Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 642/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 7/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 56/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 4. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens. Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 15.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von den Beklagten die Bescheidung seiner Widersprüche gegen die seitens der Beklagten erfolgten Genehmigungen seiner Reparaturanträge bzw. Therapieänderungen unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Der Kläger ist als Zahnarzt für Kieferorthopädie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Am 13. August 2009 wandte sich der Kläger im kieferorthopädischen Behandlungsfall der Patientin QW. an die Beklagte zu 1) und teilte mit, da verschiedene Krankenkassen zunehmend dazu übergingen, Reparaturen wegen Unwirtschaftlichkeit nicht mehr zu bezahlen und hierbei unterschiedliche Regelungen anwendeten, z. B. eine nachträgliche Begutachtung veranlassten, teile er mit, dass die Behandlung wegen auszuführender Reparaturen heute unplanmäßig verlaufen sei. Verschiedene - näher bezeichnete - Reparaturen (Kleben von Brackets unter Entfernen und Wiedereinsetzen des Bogens) seien notwendig. Die Genehmigung werde beantragt. Hierauf reagierte die Beklagte zu 1) am 17. August 2009 mit einem auf dem Antragsschreiben handschriftlich angebrachten und mit Kassenstempel versehenen Vermerk: "Die Genehmigung erfolgt unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung!" Gegen diesen Vorbehalt erhob der Kläger am 18. August 2009 Widerspruch.
Mit zwei - mit dem Schreiben an die Beklagte zu 1) weitgehend gleichlautenden - Schreiben vom 1./26. Oktober 2009 wandte sich der Kläger in dem kieferorthopädischen Behandlungsfall seines Patienten WE. an die Beklagte zu 2) und beantragte ebenfalls die Genehmigung von Reparaturen (Kleben von Brackets unter Entfernung und Wiedereinsetzen der Bögen). Die Beklagte genehmigte diese Reparaturen mit Schreiben vom 27. Oktober 2009 "unter Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung". Auch hier erhob der Kläger - am 30. Oktober 2009 - Widerspruch.
Im Verfahren gegen die Beklagte zu 3) zeigte der Kläger der Krankenkasse am 11. Juli 2009 für die Patienten ER. und TR. eine Behandlungsübernahme an und beantragte eine Therapieänderung, die u. a. eine Entfernung sämtlicher Brackets und deren Ersetzung durch Staight-Wire-Brackets vorsah. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 18. September 2009 mit, den beantragten Therapieänderungen werde unter Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung zugestimmt. Der Kläger erhob dagegen am 24. September 2009 Widerspruch.
Der Kläger hat am 23. Juni 2010 beim Sozialgericht Gießen gegen die Beklagten zu 1) bis 3) Klage erhoben. Das Sozialgericht Gießen hat alle drei Verfahren wegen örtlicher Unzuständigkeit an das Sozialgericht Marburg verwiesen.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe in allen Fällen gegen den ihn persönlich betreffenden Vorbehalt der Wirtschaftlichkeitsprüfung Widerspruch erhoben, die Beklagten seien jedoch untätig geblieben. Der Zweck des Antrags sei es gerade, die Wirtschaftlichkeit der Reparatur bzw. des Änderungsantrags feststellen zu lassen. Der Vorbehalt der Wirtschaftlichkeitsprüfung sei rechtswidrig. Um Schaden von seinem Vermögen abzuwenden, weigere er sich, die Reparaturen auszuführen. Gegenstand des Verfahrens sei nur die Rechtswidrigkeit des Vermerks.
Die Beklagten zu 1) und 2) haben die Auffassung vertreten, ein für den Kläger widerspruchsfähiger Bescheid sei nicht ergangen. Die Entscheidung entfalte Wirkung nur gegenüber dem Versicherten. Diese hätten keinen Widerspruchsbescheid erbeten. Es liege in der Natur der Sache, dass ein komplexer kieferorthopädischer Behandlungsfall in seiner Gesamtheit erst nach Abschluss hinreichend gewürdigt werden könne. Da eine Kostenzusage insbesondere bei Nachanträgen den Anspruch auf eine nachträgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung nach der Rechtsprechung des Sozialgerichts Marburg ausschließe, sehe sie sich in besonders gelagerten Fällen veranlasst, eine Einschränkung auf Nachanträgen anzubringen. Bei dem Kläger machten sie seit Jahren die Erfahrung, dass Nachanträge überhand nähmen. So seien sechs oder mehr Nachanträge pro Fall die Regel und nicht die Ausnahme. In Hessen sei dies die einzige Praxis. Meistens gehe es um sich lösende Brackets. Klärungsversuche scheiterten an der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft des Klägers.
Die Beklagte zu 3) hat ausgeführt, sie habe mehrere Nachanträge des Klägers unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeitsprüfung genehmigt. Nachdem der Kläger erklärt habe, er habe die Reparaturmaßnahmen nicht durchgeführt, habe sie weitere Nachanträge nicht bewilligt. Anfragen zur derzeitigen Versorgung und Therapie seien unbeantwortet geblieben. Sie akzeptiere im Regelfall 2 bis 3 Nachanträge. Bei dem Kläger habe sie die Erfahrung gemacht, dass 7 bis 10 Nachanträge je Fall die Regel seien. Gesprächsangebote habe der Kläger kategorisch abgelehnt.
Mit Gerichtsbescheid vom 4. Februar 2011 hat das Sozialgericht die Klagen gegen die Beklagten zu 1) bis 3) zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und als unzulässig abgewiesen. Voraussetzung für die Erhebung einer Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) wegen Nichterteilung eines Widerspruchbescheides sei, dass überhaupt ein statthafter Widerspruch vorliege. Statthaftigkeit liege nur vor, wenn der Kläger sich gegen einen ihm gegenüber ergangenen oder ihn rechtlich beschwerenden Verwaltungsakt wende. Hieran fehle es in allen drei Verfahren. Die vom Kläger angeführten "Genehmigungen" könnten nicht als Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) verstanden werden. Die Genehmigung der Krankenkasse stelle jedenfalls gegenüber dem Vertragszahnarzt keinen Verwaltungsakt dar, sondern begründe lediglich unter Umständen Vertrauensschutz hinsichtlich der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit. Nach dem Bundesmantelvertrag - Zahnärzte für den Primärkassenbereich (BMV-Z, Stand 1. Juli 2010) und Anlage 6 zum BMV-Z (Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen) unterlägen Behandlungen, für die die Krankenkasse auf Grund eines Behandlungsplanes die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt habe, nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 3 Anlage 6 zum BMV-Z). Die Krankenkasse könne den bei ihr eingereichten Behandlungsplan begutachten lassen. Gegen die Stellungnahme des Gutachters zum Behandlungsplan oder zum Verlängerungsantrag könnten Zahnarzt und Krankenkasse Einspruch zum Zwecke der Einholung eines Obergutachtens einlegen. Dieses Gutachterverfahren mit dem Ergebnis einer entsprechenden Genehmigung gegenüber dem Versicherten diene maßgeblich auch den Interessen der Versicherten, die davor zu schützen seien, dass sie bereits begonnene Behandlungen auf eigene Kosten fortführen oder abbrechen müssten, weil sich nachträglich herausstelle, dass sie nicht genehmigungsfähig seien. Ausgehend von dieser im Wesentlichen auf dem Bundesmantelvertrag beruhenden Rechtslage, deren Kenntnis auch dem Kläger als Vertragszahnarzt unterstellt werden könne, könnten die vom Kläger angeführten "Genehmigungen" unter Beachtung des Empfängerhorizonts mit spezifisch vertragszahnärztlichem Verständnis nicht als Verwaltungsakt verstanden werden. Die Beklagten würden damit lediglich anerkennen, dass sie zunächst von der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistung ausgingen, relativierten diese Aussage aber zugleich, da sie sich eine nachträgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung vorbehielten. Im Ergebnis gestünden sie dem Kläger nur das zu und behielten sich nur das vor, was ohnehin aus den bundesmantelvertraglichen Regelungen folge. In den Fällen der Beklagten zu 1) und 2) sei im Übrigen bereits der Antrag des Klägers unzulässig gewesen. Nach den dargelegten bundesmantelvertraglichen Regelungen sei der Behandlungsplan nur für die Therapie, deren Verlängerung und deren Änderung zu erstellen. In den Fällen der Beklagten zu 1) und 2), in denen es sich lediglich um Reparaturen handele, sei ein solches – förmliches – Verfahren überhaupt nicht vorgesehen. Der Kläger verkenne, dass er als Vertragsbehandler grundsätzlich auch für die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit seiner zahnärztlichen Behandlung verantwortlich sei, was die Kammer mit ihm und den übrigen Beteiligten im Erörterungstermin eingehend besprochen habe. Das Genehmigungsverfahren mit der Möglichkeit eines Gutachterverfahrens nehme ihm in den genannten Konstellationen einen Teil der Verantwortung gegenüber den Krankenkassen dann ab, wenn eine Genehmigung erteilt werde. Die Genehmigung schaffe aber einen Vertrauenstatbestand nur in einem begrenzten Umfang. § 2 Abs. 3 der Anlage 6 zum BMV-Zahnärzte schließe die nachträgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung nur hinsichtlich der geplanten Behandlungsmaßnahme aus, nicht aber hinsichtlich der tatsächlich ausgeführten Maßnahme, soweit diese vom Behandlungsplan abweiche (Hinweis auf BSG, Urteil vom 5. August 1992 - 14a/6 RKa 61/91 - USK 92162, juris Rdnr. 23; BSG, Urteil vom 5. August 1992 - 14a/6 RKa 17/90 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 12 = USK 92196, juris Rdnr. 39).
Gegen den am 8. Februar 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 9. Februar 2011 Berufung eingelegt.
Er meint, die weit ausholenden Ausführungen des Sozialgerichts gingen an der Sache vorbei. Streitgegenstand sei der Vorbehalt der Kasse direkt gegenüber dem Behandler, nicht die Genehmigung. Das Sozialgericht sei daher nicht zuständig, die Beiladung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung unrechtmäßig. Es könne nicht sein, dass die Kasse sage, er dürfe bzw. müsse die genehmigte Reparatur ausführen, zum Schluss dann aber ihre Ansicht ändere und feststelle, dass die Ausführung verboten gewesen sei und er - der Kläger - deshalb die Kosten tragen müsse. Der Vorsitzende Richter am Sozialgericht habe ihm engagiert dargelegt, dass es sich bei seiner Weigerung, vorbehaltsbehaftete Reparaturen durchzuführen, um eine so gravierende Pflichtverletzung handele, dass dies bis zur Gefährdung der Approbation führen könne. Einem solchen Verfahren stelle er sich. Es müsse so bald wie möglich verbindlich festgestellt werden, dass er nach dem Vertrag verpflichtet sei, die vorbehaltsbehafteten Reparaturen durchzuführen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 4. Februar 2011 aufzuheben.
Die Beklagten zu 1) bis 3) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte zu 1) schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts an.
Die Beklagte zu 2) führt aus, der Kläger verkenne die vom Sozialgericht zutreffend analysierte Rechtslage. Es obliege dem Behandler, die Verantwortung für die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der zusätzlichen überplanmäßigen Maßnahmen zu übernehmen, ob mit oder ohne Vorbehaltsvermerk.
Die Beklagte zu 3) führt unter ausführlicher Darlegung des konkreten Behandlungsfalls aus, die Therapiehoheit liege unbenommen beim Behandler. Jeder kieferorthopädische Leistungserbringer müsse es jedoch akzeptieren, dass der Kostenträger bei Beendigung eines kieferorthopädischen Behandlungsfalls einen Antrag auf Wirtschaftlichkeitsprüfung oder auf Feststellung eines sonstigen Schadens stelle. Es liege in der Natur der Sache, dass ein komplexer kieferorthopädischer Behandlungsfall in seiner Gesamtheit erst nach Abschluss hinreichend gewürdigt werden könne. In der Praxis des Klägers gebe es bei Nachanträgen und Therapieänderungen Ungereimtheiten, deren Klärung erforderlich, aber mangels Unterstützung durch den Kläger nicht möglich sei.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie schließt sich den Ausführungen der Krankenkassen an.
In der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2012 hat der Kläger den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Dr. Schuler wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Der Senat hat mit Beschluss vom selben Tag das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Krankenkassen und der Vertragszahnärzte, da es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGG). Denn im Streit stehen die Rechte und Pflichten des Klägers aus seiner Funktion als zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassener Leistungserbringer im Verhältnis zu den Krankenkassen und hier in Sonderheit die Frage, welche rechtliche Bedeutung dem Prüfungsvorbehalt in den Genehmigungsschreiben der Beklagten beikommt.
Dem Antrag des Klägers, die Beiladung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hessen aufzuheben, war nicht nachzukommen. Gemäß § 75 Abs. 1 SGG kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. Vorliegend berührt der Streit um die Bedeutung der streitigen Vorbehalte berechtigte Interessen der Beigeladenen, denn der Kläger hat nach den Mitteilungen des Sozialgerichts in der Vergangenheit schon mehrfach gerichtliche Streitigkeiten auch mit der Beigeladenen über seine Rechte und Pflichten insbesondere bei Reparaturen an kieferorthopädischen Apparaten geführt, bei denen es im Kern offensichtlich darum geht, dass der Kläger sich vor Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung – sei es durch die Krankenkassen oder die Beigeladene – schützen will.
Der Senat versteht das Klagebegehren im Rahmen sachgerechter Auslegung des Klageantrags (§ 123 SGG) in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht als Untätigkeitsklage im Sinne von § 88 SGG. Denn dem Kläger geht es in der Sache darum, die von ihm als "Nebenbestimmungen" zu den Genehmigungen angesehenen Vorbehalte der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung zu beseitigen, von denen er meint, dass diese ihn rechtlich beschweren. Hierfür ist die auf Bescheidung der von dem Kläger erhobenen Widersprüche gegen die betreffenden Vorbehalte gerichtete Untätigkeitsklage gemäß § 88 Abs. 2 SGG die richtige Verfahrensart.
Das Sozialgericht hat die Untätigkeitsklagen zu Recht als unzulässig abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bescheidung seiner Widersprüche, denn die Mitteilungen der Beklagten zu 1) bis 3), die Genehmigung der Reparaturen bzw. der Behandlungsplanänderung geschehe unter dem Vorbehalt der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung, sind keine Verwaltungsakte und auch nicht – wie der Kläger in Verkennung der Rechtslage meint – Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt im Sinne von § 32 Abs. 1 SGB X. Weder nach Form noch nach Inhalt handelt es sich hierbei um Akte der öffentlichen Gewalt, die für den Kläger als Normunterworfenen im Einzelfall bestimmen, was für ihn rechtens ist (vgl. zu dieser Begriffsbestimmung des Verwaltungsakts Engelmann in von Wulffen, SGB X, § 31 Rdnr. 3). Die Vorbehalte der Beklagten zu 1) bis 3) sind keine Entscheidungen und treffen keine für den Kläger verbindliche Regelung. Sie verweisen lediglich auf das Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung im Sinne von § 106 Abs. 1 SGB V. Nach dieser Vorschrift überwachen die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Hierfür sieht das Gesetz Auffälligkeits- und Zufälligkeitsprüfungen vor (vgl. § 106 Abs. 2 SGB V). Gegenstand der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit in den Prüfungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 sind, soweit dafür Veranlassung besteht, gemäß § 106 Abs. 2a SGB V 1. die medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Indikation), 2. die Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Effektivität), 3. die Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualität), insbesondere mit den in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben, 4. die Angemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel, 5. bei Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie auch die Vereinbarkeit der Leistungen mit dem Heil- und Kostenplan.
Zuständig für diese Maßnahmen sind gemeinsame Prüfstellen und gemeinsame Beschwerdeausschüsse der Vertragspartner (§ 106 Abs. 4 SGB V). Diese entscheiden, ob der Vertragsarzt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat, und treffen die erforderlichen Maßnahmen (Abs. 5 Satz 1).
Hieraus ergibt sich, dass der Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung in den angegriffenen Schreiben der Beklagten zu 1) bis 3) unmittelbar nichts weiter ist als der Hinweis auf das Gesetz. Denn die Beklagten sind für Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung, insbesondere die Festsetzung von Regressen, nicht zuständig. Sie haben lediglich die Möglichkeit, im Fall angenommener Unwirtschaftlichkeit des Vertragszahnarztes bei den Prüfgremien einen Antrag auf Prüfung der Wirtschaftlichkeit des vertragsärztlichen Verhaltens zu stellen. Dieses Recht haben sie aber nach Maßgabe von § 106 Abs. 3 Satz 3 SGB V und der näheren Ausgestaltung aufgrund der zwischen der Beigeladenen und den Krankenkassen getroffenen Vereinbarung über die Errichtung der Prüfstelle gemäß § 106 SGB V mit Wirkung vom 1. Januar 2008 (Prüfvereinbarung) kraft Gesetzes unabhängig davon, ob darauf im Rahmen der Genehmigung einer Behandlungsmaßnahme ausdrücklich hingewiesen wird. Ein erklärter Vorbehalt beschwert den Kläger nicht, da damit nichts weiter verbunden ist als der Hinweis auf eine gesetzlich vorgesehene und nicht abdingbare Prüfung, für deren Durchführung die Beklagten selbst gar nicht zuständig sind, sondern unabhängige gemeinsame Prüfgremien.
Die "Prüfungsvorbehalte" der Beklagten beschweren den Kläger auch nicht deshalb, weil er aufgrund der gesetzlichen bzw. vertraglichen Regelungen betreffend das Verfahren der Genehmigung kieferorthopädischer Behandlungen bei Reparaturen und Änderungsanträgen einen Anspruch auf eine "befreiende Genehmigung" in dem Sinne hätte, dass mit der Genehmigung der entsprechenden kieferorthopädischen Behandlungsmaßnahme durch die Krankenasse gleichzeitig die Feststellung verbunden ist, dass die Maßnahme dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht und eine nachträgliche Überprüfung nicht mehr erfolgen wird.
Nach dem Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) ist für bestimmte Bereiche ein Antrags- und Genehmigungsverfahren für kieferorthopädische Behandlungen vorgesehen, um grundsätzlich die Leistungspflicht der Krankenkassen festzustellen. Einzelheiten regelt dazu die "Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen" (Anlage 6 zum BMV-Z). Hiernach ist vor Beginn der Behandlung vom Zahnarzt ein Behandlungsplan zu erstellen und der Krankenkasse zuzusenden. Entsprechendes gilt bei einem Verlängerungsantrag und einer Therapieänderung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 bis 3 der Anlage 6 zum BMV-Z). Die Krankenkasse kann den Behandlungsplan begutachten lassen; für das hierbei zu beachtende Verfahren treffen die §§ 3 ff der Anlage 6 nähere Regelungen. Bei Kostenübernahme und Bezuschussung sendet die Krankenkasse in der Regel innerhalb von 4 Wochen ein Exemplar des Behandlungsplanes an den Zahnarzt zurück. Mit der Behandlung soll erst nach Rücksendung des Behandlungsplanes an den Zahnarzt begonnen werden. Behandlungen, für die die Krankenkasse auf Grund eines Behandlungsplanes die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt hat, unterliegen nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 1 bis 3 der Anlage 6).
Aus dem Regelungszusammenhang dieser Vorschriften ergibt sich, dass der genehmigte Behandlungsplan dem Vertragszahnarzt einen gewissen Vertrauensschutz verschafft, weil dieser nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit unterliegt. Nach der Rechtsauffassung des Sozialgerichts Marburg (Urteil vom 25. November 2009, S 12 KA 73/09) gilt dies entsprechend für die Genehmigung von Nachanträgen mit der Folge, dass auch in diesem Fall eine Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgeschlossen ist. Ein solcher Ausschluss gilt aber auch nach der Rechtsauffassung des Sozialgerichts nur für die Bereiche, die bei der vorangehenden Genehmigung zu überprüfen waren oder tatsächlich abschließend geprüft wurden. Liege ein Nachantrag bzw. eine weitere Genehmigung nicht vor, so trage der Zahnarzt das Risiko, ggf. auch die Wirtschaftlichkeit der Leistungen nachweisen zu müssen. Allein ein fehlender Antrag führe nicht zur Absetzung, sondern nur zur Berechtigung, die Wirtschaftlichkeit überprüfen zu können (SG Marburg a. a. O., juris Rdnr.43).
Auf die damit angesprochene Frage, ob der Vertrauensschutz des Vertragszahnarztes sich auf alle Fälle eines genehmigten Nachantrages oder einer Planänderung erstreckt, kommt es im vorliegenden Fall allerdings nicht an. Denn die das materielle Recht betreffende Frage, ob eine Genehmigung eines Behandlungsplans oder eines Antrags auf Therapieänderung dem Behandler einen Vertrauensschutz verschafft, ist von der Frage, ob der "Prüfungsvorbehalt" der Beklagten einen Verwaltungsakt darstellt, zu trennen. Von rechtlicher Bedeutung im Sinne einer den Verwaltungsakt kennzeichnenden Regelungswirkung wäre der Prüfungsvorbehalt der Beklagten nur, wenn damit aus der Sicht eines verständigen Empfängers eine rechtliche erhebliche Einschränkung einer bereits erworbenen Vertrauensposition verbunden wäre. Das ist nicht der Fall. Ob einem Behandler infolge der Genehmigung eines Behandlungsplans oder einer Planänderung durch die Krankenkasse Vertrauensschutz erlangt in dem Sinne, dass dies einen Regress wegen unwirtschaftlicher Leistungserbringung ausschließt, ist eine im konkreten Einzelfall zu beantwortende Rechtsfrage, die von dem dazu berufenen Gremien im Rahmen des Verfahrens nach § 106 SGB V und ggf. nachfolgend durch die Gerichte zu klären ist. Diese Nachprüfung der Behandlung auf Wirtschaftlichkeit kann schon deshalb nicht ausgeschlossen werden, weil sie durch das Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist; so nennt § 106 Abs. 2a Nr. 5 SGB V als Gegenstand der Beurteilung der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie auch die Vereinbarkeit der Leistungen mit dem Heil- und Kostenplan. Dementsprechend schließt § 2 Abs 3 der Anlage 6 zum BMV-Zahnärzte die nachträgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung nur hinsichtlich der geplanten Behandlungsmaßnahme aus, nicht aber hinsichtlich der tatsächlich ausgeführten Maßnahme, soweit diese vom Behandlungsplan abweicht (BSG, Urteil vom 5. August 1992, 14a/6 RKa 61/91, juris Rdnr. 23). Durch den "Prüfungsvorbehalt" der Beklagten wird die Rechtsposition des Klägers insoweit überhaupt nicht tangiert, da dieser Vorbehalt nicht mehr bedeutet als die der Rechtslage entsprechende Mitteilung, dass es später noch zu einem Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung kommen kann. Das gilt in Sonderheit für Reparaturen an kieferorthopädischen Apparaten. Denn das Sozialgericht weist zu Recht darauf hin, dass das in Anlage 6 zum BMV-Z vorgesehene Genehmigungsverfahren nicht für Reparaturen gilt, sondern allein für die dort genannten Behandlungspläne, deren Änderung und Verlängerungsanträge.
Der Charakter einer rechtsverbindlichen Regelung kommt den Vorbehalten der Beklagten schließlich auch nicht deshalb zu, weil sie – wie aus ihrem Vorbringen deutlich wird – den Vorbehalt auf ihren Genehmigungen mit der Vorstellung anbringen, damit könne gegenüber dem Kläger die Wirkung des § 2 Abs. 3 der Anlage 6 zum BMV-Z ausgeschlossen werden. Denn die Rechtsfolge dieser Vorschrift, die eine Prüfung von der Krankenkasse genehmigter Leistungen auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ausschließt, unterliegt nicht der Disposition der Beklagten und kann von ihnen durch derartige Vorbehalte nicht beeinflusst werden. Sofern die rechtliche Prüfung im Einzelfall ergibt, dass eine bindende Genehmigung eines Behandlungsplans oder einer Planänderung vorliegt, ist die Rechtsfolge des § 2 Abs. 3 der Anlage 6 des BMV-Z für die Vertragsunterworfenen unmittelbar geltendes Recht und von den Prüfgremien im Rahmen des Verfahrens nach § 106 SGB V von Amts wegen zu beachten. Insoweit kann die Erklärung einer Krankenkasse, dass die Genehmigung einer kieferorthopädischen Leistung unter dem Vorbehalt der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung steht, ungeachtet damit möglicherweise verbundener anderweitiger Motive und Vorstellungen objektiv lediglich als ein allgemeiner Hinweis auf die Rechtslage ohne rechtlich erheblichen Inhalt verstanden werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, weil diese keinen eigenen Sachantrag gestellt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung hat der Senat abweichend von der des Sozialgerichts vorgenommen. Dessen Entscheidung bindet den Senat nicht, da für beide Instanzen der objektiv angemessene Wert maßgeblich ist und dem Rechtsmittelgericht daher die Befugnis zukommt, die erstinstanzliche Festsetzung abzuändern (BSG, Beschluss vom 19. Juni 2006, B 6 KA 30/06 B).
Das Sozialgericht hat auf den geschätzten Wert der jeweiligen Reparaturen bzw. der Änderungsanträge abgestellt. Nach Auffassung des Senats ist dagegen der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von (jeweils) 5.000 Euro festzusetzen, da der Kläger keine Verpflichtung eingeklagt hat, deren bezifferbarer Wert die Anwendung von § 52 Abs. 3 GKG zuließe. Er verfolgt die Bescheidung seiner Widersprüche vor dem Hintergrund der Annahme, dass die von ihm angegriffenen "Prüfungsvorbehalte" rechtswidrig seien und ihm ein Anspruch auf "unbedingte" Genehmigungen beantragter Reparaturen bzw. Planänderungen zusteht. Insoweit geht es mit der Untätigkeitsklage um die von dem Kläger selbst als grundsätzlich thematisierte Frage, welche rechtliche Bedeutung derartigen Prüfvorbehalten beikommt. Daher ist der Auffangstreitwert auch nicht im Hinblick auf den normalerweise eingeschränkten Streitgegenstand einer Untätigkeitsklage zu reduzieren, weil die Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen des § 88 SGG sich nicht in der Feststellung der Fristen für eine Untätigkeitsklage erschöpft, sondern in diesem besonderen Fall bereits eine vollständige Sachprüfung erfordert.
Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens. Kosten des Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 15.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von den Beklagten die Bescheidung seiner Widersprüche gegen die seitens der Beklagten erfolgten Genehmigungen seiner Reparaturanträge bzw. Therapieänderungen unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Der Kläger ist als Zahnarzt für Kieferorthopädie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Am 13. August 2009 wandte sich der Kläger im kieferorthopädischen Behandlungsfall der Patientin QW. an die Beklagte zu 1) und teilte mit, da verschiedene Krankenkassen zunehmend dazu übergingen, Reparaturen wegen Unwirtschaftlichkeit nicht mehr zu bezahlen und hierbei unterschiedliche Regelungen anwendeten, z. B. eine nachträgliche Begutachtung veranlassten, teile er mit, dass die Behandlung wegen auszuführender Reparaturen heute unplanmäßig verlaufen sei. Verschiedene - näher bezeichnete - Reparaturen (Kleben von Brackets unter Entfernen und Wiedereinsetzen des Bogens) seien notwendig. Die Genehmigung werde beantragt. Hierauf reagierte die Beklagte zu 1) am 17. August 2009 mit einem auf dem Antragsschreiben handschriftlich angebrachten und mit Kassenstempel versehenen Vermerk: "Die Genehmigung erfolgt unter dem Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung!" Gegen diesen Vorbehalt erhob der Kläger am 18. August 2009 Widerspruch.
Mit zwei - mit dem Schreiben an die Beklagte zu 1) weitgehend gleichlautenden - Schreiben vom 1./26. Oktober 2009 wandte sich der Kläger in dem kieferorthopädischen Behandlungsfall seines Patienten WE. an die Beklagte zu 2) und beantragte ebenfalls die Genehmigung von Reparaturen (Kleben von Brackets unter Entfernung und Wiedereinsetzen der Bögen). Die Beklagte genehmigte diese Reparaturen mit Schreiben vom 27. Oktober 2009 "unter Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung". Auch hier erhob der Kläger - am 30. Oktober 2009 - Widerspruch.
Im Verfahren gegen die Beklagte zu 3) zeigte der Kläger der Krankenkasse am 11. Juli 2009 für die Patienten ER. und TR. eine Behandlungsübernahme an und beantragte eine Therapieänderung, die u. a. eine Entfernung sämtlicher Brackets und deren Ersetzung durch Staight-Wire-Brackets vorsah. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 18. September 2009 mit, den beantragten Therapieänderungen werde unter Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung zugestimmt. Der Kläger erhob dagegen am 24. September 2009 Widerspruch.
Der Kläger hat am 23. Juni 2010 beim Sozialgericht Gießen gegen die Beklagten zu 1) bis 3) Klage erhoben. Das Sozialgericht Gießen hat alle drei Verfahren wegen örtlicher Unzuständigkeit an das Sozialgericht Marburg verwiesen.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe in allen Fällen gegen den ihn persönlich betreffenden Vorbehalt der Wirtschaftlichkeitsprüfung Widerspruch erhoben, die Beklagten seien jedoch untätig geblieben. Der Zweck des Antrags sei es gerade, die Wirtschaftlichkeit der Reparatur bzw. des Änderungsantrags feststellen zu lassen. Der Vorbehalt der Wirtschaftlichkeitsprüfung sei rechtswidrig. Um Schaden von seinem Vermögen abzuwenden, weigere er sich, die Reparaturen auszuführen. Gegenstand des Verfahrens sei nur die Rechtswidrigkeit des Vermerks.
Die Beklagten zu 1) und 2) haben die Auffassung vertreten, ein für den Kläger widerspruchsfähiger Bescheid sei nicht ergangen. Die Entscheidung entfalte Wirkung nur gegenüber dem Versicherten. Diese hätten keinen Widerspruchsbescheid erbeten. Es liege in der Natur der Sache, dass ein komplexer kieferorthopädischer Behandlungsfall in seiner Gesamtheit erst nach Abschluss hinreichend gewürdigt werden könne. Da eine Kostenzusage insbesondere bei Nachanträgen den Anspruch auf eine nachträgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung nach der Rechtsprechung des Sozialgerichts Marburg ausschließe, sehe sie sich in besonders gelagerten Fällen veranlasst, eine Einschränkung auf Nachanträgen anzubringen. Bei dem Kläger machten sie seit Jahren die Erfahrung, dass Nachanträge überhand nähmen. So seien sechs oder mehr Nachanträge pro Fall die Regel und nicht die Ausnahme. In Hessen sei dies die einzige Praxis. Meistens gehe es um sich lösende Brackets. Klärungsversuche scheiterten an der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft des Klägers.
Die Beklagte zu 3) hat ausgeführt, sie habe mehrere Nachanträge des Klägers unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeitsprüfung genehmigt. Nachdem der Kläger erklärt habe, er habe die Reparaturmaßnahmen nicht durchgeführt, habe sie weitere Nachanträge nicht bewilligt. Anfragen zur derzeitigen Versorgung und Therapie seien unbeantwortet geblieben. Sie akzeptiere im Regelfall 2 bis 3 Nachanträge. Bei dem Kläger habe sie die Erfahrung gemacht, dass 7 bis 10 Nachanträge je Fall die Regel seien. Gesprächsangebote habe der Kläger kategorisch abgelehnt.
Mit Gerichtsbescheid vom 4. Februar 2011 hat das Sozialgericht die Klagen gegen die Beklagten zu 1) bis 3) zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und als unzulässig abgewiesen. Voraussetzung für die Erhebung einer Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) wegen Nichterteilung eines Widerspruchbescheides sei, dass überhaupt ein statthafter Widerspruch vorliege. Statthaftigkeit liege nur vor, wenn der Kläger sich gegen einen ihm gegenüber ergangenen oder ihn rechtlich beschwerenden Verwaltungsakt wende. Hieran fehle es in allen drei Verfahren. Die vom Kläger angeführten "Genehmigungen" könnten nicht als Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) verstanden werden. Die Genehmigung der Krankenkasse stelle jedenfalls gegenüber dem Vertragszahnarzt keinen Verwaltungsakt dar, sondern begründe lediglich unter Umständen Vertrauensschutz hinsichtlich der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit. Nach dem Bundesmantelvertrag - Zahnärzte für den Primärkassenbereich (BMV-Z, Stand 1. Juli 2010) und Anlage 6 zum BMV-Z (Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen) unterlägen Behandlungen, für die die Krankenkasse auf Grund eines Behandlungsplanes die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt habe, nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 3 Anlage 6 zum BMV-Z). Die Krankenkasse könne den bei ihr eingereichten Behandlungsplan begutachten lassen. Gegen die Stellungnahme des Gutachters zum Behandlungsplan oder zum Verlängerungsantrag könnten Zahnarzt und Krankenkasse Einspruch zum Zwecke der Einholung eines Obergutachtens einlegen. Dieses Gutachterverfahren mit dem Ergebnis einer entsprechenden Genehmigung gegenüber dem Versicherten diene maßgeblich auch den Interessen der Versicherten, die davor zu schützen seien, dass sie bereits begonnene Behandlungen auf eigene Kosten fortführen oder abbrechen müssten, weil sich nachträglich herausstelle, dass sie nicht genehmigungsfähig seien. Ausgehend von dieser im Wesentlichen auf dem Bundesmantelvertrag beruhenden Rechtslage, deren Kenntnis auch dem Kläger als Vertragszahnarzt unterstellt werden könne, könnten die vom Kläger angeführten "Genehmigungen" unter Beachtung des Empfängerhorizonts mit spezifisch vertragszahnärztlichem Verständnis nicht als Verwaltungsakt verstanden werden. Die Beklagten würden damit lediglich anerkennen, dass sie zunächst von der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistung ausgingen, relativierten diese Aussage aber zugleich, da sie sich eine nachträgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung vorbehielten. Im Ergebnis gestünden sie dem Kläger nur das zu und behielten sich nur das vor, was ohnehin aus den bundesmantelvertraglichen Regelungen folge. In den Fällen der Beklagten zu 1) und 2) sei im Übrigen bereits der Antrag des Klägers unzulässig gewesen. Nach den dargelegten bundesmantelvertraglichen Regelungen sei der Behandlungsplan nur für die Therapie, deren Verlängerung und deren Änderung zu erstellen. In den Fällen der Beklagten zu 1) und 2), in denen es sich lediglich um Reparaturen handele, sei ein solches – förmliches – Verfahren überhaupt nicht vorgesehen. Der Kläger verkenne, dass er als Vertragsbehandler grundsätzlich auch für die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit seiner zahnärztlichen Behandlung verantwortlich sei, was die Kammer mit ihm und den übrigen Beteiligten im Erörterungstermin eingehend besprochen habe. Das Genehmigungsverfahren mit der Möglichkeit eines Gutachterverfahrens nehme ihm in den genannten Konstellationen einen Teil der Verantwortung gegenüber den Krankenkassen dann ab, wenn eine Genehmigung erteilt werde. Die Genehmigung schaffe aber einen Vertrauenstatbestand nur in einem begrenzten Umfang. § 2 Abs. 3 der Anlage 6 zum BMV-Zahnärzte schließe die nachträgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung nur hinsichtlich der geplanten Behandlungsmaßnahme aus, nicht aber hinsichtlich der tatsächlich ausgeführten Maßnahme, soweit diese vom Behandlungsplan abweiche (Hinweis auf BSG, Urteil vom 5. August 1992 - 14a/6 RKa 61/91 - USK 92162, juris Rdnr. 23; BSG, Urteil vom 5. August 1992 - 14a/6 RKa 17/90 - SozR 3-2500 § 106 Nr. 12 = USK 92196, juris Rdnr. 39).
Gegen den am 8. Februar 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 9. Februar 2011 Berufung eingelegt.
Er meint, die weit ausholenden Ausführungen des Sozialgerichts gingen an der Sache vorbei. Streitgegenstand sei der Vorbehalt der Kasse direkt gegenüber dem Behandler, nicht die Genehmigung. Das Sozialgericht sei daher nicht zuständig, die Beiladung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung unrechtmäßig. Es könne nicht sein, dass die Kasse sage, er dürfe bzw. müsse die genehmigte Reparatur ausführen, zum Schluss dann aber ihre Ansicht ändere und feststelle, dass die Ausführung verboten gewesen sei und er - der Kläger - deshalb die Kosten tragen müsse. Der Vorsitzende Richter am Sozialgericht habe ihm engagiert dargelegt, dass es sich bei seiner Weigerung, vorbehaltsbehaftete Reparaturen durchzuführen, um eine so gravierende Pflichtverletzung handele, dass dies bis zur Gefährdung der Approbation führen könne. Einem solchen Verfahren stelle er sich. Es müsse so bald wie möglich verbindlich festgestellt werden, dass er nach dem Vertrag verpflichtet sei, die vorbehaltsbehafteten Reparaturen durchzuführen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 4. Februar 2011 aufzuheben.
Die Beklagten zu 1) bis 3) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte zu 1) schließt sich den Ausführungen des Sozialgerichts an.
Die Beklagte zu 2) führt aus, der Kläger verkenne die vom Sozialgericht zutreffend analysierte Rechtslage. Es obliege dem Behandler, die Verantwortung für die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der zusätzlichen überplanmäßigen Maßnahmen zu übernehmen, ob mit oder ohne Vorbehaltsvermerk.
Die Beklagte zu 3) führt unter ausführlicher Darlegung des konkreten Behandlungsfalls aus, die Therapiehoheit liege unbenommen beim Behandler. Jeder kieferorthopädische Leistungserbringer müsse es jedoch akzeptieren, dass der Kostenträger bei Beendigung eines kieferorthopädischen Behandlungsfalls einen Antrag auf Wirtschaftlichkeitsprüfung oder auf Feststellung eines sonstigen Schadens stelle. Es liege in der Natur der Sache, dass ein komplexer kieferorthopädischer Behandlungsfall in seiner Gesamtheit erst nach Abschluss hinreichend gewürdigt werden könne. In der Praxis des Klägers gebe es bei Nachanträgen und Therapieänderungen Ungereimtheiten, deren Klärung erforderlich, aber mangels Unterstützung durch den Kläger nicht möglich sei.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie schließt sich den Ausführungen der Krankenkassen an.
In der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2012 hat der Kläger den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Dr. Schuler wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Der Senat hat mit Beschluss vom selben Tag das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Krankenkassen und der Vertragszahnärzte, da es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGG). Denn im Streit stehen die Rechte und Pflichten des Klägers aus seiner Funktion als zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassener Leistungserbringer im Verhältnis zu den Krankenkassen und hier in Sonderheit die Frage, welche rechtliche Bedeutung dem Prüfungsvorbehalt in den Genehmigungsschreiben der Beklagten beikommt.
Dem Antrag des Klägers, die Beiladung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hessen aufzuheben, war nicht nachzukommen. Gemäß § 75 Abs. 1 SGG kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. Vorliegend berührt der Streit um die Bedeutung der streitigen Vorbehalte berechtigte Interessen der Beigeladenen, denn der Kläger hat nach den Mitteilungen des Sozialgerichts in der Vergangenheit schon mehrfach gerichtliche Streitigkeiten auch mit der Beigeladenen über seine Rechte und Pflichten insbesondere bei Reparaturen an kieferorthopädischen Apparaten geführt, bei denen es im Kern offensichtlich darum geht, dass der Kläger sich vor Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung – sei es durch die Krankenkassen oder die Beigeladene – schützen will.
Der Senat versteht das Klagebegehren im Rahmen sachgerechter Auslegung des Klageantrags (§ 123 SGG) in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht als Untätigkeitsklage im Sinne von § 88 SGG. Denn dem Kläger geht es in der Sache darum, die von ihm als "Nebenbestimmungen" zu den Genehmigungen angesehenen Vorbehalte der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung zu beseitigen, von denen er meint, dass diese ihn rechtlich beschweren. Hierfür ist die auf Bescheidung der von dem Kläger erhobenen Widersprüche gegen die betreffenden Vorbehalte gerichtete Untätigkeitsklage gemäß § 88 Abs. 2 SGG die richtige Verfahrensart.
Das Sozialgericht hat die Untätigkeitsklagen zu Recht als unzulässig abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Bescheidung seiner Widersprüche, denn die Mitteilungen der Beklagten zu 1) bis 3), die Genehmigung der Reparaturen bzw. der Behandlungsplanänderung geschehe unter dem Vorbehalt der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung, sind keine Verwaltungsakte und auch nicht – wie der Kläger in Verkennung der Rechtslage meint – Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt im Sinne von § 32 Abs. 1 SGB X. Weder nach Form noch nach Inhalt handelt es sich hierbei um Akte der öffentlichen Gewalt, die für den Kläger als Normunterworfenen im Einzelfall bestimmen, was für ihn rechtens ist (vgl. zu dieser Begriffsbestimmung des Verwaltungsakts Engelmann in von Wulffen, SGB X, § 31 Rdnr. 3). Die Vorbehalte der Beklagten zu 1) bis 3) sind keine Entscheidungen und treffen keine für den Kläger verbindliche Regelung. Sie verweisen lediglich auf das Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung im Sinne von § 106 Abs. 1 SGB V. Nach dieser Vorschrift überwachen die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Hierfür sieht das Gesetz Auffälligkeits- und Zufälligkeitsprüfungen vor (vgl. § 106 Abs. 2 SGB V). Gegenstand der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit in den Prüfungen nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 sind, soweit dafür Veranlassung besteht, gemäß § 106 Abs. 2a SGB V 1. die medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Indikation), 2. die Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Effektivität), 3. die Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualität), insbesondere mit den in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben, 4. die Angemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel, 5. bei Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie auch die Vereinbarkeit der Leistungen mit dem Heil- und Kostenplan.
Zuständig für diese Maßnahmen sind gemeinsame Prüfstellen und gemeinsame Beschwerdeausschüsse der Vertragspartner (§ 106 Abs. 4 SGB V). Diese entscheiden, ob der Vertragsarzt gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat, und treffen die erforderlichen Maßnahmen (Abs. 5 Satz 1).
Hieraus ergibt sich, dass der Vorbehalt einer nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung in den angegriffenen Schreiben der Beklagten zu 1) bis 3) unmittelbar nichts weiter ist als der Hinweis auf das Gesetz. Denn die Beklagten sind für Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung, insbesondere die Festsetzung von Regressen, nicht zuständig. Sie haben lediglich die Möglichkeit, im Fall angenommener Unwirtschaftlichkeit des Vertragszahnarztes bei den Prüfgremien einen Antrag auf Prüfung der Wirtschaftlichkeit des vertragsärztlichen Verhaltens zu stellen. Dieses Recht haben sie aber nach Maßgabe von § 106 Abs. 3 Satz 3 SGB V und der näheren Ausgestaltung aufgrund der zwischen der Beigeladenen und den Krankenkassen getroffenen Vereinbarung über die Errichtung der Prüfstelle gemäß § 106 SGB V mit Wirkung vom 1. Januar 2008 (Prüfvereinbarung) kraft Gesetzes unabhängig davon, ob darauf im Rahmen der Genehmigung einer Behandlungsmaßnahme ausdrücklich hingewiesen wird. Ein erklärter Vorbehalt beschwert den Kläger nicht, da damit nichts weiter verbunden ist als der Hinweis auf eine gesetzlich vorgesehene und nicht abdingbare Prüfung, für deren Durchführung die Beklagten selbst gar nicht zuständig sind, sondern unabhängige gemeinsame Prüfgremien.
Die "Prüfungsvorbehalte" der Beklagten beschweren den Kläger auch nicht deshalb, weil er aufgrund der gesetzlichen bzw. vertraglichen Regelungen betreffend das Verfahren der Genehmigung kieferorthopädischer Behandlungen bei Reparaturen und Änderungsanträgen einen Anspruch auf eine "befreiende Genehmigung" in dem Sinne hätte, dass mit der Genehmigung der entsprechenden kieferorthopädischen Behandlungsmaßnahme durch die Krankenasse gleichzeitig die Feststellung verbunden ist, dass die Maßnahme dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht und eine nachträgliche Überprüfung nicht mehr erfolgen wird.
Nach dem Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) ist für bestimmte Bereiche ein Antrags- und Genehmigungsverfahren für kieferorthopädische Behandlungen vorgesehen, um grundsätzlich die Leistungspflicht der Krankenkassen festzustellen. Einzelheiten regelt dazu die "Vereinbarung über das Gutachterverfahren bei kieferorthopädischen Maßnahmen" (Anlage 6 zum BMV-Z). Hiernach ist vor Beginn der Behandlung vom Zahnarzt ein Behandlungsplan zu erstellen und der Krankenkasse zuzusenden. Entsprechendes gilt bei einem Verlängerungsantrag und einer Therapieänderung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 bis 3 der Anlage 6 zum BMV-Z). Die Krankenkasse kann den Behandlungsplan begutachten lassen; für das hierbei zu beachtende Verfahren treffen die §§ 3 ff der Anlage 6 nähere Regelungen. Bei Kostenübernahme und Bezuschussung sendet die Krankenkasse in der Regel innerhalb von 4 Wochen ein Exemplar des Behandlungsplanes an den Zahnarzt zurück. Mit der Behandlung soll erst nach Rücksendung des Behandlungsplanes an den Zahnarzt begonnen werden. Behandlungen, für die die Krankenkasse auf Grund eines Behandlungsplanes die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt hat, unterliegen nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs. 1 bis 3 der Anlage 6).
Aus dem Regelungszusammenhang dieser Vorschriften ergibt sich, dass der genehmigte Behandlungsplan dem Vertragszahnarzt einen gewissen Vertrauensschutz verschafft, weil dieser nicht mehr der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit unterliegt. Nach der Rechtsauffassung des Sozialgerichts Marburg (Urteil vom 25. November 2009, S 12 KA 73/09) gilt dies entsprechend für die Genehmigung von Nachanträgen mit der Folge, dass auch in diesem Fall eine Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgeschlossen ist. Ein solcher Ausschluss gilt aber auch nach der Rechtsauffassung des Sozialgerichts nur für die Bereiche, die bei der vorangehenden Genehmigung zu überprüfen waren oder tatsächlich abschließend geprüft wurden. Liege ein Nachantrag bzw. eine weitere Genehmigung nicht vor, so trage der Zahnarzt das Risiko, ggf. auch die Wirtschaftlichkeit der Leistungen nachweisen zu müssen. Allein ein fehlender Antrag führe nicht zur Absetzung, sondern nur zur Berechtigung, die Wirtschaftlichkeit überprüfen zu können (SG Marburg a. a. O., juris Rdnr.43).
Auf die damit angesprochene Frage, ob der Vertrauensschutz des Vertragszahnarztes sich auf alle Fälle eines genehmigten Nachantrages oder einer Planänderung erstreckt, kommt es im vorliegenden Fall allerdings nicht an. Denn die das materielle Recht betreffende Frage, ob eine Genehmigung eines Behandlungsplans oder eines Antrags auf Therapieänderung dem Behandler einen Vertrauensschutz verschafft, ist von der Frage, ob der "Prüfungsvorbehalt" der Beklagten einen Verwaltungsakt darstellt, zu trennen. Von rechtlicher Bedeutung im Sinne einer den Verwaltungsakt kennzeichnenden Regelungswirkung wäre der Prüfungsvorbehalt der Beklagten nur, wenn damit aus der Sicht eines verständigen Empfängers eine rechtliche erhebliche Einschränkung einer bereits erworbenen Vertrauensposition verbunden wäre. Das ist nicht der Fall. Ob einem Behandler infolge der Genehmigung eines Behandlungsplans oder einer Planänderung durch die Krankenkasse Vertrauensschutz erlangt in dem Sinne, dass dies einen Regress wegen unwirtschaftlicher Leistungserbringung ausschließt, ist eine im konkreten Einzelfall zu beantwortende Rechtsfrage, die von dem dazu berufenen Gremien im Rahmen des Verfahrens nach § 106 SGB V und ggf. nachfolgend durch die Gerichte zu klären ist. Diese Nachprüfung der Behandlung auf Wirtschaftlichkeit kann schon deshalb nicht ausgeschlossen werden, weil sie durch das Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist; so nennt § 106 Abs. 2a Nr. 5 SGB V als Gegenstand der Beurteilung der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie auch die Vereinbarkeit der Leistungen mit dem Heil- und Kostenplan. Dementsprechend schließt § 2 Abs 3 der Anlage 6 zum BMV-Zahnärzte die nachträgliche Wirtschaftlichkeitsprüfung nur hinsichtlich der geplanten Behandlungsmaßnahme aus, nicht aber hinsichtlich der tatsächlich ausgeführten Maßnahme, soweit diese vom Behandlungsplan abweicht (BSG, Urteil vom 5. August 1992, 14a/6 RKa 61/91, juris Rdnr. 23). Durch den "Prüfungsvorbehalt" der Beklagten wird die Rechtsposition des Klägers insoweit überhaupt nicht tangiert, da dieser Vorbehalt nicht mehr bedeutet als die der Rechtslage entsprechende Mitteilung, dass es später noch zu einem Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung kommen kann. Das gilt in Sonderheit für Reparaturen an kieferorthopädischen Apparaten. Denn das Sozialgericht weist zu Recht darauf hin, dass das in Anlage 6 zum BMV-Z vorgesehene Genehmigungsverfahren nicht für Reparaturen gilt, sondern allein für die dort genannten Behandlungspläne, deren Änderung und Verlängerungsanträge.
Der Charakter einer rechtsverbindlichen Regelung kommt den Vorbehalten der Beklagten schließlich auch nicht deshalb zu, weil sie – wie aus ihrem Vorbringen deutlich wird – den Vorbehalt auf ihren Genehmigungen mit der Vorstellung anbringen, damit könne gegenüber dem Kläger die Wirkung des § 2 Abs. 3 der Anlage 6 zum BMV-Z ausgeschlossen werden. Denn die Rechtsfolge dieser Vorschrift, die eine Prüfung von der Krankenkasse genehmigter Leistungen auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ausschließt, unterliegt nicht der Disposition der Beklagten und kann von ihnen durch derartige Vorbehalte nicht beeinflusst werden. Sofern die rechtliche Prüfung im Einzelfall ergibt, dass eine bindende Genehmigung eines Behandlungsplans oder einer Planänderung vorliegt, ist die Rechtsfolge des § 2 Abs. 3 der Anlage 6 des BMV-Z für die Vertragsunterworfenen unmittelbar geltendes Recht und von den Prüfgremien im Rahmen des Verfahrens nach § 106 SGB V von Amts wegen zu beachten. Insoweit kann die Erklärung einer Krankenkasse, dass die Genehmigung einer kieferorthopädischen Leistung unter dem Vorbehalt der nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung steht, ungeachtet damit möglicherweise verbundener anderweitiger Motive und Vorstellungen objektiv lediglich als ein allgemeiner Hinweis auf die Rechtslage ohne rechtlich erheblichen Inhalt verstanden werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, weil diese keinen eigenen Sachantrag gestellt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung hat der Senat abweichend von der des Sozialgerichts vorgenommen. Dessen Entscheidung bindet den Senat nicht, da für beide Instanzen der objektiv angemessene Wert maßgeblich ist und dem Rechtsmittelgericht daher die Befugnis zukommt, die erstinstanzliche Festsetzung abzuändern (BSG, Beschluss vom 19. Juni 2006, B 6 KA 30/06 B).
Das Sozialgericht hat auf den geschätzten Wert der jeweiligen Reparaturen bzw. der Änderungsanträge abgestellt. Nach Auffassung des Senats ist dagegen der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von (jeweils) 5.000 Euro festzusetzen, da der Kläger keine Verpflichtung eingeklagt hat, deren bezifferbarer Wert die Anwendung von § 52 Abs. 3 GKG zuließe. Er verfolgt die Bescheidung seiner Widersprüche vor dem Hintergrund der Annahme, dass die von ihm angegriffenen "Prüfungsvorbehalte" rechtswidrig seien und ihm ein Anspruch auf "unbedingte" Genehmigungen beantragter Reparaturen bzw. Planänderungen zusteht. Insoweit geht es mit der Untätigkeitsklage um die von dem Kläger selbst als grundsätzlich thematisierte Frage, welche rechtliche Bedeutung derartigen Prüfvorbehalten beikommt. Daher ist der Auffangstreitwert auch nicht im Hinblick auf den normalerweise eingeschränkten Streitgegenstand einer Untätigkeitsklage zu reduzieren, weil die Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen des § 88 SGG sich nicht in der Feststellung der Fristen für eine Untätigkeitsklage erschöpft, sondern in diesem besonderen Fall bereits eine vollständige Sachprüfung erfordert.
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