L 8 SB 1516/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 17 SB 1097/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 1516/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 07. März 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleiches "Bl" (Blindheit) hat.

Die 1948 geborene Klägerin ist portugiesische Staatsangehörige und stellte durch ihren Bevollmächtigten am 04.05.2009 erstmals einen Antrag auf Feststellung einer Behinderung und machte hierbei eine Diabetes und eine Augenerkrankung geltend. Aus den beigefügten Arztberichten des Klinikums der Universität F. a. M. vom 09.07.2007, 21.07.2008 ergibt sich, dass der Visus rechts mit 0,05 und links mit ebenfalls 0,05 angegeben wurde. Das Landratsamt B. - H. (VA) holte einen Befundschein des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. G. H. ein. In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 28.06.2009 wird die Funktionsbeeinträchtigung "hochgradige Sehbehinderung, Grüner Star (Glaukom), unregelmäßige Gesichtsausfälle mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 und die Funktionsbeeinträchtigung "Diabetes mellitus (mit Diät und oralen Antidiabetika und Insulin einstellbar) mit einem Teil-GdB von 30 bewertet. Der Gesamt-GdB wurde mit 100 beurteilt. Die Antragstellerin sei in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, in öffentlichen Verkehrsmitteln regelmäßig auf Hilfe angewiesen, hilflos und die Voraussetzungen für die Rundfunkgebührenbefreiung lägen vor. Der Nachteilsausgleich "Bl" (Blindheit) sei nicht gegeben.

Mit Bescheid vom 01.07.2009 stellte das VA den GdB bei der Klägerin für die Zeit vom 27.06.2005 bis 20.07.2008 mit 80 und für die Zeit seit 21.07.2008 mit 100 fest. Zur Inanspruchnahme entsprechender Nachteilsausgleiche seien folgende gesundheitliche Merkmale festzustellen: G, B, H, RF. Die Voraussetzungen für die Feststellung der Merkzeichen G,B, RF seien ab 27.06.2005 erfolgt, die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens H seien ab 21.07.2008 erfüllt. Die gesundheitlichen Merkmale für "Gl" (gehörlos), "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) und "Bl" (Blindheit) könnten nicht festgestellt werden, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Blind seien Personen, denen das Augenlicht vollständig fehle. Als blind seien auch Personen anzusehen, deren Sehschärfe auf keinem Auge - auch nicht bei beidäugiger Prüfung - mehr als 1/50 betrage oder wenn andere Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorlägen, dass sie dieser Beeinträchtigung der Sehschärfe gleich zu achten seien. Diese Voraussetzungen zur Feststellung des Merkzeichens Bl seien nicht erfüllt.

Gegen die Ablehnung des Nachteilsausgleiches "Bl" legte der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 28.07.2009 Widerspruch ein. Eine Widerspruchsbegründung ging trotz Erinnerung des VA nicht ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2010 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen.

Dagegen erhob die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 02.03.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) und trug zur Begründung vor, nach dem Bericht der Uniklinik vom 09.07.2007 ergebe sich in der Zusammenfassung, dass auch Gesichtsfelddefekte bei der Klägerin vorlägen bei etwas noch höherer Sehschärfe, die aber seiner Meinung nach im Bereich der Blindheit lägen, sodass von einer Gleichstellung mit einem Blinden auszugehen sei.

Das SG hörte den die Klägerin behandelnden Augenarzt Dr. S. als sachverständigen Zeugen, der am 17.01.2011 mitteilte, die Klägerin sehe mit dem rechten Auge nur noch Licht und mit dem linken Auge sei mühsam Fingerzählen möglich. Dr. S. fügte die Arztberichte des Klinikums der Universität F. a. M. vom 28.01.2005, 06.11.2006 und 21.07.2008 bei. In letzterem Bericht wurde der Visus rechts mit 0,05 und links mit ebenfalls 0,05 gemessen.

Anschließend beauftragte das SG Prof. Dr. Th. R. - Geschäftsführender Direktor der Universitäts-Augenklinik F. - von Amts wegen mit der Erstattung eines Gutachtens nach ambulanter Untersuchung der Klägerin. Prof. Dr. R. bat das SG um Zustimmung, dass das entsprechende Gutachten unter seiner Federführung, jedoch unter Mithilfe eines seiner Mitarbeiter erstellt werden dürfe. Dem stimmte das SG zu.

Prof. Dr. R. erstattete am 20.10.2011 das augenärztliche Gutachten nach ambulanter Untersuchung der Klägerin vom 12.07., 09.09. und 10.10.2011. Die Klägerin gab bei Untersuchung an, 2003/2004 sei ihr erstmals eine Visusverschlechterung beidseits aufgefallen. Prof. Dr. R. führte in seiner zusammenfassenden Beurteilung aus, bei der gutachterlichen Untersuchung am 12.07.2011 habe sich beidseits eine erhebliche Visuseinschränkung rechts auf Handbewegungen und links auf 0,02 gezeigt. Auch im Gesichtsfeld seien erhebliche Ausfälle mit Restgesichtsfeldinseln im parazentralen Bereich angegeben worden. Da der erhobene Befund nicht mit ihren klinischen Einschätzungen bezüglich des Verhaltens im Raum übereinstimmten, hätten sie zusätzlich eine elektrophysiologische Untersuchung mit Untersuchung der Netzhautfunktion und eine objektiven Visusabschätzung mittels Visus-VEP durchgeführt. Diese Untersuchung sei am 10.10.2011 erfolgt. Dabei habe sich im multifokalen Elektroretinogramm eine erhebliche Netzhautschädigung beidseits gezeigt. Diese lasse sich mit dem diabetischen Netzhautschaden erklären. Im VEP (Visuell evozierte Potentiale) hätten sich am rechten Auge keine Antworten gezeigt, was zum angegebenen Visus und Gesichtsfeld passe. Am linken Auge hätten sich Antworten reproduzieren lassen und im Visus-VEP (Visus-Schätzung mittels visuell evozierter Potenziale) habe sich der Visus auf 0,3 schätzen lassen. Da die Untersuchung einer gewissen Schwankung unterliege, werde ein Referenzbereich angegeben, innerhalb dessen der Visus mit 95% Wahrscheinlichkeit liege. Anhand der objektiven Untersuchung lasse sich sagen, dass der Visus mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% größer/gleich 0,15 sei. Das Ergebnis decke sich nicht mit den Visus- und Gesichtsfeldangaben der Patientin für das rechte Auge, jedoch mit ihrem Verhalten im Raum, das vermuten lasse, dass der Visus besser sei als angegeben. Lege man die Angaben der Patientin zugrunde, sei der GdB im Bereich der Augenheilkunde bei 100% einzuschätzen. Unter Berücksichtigung der objektiven Visus-Schätzung (Visus-VEP vom 10.10.2011) liege mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% der GdB bei 80%. Hinsichtlich der Erteilung des Merkzeichens "Bl" (Blindheit) seien unter Berücksichtigung der Angaben der Patientin die Voraussetzungen des Merkzeichens "Bl" erfüllt, unter Berücksichtigung der objektiven Visusschätzung (Visus-VEP vom 10.10.2011) seien die Voraussetzungen des Merkzeichen "Bl" nicht erfüllt.

Zum gerichtlichen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. R. nahm der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 24.11.2011 Stellung. Er könne beim besten Willen nicht erkennen, dass das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen das Klagebegehren im Ergebnis nicht stütze und er könne eine 85%-Zahl nicht finden und er könne mit diesem Satz überhaupt sowieso nichts anfangen. Der gerichtliche Sachverständige habe ausgeführt, dass der Visus mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% größer/gleich 0,15 sei. Zum einen müsse man also nun feststellen, dass mit 0,15 die Voraussetzung für den Nachteilsausgleich "Bl" und für den GdB von 100 gegeben seien und die Klägerin damit als blind anzusehen sei. Zum anderen werde nicht dargelegt, was denn an dem Verhalten im Raum, was immer das sein solle, nun so gesondert gewesen sein solle, dass man der Klägerin nicht Glauben schenke. Das Ganze sei unschlüssig und im Übrigen sei es von Seiten des Sachverständigen unsubstantiiert. Wenn man so eine Behauptung aufstelle, sozusagen im Sinne von Aggravation oder ähnlichem, dann habe das substantiiert zu werden.

Hierzu nahm der gerichtliche Sachverständige mit Schreiben vom 19.12.2011 Stellung. Er führte aus, der angegebene Visus von mindestens 0,15 im Gutachten vom 20.10.2011 stütze sich nicht auf das Verhalten der Klägerin im Raum, sondern auf das durchgeführte Visus-VEP vom 10.10.2011. Das Visus-VEP sei eine elektrophysiologische Untersuchung, die anhand von Hirnstrommessungen den Seheindruck des Auges messen könne. Dabei handele es sich um eine standardisierte Visusmessung, die nicht von Angaben des Patienten abhängig sei. Gleichzeitig liefere sie sehr zuverlässige Ergebnisse. Hierzu verweise er auf den beigefügten Aufsatz von Prof. M. B. von der Universitätsaugenklinik F. vom 22.10.2007. Bei der Klägerin sei der Visus bei der Visus-VEP-Messung mit 0,3 gemessen worden. Da eine gewisse Messungsgenauigkeit berücksichtigt werden müsse, könne mit 95%iger Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Visus größer/gleich 0,15 sei. Damit liege der Visus deutlich über der Grenze zur Blindheit, die bei 0,02 festgelegt sei.

Anschließend wandte der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 26.01.2012 u.a. ein, ihm sei unverständlich, wie der Gutachter den Seheindruck des Auges mit Hirnstrommessungen feststellen könne. Diese Begutachtungsweise halte er für einseitig gefärbt und vermute eine entsprechende Mindermeinung medizinisch hierbei.

Mit Gerichtsbescheid vom 07.03.2012 wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleiches "Bl", da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht nachgewiesen seien. Wie sich aus dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen ergebe, sei die Klägerin zunächst am 12.07.2011 untersucht worden und habe bei den Untersuchungen zur Sehschärfe und zum Gesichtsfeld Angaben gemacht, aus denen sich links ein Visus von 0,02 mit erheblichen Gesichtsfeldausfällen ergeben habe. Bei den Untersuchungen sei aber aufgefallen, dass das Verhalten der Klägerin im Raum nicht mit einer derart herabgesetzten Sehschärfe übereinstimme, weshalb eine mitarbeitsunabhängige Untersuchung veranlasst worden sei. Aus dieser habe sich dann mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% ein linksseitiger Visus von 0,15 oder mehr ergeben. Dies bedeute, dass nach Lage der Dinge nahezu alles dafür spreche, dass die Sehschärfe der Klägerin auf dem linken Auge deutlich mehr als 0,10 der normalen Sehschärfe betrage und damit nicht bei 0,02 liege, was für die Feststellung des Merkzeichens "Bl" erforderlich wäre. Auch unter Berücksichtigung der geltend gemachten Gesichtsfeldausfälle ergebe sich nichts anderes. Bei Annahme eines Visus von 0,15 (oder mehr) könne sich eine Gleichstellung mit einer Sehschärfe von unter 0,02 nur unter den unter den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) Teil A, 6.b dd genannten Voraussetzungen ergeben. In diesem Falle müsste eine Einengung des Gesichtsfeldes, auch bei normaler Sehschärfe, bestehen, bei welcher die Grenze der Gesichtsfeldinsel in keiner Richtung mehr als 5° vom Zentrum entfernt sei, wobei Gesichtsfeldreste jenseits von 50 ° unberücksichtigt blieben. Diese Voraussetzung sei auch dann nicht erfüllt, wenn die Angaben der Klägerin bei den Untersuchungen vom 12.07.2011 und 09.09.2011 zugrunde gelegt würden. Letztendlich komme es hierauf aber nicht an, denn angesichts der zweifelhaften Angaben der Klägerin zur Sehschärfe seien auch die Angaben zum Gesichtsfeld mit Zweifeln behaftet.

Gegen den - dem Bevollmächtigten der Klägerin gegen Empfangsbekenntnis am 09.03.2012 zugestellten - Gerichtsbescheid hat der Bevollmächtigte der Klägerin am Sonntag, den 10.04.2012, Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 31.01.2013 trägt er zur Begründung vor, bei der Untersuchung des sog. Visus-VEP sei in der gutachtlichen Situation manipuliert worden. Er weise darauf hin, dass man mit einer Funktionstüchtigkeitsprüfung des Sehnervens nicht feststellen könne, ob jemand sehen könne oder nicht, sondern nur die Funktionstüchtigkeit des Sehnervens prüfen könne. Er weise darauf hin, dass bei dieser Prüfung extreme Lichtstrahlen auf das Auge und den Augenhintergrund geworfen würden, um die evozierten Potenziale des Sehnerves zu prüfen. Um diese Testung mit dem gewünschten Ergebnis durchzuführen, sei der Stuhl, der vor der entsprechenden Gerätschaft gestanden habe, aus der Markierung entfernt worden und die Klägerin habe in einem Abstand von 20 cm an dieses Gerät heranrücken müssen. So etwas sei ein Unding. Die Sprechstundenhilfe oder Arzthelferin, die hierfür zuständig gewesen sei, sei sichtlich nervös gewesen und es habe für den Sohn der Klägerin der Eindruck entstanden, als wenn sie genau wüsste, dass dort etwas nicht richtig laufe. Gegen eine derartige Begutachtungspraxis opponiere er aufs Deutlichste. Vieles sei nicht mehr verständlich, denn es sei unbegreiflich, was jemand davon habe, ein Gutachten zu einem gewünschten Negativergebnis zu bringen.

Einen Antrag hat der Bevollmächtigte der Klägerin nicht gestellt.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 07.03.2012 aufzuheben sowie den Bescheid des Beklagten vom 1. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Januar 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Nachteilsausgleich "Bl" (Blindheit) seit 04.05.2009 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 08.02.2013 hat die Klägerin zur Einholung eines Gutachtens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Frist erhalten bis 08.03.2013. Ein Antrag nach § 109 SGG ist nicht gestellt worden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Akten des SG Freiburg und der Senatsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Freiburg mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 07.03.2012 die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Feststellung des Nachteilsausgleiches "Bl" (Blindheit).

Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze vollständig und zutreffend dargestellt. Es hat weiter ausführlich begründet, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen zur Feststellung des Nachteilsausgleiches "Bl" nicht nachgewiesen sind und hat sich hierzu auf das von Amts wegen eingeholte gerichtliche Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Th. R. von der Universitäts-Augenklinik F. gestützt. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner Entscheidung den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides voll an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:

Soweit der Bevollmächtigte im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, bei der Untersuchung des sog. Visus-VEP in der Universitäts-Augenklinik F. sei manipuliert worden, indem der Stuhl, der vor der entsprechenden Gerätschaft gestanden habe, aus der Markierung entfernt worden sei und die Klägerin in einem Abstand von 20 cm an dieses Gerät habe heranrücken müssen, was erfolgt sei, um bei dieser Testung das gewünschte Ergebnis zu erhalten, macht das gerichtliche Sachverständigengutachten nicht unverwertbar. Dem Senat ist bekannt, dass bei augenärztlichen Untersuchungen der zu Untersuchende nahe an das Gerät (z.B. bei Untersuchung des Augenhintergrunds mittels einer Spaltlampe) heranrücken muß, weshalb gegebenenfalls auch der Stuhl versetzt werden muß. Aus dem Vortrag der Klägerin ergeben sich für den Senat somit keine Anhaltspunkte für ein unsachgemäßes Verhalten des gerichtlichen Sachverständigen bei der Untersuchung.

Dies kann im Übrigen auch dahingestellt bleiben. Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin mit diesem Vortrag geltend machen will, der gerichtliche Sachverständige sei nicht objektiv gewesen, stellt sich dieser Vortrag eine Begründung für eine Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen dar. Dies könnte aber - selbst wenn ein dementsprechender Befangenheitsantrag mit diesem Vorbringen gestellt worden wäre - nicht mehr berücksichtigt werden, weil dieses Vorbringen verspätet vorgebracht worden ist. Der Vorwurf der Manipulation durch den gerichtlichen Sachverständigen ist vom Bevollmächtigten der Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 31.01.2013 geltend gemacht worden. Es hätte aber, um rechtzeitig zu sein, noch vor Erhalt des gerichtlichen Sachverständigengutachtens vorgebracht werden müssen.

Wird ein Sachverständiger wegen der Umstände im Rahmen der Untersuchung abgelehnt, muss der Antrag unverzüglich nach Kenntnis des Befangenheitsgrundes gestellt werden; hierzu ist grundsätzlich eine Zeit von wenigen Tagen ausreichend, da die Geltendmachung des Ablehnungsgrundes keiner sachlichen Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens bedarf (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 10.Auflage, Rdnr. 12 l zu § 118 SGG)

Da die Klägerin am 12.07., 09.09. und 10.10.2011 untersucht worden ist, hätte sie die Umstände der Untersuchung, die sie beanstandet, wenige Tage nach der Untersuchung, mithin noch vor Erhalt des gerichtlichen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Th. R., das dem Bevollmächtigten der Klägerin durch das SG mit Schreiben vom 02.11.2011 übersandt worden ist, beim SG hätte geltend machen müssen. Dies ist jedoch rechtzeitig nicht erfolgt und auch mit der ersten Stellungnahme ihres Bevollmächtigten gemäß Schriftsatz vom 24.11.2011 sind die jetzt im Berufungsverfahren geltend gemachten Vorwürfe der Manipulation bei der Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen überhaupt nicht vorgetragen worden. Aufgrund dessen kann die Klägerin mit diesem Vortrag nicht mehr gehört werden.

Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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