Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 2044/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 63/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18.11.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt vom Beklagten höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), insbesondere einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung sowie einen Mehrbedarf für seine Selbstvertretung in rechtlichen Angelegenheiten. Ferner wendet sich der Kläger gegen einen von der vormaligen Beklagten, der Agentur für Arbeit H., festgesetzten Meldetermin.
Der 1963 geborene Kläger bezieht - nach vorangegangenem Sozialhilfebezug - seit dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er ist - nach seinen eigenen Angaben - "selbstständig tätig" im Bereich IT-Dienstleistungen (automatisierte Programmentwicklung). Der Kläger bezieht aus dieser Tätigkeit kein Einkommen. Am 25.03.2010 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Unter Ziff. 3d des Antragsformulars bejahte der Kläger die Notwendigkeit eines Mehrbedarfs aus medizinischen Gründen für kostenaufwendige Ernährung. Dieser Bedarf bestünde seit 30.03.2006. In der Anlage MEB gab der Kläger an, dass er bereits mit Antrag vom 29.07.2007 einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung geltend gemacht habe. Der Kläger legte weder die in der Anlage MEB geforderte Bescheinigung seines behandelnden Arztes noch das alternativ mögliche Attest vor. Er verwies handschriftlich auf die Verfahren S 7 AS 2943/07 ER sowie L 7 AS 4556/07 ER-B und die dort eingereichten Unterlagen.
Mit Bescheid vom 19.04.2010 bewilligte die vormalige Beklagte dem Kläger vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.05.2010 bis 31.10.2010 in Höhe von monatlich 359,00 EUR. Die vorläufige Bewilligung erfolge aufgrund der selbstständigen Tätigkeit des Klägers im Bewilligungszeitraum. Einkommen aus dieser selbstständigen Tätigkeit wurde im Bewilligungsbescheid nicht angesetzt. Der Bescheid enthält keine Ausführungen über den beantragten Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung.
Der hiergegen vom Kläger eingelegte Widerspruch mit Schreiben vom 21.05.2010, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die Höhe der Regelleistung nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 09.02.2010 verfassungswidrig und der beantragte Mehrbedarf im angefochtenen Bescheid völlig ignoriert worden sei, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2010 als unbegründet zurückgewiesen. Im Widerspruchsbescheid führte die vormalige Beklagte im Wesentlichen aus, dass die Regelleistung gemäß § 20 Abs. 2 SGB II seit 01.07.2009 für eine alleinstehende Person monatlich 359,00 EUR betrage. Durch die Entscheidung des BVerfG sei keine rechtsgestaltende Entscheidung getroffen worden. Eine Erhöhung der Sätze sei gerade nicht vom BVerfG generiert worden. Es sei in die Zuständigkeit des Gesetzgebers gegeben worden, eine Aufstellung der Zusammensetzung der Höhe der Regelleistungssätze und der Sozialgeldsätze zu erstellen, die eine Begründung für die festgesetzte Höhe ergebe. Sollte dennoch eine Änderung der allgemeinen Regelleistung aus verfassungsrechtlichen Gründen resultieren oder sollte sich eine Änderung ab Urteilsdatum ergeben, so liege es in der Verantwortung des Gesetzgebers, hierfür die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen. Der Gesetzgeber müsse vorrangig vor der Umsetzung durch die Bundesagentur für Arbeit tätig werden. Daher halte die vormalige Beklagte an der Festsetzung der Regelleistungen nach den damals und derzeit gültigen Leistungssätzen, d.h. mit der Bedarfsbemessung mit 359,00 EUR monatlich für den Kläger in der Zeit vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 fest. Aufgrund der selbstständigen Tätigkeit des Klägers sei eine abschließende Anspruchsbemessung nicht möglich gewesen, sodass die Bewilligung vorläufig gemäß § 40 SGB II i.V.m. § 328 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ergangen sei. Einkommen sei zugunsten des Klägers dabei nicht angerechnet worden. Die Widerspruchsstelle habe die Entscheidung auch unter den übrigen Gesichtspunkten geprüft, insbesondere ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf Leistungen für Mehrbedarfe im Sinne von § 21 Abs. 5 SGB II. Durch die Nichtgewährung des Mehrbedarfs in der Bewilligungsentscheidung sei somit der Antrag abschlägig entschieden worden. Inwieweit hier das rechtliche Gehör des Klägers verletzt worden sei, sei daher nicht ersichtlich. Ein Anspruch auf einen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 5 SGB II bestehe nicht. Dem aktuellen Antrag auf Mehrbedarf habe der Kläger nicht einmal eine ärztliche Bescheinigung beigefügt, die eine gesonderte Beurteilung ermöglicht hätte. Der Kläger verweise in seinem Antrag lediglich auf Aktenzeichen zu Verfahren vor dem Landessozialgericht (LSG). Eine Begründung des Mehrbedarfs habe der Kläger nicht angeführt, obwohl er bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen worden sei, dass der vormaligen Beklagten die Prozessakten zu den Verfahren vor dem LSG nicht vorlägen, auf dessen Ausführungen der Kläger immer wieder (wie auch jetzt wieder) Bezug genommen habe. Ein Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II stehe dem Kläger daher nicht zu.
Hiergegen hat der Kläger am 07.06.2010 beim Sozialgericht Mannheim (SG; Az.: S 4 AS 2044/10) Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass er im Antrag nicht lediglich auf Aktenzeichen verwiesen, sondern im Antragsformular dargelegt habe, dass er die ärztliche Bescheinigung bereits am 27.08.2007 unter dem Aktenzeichen S 7 AS 2943/07 ER und das ärztliche Attest bereits am 08.11.2007 unter dem Aktenzeichen L 7 AS 4556/07 ER-B eingereicht habe. Die vormalige Beklagten müsse vom Gericht eine Kopie zur Stellungnahme zugeleitet worden sein, weshalb diese im Besitz der Bescheinigung und des Attestes sein müsse. Schon vor Jahren habe der Hausarzt des Klägers bei diesem zu hohe Blutfettwerte festgestellt. Deshalb habe sein Hausarzt angeordnet, keine tierischen Fette, insbesondere keine Eier, Wurst, Innereien oder Hackfleisch zu essen. Der Regelsatz sei nach der Entscheidung des BVerfG verfassungswidrig und zu niedrig, um davon die Ernährungsmehrkosten aufzubringen. Wenn der Kläger das Geld für kontinuierlich fettarme, proteinreiche Nahrungsmittel hätte, könnte er wahrscheinlich den Sollwert für Cholesterin und Triglyceride erreichen. Die Empfehlungen des deutschen Vereins für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der aktuellen Fassung seien nicht nachvollziehbar, da auch Vollkost, für die keine Ernährungskosten anerkannt würden, zu erheblichen Ernährungsmehrkosten führen würden. In diesem Zusammenhang hat der Kläger Atteste von Dr. G. vom 08.11.2007 sowie vom 28.05.2010 mit Ergänzung vom 02.09.2010 dem Sozialgericht Mannheim vorgelegt, mit dem Inhalt, dass der Kläger an einer kombinierten Fettstoffwechselstörung (Cholesterin und Triglyceride) leide. Fettarme und proteinreiche Ernährung sei erforderlich. Eine nicht behandelte (Diät oder Medikamente) Fettstoffwechselstörung zähle zu den Hauptrisikofaktoren für kardiovaskuläre Ereignisse. In Bezug auf die Höhe der Regelleistung trägt der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vor, dass es zutreffe, dass das BVerfG "nur" die Verfassungswidrigkeit des Regelsatzes festgestellt habe. Jedoch erstrecke sich der streitgegenständliche Bewilligungszeitraum bis Ende Oktober 2010 und da in der Jahresmitte in der Regel eine Minimaländerung des Regelsatzes stattgefunden hätte, sollte in 2010 diese Änderung so ausfallen, dass das Urteil des BVerfG mitberücksichtigt werde. Der für die Monate Juli 2010 bis Oktober 2010 mit verbeschiedene Regelsatz sollte daher dementsprechend abgeändert werden.
Die vormalige Beklagte erwiderte daraufhin, dass eine fettarme und proteinreiche Ernährung zunächst aus der Regelleistung gezahlt werden könne. Entsprechende Produkte seien mittlerweile im Discountmarkt erhältlich. Zudem würde sich doch eine ausgewogene Ernährung im Verbund der zu erwerbenden Produkte ein (interner) Ausgleich insofern finden lassen, dass es letztlich nicht zu einer höheren finanziellen Belastung komme.
Am 04.07.2010 stellte der Kläger bei der vormaligen Beklagten einen Antrag auf laufenden zusätzlichen atypischen Bedarf in Höhe von 45,00 EUR monatlich aufgrund seiner Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten. Das BVerfG habe am 09.02.2010 entschieden, dass zusätzlicher atypischer Bedarf über den Regelsatz hinaus zu decken sei. Beim Kläger falle ein solcher Bedarf in Höhe von ca. 20,00 EUR monatlich für seine Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten an. Er habe Kosten für Telefax und Telefon mit den Gerichten in Höhe von ca. 25,00 EUR monatlich, hinzu kämen Kosten für Papier, Toner, Kuverts, Briefmarken, ca. 7,00 EUR monatlich für Rechtsprechung-/Internetrecherchen, Gesetzes- sowie Rechtssprechungsdownloads im unweiten Internetcafe. Darüber hinaus würden Fahrtkosten in die Universitätsbibliothek für Kopien aus Rechtsprechungskommentierungen und Entscheidungssammlungen und die Kosten für diese Kopien anfallen. Gelegentlich komme noch ein Beratungshilfeeigenanteil in Höhe von 10,00 EUR hinzu und Fahrten zum Amtsgericht oder zu Rechtsanwälten, des Weiteren brauche er Ersatzteile für Reparaturen. In der Regelleistung seien für solche Aufwendungen nur ca. 9%, mithin 32,31 EUR monatlich, enthalten. Zudem müsse der bei der Erstellung schwieriger komplexer Schriftsätze entstehende Stress durch die laufende konzentrierte geistige Anstrengung auch abgebaut werden, weshalb er ca. 15,00 EUR wöchentlich für eine Teilnahme am kulturellen Leben aufwende. Hierfür seien in der Regelleistungen monatlich nur 39,49 EUR enthalten. Erschwerend komme hinzu, dass zur Jahresmitte diesmal keine Regelsatzanpassung stattgefunden hätte, trotz Entscheidung des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit des Regelsatzes und obwohl die Teuerungsrate auszugleichen gewesen wäre.
Mit Bescheid vom 06.07.2010 lehnte die vormalige Beklagte den Antrag auf einen laufenden zusätzlichen atypischen Bedarf aufgrund der Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten ab. Zur Begründung führte sie aus, dass in der Regelleistung in Höhe von 359,00 EUR bereits alle beantragten Punkte prozentual berücksichtigt worden seien. Es bestünde kein Hinweis auf einem atypischen Bedarf im Sinne der Entscheidung des BVerfG vom 09.02.2010 aufgrund der höheren Ausgaben des Klägers. Den hiergegen mit Schreiben vom 11.08.2010 eingelegten Widerspruch wies die vormalige Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass in der Regelleistung prozentuale Aufwendungen für die Teilnahme am kulturellen Leben sowie für Telefon- und Telefaxkosten enthalten seien. Die höheren geltend gemachten Aufwendungen würden keinen zusätzlichen atypischen Bedarf darstellen. Unter Berücksichtigung des Urteils vom 09.02.2010 des BVerfG sei ein solcher zusätzlicher atypischer Bedarf nicht feststellbar.
Am 29.09.2010 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Geltendmachung eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung (vgl. Ziff. 3d) sowie eines Mehrbedarfs für die Selbstvertretung in juristischen Angelegenheiten (vgl. Ziff. 3f).
Mit Bescheid vom 29.09.2010 bewilligte die vormalige Beklagte dem Kläger daraufhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 01.11.2010 bis 30.04.2011 in Höhe von monatlich 359,00 EUR. Der mit Schreiben vom 26.10.2010 gegen die Bewilligungsentscheidung eingelegte Widerspruch des Klägers, der wiederum damit begründet wurde, dass die Regelleistung nach der Entscheidung des BVerfG verfassungswidrig sei und die Anträge auf Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung und auf einen besonderen laufenden atypischen Bedarf seitens der vormaligen Beklagten ignoriert worden seien, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 als unbegründet zurückgewiesen. Die Begründung entspricht im Wesentlichen der Begründung im Widerspruchsbescheid vom 28.05.2010. Ergänzend wurde angeführt, dass die Voraussetzungen des § 21 Abs. 6 SGB II nicht vorlägen. Die Selbstvertretung in rechtlichen Angelegenheiten stelle keinen unabweisbaren laufenden besonderen Bedarf dar, der die Gewährung eines Mehrbedarfs rechtfertige, da bei erfolgreich eingelegten Widersprüchen und Klagen die notwendigen Kosten durch den Unterlegenen erstattet würden. Mit Änderungsbescheid vom 25.03.2011 wurden dem Kläger für den Zeitraum 01.01.2011 bis 30.04.2011 aufgrund der rückwirkenden Erhöhung des Regelsatzes zum 01.01.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 364,00 EUR bewilligt.
Ausweislich des Vermerks vom 19.10.2010 wurde an diesem Tag eine erste Einladung an den Kläger mit Rechtsfolgenbelehrung zum 28.10.2010 um 09.00 Uhr versandt unter Hinweis auf § 59 SGB II i.V.m. § 309 SGB III i.V.m. § 309 Abs. 3 Satz 3 SGBIII. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 26.10.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung führte der Kläger aus, dass zwischen Bekanntgabe der Ladung und dem Termin nur drei Werktage gelegen hätten. Dermaßen kurzfristige Ladungen seien verfassungswidrig. Dem Kläger sei am Monatsanfang die Datenfestplatte abgestürzt und danach noch Windows. Mit dem Reinstallieren und Recovern der Daten sei er noch nicht fertig. Außerdem habe er am 04.11.2010 einen wichtigen Verhandlungstermin beim Sozialgericht. Ferner bitte er, ihm einen neuen - rechtzeitig bekannt gegebenen - Termin für nachmittags zu geben, da er bis spät in die Nacht am Computer arbeite und deshalb bis ca. 13.00 Uhr schlafe. Der Kläger erschien nicht zum geladenen Termin am 28.10.2010. Allerdings hatte das Meldeversäumnis vom 28.10.2010 keine Sanktionen zur Folge.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2010 wies die vormalige Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück unter Hinweis auf § 59 SGB II i.V.m. § 309 SGB III. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger als Leistungsbezieher verpflichtet sei, sich zu einer von der vormaligen Beklagten vorgegebenen Zeit zu melden. Da der Kläger, abgesehen von der Durchführung zahlreicher Klage- und Widerspruchsverfahren sowie einstweiliger Rechtsschutzanträgen, seit mehreren Jahren keinen persönlichen Kontakt mit der Agentur für Arbeit gehabt habe, habe auch ein Grund für die Einladung bestanden, um zu besprechen, welche Maßnahmen notwendig seien, um ihn auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einzugliedern. Es sei keinerlei Grund ersichtlich, warum der Kläger einen solchen Meldetermin, der als Unterstützung angeboten werde, ablehne. Seine Forderung, er müsse mindestens zwei Wochen im Voraus von dem Meldetermin erfahren, sei völlig unrealistisch. Der Kläger habe nach eigenen Darlegungen samstags Kenntnis von der Einladung zu dem Termin am folgenden Donnerstag gehabt. Als seit Jahren arbeitsloser und finanziell hilfebedürftiger Mensch sei es ihm ohne Weiteres zuzumuten, zu jeder Zeit zu reagieren. Auch seine Aktivitäten auf selbstständigem Gebiet lasse keine andere Entscheidung zu, denn diese würden seit Jahren nicht dazu führen, dass die Hilfebedürftigkeit entfalle. Da der Kläger somit sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft Gelder der Steuerzahler begehrt habe und begehre, müsse er die damit verbundenen Pflichten auch hinnehmen und einhalten. Auch die Forderung des Klägers, nur nachmittags zu Terminen eingeladen werden zu wollen, da er bis mittags um 13.00 Uhr schlafe, sei völlig abwegig und könne nicht rechtfertigen, dass Einladungen nur nachmittags erfolgen. Der Kläger habe sich nach den Zeiten zu richten, die seitens der vormaligen Beklagten angesetzt würden. Termine um 09.00 Uhr seien zumutbar.
Am 02.12.2010 hat der Kläger gegen die beiden Widerspruchsbescheide vom 28.10.2010 und 02.11.2010 beim SG Klage erhoben (Az.: S 4 AS 4302/10). In Bezug auf den beantragten Mehrbedarf für Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten machte der Kläger im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens geltend, dass die Verneinung eines laufenden zusätzlichen atypischen Bedarfs eine Pauschalbehauptung sei und Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletze. In Bezug auf die Ladungsfrist führte der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren aus, dass die vormalige Beklagte kein Rechtsschutzbedürfnis dargetan habe, welchen Nachteil sie davon hätte, einen Nachmittagstermin anzuberaumen und diesen mindestens zwei Wochen vorher bekannt zu geben, damit dieser Termin sich in die Terminplanung des Klägers einbinden lasse.
Die Beteiligten führten u.a. im Bezug auf die Problematik des Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung sowie der Länge von Ladungsfristen zu Meldeterminen einen Rechtsstreit vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg, der mit Urteil vom 07.12.2010 endete (Az.: L 13 AS 3595/07). In diesem Urteil, in dem zahlreiche Rechtsstreitigkeiten zwischen den Beteiligten behandelt wurden, wurde die Notwendigkeit eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung beim Kläger nicht gesehen. Ferner sei die vormalige Beklagte berechtigt gewesen, den Kläger auch unter Setzung kurzfristiger Termine zur Vorsprache einzubestellen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten der Entscheidung wird vollinhaltlich auf das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 07.12.2010 mit dem Aktenzeichen L 13 AS 3595/07 verwiesen.
Mit Beschluss vom 25.03.2011 wurden die beiden erstinstanzlichen Verfahren S 4 AS 2044/10 und S 4 AS 4302/10 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.11.2011, dem Kläger zugestellt am 23.11.2011 und der vormaligen Beklagten zugestellt am 25.11.2011, hat das SG die Klagen als unbegründet abgewiesen unter Hinweis auf § 20 Abs.2 Satz 1 SGB II und der Entscheidung des BVerfG vom 09.02.2010. Demnach habe eine neue Regelung der Regelleistung nach der Vorgabe des BVerfG bis 31.12.2010 zu erfolgen. Es bestehe keine Pflicht zu einer rückwirkenden Neuregelung. Indem der Gesetzgeber eine Neuregelung mit Wirkung zum 01.01.2011 getroffen habe, sei er damit den Auflagen des BVerfG nachgekommen. Die Regelsatzfestsetzung der vormaligen Beklagten entspreche deshalb der Rechtslage. Ein Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II läge beim Kläger ebenfalls nicht vor. Nach der Gesetzesbegründung sollten zur Konkretisierung der Angemessenheit des Mehrbedarfs die hierzu vom deutschen Verein für die Gewährung von Krankenkostenzulagen in der Sozialhilfe entwickelten Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden. Beim Kläger liege nach dem vorgelegten Attest von Dr. G. vom 02.09.2010 eine Fettstoffwechselstörung vor, die nicht behandelt (Diät oder Medikamente) zu den Hauptrisikofaktoren für kardiovaskuläre Ereignisse zähle. Ob und in welchem Umfang der Kläger deshalb auf eine kostenaufwendige Ernährung angewiesen sei, könne dem Attest nicht entnommen werden. Insoweit lägen keine neuen Gesichtspunkte vor, die nicht bereits Grundlage des Urteils des LSG Baden-Württemberg vom 07.12.2010 (Az.: L 13 AS 3595/07) gewesen wären. Insoweit werde auf die Gründe dieses Urteils verwiesen. Dem Kläger stünde weiterhin kein Anspruch auf atypischen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu. Einen unabweisbaren Bedarf vermöge das Gericht nicht zu erkennen, denn der Kläger hätte bei der Führung von Rechtsstreiten grundsätzlich die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Bei der bei ihm vorliegenden Bedürftigkeit hätte der Kläger einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe, wenn der Rechtsstreit Aussicht auf Erfolg hätte. Im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe entstünden dem Kläger die geltend gemachten Kosten nicht, werde die Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt, liege kein unabweisbarer Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II vor. Einen besonderen laufenden Bedarf für Stressausgleich vermöge das Gericht ebenfalls nicht zu erkennen. Zuletzt sei die Einladung des Klägers am 19.10.2010 zum Meldetermin am 28.10.2010 rechtlich nicht zu beanstanden. Die vormalige Beklagte sei grundsätzlich berechtigt, den Kläger auch unter Setzung kurzfristiger Termine zur Vorsprache einzubestellen. Auch insoweit werde auf die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 07.12.2010 verwiesen. Einen Anspruch auf einen Meldetermin erst ab 13.00 Uhr habe der Kläger grundsätzlich nicht, denn es stehe im Ermessen der vormaligen Beklagten, welchen Termin sie festlege.
Hiergegen richtet sich die am 23.12.2011 eingelegte Berufung des Klägers. Im Rahmen der Berufung macht er diverse Verfahrensfehler geltend. So habe das SG eine beantragte Verbindung der Verfahren S 4 AS 4302/10 mit dem ebenfalls beim SG Mannheim anhängigen Verfahren S 10 AS 123/08 verweigert. Ferner liege eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes vor. Das Sozialgericht hätte die rechtliche Begründung des Klägers im Verfahren S 10 AS 123/09 bzw. S 10 AS 548/11 mitberücksichtigen müssen. Im Bezug auf die Ernährungsmehrkosten beantragt der Kläger die Anordnung eines Gutachtens durch Ernährungswissenschaftlerin Dr. S. hinsichtlich der Höhe des benötigten Mehrbedarfs, da der behandelnde Hausarzt Dr. G. mangels Fachkenntnissen die Ernährungsmehrkosten nicht beziffern könne. Im Bezug auf den Mehrbedarf für die Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten begründet der Kläger seine Berufung damit, dass Kosten im PKH-Verfahren auch nicht geringer wären, weil der Kläger dort die Erfolgsaussicht darlegen müsse, was kein wesentlich geringerer Aufwand wäre, als im Rechtsmittelverfahren. Die Fahrtkosten für Anwaltssuche und für Rechtsanwaltskonsultierungen und Prozessstoffbeibringung und Faxe an Rechtsanwälte würden die Ersparnis an Faxkosten an das Gericht wahrscheinlich weit übersteigen. Im Bezug auf die Ladungsfrist zu Meldeterminen macht der Kläger geltend, dass es nicht mit Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 GG vereinbar sei, einen Selbstständigen per Gesetz zu einem Arbeitslosen zu machen, da er jederzeit zu erscheinen habe, wenn die Behörde dies veranlasse. Es sei von der vormaligen Beklagten weder ein Grund für die Erforderlichkeit der Kurzfristigkeit noch ein Grund für die Erforderlichkeit des Termins zur Schlafenszeit des Klägers angegeben worden. Ferner müsse der Kläger seine Tätigkeiten in den folgenden zwei Wochen sorgfältig im Voraus planen, damit er alles ausschlussfristgemäß bzw. verhandlungsterminsgerecht schaffen könne. Es sei von der Behörde menschenverachtend, ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes, den ihr bekannten Arbeits- und Schlafrhythmus des Klägers zu ignorieren.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18.11.2011 abzuändern und
1. unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 19.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.05.2010 und des Bescheids des Beklagten vom 29.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 28.10.2010, den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für den Bewilligungszeitraum Mai 2010 bis April 2011 höhere Leistungen zu bewilligen,
2. unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 06.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 04.11.2010, den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger einen unabweisbaren laufenden besonderen Bedarf für die Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten in Höhe von monatlich 45,- EUR zu bewilligen,
3. festzustellen, dass die Einladung des Beklagten vom 19.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 02.11.2010 rechtswidrig war und der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger nur mit einer Vorlauffrist von mindestens 2 Wochen und nur nachmittags vorzuladen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zum 01.01.2012 erfolgte ein Beklagtenwechsel von der vormaligen Beklagten, der Agentur für Arbeit H. zum jetzigen Beklagten, dem Jobcenter.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, da Berufungsausschließungsgründe nicht eingreifen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz).
Die Berufung ist aber unbegründet.
1.) Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr. 1 SGG beteiligtenfähig (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 4 AS 99/10 R - Juris). Nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der zuvor beklagten Agentur für Arbeit getreten. Dieser kraft Gesetzes eingetretene Beteiligtenwechsel war durch eine Berichtigung des Passivrubrums zu berücksichtigen.
2.) Die unterlassene Verbindung des Verfahrens S 4 AS 4302/10 mit dem ebenfalls beim SG Mannheim anhängigen Verfahren S 10 AS 123/08 stellt keinen Verfahrensmangel dar, auf dem die Sachentscheidung beruhen kann (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Auflage 2012, § 113 Rn. 3).
3.) Streitgegenstand ist insbesondere das Begehren des Klägers auf höhere Leistungen für die Zeiträume Mai 2010 bis April 2011. Für den Zeitraum Mai 2010 bis Oktober 2010 hat der Beklagte für den Kläger mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19.04.2010 nur vorläufige Leistungen bewilligt und dies mit der unklaren Einkommenssituation aufgrund der selbständigen Tätigkeit des Klägers begründet. Mit Bescheid vom 29.09.2010 hat der Beklagte demgegenüber für den Zeitraum November 2010 bis April 2011 ohen Vorbehalt und damit endgültig entschieden. In beiden Bescheiden wurde kein Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers angerechnet.
Das auf (höhere) Leistungen gerichtete Begehren des Klägers ist als Anfechtungs- und Leistungsklage in Bezug auf beide Bewilligungsbescheide zulässig. In Bezug auf die vorläufige Bewilligungsentscheidung vom 19.04.2010 hat der Beklagte eine endgültige Leistungsgewährung bisher nach Aktenlage nicht getroffen und die geltend gemachten höheren Leistungen stehen nicht im Zusammenhang mit der vom Kläger ausgeübten selbständigen Tätigkeit. Die Entscheidung der vorläufigen Bewilligung einer Leistung ist nach § 40 Abs. 1 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 SGB III eine Ermessensentscheidung, wobei der Verwaltungsträger einen Entscheidungsfreiraum im Sinne von Entschließungs- und Auswahlermessen hat. Die grundsätzlich richtige Klageart im Falle nicht gebundener Entscheidungen ist damit zwar die Verpflichtungsklage. Geht der Kläger jedoch davon aus, dass die Voraussetzungen für eine vorläufige Entscheidung nicht vorliegen oder das Ermessen der Behörde sowohl im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Entscheidung selbst, als auch der Höhe der zu bewilligenden Leistungen auf Null reduziert sei, ist die Beantragung der Leistung selbst und hilfsweise die Verpflichtung zum Erlass eines neuen Bescheides unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zulässig. Die Verpflichtungsklage ist dann ggf. als ein Minus (Hilfsantrag) in der Leistungsklage enthalten (vgl. insgesamt BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 139/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 38 m.w.N.).
Die auf höhere Leistungen gerichtete Klage ist aber, wie das SG zutreffend entschieden hat, nicht begründet.
a.) Es ist nicht zu beanstanden, dass die vormalige Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 19.04.2010 Leistungen als vorläufige und nicht in Gestalt endgültiger Leistungen erbracht hat. Gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 SGB III kann der Leistungsträger über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entscheiden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Hilfebedürftigen auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Hilfebedürftige die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Dieses Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger hat mit dem Fortzahlungsantrag angegeben, weiterhin eine selbständige Tätigkeit auszuüben. Zwar waren nach seiner Prognose - wie in der Vergangenheit - auch in diesem Bewilligungsabschnitt keine positiven Einkünfte zu erwarten. Aber zum Entscheidungszeitpunkt stand nicht eindeutig fest, ob und ggf. in welcher Höhe Einkommen bei der Berechnung der Leistungen zu berücksichtigen sein werde, was nach § 9 SGB II nicht nur Einfluss auf die Höhe des dem Kläger endgültig zustehenden Leistungen, sondern auch auf die Frage des Bestehens eines Leistungsanspruchs überhaupt haben kann. Damit entspricht die Ausfüllung des Ermessensfreiraums durch Bewilligung vorläufiger Leistungen pflichtgemäßer Ermessensbetätigung (vgl. insgesamt BSG, Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 m.w.N.).
b.) Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der Leistungshöhe. Die von der vormaligen Beklagten festgesetzte Höhe der Leistungen ist nicht zu beanstanden. Streitig ist insoweit die Höhe des Leistungsanspruchs insgesamt, der Kläger hat sein Begehren lediglich zeitlich beschränkt. Damit ist ein Anspruch sowohl hinsichtlich der Regelleistung als auch etwaiger Mehrbedarfe insgesamt streitig.
Der Kläger ist im streitgegenständlichen Zeitraum Mai 2010 bis April 2011 grundsätzlich leistungsberechtigt nach dem SGB II. Er erfüllt die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II für erwerbsfähige Hilfebedürftige. Der Kläger hat aber im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf höhere Leistungen.
Die vormalige Beklagte hat den Anspruch des Klägers zutreffend mit 359,- Euro berechnet. Hierbei hat sie zutreffend den Bedarf aus der für den Kläger maßgebenden Regelleistung von 359,- Euro zugrunde gelegt. Für den Zeitraum Januar 2011 bis April 2011 wurden dem Kläger aufgrund der Regelsatzerhöhung eine Regelleistung von 364,- EUR bewilligt.
(1) Die Höhe der Regelleistung der Kläger bestimmt sich nach § 20 Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 3 SGB II in der bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung (a.F.) in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Juli 2009. Sie beläuft sich auf 359,- Euro und ab 01.01.2011 364,- EUR. Die vormalige Beklagte hat zutreffend diese Beträge ihrer Berechnung zugrunde gelegt. Zwar hat das BVerfG entschieden (Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175), dass die Regelung des § 20 Abs. 1 SGB II a.F. und die mittelbar angegriffenen Regelungen des § 20 Abs. 2 und 3 SGB II a.F. mit dem Grundgesetz unvereinbar sind. In der Entscheidung des BVerfG wird jedoch ausdrücklich klargestellt, dass die genannten Vorschriften bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber (welche zum 01.01.2011 erfolgte) weiterhin anwendbar sind.
(2) Beim Kläger ist kein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu berücksichtigen. Auch insoweit ist die Berechnung der vormaligen Beklagten zutreffend.
Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Zwar leidet der Kläger an einer Fettstoffwechselstörung. Allerdings bedingt diese Erkrankung im Fall des Klägers keinen krankheitsbedingten Mehrbedarf für die Ernährung.
Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ist grundsätzlich bei einer Fettstoffwechselstörung eine Ernährungsform, die einen finanziellen Mehraufwand bedeutet, nicht erforderlich. Bei einer Fettstoffwechselstörung (auch Dyslipidämie) sind der Cholesterin- und/oder der Triglyceridspiegel erhöht. Um eine Fettstoffwechselstörung zu bekämpfen, muss man den Cholesterinwert im Blut senken. Dies geschieht in erster Linie durch eine Umstellung der Lebensweise mit einer Änderung der Ernährung und vermehrter körperlicher Bewegung. Führt eine Umstellung der Lebensweise nicht zu einer ausreichenden Abnahme der Cholesterinwerte im Blut, müssen Medikamente verwendet werden.
Aufgrund der Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Stand 1. Oktober 2008, ist ein ernährungsbedingter Mehrbedarf bei Diabetes mellitus gleich welchen Typs ebenso wie bei Hyperlipidämie, Hyperurikämie, Gicht und Hypertonie nicht anzunehmen; der noch in den Empfehlungen des Vereins (Stand 1997) angenommene Standpunkt wurde darin revidiert. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der auf der Grundlage der EVS 2003 bemessene Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost deckt. Auch wenn die Empfehlungen 2008 nicht als antizipiertes Sachverständigengutachten angesehen werden können, können sie jedenfalls als Orientierungshilfe dienen (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 100/10 R - Juris). Weitere Ermittlungen sind im Einzelfall erforderlich, wenn Besonderheiten, insbesondere von den Empfehlungen abweichende Bedarfe, substantiiert geltend gemacht werden (vgl. BSG, Urteile vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 64/06 R; vom 25.04.2008 - B 14/11b AS 3/07 R -; vom 10.05.2011 - B 4 AS 100/10 R -jeweils Juris). Die Empfehlungen gelten dann nicht, wenn im Einzelfall anzustellende Ermittlungen Hinweise auf einen von den Empfehlungen abweichenden Mehrbedarf ergeben (beispielsweise BSG, Urteil vom 27.02.2008 a.a.O.). Dem Vorbringen des Klägers lassen sich keine Anhaltspunkte entnehmen, dass im vorliegenden Einzelfall tatsächlich infolge der Erkrankung des Klägers Aufwendungen zur Ernährung erforderlich sind, die von dem in der Regelleistung enthaltenen Ernährungsanteil nicht gedeckt werden könnten. Gleiches gilt für die vom Kläger bei der vormaligen Beklagten in Bezug genommene ärztlichen Stellungnahmen, auf die der Kläger in seinen Fortzahlungsanträgen Bezug genommen hat. So bestätigt der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. G. unter dem 28.05.2010 für den Kläger, dass dieser in Anbetracht der bestehenden Erkrankung an einer kombinierten Fettstoffwechselstörung eine fettarme und proteinreiche Ernährung einhalten müsse. Damit bescheinigt Dr. G. gerade keine von der Vollkost abweichende Kostform. Vollkost wird definiert als eine Kost, die den Bedarf an essenziellen Nährstoffen (Kohlenhydrate, Lipide, Proteine, Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe; vgl. Bayrisches LSG, Urteil vom 05.12.2012 - L 16 AS 483/12) deckt (1.), in ihrem Energiegehalt den Energiebedarf berücksichtigt (2.), Erkenntnisse der Ernährungsmedizin zur Prävention und auch zur Therapie berücksichtigt (3.) und in ihrer Zusammensetzung den üblichen Ernährungsgewohnheiten angepasst ist, soweit Punkt 1. - 3. nicht tangiert werden (4.).
Die Empfehlungen von Dr. G. einer fettarmen und proteinreichen Ernährung können im Rahmen der Vollkost umgesetzt werden. Der Kostenaufwand für eine Ernährung mit Vollkost wird nach einer in die Empfehlungen des Deutschen Vereins eingegangenen wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (Lebensmittelkosten für eine vollwertige Ernährung, April 2008) durch den bei der Bemessung des Regelsatzes für Ernährung eingeflossenen Betrag gedeckt (http://www.dge.de/pdf/ws/Lebensmittelkosten-vollwertige-Ernährung.pdf). Es muss daher nunmehr als wissenschaftlich gesichert gelten, dass Vollkost nicht teurer als "normale ungesunde" Kost ist, oder doch jedenfalls aus dem für Ernährung vorgesehenen Anteil des Regelsatzes finanziert werden kann (vgl. Senatsurteil vom 23.10.2009 - L 12 AS 4179/08 - m.w.N., BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 100/10 R - Juris). Einer weiteren Sachaufklärung bedurfte es daher nicht, so dass sich der Senat nicht veranlasst sah, das beantragte Ernährungswissenschaftliche Gutachten von Amts wegen einzuholen.
(3) Dem Kläger steht ferner kein Mehrbedarf für die Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten zu. Allein maßgebend ist die mit Wirkung zum 03.06.2010 vom Gesetzgeber aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 09.02.2010 zur Thematik des Härtefalls ergangene Vorschrift des § 21 Abs. 6 SGB II. Mit der Bezugnahme auf einen besonderen Bedarf in § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II will der Gesetzgeber – wie sich den Gesetzesmaterialien entnehmen lässt – einen in Sondersituationen auftretenden Bedarf nicht erfasster Art oder atypischen Ursprungs oder einen höheren, überdurchschnittlichen Bedarf einbeziehen, der nicht von der statistischen Durchschnittsbetrachtung umfasst wird. Hintergrund der besonderen Bedarfe sind atypische Lebenssituationen. Diese beiden Fallgestaltungen sind bereits der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu entnehmen. Mit dem Bezug auf einen "Bedarf im Einzelfall" wird ein atypischer Bedarf erfasst, der nur bei einer mehr oder weniger kleinen Gruppe von Leistungsberechtigten auftritt. Die vom Kläger angeführte Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten stellt keine atypische Bedarfslage, sondern vielmehr den Normalfall dar. Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen (Kosten für Telefax und Telefon mit den Gerichten; Kosten für Papier, Toner, Kuverts, Briefmarken; Kosten für Rechtsprechung-/Internetrecherchen, Gesetzes- sowie Rechtssprechungsdownloads im unweiten Internetcafe; Fahrtkosten in die Universitätsbibliothek für Kopien aus Rechtsprechungskommentierungen und Entscheidungssammlungen und Kosten für diese Kopien; gelegentlich Beratungshilfeeigenanteil in Höhe von 10,00 EUR; Fahrtkosten zum Amtsgericht oder zu Rechtsanwälten; Kosten für Ersatzteile für Reparaturen) sind daher über die Regelleistung abzudecken. In der Regelleistung sind für solche Aufwendungen ca. 9%, mithin 32,31 EUR monatlich, enthalten. Im Übrigen kann der "bei der Erstellung schwieriger komplexer Schriftsätze entstehende Stress durch die laufende konzentrierte geistige Anstrengung" mit dem in der Regelleistung für die Teilnahme am kulturellen Leben vorgesehenen Betrag in Höhe von 39,49 EUR monatlich abgebaut werden. Der Kläger hat nicht ansatzweise substantiiert dargelegt, dass er mit diesen Beträgen nicht auskommt bzw. dass ein etwaiger Mehrbedarf erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Auch in Bezug auf die Unabweisbarkeit des behaupteten Mehrbedarfs schweigt sich der Kläger aus. Im Übrigen kann der Kläger auf die Institute der Beratungshilfe und der Prozesskostenhilfe verwiesen werden. Insoweit wird auf die als zutreffend erachteten Ausführungen im Gerichtsbescheid vom 18.11.2011 verwiesen.
4.) Mit der Einladung zum Termin am 28.10.2010 hat die vormalige Beklagte nicht rechtswidrig gehandelt.
Unabhängig von der Frage, ob die Einbestellung zu einer Vorsprache nach § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III schon per se Verwaltungsakt ist, vorliegend erst durch die Erteilung eines Widerspruchsbescheids zu einem Verwaltungsakt wurde oder - mangels Setzung einer Regelung des Einzelfalls im Sinne des § 31 SGB 1 - überhaupt keine Verwaltungsaktsqualität aufweist, ist die Berufung unbegründet. Zunächst muss dabei festgehalten werden, dass sich die Pflicht bzw. Obliegenheit des Klägers zu dem in der Einbestellung genannten Termin zu erscheinen, mit fruchtlosem Verstreichen des Termins erledigt hat. Insoweit kann ein den Terminstag überdauernder Regelungsgehalt auch nicht nachträglich durch die Erteilung eines Widerspruchsbescheides der vormaligen Beklagten begründet werden. Insoweit beschränkt sich dieser Widerspruchsbescheid auf die feststellende Aussage, dass die Einladung zu dem festgesetzten Termin rechtmäßig war. Aus den von der vormaligen Beklagten bestimmten Vorsprache ergibt sich nach Aktenlage auch keine den Termin überdauernden Rechtsfolgen. Das Meldeversäumnis vom 28.10.2010 führte zu keine Sanktionen. Dies wird auch vom Kläger nicht geltend gemacht. Ein Feststellungsinteresse bzw. Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist somit nicht erkennbar. Die vormalige Beklagte war in der Sache berechtigt, den Kläger auch unter Setzung eines kurzfristigen Termins zur Vorsprache einzubestellen. Maßstab hierfür ist § 309 SGB III, auf den § 59 SGB II Bezug nimmt. Soweit § 59 SGB II die entsprechende Anwendung des § 309 SGB III anordnet, bedeutet dies nicht, dass auch auf die dort vorausgesetzte Arbeitslosigkeit Bezug genommen würde; vielmehr berechtigt § 59 SGB II den jeweiligen Träger der Grundsicherung, die ihm in seinem Zuständigkeitsbereich zugeordneten Hilfebedürftigen nach dem SGB II - unabhängig von deren tatsächlichen Erwerbsstatus - zu Vorsprachen einbestellen zu dürfen. Das Gesetz sieht in den § 59 SGB II, 309 SGB III weder die Einhaltung einer angemessenen Ladungsfrist, noch eine Mindestladungsfrist vor. Es ist auch weder willkürlich, noch menschenunwürdig, einen Empfänger staatlicher steuerfinanzierter Existenzsicherungsleistungen zu kurzfristigen Vorsprachen einzubestellen. Denn gerade die Zielsetzung des SGB II, nämlich den Hilfebedürftigen in den Arbeitsmarkt einzugliedern und von staatlichen Leistungen unabhängig zu machen, bringt es zwangsläufig mit sich, den Hilfebedürftigen kurzfristig zu den üblichen Öffnungszeiten zu Informations- und Beratungsgesprächen, Vorsprachen bzw. Veranstaltungen einbestellen zu müssen um mit ihm dessen weiteren Leistungsbezug bzw. dessen Eingliederung in das Erwerbsleben zu besprechen. Lediglich solche Termine, die nicht der Zielsetzung des SGB II dienen sind nicht zulässig. Vorliegend hat die vormalige Beklagte den Kläger zu Zwecken einbestellt, die von den im Rahmen des SGB II verfolgten Zwecken umfasst sind und damit nicht willkürlich gehandelt. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass dem Kläger, bei einem von ihm behaupteten Zugang der Einladung am Samstag, dem 23.10.2010, genügend Zeit bis Donnerstag, dem 28.10.2010, verblieben ist, sich auf diesen Termin einzustellen und sich vorzubereiten. Die Einladung erfolgte daher nach Auffassung des Senats nicht zu kurzfristig. Der Kläger vermochte auch nicht substantiiert darzulegen, warum die konkrete Einladung zu kurzfristig gewesen sein soll. Der Absturz einer Datenfestplatte am Monatsanfang kann schwerlich ein Hinderungsgrund für einen Termin am Monatsende darstellen. Ohne nähere Begründung kann auch ein Verhandlungstermin bei einem Sozialgericht eine Woche nach dem von der vormaligen Beklagten festgesetzten Termin ein Nichterscheinen nicht rechtfertigen. Die vom Kläger ausgeübte selbständige Tätigkeit, die offenbar nicht zur Einkommenserzielung geeignet erscheint, da aus dieser Tätigkeit bisher kein nennenswertes Einkommen erzielt wurde, rechtfertigt weder eine mindestens zweiwöchige Vorlauffrist noch die Anberaumung ausschließlich von Nachmittagsterminen.
Die Berufung hat insgesamt keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Rechtsverfolgung des Klägers ingesamt ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt vom Beklagten höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), insbesondere einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung sowie einen Mehrbedarf für seine Selbstvertretung in rechtlichen Angelegenheiten. Ferner wendet sich der Kläger gegen einen von der vormaligen Beklagten, der Agentur für Arbeit H., festgesetzten Meldetermin.
Der 1963 geborene Kläger bezieht - nach vorangegangenem Sozialhilfebezug - seit dem 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er ist - nach seinen eigenen Angaben - "selbstständig tätig" im Bereich IT-Dienstleistungen (automatisierte Programmentwicklung). Der Kläger bezieht aus dieser Tätigkeit kein Einkommen. Am 25.03.2010 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Unter Ziff. 3d des Antragsformulars bejahte der Kläger die Notwendigkeit eines Mehrbedarfs aus medizinischen Gründen für kostenaufwendige Ernährung. Dieser Bedarf bestünde seit 30.03.2006. In der Anlage MEB gab der Kläger an, dass er bereits mit Antrag vom 29.07.2007 einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung geltend gemacht habe. Der Kläger legte weder die in der Anlage MEB geforderte Bescheinigung seines behandelnden Arztes noch das alternativ mögliche Attest vor. Er verwies handschriftlich auf die Verfahren S 7 AS 2943/07 ER sowie L 7 AS 4556/07 ER-B und die dort eingereichten Unterlagen.
Mit Bescheid vom 19.04.2010 bewilligte die vormalige Beklagte dem Kläger vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 01.05.2010 bis 31.10.2010 in Höhe von monatlich 359,00 EUR. Die vorläufige Bewilligung erfolge aufgrund der selbstständigen Tätigkeit des Klägers im Bewilligungszeitraum. Einkommen aus dieser selbstständigen Tätigkeit wurde im Bewilligungsbescheid nicht angesetzt. Der Bescheid enthält keine Ausführungen über den beantragten Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung.
Der hiergegen vom Kläger eingelegte Widerspruch mit Schreiben vom 21.05.2010, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass die Höhe der Regelleistung nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 09.02.2010 verfassungswidrig und der beantragte Mehrbedarf im angefochtenen Bescheid völlig ignoriert worden sei, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2010 als unbegründet zurückgewiesen. Im Widerspruchsbescheid führte die vormalige Beklagte im Wesentlichen aus, dass die Regelleistung gemäß § 20 Abs. 2 SGB II seit 01.07.2009 für eine alleinstehende Person monatlich 359,00 EUR betrage. Durch die Entscheidung des BVerfG sei keine rechtsgestaltende Entscheidung getroffen worden. Eine Erhöhung der Sätze sei gerade nicht vom BVerfG generiert worden. Es sei in die Zuständigkeit des Gesetzgebers gegeben worden, eine Aufstellung der Zusammensetzung der Höhe der Regelleistungssätze und der Sozialgeldsätze zu erstellen, die eine Begründung für die festgesetzte Höhe ergebe. Sollte dennoch eine Änderung der allgemeinen Regelleistung aus verfassungsrechtlichen Gründen resultieren oder sollte sich eine Änderung ab Urteilsdatum ergeben, so liege es in der Verantwortung des Gesetzgebers, hierfür die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen. Der Gesetzgeber müsse vorrangig vor der Umsetzung durch die Bundesagentur für Arbeit tätig werden. Daher halte die vormalige Beklagte an der Festsetzung der Regelleistungen nach den damals und derzeit gültigen Leistungssätzen, d.h. mit der Bedarfsbemessung mit 359,00 EUR monatlich für den Kläger in der Zeit vom 01.05.2010 bis 31.10.2010 fest. Aufgrund der selbstständigen Tätigkeit des Klägers sei eine abschließende Anspruchsbemessung nicht möglich gewesen, sodass die Bewilligung vorläufig gemäß § 40 SGB II i.V.m. § 328 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ergangen sei. Einkommen sei zugunsten des Klägers dabei nicht angerechnet worden. Die Widerspruchsstelle habe die Entscheidung auch unter den übrigen Gesichtspunkten geprüft, insbesondere ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf Leistungen für Mehrbedarfe im Sinne von § 21 Abs. 5 SGB II. Durch die Nichtgewährung des Mehrbedarfs in der Bewilligungsentscheidung sei somit der Antrag abschlägig entschieden worden. Inwieweit hier das rechtliche Gehör des Klägers verletzt worden sei, sei daher nicht ersichtlich. Ein Anspruch auf einen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 5 SGB II bestehe nicht. Dem aktuellen Antrag auf Mehrbedarf habe der Kläger nicht einmal eine ärztliche Bescheinigung beigefügt, die eine gesonderte Beurteilung ermöglicht hätte. Der Kläger verweise in seinem Antrag lediglich auf Aktenzeichen zu Verfahren vor dem Landessozialgericht (LSG). Eine Begründung des Mehrbedarfs habe der Kläger nicht angeführt, obwohl er bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen worden sei, dass der vormaligen Beklagten die Prozessakten zu den Verfahren vor dem LSG nicht vorlägen, auf dessen Ausführungen der Kläger immer wieder (wie auch jetzt wieder) Bezug genommen habe. Ein Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II stehe dem Kläger daher nicht zu.
Hiergegen hat der Kläger am 07.06.2010 beim Sozialgericht Mannheim (SG; Az.: S 4 AS 2044/10) Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, dass er im Antrag nicht lediglich auf Aktenzeichen verwiesen, sondern im Antragsformular dargelegt habe, dass er die ärztliche Bescheinigung bereits am 27.08.2007 unter dem Aktenzeichen S 7 AS 2943/07 ER und das ärztliche Attest bereits am 08.11.2007 unter dem Aktenzeichen L 7 AS 4556/07 ER-B eingereicht habe. Die vormalige Beklagten müsse vom Gericht eine Kopie zur Stellungnahme zugeleitet worden sein, weshalb diese im Besitz der Bescheinigung und des Attestes sein müsse. Schon vor Jahren habe der Hausarzt des Klägers bei diesem zu hohe Blutfettwerte festgestellt. Deshalb habe sein Hausarzt angeordnet, keine tierischen Fette, insbesondere keine Eier, Wurst, Innereien oder Hackfleisch zu essen. Der Regelsatz sei nach der Entscheidung des BVerfG verfassungswidrig und zu niedrig, um davon die Ernährungsmehrkosten aufzubringen. Wenn der Kläger das Geld für kontinuierlich fettarme, proteinreiche Nahrungsmittel hätte, könnte er wahrscheinlich den Sollwert für Cholesterin und Triglyceride erreichen. Die Empfehlungen des deutschen Vereins für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der aktuellen Fassung seien nicht nachvollziehbar, da auch Vollkost, für die keine Ernährungskosten anerkannt würden, zu erheblichen Ernährungsmehrkosten führen würden. In diesem Zusammenhang hat der Kläger Atteste von Dr. G. vom 08.11.2007 sowie vom 28.05.2010 mit Ergänzung vom 02.09.2010 dem Sozialgericht Mannheim vorgelegt, mit dem Inhalt, dass der Kläger an einer kombinierten Fettstoffwechselstörung (Cholesterin und Triglyceride) leide. Fettarme und proteinreiche Ernährung sei erforderlich. Eine nicht behandelte (Diät oder Medikamente) Fettstoffwechselstörung zähle zu den Hauptrisikofaktoren für kardiovaskuläre Ereignisse. In Bezug auf die Höhe der Regelleistung trägt der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vor, dass es zutreffe, dass das BVerfG "nur" die Verfassungswidrigkeit des Regelsatzes festgestellt habe. Jedoch erstrecke sich der streitgegenständliche Bewilligungszeitraum bis Ende Oktober 2010 und da in der Jahresmitte in der Regel eine Minimaländerung des Regelsatzes stattgefunden hätte, sollte in 2010 diese Änderung so ausfallen, dass das Urteil des BVerfG mitberücksichtigt werde. Der für die Monate Juli 2010 bis Oktober 2010 mit verbeschiedene Regelsatz sollte daher dementsprechend abgeändert werden.
Die vormalige Beklagte erwiderte daraufhin, dass eine fettarme und proteinreiche Ernährung zunächst aus der Regelleistung gezahlt werden könne. Entsprechende Produkte seien mittlerweile im Discountmarkt erhältlich. Zudem würde sich doch eine ausgewogene Ernährung im Verbund der zu erwerbenden Produkte ein (interner) Ausgleich insofern finden lassen, dass es letztlich nicht zu einer höheren finanziellen Belastung komme.
Am 04.07.2010 stellte der Kläger bei der vormaligen Beklagten einen Antrag auf laufenden zusätzlichen atypischen Bedarf in Höhe von 45,00 EUR monatlich aufgrund seiner Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten. Das BVerfG habe am 09.02.2010 entschieden, dass zusätzlicher atypischer Bedarf über den Regelsatz hinaus zu decken sei. Beim Kläger falle ein solcher Bedarf in Höhe von ca. 20,00 EUR monatlich für seine Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten an. Er habe Kosten für Telefax und Telefon mit den Gerichten in Höhe von ca. 25,00 EUR monatlich, hinzu kämen Kosten für Papier, Toner, Kuverts, Briefmarken, ca. 7,00 EUR monatlich für Rechtsprechung-/Internetrecherchen, Gesetzes- sowie Rechtssprechungsdownloads im unweiten Internetcafe. Darüber hinaus würden Fahrtkosten in die Universitätsbibliothek für Kopien aus Rechtsprechungskommentierungen und Entscheidungssammlungen und die Kosten für diese Kopien anfallen. Gelegentlich komme noch ein Beratungshilfeeigenanteil in Höhe von 10,00 EUR hinzu und Fahrten zum Amtsgericht oder zu Rechtsanwälten, des Weiteren brauche er Ersatzteile für Reparaturen. In der Regelleistung seien für solche Aufwendungen nur ca. 9%, mithin 32,31 EUR monatlich, enthalten. Zudem müsse der bei der Erstellung schwieriger komplexer Schriftsätze entstehende Stress durch die laufende konzentrierte geistige Anstrengung auch abgebaut werden, weshalb er ca. 15,00 EUR wöchentlich für eine Teilnahme am kulturellen Leben aufwende. Hierfür seien in der Regelleistungen monatlich nur 39,49 EUR enthalten. Erschwerend komme hinzu, dass zur Jahresmitte diesmal keine Regelsatzanpassung stattgefunden hätte, trotz Entscheidung des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit des Regelsatzes und obwohl die Teuerungsrate auszugleichen gewesen wäre.
Mit Bescheid vom 06.07.2010 lehnte die vormalige Beklagte den Antrag auf einen laufenden zusätzlichen atypischen Bedarf aufgrund der Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten ab. Zur Begründung führte sie aus, dass in der Regelleistung in Höhe von 359,00 EUR bereits alle beantragten Punkte prozentual berücksichtigt worden seien. Es bestünde kein Hinweis auf einem atypischen Bedarf im Sinne der Entscheidung des BVerfG vom 09.02.2010 aufgrund der höheren Ausgaben des Klägers. Den hiergegen mit Schreiben vom 11.08.2010 eingelegten Widerspruch wies die vormalige Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2010 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass in der Regelleistung prozentuale Aufwendungen für die Teilnahme am kulturellen Leben sowie für Telefon- und Telefaxkosten enthalten seien. Die höheren geltend gemachten Aufwendungen würden keinen zusätzlichen atypischen Bedarf darstellen. Unter Berücksichtigung des Urteils vom 09.02.2010 des BVerfG sei ein solcher zusätzlicher atypischer Bedarf nicht feststellbar.
Am 29.09.2010 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Geltendmachung eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung (vgl. Ziff. 3d) sowie eines Mehrbedarfs für die Selbstvertretung in juristischen Angelegenheiten (vgl. Ziff. 3f).
Mit Bescheid vom 29.09.2010 bewilligte die vormalige Beklagte dem Kläger daraufhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 01.11.2010 bis 30.04.2011 in Höhe von monatlich 359,00 EUR. Der mit Schreiben vom 26.10.2010 gegen die Bewilligungsentscheidung eingelegte Widerspruch des Klägers, der wiederum damit begründet wurde, dass die Regelleistung nach der Entscheidung des BVerfG verfassungswidrig sei und die Anträge auf Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung und auf einen besonderen laufenden atypischen Bedarf seitens der vormaligen Beklagten ignoriert worden seien, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 als unbegründet zurückgewiesen. Die Begründung entspricht im Wesentlichen der Begründung im Widerspruchsbescheid vom 28.05.2010. Ergänzend wurde angeführt, dass die Voraussetzungen des § 21 Abs. 6 SGB II nicht vorlägen. Die Selbstvertretung in rechtlichen Angelegenheiten stelle keinen unabweisbaren laufenden besonderen Bedarf dar, der die Gewährung eines Mehrbedarfs rechtfertige, da bei erfolgreich eingelegten Widersprüchen und Klagen die notwendigen Kosten durch den Unterlegenen erstattet würden. Mit Änderungsbescheid vom 25.03.2011 wurden dem Kläger für den Zeitraum 01.01.2011 bis 30.04.2011 aufgrund der rückwirkenden Erhöhung des Regelsatzes zum 01.01.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 364,00 EUR bewilligt.
Ausweislich des Vermerks vom 19.10.2010 wurde an diesem Tag eine erste Einladung an den Kläger mit Rechtsfolgenbelehrung zum 28.10.2010 um 09.00 Uhr versandt unter Hinweis auf § 59 SGB II i.V.m. § 309 SGB III i.V.m. § 309 Abs. 3 Satz 3 SGBIII. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 26.10.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung führte der Kläger aus, dass zwischen Bekanntgabe der Ladung und dem Termin nur drei Werktage gelegen hätten. Dermaßen kurzfristige Ladungen seien verfassungswidrig. Dem Kläger sei am Monatsanfang die Datenfestplatte abgestürzt und danach noch Windows. Mit dem Reinstallieren und Recovern der Daten sei er noch nicht fertig. Außerdem habe er am 04.11.2010 einen wichtigen Verhandlungstermin beim Sozialgericht. Ferner bitte er, ihm einen neuen - rechtzeitig bekannt gegebenen - Termin für nachmittags zu geben, da er bis spät in die Nacht am Computer arbeite und deshalb bis ca. 13.00 Uhr schlafe. Der Kläger erschien nicht zum geladenen Termin am 28.10.2010. Allerdings hatte das Meldeversäumnis vom 28.10.2010 keine Sanktionen zur Folge.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.2010 wies die vormalige Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück unter Hinweis auf § 59 SGB II i.V.m. § 309 SGB III. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger als Leistungsbezieher verpflichtet sei, sich zu einer von der vormaligen Beklagten vorgegebenen Zeit zu melden. Da der Kläger, abgesehen von der Durchführung zahlreicher Klage- und Widerspruchsverfahren sowie einstweiliger Rechtsschutzanträgen, seit mehreren Jahren keinen persönlichen Kontakt mit der Agentur für Arbeit gehabt habe, habe auch ein Grund für die Einladung bestanden, um zu besprechen, welche Maßnahmen notwendig seien, um ihn auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einzugliedern. Es sei keinerlei Grund ersichtlich, warum der Kläger einen solchen Meldetermin, der als Unterstützung angeboten werde, ablehne. Seine Forderung, er müsse mindestens zwei Wochen im Voraus von dem Meldetermin erfahren, sei völlig unrealistisch. Der Kläger habe nach eigenen Darlegungen samstags Kenntnis von der Einladung zu dem Termin am folgenden Donnerstag gehabt. Als seit Jahren arbeitsloser und finanziell hilfebedürftiger Mensch sei es ihm ohne Weiteres zuzumuten, zu jeder Zeit zu reagieren. Auch seine Aktivitäten auf selbstständigem Gebiet lasse keine andere Entscheidung zu, denn diese würden seit Jahren nicht dazu führen, dass die Hilfebedürftigkeit entfalle. Da der Kläger somit sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft Gelder der Steuerzahler begehrt habe und begehre, müsse er die damit verbundenen Pflichten auch hinnehmen und einhalten. Auch die Forderung des Klägers, nur nachmittags zu Terminen eingeladen werden zu wollen, da er bis mittags um 13.00 Uhr schlafe, sei völlig abwegig und könne nicht rechtfertigen, dass Einladungen nur nachmittags erfolgen. Der Kläger habe sich nach den Zeiten zu richten, die seitens der vormaligen Beklagten angesetzt würden. Termine um 09.00 Uhr seien zumutbar.
Am 02.12.2010 hat der Kläger gegen die beiden Widerspruchsbescheide vom 28.10.2010 und 02.11.2010 beim SG Klage erhoben (Az.: S 4 AS 4302/10). In Bezug auf den beantragten Mehrbedarf für Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten machte der Kläger im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens geltend, dass die Verneinung eines laufenden zusätzlichen atypischen Bedarfs eine Pauschalbehauptung sei und Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletze. In Bezug auf die Ladungsfrist führte der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren aus, dass die vormalige Beklagte kein Rechtsschutzbedürfnis dargetan habe, welchen Nachteil sie davon hätte, einen Nachmittagstermin anzuberaumen und diesen mindestens zwei Wochen vorher bekannt zu geben, damit dieser Termin sich in die Terminplanung des Klägers einbinden lasse.
Die Beteiligten führten u.a. im Bezug auf die Problematik des Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung sowie der Länge von Ladungsfristen zu Meldeterminen einen Rechtsstreit vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg, der mit Urteil vom 07.12.2010 endete (Az.: L 13 AS 3595/07). In diesem Urteil, in dem zahlreiche Rechtsstreitigkeiten zwischen den Beteiligten behandelt wurden, wurde die Notwendigkeit eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung beim Kläger nicht gesehen. Ferner sei die vormalige Beklagte berechtigt gewesen, den Kläger auch unter Setzung kurzfristiger Termine zur Vorsprache einzubestellen. Bezüglich der weiteren Einzelheiten der Entscheidung wird vollinhaltlich auf das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 07.12.2010 mit dem Aktenzeichen L 13 AS 3595/07 verwiesen.
Mit Beschluss vom 25.03.2011 wurden die beiden erstinstanzlichen Verfahren S 4 AS 2044/10 und S 4 AS 4302/10 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.11.2011, dem Kläger zugestellt am 23.11.2011 und der vormaligen Beklagten zugestellt am 25.11.2011, hat das SG die Klagen als unbegründet abgewiesen unter Hinweis auf § 20 Abs.2 Satz 1 SGB II und der Entscheidung des BVerfG vom 09.02.2010. Demnach habe eine neue Regelung der Regelleistung nach der Vorgabe des BVerfG bis 31.12.2010 zu erfolgen. Es bestehe keine Pflicht zu einer rückwirkenden Neuregelung. Indem der Gesetzgeber eine Neuregelung mit Wirkung zum 01.01.2011 getroffen habe, sei er damit den Auflagen des BVerfG nachgekommen. Die Regelsatzfestsetzung der vormaligen Beklagten entspreche deshalb der Rechtslage. Ein Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II läge beim Kläger ebenfalls nicht vor. Nach der Gesetzesbegründung sollten zur Konkretisierung der Angemessenheit des Mehrbedarfs die hierzu vom deutschen Verein für die Gewährung von Krankenkostenzulagen in der Sozialhilfe entwickelten Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden. Beim Kläger liege nach dem vorgelegten Attest von Dr. G. vom 02.09.2010 eine Fettstoffwechselstörung vor, die nicht behandelt (Diät oder Medikamente) zu den Hauptrisikofaktoren für kardiovaskuläre Ereignisse zähle. Ob und in welchem Umfang der Kläger deshalb auf eine kostenaufwendige Ernährung angewiesen sei, könne dem Attest nicht entnommen werden. Insoweit lägen keine neuen Gesichtspunkte vor, die nicht bereits Grundlage des Urteils des LSG Baden-Württemberg vom 07.12.2010 (Az.: L 13 AS 3595/07) gewesen wären. Insoweit werde auf die Gründe dieses Urteils verwiesen. Dem Kläger stünde weiterhin kein Anspruch auf atypischen Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu. Einen unabweisbaren Bedarf vermöge das Gericht nicht zu erkennen, denn der Kläger hätte bei der Führung von Rechtsstreiten grundsätzlich die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Bei der bei ihm vorliegenden Bedürftigkeit hätte der Kläger einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe, wenn der Rechtsstreit Aussicht auf Erfolg hätte. Im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe entstünden dem Kläger die geltend gemachten Kosten nicht, werde die Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt, liege kein unabweisbarer Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II vor. Einen besonderen laufenden Bedarf für Stressausgleich vermöge das Gericht ebenfalls nicht zu erkennen. Zuletzt sei die Einladung des Klägers am 19.10.2010 zum Meldetermin am 28.10.2010 rechtlich nicht zu beanstanden. Die vormalige Beklagte sei grundsätzlich berechtigt, den Kläger auch unter Setzung kurzfristiger Termine zur Vorsprache einzubestellen. Auch insoweit werde auf die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 07.12.2010 verwiesen. Einen Anspruch auf einen Meldetermin erst ab 13.00 Uhr habe der Kläger grundsätzlich nicht, denn es stehe im Ermessen der vormaligen Beklagten, welchen Termin sie festlege.
Hiergegen richtet sich die am 23.12.2011 eingelegte Berufung des Klägers. Im Rahmen der Berufung macht er diverse Verfahrensfehler geltend. So habe das SG eine beantragte Verbindung der Verfahren S 4 AS 4302/10 mit dem ebenfalls beim SG Mannheim anhängigen Verfahren S 10 AS 123/08 verweigert. Ferner liege eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes vor. Das Sozialgericht hätte die rechtliche Begründung des Klägers im Verfahren S 10 AS 123/09 bzw. S 10 AS 548/11 mitberücksichtigen müssen. Im Bezug auf die Ernährungsmehrkosten beantragt der Kläger die Anordnung eines Gutachtens durch Ernährungswissenschaftlerin Dr. S. hinsichtlich der Höhe des benötigten Mehrbedarfs, da der behandelnde Hausarzt Dr. G. mangels Fachkenntnissen die Ernährungsmehrkosten nicht beziffern könne. Im Bezug auf den Mehrbedarf für die Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten begründet der Kläger seine Berufung damit, dass Kosten im PKH-Verfahren auch nicht geringer wären, weil der Kläger dort die Erfolgsaussicht darlegen müsse, was kein wesentlich geringerer Aufwand wäre, als im Rechtsmittelverfahren. Die Fahrtkosten für Anwaltssuche und für Rechtsanwaltskonsultierungen und Prozessstoffbeibringung und Faxe an Rechtsanwälte würden die Ersparnis an Faxkosten an das Gericht wahrscheinlich weit übersteigen. Im Bezug auf die Ladungsfrist zu Meldeterminen macht der Kläger geltend, dass es nicht mit Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 GG vereinbar sei, einen Selbstständigen per Gesetz zu einem Arbeitslosen zu machen, da er jederzeit zu erscheinen habe, wenn die Behörde dies veranlasse. Es sei von der vormaligen Beklagten weder ein Grund für die Erforderlichkeit der Kurzfristigkeit noch ein Grund für die Erforderlichkeit des Termins zur Schlafenszeit des Klägers angegeben worden. Ferner müsse der Kläger seine Tätigkeiten in den folgenden zwei Wochen sorgfältig im Voraus planen, damit er alles ausschlussfristgemäß bzw. verhandlungsterminsgerecht schaffen könne. Es sei von der Behörde menschenverachtend, ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes, den ihr bekannten Arbeits- und Schlafrhythmus des Klägers zu ignorieren.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18.11.2011 abzuändern und
1. unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 19.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.05.2010 und des Bescheids des Beklagten vom 29.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 28.10.2010, den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für den Bewilligungszeitraum Mai 2010 bis April 2011 höhere Leistungen zu bewilligen,
2. unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 06.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 04.11.2010, den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger einen unabweisbaren laufenden besonderen Bedarf für die Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten in Höhe von monatlich 45,- EUR zu bewilligen,
3. festzustellen, dass die Einladung des Beklagten vom 19.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 02.11.2010 rechtswidrig war und der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger nur mit einer Vorlauffrist von mindestens 2 Wochen und nur nachmittags vorzuladen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zum 01.01.2012 erfolgte ein Beklagtenwechsel von der vormaligen Beklagten, der Agentur für Arbeit H. zum jetzigen Beklagten, dem Jobcenter.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, da Berufungsausschließungsgründe nicht eingreifen (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz).
Die Berufung ist aber unbegründet.
1.) Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr. 1 SGG beteiligtenfähig (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 4 AS 99/10 R - Juris). Nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der zuvor beklagten Agentur für Arbeit getreten. Dieser kraft Gesetzes eingetretene Beteiligtenwechsel war durch eine Berichtigung des Passivrubrums zu berücksichtigen.
2.) Die unterlassene Verbindung des Verfahrens S 4 AS 4302/10 mit dem ebenfalls beim SG Mannheim anhängigen Verfahren S 10 AS 123/08 stellt keinen Verfahrensmangel dar, auf dem die Sachentscheidung beruhen kann (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10.Auflage 2012, § 113 Rn. 3).
3.) Streitgegenstand ist insbesondere das Begehren des Klägers auf höhere Leistungen für die Zeiträume Mai 2010 bis April 2011. Für den Zeitraum Mai 2010 bis Oktober 2010 hat der Beklagte für den Kläger mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 19.04.2010 nur vorläufige Leistungen bewilligt und dies mit der unklaren Einkommenssituation aufgrund der selbständigen Tätigkeit des Klägers begründet. Mit Bescheid vom 29.09.2010 hat der Beklagte demgegenüber für den Zeitraum November 2010 bis April 2011 ohen Vorbehalt und damit endgültig entschieden. In beiden Bescheiden wurde kein Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers angerechnet.
Das auf (höhere) Leistungen gerichtete Begehren des Klägers ist als Anfechtungs- und Leistungsklage in Bezug auf beide Bewilligungsbescheide zulässig. In Bezug auf die vorläufige Bewilligungsentscheidung vom 19.04.2010 hat der Beklagte eine endgültige Leistungsgewährung bisher nach Aktenlage nicht getroffen und die geltend gemachten höheren Leistungen stehen nicht im Zusammenhang mit der vom Kläger ausgeübten selbständigen Tätigkeit. Die Entscheidung der vorläufigen Bewilligung einer Leistung ist nach § 40 Abs. 1 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 SGB III eine Ermessensentscheidung, wobei der Verwaltungsträger einen Entscheidungsfreiraum im Sinne von Entschließungs- und Auswahlermessen hat. Die grundsätzlich richtige Klageart im Falle nicht gebundener Entscheidungen ist damit zwar die Verpflichtungsklage. Geht der Kläger jedoch davon aus, dass die Voraussetzungen für eine vorläufige Entscheidung nicht vorliegen oder das Ermessen der Behörde sowohl im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der vorläufigen Entscheidung selbst, als auch der Höhe der zu bewilligenden Leistungen auf Null reduziert sei, ist die Beantragung der Leistung selbst und hilfsweise die Verpflichtung zum Erlass eines neuen Bescheides unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zulässig. Die Verpflichtungsklage ist dann ggf. als ein Minus (Hilfsantrag) in der Leistungsklage enthalten (vgl. insgesamt BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 139/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 38 m.w.N.).
Die auf höhere Leistungen gerichtete Klage ist aber, wie das SG zutreffend entschieden hat, nicht begründet.
a.) Es ist nicht zu beanstanden, dass die vormalige Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 19.04.2010 Leistungen als vorläufige und nicht in Gestalt endgültiger Leistungen erbracht hat. Gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 Abs. 1 SGB III kann der Leistungsträger über die Erbringung von Geldleistungen vorläufig entscheiden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs eines Hilfebedürftigen auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und der Hilfebedürftige die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat. Dieses Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger hat mit dem Fortzahlungsantrag angegeben, weiterhin eine selbständige Tätigkeit auszuüben. Zwar waren nach seiner Prognose - wie in der Vergangenheit - auch in diesem Bewilligungsabschnitt keine positiven Einkünfte zu erwarten. Aber zum Entscheidungszeitpunkt stand nicht eindeutig fest, ob und ggf. in welcher Höhe Einkommen bei der Berechnung der Leistungen zu berücksichtigen sein werde, was nach § 9 SGB II nicht nur Einfluss auf die Höhe des dem Kläger endgültig zustehenden Leistungen, sondern auch auf die Frage des Bestehens eines Leistungsanspruchs überhaupt haben kann. Damit entspricht die Ausfüllung des Ermessensfreiraums durch Bewilligung vorläufiger Leistungen pflichtgemäßer Ermessensbetätigung (vgl. insgesamt BSG, Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 m.w.N.).
b.) Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der Leistungshöhe. Die von der vormaligen Beklagten festgesetzte Höhe der Leistungen ist nicht zu beanstanden. Streitig ist insoweit die Höhe des Leistungsanspruchs insgesamt, der Kläger hat sein Begehren lediglich zeitlich beschränkt. Damit ist ein Anspruch sowohl hinsichtlich der Regelleistung als auch etwaiger Mehrbedarfe insgesamt streitig.
Der Kläger ist im streitgegenständlichen Zeitraum Mai 2010 bis April 2011 grundsätzlich leistungsberechtigt nach dem SGB II. Er erfüllt die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II für erwerbsfähige Hilfebedürftige. Der Kläger hat aber im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf höhere Leistungen.
Die vormalige Beklagte hat den Anspruch des Klägers zutreffend mit 359,- Euro berechnet. Hierbei hat sie zutreffend den Bedarf aus der für den Kläger maßgebenden Regelleistung von 359,- Euro zugrunde gelegt. Für den Zeitraum Januar 2011 bis April 2011 wurden dem Kläger aufgrund der Regelsatzerhöhung eine Regelleistung von 364,- EUR bewilligt.
(1) Die Höhe der Regelleistung der Kläger bestimmt sich nach § 20 Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 3 SGB II in der bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung (a.F.) in Verbindung mit der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Juli 2009. Sie beläuft sich auf 359,- Euro und ab 01.01.2011 364,- EUR. Die vormalige Beklagte hat zutreffend diese Beträge ihrer Berechnung zugrunde gelegt. Zwar hat das BVerfG entschieden (Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175), dass die Regelung des § 20 Abs. 1 SGB II a.F. und die mittelbar angegriffenen Regelungen des § 20 Abs. 2 und 3 SGB II a.F. mit dem Grundgesetz unvereinbar sind. In der Entscheidung des BVerfG wird jedoch ausdrücklich klargestellt, dass die genannten Vorschriften bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber (welche zum 01.01.2011 erfolgte) weiterhin anwendbar sind.
(2) Beim Kläger ist kein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu berücksichtigen. Auch insoweit ist die Berechnung der vormaligen Beklagten zutreffend.
Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Zwar leidet der Kläger an einer Fettstoffwechselstörung. Allerdings bedingt diese Erkrankung im Fall des Klägers keinen krankheitsbedingten Mehrbedarf für die Ernährung.
Nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ist grundsätzlich bei einer Fettstoffwechselstörung eine Ernährungsform, die einen finanziellen Mehraufwand bedeutet, nicht erforderlich. Bei einer Fettstoffwechselstörung (auch Dyslipidämie) sind der Cholesterin- und/oder der Triglyceridspiegel erhöht. Um eine Fettstoffwechselstörung zu bekämpfen, muss man den Cholesterinwert im Blut senken. Dies geschieht in erster Linie durch eine Umstellung der Lebensweise mit einer Änderung der Ernährung und vermehrter körperlicher Bewegung. Führt eine Umstellung der Lebensweise nicht zu einer ausreichenden Abnahme der Cholesterinwerte im Blut, müssen Medikamente verwendet werden.
Aufgrund der Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge, Stand 1. Oktober 2008, ist ein ernährungsbedingter Mehrbedarf bei Diabetes mellitus gleich welchen Typs ebenso wie bei Hyperlipidämie, Hyperurikämie, Gicht und Hypertonie nicht anzunehmen; der noch in den Empfehlungen des Vereins (Stand 1997) angenommene Standpunkt wurde darin revidiert. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der auf der Grundlage der EVS 2003 bemessene Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost deckt. Auch wenn die Empfehlungen 2008 nicht als antizipiertes Sachverständigengutachten angesehen werden können, können sie jedenfalls als Orientierungshilfe dienen (vgl. BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 100/10 R - Juris). Weitere Ermittlungen sind im Einzelfall erforderlich, wenn Besonderheiten, insbesondere von den Empfehlungen abweichende Bedarfe, substantiiert geltend gemacht werden (vgl. BSG, Urteile vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 64/06 R; vom 25.04.2008 - B 14/11b AS 3/07 R -; vom 10.05.2011 - B 4 AS 100/10 R -jeweils Juris). Die Empfehlungen gelten dann nicht, wenn im Einzelfall anzustellende Ermittlungen Hinweise auf einen von den Empfehlungen abweichenden Mehrbedarf ergeben (beispielsweise BSG, Urteil vom 27.02.2008 a.a.O.). Dem Vorbringen des Klägers lassen sich keine Anhaltspunkte entnehmen, dass im vorliegenden Einzelfall tatsächlich infolge der Erkrankung des Klägers Aufwendungen zur Ernährung erforderlich sind, die von dem in der Regelleistung enthaltenen Ernährungsanteil nicht gedeckt werden könnten. Gleiches gilt für die vom Kläger bei der vormaligen Beklagten in Bezug genommene ärztlichen Stellungnahmen, auf die der Kläger in seinen Fortzahlungsanträgen Bezug genommen hat. So bestätigt der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. G. unter dem 28.05.2010 für den Kläger, dass dieser in Anbetracht der bestehenden Erkrankung an einer kombinierten Fettstoffwechselstörung eine fettarme und proteinreiche Ernährung einhalten müsse. Damit bescheinigt Dr. G. gerade keine von der Vollkost abweichende Kostform. Vollkost wird definiert als eine Kost, die den Bedarf an essenziellen Nährstoffen (Kohlenhydrate, Lipide, Proteine, Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe; vgl. Bayrisches LSG, Urteil vom 05.12.2012 - L 16 AS 483/12) deckt (1.), in ihrem Energiegehalt den Energiebedarf berücksichtigt (2.), Erkenntnisse der Ernährungsmedizin zur Prävention und auch zur Therapie berücksichtigt (3.) und in ihrer Zusammensetzung den üblichen Ernährungsgewohnheiten angepasst ist, soweit Punkt 1. - 3. nicht tangiert werden (4.).
Die Empfehlungen von Dr. G. einer fettarmen und proteinreichen Ernährung können im Rahmen der Vollkost umgesetzt werden. Der Kostenaufwand für eine Ernährung mit Vollkost wird nach einer in die Empfehlungen des Deutschen Vereins eingegangenen wissenschaftlichen Ausarbeitung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (Lebensmittelkosten für eine vollwertige Ernährung, April 2008) durch den bei der Bemessung des Regelsatzes für Ernährung eingeflossenen Betrag gedeckt (http://www.dge.de/pdf/ws/Lebensmittelkosten-vollwertige-Ernährung.pdf). Es muss daher nunmehr als wissenschaftlich gesichert gelten, dass Vollkost nicht teurer als "normale ungesunde" Kost ist, oder doch jedenfalls aus dem für Ernährung vorgesehenen Anteil des Regelsatzes finanziert werden kann (vgl. Senatsurteil vom 23.10.2009 - L 12 AS 4179/08 - m.w.N., BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 100/10 R - Juris). Einer weiteren Sachaufklärung bedurfte es daher nicht, so dass sich der Senat nicht veranlasst sah, das beantragte Ernährungswissenschaftliche Gutachten von Amts wegen einzuholen.
(3) Dem Kläger steht ferner kein Mehrbedarf für die Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten zu. Allein maßgebend ist die mit Wirkung zum 03.06.2010 vom Gesetzgeber aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 09.02.2010 zur Thematik des Härtefalls ergangene Vorschrift des § 21 Abs. 6 SGB II. Mit der Bezugnahme auf einen besonderen Bedarf in § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II will der Gesetzgeber – wie sich den Gesetzesmaterialien entnehmen lässt – einen in Sondersituationen auftretenden Bedarf nicht erfasster Art oder atypischen Ursprungs oder einen höheren, überdurchschnittlichen Bedarf einbeziehen, der nicht von der statistischen Durchschnittsbetrachtung umfasst wird. Hintergrund der besonderen Bedarfe sind atypische Lebenssituationen. Diese beiden Fallgestaltungen sind bereits der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu entnehmen. Mit dem Bezug auf einen "Bedarf im Einzelfall" wird ein atypischer Bedarf erfasst, der nur bei einer mehr oder weniger kleinen Gruppe von Leistungsberechtigten auftritt. Die vom Kläger angeführte Selbstvertretung in rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten stellt keine atypische Bedarfslage, sondern vielmehr den Normalfall dar. Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen (Kosten für Telefax und Telefon mit den Gerichten; Kosten für Papier, Toner, Kuverts, Briefmarken; Kosten für Rechtsprechung-/Internetrecherchen, Gesetzes- sowie Rechtssprechungsdownloads im unweiten Internetcafe; Fahrtkosten in die Universitätsbibliothek für Kopien aus Rechtsprechungskommentierungen und Entscheidungssammlungen und Kosten für diese Kopien; gelegentlich Beratungshilfeeigenanteil in Höhe von 10,00 EUR; Fahrtkosten zum Amtsgericht oder zu Rechtsanwälten; Kosten für Ersatzteile für Reparaturen) sind daher über die Regelleistung abzudecken. In der Regelleistung sind für solche Aufwendungen ca. 9%, mithin 32,31 EUR monatlich, enthalten. Im Übrigen kann der "bei der Erstellung schwieriger komplexer Schriftsätze entstehende Stress durch die laufende konzentrierte geistige Anstrengung" mit dem in der Regelleistung für die Teilnahme am kulturellen Leben vorgesehenen Betrag in Höhe von 39,49 EUR monatlich abgebaut werden. Der Kläger hat nicht ansatzweise substantiiert dargelegt, dass er mit diesen Beträgen nicht auskommt bzw. dass ein etwaiger Mehrbedarf erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Auch in Bezug auf die Unabweisbarkeit des behaupteten Mehrbedarfs schweigt sich der Kläger aus. Im Übrigen kann der Kläger auf die Institute der Beratungshilfe und der Prozesskostenhilfe verwiesen werden. Insoweit wird auf die als zutreffend erachteten Ausführungen im Gerichtsbescheid vom 18.11.2011 verwiesen.
4.) Mit der Einladung zum Termin am 28.10.2010 hat die vormalige Beklagte nicht rechtswidrig gehandelt.
Unabhängig von der Frage, ob die Einbestellung zu einer Vorsprache nach § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III schon per se Verwaltungsakt ist, vorliegend erst durch die Erteilung eines Widerspruchsbescheids zu einem Verwaltungsakt wurde oder - mangels Setzung einer Regelung des Einzelfalls im Sinne des § 31 SGB 1 - überhaupt keine Verwaltungsaktsqualität aufweist, ist die Berufung unbegründet. Zunächst muss dabei festgehalten werden, dass sich die Pflicht bzw. Obliegenheit des Klägers zu dem in der Einbestellung genannten Termin zu erscheinen, mit fruchtlosem Verstreichen des Termins erledigt hat. Insoweit kann ein den Terminstag überdauernder Regelungsgehalt auch nicht nachträglich durch die Erteilung eines Widerspruchsbescheides der vormaligen Beklagten begründet werden. Insoweit beschränkt sich dieser Widerspruchsbescheid auf die feststellende Aussage, dass die Einladung zu dem festgesetzten Termin rechtmäßig war. Aus den von der vormaligen Beklagten bestimmten Vorsprache ergibt sich nach Aktenlage auch keine den Termin überdauernden Rechtsfolgen. Das Meldeversäumnis vom 28.10.2010 führte zu keine Sanktionen. Dies wird auch vom Kläger nicht geltend gemacht. Ein Feststellungsinteresse bzw. Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist somit nicht erkennbar. Die vormalige Beklagte war in der Sache berechtigt, den Kläger auch unter Setzung eines kurzfristigen Termins zur Vorsprache einzubestellen. Maßstab hierfür ist § 309 SGB III, auf den § 59 SGB II Bezug nimmt. Soweit § 59 SGB II die entsprechende Anwendung des § 309 SGB III anordnet, bedeutet dies nicht, dass auch auf die dort vorausgesetzte Arbeitslosigkeit Bezug genommen würde; vielmehr berechtigt § 59 SGB II den jeweiligen Träger der Grundsicherung, die ihm in seinem Zuständigkeitsbereich zugeordneten Hilfebedürftigen nach dem SGB II - unabhängig von deren tatsächlichen Erwerbsstatus - zu Vorsprachen einbestellen zu dürfen. Das Gesetz sieht in den § 59 SGB II, 309 SGB III weder die Einhaltung einer angemessenen Ladungsfrist, noch eine Mindestladungsfrist vor. Es ist auch weder willkürlich, noch menschenunwürdig, einen Empfänger staatlicher steuerfinanzierter Existenzsicherungsleistungen zu kurzfristigen Vorsprachen einzubestellen. Denn gerade die Zielsetzung des SGB II, nämlich den Hilfebedürftigen in den Arbeitsmarkt einzugliedern und von staatlichen Leistungen unabhängig zu machen, bringt es zwangsläufig mit sich, den Hilfebedürftigen kurzfristig zu den üblichen Öffnungszeiten zu Informations- und Beratungsgesprächen, Vorsprachen bzw. Veranstaltungen einbestellen zu müssen um mit ihm dessen weiteren Leistungsbezug bzw. dessen Eingliederung in das Erwerbsleben zu besprechen. Lediglich solche Termine, die nicht der Zielsetzung des SGB II dienen sind nicht zulässig. Vorliegend hat die vormalige Beklagte den Kläger zu Zwecken einbestellt, die von den im Rahmen des SGB II verfolgten Zwecken umfasst sind und damit nicht willkürlich gehandelt. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass dem Kläger, bei einem von ihm behaupteten Zugang der Einladung am Samstag, dem 23.10.2010, genügend Zeit bis Donnerstag, dem 28.10.2010, verblieben ist, sich auf diesen Termin einzustellen und sich vorzubereiten. Die Einladung erfolgte daher nach Auffassung des Senats nicht zu kurzfristig. Der Kläger vermochte auch nicht substantiiert darzulegen, warum die konkrete Einladung zu kurzfristig gewesen sein soll. Der Absturz einer Datenfestplatte am Monatsanfang kann schwerlich ein Hinderungsgrund für einen Termin am Monatsende darstellen. Ohne nähere Begründung kann auch ein Verhandlungstermin bei einem Sozialgericht eine Woche nach dem von der vormaligen Beklagten festgesetzten Termin ein Nichterscheinen nicht rechtfertigen. Die vom Kläger ausgeübte selbständige Tätigkeit, die offenbar nicht zur Einkommenserzielung geeignet erscheint, da aus dieser Tätigkeit bisher kein nennenswertes Einkommen erzielt wurde, rechtfertigt weder eine mindestens zweiwöchige Vorlauffrist noch die Anberaumung ausschließlich von Nachmittagsterminen.
Die Berufung hat insgesamt keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war für den Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens ausschlaggebend, dass die Rechtsverfolgung des Klägers ingesamt ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen berechtigten Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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