L 6 R 658/08

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 17 RJ 1024/04
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 658/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 15. April 2008 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf eine Rente wegen Er-werbsminderung hat.

Die 1955 geborene Klägerin absolvierte vom 1. September 1971 bis zum 19. Juli 1973 erfolg-reich eine Ausbildung zum Facharbeiter für EDV. Danach arbeitete sie bis Februar 1980 als Maschinenarbeiterin, bis Dezember 1985 als Materialbuchhalterin und bis Juni 1997 zunächst als Verwalterin einer Poststelle, dann als Postzustellerin. Laut Lehrgangszeugnis vom 30. Juni 1987 nahm sie an dem Lehrgang Spezialisierung "Verwalter einer Poststelle" im Beruf Fach-arbeiter für Postverkehr teil und schloss ihn erfolgreich ab. Laut Arbeitgeberauskunft der. AG vom 24. März 2000 erwarb die Klägerin ihre Facharbeiterqualifikation im Wege der Erwachsenenqualifizierung und einer postbetrieblichen Prüfung. Sie war nur in Teilbereichen des Facharbeiterberufs als Zustellerin eingesetzt; Einstiegslohngruppe war die Lohngruppe 5, zuletzt wurde sie in Lohngruppe 8 bezahlt. Nach der Arbeitgeberauskunft der. AG vom 12. Februar 2008 handelte es sich um eine Facharbeitertätigkeit. Seit 1. Juli 1997 bezog die Klägerin Leistungen der Bundesagentur für Arbeit, seit 1. September 1998 war sie arbeitsunfähig erkrankt.

Im Juli 1999 beantragte sie die Gewährung einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähig-keit. Mit Bescheid vom 20. Dezember 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens des Dr. S. vom 2. Dezember 1999 (Leis-tungsbild: leichte Arbeiten vollschichtig) ab. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Wider-spruchsbescheid vom 6. April 2000 zurück. Im Klageverfahren holte das Sozialgericht Alten-burg (Az.: S 17 RJ 789/00) u.a. ein orthopädisches Gutachten des Dr. V. vom 1. September 2002 (Diagnosen: lokales Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule bei Wirbelgleiten L5/S1 ohne Nervenwurzelreizsymptomatik, lokales Schmerzsyndrom der Halswirbelsäule ohne Nervenwurzelreizsymptomatik, Schmerzsyndrom beider Kniegelenke bei Verschleiß der Kniescheibenrückflächen beidseits; Leistungsbild: leichte Arbeiten unter Berücksichtigung von Einschränkungen vollschichtig) und ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten der Dr. K. vom 22. Januar 2003 (Leistungsbild: leichte Arbeiten mindestens drei aber weniger als sechs Stunden täglich) ein. In der mündlichen Verhandlung am 16. September 2003 einigten sich die Beteiligten dahingehend, dass die Beklagte der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Februar 2001 bis zum Ende des Monats, in dem die zu gewährende psychosomatische Heilbehandlung zur Rehabilitation endet, gewährt. Die Klägerin bezog die Rente bis 31. Januar 2004.

Im Januar 2004 beantragte sie die "Weiterzahlung" der Rente. Die Beklagte zog den Rehabili-tationsentlassungsbericht der Rehaklinik an der vom 27. Januar 2004 (Diagnose: anhal-tende somatoforme Schmerzstörung, chronische Zervikobrachialgien beidseits, chronisches Lumbalsyndrom bei Spondylolisthesis L5/S1 Meyerding I, Hypertonie, Adipositas; Leis-tungsbild: leichte bis mittelschwere Arbeiten unter Beachtung von Einschränkungen täglich sechs Stunden und mehr) bei und lehnte mit Bescheid vom 25. Februar 2004 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbe-scheid vom 8. April 2004).

Auf die Klageerhebung hat das Sozialgericht u.a. diverse Befundberichte mit entsprechenden medizinischen Anlagen beigezogen, den Beteiligten zwei berufskundliche Gutachten der Sachverständigen Janke aus einem anderen Verfahren des Thüringer Landessozialgerichts (Az.: L 2 RJ 48/04 und L 2 RA 616/02) zur Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin übersandt sowie mehrere Gutachten eingeholt:

• Psychiatrisch-psychologisches Gutachten der Dr. M. vom 20. Oktober 2005 mit psy-chologischer Zusatzbegutachtung durch Dipl.-Psych. U. vom 12. September 2005. Di-agnosen: anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei Schmerzsyndrom im Bereich der Lendenwirbelsäule auf der Grundlage einer Spondylolisthesis L5/S1, chronische Zervicobrachialgien beidseits, arterielle Hypertonie, Adipositas. Die Klägerin könne weniger als sechs aber mehr als drei Stunden leichte Arbeiten an fünf Tagen pro Wo-che unter Beachtung von Einschränkungen ausüben. In Anbetracht der Länge der Zeit, die sie jetzt aus dem Arbeitsprozess heraus sei, könne es auch bei der vorgegebenen Arbeitszeit notwendig sein, dass ihr in einem Zeitraum von drei Stunden 15 Minuten Pause eingeräumt werden müsse, um auf die Weise die Belastungen zu minimieren und auch die Belastbarkeit insgesamt wieder zu trainieren.

• Orthopädischen Gutachten des Dr. K. vom 5. Januar 2007. Diagnosen: chronisches lo-kales, zeitweise pseudoradikuläres lumbales Schmerzsyndrom bei Spondylolisthesis und Spondylolyse L5/S1 sowie Osteochondrose, chronisches lokales Zervikalsyndrom bei beginnender Spondylose C5/6 und Bandscheibenprotrusion C3/4 und C5/6, Retro-patellararthrose beidseits, posttraumatische Bursitis präpatellaris links, Verdacht auf kalzifizierendes Echondrom rechter distaler Femur. Die Klägerin sei noch in der Lage, vollschichtig (d.h. acht Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche) körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten unter Beachtung von Einschränkungen zu verrichten.

• Nervenfachärztliches Gutachten des Dr. S. vom 28. Dezember 2006. Diagnosen: an-haltende somatoforme Schmerzstörung bei Spondylolisthesis LWK5/SWK1 auf dem Boden einer dystym abhängigen Persönlichkeit, Nikotingebrauch, Läsion des Nervus genito femoralis lateralis rechts (postoperativ). Die Klägerin sei in der Lage, regelmä-ßig, ohne die Gefahr einer Schädigung der Gesundheit mindestens sechs Stunden täg-lich leichte Arbeiten unter Beachtung von Einschränkungen zu verrichten. Während der täglichen Arbeitszeit sei die Einhaltung im Arbeitszeitgesetz nicht vorgeschriebe-ner Pausen erforderlich, weil das chronifizierte Schmerzsyndrom zu einer Unterbre-chung der routinemäßigen Tätigkeit führe. Dieses Leistungsvermögen habe bereits im Jahr 2005 in der Art und Weise bestanden. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 2. Mai 2007 hat Dr. S. ausgeführt, unter Berücksichtigung der prüfärztlichen Stellung-nahme der Dr. U. vom 3. Juli 2007 seien während der täglichen Arbeitszeiten unübli-che Pausen nicht erforderlich. In der Stellungnahme vom 20. Juli 2007 hat er an dieser Einschätzung des Restleistungsvermögens festgehalten und in der Stellungnahme vom 9. Januar 2008 ausgeführt, zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens seien keine sensiblen und motorischen Defizite im Bereich der oberen Extremitäten beidseits fest-zustellen gewesen, sodass die Einschränkung der vollen Gebrauchsfähigkeit der Hän-de als leichtgradig einzuschätzen sei.

• Internistisch-gastroenterologisches Gutachten des Dr. E. vom 7. September 2007. Di-agnosen: kollagene Kolitis - endoskopisch und histologisch bestätigt, mögliche Fettle-berentzündung im Rahmen eines inkompletten metabolischen Syndroms, medikamen-tös gut eingestellte arterielle Hypertonie. Die Klägerin könne mehr als sechs Stunden arbeitstäglich an fünf Tagen pro Woche leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten verrichten. Während der täglichen Arbeitszeit seien betriebsunübliche Pausen nicht notwendig. Die Frequenz möglicher Durchfälle sei mit einer adäquaten Therapie, wie z.B. dem Medikament Loperamid gut regel- und beherrschbar.

Mit Urteil vom 15. April 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei seit dem 1. Februar 2004 nicht berufsunfähig im Sinne von § 240 des Sechsten Buches Sozi-algesetzbuch (SGB VI) und erfülle damit erst Recht nicht die weitergehenden Voraussetzun-gen einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI. Es könne dahinstehen, ob sie aufgrund der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Postzustellerin der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnen sei, weil sie auf die von der Beklagten benannte Verweisungstä-tigkeit als Poststellenmitarbeiterin, in diesem Fall auf Anlernebene, verweisbar sei. Nach den durchgeführten medizinischen Ermittlungen sei sie auch in der Lage, diese Tätigkeit mindes-tens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Im Berufungsverfahren vertritt die Klägerin die Ansicht, ihr Restleistungsvermögen sei ent-sprechend dem Gutachten der Dr. M. vom 20. Oktober 2005 als untervollschichtig einzustu-fen. Zudem sei sie entsprechend den Feststellungen des Dr. E. auf besondere Medikamente angewiesen, um betriebsunübliche Pausenzeiten zu vermeiden. Da diese nicht verschrei-bungsfähig seien, ergebe sich zwangsläufig das Erfordernis betriebsunüblicher Pausen, weil die Beklagte ihr nicht eine auf ihr Leistungsvermögen zugeschnittene konkrete Verweisungs-tätigkeit benennen könne. Ihr Leistungsvermögen habe sich seit der letzten Rentengewährung eher verschlechtert, insbesondere durch das Hinzutreten depressiver Episoden sowie der kol-lagenen Kolitis.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 15. April 2008 aufzuheben und die Be-klagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. Februar 2004 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 8. April 2004 zu verurteilen, ihr ab dem 1. Februar 2004 Rente wegen voller beziehungsweise teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen im Widerspruchs- und Klageverfahren. Durch die weiteren medizinischen Ermittlungen würden sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben, die zu einer anderen Beurteilung des Leistungsvermögens führten. Die Klägerin sei weiterhin in der Lage, leichte Tätigkeiten mit Einschränkungen sechs Stunden und mehr zu verrichten.

Der Senat hat u.a. diverse Befundberichte mit Anlagen und ein psychiatrisch-sozialmedizinisches Gutachten der Dr. F. vom 20. Juni 2012 (Diagnosen: anhaltende somato-forme Schmerzstörung, länger dauernde depressive Anpassungsstörung, psychische Überlage-rung körperlicher Beschwerden) und ein orthopädisches Zusatzgutachten des Dr. Z. vom 8. Juni 2012 (Diagnosen: chronische Lendenwirbelsäulebeschwerden mit leichten funktionellen Einschränkungen bei Wirbelgleiten im Segment L5/S1, funktionelle Störungen des Beckens rechts bei Verschleißerscheinungen der Kreuz-Darmbein-Gelenke, Schmerzsyndrom der Halswirbelsäule mit leichten funktionellen Störungen, Schmerzsyndrom beider Kniegelenke bei Verschleiß ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen, Fibromyalgie, Ballenfüße beidseits) eingeholt. Zusammenfassend hat Dr. F. ausgeführt, die Klägerin könne nur noch leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich in wechselnder Körperhaltung unter Beachtung zu-sätzlicher Einschränkungen verrichten; zusätzliche betriebsunübliche Pausen seien nicht er-forderlich. Sie könne leichte Tätigkeiten als Poststellenmitarbeiterin ausführen; als Postzustel-lerin sei das Leistungsvermögen auf Dauer aufgehoben. In seinem internistischen Gutachten vom 26. September 2012 hat Prof. Dr. H. zusätzlich die Diagnosen arterielle Hypertonie (Sta-dium II nach WHO), kollagene Colitis, Leberzellverfettung, Struma nodosa und alimentäre Adipositas genannt. Die Klägerin könne leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich verrichten. Bezüglich der hierbei zu berücksichtigenden Einschränkungen verweise er auf das Gutachten des Dr. Z ... Der Klägerin müsse allerdings jederzeit ermöglicht werden, eine Toilette zu errei-chen. Leichte Arbeiten als Poststellenmitarbeiterin/Registratorin seien ihr möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und bei-gezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündli-chen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2004 ist rechtmäßig und verletzt diese nicht in ihren Rechten. Sie hat ab 1. Feb-ruar 2004 keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung. Dies ist allein Gegenstand des Verfahrens.

Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. wegen teilweiser Er-werbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach den §§ 43, 240 SGB VI in der Fassung ab 1. Ja-nuar 2001 (n.F.) scheidet aus, denn die Leistungsfähigkeit der Klägerin ist nicht in dem für eine Rentengewährung erforderlichen Umfang herabgesunken. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI n.F. haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Ar-beitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI, wenn die Versicherten voll erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Voll erwerbsgemindert sind sie, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Ar-beitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Be-rufsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 241 SGB VI) erfüllen.

Die Klägerin ist nicht berufsunfähig i.S.v. § 240 SGB VI, weil ihre Leistungsfähigkeit nicht in erforderlichem Umfang herabgesunken ist. Damit ist sie auch nicht voll oder teilweise er-werbsgemindert i.S.v. § 43 SGB VI, denn dies setzt noch weitergehende Einschränkungen des Leistungsvermögens voraus als für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbs-minderung bei Berufsunfähigkeit.

Nach § 240 Abs. 2 S. 1 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit we-gen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnis-sen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Nach Satz 2 umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der beson-deren Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfä-hig ist nach Satz 4 nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich aus-üben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Berufsunfähig-keit liegt nicht schon dann vor, wenn der Versicherte "seinen Beruf" nicht mehr ausüben kann, sondern erst dann, wenn eine Verweisung auf eine zumutbare andere Tätigkeit nicht mehr möglich ist.

Die Definition der Berufsunfähigkeit in § 240 Abs. 2 SGB VI entspricht insofern der in § 43 Abs. 2 SGB VI in der Fassung vor dem 1. Januar 2001 mit dem Unterschied, dass nunmehr auf ein Herabsinken auf weniger als sechs Stunden abgestellt wird.

Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit wird grundsätzlich nach der Wertigkeit des bis-herigen Berufes festgestellt, wozu die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das so genannte Mehrstufenschema entwickelt hat. Die verschiedenen Stufen sind nach dem qualita-tiven Wert des bisherigen Berufes - dieser wird nach Dauer und Umfang der im Regelfall er-forderlichen Ausbildung, nicht anhand von Prestige oder Entlohnung bestimmt – hierarchisch geordnet (vgl. BSG, Urteile vom 14. Mai 1996 - Az.: 4 RA 60/94 in BSGE 78, 207, 218 und vom 24. März 1998 - Az.: B 4 RA 44/96 R, nach juris). Die Arbeiterberufe werden durch das Mehrstufenschema in Gruppen untergliedert, die durch den Leitberuf des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des an-gelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Mo-naten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (vgl. BSG, Urteil vom 3. November 1994 - Az.: 13 RJ 77/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 49).

Die Einordnung einer Tätigkeit in das Berufsschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der förmlichen Berufsausbildung, sondern auch nach der Qualität der verrichteten Ar-beit, das heißt dem aus der Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnden Wert der Arbeit für den Betrieb (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 1994 – Az.: 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI genann-ten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufes, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Auch wenn in einem Beruf der herkömmliche Ausbildungsweg nicht durchlaufen wurde, besteht ein entsprechender Be-rufsschutz, wenn er nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübt wurde, der Versicherte über die für die Wettbewerbsfähigkeit erforderlichen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten verfügt und sich dies auch in einer entsprechenden Bezahlung bzw. tariflichen oder tarifvertraglichen Einstufung widerspiegelt (vgl. BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 - Az.: B 13 RJ 29/04 R, nach juris). Die bloße Ausübung von Facharbeitertätigkeiten in einem Teilbe-reich reicht grundsätzlich nur für eine Einstufung als angelernter Arbeiter aus, auch wenn die Entlohnung im Einzelfall derjenigen eines Facharbeiters entsprochen haben sollte (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - Az.: B 5 RJ 28/99 R m.w.N., nach juris). Es kommt auf das Gesamtbild an.

Die Klägerin kann die zuletzt bis 1997 ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit als Zustel-lerin bei der AG nach den medizinischen Ermittlungen nicht mehr ausüben. Auf-grund dieser Tätigkeit hat sie aber keinen Berufsschutz als Facharbeiterin (Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren) erlangt. Sie entspricht nicht der Tätigkeit einer Dienstleistungs-fachkraft im Postbetrieb (Ausbildungsverordnung vom 28. Februar 1979 (BGBl I S. 242) gültig bis 31. Juli 1995). Die Klägerin hat in der DDR keine Ausbildung zur Facharbeiterin für Postverkehr (vgl. http://www.arbeitsagentur.berufenet.de, Stichwort: Fachkraft für Brief- und Frachtverkehr, Tätigkeitsbezeichnungen) absolviert, ein Beruf im Nachrichtenwesen. Facharbeiter für Postverkehr tragen wesentlich dazu bei, dass der Nachrichtenaustausch in Form von Postsendungen, Telegrafien und Ferngesprächen pünktlich und zuverlässig erfolgt, dass der Informationsbedarf der Betriebe und Einrichtungen sowie der Bevölkerung durch Zeitungen, Zeitschriften und andere Druckerzeugnisse befriedigt und der Scheck- und Spar-verkehr reibungslos abgewickelt wird. Wesentliche Arbeitsgebiete und Tätigkeiten sind das Führen von Nachweisen jeglicher Art, dass Verteilen und Befördern von Postsendungen und Presseerzeugnissen, das Aushändigen von Postsendungen und Presseerzeugnissen an die Empfänger, das Erledigen von Kundenaufträgen im Postzeitungsvertrieb und Rundfunkdienst sowie das Bedienen und Pflegen technischer Einrichtungen. Spezialisierungsrichtungen sind der Betriebsdienst, mit der Abfertigung von Postsendungen aller Art, dem Verkauf von Post-wertzeichen und Presseerzeugnissen, der Ein- und Auszahlung von Barbeträgen, der Vermitt-lung von Ferngesprächen und Telegrammen, der Annahme von Spielscheinen für Toto und Lotto, der Auszahlung von Gewinnen und der Vornahme von Schalterabrechnungen. Eine weitere Spezialisierungsrichtung sind die Tätigkeit als Verwalter besonderer Kassen mit der Zuständigkeit für den Bargeldumlauf im Postamt, der Abrechnung vereinnahmter Beträge mit den Zustellern, der Zuständigkeit für den Abrechnungsverkehr mit den Poststellen in den Landgemeinden und die Funktion als Hauptzusteller im Zustelldienst mit der Vorbereitung, Organisation und Kontrolle der Zustellung in abgegrenzten Bereichen und der Leitung eines Kollegiums von Zustellern. Im Postzeitungsvertrieb bearbeiten Facharbeiter für Postverkehr u.a. Bestellungen von Presseerzeugnissen im Abonnement und den Einzelverkauf. Im Beför-derungsdienst bearbeiten sie im stationären Umschlagdienst Brief- und Kleingutsendungen sowie Presseerzeugnisse. Dazu gehören der Stempel- und Verteildienst, das Fertigen und Auf-lösen von Transporteinheiten, das Be- und Entladen von Bahnpostwagen und Kraftfahrzeugen sowie der innerbetriebliche Transport. Die technischen Einrichtungen sind zu bedienen, zu pflegen und zu überwachen. Die Ausbildung dauert für Absolventen der zehnten Klasse zwei Jahre, für Absolventen der zehnten Klasse in der Berufsausbildung mit Abitur drei Jahre (vgl. Wolf-Dieter Gewande unter Mitarbeit von Ulrich Gomolla, Anerkennung von Übersiedler-zeugnissen, 1990, Seite 165).

Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin durch die Teilnahme an dem Lehrgang "Verwalter einer Poststelle" die vollen theoretischen und praktischen Kenntnisse eines Facharbeiters für Postverkehr in diesem Sinne erworben hat oder dass die Tätigkeit als Leiterin einer Poststelle in einer Landgemeinde bzw. als Zustellerin solche Kenntnisse voraussetzte. Damit war sie nur in einem Teilbereich eines Facharbeiterausbildungsberufes der DDR tätig. Die Tätigkeit kann auch nicht mit dem Ausbildungsberuf "Dienstleistungsfachkraft im Postbetrieb" gleichgestellt werden. Dieser erschöpft sich ebenfalls nicht in der Vermittlung der theoretischen und prakti-schen Kenntnisse der Brief- und Paketzustellung. Laut Verordnung über die Berufsausbildung zur Dienstleistungsfachkraft im Postbetrieb vom 28. Februar 1979 (a.a.O) wurden dort eine berufliche Grundbildung (Wirtschaftslehre und Informationsverarbeitung) und eine berufliche Fachbildung (allgemeine Fachbildung, Vorschriften für den Versand von Postsendungen in-nerhalb des Bereichs der Deutschen Bundespost, Vorschriften für den Postverkehr mit der DDR und Berlin (Ost), Vorschriften für den Versand von Zeitungspostsendungen, Gebüh-renvorschriften, Gebührenberechnung, Einlieferung der Sendungen, Annahme von Paketen, Beförderung der Sendungen, Eingang der Sendungen, Ausgabe der Sendungen, Briefzustel-lung einschließlich der Vorschriften, die für mehrere Zustellarten gelten, Paketzustellung, vereinigte Eilzustellung, Landzustellung) vermittelt.

Auch aus der Entlohnung der Klägerin ist nicht auf eine Facharbeitertätigkeit im Sinne des oben genannten Mehrstufenschemas zu schließen. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 16. November 2000 (Az.: B 13 RJ 79/99 R, nach juris) wird die Zuordnung zum Leitbe-ruf des Facharbeiters auch ohne die erforderliche Ausbildung bejaht, wenn die Tätigkeit ihrer Qualität nach der eines vergleichbaren Versicherten (Facharbeiters) entsprochen hat und nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübt wurde, sodass eine "Wettbewerbsfähigkeit" im Ver-gleich zu anderen Versicherten derselben Berufsgruppe besteht. Dies ist dann nicht der Fall, wenn es sich bei der ausgeübten Tätigkeit nur um einen Teilbereich eines anerkannten Aus-bildungsberufes handelt. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn sich der Teilbereich im Zuge zunehmender Konzentration und Spezialisierung zu einem eigenständigen Berufsbild entwickelt hat, dem von den am Wirtschaftsleben beteiligten Kreisen Facharbeiterqualität beigemessen wird. Eine derartige Entwicklung ist für den Beruf der Arbeiterin im Briefzu-stelldienst jedoch nicht zu konstatierten. Bei dieser Tätigkeit werden keine Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt, die gegenüber denen eines ausgebildeten Facharbeiters für Postverkehr (DDR) bzw. Dienstleistungsfachkraft im Postbetrieb (BRD) als gleichwertig erachtet werden können (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2002 - Az.: B 13 RJ 19/02 R, nach juris). Bezüglich der Beurteilung der tariflichen Eingruppierung der von der Klägerin zuletzt ausgeübten Tätig-keit verweist der Senat auf die Entscheidungsgründe im Urteil des BSG vom 16. November 2000 (Az.: B 13 RJ 79/99 R, nach juris). Diese Ausführungen zur Struktur des Tarifvertrages für die Arbeiter der Deutschen Bundespost treffen auch auf den vorliegenden Fall zu. Die Klägerin war nach der politischen Wende auf einem Beamtendienstposten eingesetzt, sodass sich ihre Vergütung nach Anlage II des TVArb-Ost bestimmte. Ihre Einstiegslohngruppe war laut Arbeitgeberauskunft vom 23. März 2000 die Lohngruppe 5 (die Einstiegslohngruppe bei Einsatz auf einem Arbeitsposten, der nach der Besoldungsgruppe A2, A3 oder A4 bewertet ist, sowie nach Ablegen der postbetrieblichen Prüfung). Nach den Erwägungen des 13. Senats des BSG im Urteil vom 16. November 2000 (a.a.O.) kann diese für die Wertigkeit der bishe-rigen beruflichen Tätigkeit der Klägerin nicht herangezogen werden, weil diese Einstufung ebenfalls auf qualitätsfremden Merkmalen (sozialen Erwägungen) beruhte. Insoweit schließt sich der Senat der Rechtsprechung des 13. Senats des BSG an.

Die Klägerin ist danach allenfalls als Angelernte oberen Ranges einzustufen. Als solche ist sie auf alle angelernten Tätigkeiten und Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, die nicht nur ganz geringwertig sind. Die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist allerdings erforderlich. Der Senat verweist die Klägerin auf die zumutbare und angesichts ihrer gesund-heitlichen Einschränkungen zumutbare Bürohilfstätigkeit als Poststellenmitarbeiterin (Ent-lohnung nach Vergütungsgruppe IX BAT, nach der Neuregelung des Tarifrechts zum 1. No-vember 2006: Entgeltgruppe 2). Nach den Gutachten der berufskundlichen Sachverständigen J. in anderen beim Thüringer Landessozialgericht früher anhängigen Verfahren (Az.: L 2 616/02 und L 2 RJ 48/04) vom 18. Juli und 8. August 2004 gehört die Tätigkeit des Poststel-lenmitarbeiters zur Berufsgruppe der Bürohilfskräfte, für die im Allgemeinen keine Be-rufsausbildung erforderlich ist und bei der fehlende Kenntnisse durch Einarbeitung bezie-hungsweise Anlernen in weniger als drei Monaten erworben werden können. Es sind einfache wiederkehrende kaufmännisch verwaltende körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen (z.B. Öffnen und Auszeichnen sowie Verteilen von Post, Kuvertieren und Frankieren der ausgehenden Post usw.), die überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum zeitweisen Gehen und Stehen ausgeführt werden; zum Teil erfordern sie Umgang mit Kommunikations-mitteln. Entlohnt wird die Tätigkeit in der Vergütungsgruppe IX BAT-Bund/Länder (so die Sachverständige Janke), teilweise in der Vergütungsgruppe X Nr. 1 BAT-Ost (vgl. Senatsur-teil vom 29. November 2000 - Az.: L 6 RJ 238/97). Stellen für Bürohilfskräfte sind in ausrei-chender Menge auf dem Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik vorhanden.

Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin in der Lage, diese Tätigkeit min-destens sechs Stunden täglich auszuführen. Der Senat stützt sich insoweit insbesondere auf das orthopädische Gutachten des Dr. Z. vom 8. Juni 2012, das psychiatrisch-sozialmedizinische Gutachten der Dr. F. vom 20. Juni 2012 und das internistische Gutachten des Prof. Dr. H. vom 26. September 2012.

Dr. Z. hat, was die Diagnosen auf orthopädischem Fachgebiet betrifft, weitgehend in Über-einstimmung mit dem erstinstanzlich beauftragten Sachverständigen Dr. K., bei der Klägerin chronische Lendenwirbelsäulebeschwerden mit leichten funktionellen Einschränkungen bei Wirbelgleiten im Segment L5/S1, funktionelle Störungen des Beckens rechts bei Verschlei-ßerscheinungen der Kreuz-Darmbein-Gelenke, Schmerzsyndrom der Halswirbelsäule mit leichten funktionellen Störungen, ein Schmerzsyndrom beider Kniegelenke bei Verschleiß ohne wesentliche funktionellen Einschränkungen, Fibromyalgie und Ballenfüße beidseits an-genommen. Die Erkrankungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule führen zu Funk-tionseinschränkungen durch Bewegungseinschränkung und Schmerzen. Daraus resultiert eine deutlich eingeschränkte Belastbarkeit der Wirbelsäule. Aus orthopädischer Sicht sollen Tätig-keiten in wechselnder Körperhaltung, im Sitzen, Stehen und Gehen durchgeführt werden. Zu vermeiden sind das Tragen von Lasten, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, Arbeiten in Zwangshaltungen insbesondere vorn übergebeugt oder über Kopf sowie die Exposition von Kälte, Nässe und Zugluft. Ständiges Bücken oder Heben von Lasten von mehr als fünf Kilo-gramm sollen nicht erfolgen. Insgesamt sind nur noch leichte Tätigkeiten sechs Stunden täg-lich zumutbar. Nach dem Gutachten der Dr. F. vom 20. Juni 2012 bestehen bei der Klägerin eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine länger dauernde depressive Anpassungs-störung, sowie eine psychische Überlagerung körperlicher Beschwerden. Anhaltspunkte für eine tiefgreifende Depression ergeben sich psychopathologisch nicht. Das chronische Schmerzgeschehens ist dauerhaft behandlungsbedürftig, wobei bei der psychologischen Un-tersuchung eine deutliche affektive Überlagerung der körperlichen Symptomatik auffällig war. Aus psychiatrischer Sicht ist bei der Leistungsbeurteilung neben einer leichtgradigen depressiven Anpassungsstörung, eine Schmerzkrankheit mit körperlichen und psychischen Faktoren zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung der weitgehend erhaltenen Alltagskom-petenz liegt eine qualitative aber keine dauerhaft quantitative Leistungseinschränkung vor. Unter Berücksichtigung der orthopädischen und nervenärztlichen Erkrankungen führt Dr. F. zusammenfassend aus, die Klägerin könne leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich regelmäßig verrichten kann. Arbeiten unter ständigem Zeit-druck, Tätigkeiten mit Selbst- und Fremdgefährdung, insbesondere unter Absturzgefahr müs-sen unterbleiben. Betriebsunübliche Pausen sind nicht erforderlich. Wesentliche Einschrän-kungen der kognitiven Verarbeitungsgeschwindigkeit oder Reaktionsfähigkeit, die die Not-wendigkeit zusätzlicher Pausen begründen könnten, haben sich aus den Feststellungen in der Begutachtung einschließlich der psychologischen Begutachtung nicht ergeben. Insoweit stimmt die Sachverständige mit dem Gutachten des Dr. S. vom 28. Dezember 2006 und seiner ergänzenden Stellungnahme vom 2. Mai 2007 überein.

Auf internistischen Fachgebiet hat Prof. Dr. H. in seinem Gutachten vom 26. September 2012 neben den bereits in den Gutachten der Dr. F. und des Dr. Z. genannten Diagnosen eine arte-rielle Hypertonie (Stadium II nach WHO), eine kollagene Kolitis, eine Leberzellverfettung, Struma nodosa und alimentäre Adipositas genannt. Auswirkungen auf die körperliche Leis-tungsfähigkeit sind nach den Feststellungen des Sachverständigen lediglich durch die ernäh-rungsbedingte zweitgradige Adipositas zu erwarten. Hinsichtlich der kollagenen Kollitis sind die therapeutischen Optionen bisher nicht ausgeschöpft. Allerdings bedingt diese eine Ein-schränkung nur insoweit, als die Klägerin am Arbeitsplatz jederzeit in der Lage sein muss, eine Toilette aufzusuchen. Zusätzlich neben den in den Gutachten des Dr. Z. und der Dr. F. genannten Einschränkungen sollte eine Gefährdung durch Reizstoffe ausgeschlossen sein. Die Klägerin kann leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Die Notwendig-keit betriebsunüblicher Pausen hat Prof. Dr. H. nicht bestätigt. Dies ist nachvollziehbar. Ne-ben den eigentlichen Pausen im Sinne des § 4 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG), die im Übri-gen nach Maßgabe der § 4 ArbZG und § 7 ArbZG auch in kleinerer Zeitabschnitte aufgeteilt werden können, existieren in der Arbeitswelt auch so genannte persönliche Verteilzeiten, die nicht als die Arbeitszeit verkürzende Pausen im Rechtssinne anzusehen sind (vgl. hierzu Lan-dessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2003 - Az.: L 14 RJ 137/01 m.w.N., nach juris). Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden gelten zum Beispiel im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20. März 2007 - Az.: L 11 R 648/06 m.w.N., nach juris). Der erkennende Senat geht davon aus, dass jedenfalls im Büro-bereich den Arbeitnehmern durch die Arbeitgeber die Möglichkeit von kurzzeitigen Arbeits-unterbrechungen z.B. für einen Toilettengang eingeräumt wird. Die Möglichkeit der Aus-übung einer Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin haben die Sachverständigen ausdrücklich bejaht.

Nicht schlüssig ist die Einschätzung des Restleistungsvermögens im Gutachten der Dr. M. vom 22. Juli 2005. Die von ihr genannten Diagnosen stimmen mit den in den späteren Gut-achten festgehaltenen weitgehend überein. Sie fand bei der Klägerin im Jahr 2005 keine Hin-weise auf schwerwiegende Schmerzzustände oder andere Leistungsdefizite und hat psychopa-thologisch einen Status erhoben, der belegt, dass bei entsprechender willentlicher Anstren-gung von Seiten der Klägerin eine ausreichende Grundlage für das Vorliegen einer Erwerbs-fähigkeit gegeben ist. Andererseits hat sie eine quantitative Einschränkung des Leistungsver-mögens auf weniger als sechs aber mehr als drei Stunden leichte körperliche Arbeiten be-schrieben und sich allein auf die Ausführungen des orthopädischen Gutachters Dr. V. zu den Schmerzsyndromen an Lenden- und Halswirbelsäule und der anhaltend somatoformen Schmerzstörung gestützt. Dr. V. nahm in seinem Gutachten vom 1. September 2002 (Klage-verfahren Az.: S 17 RJ 789/00) allerdings keine quantitative Einschränkung des Leistungs-vermögens der Klägerin an, vielmehr ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Dr. S. hat in seinem nervenfachärztlichen Gutachten vom 28. Dezember 2006 ein quantitatives Leistungs-vermögen der Klägerin von sechs Stunden täglich für leichte körperliche Tätigkeiten festge-stellt und dies aus nervenfachärztliches Sicht u.a. mit den nur mäßiggradigen Auswirkungen der Schmerzen auf die Aktivitäten und Teilhabe im Leben, der Testpsychologie mit fehlenden Hinweisen für gravierende kognitive Defizite und dem Verhalten der Klägerin während der Untersuchung begründet.

Die nach den Gutachten der Dres. Z. und F. und des Prof. Dr. H. zu beachtenden Einschrän-kungen werden bei der Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin berücksichtigt: die Tätigkeiten können in wechselnden Körperhaltungen ausgeübt werden. Es handelt sich nicht um Arbeiten, die nicht mit häufigem Bücken, häufigem Knien, häufigem Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, Bewegen von Lasten über 5 Kilogramm, Absturzgefährdung und Überkopfar-beiten einhergehen. Die Sachverständigen Dres. Z. und F. und Prof. Dr. H. haben die Mög-lichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin ausdrücklich bestätigt. Eine zusätzliche zusammenführende Begutachtung war nicht erforderlich, weil Dr. F. eine entspre-chende Einschätzung hinsichtlich der orthopädischen und psychiatrischen Fachgebiete bereits vorgenommen hat. Hinsichtlich der Einschränkungen auf internistischem Gebiets hat Prof. Dr. H. ausdrücklich auf die im Gutachten des Dr. Z. verwiesen; dies schließt zusätzliche Ein-schränkungen aus.

Ob der Klägerin eine entsprechende Tätigkeit vermittelt werden kann, ist unwesentlich. Für vollschichtig einsatzfähige Versicherte besteht im Allgemeinen ein offener Arbeitsmarkt (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Eine Versicherte muss sich nach der ständigen Rechtspre-chung des Bundessozialgerichts grundsätzlich auf dem Arbeitsmarkt im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verweisen lassen. Dort gibt es noch eine hinreichende Anzahl zumutbarer Arbeitsplätze, unabhängig davon, ob diese offen oder besetzt sind. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, trägt nicht die Beklagte, sondern die Arbeitslo-senversicherung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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