterieller Hypertonie, Nikotinabusus und Adipositas als kardiovaskulären Risikofaktoren, COPD mit rezidivierenden Infekten, Zustand nach Sigmaresektion bei Sigma-Divertikulitis, latenter Hyperthyreose. Es bestehe eine beginnend mittelgradig reduzierte globale LV-Funktion, mit EF ca. 50%, bester Kontraktilität septal, eine Akinesie der lateralen Wand, eine zentrale Aortenklappeninsuffizienz I.° und eine Mitralklappeninsuffizienz I.°.
Der Senat hat den vorläufigen Entlassungsbericht der Fachklinik S. vom 10.04.2013 und zuletzt deren endgültigen Entlassungsbericht vom 18.04.2013 über die im Anschluss an die Behandlung im Universitätsklinikum S. vom 13.03.2013 bis 01.04.2013 erfolgte Rehabilitation beigezogen (Diagnosen: schwere koronare Herzerkrankung, koronare Herzerkrankung, kardiogener Schock, arterielle Hypertonie, Z.n. mehrfacher Reanimation, COPD, Sigmadivertikulitis, Sigmaresektion 2008, chronische Niereninsuffizienz Stadium III).
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Reutlingen sowie die beim Senat angefallene Akte.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Dem Kläger steht derzeit kein höherer GdB als 70 zu.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen – welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören – zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 – 9 RVs 15/96 – BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 – B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3 3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 mwN). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, aaO, RdNr 30).
Nach diesen Kriterien ist eine wesentliche Änderung in den Beschwerden des Klägers nicht eingetreten. Die Beschwerden von Seiten des Herzen einschließlich des Bluthochdrucks sind mit einem GdB von 50 ausreichend bewertet. Nach Nr. 9.1.3 Teil B VG ist der GdB nach einem Herzinfarkt von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei Rhythmusstörungen richtet sich die Beurteilung des GdB vor allem nach der Leistungsbeeinträchtigung des Herzen. Anfallsweise auftretende hämodynamisch relevante Rhythmusstörungen wie z.B. paroxysmale Tachykardien bedingen je nach Häufigkeit, Dauer und subjektiver Beeinträchtigung einen GdB von 10 bis 30 ohne dauernde Leistungsbeeinträchtigung und 40 und mehr bei andauernder Leistungsbeeinträchtigung des Herzen. Werden die Rhythmusstörungen durch Implantation eines Herzschrittmachers beseitigt, so wird ein GdB von 10 berücksichtigt, Nr. 9.1.6 Teil B VG. Nach Nr. 9.1.1 Teil B VG wird eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung und Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung bis 75 Watt mit einem GdB von 20 bis 40 bewertet. Bei einer Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung und Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt über wenigstens zwei Minuten wird ein GdB von 50 bis 70 angenommen. Ein Bluthochdruck leichter Form, d.h. ohne oder mit geringer Leistungsbeeinträchtigung führt nach Nr. 9.3 Teil B VG zu einem GdB von 0 bis 10, erst bei einer mittelschweren Form, d.h. bei Organbeteiligung oder einem diastolischen Blutdruck mehrfach über 100 mmHg wird ein höherer GdB angenommen.
Beim Kläger liegt in Folge von vier erlittenen Herzinfarkten eine Leistungsbeeinträchtigung des Herzen vor. Er befand sich bei der letzten kardiologischen Untersuchung durch Dr. V. in kardial beschwerdefreiem Zustand. Das Belastungs-EKG war bis 75 Watt über zwei Minuten möglich, ohne dass es zu pathologischen Messdaten kam. Der Abbruch der Erprobung erfolgte wegen peripherer Erschöpfung und Beschwerden in den Beinen. Darüber hinaus besteht eine absolute Arrhythmie, die aber durchgehend vorhanden ist und nicht anfallsartig auftritt. Im März 2013 wurde der Kläger deshalb mit einem Herzschrittmacher und Defibrillator versorgt. Darüber hinaus bestehen narbige Veränderungen am Herzen und ein zu hoher Blutdruck, der unter Medikation nach den von den befragten Ärzten angegeben Werten im normotonen Bereich liegt, aber schon Veränderungen am Herz herbeigeführt hat. In der Zusammenschau dieser Beschwerden ist für die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers im Bereich von Herz und Kreislauf jedenfalls kein höherer GdB als 50 festzustellen, nachdem die dokumentierten Leistungsbeeinträchtigungen allein einen GdB von allenfalls 30 rechtfertigen.
Etwas Anderes ergibt sich (derzeit) auch nicht aus dem Entlassungsbericht des Universitätsklinikums T. vom 13.03.2013 und dem endgültigen Entlassungsbericht der Fachklinik S. vom 18.04.2013. Es ergeben sich zwar Hinweise darauf, dass sich die kardiologischen Beschwerden akut verschlimmert hatten. Daraus kann aber nicht auf eine bleibende Verschlimmerung der gesundheitlichen Situation des Klägers über einen Zeitraum von wenigstens sechs Monaten geschlossen werden. Vielmehr hält die Therapie noch an. Mit der Implantation eines Herzschrittmachers und der kardiochirurgischen Intervention in der Uniklinik T. ist der Verschluss von Arterien im Bereich des Herzen einer Therapie unterzogen worden, die bisher nicht abgeschlossen ist und deren Erfolg deshalb zunächst abgewartet werden muss. Es ist nach den vom Senat eingeholten Befunden der Fachklinik S. sogar eher eine positive Änderung der gegenwärtigen akuten Situation zu erwarten, so dass auch prognostisch nicht (jetzt schon) von einer wesentlichen Verschlimmerung ausgegangen werden kann. In der Anschluss-Heilbehandlung im März 2013 in der Fachklinik S. erreichte der Kläger mit dem Fahrradergometer beschwerdefrei 90 Watt ohne Angina Pectoris (Entlassungsbericht der Fachklinik S. vom 18.04.2013), was letztlich sogar eine Verbesserung gegenüber dem Vorbefund mit einer möglichen Herzbelastung bis 75 Watt bedeutet. Ebenso ergibt sich aus dem Entlassungsbericht vom 18.04.2013, dass die Blutdruckwerte zuletzt unter medikamentöser Behandlung wieder im Normalbereich lagen.
Der Senat sieht hier auch keine Ansatzpunkte für weitere Ermittlungen, denn der weitere Heilungsverlauf ist zunächst abzuwarten. Es steht dem Kläger insofern frei einen weiteren Neufeststellungsantrag zu stellen, sofern sich die Hoffnung auf eine Stabilisierung der akuten Situation durch die therapeutischen Bemühungen der Ärzte nicht erfüllen sollte.
Die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule bedingen allenfalls einen GdB von 20. Nach Nr. 18.9 Teil B VG bedingen Wirbelsäulenschäden, die keine Bewegungseinschränkung oder Instabilität verursachen einen GdB von 0. Bei geringen funktionellen Auswirkungen wird ein GdB von 10 angenommen, bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, d.h. Verformung, häufig rezidivierenden oder anhaltenden Bewegungseinschränkungen oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierenden und über Tage andauernden Wirbelsäulensyndromen wird ein GdB von 20 angenommen. Ein GdB von 30 ist gerechtfertigt bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt mit z.B. häufig rezidivierenden und Wochen andauernden ausgeprägten Wirbelsäulensyndromen oder bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten.
Nach dem Gutachten von Dr. K. hat der Kläger zwar degenerative Wirbelsäulenveränderungen, die auch zu einer gewissen Einschränkung der Beweglichkeit der LWS geführt haben. Neurologische Ausfallerscheinungen sind nicht eingetreten, Dr. O. bezeichnet diese Erscheinungen sogar als durchaus altersentsprechend, so dass er im Ergebnis sogar davon ausgeht, dass für diese Beeinträchtigung überhaupt kein eigener GdB anzuerkennen ist. Eine Behandlung dieser Beschwerden fand zwischen 2009 und 2011 nicht statt. Nur unter Berücksichtigung der im Bereich des unteren Rückens mitgeteilten Schmerzen mit dauernder Schmerzmedikation und der Einschränkung der Beweglichkeit im Sinne eines sehr großen Finger-Boden-Abstands und der eingeschränkten Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule ist ein GdB von 20 weiterhin angemessen. Mittelgradige oder gar schwere Auswirkungen in einem oder mehreren Wirbelsäulenabschnitten lassen sich aus den vorliegenden Befunden nicht ableiten. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule ist von Dr. K. als frei bezeichnet worden, eine Behandlung von Beschwerden in diesem Bereich fand einmalig im Jahr 2004 (Gefühlsstörungen in den Armen) statt. Auch die Brustwirbelsäule war bei der Untersuchung durch Dr. K. fast frei entfaltbar, wesentliche Beeinträchtigungen in der Beweglichkeit hat Dr. K. nicht befundet und auch Dr. O. nicht mitgeteilt.
Die Beschwerden von Seiten der Hüften sind mit einem GdB von 20 weiterhin ausreichend berücksichtigt. Gemäß Nr. 18.14 Teil B VG ist eine Bewegungseinschränkung des Hüftgelenks geringen Grades, die zu einer Streckung/Beugung bis zu 0/10/90 führt, mit einem GdB von 10 bis 20 zu bewerten. Bei beidseitigem Auftreten besteht ein höherer GdB. Nach den aktuellsten Befunden von Prof. Dr. W. bzw. PD Dr. K. vom Juni 2011 ist die rechte Hüfte in ihrer Beweglichkeit so weit eingeschränkt, dass der Kläger dieselbe nur noch bis 85° beugen und nicht überstrecken kann. Betreffend die linke Hüfte hat Dr. K. eine Beweglichkeit bis 130° festgestellt. Der Kläger weist rechts ein Schonhinken auf. Der Kläger hat weiterhin geschildert, dass ihm manchmal unwillkürlich das rechte Bein wegknicke und er dann zusammenbreche. Diese Symptomatik ist von keinem der befragten Ärzte bestätigt worden. Selbst wenn man diese Schilderung zugrunde legen wollte, resultiert daraus kein höherer GdB als 20, denn das Wegknicken ist im Rahmen der Bewegungseinschränkung der rechten Hüfte und der damit verbundenen Schmerzhaftigkeit beim Gehen zu berücksichtigen. In der Gesamtschau dieser Beschwerden ergibt sich ein GdB von 20.
Die Beschwerden des Klägers in den Knien bedingen keinen GdB von wenigstens 10. Nach Nr. 18.14 Teil B VG bedingt eine muskulär kompensierbare Lockerung des Kniebandapparats einen GdB von 10. Ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke mit anhaltenden Reizerscheinungen ohne Bewegungseinschränkungen bedingen bei einseitiger Betroffenheit einen GdB von 10 bis 30, mit Bewegungseinschränkung von wenigstens 20. Nach den Befunden von Dr. K. kann der Kläger seine Knie normal bewegen. Im Röntgenbild ist eine Arthrose erkennbar, die Dr. K. zu der Annahme einer Knorpelschädigung veranlasst hat. Anhaltende Reizerscheinungen hat weder Dr. K. noch Dr. O. oder PD Dr. K. oder Prof. W. mitgeteilt. Der Kniebandapparat ist nicht gelockert, nur die Innnenbänder weisen eine leichte Lockerung auf, eine Lockerung des Außenbandapparats hat Dr. K. ausdrücklich verneint. Von einer Lockerung des gesamten Kniebandapparats kann deshalb nicht ausgegangen werden. Eine Behandlung von Kniebeschwerden hat in den vergangenen Jahren nicht stattgefunden. Ein GdB von 10 lässt sich aus diesen Beschwerdeschilderungen nicht ableiten.
Der von Dr. K. festgestellte Senk-Spreizfuß bedingt ebenfalls keinen GdB von wenigstens 10. Nach Nr. 18.14 Teil B VG werden andere Fußdeformitäten als ein Klumpfuß ohne wesentliche statische Auswirkungen mit einem GdB von 0 berücksichtigt. Beim Kläger besteht ein Senk-Spreizfuß, eine wesentliche statische Auswirkung desselben hat Dr. K. nicht dargestellt. Ein GdB von wenigstens 10 ergibt sich daraus auch unter Berücksichtigung des Fersensporn nicht.
Die in der Vergangenheit festgestellte Behinderung im Bereich der Arme besteht heute nicht mehr. Dafür spricht sowohl das Gutachten von Dr. K. als auch das vom Kläger selbst vorgelegte Gutachten des MDK. In beiden sind keine bzw. nur sehr geringe Bewegungseinschränkungen in den oberen Extremitäten dargestellt, die grobe Kraft und die Feinmotorik sind weitgehend erhalten, lediglich der Nackengriff ist aufgrund vom Kläger geschilderter Schmerzen leicht eingeschränkt. Eine Behandlung dieser Symptomatik findet nicht statt. Ein GdB von wenigstens 10 ergibt sich gemäß Nr. 18.13 Teil B VG daraus nicht.
Betreffend die Blasenentleerungsstörung ergeben sich keine neuen Erkenntnisse, der Kläger trägt insofern nichts Neues vor. Aus den vorliegenden Arztbriefen, Gutachten und ärztlichen Zeugenaussagen ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine höhergradige Einschränkung durch diese Behinderung, so dass ein GdB von mehr als 10 jedenfalls nicht gerechtfertigt ist. Sofern im vorläufigen Entlassungsbericht der Fachklinik S. nunmehr erstmalig als Diagnose eine chronische Niereninsuffizienz Stadium III mitgeteilt wird, ergibt sich daraus derzeit kein GdB von mehr als 10. Eine Niereninsuffizienz Stadium III bezeichnet eine Nierenkrankheit mit moderater Nierenfunktionseinschränkung mit einer glomulären Filtrationsrate unter 60 ml/min/1,73 m² ( Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch – online, Stichwort: Niereninsuffizienz, Fachgebiet Inn. Medizin Nephrologie, recherchiert am 17.04.2013).
Nach Nr. 12.1.3 Teil B VG bedingt eine geringfügige Einschränkung der Kreatininclearance auf 50-80 ml/min bei im Normbereich liegenden Serumkreatininwerten keinen messbaren GdB. Bei einer Nierenfunktionseinschränkung leichten Grade mit Serumkreatininwerten unter 2 mg/dl und einem dadurch nicht oder nicht wesentlichen reduzierten Allgemeinbefinden ohne Einschränkung der Leistungsfähigkeit wird ein GdB von 20 bis 30 angenommen. Beim Kläger liegt nunmehr eine chronische Niereninsuffizienz im Stadium III vor, das schon nach Definition nicht von vorneherein Serumkreatininwerte unter 2mg/dl indiziert. Die in der Vergangenheit jeweils festgestellten Kreatininwerte lagen jedoch im Referenzbereich (vgl. Berichte des Universitätsklinikums T. vom 20.05.2004 und vom 15.09.2011, K. S. vom 19.07.2004 und Kreiskliniken R. vom 15.02.2008). Hinweise auf eine dauerhafte wesentliche Reduzierung des Allgemeinbefindens durch diese Diagnose ergeben sich aus den vorliegenden Unterlagen einschließlich des Entlassungsberichts des Uniklinikums T. und der Fachklinik S. nicht. Nach dem Entlassungsbericht der Fachklinik S. vom 18.04.2013 bedarf der Kläger insofern (erstmals) einer Medikation mit Allupurinol. Aus den mitgeteilten Laborbefunden ergibt sich, dass unter dieser Medikation zuletzt die Serumkreatininwerte wieder im Normbereich lagen. Diesbezüglich ist die im Entlassungsbericht aufgeführte Diagnose einer chronischen Niereninsuffizienz, die in den aktenkundigen vorausgegangenen internistischen Befunden bislang nicht gestellt worden war, nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Eine dauernde Funktionsbeeinträchtigung mit einem GdB von wenigstens 10 ergibt sich daraus nach dem jetzigen Stand noch nicht. Diesbezüglich drängen sich auch keine weiteren – auch nicht zur fachärztlichen Erläuterung der Diagnose – Ermittlungen auf, da eine wesentliche Verschlechterung mit der erstmals im April 2013 gestellten Diagnose nicht feststeht.
Die vom Kläger geschilderte Gleichgewichtsproblematik hat keiner der behandelnden und begutachtenden Ärzte bestätigen können. Lediglich im Gutachten des MDK vom Juni 2011 finden sich Hinweise auf Klagen betreffend einen Schwindel beim Bücken, der vom Kläger aber dort allenfalls als auch vorkommend geschildert wird. Diese Schilderung spricht nicht für besondere Beeinträchtigungen durch den Schwindel, der auch sonst keinem der behandelnden Ärzten geschildert oder – insbesondere auch nicht durch den Neurologen Dr. P. – festgestellt worden ist. Ein GdB von wenigstens 10 ist nicht zu berücksichtigen.
Die beim Kläger vorliegende alimentäre Fettsucht (Adipositas) bedingt allenfalls einen GdB von 10. Nach Nr. 15.3 Teil B VG bedingt die Adipositas allein keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden am Stütz- und Bewegungsapparat und dem kardiopulmonalen System können die Annahme eines GdB begründen. Nach diesen Kriterien kann die beim Kläger vorliegende Adipositas per magna mit einem Gewicht von 120 kg bei einer Körpergröße von 175 cm allenfalls unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich aufgetretenen Beschwerden in Knien, Füßen, Hüften und von Seiten des Herzens die Zuerkennung des GdB von 10 rechtfertigen, wie schon der 1. Senat im Urteil vom 06.08.2007 dargelegt hat.
Von Seiten der Lungen und Bronchien ist kein eigener GdB festzustellen. Der Kläger hat im Jahr 2011 zweimal eine akute Bronchitis mit der Notwendigkeit der Gabe von Antibiotika erlitten, die zu akuter Atemnot geführt hat. Hinweise darauf, dass diese Bronchitis zu bleibenden Schäden im Bereich von Lunge oder Bronchien geführt haben, ergeben sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht. Entsprechendes macht der Kläger auch nicht geltend. Allein der bisher nicht bestätigte Verdacht auf das Vorliegen eines COPD rechtfertigt keinen eigenen GdB.
Die psychischen Beschwerden des Klägers bedingen allenfalls einen GdB von 20. Nach Nr. 3.7 Teil B VG werden leichtere psychovegetative und psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 bewertet. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit werden mit einem GdB von 30 bis 40 festgestellt. Nach der Aussage von Dr. P. war der Kläger einmalig zur psychiatrischen Untersuchung. Eine Behandlung findet weder durch einen Psychiater noch durch einen Psychotherapeuten statt. Der Kläger ist gedrückt, beschreibt sich selbst – auch schon bei der Begutachtung durch den MDK im Juni 2011 – als depressiv und ihm fehlt der Antrieb. Weiterhin hat er eine Angststörung, die im Jahr 2010 einmalig zu einer Panikattacke im Flugzeug geführt hat. Dr. P. vermutet deshalb ein Vermeidungsverhalten mit sozialem Rückzug. Dafür spricht die über zwei Jahre andauernde Weigerung Fachärzte aufzusuchen. Dagegen spricht, dass der Kläger offenbar in den Tagesablauf seiner Familie, d.h. seiner Frau, seiner Tochter und seines Sohnes eingebunden ist und auch seinen Hausarzt regelmäßig konsultiert. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ist daraus in Übereinstimmung mit Dr. P. nicht abzuleiten. Ein GdB von 20 ist für diese Behinderung angemessen, aber auch ausreichend. Soweit im Reha-Entlassungsbericht der Fachklinik S. wegen der psychischen Reaktion auf die schwere Herzerkrankung nunmehr eine Behandlung als indiziert bezeichnet wird, ergibt sich daraus kein höherer GdB, denn die normale psychische Reaktion auf die schwere Herzerkrankung mit mehrfacher Reanimation ist im GdB 50 für die Herzerkrankung bereits berücksichtigt.
Die Beschwerden und Funktionseinschränkungen des Klägers bedingen (derzeit) keinen höheren Gesamt-GdB als 70. Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Die AHP führen zur Umsetzung dieser Vorschriften auch aus, dass eine Addition von Einzel GdB Werten grundsätzlich unzulässig ist und auch andere Rechenmethoden für die Gesamt GdB Bildung ungeeignet sind. Daraus folgt, dass eine den Behinderungszustand zu bewertende Gesamtbetrachtung zu erfolgen hat, die keine schematische Summierung von Einzelbehinderungen erlaubt. Dies entspricht ständiger Verwaltungs- und Gerichtspraxis. Diese Grundsätze gelten nach Inkrafttreten der VG fort (VG Teil A Nr. 3a). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird; ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. AHP Nr. 19 Abs. 3, VG Teil A Nr. 3d, ee) Der Gesamt GdB ist unter Beachtung dieser Bewertungsgrundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG, SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).
Nach diesen Kriterien liegt beim Kläger kein höherer Gesamt-GdB als 70 vor. Beim Kläger liegen Einzel-GdB von 50, 20, 20, 20, 10 und 10 vor. Ausgehend vom GdB von 50 für die Beschwerden im Bereich des Herzens und Kreislaufs wird der GdB durch die Beeinträchtigung von Seiten der Hüften, die sich ebenfalls auf die Gehfähigkeit des Klägers auswirkt um 10 auf 60 erhöht. Darüber hinaus schildert der Kläger die psychischen Beschwerden als Folge seiner Herz-Kreislauf-Erkrankung, deren typischen Folgen auch auf psychischem Gebiet bereits im GdB von 50 berücksichtigt sind, so dass eine weitere Erhöhung des Gesamt-GdB auf mehr als 70 durch diese Beeinträchtigung jedenfalls nicht gerechtfertigt ist. Die weiteren Beschwerden sind nicht geeignet, den GdB weiter zu erhöhen. Das gilt insbesondere für die Wirbelsäulenbeschwerden, die eher schwach ausgeprägt sind und deshalb den GdB von 20 nicht vollständig ausfüllen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Neufeststellung seines Grades der Behinderung (GdB) mit 100.
Der 1945 geborene Kläger ist griechischer Staatsangehöriger und hält sich seit mindestens 1986 erlaubt in der Bundesrepublik Deutschland auf. Für ihn wurde erstmals mit (Abhilfe-) Bescheid vom 17.11.1992 ein GdB von 50 festgestellt. Mit Bescheid vom 12.01.1999 wurde ein GdB von 60 festgestellt. Ein weiterer Änderungsantrag, mit dem der Kläger auch die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen G, B, H, aG und RF beantragte, wurde mit Bescheid vom 14.09.2004 abgelehnt. Auf den dagegen gerichteten Widerspruch stellte der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 03.03.2005 einen GdB von 70 und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G fest. Als Behinderungen berücksichtigte er eine koronare Herzkrankheit, abgelaufene Herzinfarkte, Bluthochdruck, Angina pectoris (GdB 50), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Wirbelsäulenverformung (GdB 30), Funktionsbehinderung des rechten Hüftgelenks (GdB 20), Adipositas per magna (GdB 20), Gebrauchseinschränkung beider Arme (GdB 10), Entleerungsstörung der Harnblase (GdB 10). Widerspruch, Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 13.04.2005, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen – SG – vom 20.11.2006 – S 5 SB 1310/05, Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 06.08.2007 – L 1 SB 6447/06). Die dagegen zum Bundessozialgericht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (B 9 SB 59/07 B) nahm der Kläger zurück.
Am 25.02.2008 beantragte der Kläger die Feststellung eines GdB von 100 und des Merkzeichens G. Sein Gesundheitszustand habe sich dramatisch verschlechtert, er habe im September 2007 einen weiteren Herzinfarkt erlitten. Er habe sich zwei Monate in stationärer Behandlung in Griechenland befunden. Er müsse ständig Marcumar nehmen, außerdem habe sich im Brustbereich eine Verhärtung gebildet, die sich als Tumor herausstellen könne.
Dazu legte er einen vorläufigen Entlassungsbericht der Kreiskliniken R. vom 15.02.2008 vor. Dort wurde eine Sigmadivertikulitis diagnostiziert. Der Kläger wurde wegen Unterbauchbeschwerden behandelt, die sich auf Antibiotika besserten.
Er legte weiterhin einen Arztbrief des Kardiologen R. M. vom 21.02.2008 vor, der ihn wegen der Frage der Operationsfähigkeit zur Entfernung des Sigma untersuchte. Der Kläger wog bei der dortigen Untersuchung 110 kg bei 175 cm Körpergröße, der Blutdruck betrug 130/85 mmHg. Das Belastungs-EKG war bis 75 Watt über zwei Minuten möglich. Die Belastung wurde wegen Schmerzen in der Leiste abgebrochen. Eine Angina pectoris Symptomatik gab der Kläger nicht an. Der Kläger erlitt im Mai 2007 einen erneuten Hinterwandinfarkt in Athen. Dabei wurde ein Verschluss der rechten Kranzarterie festgestellt. In der Echokardiographie ergab sich eine große inferoposteriore Narbe, der Kläger war allerdings im Alltag beschwerdefrei. Die Marcumarisierung war nicht mehr erforderlich, eine Therapie mit einem Thrombozytenaggregationshemmer ausreichend.
Nach Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. F., 02.06.2008) lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 03.06.2008 eine Änderung der bisherigen Entscheidung ab. Die geltend gemachte Sigmadivertikulitis bedinge keinen Einzel-GdB von wenigstens 10. Dagegen erhob der Kläger am 05.06.2008 Widerspruch, den der Beklagte nach erneuter Anhörung des ärztlichen Dienstes (Dr. G., 18.06.2008) mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2008 zurückwies.
Dagegen erhob der Kläger am 21.08.2008 Klage zum SG, zu deren Begründung er zunächst seinen Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholte und geltend machte, er habe Probleme mit dem rechten Bein. Die Arterie am rechten Oberschenkel sei durch die verschiedenen Katheteruntersuchungen verletzt worden. Ganz plötzlich könne er das rechte Bein nicht mehr belasten und er sacke in sich zusammen. Auch habe er Knieprobleme, deren Ursache noch nicht erforscht sei. Den ursprünglich auch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens G gerichteten Klageantrag nahm der Kläger nach Hinweis des Beklagten auf die bereits erfolgte Feststellung dieser Voraussetzungen zurück. In der Folge trug er vor, dass seine körperlichen Erkrankungen ihn auch psychisch beeinträchtigten.
Er legte einen Entlassungsbericht der Kreiskliniken R. vom 10.06.2008 vor, in dem er wegen zwei Lipomen an der linken Schulter und der linken Brustwand operativ behandelt worden war.
Nach einem Arztbrief des Kardiologen Dr. M. vom 19.05.2009 stellte sich der Kläger notfallmäßig dort vor, weil er seit einem Monat häufig einen hohen Blutdruck habe und auch schlecht Luft bekomme. Der Kläger war inzwischen 120 kg schwer, der Blutdruck lag bei 150/90 mmHg. Im Ruhe-EKG fand sich eine absolute Arrhythmie mit Vorhofflimmern. Dr. M. hielt eine erneute Marcumarisierung für unabdingbar.
Der Chirurg Dr. O. berichtete am 19.05.2009 über Schmerzen im rechten Hüftgelenk und rechten Knie sowie der Wirbelsäule. Es bestehe ein Rotationsschmerz vor allem bei der Außenrotation, die Beweglichkeit sei deutlich, die Beugung endgradig schmerzhaft. Es bestehe eine massive Coxarthrose beidseits, rechts mehr als links und ein degeneratives Wirbelsäulenleiden. Der Kläger legte u.a. einen Arztbrief des Prof. K. vom 01.10.1991 vor, der ihn wegen Beschwerden in der Brustwirbelsäule (BWS) behandelt hatte.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. M. teilte unter dem 19.01.2009 mit, dass der Kläger seit 22.02.2008 nicht mehr dort behandelt worden sei. Der Internist Dr. M. gab unter dem 10.02.2009 an, der Kläger habe sich wegen einer koronaren Zweigefäßerkrankung, eines Hinterwandinfarkts 1995, eines Myokardinfarkts 2004, einer arteriellen Hypertonie, Hyperlipidämie, Adipositas, eines Zustands nach Sigmaresektion wegen rezidivierender Divertikulitis am 03.04.2008, eines Zustand nach operativer Exzision von zwei Lipomen, degenerativer Wirbelsäulenveränderungen und Coxarthrose rechts III. Grades, einer allergischen Disposition und Penicillinallergie bei ihm in Behandlung befunden. Die Veränderungen in seinem Gesundheitszustand seien vorübergehend gewesen. Die Grunderkrankung am Herzen und der Wirbelsäule habe keinen Änderungen unterlegen, die letzte kardiologische Untersuchung sei im Februar 2008 gewesen. Der Bewertung des medizinischen Dienstes stimme er im Wesentlichen zu.
Das SG holte ein Gutachten des Orthopäden Dr. K. vom 14.10.2009 ein. Dort gab der Kläger an, in der Vergangenheit immer mal wieder Physiotherapie wegen der Beschwerden im Rücken in Anspruch genommen zu haben, allerdings nicht in den letzten zwölf Monaten. Er wache zwei bis dreimal pro Nacht auf und könne dann zunächst nicht wieder einschlafen. Er habe immer wieder Hautausschlag unklarer Ursache, eine dermatologische Untersuchung sei unauffällig verlaufen. Er gehe regelmäßig mit seinen Hunden morgens und abends eine Stunde spazieren. Die meisten Beschwerden habe er im unteren Rücken und in der Hüfte. Immer wieder verspüre er ein Ziehen im rechten Bein bis zum Fuß ausstrahlend. Dr. K. stellte fest, dass der Kläger angedeutet rechts hinke. Das Auskleiden erfolge sehr langsam. Die Beweglichkeit in BWS und Lendenwirbelsäule (LWS) sei end- bis mittelgradig eingeschränkt (Drehung 20/0/20°, Seitneigung 15/0/15°, Finger-Boden-Abstand 38 cm, Schober 10/12 cm, Ott 30/31 cm). Es bestehe ein Pseudolasègue bei 70° beidseits und ein Beckentiefstand von 1 cm nach rechts. Die Beweglichkeit der Hüftgelenke sei eingeschränkt (5/0/120° rechts, 0/0/130° links). An den Knien bestehe eine leichtgradige Funktionseinschränkung durch eine Gon- und Retropatellararthrose beidseits (140/0/0°). Eine deutliche Lockerung des Außenbandapparats bestehe nicht, der Innenbandapparat sei leichtgradig gelockert. Aufgrund der Röntgenbilder müsse von einem dritt- bis viertgradigen Knorpelschaden ausgegangen werden. Der Kläger habe beidseits Senk-Spreizfüße mit mäßiggradiger Arthrose und einen Fersensporn beidseits, die zu einer leichten Funktionsbeeinträchtigung führten. An den Schultergelenken würden keine Beschwerden geklagt, die Schultern seien frei beweglich. Bezüglich der als Behinderung anerkannten Gefühlsstörungen in den oberen Extremitäten ergäben sich keine Hinweise mehr. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bedinge einen GdB von 30, diejenige der Hüftgelenke 10, der Kniegelenke 10 und der Fußfehlstellung beidseits ebenfalls 10. Der Gesamt-GdB sei mit 70 zu bestätigen.
Der Kläger trug dazu vor, dass er nicht verstehe, warum der GdB weiterhin 70 betrage, obwohl die Addition der Werte 140 ergebe. Außerdem seien die Beschwerden in der Wirbelsäule allein mit einem GdB von 70 zu bewerten. Es sei auch nicht richtig, dass er regelmäßig mit den Hunden spazieren gehe. Das sei vor 10 Jahren gewesen, jetzt habe die Familie keine Hunde mehr. Er könne allenfalls noch wenige 100 m gehen und benötige seinen Stock und eine Person, die ihn stütze. Er könne auch allenfalls zwei Stufen Treppen steigen und 2 min stehen, dann müsse er sich setzen. Die Schmerzen seien inzwischen so stark, dass er mehrfach täglich in hoher Dosis Schmerzmittel nehmen müsse. Deshalb habe sich seine Depression auch verstärkt.
Mit Gerichtsbescheid vom 21.10.2010 wies das SG die Klage ab. Die Beeinträchtigung von Seiten des Herzens sei mit einem GdB von 50 weiterhin zutreffend berücksichtigt. Bezüglich der Beschwerden in der Wirbelsäule sei dem Gutachten von Dr. K. zu folgen. Aus den von ihm festgestellten Befunden lasse sich ein höherer GdB als 30 nicht ableiten. Der Beklagte habe deshalb zu Recht die Änderung der bisherigen Entscheidung abgelehnt.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 03.11.2010 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 15.11.2010 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er ausgeführt hat, er habe keine Kraft mehr, leide unter Gleichgewichtsstörungen und könne nur noch kürzeste Strecken zu Fuß gehen. Es müsse ihn immer jemand begleiten, weil ihm ganz plötzlich seine Beine versagen könnten und er dann einfach einknicke und zusammenbreche. Er leide an einer Coxarthritis, die wegen seiner Herzprobleme nicht operiert werden könne. Auch habe das SG nicht beachtet, dass er sich zwei Operationen, nämlich einer Entfernung von 50 cm des Darms und einer Entfernung der beiden Lipome habe unterziehen müssen. Er sei "mit den Nerven fertig", bekomme Panikattacken und leide unter Depressionen. Dazu hat er einen Medikamentenplan vorgelegt. Sein zu hoher Blutdruck sei bisher ebenfalls nicht berücksichtigt.
Der Kläger hat ein Pflegegutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 16.06.2011 vorgelegt, in dem keine Pflegestufe vorgeschlagen wurde. Bei der dortigen Untersuchung hat der Kläger angegeben, nachts schlecht zu schlafen und psychische Probleme zu haben. Er sei depressiv und ziehe sich zurück. Er habe Ängste und könne nicht mehr allein sein. Im Jahr 2010 habe er im Flugzeug eine Panikattacke erlitten. Seit einigen Jahren habe er ärztliche Behandlungen abgelehnt. Der Kläger bewege sich verlangsamt, stehe frei, der Nackengriff könne wegen Schmerzen nur bis hinter die Ohren durchgeführt werden, die grobe Kraft der Hände sei leicht vermindert, die Feinmotorik aber erhalten. Bücken sei schmerzhaft und führe nach Angaben des Klägers auch zu Schwindel. Es bestanden Unterschenkelödeme. Aufgrund der Schmerzen helfe seine Familie ihm beim Kleiden des Unterkörpers. Die psychischen Beschwerden seien bisher nicht fachärztlich behandelt. Die Alltagskompetenz sei nicht eingeschränkt.
Der Kläger hat am 20.02.2013 mitgeteilt, dass er in ein künstliches Koma habe versetzt werden müssen. Er könne deshalb zur mündlichen Verhandlung am 22.02.2013 nicht erscheinen. Sein aktueller Gesundheitszustand zeige, dass die Feststellung der Kardiologen nicht zutreffend seien.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. Oktober 2010 und den Bescheid des Beklagten vom 03. Juni 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2008 aufzuheben und einen GdB von 100 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Es sei nicht zutreffend, dass der hohe Blutdruck bisher nicht berücksichtigt sei. Zur weiteren Begründung bezieht er sich auf die angefochtenen Bescheide und schließt sich dem Gerichtsbescheid des SG an.
Der Senat hat zur Aufklärung des Sachverhalts die nunmehr behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Der Kardiologe Dr. V. hat unter dem 30.08.2012 mitgeteilt, es habe sich bei den Untersuchungen eine stabile kardiale Situation gezeigt. Im Langzeit-EKG habe sich durchgehend eine Tachyarrhythmia absoluta gezeigt. Es sei eine Betablocker-Therapie empfehlenswert. Die LV-Pumpfunktion sei leichtgradig reduziert, die linksseitigen Herzhöhlen deutlich dilatiert. Ergometrisch erreiche der Kläger 75 Watt. Das entspreche einer deutlich reduzierten Belastbarkeit.
Der Chirurg Dr. O. hat am 17.09.2012 angegeben, den Kläger am 18.05.2009 und danach wieder am 25.05.2011 gesehen zu haben. Es seien Beschwerden in der Hüfte und der Wirbelsäule zu klären gewesen. Es bestehe eine Wirbelsäulendegeneration (Inaktivitätsbeschwerden), die er als durchaus altersentsprechend ansehe. Im Vordergrund stünden die Beschwerden in der Hüfte. Diesbezüglich sei eine Operation notwendig.
Dr. O. hat einen Entlassungsbericht des Universitätsklinikums T. vom 15.09.2011 vorgelegt, in dem der Verdacht auf eine akute Bronchitis geäußert worden ist. Es habe eine schwere Atemnot vorgelegen. In den Lungen sei ein ausgeprägtes Giemen und Brummen feststellbar gewesen. Es bestehe der Verdacht auf Vorliegen einer COPD. Der Blutdruck habe bei 140/85 mmHg gelegen.
Er hat weiterhin einen Arztbrief des Orthopäden PD Dr. K., Universitätsklinikum T. vom 15.06.2011 übersandt, der eine Coxarthrose rechts festgestellt hat. Es bestehe ein Entlastungshinken rechts bei geradem Beckenstand (Extension/Flexion 0/0/85°, Rotation 5/0/30, Abduktion 20/0/30°). Er empfehle die Implantation einer Hüftgelenksendoprothese bei anhaltenden Beschwerden.
Der Orthopäde Prof. Dr. W. hat die Anfrage unter dem 21.09.2012 beantwortet. Dort hat der Kläger sich am 06. und 07.06.2011 vorgestellt. Der Kläger habe über rechtsseitige Hüftbeschwerden geklagt. Es habe eine Bewegungseinschränkung auf 85° Flexion bestanden. Das entspreche einer leichtgradigen Funktionsbeeinträchtigung. Insofern sei ein GdB von 10 anzunehmen.
Der Neurologe und Psychiater Dr. P. hat unter dem 17.10.2012 ausgeführt, der Kläger sei nur am 02.08.2011 einmalig zu ambulanten Behandlung bei ihm gewesen. Er habe eine uncharakteristische, den Alltag einschränkende Angstsymptomatik beschrieben, die er in Zusammenhang mit mehreren Herzinfarkten gebracht habe. Sie trete vor allem auf, wenn er allein im Auto oder Flugzeug sitze und bewirke Herzrasen und Luftnot. Der Kläger sei bei der Untersuchung affektiv gedrückt und im Antrieb reduziert gewesen und neige zum Grübeln. Außerdem habe er Ein- und Durchschlafstörungen angegeben. Dr. Pape hat im Hinblick auf die nur einmalige Untersuchung den GdB mit 20 eingeschätzt, weil er vermute, dass die depressive Störung und die Angststörung zu einem sozialen Rückzug und Vermeidungsverhalten geführt haben.
Der Kläger hat einen Entlassungsbericht des Universitätsklinikums T. vom 13.03.2013 über eine stationäre Behandlung vom 11.02.2013 bis 13.03.2013 wegen einer schweren koronare Herzerkrankung, eines akuten Koronarsyndroms am 11.02.2013 mit mehrfacher Reanimation, kardiogenen Schocks mit koronarer Intervention mit Drug eluting Stents und Komplikation Hauptsstammdissektion mit Notwendigkeit zur ECLS Anlage, eines permanenten Vorhofflimmerns bei arterieller Hypertonie, Nikotinabusus und Adipositas als kardiovaskulären Risikofaktoren, COPD mit rezidivierenden Infekten, Zustand nach Sigmaresektion bei Sigma-Divertikulitis, latenter Hyperthyreose. Es bestehe eine beginnend mittelgradig reduzierte globale LV-Funktion, mit EF ca. 50%, bester Kontraktilität septal, eine Akinesie der lateralen Wand, eine zentrale Aortenklappeninsuffizienz I.° und eine Mitralklappeninsuffizienz I.°.
Der Senat hat den vorläufigen Entlassungsbericht der Fachklinik S. vom 10.04.2013 und zuletzt deren endgültigen Entlassungsbericht vom 18.04.2013 über die im Anschluss an die Behandlung im Universitätsklinikum S. vom 13.03.2013 bis 01.04.2013 erfolgte Rehabilitation beigezogen (Diagnosen: schwere koronare Herzerkrankung, koronare Herzerkrankung, kardiogener Schock, arterielle Hypertonie, Z.n. mehrfacher Reanimation, COPD, Sigmadivertikulitis, Sigmaresektion 2008, chronische Niereninsuffizienz Stadium III).
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Reutlingen sowie die beim Senat angefallene Akte.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet. Dem Kläger steht derzeit kein höherer GdB als 70 zu.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen – welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören – zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 – 9 RVs 15/96 – BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 – B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3 3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 mwN). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, aaO, RdNr 30).
Nach diesen Kriterien ist eine wesentliche Änderung in den Beschwerden des Klägers nicht eingetreten. Die Beschwerden von Seiten des Herzen einschließlich des Bluthochdrucks sind mit einem GdB von 50 ausreichend bewertet. Nach Nr. 9.1.3 Teil B VG ist der GdB nach einem Herzinfarkt von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei Rhythmusstörungen richtet sich die Beurteilung des GdB vor allem nach der Leistungsbeeinträchtigung des Herzen. Anfallsweise auftretende hämodynamisch relevante Rhythmusstörungen wie z.B. paroxysmale Tachykardien bedingen je nach Häufigkeit, Dauer und subjektiver Beeinträchtigung einen GdB von 10 bis 30 ohne dauernde Leistungsbeeinträchtigung und 40 und mehr bei andauernder Leistungsbeeinträchtigung des Herzen. Werden die Rhythmusstörungen durch Implantation eines Herzschrittmachers beseitigt, so wird ein GdB von 10 berücksichtigt, Nr. 9.1.6 Teil B VG. Nach Nr. 9.1.1 Teil B VG wird eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung und Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung bis 75 Watt mit einem GdB von 20 bis 40 bewertet. Bei einer Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung und Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt über wenigstens zwei Minuten wird ein GdB von 50 bis 70 angenommen. Ein Bluthochdruck leichter Form, d.h. ohne oder mit geringer Leistungsbeeinträchtigung führt nach Nr. 9.3 Teil B VG zu einem GdB von 0 bis 10, erst bei einer mittelschweren Form, d.h. bei Organbeteiligung oder einem diastolischen Blutdruck mehrfach über 100 mmHg wird ein höherer GdB angenommen.
Beim Kläger liegt in Folge von vier erlittenen Herzinfarkten eine Leistungsbeeinträchtigung des Herzen vor. Er befand sich bei der letzten kardiologischen Untersuchung durch Dr. V. in kardial beschwerdefreiem Zustand. Das Belastungs-EKG war bis 75 Watt über zwei Minuten möglich, ohne dass es zu pathologischen Messdaten kam. Der Abbruch der Erprobung erfolgte wegen peripherer Erschöpfung und Beschwerden in den Beinen. Darüber hinaus besteht eine absolute Arrhythmie, die aber durchgehend vorhanden ist und nicht anfallsartig auftritt. Im März 2013 wurde der Kläger deshalb mit einem Herzschrittmacher und Defibrillator versorgt. Darüber hinaus bestehen narbige Veränderungen am Herzen und ein zu hoher Blutdruck, der unter Medikation nach den von den befragten Ärzten angegeben Werten im normotonen Bereich liegt, aber schon Veränderungen am Herz herbeigeführt hat. In der Zusammenschau dieser Beschwerden ist für die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers im Bereich von Herz und Kreislauf jedenfalls kein höherer GdB als 50 festzustellen, nachdem die dokumentierten Leistungsbeeinträchtigungen allein einen GdB von allenfalls 30 rechtfertigen.
Etwas Anderes ergibt sich (derzeit) auch nicht aus dem Entlassungsbericht des Universitätsklinikums T. vom 13.03.2013 und dem endgültigen Entlassungsbericht der Fachklinik S. vom 18.04.2013. Es ergeben sich zwar Hinweise darauf, dass sich die kardiologischen Beschwerden akut verschlimmert hatten. Daraus kann aber nicht auf eine bleibende Verschlimmerung der gesundheitlichen Situation des Klägers über einen Zeitraum von wenigstens sechs Monaten geschlossen werden. Vielmehr hält die Therapie noch an. Mit der Implantation eines Herzschrittmachers und der kardiochirurgischen Intervention in der Uniklinik T. ist der Verschluss von Arterien im Bereich des Herzen einer Therapie unterzogen worden, die bisher nicht abgeschlossen ist und deren Erfolg deshalb zunächst abgewartet werden muss. Es ist nach den vom Senat eingeholten Befunden der Fachklinik S. sogar eher eine positive Änderung der gegenwärtigen akuten Situation zu erwarten, so dass auch prognostisch nicht (jetzt schon) von einer wesentlichen Verschlimmerung ausgegangen werden kann. In der Anschluss-Heilbehandlung im März 2013 in der Fachklinik S. erreichte der Kläger mit dem Fahrradergometer beschwerdefrei 90 Watt ohne Angina Pectoris (Entlassungsbericht der Fachklinik S. vom 18.04.2013), was letztlich sogar eine Verbesserung gegenüber dem Vorbefund mit einer möglichen Herzbelastung bis 75 Watt bedeutet. Ebenso ergibt sich aus dem Entlassungsbericht vom 18.04.2013, dass die Blutdruckwerte zuletzt unter medikamentöser Behandlung wieder im Normalbereich lagen.
Der Senat sieht hier auch keine Ansatzpunkte für weitere Ermittlungen, denn der weitere Heilungsverlauf ist zunächst abzuwarten. Es steht dem Kläger insofern frei einen weiteren Neufeststellungsantrag zu stellen, sofern sich die Hoffnung auf eine Stabilisierung der akuten Situation durch die therapeutischen Bemühungen der Ärzte nicht erfüllen sollte.
Die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule bedingen allenfalls einen GdB von 20. Nach Nr. 18.9 Teil B VG bedingen Wirbelsäulenschäden, die keine Bewegungseinschränkung oder Instabilität verursachen einen GdB von 0. Bei geringen funktionellen Auswirkungen wird ein GdB von 10 angenommen, bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, d.h. Verformung, häufig rezidivierenden oder anhaltenden Bewegungseinschränkungen oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierenden und über Tage andauernden Wirbelsäulensyndromen wird ein GdB von 20 angenommen. Ein GdB von 30 ist gerechtfertigt bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt mit z.B. häufig rezidivierenden und Wochen andauernden ausgeprägten Wirbelsäulensyndromen oder bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten.
Nach dem Gutachten von Dr. K. hat der Kläger zwar degenerative Wirbelsäulenveränderungen, die auch zu einer gewissen Einschränkung der Beweglichkeit der LWS geführt haben. Neurologische Ausfallerscheinungen sind nicht eingetreten, Dr. O. bezeichnet diese Erscheinungen sogar als durchaus altersentsprechend, so dass er im Ergebnis sogar davon ausgeht, dass für diese Beeinträchtigung überhaupt kein eigener GdB anzuerkennen ist. Eine Behandlung dieser Beschwerden fand zwischen 2009 und 2011 nicht statt. Nur unter Berücksichtigung der im Bereich des unteren Rückens mitgeteilten Schmerzen mit dauernder Schmerzmedikation und der Einschränkung der Beweglichkeit im Sinne eines sehr großen Finger-Boden-Abstands und der eingeschränkten Entfaltbarkeit der Lendenwirbelsäule ist ein GdB von 20 weiterhin angemessen. Mittelgradige oder gar schwere Auswirkungen in einem oder mehreren Wirbelsäulenabschnitten lassen sich aus den vorliegenden Befunden nicht ableiten. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule ist von Dr. K. als frei bezeichnet worden, eine Behandlung von Beschwerden in diesem Bereich fand einmalig im Jahr 2004 (Gefühlsstörungen in den Armen) statt. Auch die Brustwirbelsäule war bei der Untersuchung durch Dr. K. fast frei entfaltbar, wesentliche Beeinträchtigungen in der Beweglichkeit hat Dr. K. nicht befundet und auch Dr. O. nicht mitgeteilt.
Die Beschwerden von Seiten der Hüften sind mit einem GdB von 20 weiterhin ausreichend berücksichtigt. Gemäß Nr. 18.14 Teil B VG ist eine Bewegungseinschränkung des Hüftgelenks geringen Grades, die zu einer Streckung/Beugung bis zu 0/10/90 führt, mit einem GdB von 10 bis 20 zu bewerten. Bei beidseitigem Auftreten besteht ein höherer GdB. Nach den aktuellsten Befunden von Prof. Dr. W. bzw. PD Dr. K. vom Juni 2011 ist die rechte Hüfte in ihrer Beweglichkeit so weit eingeschränkt, dass der Kläger dieselbe nur noch bis 85° beugen und nicht überstrecken kann. Betreffend die linke Hüfte hat Dr. K. eine Beweglichkeit bis 130° festgestellt. Der Kläger weist rechts ein Schonhinken auf. Der Kläger hat weiterhin geschildert, dass ihm manchmal unwillkürlich das rechte Bein wegknicke und er dann zusammenbreche. Diese Symptomatik ist von keinem der befragten Ärzte bestätigt worden. Selbst wenn man diese Schilderung zugrunde legen wollte, resultiert daraus kein höherer GdB als 20, denn das Wegknicken ist im Rahmen der Bewegungseinschränkung der rechten Hüfte und der damit verbundenen Schmerzhaftigkeit beim Gehen zu berücksichtigen. In der Gesamtschau dieser Beschwerden ergibt sich ein GdB von 20.
Die Beschwerden des Klägers in den Knien bedingen keinen GdB von wenigstens 10. Nach Nr. 18.14 Teil B VG bedingt eine muskulär kompensierbare Lockerung des Kniebandapparats einen GdB von 10. Ausgeprägte Knorpelschäden der Kniegelenke mit anhaltenden Reizerscheinungen ohne Bewegungseinschränkungen bedingen bei einseitiger Betroffenheit einen GdB von 10 bis 30, mit Bewegungseinschränkung von wenigstens 20. Nach den Befunden von Dr. K. kann der Kläger seine Knie normal bewegen. Im Röntgenbild ist eine Arthrose erkennbar, die Dr. K. zu der Annahme einer Knorpelschädigung veranlasst hat. Anhaltende Reizerscheinungen hat weder Dr. K. noch Dr. O. oder PD Dr. K. oder Prof. W. mitgeteilt. Der Kniebandapparat ist nicht gelockert, nur die Innnenbänder weisen eine leichte Lockerung auf, eine Lockerung des Außenbandapparats hat Dr. K. ausdrücklich verneint. Von einer Lockerung des gesamten Kniebandapparats kann deshalb nicht ausgegangen werden. Eine Behandlung von Kniebeschwerden hat in den vergangenen Jahren nicht stattgefunden. Ein GdB von 10 lässt sich aus diesen Beschwerdeschilderungen nicht ableiten.
Der von Dr. K. festgestellte Senk-Spreizfuß bedingt ebenfalls keinen GdB von wenigstens 10. Nach Nr. 18.14 Teil B VG werden andere Fußdeformitäten als ein Klumpfuß ohne wesentliche statische Auswirkungen mit einem GdB von 0 berücksichtigt. Beim Kläger besteht ein Senk-Spreizfuß, eine wesentliche statische Auswirkung desselben hat Dr. K. nicht dargestellt. Ein GdB von wenigstens 10 ergibt sich daraus auch unter Berücksichtigung des Fersensporn nicht.
Die in der Vergangenheit festgestellte Behinderung im Bereich der Arme besteht heute nicht mehr. Dafür spricht sowohl das Gutachten von Dr. K. als auch das vom Kläger selbst vorgelegte Gutachten des MDK. In beiden sind keine bzw. nur sehr geringe Bewegungseinschränkungen in den oberen Extremitäten dargestellt, die grobe Kraft und die Feinmotorik sind weitgehend erhalten, lediglich der Nackengriff ist aufgrund vom Kläger geschilderter Schmerzen leicht eingeschränkt. Eine Behandlung dieser Symptomatik findet nicht statt. Ein GdB von wenigstens 10 ergibt sich gemäß Nr. 18.13 Teil B VG daraus nicht.
Betreffend die Blasenentleerungsstörung ergeben sich keine neuen Erkenntnisse, der Kläger trägt insofern nichts Neues vor. Aus den vorliegenden Arztbriefen, Gutachten und ärztlichen Zeugenaussagen ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine höhergradige Einschränkung durch diese Behinderung, so dass ein GdB von mehr als 10 jedenfalls nicht gerechtfertigt ist. Sofern im vorläufigen Entlassungsbericht der Fachklinik S. nunmehr erstmalig als Diagnose eine chronische Niereninsuffizienz Stadium III mitgeteilt wird, ergibt sich daraus derzeit kein GdB von mehr als 10. Eine Niereninsuffizienz Stadium III bezeichnet eine Nierenkrankheit mit moderater Nierenfunktionseinschränkung mit einer glomulären Filtrationsrate unter 60 ml/min/1,73 m² ( Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch – online, Stichwort: Niereninsuffizienz, Fachgebiet Inn. Medizin Nephrologie, recherchiert am 17.04.2013).
Nach Nr. 12.1.3 Teil B VG bedingt eine geringfügige Einschränkung der Kreatininclearance auf 50-80 ml/min bei im Normbereich liegenden Serumkreatininwerten keinen messbaren GdB. Bei einer Nierenfunktionseinschränkung leichten Grade mit Serumkreatininwerten unter 2 mg/dl und einem dadurch nicht oder nicht wesentlichen reduzierten Allgemeinbefinden ohne Einschränkung der Leistungsfähigkeit wird ein GdB von 20 bis 30 angenommen. Beim Kläger liegt nunmehr eine chronische Niereninsuffizienz im Stadium III vor, das schon nach Definition nicht von vorneherein Serumkreatininwerte unter 2mg/dl indiziert. Die in der Vergangenheit jeweils festgestellten Kreatininwerte lagen jedoch im Referenzbereich (vgl. Berichte des Universitätsklinikums T. vom 20.05.2004 und vom 15.09.2011, K. S. vom 19.07.2004 und Kreiskliniken R. vom 15.02.2008). Hinweise auf eine dauerhafte wesentliche Reduzierung des Allgemeinbefindens durch diese Diagnose ergeben sich aus den vorliegenden Unterlagen einschließlich des Entlassungsberichts des Uniklinikums T. und der Fachklinik S. nicht. Nach dem Entlassungsbericht der Fachklinik S. vom 18.04.2013 bedarf der Kläger insofern (erstmals) einer Medikation mit Allupurinol. Aus den mitgeteilten Laborbefunden ergibt sich, dass unter dieser Medikation zuletzt die Serumkreatininwerte wieder im Normbereich lagen. Diesbezüglich ist die im Entlassungsbericht aufgeführte Diagnose einer chronischen Niereninsuffizienz, die in den aktenkundigen vorausgegangenen internistischen Befunden bislang nicht gestellt worden war, nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Eine dauernde Funktionsbeeinträchtigung mit einem GdB von wenigstens 10 ergibt sich daraus nach dem jetzigen Stand noch nicht. Diesbezüglich drängen sich auch keine weiteren – auch nicht zur fachärztlichen Erläuterung der Diagnose – Ermittlungen auf, da eine wesentliche Verschlechterung mit der erstmals im April 2013 gestellten Diagnose nicht feststeht.
Die vom Kläger geschilderte Gleichgewichtsproblematik hat keiner der behandelnden und begutachtenden Ärzte bestätigen können. Lediglich im Gutachten des MDK vom Juni 2011 finden sich Hinweise auf Klagen betreffend einen Schwindel beim Bücken, der vom Kläger aber dort allenfalls als auch vorkommend geschildert wird. Diese Schilderung spricht nicht für besondere Beeinträchtigungen durch den Schwindel, der auch sonst keinem der behandelnden Ärzten geschildert oder – insbesondere auch nicht durch den Neurologen Dr. P. – festgestellt worden ist. Ein GdB von wenigstens 10 ist nicht zu berücksichtigen.
Die beim Kläger vorliegende alimentäre Fettsucht (Adipositas) bedingt allenfalls einen GdB von 10. Nach Nr. 15.3 Teil B VG bedingt die Adipositas allein keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden am Stütz- und Bewegungsapparat und dem kardiopulmonalen System können die Annahme eines GdB begründen. Nach diesen Kriterien kann die beim Kläger vorliegende Adipositas per magna mit einem Gewicht von 120 kg bei einer Körpergröße von 175 cm allenfalls unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich aufgetretenen Beschwerden in Knien, Füßen, Hüften und von Seiten des Herzens die Zuerkennung des GdB von 10 rechtfertigen, wie schon der 1. Senat im Urteil vom 06.08.2007 dargelegt hat.
Von Seiten der Lungen und Bronchien ist kein eigener GdB festzustellen. Der Kläger hat im Jahr 2011 zweimal eine akute Bronchitis mit der Notwendigkeit der Gabe von Antibiotika erlitten, die zu akuter Atemnot geführt hat. Hinweise darauf, dass diese Bronchitis zu bleibenden Schäden im Bereich von Lunge oder Bronchien geführt haben, ergeben sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht. Entsprechendes macht der Kläger auch nicht geltend. Allein der bisher nicht bestätigte Verdacht auf das Vorliegen eines COPD rechtfertigt keinen eigenen GdB.
Die psychischen Beschwerden des Klägers bedingen allenfalls einen GdB von 20. Nach Nr. 3.7 Teil B VG werden leichtere psychovegetative und psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 bewertet. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit werden mit einem GdB von 30 bis 40 festgestellt. Nach der Aussage von Dr. P. war der Kläger einmalig zur psychiatrischen Untersuchung. Eine Behandlung findet weder durch einen Psychiater noch durch einen Psychotherapeuten statt. Der Kläger ist gedrückt, beschreibt sich selbst – auch schon bei der Begutachtung durch den MDK im Juni 2011 – als depressiv und ihm fehlt der Antrieb. Weiterhin hat er eine Angststörung, die im Jahr 2010 einmalig zu einer Panikattacke im Flugzeug geführt hat. Dr. P. vermutet deshalb ein Vermeidungsverhalten mit sozialem Rückzug. Dafür spricht die über zwei Jahre andauernde Weigerung Fachärzte aufzusuchen. Dagegen spricht, dass der Kläger offenbar in den Tagesablauf seiner Familie, d.h. seiner Frau, seiner Tochter und seines Sohnes eingebunden ist und auch seinen Hausarzt regelmäßig konsultiert. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ist daraus in Übereinstimmung mit Dr. P. nicht abzuleiten. Ein GdB von 20 ist für diese Behinderung angemessen, aber auch ausreichend. Soweit im Reha-Entlassungsbericht der Fachklinik S. wegen der psychischen Reaktion auf die schwere Herzerkrankung nunmehr eine Behandlung als indiziert bezeichnet wird, ergibt sich daraus kein höherer GdB, denn die normale psychische Reaktion auf die schwere Herzerkrankung mit mehrfacher Reanimation ist im GdB 50 für die Herzerkrankung bereits berücksichtigt.
Die Beschwerden und Funktionseinschränkungen des Klägers bedingen (derzeit) keinen höheren Gesamt-GdB als 70. Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Die AHP führen zur Umsetzung dieser Vorschriften auch aus, dass eine Addition von Einzel GdB Werten grundsätzlich unzulässig ist und auch andere Rechenmethoden für die Gesamt GdB Bildung ungeeignet sind. Daraus folgt, dass eine den Behinderungszustand zu bewertende Gesamtbetrachtung zu erfolgen hat, die keine schematische Summierung von Einzelbehinderungen erlaubt. Dies entspricht ständiger Verwaltungs- und Gerichtspraxis. Diese Grundsätze gelten nach Inkrafttreten der VG fort (VG Teil A Nr. 3a). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird; ein Einzel GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. AHP Nr. 19 Abs. 3, VG Teil A Nr. 3d, ee) Der Gesamt GdB ist unter Beachtung dieser Bewertungsgrundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG, SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).
Nach diesen Kriterien liegt beim Kläger kein höherer Gesamt-GdB als 70 vor. Beim Kläger liegen Einzel-GdB von 50, 20, 20, 20, 10 und 10 vor. Ausgehend vom GdB von 50 für die Beschwerden im Bereich des Herzens und Kreislaufs wird der GdB durch die Beeinträchtigung von Seiten der Hüften, die sich ebenfalls auf die Gehfähigkeit des Klägers auswirkt um 10 auf 60 erhöht. Darüber hinaus schildert der Kläger die psychischen Beschwerden als Folge seiner Herz-Kreislauf-Erkrankung, deren typischen Folgen auch auf psychischem Gebiet bereits im GdB von 50 berücksichtigt sind, so dass eine weitere Erhöhung des Gesamt-GdB auf mehr als 70 durch diese Beeinträchtigung jedenfalls nicht gerechtfertigt ist. Die weiteren Beschwerden sind nicht geeignet, den GdB weiter zu erhöhen. Das gilt insbesondere für die Wirbelsäulenbeschwerden, die eher schwach ausgeprägt sind und deshalb den GdB von 20 nicht vollständig ausfüllen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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