Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 1 KA 50/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KA 45/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Leistungen der Chirotherapie unnd die der Schmerztherapie können zur Annahme eines besonderen Leistungsspektrums nicht aufsummiert betrachtet werden.
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Im Streit steht, ob die Beklagte bei der Honorarbescheidung für die Quartale II/2006 sowie IV/2006 bis III/2007 Praxisbesonderheiten berücksichtigen muss.
Die Kläger sind ab dem Jahr 2005 als Gemeinschaftspraxis für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung in C zugelassen. Sie waren bereits zuvor jeweils als Facharzt für Allgemeinmedizin zugelassen. Die Praxis war in den streitgegenständlichen Quartalen der Arztgruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin, praktische Ärzte und Fachärzte für Innere Medizin (hausärztlich) zugeordnet. Im Quartal II/2006 fand der ab dem 01. April 2005 gültige Honorarverteilungsvertrag (HVV) vom 19. Mai 2005 (in der Fassung vom 17.02.2006) und die Richtlinie zum HVV (RiLiHVV) Anwendung. Für die Quartale IV/2006 bis III/2007 war der ab dem 01. Juli 2006 gültige HVV anzuwenden. Die Grenzfallpunktzahl der Arztgruppe betrug in allen Quartalen 860 Punkte und die durchschnittliche Fallzahl 930.
Mit Honorarbescheid vom 26. Oktober 2006 gewährte die Beklagte für das Quartal II/2006 für 1.393 abgerechnete HVV-relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 73.231,77 EUR. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 56,38 % und im Ersatzkassenbereich 61,58 %.
Die Kläger erhoben am 21. November 2006 Widerspruch. Im Wesentlichen begehrten sie die Erhöhung der Grenzfallpunktzahl unter Berücksichtigung der erbrachten chirotherapeutischen und schmerztherapeutischen Leistungen als Praxisbesonderheit.
Mit Honorarbescheid vom 26. April 2007 gewährte die Beklagte für das IV. Quartal 2006 für 1.507 HVV relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 79.209,04 EUR. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 54,78 % und im Ersatzkassenbereich 60,10 EUR.
Mit Honorarbescheid vom 26. Juli 2007 gewährte die Beklagte für das Quartal I/2007 für 1.542 abgerechnete HVV relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 75.248,57 EUR. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 51,36 % und im Ersatzkassenbereich 57,03 %.
Die Beklagte gewährte weiter für das II. Quartal 2007 im Honorarbescheid vom 25. Oktober 2007 für 1.767 abgerechnete HVV relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 81.412,31 EUR. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 48,49 % und im Ersatzkassenbereich 49,76 %.
Mit Honorarbescheid vom 24. Januar 2008 gewährte die Beklagte für das III. Quartal 2007 für 1.896 abgerechnete HVV relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 85.901, 15 EUR. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 46,13 % und im Ersatzkassenbereich 49,29 %.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2008 wies die Beklagte den Widerspruch vom 21. November 2006 (Quartal II/2006) als unbegründet zurück. Die Regelungen des HVV seien richtig angewandt worden. Der Korrekturfaktor sei nach § 10 Abs. 4 HVV mit 1,0 richtig festgesetzt worden, da die Kläger erst seit dem 1. Januar 2005 als Gemeinschaftspraxis tätig seien. Vom Quartal III/2005 bis II/2006 habe der Korrekturfaktor bei 0,75 gelegen und der reale Korrekturfaktor im II. Quartal 2006 bei 0,75, so dass die Festsetzung auf 1,0 nicht zu beanstanden sei. Eine Anhebung des Korrekturfaktors nach Punkt D Nr. 1-3 und D Nr. 4.2 RiLiHVV scheide aus. Auch die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Grenzfallpunktzahl nach Punkt D Nr. 8 der RiLiHVV im Widerspruchsquartal sei nicht gegeben.
Mit ihrer am 21. April 2008 zunächst beim Sozialgericht Potsdam (SG; Aktenzeichen S 1 KA 50/08) erhobenen Klage wenden sich die Kläger hiergegen.
Den Widerspruch hinsichtlich des Quartals IV/2006 hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2008 zurückgewiesen. Es sei weder eine Erhöhung des Korrekturfaktors noch der Fallpunktzahl möglich. Der Anteil schmerztherapeutischer Leistungen (GNR 30710 bis 30760) habe bei 14,39 % und der chirotherapeutischen Leistungen (GNR 30200 bis 30201) bei 8,16 % gelegen. Da diese jeweils unter 15 % liegen, sei eine Erhöhung der Grenzfallpunktzahl nicht möglich.
Entsprechend ist sie mit dem Widerspruch hinsichtlich des Quartals I/2007 verfahren (Widerspruchsbescheid vom 22.10.2008).
Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom selben Tag hat sie auch den Widerspruch betreffend das Quartal II/2007 zurückgewiesen.
Schließlich wies sie mit dem weiteren Widerspruchsbescheid mit diesem Datum auch den Widerspruch betreffend das Quartal III/2007 zurück. Auch hier seien die Voraussetzungen für die Erhöhung der Grenzfallpunktzahl nicht gegeben. Der Anteil der schmerztherapeutischen Leistungen habe bei 11,75 % und bei den chirotherapeutischen Leistungen bei 9,78 % und somit jeweils unter 15 % gelegen.
Die Kläger haben hiergegen am 18. Januar 2008 Klage erhoben (Aktenzeichen SG 1 KA 207/08).
Das SG hat die Klagen verbunden.
Zur Begründung haben die Kläger vorgetragen, dass in allen Quartalen die chirotherapeutischen Leistungen nach den Gebührennummern 30200 bis 30201 EBM 2005 und die schmerztherapeutischen Leistungen nach den Gebührennummern 30710 bis 30760 EBM 2005 in ihrer Gesamtheit als Praxisbesonderheit zu berücksichtigen seien. Entgegen der Auffassung der Beklagten seien diese bei Patienten mit Schmerzen am Bewegungsapparat zusammengehörig zu betrachten. Alle schmerztherapeutischen Leistungen seien als eine Einheit zu betrachten. Die Beklagte selbst fasse verschiedene Gebührennummern wie die 30710 (intravenöse Infusion mit Betäubungsmitteln oder Lokalanästhetika) und die Gebührennummer 30724 (lokale Injektion von Lokalanästhetika an den Spinalnerven) wie auch die Gebührennummer 30750 (Kontrolle einer implantierten Medikamentenpumpe) oder die Gebührennummer 30731 (Anästhesie im Bereich des Spinalkanals) zusammen, nur weil sie im EBM 2005 in Ermangelung jeweils spezialisierter Kapitel unter der Rubrik 30.7.2 (Schmerztherapie). Einzige Gemeinsamkeit dieser zusammengefassten akzeptierten Ziffern sei deren Zielsetzung, bei dem Patienten Schmerz zu lindern. Diese Zielsetzung sei naturgemäß auch bei der chirotherapeutischen Behandlung nach den Ziffern 30200 und 30201 gegeben, da die chirotherapeutische Leistung vordergründig auf eine Schmerzreduzierung im Stütz- und Bewegungssystem durch Funktionsnormalisierung abziele. Es könne nicht Ziel des EBM sein, dass ein breit ausgebildeter Arzt sich aus wirtschaftlichen Gründen zur Behandlung derselben Erkrankung auf nur wenige Behandlungsmethoden beschränke, um seine praxisbesonderen Leistungen auch entsprechend abgebildet zu sehen. Die summarische Betrachtung der einzelnen Leistungsbereiche 30710 bis 30760 und 30200 bis 30201 EBM 2005 sei genauso sachgerecht wie die summarische Betrachtung der Gebührennummern 30710 bis 30760, da grundsätzlich die einzige Gemeinsamkeit aller genannten Ziffern die Linderung von Schmerzen sei.
Das SG hat die Klagen mit Urteil vom 12. Januar 2011 abgewiesen. Es hat zur Begründung zunächst nach § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt des jeweiligen Widerspruchsbescheides verwiesen. Die Regelungen der hier zugrunde liegenden HVV seien, soweit hier einschlägig, nicht zu beanstanden. Sie verstießen weder gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, noch habe die Beklagte ihren Gestaltungsfreiraum überschritten. Die Voraussetzung eines besonderes Leistungsspektrum habe die Beklagte in allen Quartalen anhand der im IV. Kapitel des EBM 2005 genannten Leistungsbereiche geprüft. Dies sei sachgerecht. Das IV. Kapitel umfasse arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen, die besondere Fachkenntnisse, apparative Anforderungen, die Teilnahme an Maßnahmen zur Qualitätssicherung gemäß § 135 Abs. 2 SGB V und die in den entsprechenden Kapiteln bzw. Abschnitten und Präambeln zur Voraussetzung der Abrechnung aufgeführten Kriterien voraussetzten (I Abschnitt 1, Ziffer 1.6 EBM 2005). Die im IV. Kapitel genannten arztgruppenübergreifenden speziellen Leistungen seien in spezielle Versorgungsbereiche (Ziffer 30), in ambulante und belegärztliche Operationen mit dazugehörenden prä- und postoperativen Leistungen (Ziffer 31), in Laboratoriumsmedizin, Molekulargenetik und Molekularpathologie (Ziffer 32), in Ultraschalldiagnostik (Ziffer 33), in diagnostische und interventionelle Radiologie, CT und MRT (Ziffer 34) und in Leistungen gemäß den Psychotherapie-Richtlinien (Ziffer 35) gegliedert. Vorliegend seien allein die unter Ziffer 30 genannten speziellen Versorgungsbereiche relevant. Die unter Punkt 30.1 bis 30.9 aufgeführten speziellen Versorgungsbereiche betrachte die Beklagte nach Auffassung der Kammer zu Recht als jeweils für sich zählende besondere Praxisausrichtung, da diese nicht nur eine Ausrichtung auf Versorgungsbereiche sondern auch auf eine Behandlungsmethode beinhalteten. Darüber hinaus setzten die einzelnen Versorgungsbereiche jeweils besondere Kenntnisse, Zusatzqualifikationen oder ähnliches voraus. Die Kläger machten in allen Quartalen den Komplex 30.2 (chirotherapeutische Leistungen) und den Komplex 30.7 (schmerztherapeutische Leistungen) geltend. Der Anteil der jeweils aus den nach dem im EBM 2005 aufgeführten einzelnen Versorgungsbereichen im Kapitel arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen angeforderten Leistungen am Gesamtleistungsbedarf stelle sich bei den Klägern wie folgt dar:
Quartal Chirotherapie 30.2 GNR 30200 und 30201 Schmerztherapie 30.7 GNR 30710 bis 30760 II/2006 8,01% 13,94% IV/2006 8,16% 14,39% I/2007 8,9 1% 12,64% II/2007 9,21% 11,76% III/2007 9,78% 11,75%
Für den einzelnen Versorgungsbereich ergebe sich danach keine Überschreitung des Anteils am Gesamtleistungsbedarf von über 15%. Grundsätzlich ließe die Formulierung in den HVV auch die von der Klägerin begehrte Summierung von Praxisbesonderheiten zu. Eine Summierung einzelner Praxisbesonderheiten halte die Kammer jedoch nicht für sachgerecht, da dies dem Zweck und Ziel der durch den Gesetzgeber eingeführten Regelleistungsvolumina zuwiderliefe. Die Gliederung in verschiedene Versorgungsbereiche im EBM 2005 stelle gleichzeitig eine Gliederung in unterschiedliche Praxisausrichtungen und somit auch in verschiedene Behandlungsmethoden dar. Eine Praxisbesonderheit könne nur dann als besonderes Leistungsspektrum berücksichtigt werden, wenn sie für sich eine gegenüber der Arztgruppe atypische Praxisausrichtung darstelle. Den Klägern sei zuzustimmen, dass es sich bei beiden Therapie- bzw. Behandlungsmethoden grundsätzlich um die Behandlung von Schmerzpatienten im Bereich des Bewegungsapparates handele. Gleichwohl kämen nicht in jedem Behandlungsfall beide Behandlungsmethoden zur Anwendung und setzten sich diese nicht gegenseitig voraus. Dass die Kläger ein über das "normale" Leistungsspektrum ihrer Arztgruppe hinausgehendes Leistungsangebot vorhielten und erbrächten, sei ihre individuelle Entscheidung. Die Kläger seien gleichwohl der Arztgruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin zuzuordnen. Eine spezielle Arztgruppe für die von der Klägerin erbrachten Leistungen sei nicht vorzusehen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG seien die Grenzfallpunktzahlen gemäß § 12 Abs. 1 jeweiliger HVV i. V. m. Nr. 8.1 der RiLiHVV möglich. Nr. 8.1 RiLiHVV spräche von den Leistungen des Arztes. Damit sei die einzelne Behandlungsmaßnahme gemeint, jedoch nicht die Behandlung an sich. Da die einzelne Leistung relevant sei, komme es nicht darauf an, zu welchem Komplex diese zuzurechnen sei – hier Chirotherapie oder Schmerztherapie. Ergänzend haben sich die Kläger auf die Entscheidung des BSG vom 29. Juli 2011 – B 6 KA 17/10 R – berufen.
Sie beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. Januar 2011 aufzuheben sowie die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2008 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das II. Quartal 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 26. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2008 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das IV. Quartal 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides vom 26. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2008 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das I. Quartal 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides vom 25. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2008 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das II. Quartal 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung der Gerichts neu zu entscheiden, die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides vom 24. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2008 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das III. Quartal 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung der Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte im Beschlusswege nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Der Senat hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Er hält auch eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind auf die Absicht, so vorzugehen, mit Verfügung vom 28. Februar 2012 hingewiesen worden.
Der Berufung muss Erfolg versagt bleiben.
Die Klagen bezwecken alleine die die summarische Anerkennung der von ihr in den Quartalen erbrachten schmerztherapeutischen Leistungen nach den Gebührennummern 30710 bis 30760 EBM 2005 und der chirotherapeutischen Leistungen nach den Gebührennummern 30200 und 30201 EBM 2005 als Praxisbesonderheit zur Erhöhung der Grenzfallpunktzahl.
Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die seit 1. Juli 2004 als Vertragspartner beteiligten Krankenkassen haben bei der Ausformung des Honorarverteilungsmaßstabs einen Gestaltungsspielraum. Zu beachten sind dabei allerdings insbesondere das in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot leistungsproportionaler Verteilung des Honorars sowie der aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) herzuleitende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl. st Rspr. des BSG, SozR 4-2500 § 72 Nr. 2). Das bedeutet indessen nicht, dass gleiche Leistungen stets gleich vergütet werden müssen. Beide Prinzipien stellen vielmehr nur Grundsätze dar, von denen aus sachlichem Grund abgewichen werden darf. Die Bildung von Honorarkontingenten für die einzelnen Arztgruppen ist daher rechtmäßig. Dabei können Arztgruppen, die gewisse Ähnlichkeiten aufweisen, getrennt geführt oder zu einer einheitlichen Gruppe zusammengefasst werden (vgl. BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 40). Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst zwar grundsätzlich den Anspruch des Arztes auf Honorierung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit (vgl. BVerfGE 88, 145, 159; 101, 331, 346) Dieser Schutz kann jedoch gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG auf gesetzlicher Grundlage eingeschränkt werden, wie das hier durch die Regelungen des § 72 Abs. 2 und des § 85 Abs. 3 SGB V erfolgt ist.
Ein aus dem Gebot einer angemessenen Vergütung herzuleitender Anspruch auf Höherbewertung bestimmter Leistungen oder Leistungskomplexe besteht nicht (BSG, Urteil vom 7. Februar 1996 – 6 RKa 6/95 - juris). Allgemein gilt, dass der Anspruch eines Vertragsarztes auf Honorarteilhabe aus § 72 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V unter der Geltung begrenzter Gesamtvergütungen sich erst durch sämtliche, einem bestimmten Leistungsbereich zuzuordnende Honorarkontingente und die für diese Honorarkontingente berechneten Verteilungspunktwerte zu einem der Höhe nach individualisierten Honoraranspruch konkretisiert. Die isolierte Betrachtung einzelner Honorarkontingente und der dafür auszuzahlenden Punktwerte hingegen kann die tatsächliche Höhe der Vergütung einer Arztgruppe für deren vertragsärztliche Leistungen regelmäßig nur unzureichend widerspiegeln. Rechtsgrundlage für Honorarverteilungsbestimmungen ist § 85 Abs. 4 SGB V in der ab 1. Januar 2005 geltenden, hier anzuwendenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert). Danach verteilt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütung getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütung sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe festzulegen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen. Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Sätze 1 bis 8 SGB V). Der Bewertungsausschuss bestimmt Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen, insbesondere zur Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung; er bestimmt ferner den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu treffenden Regelungen (vgl. § 85 Abs. 4a SGB V). Dieser Verpflichtung ist der Bewertungsausschuss mit dem Beschluss vom 29. Oktober 2004 zur Festlegung von RLV durch die KVen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V m. W. v. 1. Januar 2005 (Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 46 vom 12. November 2004; BRLV) nachgekommen, dessen Inhalt Bestandteil der hier anzuwendenden HVV ist.
Hier hatdie Beklagte zu Recht die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Grenzfallpunktzahl nach Punkt D Nr. 8 der RiLiHVV in den streitgegenständlichen Quartalen verneint. Die Regelunge beruht auf § 12 des HVV.
§ 12 Abs. 1 HVV 2005 lautet:
"Sofern Überschreitungen vorliegen, die auf Praxisbesonderheiten zurückzuführen sind, können auf Antrag gemäß der Richtlinie zur Auslegung des HVV Abweichungen zu den Regelungen in §§ 10 und 11 festgelegt werden."
§ 12 Abs.1 HVV 2006 formuliert:
"Sofern Überschreitungen vorliegen, die auf typisierte Praxisbesonderheiten gemäß der Anlage 5 HVV zurückzuführen sind, können auf Antrag Abweichungen zu den Regelungen in § 10 und 11 durch den Vorstand der KVBB festgelegt werden."
Nach 8.1 der RiLiHVV kann unter Berücksichtigung eines besonderen Leistungsspektrums eine Anhebung der Grenzfallpunktzahl erfolgen, wenn die Fallpunktzahl des Widerspruchsführers im Widerspruchsquartal um mindestens 15 % über dem Wert der Arztgruppe liegt und der Anteil spezialisierter im Regelleistungsvolumen enthaltener Leistungen gemessen am HVV relevanten Gesamtleistungsbedarf größer als 15 % und im Vergleich zum Durchschnitt der Fachgruppe größer als 50 % ist.
Das SG ist richtig von der Gültigkeit der zugrunde gelegten HVV und deren skizzierten Regelungen ausgegangen. Zur Begründung wird auf die zutreffende Begründung im angegriffenen Urteil verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Diese Rechtsprechung entspricht der des hiesigen Senates (vgl. Urteile vom 21.04.2010 - L 24 KA 72/08 - sowie vom 22.12.2010 - L 24 KA 78/08 für den HVM vom 23. Juli 2004; Urteils ersetzender Beschluss vom 08. März 2011 - L 24 KA 73/08 speziell zum HVV ab 01. April 2005):
Das BSG hat bereits mit Urteil vom 07. Februar 1996 (6 RKa 21/95, juris Rdnr. 17) festgestellt, dass der Sicherstellungsauftrag dem einzelnen Kassenvertragsarzt kein Recht auf ein bestimmtes, als angemessen bewertetes Honorar für die einzelne Leistung oder für die ärztliche Tätigkeit insgesamt gebe. Eine Ausnahme hiervon sei allenfalls für den Fall denkbar, dass durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das kassenärztliche Versorgungssystem als Ganzes und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden ärztlichen Leistungserbringer gefährdet werde.
Dass die Kläger ihre allgemeinärztliche Gemeinschaftspraxis nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll betreiben können bzw. im maßgeblichen Zeitraum nicht konnten, haben sie nicht dargelegt. Sie halten lediglich die Vergütung für unangemessen gering.
Der Senat hat ferner bereits den Ansatz der RiLi-HVV für rechtmäßig erachtet, als Anknüpfungspunkt für zusätzliche Punkte nur Praxisbesonderheiten bei den HVV-spezifische Leistungen mit bestimmten Mindestvolumen anzusehen (vgl. Urteil vom 12.03.2010 - L 24 KA 13/04-25- noch zum Praxisbudget der Rechtslage bis 2002; Urteil vom 22.12.2010 - L 24 KA 78/08 zum HVV 2004). Ganz allgemein kann nämlich für die Frage, wann eine Spezialisierung vorliegt, die im Rahmen des Regelleistungsvolumens die Notwendigkeit einer Ausnahmeregelung begründet, an die Rechtsprechung des BSG zu ähnlichen Problemlagen angeknüpft werden (so zutreffend weitgehend wörtlich Hessisches LSG, Urteil vom 17. März 2010 - L 4 KA 28/08 juris Rdnr. 46 zu dem Begriff der "Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs" als Voraussetzung für die Erweiterung eines Zusatzbudgets nach dem EBM-Ä 1997 unter Bezugnahme auf BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31 und SozR 4-2500 § 87 Nr. 12). Ein besonderer Behandlungsschwerpunkt bzw. eine Konzentration auf die Erbringung von Leistungen aus einem Teilbereich des Fachgebietes setzt also eine von der Typik der Arztgruppe nachhaltig abweichende Praxisausrichtung voraus, gegenüber derjenigen, für die der Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Indizien für eine entsprechende Spezialisierung sind ein gegenüber dem Durchschnitt der Fachgruppe signifikant erhöhter Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden Leistungen am Gesamtpunktzahlvolumen in der Vergangenheit sowie eine im Leistungsangebot bzw. in der Behandlungsausrichtung der Praxis. Der Ansatz der Beklagten, (erst) bei einer Überschreitung der besonderen Leistungen von 15 % der gesamten (HVV-relevanten) Leistungen, lässt somit keine Ermessensfehler erkennen.
Die Praxis der Kläger hat kein besonderes Leistungsspektrum nach Nr. 8.1 RiLi-HVV ausgewiesen. Die Leistungen für Chirotherapie und für die der Schmerztherapie sind nicht zu summieren. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird auch insoweit auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil verwiesen.
Maßgebend sind die abgerechneten Leistungen (so bereits Urt. des Senats vom 15. Juni 2011 -24 KA 105/09- zur Trennung von Allergologie und Pulmologie). Das System der Gesamtvergütung baut nämlich auf ärztlichen Leistungen und nicht auf der Gesundheitsstruktur der Patienten, hier speziell der Schmerzpatienten, einer Praxis auf.
Andere Maßstäbe folgen auch nicht aus dem von den Klägern angeführten Urteil des BSG, Urt. v. 29. Juni 2011 B 6 KA 17/10 R. Auch danach kann zur Sicherstellung der Versorgung eine vom Durchschnitt abweichende Praxisausrichtung, die Rückschlüsse auf einen Versorgungsbedarf erlaubt, und sich in einem besonders hohen Anteil der in einem speziellen Leistungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl zeigt, ein Abweichen vom RLV rechtfertigen. Zur Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit genüge es danach allerdings nicht, lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abzurechnen (so BSG, a. a. O. Rdnr. ) Die Überschreitung des praxisindividuellen RLV müsse vielmehr darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei werde es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erforderten. Deutliches Indiz für einen solchen speziellen Leistungsbereich seien die entsprechende Ausweisung dieser Leistungen im EBM. Wie vom SG ausführlich dargestellt, sind zwar die chiropraktischen Leistungen und die zur Schmerztherapie gesondert im EBM im einschlägigen Kapitel der Arztgruppen übergreifende spezielle Leistungen ausgewiesen, allerdings in getrennten Bereichen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 63 GKG. Der Beschluss über die Streitwertfestsetzung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 177 SGG.
Tatbestand:
Im Streit steht, ob die Beklagte bei der Honorarbescheidung für die Quartale II/2006 sowie IV/2006 bis III/2007 Praxisbesonderheiten berücksichtigen muss.
Die Kläger sind ab dem Jahr 2005 als Gemeinschaftspraxis für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung in C zugelassen. Sie waren bereits zuvor jeweils als Facharzt für Allgemeinmedizin zugelassen. Die Praxis war in den streitgegenständlichen Quartalen der Arztgruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin, praktische Ärzte und Fachärzte für Innere Medizin (hausärztlich) zugeordnet. Im Quartal II/2006 fand der ab dem 01. April 2005 gültige Honorarverteilungsvertrag (HVV) vom 19. Mai 2005 (in der Fassung vom 17.02.2006) und die Richtlinie zum HVV (RiLiHVV) Anwendung. Für die Quartale IV/2006 bis III/2007 war der ab dem 01. Juli 2006 gültige HVV anzuwenden. Die Grenzfallpunktzahl der Arztgruppe betrug in allen Quartalen 860 Punkte und die durchschnittliche Fallzahl 930.
Mit Honorarbescheid vom 26. Oktober 2006 gewährte die Beklagte für das Quartal II/2006 für 1.393 abgerechnete HVV-relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 73.231,77 EUR. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 56,38 % und im Ersatzkassenbereich 61,58 %.
Die Kläger erhoben am 21. November 2006 Widerspruch. Im Wesentlichen begehrten sie die Erhöhung der Grenzfallpunktzahl unter Berücksichtigung der erbrachten chirotherapeutischen und schmerztherapeutischen Leistungen als Praxisbesonderheit.
Mit Honorarbescheid vom 26. April 2007 gewährte die Beklagte für das IV. Quartal 2006 für 1.507 HVV relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 79.209,04 EUR. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 54,78 % und im Ersatzkassenbereich 60,10 EUR.
Mit Honorarbescheid vom 26. Juli 2007 gewährte die Beklagte für das Quartal I/2007 für 1.542 abgerechnete HVV relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 75.248,57 EUR. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 51,36 % und im Ersatzkassenbereich 57,03 %.
Die Beklagte gewährte weiter für das II. Quartal 2007 im Honorarbescheid vom 25. Oktober 2007 für 1.767 abgerechnete HVV relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 81.412,31 EUR. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 48,49 % und im Ersatzkassenbereich 49,76 %.
Mit Honorarbescheid vom 24. Januar 2008 gewährte die Beklagte für das III. Quartal 2007 für 1.896 abgerechnete HVV relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 85.901, 15 EUR. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 46,13 % und im Ersatzkassenbereich 49,29 %.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2008 wies die Beklagte den Widerspruch vom 21. November 2006 (Quartal II/2006) als unbegründet zurück. Die Regelungen des HVV seien richtig angewandt worden. Der Korrekturfaktor sei nach § 10 Abs. 4 HVV mit 1,0 richtig festgesetzt worden, da die Kläger erst seit dem 1. Januar 2005 als Gemeinschaftspraxis tätig seien. Vom Quartal III/2005 bis II/2006 habe der Korrekturfaktor bei 0,75 gelegen und der reale Korrekturfaktor im II. Quartal 2006 bei 0,75, so dass die Festsetzung auf 1,0 nicht zu beanstanden sei. Eine Anhebung des Korrekturfaktors nach Punkt D Nr. 1-3 und D Nr. 4.2 RiLiHVV scheide aus. Auch die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Grenzfallpunktzahl nach Punkt D Nr. 8 der RiLiHVV im Widerspruchsquartal sei nicht gegeben.
Mit ihrer am 21. April 2008 zunächst beim Sozialgericht Potsdam (SG; Aktenzeichen S 1 KA 50/08) erhobenen Klage wenden sich die Kläger hiergegen.
Den Widerspruch hinsichtlich des Quartals IV/2006 hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2008 zurückgewiesen. Es sei weder eine Erhöhung des Korrekturfaktors noch der Fallpunktzahl möglich. Der Anteil schmerztherapeutischer Leistungen (GNR 30710 bis 30760) habe bei 14,39 % und der chirotherapeutischen Leistungen (GNR 30200 bis 30201) bei 8,16 % gelegen. Da diese jeweils unter 15 % liegen, sei eine Erhöhung der Grenzfallpunktzahl nicht möglich.
Entsprechend ist sie mit dem Widerspruch hinsichtlich des Quartals I/2007 verfahren (Widerspruchsbescheid vom 22.10.2008).
Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom selben Tag hat sie auch den Widerspruch betreffend das Quartal II/2007 zurückgewiesen.
Schließlich wies sie mit dem weiteren Widerspruchsbescheid mit diesem Datum auch den Widerspruch betreffend das Quartal III/2007 zurück. Auch hier seien die Voraussetzungen für die Erhöhung der Grenzfallpunktzahl nicht gegeben. Der Anteil der schmerztherapeutischen Leistungen habe bei 11,75 % und bei den chirotherapeutischen Leistungen bei 9,78 % und somit jeweils unter 15 % gelegen.
Die Kläger haben hiergegen am 18. Januar 2008 Klage erhoben (Aktenzeichen SG 1 KA 207/08).
Das SG hat die Klagen verbunden.
Zur Begründung haben die Kläger vorgetragen, dass in allen Quartalen die chirotherapeutischen Leistungen nach den Gebührennummern 30200 bis 30201 EBM 2005 und die schmerztherapeutischen Leistungen nach den Gebührennummern 30710 bis 30760 EBM 2005 in ihrer Gesamtheit als Praxisbesonderheit zu berücksichtigen seien. Entgegen der Auffassung der Beklagten seien diese bei Patienten mit Schmerzen am Bewegungsapparat zusammengehörig zu betrachten. Alle schmerztherapeutischen Leistungen seien als eine Einheit zu betrachten. Die Beklagte selbst fasse verschiedene Gebührennummern wie die 30710 (intravenöse Infusion mit Betäubungsmitteln oder Lokalanästhetika) und die Gebührennummer 30724 (lokale Injektion von Lokalanästhetika an den Spinalnerven) wie auch die Gebührennummer 30750 (Kontrolle einer implantierten Medikamentenpumpe) oder die Gebührennummer 30731 (Anästhesie im Bereich des Spinalkanals) zusammen, nur weil sie im EBM 2005 in Ermangelung jeweils spezialisierter Kapitel unter der Rubrik 30.7.2 (Schmerztherapie). Einzige Gemeinsamkeit dieser zusammengefassten akzeptierten Ziffern sei deren Zielsetzung, bei dem Patienten Schmerz zu lindern. Diese Zielsetzung sei naturgemäß auch bei der chirotherapeutischen Behandlung nach den Ziffern 30200 und 30201 gegeben, da die chirotherapeutische Leistung vordergründig auf eine Schmerzreduzierung im Stütz- und Bewegungssystem durch Funktionsnormalisierung abziele. Es könne nicht Ziel des EBM sein, dass ein breit ausgebildeter Arzt sich aus wirtschaftlichen Gründen zur Behandlung derselben Erkrankung auf nur wenige Behandlungsmethoden beschränke, um seine praxisbesonderen Leistungen auch entsprechend abgebildet zu sehen. Die summarische Betrachtung der einzelnen Leistungsbereiche 30710 bis 30760 und 30200 bis 30201 EBM 2005 sei genauso sachgerecht wie die summarische Betrachtung der Gebührennummern 30710 bis 30760, da grundsätzlich die einzige Gemeinsamkeit aller genannten Ziffern die Linderung von Schmerzen sei.
Das SG hat die Klagen mit Urteil vom 12. Januar 2011 abgewiesen. Es hat zur Begründung zunächst nach § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Inhalt des jeweiligen Widerspruchsbescheides verwiesen. Die Regelungen der hier zugrunde liegenden HVV seien, soweit hier einschlägig, nicht zu beanstanden. Sie verstießen weder gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, noch habe die Beklagte ihren Gestaltungsfreiraum überschritten. Die Voraussetzung eines besonderes Leistungsspektrum habe die Beklagte in allen Quartalen anhand der im IV. Kapitel des EBM 2005 genannten Leistungsbereiche geprüft. Dies sei sachgerecht. Das IV. Kapitel umfasse arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen, die besondere Fachkenntnisse, apparative Anforderungen, die Teilnahme an Maßnahmen zur Qualitätssicherung gemäß § 135 Abs. 2 SGB V und die in den entsprechenden Kapiteln bzw. Abschnitten und Präambeln zur Voraussetzung der Abrechnung aufgeführten Kriterien voraussetzten (I Abschnitt 1, Ziffer 1.6 EBM 2005). Die im IV. Kapitel genannten arztgruppenübergreifenden speziellen Leistungen seien in spezielle Versorgungsbereiche (Ziffer 30), in ambulante und belegärztliche Operationen mit dazugehörenden prä- und postoperativen Leistungen (Ziffer 31), in Laboratoriumsmedizin, Molekulargenetik und Molekularpathologie (Ziffer 32), in Ultraschalldiagnostik (Ziffer 33), in diagnostische und interventionelle Radiologie, CT und MRT (Ziffer 34) und in Leistungen gemäß den Psychotherapie-Richtlinien (Ziffer 35) gegliedert. Vorliegend seien allein die unter Ziffer 30 genannten speziellen Versorgungsbereiche relevant. Die unter Punkt 30.1 bis 30.9 aufgeführten speziellen Versorgungsbereiche betrachte die Beklagte nach Auffassung der Kammer zu Recht als jeweils für sich zählende besondere Praxisausrichtung, da diese nicht nur eine Ausrichtung auf Versorgungsbereiche sondern auch auf eine Behandlungsmethode beinhalteten. Darüber hinaus setzten die einzelnen Versorgungsbereiche jeweils besondere Kenntnisse, Zusatzqualifikationen oder ähnliches voraus. Die Kläger machten in allen Quartalen den Komplex 30.2 (chirotherapeutische Leistungen) und den Komplex 30.7 (schmerztherapeutische Leistungen) geltend. Der Anteil der jeweils aus den nach dem im EBM 2005 aufgeführten einzelnen Versorgungsbereichen im Kapitel arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen angeforderten Leistungen am Gesamtleistungsbedarf stelle sich bei den Klägern wie folgt dar:
Quartal Chirotherapie 30.2 GNR 30200 und 30201 Schmerztherapie 30.7 GNR 30710 bis 30760 II/2006 8,01% 13,94% IV/2006 8,16% 14,39% I/2007 8,9 1% 12,64% II/2007 9,21% 11,76% III/2007 9,78% 11,75%
Für den einzelnen Versorgungsbereich ergebe sich danach keine Überschreitung des Anteils am Gesamtleistungsbedarf von über 15%. Grundsätzlich ließe die Formulierung in den HVV auch die von der Klägerin begehrte Summierung von Praxisbesonderheiten zu. Eine Summierung einzelner Praxisbesonderheiten halte die Kammer jedoch nicht für sachgerecht, da dies dem Zweck und Ziel der durch den Gesetzgeber eingeführten Regelleistungsvolumina zuwiderliefe. Die Gliederung in verschiedene Versorgungsbereiche im EBM 2005 stelle gleichzeitig eine Gliederung in unterschiedliche Praxisausrichtungen und somit auch in verschiedene Behandlungsmethoden dar. Eine Praxisbesonderheit könne nur dann als besonderes Leistungsspektrum berücksichtigt werden, wenn sie für sich eine gegenüber der Arztgruppe atypische Praxisausrichtung darstelle. Den Klägern sei zuzustimmen, dass es sich bei beiden Therapie- bzw. Behandlungsmethoden grundsätzlich um die Behandlung von Schmerzpatienten im Bereich des Bewegungsapparates handele. Gleichwohl kämen nicht in jedem Behandlungsfall beide Behandlungsmethoden zur Anwendung und setzten sich diese nicht gegenseitig voraus. Dass die Kläger ein über das "normale" Leistungsspektrum ihrer Arztgruppe hinausgehendes Leistungsangebot vorhielten und erbrächten, sei ihre individuelle Entscheidung. Die Kläger seien gleichwohl der Arztgruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin zuzuordnen. Eine spezielle Arztgruppe für die von der Klägerin erbrachten Leistungen sei nicht vorzusehen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG seien die Grenzfallpunktzahlen gemäß § 12 Abs. 1 jeweiliger HVV i. V. m. Nr. 8.1 der RiLiHVV möglich. Nr. 8.1 RiLiHVV spräche von den Leistungen des Arztes. Damit sei die einzelne Behandlungsmaßnahme gemeint, jedoch nicht die Behandlung an sich. Da die einzelne Leistung relevant sei, komme es nicht darauf an, zu welchem Komplex diese zuzurechnen sei – hier Chirotherapie oder Schmerztherapie. Ergänzend haben sich die Kläger auf die Entscheidung des BSG vom 29. Juli 2011 – B 6 KA 17/10 R – berufen.
Sie beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. Januar 2011 aufzuheben sowie die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides vom 26. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2008 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das II. Quartal 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 26. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2008 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das IV. Quartal 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides vom 26. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2008 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das I. Quartal 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides vom 25. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2008 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das II. Quartal 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung der Gerichts neu zu entscheiden, die Beklagte unter Änderung des Honorarbescheides vom 24. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Oktober 2008 zu verurteilen, über den Honoraranspruch der Klägerin für das III. Quartal 2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung der Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Es konnte im Beschlusswege nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden. Der Senat hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Er hält auch eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind auf die Absicht, so vorzugehen, mit Verfügung vom 28. Februar 2012 hingewiesen worden.
Der Berufung muss Erfolg versagt bleiben.
Die Klagen bezwecken alleine die die summarische Anerkennung der von ihr in den Quartalen erbrachten schmerztherapeutischen Leistungen nach den Gebührennummern 30710 bis 30760 EBM 2005 und der chirotherapeutischen Leistungen nach den Gebührennummern 30200 und 30201 EBM 2005 als Praxisbesonderheit zur Erhöhung der Grenzfallpunktzahl.
Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die seit 1. Juli 2004 als Vertragspartner beteiligten Krankenkassen haben bei der Ausformung des Honorarverteilungsmaßstabs einen Gestaltungsspielraum. Zu beachten sind dabei allerdings insbesondere das in § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot leistungsproportionaler Verteilung des Honorars sowie der aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) herzuleitende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl. st Rspr. des BSG, SozR 4-2500 § 72 Nr. 2). Das bedeutet indessen nicht, dass gleiche Leistungen stets gleich vergütet werden müssen. Beide Prinzipien stellen vielmehr nur Grundsätze dar, von denen aus sachlichem Grund abgewichen werden darf. Die Bildung von Honorarkontingenten für die einzelnen Arztgruppen ist daher rechtmäßig. Dabei können Arztgruppen, die gewisse Ähnlichkeiten aufweisen, getrennt geführt oder zu einer einheitlichen Gruppe zusammengefasst werden (vgl. BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 40). Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst zwar grundsätzlich den Anspruch des Arztes auf Honorierung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit (vgl. BVerfGE 88, 145, 159; 101, 331, 346) Dieser Schutz kann jedoch gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG auf gesetzlicher Grundlage eingeschränkt werden, wie das hier durch die Regelungen des § 72 Abs. 2 und des § 85 Abs. 3 SGB V erfolgt ist.
Ein aus dem Gebot einer angemessenen Vergütung herzuleitender Anspruch auf Höherbewertung bestimmter Leistungen oder Leistungskomplexe besteht nicht (BSG, Urteil vom 7. Februar 1996 – 6 RKa 6/95 - juris). Allgemein gilt, dass der Anspruch eines Vertragsarztes auf Honorarteilhabe aus § 72 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V unter der Geltung begrenzter Gesamtvergütungen sich erst durch sämtliche, einem bestimmten Leistungsbereich zuzuordnende Honorarkontingente und die für diese Honorarkontingente berechneten Verteilungspunktwerte zu einem der Höhe nach individualisierten Honoraranspruch konkretisiert. Die isolierte Betrachtung einzelner Honorarkontingente und der dafür auszuzahlenden Punktwerte hingegen kann die tatsächliche Höhe der Vergütung einer Arztgruppe für deren vertragsärztliche Leistungen regelmäßig nur unzureichend widerspiegeln. Rechtsgrundlage für Honorarverteilungsbestimmungen ist § 85 Abs. 4 SGB V in der ab 1. Januar 2005 geltenden, hier anzuwendenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert). Danach verteilt die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütung getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an. Bei der Verteilung der Gesamtvergütung sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe festzulegen. Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden. Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen. Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Sätze 1 bis 8 SGB V). Der Bewertungsausschuss bestimmt Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen, insbesondere zur Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung; er bestimmt ferner den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu treffenden Regelungen (vgl. § 85 Abs. 4a SGB V). Dieser Verpflichtung ist der Bewertungsausschuss mit dem Beschluss vom 29. Oktober 2004 zur Festlegung von RLV durch die KVen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V m. W. v. 1. Januar 2005 (Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 46 vom 12. November 2004; BRLV) nachgekommen, dessen Inhalt Bestandteil der hier anzuwendenden HVV ist.
Hier hatdie Beklagte zu Recht die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Grenzfallpunktzahl nach Punkt D Nr. 8 der RiLiHVV in den streitgegenständlichen Quartalen verneint. Die Regelunge beruht auf § 12 des HVV.
§ 12 Abs. 1 HVV 2005 lautet:
"Sofern Überschreitungen vorliegen, die auf Praxisbesonderheiten zurückzuführen sind, können auf Antrag gemäß der Richtlinie zur Auslegung des HVV Abweichungen zu den Regelungen in §§ 10 und 11 festgelegt werden."
§ 12 Abs.1 HVV 2006 formuliert:
"Sofern Überschreitungen vorliegen, die auf typisierte Praxisbesonderheiten gemäß der Anlage 5 HVV zurückzuführen sind, können auf Antrag Abweichungen zu den Regelungen in § 10 und 11 durch den Vorstand der KVBB festgelegt werden."
Nach 8.1 der RiLiHVV kann unter Berücksichtigung eines besonderen Leistungsspektrums eine Anhebung der Grenzfallpunktzahl erfolgen, wenn die Fallpunktzahl des Widerspruchsführers im Widerspruchsquartal um mindestens 15 % über dem Wert der Arztgruppe liegt und der Anteil spezialisierter im Regelleistungsvolumen enthaltener Leistungen gemessen am HVV relevanten Gesamtleistungsbedarf größer als 15 % und im Vergleich zum Durchschnitt der Fachgruppe größer als 50 % ist.
Das SG ist richtig von der Gültigkeit der zugrunde gelegten HVV und deren skizzierten Regelungen ausgegangen. Zur Begründung wird auf die zutreffende Begründung im angegriffenen Urteil verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Diese Rechtsprechung entspricht der des hiesigen Senates (vgl. Urteile vom 21.04.2010 - L 24 KA 72/08 - sowie vom 22.12.2010 - L 24 KA 78/08 für den HVM vom 23. Juli 2004; Urteils ersetzender Beschluss vom 08. März 2011 - L 24 KA 73/08 speziell zum HVV ab 01. April 2005):
Das BSG hat bereits mit Urteil vom 07. Februar 1996 (6 RKa 21/95, juris Rdnr. 17) festgestellt, dass der Sicherstellungsauftrag dem einzelnen Kassenvertragsarzt kein Recht auf ein bestimmtes, als angemessen bewertetes Honorar für die einzelne Leistung oder für die ärztliche Tätigkeit insgesamt gebe. Eine Ausnahme hiervon sei allenfalls für den Fall denkbar, dass durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das kassenärztliche Versorgungssystem als Ganzes und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem teilnehmenden ärztlichen Leistungserbringer gefährdet werde.
Dass die Kläger ihre allgemeinärztliche Gemeinschaftspraxis nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll betreiben können bzw. im maßgeblichen Zeitraum nicht konnten, haben sie nicht dargelegt. Sie halten lediglich die Vergütung für unangemessen gering.
Der Senat hat ferner bereits den Ansatz der RiLi-HVV für rechtmäßig erachtet, als Anknüpfungspunkt für zusätzliche Punkte nur Praxisbesonderheiten bei den HVV-spezifische Leistungen mit bestimmten Mindestvolumen anzusehen (vgl. Urteil vom 12.03.2010 - L 24 KA 13/04-25- noch zum Praxisbudget der Rechtslage bis 2002; Urteil vom 22.12.2010 - L 24 KA 78/08 zum HVV 2004). Ganz allgemein kann nämlich für die Frage, wann eine Spezialisierung vorliegt, die im Rahmen des Regelleistungsvolumens die Notwendigkeit einer Ausnahmeregelung begründet, an die Rechtsprechung des BSG zu ähnlichen Problemlagen angeknüpft werden (so zutreffend weitgehend wörtlich Hessisches LSG, Urteil vom 17. März 2010 - L 4 KA 28/08 juris Rdnr. 46 zu dem Begriff der "Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs" als Voraussetzung für die Erweiterung eines Zusatzbudgets nach dem EBM-Ä 1997 unter Bezugnahme auf BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31 und SozR 4-2500 § 87 Nr. 12). Ein besonderer Behandlungsschwerpunkt bzw. eine Konzentration auf die Erbringung von Leistungen aus einem Teilbereich des Fachgebietes setzt also eine von der Typik der Arztgruppe nachhaltig abweichende Praxisausrichtung voraus, gegenüber derjenigen, für die der Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Indizien für eine entsprechende Spezialisierung sind ein gegenüber dem Durchschnitt der Fachgruppe signifikant erhöhter Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden Leistungen am Gesamtpunktzahlvolumen in der Vergangenheit sowie eine im Leistungsangebot bzw. in der Behandlungsausrichtung der Praxis. Der Ansatz der Beklagten, (erst) bei einer Überschreitung der besonderen Leistungen von 15 % der gesamten (HVV-relevanten) Leistungen, lässt somit keine Ermessensfehler erkennen.
Die Praxis der Kläger hat kein besonderes Leistungsspektrum nach Nr. 8.1 RiLi-HVV ausgewiesen. Die Leistungen für Chirotherapie und für die der Schmerztherapie sind nicht zu summieren. Zur Vermeidung bloßer Wiederholungen wird auch insoweit auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil verwiesen.
Maßgebend sind die abgerechneten Leistungen (so bereits Urt. des Senats vom 15. Juni 2011 -24 KA 105/09- zur Trennung von Allergologie und Pulmologie). Das System der Gesamtvergütung baut nämlich auf ärztlichen Leistungen und nicht auf der Gesundheitsstruktur der Patienten, hier speziell der Schmerzpatienten, einer Praxis auf.
Andere Maßstäbe folgen auch nicht aus dem von den Klägern angeführten Urteil des BSG, Urt. v. 29. Juni 2011 B 6 KA 17/10 R. Auch danach kann zur Sicherstellung der Versorgung eine vom Durchschnitt abweichende Praxisausrichtung, die Rückschlüsse auf einen Versorgungsbedarf erlaubt, und sich in einem besonders hohen Anteil der in einem speziellen Leistungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl zeigt, ein Abweichen vom RLV rechtfertigen. Zur Begründung einer versorgungsrelevanten Besonderheit genüge es danach allerdings nicht, lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abzurechnen (so BSG, a. a. O. Rdnr. ) Die Überschreitung des praxisindividuellen RLV müsse vielmehr darauf beruhen, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei werde es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erforderten. Deutliches Indiz für einen solchen speziellen Leistungsbereich seien die entsprechende Ausweisung dieser Leistungen im EBM. Wie vom SG ausführlich dargestellt, sind zwar die chiropraktischen Leistungen und die zur Schmerztherapie gesondert im EBM im einschlägigen Kapitel der Arztgruppen übergreifende spezielle Leistungen ausgewiesen, allerdings in getrennten Bereichen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 63 GKG. Der Beschluss über die Streitwertfestsetzung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved