Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 48 R 26/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 1149/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RE 19/14 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
BSG: Revision zurückgewiesen
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 25. August 2011 geändert. Der Bescheid vom 29. Juni 2009 in der Fassung des Bescheides vom 17. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2009 in der Fassung des Bescheides vom 01. Februar 2011 werden aufgehoben, soweit Beiträge von 4.923,48 Euro für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 gefordert werden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu einem Viertel zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Beitragszahlung wegen Versicherungspflicht als selbständig tätige Pflegeperson.
Die im März 1960 geborene Klägerin ist seit dem 17. Mai 2005 in eigener Praxis als Ergotherapeutin tätig. Sie beschäftigt keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
Nachdem die Klägerin im Juni 2005 angegeben hatte, als Ergotherapeutin 40 Stunden wöchentlich mit einem Einstiegsgeld der Bundesagentur für Arbeit bisher ohne Arbeitseinkommen nur auf ärztliche Anordnung tätig zu sein und beantragt hatte, einkommensgerecht Beiträge zu zahlen, erteilte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt) den Bescheid vom 14. Juli 2005, mit dem sie verfügte, dass die Klägerin in ihrer selbständigen Tätigkeit ab 17. Mai 2005 versicherungsfrei sei, weil nur eine geringfügige selbständige Tätigkeit ausgeübt werde. Sie wies darauf hin, dass die Klägerin verpflichtet sei, die Beklagte unverzüglich zu benachrichtigen, wenn sie eine mehr als nur geringfügige selbständige Tätigkeit ausübe. Eine geringfügige selbständige Tätigkeit liege vor, wenn das Arbeitseinkommen aus der selbständigen Tätigkeit monatlich 400,00 Euro nicht übersteige.
Im Rahmen der Überprüfung ihres Versicherungsverlaufs teilte die Klägerin im Mai 2009 mit, seit 01. Juni 2005 als Ergotherapeutin mit den Aufgaben Planung, Organisation und Ausführung für Ärzte und Kinderärzte 50 bis 60 Stunden wöchentlich mit einem Arbeitseinkommen nicht über 400 Euro monatlich tätig zu sein. Sie legte eingegangen am 29. Juni 2009 den Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 11. Mai 2005, die Bescheide der Arbeitsgemeinschaft Stadt Brandenburg/Havel vom 22. Dezember 2004, 17. Juni 2005, 15. November 2005 und 06. Januar 2006 nebst Bescheid vom 05. Dezember 2006 und die Bescheide des Finanzamtes Brandenburg vom 06. November 2006, vom 21. Dezember 2007 und vom 05. Dezember 2008 vor.
Mit Bescheid vom 29. Juni 2009 verfügte die Beklagte, dass ab 01. Januar 2006 eine Änderung in der Beitragszahlung eintritt. Sie forderte Beiträge in Höhe des halben Regelbeitrages von Januar 2006 bis Dezember 2008 und einkommensgerecht ab Januar 2009 von insgesamt 10.194,72 Euro für Januar 2006 bis Juni 2009.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sehe sich angesichts der Beitragsforderung gezwungen, Insolvenz anzumelden. Es liege eine gesetzliche Regelungslücke vor. Sie stehe als selbständige Ergotherapeutin zwischen den Berufsbildern Logopädin (nicht versicherungspflichtig) und Physiotherapeutin (versicherungspflichtig). Zu ihrem Berufsbild gehörten sowohl Diagnostik als auch Therapieplanung; dennoch arbeite sie auf ärztliche Weisung/Verordnung. Sie fügte den Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 04. August 2009 bei.
Mit Bescheid vom 17. September 2009 forderte die Beklagte nunmehr Beiträge in Höhe des (niedrigeren) Regelbeitrages ab Januar 2009; die Gesamtforderung von Januar 2006 bis September 2009 setzte sie auf 11.254,71 Euro fest.
Die Klägerin trug ergänzend vor, das Berufsbild des Ergotherapeuten habe sich in den letzten Jahren massiv verändert. Diagnostik und eigenständige Therapieplanung gehörten zu ihrem Berufsalltag. Außerdem stellte sie Antrag auf Versicherungsfreiheit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit könnten ohne Nachweis der halbe Regelbeitrag gezahlt werden, danach werde der Regelbeitrag gezahlt. Für 2009 sei kein günstigeres Einkommen nachgewiesen worden.
Dagegen hat die Klägerin am 08. Januar 2010 Klage beim Sozialgericht Potsdam erhoben.
Sie ist der Ansicht gewesen, sie unterliege als selbständige Ergotherapeutin keiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und habe daher keine Beiträge zu entrichten. Weder nach dem Wortlaut des § 2 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) noch nach anderen Auslegungskriterien sei es gerechtfertigt, sie in den Kreis der versicherungspflichtigen Pflegepersonen einzubeziehen. Sie übe einen heilkundlichen Beruf und keinen von dieser Vorschrift erfassten Heilhilfsberuf aus. Das Berufsbild des Ergotherapeuten beinhalte in erster Linie die Behandlung von Menschen, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von einer Einschränkung bedroht seien. Das Ziel ergotherapeutischer Behandlung sei demnach die (Wieder-)Erlangung größtmöglicher motorischer, geistiger, psychischer und sozialer Selbständigkeit. Im Mittelpunkt stünden hierbei die alltäglichen Bedürfnisse der Patienten. Auch wenn sie praktisch ausschließlich auf ärztliche Verordnung tätig werde, stelle sie als Heilkundige Diagnosen und bestimme die Art und den Umfang der Behandlung frei von Weisungen des Arztes. Ergotherapeuten stützten sich auf eine Vielzahl von Behandlungsansätzen, Therapieverfahren und Methoden wie die sensorische Integrationstherapie, für die sie eine Weiterbildung im Umfang von zweimal jährlich eine Woche über drei Jahre absolviert habe, die Bobath-Therapie, das Affolter-Konzept oder die kognitiv-therapeutische Übungsbehandlung. Zu den Aufgaben eines Ergotherapeuten gehöre neben der Diagnostik auch das Erstellen von Behandlungsplänen. Sie selbst nehme insbesondere bei der Behandlung von Kindern auch eigene Testungen bezüglich der ärztlicherseits angegebenen Entwicklungsstörungen vor und spezifiziere diese Entwicklungsstörungen durch Tests. Die ärztliche Verordnung beziehe sich nur auf die Vorgabe der angestrebten Behandlungsziele einer Behandlung. Diese habe dann der Ergotherapeut aufgrund eigenständiger Befunderhebung nach einem von ihm selbständig und eigenverantwortlich zu erstellenden Therapieplan zu verwirklichen. Das Berufsbild des Ergotherapeuten habe sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Im Übrigen hat sich die Klägerin auf das (durch Gesetz vom 16. Juni 1998 - BGBl I 1998, 1311 - zum 01. Januar 1999 geänderte) Gesetz über den Beruf der Ergotherapeutin und des Ergotherapeuten (zuletzt geändert durch Gesetz vom 06. Dezember 2011 - BGBl I 2011, 2515) - Ergotherapeutengesetz und auf die ab 01. Juli 2000 gültige Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten (vom 02. August 1999 - BGBl I 1999, 1731; zuletzt geändert durch Gesetz vom 06. Dezember 2011 – BGBl I 2011, 2515) - Ergotherapeuten-APVO – bezogen. Die Klägerin hat zudem der Beklagten im Januar 2011 den Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 16. März 2010 (über Einkommensteuer für 2009 mit Einkünften aus selbständiger Arbeit von 24.102 Euro) vorgelegt.
Die Beklagte erteilte den Bescheid vom 01. Februar 2011, mit dem sie Beiträge in Höhe des Regelbeitrages ab Januar 2010 und einkommensgerecht ab Februar 2011 forderte; die Gesamtforderung setzte sie unter Berücksichtigung bereits gezahlter Beiträge für die Zeit bis Februar 2011 auf insgesamt 18.293,61 Euro fest.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 29. Juni 2009 in der Fassung des Bescheides vom 17. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2009 in der Fassung des Bescheides vom 01. Februar 2011 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R (abgedruckt in SozR 3-2600 § 2 Nr. 3) zum selbständigen Ergotherapeuten verwiesen. Sie hat außerdem daraufhin hingewiesen, dass der Wechsel von der Regelbeitragszahlung zur einkommensgerechten Beitragszahlung nur für die Zukunft erfolgen könne.
Mit Urteil vom 25. August 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Bescheide seien rechtmäßig. Die Klägerin unterliege als selbständige Ergotherapeutin der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI. Die (versicherungsfreien) Heilkundigen stellten die Diagnosen und bestimmten die Art und den Umfang der medizinisch erforderlichen Behandlung des kranken Menschen. Im Unterschied hierzu stellten die (versicherungspflichtigen) in der Krankenpflege tätigen Personen weder eine Diagnose noch bestimmten sie Art und Umfang der Behandlung; sie würden auf Verordnung des heilkundigen Arztes oder Heilpraktikers tätig und seien dabei von dessen Weisungen abhängig. Die Weisungsabhängigkeit schließe nicht aus, dass die Arbeiten zwar aufgrund ärztlicher Verordnung verrichtet würden, die Pflegeperson jedoch bei der Durchführung von ärztlichen Weisungen weitgehend frei sei. Der Begriff der Krankenpflege sei in Abhängigkeit von der Weisungsgebundenheit an ärztliche Verordnungen weit zu verstehen und könne als Tätigwerden zur Heilung einer Krankheit, zur Verhütung ihrer Verschlimmerung oder zur Linderung der Krankheitsbeschwerden definiert werden. Dass der ergotherapeutischen Behandlung eine Funktionsanalyse und Anamnese durch den Ergotherapeuten vorauszugehen habe, mache die Tätigkeit des Ergotherapeuten noch nicht zu einer heilkundigen. Denn die Befunderhebung basiere auf dem ärztlich vorgegebenen Krankheitsbild und der damit in Zusammenhang angezeigten ergotherapeutischen Behandlung. Die Befunderhebung sei den Ergotherapeuten aufgrund der besonderen Fachkenntnis übertragen und gehöre zum Kernbereich der von ihnen eigenverantwortlich durchzuführenden ergotherapeutischen Maßnahmen. Das Erkennen und Abgrenzen des Krankheitsbildes im Sinne einer Differenzialdiagnose sowie die Entscheidung über die Anwendung von Ergotherapie, deren Dauer und ggf. Fortsetzung oblägen jedoch den Heilkundigen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R). Weder aus dem Ergotherapeutengesetz noch aus der Ergotherapeuten-APVO folge, dass es sich bei der Ergotherapie um eine heilkundige Tätigkeit handele. Die von der Beklagten erhobenen Beiträge seien auch der Höhe nach gerechtfertigt.
Gegen das ihrer Prozessbevollmächtigten am 12. Oktober 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. November 2011, einem Montag, eingelegte Berufung der Klägerin.
Sie meint, der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts fehle eine umfängliche Sachaufklärung bzw. Gesamtbetrachtung. Die Entscheidung beruhe lediglich auf einer älteren Entscheidung des BSG. Das Sozialgericht hätte sich zu weiteren Ermittlungen bzw. Betrachtungen, insbesondere zum Wandel des Berufsbildes des Ergotherapeuten sowie zu den besonderen fachlichen Qualifikationen der Klägerin gedrängt fühlen müssen. Die Bezeichnung Pflegeperson stehe bereits dem eindeutigen Ziel der Ergotherapie entgegen. Die Ergotherapie diene zur Herstellung und Wiederherstellung von psychosozialen, emotionalen, kognitiven und motorisch-funktionellen Fähigkeiten der Menschen jeglichen Alters. Die Tätigkeit der Ergotherapeuten sei somit nicht der Personenpflege zuzuordnen, sondern gehöre wie die der Logopäden zur Heilkunde. Das Berufsbild des Ergotherapeuten habe sich in den letzten Jahren erheblich gewandelt. So könne dem festgelegten Ausbildungsziel entnommen werden, dass Ergotherapeuten, auch wenn sie nach ärztlicher Verordnung tätig würden, wie Heilkundige Diagnosen stellten, die Art und den Umfang der Behandlung bestimmten und von Weisungen des Arztes frei seien. Ergotherapeuten berieten, behandelten und förderten Patienten jeden Alters, die durch eine physische oder psychische Erkrankung, durch eine Behinderung oder durch eine Entwicklungsverzögerung in ihrer Selbständigkeit und Handlungsfähigkeit beeinträchtigt bzw. von Einschränkungen bedroht seien. Die Ergotherapie habe zum Ziel, Menschen dabei zu helfen, eine durch Krankheit, Verletzung oder Behinderung verlorengegangene bzw. noch nicht vorhandene Handlungsfähigkeit im Alltagsleben wieder zu erreichen. Das Hauptarbeitsgebiet der Klägerin sei die Pädiatrie. Die Klägerin ermittle neben der Anamnese mit jedem Patienten per Screening motorische und sensorische Fähigkeiten/Defizite, die ggf. durch entsprechende Tests spezifiziert würden. Diese Ergebnisse seien Grundlage der darauf durch die Klägerin erfolgende Therapieplanung. Zu den Aufgaben eines Ergotherapeuten gehöre dabei auch die Diagnostik. Es finde nur eine allgemeine (grobe) Diagnose durch den Arzt statt, die einer spezifischen Diagnostik (durch zeitaufwendige Tests) durch den Ergotherapeuten bedürfe, um den Patienten erfolgreich therapieren zu können. Diese eigenständige Befunderhebung bzw. Diagnostik durch den Ergotherapeuten werde in der Entscheidung des Sozialgerichts nicht ausreichend betrachtet. Nach der Befunderhebung werde selbständig und eigenverantwortlich ein Therapieplan erarbeitet und in der Folgezeit umgesetzt bzw. durchgeführt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei die Diagnostik Bestandteil der schriftlichen Prüfung und habe somit erhebliche Bedeutung in der Ausbildung zum Ergotherapeuten und folglich für das Berufsbild. Die vergleichbare Dauer, der Gang der Ausbildung und das Tätigwerden hauptsächlich auf ärztliche Verordnung hin verlangten eine Gleichbehandlung mit den selbständigen Logopäden, die nach der Verwaltungspraxis der Beklagten als nicht versicherungspflichtig angesehen würden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 25. August 2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 29. Juni 2009 in der Fassung des Bescheides vom 17. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2009 in der Fassung des Bescheides vom 01. Februar 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass sie seit dem 01. April 2012 auch Logopäden als versicherungspflichtig ansehe. Ihre neue Rechtsauffassung stütze sich insbesondere auf die Ausführungen, die das BSG im Urteil vom 11. November 2003 – B 12 RA 2/03 R und im Beschluss vom 12. Januar 2007 – B 12 R 14/06 B zu der Frage gemacht habe, ob so genannte Heilmittelerbringer selbst Heilkunde ausübten. Im genannten Urteil habe sich das BSG ausführlich mit dem Subordinationsverhältnis zwischen Heilkundigen und Heilmittelerbringern unter Bezugnahme auf die maßgeblichen Rechtsvorschriften, insbesondere § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und Abs. 6, § 125 Abs. 1 SGB V, auseinandergesetzt. In dem in der Heilmittel-Richtlinie beschriebenen Kooperationsverhältnis zwischen Arzt und Heilmittelerbringer messe das BSG dem Arzt die übergeordnete Bedeutung zu, weil die ärztliche Verordnung den gesamten Behandlungszyklus bestimme. Der Therapeut dürfe bei der Durchführung der Heilmittelbehandlung nicht von der Verordnung des Arztes abweichen. Der Arzt bleibe somit "Herr des gesamten Heilverfahrens". Zwar lasse das Subordinationsverhältnis für die Heilmittelerbringung durchaus Spielraum für eigene Gestaltungsmöglichkeiten (wie das Recht zur Erstellung eines individuellen Behandlungsplanes) zu. Dies ändere aber nichts an der grundsätzlichen Abhängigkeit der Heilmittelerbringer von der Verordnung des Arztes. Entscheidendes Argument für die Rentenversicherungspflicht selbständiger Logopäden und Ergotherapeuten sei, dass es sich bei beiden Therapierichtungen zweifelsfrei um Heilmittelerbringer handele, die auf ärztliche Anordnung bzw. Verordnung tätig würden, womit im Grundsatz zwangsläufig die Abhängigkeit von einem Heilkundigen (Arzt) verbunden sei. Sie könnten zwar den Inhalt ihrer Therapie selbst bestimmen und die Auswahl der Therapiemittel in eigener Verantwortung vornehmen. Dennoch müsse der Behandlungsplan auf der ärztlichen Diagnose und dem gegebenen Behandlungsziel aufgebaut werden. Ihnen obliege also ein Teil der Durchführung einer vom Heilkundigen gelenkten Gesamtbehandlung von kranken Menschen. Wegen des Eintrittes von Versicherungs- und Beitragspflicht sei vom Urteil des BSG vom 27. Juni 2011 – B 12 R 15/09 R auszugehen. Die danach vorzunehmende Prognoseentscheidung habe nicht der Träger der Rentenversicherung, sondern der Versicherte selbst zu treffen. Aufgabe des Trägers der Rentenversicherung sei es lediglich, diese Prognose auf ihre Plausibilität zu prüfen und einen Verwaltungsakt zu erlassen. Diese Pflichtenverteilung ergebe sich unmittelbar aus § 196 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI. Wenn der Versicherte der Pflicht, unverzüglich eine den veränderten aktuellen Verhältnissen entsprechende neue Prognose zu erstellen und mitzuteilen, nicht nachkomme, sei die alte, nicht mehr zutreffende Prognose rückwirkend durch eine richtige Prognose zu ersetzen. Entscheidend sei somit, zu welchem Zeitpunkt der Versicherte in der Lage sei zu erkennen, dass die bisherige Prognose nicht mehr zutreffe. Der Einkommensteuerbescheid sei lediglich als Indiz bzw. zur Untermauerung der Prognose heranzuziehen.
Der Senat hat einen Auszug aus berufe-net zum Ergotherapeuten beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Der Bescheid vom 29. Juni 2009 in der Fassung des Bescheides vom 17. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2009 ist ebenso wie der Bescheid vom 01. Februar 2011, der nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens geworden ist, teilweise rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin schuldet der Beklagten keine Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 4.923,48 Euro für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007, denn sie ist erst ab dem 01. Januar 2008 nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI versicherungspflichtig. Im Übrigen sind die Bescheide rechtmäßig.
Nach dieser Vorschrift gilt: Versicherungspflichtig sind selbständig tätige Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderkrankenpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.
Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die Klägerin ist selbständig tätig, denn nach ihren Angaben gestaltet sie im Wesentlichen ihre Tätigkeit frei in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art. Sie unterliegt insoweit nicht den Weisungen eines Anderen, so dass keine Anhaltspunkte für eine (abhängige) Beschäftigung bestehen.
Die Klägerin beschäftigt nach ihren Angaben keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
Die Klägerin ist auch als Pflegeperson tätig.
Der Begriff der Pflegeperson ist weit auszulegen. Er ist nicht beschränkt auf die Personen in der eigentlichen Krankenpflege, sondern erfasst alle Heilhilfsberufe, wie selbständige Masseure, medizinische Bademeister, Krankengymnasten (Physiotherapeuten) und Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten (Ergotherapeuten), wenn sie überwiegend aufgrund ärztlicher Verordnung behandeln, denn wegen dieser Abhängigkeit im Tätigwerden ist dieser Personenkreis der Heilhilfsberufe in gleicher Weise schutzbedürftig und auf soziale Sicherung angewiesen. An dieser Rechtslage hat sich mit In-Kraft-Treten des SGB VI nichts geändert (BSG, Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R m. w. N., insbesondere dazu grundlegend BSG, Urteil vom 30. Juni 1964 – 3 RK 40/59, abgedruckt in BSGE 21, 171 = SozR Nr. 2 zu § 166 RVO). Deren wirtschaftliche Lage ähnelt der der Arbeitnehmer, weil sie fast ausschließlich auf die Verwertung ihrer Arbeitskraft angewiesen sind (BSG, Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R).
Demgegenüber werden diejenigen Personen, die Heilkunde ausüben, wie Ärzte und Heilpraktiker, nicht von § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI erfasst (BSG, Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R m. w. N.)
Wesentliches Kennzeichen der Tätigkeit der Heilkundigen ist die Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen. Die Heilkundigen stellen die Diagnose und bestimmen die Art und den Umfang der medizinisch erforderlichen Behandlung des kranken Menschen. Im Unterschied hierzu stellen die Pflegepersonen weder eine Diagnose, noch bestimmen sie Art und Umfang der Behandlung; sie werden auf Verordnung des Heilkundigen tätig und sind dabei von dessen Weisungen abhängig. Diese Weisungsabhängigkeit der Pflegepersonen bei der Verrichtung ihrer Tätigkeiten im Einzelnen hat die Rechtsprechung dabei in den verschiedenen pflegerischen Berufen nicht als grundsätzlich unterschiedlich angesehen. Sie schließt nicht aus, dass die Arbeiten zwar aufgrund ärztlicher Verordnung verrichtet werden, die Pflegepersonen jedoch bei der Durchführung von ärztlichen Weisungen je nach Lage des Gepflegten oder Betreuten unter Umständen weitgehend frei sind (BSG, Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R).
In letztgenanntem Urteil hat das BSG dem Berufsbild, wie es sich aus dem Beschäftigungs- und Arbeitstherapeutengesetz vom 25. Mai 1976 (BGBl. I 1976, 1246, zuletzt geändert durch Gesetz vom 08. März 1994, BGBl. I 1994, 446) in Verbindung mit der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten vom 23. März 1977 (BGBl. I 1977, 509, zuletzt geändert durch Verordnung vom 06. Dezember 1994, BGBl. I 1994, 3770) und der Entstehungsgeschichte der Regelungen ergibt, nicht entnehmen können, dass Ergotherapeuten, auch wenn sie nach ärztlicher Verordnung tätig werden, wie Heilkundige Diagnosen stellen und die Art sowie den Umfang der Behandlung frei von Weisungen des Arztes bestimmen.
Das BSG hat aus den Ausbildungs- und Prüfungsregelungen eine vertiefte Ausbildung, insbesondere in der Diagnostik, aber auch in der Befunderhebung und dem Aufstellen von Behandlungsplänen nicht erkennen können. In der Prüfung ist ein Nachweis von Fähigkeiten auf diesen für die Heilkunde typischen Gebieten kaum gefordert worden. Nur in 260 Unterrichtsstunden im Rahmen der Ausbildung "spezielle Krankheitslehre" und im Rahmen der Unterweisung in fachspezifische Behandlungstechniken (240 Stunden) sind auch diagnostische Kenntnisse bzw. Kenntnisse im Aufstellen von Behandlungsplänen vermittelt worden. Im Rahmen der Ausbildung in Psychologie (100 Unterrichtsstunden) ist eine Einführung in die Psychodiagnostik vorgesehen gewesen. Die schriftliche Prüfung hat zwar die Fächer "spezielle Krankheitslehre" und "Psychologie" erfasst, der Nachweis von Kenntnissen ist aber nicht gefordert worden. Im Rahmen der praktischen Prüfung ist im Prüfungsfach "angewandte Beschäftigungs- und angewandte Arbeitstherapie" lediglich ein schriftlicher Bericht über den beschäftigungstherapeutischen Behandlungsplan und die Durchführung der Behandlung vorzulegen gewesen. In Auswertung der Materialien zum Beschäftigungs- und Arbeitstherapeutengesetz (Bundestag-Drucksache 7/3113 S. 6 bis 8 und Bundestag-Drucksache 7/4834 S. 3 und 5) hat das BSG festgestellt, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass die Tätigkeit des Ergotherapeuten in erster Linie ärztlich überwachte Behandlungen umfasst und durch ein enges Zusammenwirken von Ärzten, Krankenpflegepersonal, Krankengymnasten, Psychologen sowie Pädagogen, Sozialarbeitern und Spezialarbeitern für die Ausbildung und für Berufsfragen gekennzeichnet gewesen ist.
Zur Berufsausübung hat das BSG ausgeführt, dass der Ergotherapeut aufgrund gesetzlicher und vergleichbarer Regelungen im Sozialversicherungsrecht, im beamtenrechtlichen Beihilferecht und im Recht der privaten Krankenversicherung von der selbständigen, ausschließlich eigenverantwortlichen Behandlung von Erkrankungen weitgehend ausgeschlossen ist. Er wird in diesen Bereichen nicht als Heilkundiger, sondern als Heilmittelerbringer bzw. nicht ärztlicher Heilbehandler angesehen.
Zusammenfassend hat es das BSG, auch wenn in der ärztlichen Verordnung im Einzelfall nur die Krankheitsbezeichnung, die Therapie (Ergotherapie) und die Zahl der Behandlungen angegeben ist, für wesentlich erachtet, dass damit die Entscheidung über das "ob" der Behandlung und deren Dauer vom Arzt getroffen und auch das Behandlungsziel, die Besserung oder Heilung der mit der Diagnose bezeichneten krankhaften Störung, vorgegeben ist. Demgegenüber wird die Tätigkeit des Ergotherapeuten nicht deswegen zu einer heilkundigen Tätigkeit, weil der Behandlung eine ergotherapeutische Funktionsanalyse und Anamnese durch den Ergotherapeuten vorauszugehen hat. Diese Befunderhebung ist (nämlich) auf das ärztlich vorgegebene Krankheitsbild und die damit in Zusammenhang angezeigte ergotherapeutische Behandlung abgestellt. Sie ist dem Ergotherapeuten aufgrund seiner besonderen Fachkenntnisse übertragen und gehört zum Kernbereich der von ihm eigenverantwortlich durchzuführenden ergotherapeutischen Maßnahmen. Das Erkennen und Abgrenzen des Krankheitsbildes im Sinne einer Differenzialdiagnose sowie die Entscheidung über die Anwendung von Ergotherapie, deren Dauer und ggf. deren Fortsetzung nach Verbrauch der Erst- oder Folgeverordnung obliegen jedoch dem Arzt.
Ausgehend davon gehört die Klägerin als Ergotherapeutin zu den Pflegepersonen nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, denn sie wird praktisch ausschließlich auf ärztliche Verordnung hin tätig. Eine wesentliche Wandlung des Berufsbildes ist seit dem Urteil des BSG vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R nicht festzustellen.
Das Ergotherapeutengesetz nennt weiterhin nicht die Aufgabenstellung des Berufs des Ergotherapeuten. Es bestimmt in § 1 Abs. 1, dass, wer eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung "Ergotherapeutin" oder "Ergotherapeut" ausüben will, der Erlaubnis bedarf. Die Ausbildung nach diesem Gesetz wird an staatlich anerkannten Schulen für Ergotherapeuten durchgeführt (§ 4 Abs. 1 Ergotherapeutengesetz), wobei zur Erprobung von Ausbildungsangeboten, die der Weiterentwicklung des Ergotherapeutenberufs unter Berücksichtigung der berufsfeldspezifischen Anforderungen sowie moderner berufspädagogischer Erkenntnisse dienen sollen, davon insoweit abgewichen werden kann, dass an die Stelle der Schule die Hochschule tritt (§ 4 Abs. 5 Sätze 1 und 2 Ergotherapeutengesetz). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Ergotherapeutengesetz regelt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates in einer Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Ergotherapeuten die Mindestanforderungen an die Ausbildung, das Nähere über die staatliche Prüfung und die Urkunde über die Erlaubnis nach § 1 Ergotherapeutengesetz. Im Übrigen enthält das Ergotherapeutengesetz Vorschriften über eine nach früherem Recht erteilte vergleichbare Erlaubnis (§§ 8, 8 a und 9 Ergotherapeutengesetz).
Die Ergotherapeuten-APVO enthält zwar gegenüber der bisherigen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Änderungen. Diese sind jedoch nicht dergestalt, dass nunmehr der Beruf des Ergotherapeuten als heilkundlicher Beruf zu bewerten ist.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Ergotherapeuten-APVO umfasst die dreijährige Ausbildung mindestens den in der Anlage 1 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht von 2700 Stunden (bisher 2360 Stunden) und die aufgeführte praktische Ausbildung von 1700 Stunden (bisher 1860 Stunden). Bei einer geringfügigen Erhöhung der Gesamtstundenzahl hat damit der Unterricht gegenüber der praktischen Ausbildung eine Ausweitung erfahren. Im theoretischen und praktischen Unterricht sind 280 Stunden (bisher 260 Stunden) für die spezielle Krankheitslehre einschließlich diagnostischer, therapeutischer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie psychosozialer Aspekte vorgesehen (Anlage 1 Ziffer 6). Bei den einzelnen Behandlungsverfahren (motorisch-funktionelles Behandlungsverfahren mit 100 Stunden, neurophysiologisches Behandlungsverfahren mit 100 Stunden, neuropsychologisches Behandlungsverfahren mit 100 Stunden, psychosoziales Behandlungsverfahren mit 100 Stunden, arbeitstherapeutisches Verfahren mit 100 Stunden und adaptierendes Verfahren in der Ergotherapie mit 40 Stunden werden neben anderen Kenntnissen auch jeweils Befunderhebung, Diagnostik und Dokumentation vermittelt (Anlage 1 Ziffern 16.2, 17.4, 18.2, 19.2, 20.4 und 21.2). Dies erfolgt jedoch weitgehend zum Zwecke standardisierter Testverfahren (Anlage 1 Ziffer 16.2.1, 17.4.2, 18.2.1., 20.4.2 und 21.2.1) während sich die Erhebung eines Sicht- und Tastbefundes, einer Muskelfunktionsprüfung, einer Sensibilitätsprüfung und einer Gelenkmessung auf das motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren (Anlage 1 Ziffer 16.2.2) und die Erhebung des Reflexstatus auf das neurophysiologische Behandlungsverfahren (Anlage 1 Ziffer 17.4.1) beschränkt. Unabhängig davon ist aber auch diese Befunderhebung und Diagnostik ausschließlich auf die angezeigte ergotherapeutische Behandlung abgestellt, denn diese ist lediglich Teil der aufgezeigten verschiedenen Behandlungsverfahren. Bei der Psychologie und Pädagogik mit 210 Stunden ist eine Einführung in die Psychodiagnostik nicht (mehr) vorgesehen (Anlage 1 Ziffer 10). Der schriftliche Teil der Prüfung erfasst nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Ergotherapeuten-APVO auch die spezielle Krankheitslehre einschließlich diagnostischer, therapeutischer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie psychosoziale Aspekte. Sie trägt damit zwar in vollem Umfang dem theoretischen und praktischen Unterricht (Anlage 1 Ziffer 6) Rechnung. Auch wenn damit im Unterschied zur früheren Ausbildungs- und Prüfungsordnung diagnostische Maßnahmen zum Prüfungsgegenstand rechnen, bedeutet dies noch keine schwerpunktmäßige Verlagerung auf die Diagnostik, denn der Unterrichtsinhalt hat insoweit allenfalls eine ganz geringfügige Ausweitung erfahren. Im praktischen Teil der Prüfung hat der Prüfling gemäß eines von ihm vorher zu erstellenden Arbeitsplanes unter Aufsicht ein Werkstück, eine Schiene, ein Hilfsmittel oder einen anderen therapeutischen Gegenstand anzufertigen und die therapeutische Einsatzmöglichkeit zu analysieren und zu begründen sowie mit einem Patienten oder mit einer Patientengruppe eine ergotherapeutische Behandlung durchzuführen, die auf der Grundlage eines schriftlichen Prüfungsberichtes über die ergotherapeutische Befunderhebung, die Behandlungsplanung und deren Durchführung beruht (§ 7 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 Ergotherapeuten-APVO). Der praktische Teil der Prüfung knüpft somit ebenfalls an den oben dargestellten theoretischen und praktischen Unterricht jedenfalls insoweit an, als der Prüfungsbericht auch die ergotherapeutische Befunderhebung umfasst, während nach der bisherigen Ausbildungs- und Prüfungsordnung neben der Vorführung der Anwendung der Beschäftigungstherapie an einem bekannten Patienten oder einer Gruppe von solchen lediglich ein schriftlicher Bericht über den beschäftigungstherapeutischen Behandlungsplan und die Durchführung der Behandlung vorzulegen war (vgl. dazu § 6 Abs. 3 Sätze 1 und 2 der entsprechenden Verordnung vom 23. März 1977). Dies bedeutet jedoch ebenfalls keine substanzielle Veränderung, denn, wie oben dargelegt, ist diese Befunderhebung, wie § 7 Abs. 1 Nr. 2 Ergotherapeuten-APVO zum Ausdruck bringt, eine ergotherapeutische Befunderhebung, also eine solche ausschließlich zum Zweck der Durchführung der dargestellten einzelnen Behandlungsverfahren.
Schließlich lässt auch die Berufsausübung nicht auf eine wesentliche Änderung des Berufsbildes des Ergotherapeuten schließen.
Die Ergotherapie zählt in der gesetzlichen Krankenversicherung und im Rehabilitationsrecht der Sozialversicherung weiterhin zu den Heilmitteln (§ 124 Abs. 1 SGB V, § 26 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX). Sie ist von den Sozialleistungsträgern nur auf ärztliche Verordnung hin zu gewähren (§ 15 Abs. 1 Satz 2, § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V, § 30 SGB VII). Das Verhältnis zwischen Arzt und Heilmittelerbringer wird für den Bereich der Sozialversicherung weiterhin in unveränderter Weise durch die Heilmittelrichtlinie in der letzten Fassung vom 20. Januar 2011/19. Mai 2011 (Bundesanzeiger 2011 Nr. 96 S. 2247), die nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossen ist, deutlich. Diese Richtlinie ist u. a. für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte sowie die weiteren Leistungserbringer verbindlich (§ 1 Abs. 3 Satz 1). Heilmittel sind persönlich zu erbringende medizinische Leistungen. Heilmittel sind insbesondere die einzelnen Maßnahmen der Ergotherapie nach §§ 36 bis 40 (§ 2 Abs. 1). Die Abgabe von Heilmitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen setzt eine Verordnung durch eine Vertragsärztin oder einen Vertragsarzt voraus. Die Therapeutin oder der Therapeut ist grundsätzlich an die Verordnung gebunden (§ 3 Abs. 1 Sätze 1 und 2). Sind auf dem Verordnungsvordruck Angaben zur Frequenz der Heilmittelbehandlung gemacht, ist eine Abweichung davon nur zulässig, wenn zuvor zwischen der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt und der Therapeutin oder dem Therapeuten ein abweichendes Vorgehen verabredet wurde (§ 16 Abs. 2 Satz 1). Ergibt sich bei der Durchführung der Behandlung, dass mit dem verordneten Heilmittel voraussichtlich das Therapieziel nicht erreicht werden kann oder dass die Patientin oder der Patient in vorab nicht einschätzbarer Weise auf die Behandlung reagiert, hat die Therapeutin oder der Therapeut darüber unverzüglich die Vertragsärztin oder den Vertragsarzt, die oder der die Verordnung ausgestellt hat, zu informieren und die Behandlung zu unterbrechen. Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt entscheidet über eine Änderung oder Ergänzung des Therapieplans, eine neue Verordnung oder die Beendigung der Behandlung (§ 16 Abs. 4). Die Maßnahmen der Ergotherapie dienen der Wiederherstellung, Entwicklung, Verbesserung, Erhaltung oder Kompensation der krankheitsbedingt gestörten motorischen, sensorischen, psychischen und kognitiven Funktionen und Fähigkeiten (§ 35 Abs. 1). Sie bedienen sich komplexer aktivierende und handlungsorientierter Methoden und Verfahren (§ 35 Abs. 2). Zu den Maßnahmen der Ergotherapie gehören die in den §§ 36 bis 40 genannten verordnungsfähigen Heilmittel (§ 35 Abs. 4 Satz 1), nämlich die motorisch-funktionelle Behandlung (§ 36), die sensomotorisch-perzeptive Behandlung (§ 37), das Hirnleistungstraining/neuropsychologisch orientierte Behandlung (§ 38), die psychisch-funktionelle Behandlung (§ 39) und therapieergänzende Maßnahmen (§ 40). Vor der Erstverordnung von Maßnahmen der Ergotherapie ist eine Eingangsdiagnostik notwendig. Bei der Eingangsdiagnostik sind störungsbildabhängig diagnostische Maßnahmen durchzuführen, zu veranlassen oder zeitnah erhobene Fremdbefunde heranzuziehen, um einen exakten Befund zu funktionellen/strukturellen Schädigungen sowie Fähigkeitsstörungen zu erhalten (§ 41 Abs. 1). Der Vertragsarzt entscheidet störungsbildabhängig, welche Maßnahmen der weiterführenden Diagnostik er durchführt bzw. veranlasst (§ 41 Abs. 3 Satz 2).
Dieses gesetzlich vorgesehene und u. a. durch die Heilmittelrichtlinie konkretisierte Subordinationsverhältnis zwischen Ärzten und Heilmittelerbringern lässt für die Heilmittelerbringer durchaus Spielraum für eigene Gestaltungsmöglichkeiten. Diese Gestaltungsmöglichkeiten ändern allerdings nichts an der grundsätzlichen Abhängigkeit der Heilmittelerbringer von der Verordnung des Arztes (so BSG, Urteil vom 11. November 2003 – B 12 RA 2/03 R zum Physiotherapeut als Pflegeperson nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI).
Nichts anderes gilt für Ergotherapeuten, denn auf diese findet gleichfalls die Heilmittelrichtlinie Anwendung.
Dem Auszug aus Berufenet zur Ergotherapeutin ist nichts anderes zu entnehmen. Danach beraten, behandeln und fördern Ergotherapeuten Patienten jeden Alters, die durch eine physische oder psychische Erkrankung, durch eine Behinderung oder durch eine Entwicklungsverzögerung in ihrer Selbständigkeit und Handlungsfähigkeit beeinträchtigt bzw. von Einschränkungen bedroht sind. Bei jedem Patienten werden dazu zunächst vorhandene Defizite erfasst und diagnostiziert und anschließend die Behandlung individuell darauf abgestimmt. Dazu erstellen die Ergotherapeuten individuelle Therapiepläne für ihre Patienten. Diese Maßnahmen sind dem Ergotherapeuten aufgrund seiner besonderen Fachkenntnis übertragen und gehören zum Kernbereich der von ihm eigenverantwortlich durchzuführenden ergotherapeutischen Behandlung. Im Übrigen ist Berufenet zu nehmen, dass Leistungen der Ergotherapie nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden dürfen. Damit wird auf den dargestellten Bereich der Sozialversicherung Bezug genommen. Anhaltspunkte dafür, dass sich im beamtenrechtlichen Beihilferecht und im Recht der privaten Krankenversicherung die Stellung des Ergotherapeuten bei der Behandlung von Erkrankungen zwischenzeitlich geändert haben könnte, sind weder ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen.
Bei dieser Sachlage trifft die Aussage des BSG im Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R weiterhin zu, wonach das Erkennen und Abgrenzen des Krankheitsbildes im Sinne einer Differenzialdiagnose sowie die Entscheidung über die Anwendung von Ergotherapie, deren Dauer und ggf. deren Fortsetzung nach Verbrauch der Erst- oder Folgeverordnung dem Arzt obliegen und demzufolge der überwiegend aufgrund ärztlicher Verordnung tätige Ergotherapeut keinen Beruf der Heilkunde, sondern einen Heilhilfsberuf nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI ausübt.
Die Klägerin ist in ihrer selbständigen Tätigkeit als Pflegeperson nicht mehr versicherungsfrei.
Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI sind in dieser selbständigen Tätigkeit versicherungsfrei Personen, die eine geringfügige selbständige Tätigkeit (§ 8 Abs. 3, § 8 a SGB IV) ausüben. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 SGB IV liegt eine geringfügige selbständige Tätigkeit vor, wenn 1. das Arbeitseinkommen aus dieser selbständigen Tätigkeit regelmäßig im Monat 400 Euro nicht übersteigt, 2. die selbständige Tätigkeit innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens 2 Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt (oder im voraus vertraglich begrenzt ist), es sei denn, dass die selbständige Tätigkeit berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Arbeitseinkommen 400 Euro im Monat übersteigt.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die selbständige Tätigkeit als Ergotherapeutin ist nicht ihrer Eigenart nach auf die genannte zeitliche Dauer begrenzt. § 8 a SGB IV ist nicht einschlägig, denn diese Vorschrift betrifft geringfügige selbständige Tätigkeiten in Privathaushalten. Die Klägerin erzielte zwischenzeitlich ein Arbeitseinkommen, das 400 Euro monatlich überstieg.
Nach § 161 Abs. 1 SGB VI sind die beitragspflichtigen Einnahmen Beitragsbemessungsgrundlage für Versicherungspflichtige. Beitragspflichtige Einnahmen sind nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI bei selbständig Tätigen ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, bei Nachweis eines niedrigeren oder höheren Arbeitseinkommens jedoch dieses Arbeitseinkommen, mindestens jedoch monatlich 400 Euro.
Dabei bezeichnet Arbeitseinkommen gemäß der in § 15 Abs. 1 SGB IV geregelten eigenständigen Definition den nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelten Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit, wobei nach dessen Satz 2 Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten ist, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist.
Bei der Verweisung auf die "allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts" handelt es sich um eine dynamische Verweisung (so BSG, Urteil vom 16. Mai 2001 – B 5 RJ 46/00 R), so dass das Einkommensteuergesetz (EStG) in der jeweiligen Fassung Anwendung findet, die bei der Erzielung des Einkommens gilt bzw. galt. Zu den "allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts" zählt auch der horizontale und eingeschränkt der vertikale Verlustausgleich (im jeweiligen Veranlagungszeitraum) nach § 2 Abs. 3 EStG. Danach ist (nur) die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag und den Abzug nach § 13 Abs. 3 EStG, der Gesamtbetrag der Einkünfte. Dies bedeutet, dass positive wie negative Einkünfte (Verluste) innerhalb einer Einkunftsart (horizontal) verrechnet werden und, falls danach noch Verluste bestehen, dies auch mit Gewinnen aus den anderen Einkunftsarten (vertikal) möglich ist. Im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist auch ein vertikaler Verlustausgleich im jeweiligen Veranlagungszeitraum zu beachten, allerdings nur innerhalb der drei Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG, also der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit, denn nur diese sind in § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV unter den sozialrechtlichen Begriffen des Arbeitseinkommens bzw. des Gewinns aus einer selbständigen Tätigkeit zusammengefasst. Der Verlustabzug nach § 10 d EStG entweder als Verlustrücktrag (§ 10 d Abs. 1 EStG) oder als Verlustvortrag (§ 10 d Abs. 2 EStG) zählt hingegen nach Gesetzeswortlaut und Systematik des EStG nicht zu den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts, die der Durchsetzung des Prinzips der (Jahres-)Abschnittsbesteuerung dienen, denn§ 10 d EStG ermöglicht gerade das Gegenteil, nämlich die Durchbrechung dieses Prinzips (so BSG, Urteil vom 16. Mai 2001 – B 5 RJ 46/00 R).
Während die Klägerin danach für 2005 aus ihrer selbständigen Tätigkeit einen Verlust von 23.746 Euro (Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 06. November 2006) erzielte, betrug das Arbeitseinkommen in den nachfolgenden Kalenderjahren über 400 Euro monatlich. Dies gilt auch für das Kalenderjahr 2006. Nach dem Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 21. Dezember 2007 betrugen die Einkünfte aus selbständiger Arbeit 24.190 Euro. Dieser Bescheid weist zwar auch einen Verlustvortrag von 23.746 Euro aus, der zu einem negativen zu versteuernden Einkommen führte. Dieser Verlustvortrag muss jedoch unberücksichtigt bleiben, denn er gehört, wie dargelegt, nicht zu den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts. Das Arbeitseinkommen der Klägerin betrug im Kalenderjahr 2007 26.942 Euro (Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 05. Dezember 2008), im Kalenderjahr 2008 36.562 Euro (Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 04. August 2009) und im Kalenderjahr 2009 24.102 Euro (Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 16. März 2010).
Daraus folgt jedoch noch nicht, dass die Beklagte bereits ab 01. Januar 2006 von der Klägerin Beiträge verlangen darf, denn dies setzt zunächst die Aufhebung des Bescheides vom 14. Juli 2005 über die Feststellung der Versicherungsfreiheit voraus.
Die Aufhebung dieses Bescheides ist mit dem Erlass des angefochtenen Bescheides vom 29. Juni 2009 erfolgt. Dies wird in diesem Bescheid ausreichend deutlich verlautbart.
Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieses Erfordernis bezieht sich auf den Verfügungssatz des Verwaltungsaktes, nicht jedoch auf dessen Gründe. Aus dem Verfügungssatz muss für den Betroffenen vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will (BSG, Urteil vom 06. Februar 2007 - B 8 KN 3/06 R, abgedruckt in SozR 4-2600 § 96a Nr. 9 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 23. Februar 1989 - 11/7 RAr 103/87, abgedruckt in SozR 1500 § 55 Nr. 35 S 39) Die Aufhebung eines früheren Bescheides muss aber nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann auch durch einen konkludenten, jedoch hinreichend deutlichen Verwaltungsakt erfolgen. Es genügt, wenn aus den Formulierungen, Hinweisen und Auskünften des Verwaltungsaktes für einen verständigen, objektiven Erklärungsempfänger klar erkennbar zum Ausdruck kommt, dass der bisherige Verwaltungsakt nicht mehr gelten soll (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - B 5 RJ 42/99 R, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 32/98 R, zitiert nach juris; jeweils in Abgrenzung zu BSG, Urteil vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 56/96, zitiert nach juris und BSG, Urteil vom 29. April 1997 - 4 RA 25/96, zitiert nach juris jeweils zur Aufhebung eines Bescheides über eine bewilligte Leistung). Zur Auslegung des Verfügungssatzes kann somit die Begründung des Verwaltungsaktes herangezogen werden. Zudem kann auf ihm beigefügte Unterlagen, aber auch auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 06. Februar 2007 - B 8 KN 3/06 R, abgedruckt in SozR 4-2600 § 96a Nr. 9 m. w. N.)
Ausgehend von einem verständigen, objektiven Erklärungsempfänger ist ersichtlich, dass die Beklagte an ihrer letzten Verwaltungsentscheidung über die Versicherungsfreiheit nicht mehr festhalten wollte.
Ebenso wie mit der Ablehnung der Zahlung einer Leistung in der bisherigen Höhe, womit erkennbar wird, dass die vorangegangene Leistungsbewilligung nicht mehr aufrechterhalten wird, insbesondere wenn der Berechtigte mit Änderungen in der Höhe des bisher gewährten Leistung rechnen musste (vgl. dazu BSG, Urteil vom 08. Oktober 1998 - B 10 LW 3/97 R, abgedruckt in SozR 3-5868§ 32 Nr. 2), ist mit einem Bescheid über die Erhebung von Beiträgen wegen des Eintritts von Versicherungspflicht infolge der Erzielung eines höheren Arbeitseinkommens, womit die Klägerin aufgrund des Inhalts des Bescheides vom 14. Juli 2005 rechnen musste, unzweideutig erkennbar geworden, dass die bisherige Feststellung der Versicherungsfreiheit keinen Bestand mehr haben soll, womit zugleich die Beklagte ihren unmissverständlichen Willen bekundet hat, dass einem entgegen stehenden Bescheid keine Rechtswirkung mehr zukommt. Bei dieser Sachlage kann ein verständiger, objektiver Erklärungsempfänger zu keiner anderen Auslegung als derjenigen kommen, dass die Beklagte mit dem Bescheid vom 29. Juni 2009 den Bescheid vom 14. Juli 2005 aufgehoben hatte
Als Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung des Bescheides vom 14. Juli 2005 über die Feststellung der Versicherungsfreiheit kommt § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Betracht.
Danach gilt: Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Der Bescheid vom 14. Juli 2005 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 1997 - 12 RK 34/96, abgedruckt in BSGE 80, 215, 217 = SozR 3-2940 § 7 Nr. 4 m. w. N.; BSG, Urteil vom 16. Oktober 2002 – B 10 LW 5/01 R, abgedruckt in SozR 3-5868 § 3 Nr. 5 zu Bescheiden über die Befreiung von der Versicherungspflicht).
Die bei seinem Erlass vorgelegenen tatsächlichen Verhältnisse, nämlich das aus der selbständigen Tätigkeit als Ergotherapeutin resultierende maßgebende Arbeitseinkommen, haben sich geändert, denn die Klägerin erzielt zwischenzeitlich ein Arbeitseinkommen, das 400 Euro monatlich und damit die Grenze der geringfügigen selbständigen Tätigkeit übersteigt.
Diese Änderung ist auch wesentlich, denn damit wurde die Klägerin nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI versicherungspflichtig.
Allerdings ist damit noch nichts darüber ausgesagt, ab welchem Zeitpunkt die Versicherungspflicht eintritt.
Ob die für die Geringfügigkeit maßgebende Entgeltgrenze regelmäßig im Monat oder nur gelegentlich unterschritten bzw. regelmäßig im Monat oder nur gelegentlich überstiegen wird, ob also Versicherungsfreiheit oder Versicherungspflicht vorliegt, beurteilt sich im Wege einer vorausschauenden Betrachtung. Dies folgt aus dem Begriff regelmäßig und bedeutet dass, wie im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung eine vorausschauende und nicht eine rückschauende Betrachtung anzuwenden ist. Der maßgebende Begriff der Regelmäßigkeit setzt eine gewisse Stetigkeit, Dauer und Gesetzmäßigkeit voraus (vgl. auch BSG, Urteil vom 16. Oktober 2002 – B 10 LW 5/01 R, abgedruckt in SozR 3-5868 § 3 Nr. 5, zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG).
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG erfordert die Beurteilung der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit eine Prognose bzw. vorausschauende Schätzung. Das hat das BSG allgemein zu Statusentscheidungen im Sozialversicherungsrecht wiederholt entschieden, etwa im Zusammenhang mit der Jahresarbeitsverdienstgrenze des § 165 Abs 1 Nr. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. der Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs 1 Nr. 1 SGB V, der Geringfügigkeitsgrenze des § 168 RVO und des § 4 Abs 1 Nr. 5 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) sowie des § 8 SGB IV und schließlich im Zusammenhang mit dem regelmäßigen monatlichen Gesamteinkommen i. S. des § 205 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 RVO sowie des § 10 Abs 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V. Zur Begründung hat das BSG darauf verwiesen, dass eine rückwirkende Betrachtung mit dem Wesen der Sozialversicherung nicht vereinbar sei, und es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn zu klären, weil dies nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflicht von entscheidender Bedeutung ist. Gründe, die dafür sprechen könnten, an dieser Rechtsprechung nicht mehr festzuhalten, sind nicht ersichtlich. Deswegen hat das BSG diese ständige Rechtsprechung auch auf pflichtversicherte Selbständige in der gesetzlichen Rentenversicherung angewandt (BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 – B 12 R 15/09 R, abgedruckt in SozR 4-2600 § 5 Nr. 6, m. w. N).
Die hiernach erforderliche Prognose erfordert keine alle Eventualitäten berücksichtigende genaue Vorhersage, sondern lediglich eine ungefähre Einschätzung, welches Arbeitseinkommen nach der bisherigen Übung mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Im Prognosezeitpunkt muss davon auszugehen sein, dass sich das Arbeitseinkommen bei normalem Ablauf der Dinge nicht relevant verändert. Grundlage der Prognose können dabei lediglich Umstände sein, von denen in diesem Zeitpunkt anzunehmen ist, dass sie das Arbeitseinkommen bestimmen werden. Erweist sich eine richtige Prognose im Nachhinein infolge nicht vorhersehbarer Umstände als unzutreffend, so bleibt sie für die Vergangenheit gleichwohl maßgebend. Stimmt die richtige Prognose mit dem späteren Verlauf nicht überein, so kann das jedoch Anlass für eine neue Prüfung und wiederum vorausschauende Betrachtung sein. Es kommt dann darauf an, ob es sich bei dem mit der ursprünglichen Prognose nicht mehr übereinstimmenden Sachverhalt um vorübergehende, mehr zufällige Abweichungen handelt oder ob hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass die bisher das Arbeitseinkommen bestimmenden Umstände sich nicht nur vorübergehend geändert haben und zu einem anderen regelmäßigen Arbeitseinkommen im Monat führen. Diese Grundsätze gelten auch für rückwirkende Entscheidungen. In diesem Fall muss nachträglich eine vorausschauende Betrachtung vorgenommen werden, wobei von dem Erkenntnisstand, der damals vorhanden war, auszugehen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei selbständig Tätigen deren Arbeitseinkommen fast immer schwankend ist. Es ist daher für die auf das Jahr bezogene Prognose von dem bekannten letzten Jahreseinkommen auszugehen. Bei selbständig Tätigen, die ihre Einnahmen zum Teil zeitlich disponieren können, bietet sich nämlich als oft allein praktikable Möglichkeit an, aus den regelmäßigen Einnahmen über einen längeren Zeitraum einen Monatsbetrag zu ermitteln (BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 – B 12 R 15/09 R).
Dieser Rechtsprechung ist nichts dafür zu entnehmen, dass der Versicherte die danach erforderliche Prognose zu treffen hätte. Der Versicherte hat, wie nachfolgend ausgeführt wird, lediglich die Tatsachen mitzuteilen, die für eine Änderung der Prognose maßgebend sind. Auf dieser Grundlage hat dann der Rentenversicherungsträger zu entscheiden, ob eine neue Prognose zu treffen ist und gegebenenfalls in Ausführung dieser Beurteilung den erforderlichen Verwaltungsakt zu erlassen.
In vorausschauender Betrachtung ging die Beklagte bei Erteilung des Bescheides vom 14. Juli 2005 zutreffend davon aus, dass die Klägerin wegen einer geringfügigen Tätigkeit zunächst versicherungsfrei blieb. Seinerzeit teilte die Klägerin mit, die Beiträge einkommensgerecht zahlen zu wollen, so dass ungeachtet eines tatsächlich nicht 400 Euro monatlich übersteigenden Arbeitseinkommens ein fiktives Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße nach § 165 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI nicht bereits zur Versicherungspflicht führte. Die dazu gemachte Angabe, seit 17. Mai 2005 ein Einstiegsgeld zu erhalten, unter Berücksichtigung des Umstandes, dass wegen erforderlicher Investitionen und eines noch fehlenden Kundenstammes im Jahr des Beginns der selbständigen Tätigkeit allenfalls geringfügige Einnahmen zu erwarten waren, lässt die von der Klägerin gemachte weitere Angabe eines (zu erwartenden) Arbeitseinkommens von 0 Euro jährlich nachvollziehbar werden.
Anhaltspunkte dafür, diese Prognose zu ändern, bestanden aus Sicht der Beklagten nicht vor Juni 2009 mit der Vorlage der Bescheide des Finanzamtes Brandenburg insbesondere vom 21. Dezember 2007 und 05. Dezember 2008. Erstmals im Juni 2009 konnte die Beklagte aufgrund der ihr nunmehr vorliegenden Bescheide über Einkommensteuer eine andere Prognose nunmehr über das Bestehen von Versicherungspflicht ab 29. Juni 2009 treffen.
Die Beklagte durfte den Bescheid vom 14. Juli 2005 mit Bescheid vom 29. Juni 2009 aber nicht nur für die Zukunft, sondern auch für die Vergangenheit ab 01. Januar 2008 ändern, denn die Klägerin kam ihrer Mitteilungspflicht nicht nach.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X gilt: Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist.
Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die Klägerin ist nach § 190a Abs. 1 Satz 1 SGB VI als selbständig Tätige nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und 9 SGB VI verpflichtet, sich innerhalb von drei Monaten nach der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu melden.
Diese Verpflichtung zur Meldung besteht nur, wenntatsächlich Versicherungspflicht besteht. Der Meldepflicht unterliegen also nicht selbständig Tätige, die zwar dem Grunde nach die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht erfüllen, aber wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei sind oder einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. In diesen Fällen beginnt die Frist mit dem Wegfall des der Versicherungspflicht hindernden Sachverhalts. Durch die Festlegung der Dreimonatsfrist zur Meldung soll nach der Gesetzesbegründung (vgl. Bundestag-Drucksache 14/4375 S. 55) erreicht werden, dass zum einen für den versicherungspflichtigen Selbständigen hohe Nachforderungen von rückständigen Pflichtbeiträgen aufgrund einer verspäteten Feststellung der Versicherungspflicht vermieden werden und zum anderen der Rentenversicherungsträger die Beiträge rechtzeitig und vollständig erheben kann (Wehrhahn in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 75. Ergänzungslieferung 2012, SGB VI, § 190a Rdnr. 4 und 5; von Koch in Beck scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: 01. März 2013, SGB VI, § 190a; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Auflage 2008, § 190a Rdnr. 7 und 8).
Dieser Mitteilungspflicht kam die Klägerin wenigstens grob fahrlässig nicht nach, denn aufgrund des Hinweises im Bescheid vom 14. Juli 2005 wusste sie, dass sie verpflichtet war, die Beklagte unverzüglich zu benachrichtigen, wenn sie eine mehr als nur geringfügige selbständige Tätigkeit ausübte. Ihr war in diesem Bescheid auch mitgeteilt worden, dass eine mehr als geringfügige selbständige Tätigkeit vorliegt, wenn das Arbeitseinkommen monatlich 400,00 Euro übersteigt. Nach Erteilung des Bescheides des Finanzamtes Brandenburg vom 21. Dezember 2007, in dem die Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit 24.190 Euro festgesetzt wurden, musste ihr daher bekannt sein, dass sie eine mehr als nur geringfügige selbständige Tätigkeit ausübte. Diesem Einkommensteuerbescheid kam erst die maßgebende Bedeutung zu. Wie das BSG im Urteil vom 27. Juli 2011 – B 12 R 15/09 R ausgeführt hat, ist die Feststellung des jeweiligen Arbeitseinkommens bei Selbständigen deswegen schwierig, weil sie ihre Einnahmen zum Teil zeitlich disponieren können. Damit bietet erst der Einkommensteuerbescheid eine ausreichend verlässliche Grundlage für eine Prognoseentscheidung.
Wäre die Klägerin ihrer Mitteilungspflicht nachgekommen und hätte sie den Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 21. Dezember 2007 der Beklagten vorgelegt, so hätte die Beklagte bereits seinerzeit ihre ursprüngliche Prognose im Wege einer vorausschauenden Betrachtung zumindest ab 01. Januar 2008 ändern müssen und geändert. Wegen des darin ausgewiesenen Arbeitseinkommens von 24.190 Euro als dem bekannten letzten Jahreseinkommen wäre die Prognose gerechtfertigt gewesen, dass die Klägerin nunmehr die oben dargelegten ehemals zur Versicherungsfreiheit führenden Umstände überwunden hatte und regelmäßig Arbeitseinkommen mehr als nur geringfügig erzielen wird.
Damit trat zum 01. Januar 2008 Versicherungspflicht als selbständig Tätige nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI ein. Die Beklagte ist daher berechtigt, ab diesem Zeitpunkt von der Klägerin die Zahlung von Pflichtbeiträgen zu verlangen.
Zu den beitragspflichtigen Einnahmen selbständig Tätiger bestimmt § 165 Abs. 1 Sätze 2 bis 10 SGB VI Folgendes: Beitragspflichtige Einnahmen sind bei selbständig Tätigen abweichend von § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ein Arbeitseinkommen in Höhe von 50 v. H. der Bezugsgröße, auf Antrag des Versicherten jedoch ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße. Für den Nachweis des von der Bezugsgröße abweichenden Arbeitseinkommens nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind die sich aus dem letzten Einkommensteuerbescheid für das zeitnaheste Kalenderjahr ergebenden Einkünfte aus der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit solange maßgebend, bis ein neuer Einkommensbescheid vorgelegt wird. Die Einkünfte sind mit dem Vomhundertsatz zu vervielfältigen, der sich aus dem Verhältnis des vorläufigen Durchschnittsentgelts (Anlage 1) für das Kalenderjahr, für das das Arbeitseinkommen nachzuweisen ist, zu dem Durchschnittsentgelt (Anlage 1) für das maßgebende Veranlagungsjahr des Einkommensteuerbescheides ergibt. Übersteigt das nach § 165 Abs. 1 Satz 4 SGB VI festgestellte Arbeitseinkommen die Beitragsbemessung des nachzuweisenden Kalenderjahres, wird ein Arbeitseinkommen in Höhe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze solange zugrunde gelegt, bis sich aus einem neuen Einkommensteuerbescheid niedrigere Einkünfte ergeben. Der Einkommensteuerbescheid ist dem Träger der Rentenversicherung spätestens zwei Kalendermonate nach seiner Ausfertigung vorzulegen. Statt des Einkommensteuerbescheides kann auch eine Bescheinigung des Finanzamtes vorgelegt werden, die die für den Nachweis des Arbeitseinkommens erforderlichen Daten des Einkommensteuerbescheides enthält. Änderungen des Arbeitseinkommens werden vom Ersten des auf die Vorlage des Bescheides oder der Bescheinigung folgenden Kalendermonats, spätestens aber vom Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides, an berücksichtigt. Ist eine Veranlagung zur Einkommensteuer aufgrund der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit noch nicht erfolgt, sind für das Jahr des Beginns der Versicherungspflicht die Einkünfte zugrunde zu legen, die sich aus den vom Versicherten vorzulegenden Unterlagen ergeben. Für die Folgejahre ist § 165 Abs. 1 Satz 4 SGB VI sinngemäß anzuwenden.
Obwohl die Klägerin noch im Mai 2009 angegeben hatte, ihre Beiträge einkommensgerecht zahlen zu wollen, legte die Beklagte in den Bescheiden vom 29. Juni 2009, 17. September 2009 und 01. Februar 2011 für die Zeit ab 01. Januar 2008 bis 31. Januar 2011 ein Arbeitseinkommen in Höhe 50 v. H. der Bezugsgröße (Ost) bzw. der Bezugsgröße (Ost) zugrunde. Dies ist jedoch nicht rechtswidrig belastend gegenüber der Klägerin.
Soweit Vorschriften des SGB VI bei Arbeitsentgelten, Arbeitseinkommen oder Beitragsbemessungsgrundlagen an die Bezugsgröße anknüpfen, ist die Bezugsgröße für das Beitragsgebiet (Bezugsgröße [Ost]) maßgebend, wenn die Einnahmen aus einer Beschäftigung oder Tätigkeit im Beitrittsgebiet erzielt werden (§ 228 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Nach § 9 Abs. 1 SGB IV, der nach § 11 Abs. 1 SGB IV für selbständige Tätigkeiten entsprechend gilt, ist Beschäftigungsort der Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird.
Im Falle der Klägerin ist dies der Sitz ihres Betriebes in der Jahnstraße 60 in Brandenburg.
Die Bezugsgröße (Ost) beträgt monatlich im Jahr 2008 2.100 Euro (§ 2 Abs. 2 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2008, BGBl. I 2007, 2797), wobei die Beklagte allerdings nur 50 v. H. dieser Bezugsgröße von 1050,00 Euro der Beitragsberechnung zugrunde legte, im Jahr 2009 2.135 Euro (§ 2 Abs. 2 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2009, BGBl. I 2008, 2336), im Jahr 2010 2.170 Euro (§ 2 Abs. 2 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2010, BGBl. I 2009, 3846) und im Jahr 2011 2.240 Euro (§ 2 Abs. 2 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2011, BGBl. I 2010, 1.761).
Demgegenüber wäre bei einer einkommensgerechten Beitragszahlung von folgendem monatlichen Arbeitseinkommen auszugehen: a) für 2008: Ausgehend vom Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 21. Dezember 2007 für das zeitnaheste Kalenderjahr 2006 mit 24.190 Euro, also von 2015,83 Euro monatlich vervielfältigt mit dem Dynamisierungsfaktor 1,0200 (vorläufiges Durchschnittsentgelt für 2008 von 30.084 Euro geteilt durch das Durchschnittsentgelt für 2006 von 29.494 Euro) von 2056,15 Euro. b) für 2009: Ausgehend vom Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 05. Dezember 2008 für das zeitnaheste Kalenderjahr 2007 mit 26.942 Euro, also von 2.245,17 Euro monatlich vervielfältigt mit dem Dynamisierungsfaktor 1,0310 (vorläufiges Durchschnittsentgelt für 2009 von 30.879 Euro geteilt durch das Durchschnittsentgelt für 2007 von 29.951 Euro) von 2.314,77 Euro. c) Für 2010: Ausgehend vom Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 04. August 2009 für das zeitnaheste Kalenderjahr 2008 mit 36.562 Euro, also von 3.046,83 Euro monatlich vervielfältigt mit dem Dynamisierungsfaktor 1,0450 (vorläufiges Durchschnittsentgelt für 2010 von 32.003 Euro geteilt durch das Durchschnittsentgelt für 2008 von 30.625 Euro) von 3.183,94 Euro. d) für 2011: Ausgehend vom Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 04. August 2009 für das zeitnaheste Kalenderjahr 2008 mit 36.562 Euro, also von 3.046,83 Euro monatlich vervielfältigt mit dem Dynamisierungsfaktor 0,9883 (vorläufiges Durchschnittsentgelt für 2011 von 30.268 Euro geteilt durch das Durchschnittsentgelt für 2008 von 30.625 Euro) von 3.011,18 Euro.
Bei einem Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße (Ost) bzw. für 2008 in Höhe von 50 v. H. der Bezugsgröße (Ost) ergeben sich bei einem Beitragssatz von jeweils 19,9 v. H. für 2008 bis 2011 (Bekanntmachung der Beitragssätze in der allgemeinen Rentenversicherung und der knappschaftlichen Rentenversicherung für das Jahr 2008 vom 19. November 2007, BGBl. I 2007, 2611; Bekanntmachung der Beitragssätze in der allgemeinen Rentenversicherung und der knappschaftlichen Rentenversicherung für das Jahr 2009 vom 05. November 2008, BGBl. I 2008, 2181; Bekanntmachung der Beitragssätze in der allgemeinen Rentenversicherung und der knappschaftlichen Rentenversicherung für das Jahr 2010 vom 06. November 2009, BGBl. I 2009, 3705; Bekanntmachung der Beitragssätze in der allgemeinen Rentenversicherung und der knappschaftlichen Rentenversicherung für das Jahr 2011 vom 16. November 2010, BGBl. I 2010, 1550) ein monatlicher Beitrag für 2008 von 208,95 Euro, für 2009 von 424,87 Euro, für 2010 von 431,83 Euro und für 2011 von 445,76 Euro, wie von der Beklagten in den Bescheiden vom 17. September 2009 und 01. Februar 2011 zutreffend festgesetzt.
Nachdem die Klägerin im Januar 2011 den Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 16. März 2010 unter Hinweis auf ihre wesentlich schlechteren Einnahmen vorgelegt hatte, was die Beklagte konkludent als Antrag auf Zahlung einkommensgerechter Beiträge zutreffend ausgelegt hatte, war ab 01. Februar 2011, dem Ersten des auf die Vorlage dieses Bescheides folgenden Kalendermonats, an das Arbeitseinkommen neu zu ermitteln. Ausgehend vom Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 16. März 2010 für das zeitnaheste Kalenderjahr mit 24.102 Euro für 2009, also von 2008,50 Euro monatlich, resultiert daraus bei einem Dynamisierungsfaktor von 0,9922 (vorläufiges Durchschnittsentgelt für 2011 von 30.268 Euro geteilt durch das Durchschnittsentgelt für 2009 von 30.506 Euro) ein maßgebliches Arbeitseinkommen von 1.992,83 Euro monatlich, woraus sich bei einem Beitragssatz von 19,9 v. H. ein monatlicher Beitrag von 396,57 Euro ergibt, wie von der Beklagten zutreffend festgesetzt.
Diese Beiträge schuldet die Klägerin der Beklagten.
Nach § 169 Nr. 1 SGB VI werden die Beiträge bei selbständig Tätigen von ihnen selbst getragen. Die Beiträge sind nach § 173 Satz 1 SGB VI, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, von denjenigen, die sie zu tragen haben (Beitragsschuldner), unmittelbar an die Träger der Rentenversicherung zu zahlen.
Die für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 geforderten Beiträge von 4.923,48 Euro (2.416,08 Euro für Januar bis Dezember 2006, 2.507,40 Euro für Januar 2007 bis Dezember 2008) schuldet die Klägerin hingegen mangels Versicherungspflicht nicht.
Die Berufung hat daher teilweise Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Beitragszahlung wegen Versicherungspflicht als selbständig tätige Pflegeperson.
Die im März 1960 geborene Klägerin ist seit dem 17. Mai 2005 in eigener Praxis als Ergotherapeutin tätig. Sie beschäftigt keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
Nachdem die Klägerin im Juni 2005 angegeben hatte, als Ergotherapeutin 40 Stunden wöchentlich mit einem Einstiegsgeld der Bundesagentur für Arbeit bisher ohne Arbeitseinkommen nur auf ärztliche Anordnung tätig zu sein und beantragt hatte, einkommensgerecht Beiträge zu zahlen, erteilte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt) den Bescheid vom 14. Juli 2005, mit dem sie verfügte, dass die Klägerin in ihrer selbständigen Tätigkeit ab 17. Mai 2005 versicherungsfrei sei, weil nur eine geringfügige selbständige Tätigkeit ausgeübt werde. Sie wies darauf hin, dass die Klägerin verpflichtet sei, die Beklagte unverzüglich zu benachrichtigen, wenn sie eine mehr als nur geringfügige selbständige Tätigkeit ausübe. Eine geringfügige selbständige Tätigkeit liege vor, wenn das Arbeitseinkommen aus der selbständigen Tätigkeit monatlich 400,00 Euro nicht übersteige.
Im Rahmen der Überprüfung ihres Versicherungsverlaufs teilte die Klägerin im Mai 2009 mit, seit 01. Juni 2005 als Ergotherapeutin mit den Aufgaben Planung, Organisation und Ausführung für Ärzte und Kinderärzte 50 bis 60 Stunden wöchentlich mit einem Arbeitseinkommen nicht über 400 Euro monatlich tätig zu sein. Sie legte eingegangen am 29. Juni 2009 den Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 11. Mai 2005, die Bescheide der Arbeitsgemeinschaft Stadt Brandenburg/Havel vom 22. Dezember 2004, 17. Juni 2005, 15. November 2005 und 06. Januar 2006 nebst Bescheid vom 05. Dezember 2006 und die Bescheide des Finanzamtes Brandenburg vom 06. November 2006, vom 21. Dezember 2007 und vom 05. Dezember 2008 vor.
Mit Bescheid vom 29. Juni 2009 verfügte die Beklagte, dass ab 01. Januar 2006 eine Änderung in der Beitragszahlung eintritt. Sie forderte Beiträge in Höhe des halben Regelbeitrages von Januar 2006 bis Dezember 2008 und einkommensgerecht ab Januar 2009 von insgesamt 10.194,72 Euro für Januar 2006 bis Juni 2009.
Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sehe sich angesichts der Beitragsforderung gezwungen, Insolvenz anzumelden. Es liege eine gesetzliche Regelungslücke vor. Sie stehe als selbständige Ergotherapeutin zwischen den Berufsbildern Logopädin (nicht versicherungspflichtig) und Physiotherapeutin (versicherungspflichtig). Zu ihrem Berufsbild gehörten sowohl Diagnostik als auch Therapieplanung; dennoch arbeite sie auf ärztliche Weisung/Verordnung. Sie fügte den Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 04. August 2009 bei.
Mit Bescheid vom 17. September 2009 forderte die Beklagte nunmehr Beiträge in Höhe des (niedrigeren) Regelbeitrages ab Januar 2009; die Gesamtforderung von Januar 2006 bis September 2009 setzte sie auf 11.254,71 Euro fest.
Die Klägerin trug ergänzend vor, das Berufsbild des Ergotherapeuten habe sich in den letzten Jahren massiv verändert. Diagnostik und eigenständige Therapieplanung gehörten zu ihrem Berufsalltag. Außerdem stellte sie Antrag auf Versicherungsfreiheit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit könnten ohne Nachweis der halbe Regelbeitrag gezahlt werden, danach werde der Regelbeitrag gezahlt. Für 2009 sei kein günstigeres Einkommen nachgewiesen worden.
Dagegen hat die Klägerin am 08. Januar 2010 Klage beim Sozialgericht Potsdam erhoben.
Sie ist der Ansicht gewesen, sie unterliege als selbständige Ergotherapeutin keiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und habe daher keine Beiträge zu entrichten. Weder nach dem Wortlaut des § 2 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) noch nach anderen Auslegungskriterien sei es gerechtfertigt, sie in den Kreis der versicherungspflichtigen Pflegepersonen einzubeziehen. Sie übe einen heilkundlichen Beruf und keinen von dieser Vorschrift erfassten Heilhilfsberuf aus. Das Berufsbild des Ergotherapeuten beinhalte in erster Linie die Behandlung von Menschen, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von einer Einschränkung bedroht seien. Das Ziel ergotherapeutischer Behandlung sei demnach die (Wieder-)Erlangung größtmöglicher motorischer, geistiger, psychischer und sozialer Selbständigkeit. Im Mittelpunkt stünden hierbei die alltäglichen Bedürfnisse der Patienten. Auch wenn sie praktisch ausschließlich auf ärztliche Verordnung tätig werde, stelle sie als Heilkundige Diagnosen und bestimme die Art und den Umfang der Behandlung frei von Weisungen des Arztes. Ergotherapeuten stützten sich auf eine Vielzahl von Behandlungsansätzen, Therapieverfahren und Methoden wie die sensorische Integrationstherapie, für die sie eine Weiterbildung im Umfang von zweimal jährlich eine Woche über drei Jahre absolviert habe, die Bobath-Therapie, das Affolter-Konzept oder die kognitiv-therapeutische Übungsbehandlung. Zu den Aufgaben eines Ergotherapeuten gehöre neben der Diagnostik auch das Erstellen von Behandlungsplänen. Sie selbst nehme insbesondere bei der Behandlung von Kindern auch eigene Testungen bezüglich der ärztlicherseits angegebenen Entwicklungsstörungen vor und spezifiziere diese Entwicklungsstörungen durch Tests. Die ärztliche Verordnung beziehe sich nur auf die Vorgabe der angestrebten Behandlungsziele einer Behandlung. Diese habe dann der Ergotherapeut aufgrund eigenständiger Befunderhebung nach einem von ihm selbständig und eigenverantwortlich zu erstellenden Therapieplan zu verwirklichen. Das Berufsbild des Ergotherapeuten habe sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Im Übrigen hat sich die Klägerin auf das (durch Gesetz vom 16. Juni 1998 - BGBl I 1998, 1311 - zum 01. Januar 1999 geänderte) Gesetz über den Beruf der Ergotherapeutin und des Ergotherapeuten (zuletzt geändert durch Gesetz vom 06. Dezember 2011 - BGBl I 2011, 2515) - Ergotherapeutengesetz und auf die ab 01. Juli 2000 gültige Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten (vom 02. August 1999 - BGBl I 1999, 1731; zuletzt geändert durch Gesetz vom 06. Dezember 2011 – BGBl I 2011, 2515) - Ergotherapeuten-APVO – bezogen. Die Klägerin hat zudem der Beklagten im Januar 2011 den Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 16. März 2010 (über Einkommensteuer für 2009 mit Einkünften aus selbständiger Arbeit von 24.102 Euro) vorgelegt.
Die Beklagte erteilte den Bescheid vom 01. Februar 2011, mit dem sie Beiträge in Höhe des Regelbeitrages ab Januar 2010 und einkommensgerecht ab Februar 2011 forderte; die Gesamtforderung setzte sie unter Berücksichtigung bereits gezahlter Beiträge für die Zeit bis Februar 2011 auf insgesamt 18.293,61 Euro fest.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 29. Juni 2009 in der Fassung des Bescheides vom 17. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2009 in der Fassung des Bescheides vom 01. Februar 2011 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R (abgedruckt in SozR 3-2600 § 2 Nr. 3) zum selbständigen Ergotherapeuten verwiesen. Sie hat außerdem daraufhin hingewiesen, dass der Wechsel von der Regelbeitragszahlung zur einkommensgerechten Beitragszahlung nur für die Zukunft erfolgen könne.
Mit Urteil vom 25. August 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Bescheide seien rechtmäßig. Die Klägerin unterliege als selbständige Ergotherapeutin der Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI. Die (versicherungsfreien) Heilkundigen stellten die Diagnosen und bestimmten die Art und den Umfang der medizinisch erforderlichen Behandlung des kranken Menschen. Im Unterschied hierzu stellten die (versicherungspflichtigen) in der Krankenpflege tätigen Personen weder eine Diagnose noch bestimmten sie Art und Umfang der Behandlung; sie würden auf Verordnung des heilkundigen Arztes oder Heilpraktikers tätig und seien dabei von dessen Weisungen abhängig. Die Weisungsabhängigkeit schließe nicht aus, dass die Arbeiten zwar aufgrund ärztlicher Verordnung verrichtet würden, die Pflegeperson jedoch bei der Durchführung von ärztlichen Weisungen weitgehend frei sei. Der Begriff der Krankenpflege sei in Abhängigkeit von der Weisungsgebundenheit an ärztliche Verordnungen weit zu verstehen und könne als Tätigwerden zur Heilung einer Krankheit, zur Verhütung ihrer Verschlimmerung oder zur Linderung der Krankheitsbeschwerden definiert werden. Dass der ergotherapeutischen Behandlung eine Funktionsanalyse und Anamnese durch den Ergotherapeuten vorauszugehen habe, mache die Tätigkeit des Ergotherapeuten noch nicht zu einer heilkundigen. Denn die Befunderhebung basiere auf dem ärztlich vorgegebenen Krankheitsbild und der damit in Zusammenhang angezeigten ergotherapeutischen Behandlung. Die Befunderhebung sei den Ergotherapeuten aufgrund der besonderen Fachkenntnis übertragen und gehöre zum Kernbereich der von ihnen eigenverantwortlich durchzuführenden ergotherapeutischen Maßnahmen. Das Erkennen und Abgrenzen des Krankheitsbildes im Sinne einer Differenzialdiagnose sowie die Entscheidung über die Anwendung von Ergotherapie, deren Dauer und ggf. Fortsetzung oblägen jedoch den Heilkundigen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R). Weder aus dem Ergotherapeutengesetz noch aus der Ergotherapeuten-APVO folge, dass es sich bei der Ergotherapie um eine heilkundige Tätigkeit handele. Die von der Beklagten erhobenen Beiträge seien auch der Höhe nach gerechtfertigt.
Gegen das ihrer Prozessbevollmächtigten am 12. Oktober 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. November 2011, einem Montag, eingelegte Berufung der Klägerin.
Sie meint, der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts fehle eine umfängliche Sachaufklärung bzw. Gesamtbetrachtung. Die Entscheidung beruhe lediglich auf einer älteren Entscheidung des BSG. Das Sozialgericht hätte sich zu weiteren Ermittlungen bzw. Betrachtungen, insbesondere zum Wandel des Berufsbildes des Ergotherapeuten sowie zu den besonderen fachlichen Qualifikationen der Klägerin gedrängt fühlen müssen. Die Bezeichnung Pflegeperson stehe bereits dem eindeutigen Ziel der Ergotherapie entgegen. Die Ergotherapie diene zur Herstellung und Wiederherstellung von psychosozialen, emotionalen, kognitiven und motorisch-funktionellen Fähigkeiten der Menschen jeglichen Alters. Die Tätigkeit der Ergotherapeuten sei somit nicht der Personenpflege zuzuordnen, sondern gehöre wie die der Logopäden zur Heilkunde. Das Berufsbild des Ergotherapeuten habe sich in den letzten Jahren erheblich gewandelt. So könne dem festgelegten Ausbildungsziel entnommen werden, dass Ergotherapeuten, auch wenn sie nach ärztlicher Verordnung tätig würden, wie Heilkundige Diagnosen stellten, die Art und den Umfang der Behandlung bestimmten und von Weisungen des Arztes frei seien. Ergotherapeuten berieten, behandelten und förderten Patienten jeden Alters, die durch eine physische oder psychische Erkrankung, durch eine Behinderung oder durch eine Entwicklungsverzögerung in ihrer Selbständigkeit und Handlungsfähigkeit beeinträchtigt bzw. von Einschränkungen bedroht seien. Die Ergotherapie habe zum Ziel, Menschen dabei zu helfen, eine durch Krankheit, Verletzung oder Behinderung verlorengegangene bzw. noch nicht vorhandene Handlungsfähigkeit im Alltagsleben wieder zu erreichen. Das Hauptarbeitsgebiet der Klägerin sei die Pädiatrie. Die Klägerin ermittle neben der Anamnese mit jedem Patienten per Screening motorische und sensorische Fähigkeiten/Defizite, die ggf. durch entsprechende Tests spezifiziert würden. Diese Ergebnisse seien Grundlage der darauf durch die Klägerin erfolgende Therapieplanung. Zu den Aufgaben eines Ergotherapeuten gehöre dabei auch die Diagnostik. Es finde nur eine allgemeine (grobe) Diagnose durch den Arzt statt, die einer spezifischen Diagnostik (durch zeitaufwendige Tests) durch den Ergotherapeuten bedürfe, um den Patienten erfolgreich therapieren zu können. Diese eigenständige Befunderhebung bzw. Diagnostik durch den Ergotherapeuten werde in der Entscheidung des Sozialgerichts nicht ausreichend betrachtet. Nach der Befunderhebung werde selbständig und eigenverantwortlich ein Therapieplan erarbeitet und in der Folgezeit umgesetzt bzw. durchgeführt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei die Diagnostik Bestandteil der schriftlichen Prüfung und habe somit erhebliche Bedeutung in der Ausbildung zum Ergotherapeuten und folglich für das Berufsbild. Die vergleichbare Dauer, der Gang der Ausbildung und das Tätigwerden hauptsächlich auf ärztliche Verordnung hin verlangten eine Gleichbehandlung mit den selbständigen Logopäden, die nach der Verwaltungspraxis der Beklagten als nicht versicherungspflichtig angesehen würden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 25. August 2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 29. Juni 2009 in der Fassung des Bescheides vom 17. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2009 in der Fassung des Bescheides vom 01. Februar 2011 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass sie seit dem 01. April 2012 auch Logopäden als versicherungspflichtig ansehe. Ihre neue Rechtsauffassung stütze sich insbesondere auf die Ausführungen, die das BSG im Urteil vom 11. November 2003 – B 12 RA 2/03 R und im Beschluss vom 12. Januar 2007 – B 12 R 14/06 B zu der Frage gemacht habe, ob so genannte Heilmittelerbringer selbst Heilkunde ausübten. Im genannten Urteil habe sich das BSG ausführlich mit dem Subordinationsverhältnis zwischen Heilkundigen und Heilmittelerbringern unter Bezugnahme auf die maßgeblichen Rechtsvorschriften, insbesondere § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und Abs. 6, § 125 Abs. 1 SGB V, auseinandergesetzt. In dem in der Heilmittel-Richtlinie beschriebenen Kooperationsverhältnis zwischen Arzt und Heilmittelerbringer messe das BSG dem Arzt die übergeordnete Bedeutung zu, weil die ärztliche Verordnung den gesamten Behandlungszyklus bestimme. Der Therapeut dürfe bei der Durchführung der Heilmittelbehandlung nicht von der Verordnung des Arztes abweichen. Der Arzt bleibe somit "Herr des gesamten Heilverfahrens". Zwar lasse das Subordinationsverhältnis für die Heilmittelerbringung durchaus Spielraum für eigene Gestaltungsmöglichkeiten (wie das Recht zur Erstellung eines individuellen Behandlungsplanes) zu. Dies ändere aber nichts an der grundsätzlichen Abhängigkeit der Heilmittelerbringer von der Verordnung des Arztes. Entscheidendes Argument für die Rentenversicherungspflicht selbständiger Logopäden und Ergotherapeuten sei, dass es sich bei beiden Therapierichtungen zweifelsfrei um Heilmittelerbringer handele, die auf ärztliche Anordnung bzw. Verordnung tätig würden, womit im Grundsatz zwangsläufig die Abhängigkeit von einem Heilkundigen (Arzt) verbunden sei. Sie könnten zwar den Inhalt ihrer Therapie selbst bestimmen und die Auswahl der Therapiemittel in eigener Verantwortung vornehmen. Dennoch müsse der Behandlungsplan auf der ärztlichen Diagnose und dem gegebenen Behandlungsziel aufgebaut werden. Ihnen obliege also ein Teil der Durchführung einer vom Heilkundigen gelenkten Gesamtbehandlung von kranken Menschen. Wegen des Eintrittes von Versicherungs- und Beitragspflicht sei vom Urteil des BSG vom 27. Juni 2011 – B 12 R 15/09 R auszugehen. Die danach vorzunehmende Prognoseentscheidung habe nicht der Träger der Rentenversicherung, sondern der Versicherte selbst zu treffen. Aufgabe des Trägers der Rentenversicherung sei es lediglich, diese Prognose auf ihre Plausibilität zu prüfen und einen Verwaltungsakt zu erlassen. Diese Pflichtenverteilung ergebe sich unmittelbar aus § 196 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI. Wenn der Versicherte der Pflicht, unverzüglich eine den veränderten aktuellen Verhältnissen entsprechende neue Prognose zu erstellen und mitzuteilen, nicht nachkomme, sei die alte, nicht mehr zutreffende Prognose rückwirkend durch eine richtige Prognose zu ersetzen. Entscheidend sei somit, zu welchem Zeitpunkt der Versicherte in der Lage sei zu erkennen, dass die bisherige Prognose nicht mehr zutreffe. Der Einkommensteuerbescheid sei lediglich als Indiz bzw. zur Untermauerung der Prognose heranzuziehen.
Der Senat hat einen Auszug aus berufe-net zum Ergotherapeuten beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Der Bescheid vom 29. Juni 2009 in der Fassung des Bescheides vom 17. September 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2009 ist ebenso wie der Bescheid vom 01. Februar 2011, der nach § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens geworden ist, teilweise rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin schuldet der Beklagten keine Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 4.923,48 Euro für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007, denn sie ist erst ab dem 01. Januar 2008 nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI versicherungspflichtig. Im Übrigen sind die Bescheide rechtmäßig.
Nach dieser Vorschrift gilt: Versicherungspflichtig sind selbständig tätige Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderkrankenpflege tätig sind und im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen.
Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die Klägerin ist selbständig tätig, denn nach ihren Angaben gestaltet sie im Wesentlichen ihre Tätigkeit frei in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art. Sie unterliegt insoweit nicht den Weisungen eines Anderen, so dass keine Anhaltspunkte für eine (abhängige) Beschäftigung bestehen.
Die Klägerin beschäftigt nach ihren Angaben keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer.
Die Klägerin ist auch als Pflegeperson tätig.
Der Begriff der Pflegeperson ist weit auszulegen. Er ist nicht beschränkt auf die Personen in der eigentlichen Krankenpflege, sondern erfasst alle Heilhilfsberufe, wie selbständige Masseure, medizinische Bademeister, Krankengymnasten (Physiotherapeuten) und Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten (Ergotherapeuten), wenn sie überwiegend aufgrund ärztlicher Verordnung behandeln, denn wegen dieser Abhängigkeit im Tätigwerden ist dieser Personenkreis der Heilhilfsberufe in gleicher Weise schutzbedürftig und auf soziale Sicherung angewiesen. An dieser Rechtslage hat sich mit In-Kraft-Treten des SGB VI nichts geändert (BSG, Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R m. w. N., insbesondere dazu grundlegend BSG, Urteil vom 30. Juni 1964 – 3 RK 40/59, abgedruckt in BSGE 21, 171 = SozR Nr. 2 zu § 166 RVO). Deren wirtschaftliche Lage ähnelt der der Arbeitnehmer, weil sie fast ausschließlich auf die Verwertung ihrer Arbeitskraft angewiesen sind (BSG, Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R).
Demgegenüber werden diejenigen Personen, die Heilkunde ausüben, wie Ärzte und Heilpraktiker, nicht von § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI erfasst (BSG, Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R m. w. N.)
Wesentliches Kennzeichen der Tätigkeit der Heilkundigen ist die Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen. Die Heilkundigen stellen die Diagnose und bestimmen die Art und den Umfang der medizinisch erforderlichen Behandlung des kranken Menschen. Im Unterschied hierzu stellen die Pflegepersonen weder eine Diagnose, noch bestimmen sie Art und Umfang der Behandlung; sie werden auf Verordnung des Heilkundigen tätig und sind dabei von dessen Weisungen abhängig. Diese Weisungsabhängigkeit der Pflegepersonen bei der Verrichtung ihrer Tätigkeiten im Einzelnen hat die Rechtsprechung dabei in den verschiedenen pflegerischen Berufen nicht als grundsätzlich unterschiedlich angesehen. Sie schließt nicht aus, dass die Arbeiten zwar aufgrund ärztlicher Verordnung verrichtet werden, die Pflegepersonen jedoch bei der Durchführung von ärztlichen Weisungen je nach Lage des Gepflegten oder Betreuten unter Umständen weitgehend frei sind (BSG, Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R).
In letztgenanntem Urteil hat das BSG dem Berufsbild, wie es sich aus dem Beschäftigungs- und Arbeitstherapeutengesetz vom 25. Mai 1976 (BGBl. I 1976, 1246, zuletzt geändert durch Gesetz vom 08. März 1994, BGBl. I 1994, 446) in Verbindung mit der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten vom 23. März 1977 (BGBl. I 1977, 509, zuletzt geändert durch Verordnung vom 06. Dezember 1994, BGBl. I 1994, 3770) und der Entstehungsgeschichte der Regelungen ergibt, nicht entnehmen können, dass Ergotherapeuten, auch wenn sie nach ärztlicher Verordnung tätig werden, wie Heilkundige Diagnosen stellen und die Art sowie den Umfang der Behandlung frei von Weisungen des Arztes bestimmen.
Das BSG hat aus den Ausbildungs- und Prüfungsregelungen eine vertiefte Ausbildung, insbesondere in der Diagnostik, aber auch in der Befunderhebung und dem Aufstellen von Behandlungsplänen nicht erkennen können. In der Prüfung ist ein Nachweis von Fähigkeiten auf diesen für die Heilkunde typischen Gebieten kaum gefordert worden. Nur in 260 Unterrichtsstunden im Rahmen der Ausbildung "spezielle Krankheitslehre" und im Rahmen der Unterweisung in fachspezifische Behandlungstechniken (240 Stunden) sind auch diagnostische Kenntnisse bzw. Kenntnisse im Aufstellen von Behandlungsplänen vermittelt worden. Im Rahmen der Ausbildung in Psychologie (100 Unterrichtsstunden) ist eine Einführung in die Psychodiagnostik vorgesehen gewesen. Die schriftliche Prüfung hat zwar die Fächer "spezielle Krankheitslehre" und "Psychologie" erfasst, der Nachweis von Kenntnissen ist aber nicht gefordert worden. Im Rahmen der praktischen Prüfung ist im Prüfungsfach "angewandte Beschäftigungs- und angewandte Arbeitstherapie" lediglich ein schriftlicher Bericht über den beschäftigungstherapeutischen Behandlungsplan und die Durchführung der Behandlung vorzulegen gewesen. In Auswertung der Materialien zum Beschäftigungs- und Arbeitstherapeutengesetz (Bundestag-Drucksache 7/3113 S. 6 bis 8 und Bundestag-Drucksache 7/4834 S. 3 und 5) hat das BSG festgestellt, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass die Tätigkeit des Ergotherapeuten in erster Linie ärztlich überwachte Behandlungen umfasst und durch ein enges Zusammenwirken von Ärzten, Krankenpflegepersonal, Krankengymnasten, Psychologen sowie Pädagogen, Sozialarbeitern und Spezialarbeitern für die Ausbildung und für Berufsfragen gekennzeichnet gewesen ist.
Zur Berufsausübung hat das BSG ausgeführt, dass der Ergotherapeut aufgrund gesetzlicher und vergleichbarer Regelungen im Sozialversicherungsrecht, im beamtenrechtlichen Beihilferecht und im Recht der privaten Krankenversicherung von der selbständigen, ausschließlich eigenverantwortlichen Behandlung von Erkrankungen weitgehend ausgeschlossen ist. Er wird in diesen Bereichen nicht als Heilkundiger, sondern als Heilmittelerbringer bzw. nicht ärztlicher Heilbehandler angesehen.
Zusammenfassend hat es das BSG, auch wenn in der ärztlichen Verordnung im Einzelfall nur die Krankheitsbezeichnung, die Therapie (Ergotherapie) und die Zahl der Behandlungen angegeben ist, für wesentlich erachtet, dass damit die Entscheidung über das "ob" der Behandlung und deren Dauer vom Arzt getroffen und auch das Behandlungsziel, die Besserung oder Heilung der mit der Diagnose bezeichneten krankhaften Störung, vorgegeben ist. Demgegenüber wird die Tätigkeit des Ergotherapeuten nicht deswegen zu einer heilkundigen Tätigkeit, weil der Behandlung eine ergotherapeutische Funktionsanalyse und Anamnese durch den Ergotherapeuten vorauszugehen hat. Diese Befunderhebung ist (nämlich) auf das ärztlich vorgegebene Krankheitsbild und die damit in Zusammenhang angezeigte ergotherapeutische Behandlung abgestellt. Sie ist dem Ergotherapeuten aufgrund seiner besonderen Fachkenntnisse übertragen und gehört zum Kernbereich der von ihm eigenverantwortlich durchzuführenden ergotherapeutischen Maßnahmen. Das Erkennen und Abgrenzen des Krankheitsbildes im Sinne einer Differenzialdiagnose sowie die Entscheidung über die Anwendung von Ergotherapie, deren Dauer und ggf. deren Fortsetzung nach Verbrauch der Erst- oder Folgeverordnung obliegen jedoch dem Arzt.
Ausgehend davon gehört die Klägerin als Ergotherapeutin zu den Pflegepersonen nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, denn sie wird praktisch ausschließlich auf ärztliche Verordnung hin tätig. Eine wesentliche Wandlung des Berufsbildes ist seit dem Urteil des BSG vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R nicht festzustellen.
Das Ergotherapeutengesetz nennt weiterhin nicht die Aufgabenstellung des Berufs des Ergotherapeuten. Es bestimmt in § 1 Abs. 1, dass, wer eine Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung "Ergotherapeutin" oder "Ergotherapeut" ausüben will, der Erlaubnis bedarf. Die Ausbildung nach diesem Gesetz wird an staatlich anerkannten Schulen für Ergotherapeuten durchgeführt (§ 4 Abs. 1 Ergotherapeutengesetz), wobei zur Erprobung von Ausbildungsangeboten, die der Weiterentwicklung des Ergotherapeutenberufs unter Berücksichtigung der berufsfeldspezifischen Anforderungen sowie moderner berufspädagogischer Erkenntnisse dienen sollen, davon insoweit abgewichen werden kann, dass an die Stelle der Schule die Hochschule tritt (§ 4 Abs. 5 Sätze 1 und 2 Ergotherapeutengesetz). Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Ergotherapeutengesetz regelt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates in einer Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Ergotherapeuten die Mindestanforderungen an die Ausbildung, das Nähere über die staatliche Prüfung und die Urkunde über die Erlaubnis nach § 1 Ergotherapeutengesetz. Im Übrigen enthält das Ergotherapeutengesetz Vorschriften über eine nach früherem Recht erteilte vergleichbare Erlaubnis (§§ 8, 8 a und 9 Ergotherapeutengesetz).
Die Ergotherapeuten-APVO enthält zwar gegenüber der bisherigen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Änderungen. Diese sind jedoch nicht dergestalt, dass nunmehr der Beruf des Ergotherapeuten als heilkundlicher Beruf zu bewerten ist.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Ergotherapeuten-APVO umfasst die dreijährige Ausbildung mindestens den in der Anlage 1 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht von 2700 Stunden (bisher 2360 Stunden) und die aufgeführte praktische Ausbildung von 1700 Stunden (bisher 1860 Stunden). Bei einer geringfügigen Erhöhung der Gesamtstundenzahl hat damit der Unterricht gegenüber der praktischen Ausbildung eine Ausweitung erfahren. Im theoretischen und praktischen Unterricht sind 280 Stunden (bisher 260 Stunden) für die spezielle Krankheitslehre einschließlich diagnostischer, therapeutischer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie psychosozialer Aspekte vorgesehen (Anlage 1 Ziffer 6). Bei den einzelnen Behandlungsverfahren (motorisch-funktionelles Behandlungsverfahren mit 100 Stunden, neurophysiologisches Behandlungsverfahren mit 100 Stunden, neuropsychologisches Behandlungsverfahren mit 100 Stunden, psychosoziales Behandlungsverfahren mit 100 Stunden, arbeitstherapeutisches Verfahren mit 100 Stunden und adaptierendes Verfahren in der Ergotherapie mit 40 Stunden werden neben anderen Kenntnissen auch jeweils Befunderhebung, Diagnostik und Dokumentation vermittelt (Anlage 1 Ziffern 16.2, 17.4, 18.2, 19.2, 20.4 und 21.2). Dies erfolgt jedoch weitgehend zum Zwecke standardisierter Testverfahren (Anlage 1 Ziffer 16.2.1, 17.4.2, 18.2.1., 20.4.2 und 21.2.1) während sich die Erhebung eines Sicht- und Tastbefundes, einer Muskelfunktionsprüfung, einer Sensibilitätsprüfung und einer Gelenkmessung auf das motorisch-funktionelle Behandlungsverfahren (Anlage 1 Ziffer 16.2.2) und die Erhebung des Reflexstatus auf das neurophysiologische Behandlungsverfahren (Anlage 1 Ziffer 17.4.1) beschränkt. Unabhängig davon ist aber auch diese Befunderhebung und Diagnostik ausschließlich auf die angezeigte ergotherapeutische Behandlung abgestellt, denn diese ist lediglich Teil der aufgezeigten verschiedenen Behandlungsverfahren. Bei der Psychologie und Pädagogik mit 210 Stunden ist eine Einführung in die Psychodiagnostik nicht (mehr) vorgesehen (Anlage 1 Ziffer 10). Der schriftliche Teil der Prüfung erfasst nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Ergotherapeuten-APVO auch die spezielle Krankheitslehre einschließlich diagnostischer, therapeutischer, präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie psychosoziale Aspekte. Sie trägt damit zwar in vollem Umfang dem theoretischen und praktischen Unterricht (Anlage 1 Ziffer 6) Rechnung. Auch wenn damit im Unterschied zur früheren Ausbildungs- und Prüfungsordnung diagnostische Maßnahmen zum Prüfungsgegenstand rechnen, bedeutet dies noch keine schwerpunktmäßige Verlagerung auf die Diagnostik, denn der Unterrichtsinhalt hat insoweit allenfalls eine ganz geringfügige Ausweitung erfahren. Im praktischen Teil der Prüfung hat der Prüfling gemäß eines von ihm vorher zu erstellenden Arbeitsplanes unter Aufsicht ein Werkstück, eine Schiene, ein Hilfsmittel oder einen anderen therapeutischen Gegenstand anzufertigen und die therapeutische Einsatzmöglichkeit zu analysieren und zu begründen sowie mit einem Patienten oder mit einer Patientengruppe eine ergotherapeutische Behandlung durchzuführen, die auf der Grundlage eines schriftlichen Prüfungsberichtes über die ergotherapeutische Befunderhebung, die Behandlungsplanung und deren Durchführung beruht (§ 7 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 Ergotherapeuten-APVO). Der praktische Teil der Prüfung knüpft somit ebenfalls an den oben dargestellten theoretischen und praktischen Unterricht jedenfalls insoweit an, als der Prüfungsbericht auch die ergotherapeutische Befunderhebung umfasst, während nach der bisherigen Ausbildungs- und Prüfungsordnung neben der Vorführung der Anwendung der Beschäftigungstherapie an einem bekannten Patienten oder einer Gruppe von solchen lediglich ein schriftlicher Bericht über den beschäftigungstherapeutischen Behandlungsplan und die Durchführung der Behandlung vorzulegen war (vgl. dazu § 6 Abs. 3 Sätze 1 und 2 der entsprechenden Verordnung vom 23. März 1977). Dies bedeutet jedoch ebenfalls keine substanzielle Veränderung, denn, wie oben dargelegt, ist diese Befunderhebung, wie § 7 Abs. 1 Nr. 2 Ergotherapeuten-APVO zum Ausdruck bringt, eine ergotherapeutische Befunderhebung, also eine solche ausschließlich zum Zweck der Durchführung der dargestellten einzelnen Behandlungsverfahren.
Schließlich lässt auch die Berufsausübung nicht auf eine wesentliche Änderung des Berufsbildes des Ergotherapeuten schließen.
Die Ergotherapie zählt in der gesetzlichen Krankenversicherung und im Rehabilitationsrecht der Sozialversicherung weiterhin zu den Heilmitteln (§ 124 Abs. 1 SGB V, § 26 Abs. 2 Nr. 4 SGB IX). Sie ist von den Sozialleistungsträgern nur auf ärztliche Verordnung hin zu gewähren (§ 15 Abs. 1 Satz 2, § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V, § 30 SGB VII). Das Verhältnis zwischen Arzt und Heilmittelerbringer wird für den Bereich der Sozialversicherung weiterhin in unveränderter Weise durch die Heilmittelrichtlinie in der letzten Fassung vom 20. Januar 2011/19. Mai 2011 (Bundesanzeiger 2011 Nr. 96 S. 2247), die nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V vom Gemeinsamen Bundesausschuss beschlossen ist, deutlich. Diese Richtlinie ist u. a. für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte sowie die weiteren Leistungserbringer verbindlich (§ 1 Abs. 3 Satz 1). Heilmittel sind persönlich zu erbringende medizinische Leistungen. Heilmittel sind insbesondere die einzelnen Maßnahmen der Ergotherapie nach §§ 36 bis 40 (§ 2 Abs. 1). Die Abgabe von Heilmitteln zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen setzt eine Verordnung durch eine Vertragsärztin oder einen Vertragsarzt voraus. Die Therapeutin oder der Therapeut ist grundsätzlich an die Verordnung gebunden (§ 3 Abs. 1 Sätze 1 und 2). Sind auf dem Verordnungsvordruck Angaben zur Frequenz der Heilmittelbehandlung gemacht, ist eine Abweichung davon nur zulässig, wenn zuvor zwischen der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt und der Therapeutin oder dem Therapeuten ein abweichendes Vorgehen verabredet wurde (§ 16 Abs. 2 Satz 1). Ergibt sich bei der Durchführung der Behandlung, dass mit dem verordneten Heilmittel voraussichtlich das Therapieziel nicht erreicht werden kann oder dass die Patientin oder der Patient in vorab nicht einschätzbarer Weise auf die Behandlung reagiert, hat die Therapeutin oder der Therapeut darüber unverzüglich die Vertragsärztin oder den Vertragsarzt, die oder der die Verordnung ausgestellt hat, zu informieren und die Behandlung zu unterbrechen. Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt entscheidet über eine Änderung oder Ergänzung des Therapieplans, eine neue Verordnung oder die Beendigung der Behandlung (§ 16 Abs. 4). Die Maßnahmen der Ergotherapie dienen der Wiederherstellung, Entwicklung, Verbesserung, Erhaltung oder Kompensation der krankheitsbedingt gestörten motorischen, sensorischen, psychischen und kognitiven Funktionen und Fähigkeiten (§ 35 Abs. 1). Sie bedienen sich komplexer aktivierende und handlungsorientierter Methoden und Verfahren (§ 35 Abs. 2). Zu den Maßnahmen der Ergotherapie gehören die in den §§ 36 bis 40 genannten verordnungsfähigen Heilmittel (§ 35 Abs. 4 Satz 1), nämlich die motorisch-funktionelle Behandlung (§ 36), die sensomotorisch-perzeptive Behandlung (§ 37), das Hirnleistungstraining/neuropsychologisch orientierte Behandlung (§ 38), die psychisch-funktionelle Behandlung (§ 39) und therapieergänzende Maßnahmen (§ 40). Vor der Erstverordnung von Maßnahmen der Ergotherapie ist eine Eingangsdiagnostik notwendig. Bei der Eingangsdiagnostik sind störungsbildabhängig diagnostische Maßnahmen durchzuführen, zu veranlassen oder zeitnah erhobene Fremdbefunde heranzuziehen, um einen exakten Befund zu funktionellen/strukturellen Schädigungen sowie Fähigkeitsstörungen zu erhalten (§ 41 Abs. 1). Der Vertragsarzt entscheidet störungsbildabhängig, welche Maßnahmen der weiterführenden Diagnostik er durchführt bzw. veranlasst (§ 41 Abs. 3 Satz 2).
Dieses gesetzlich vorgesehene und u. a. durch die Heilmittelrichtlinie konkretisierte Subordinationsverhältnis zwischen Ärzten und Heilmittelerbringern lässt für die Heilmittelerbringer durchaus Spielraum für eigene Gestaltungsmöglichkeiten. Diese Gestaltungsmöglichkeiten ändern allerdings nichts an der grundsätzlichen Abhängigkeit der Heilmittelerbringer von der Verordnung des Arztes (so BSG, Urteil vom 11. November 2003 – B 12 RA 2/03 R zum Physiotherapeut als Pflegeperson nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI).
Nichts anderes gilt für Ergotherapeuten, denn auf diese findet gleichfalls die Heilmittelrichtlinie Anwendung.
Dem Auszug aus Berufenet zur Ergotherapeutin ist nichts anderes zu entnehmen. Danach beraten, behandeln und fördern Ergotherapeuten Patienten jeden Alters, die durch eine physische oder psychische Erkrankung, durch eine Behinderung oder durch eine Entwicklungsverzögerung in ihrer Selbständigkeit und Handlungsfähigkeit beeinträchtigt bzw. von Einschränkungen bedroht sind. Bei jedem Patienten werden dazu zunächst vorhandene Defizite erfasst und diagnostiziert und anschließend die Behandlung individuell darauf abgestimmt. Dazu erstellen die Ergotherapeuten individuelle Therapiepläne für ihre Patienten. Diese Maßnahmen sind dem Ergotherapeuten aufgrund seiner besonderen Fachkenntnis übertragen und gehören zum Kernbereich der von ihm eigenverantwortlich durchzuführenden ergotherapeutischen Behandlung. Im Übrigen ist Berufenet zu nehmen, dass Leistungen der Ergotherapie nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden dürfen. Damit wird auf den dargestellten Bereich der Sozialversicherung Bezug genommen. Anhaltspunkte dafür, dass sich im beamtenrechtlichen Beihilferecht und im Recht der privaten Krankenversicherung die Stellung des Ergotherapeuten bei der Behandlung von Erkrankungen zwischenzeitlich geändert haben könnte, sind weder ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen.
Bei dieser Sachlage trifft die Aussage des BSG im Urteil vom 04. Juni 1998 – B 12 KR 9/97 R weiterhin zu, wonach das Erkennen und Abgrenzen des Krankheitsbildes im Sinne einer Differenzialdiagnose sowie die Entscheidung über die Anwendung von Ergotherapie, deren Dauer und ggf. deren Fortsetzung nach Verbrauch der Erst- oder Folgeverordnung dem Arzt obliegen und demzufolge der überwiegend aufgrund ärztlicher Verordnung tätige Ergotherapeut keinen Beruf der Heilkunde, sondern einen Heilhilfsberuf nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI ausübt.
Die Klägerin ist in ihrer selbständigen Tätigkeit als Pflegeperson nicht mehr versicherungsfrei.
Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI sind in dieser selbständigen Tätigkeit versicherungsfrei Personen, die eine geringfügige selbständige Tätigkeit (§ 8 Abs. 3, § 8 a SGB IV) ausüben. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 SGB IV liegt eine geringfügige selbständige Tätigkeit vor, wenn 1. das Arbeitseinkommen aus dieser selbständigen Tätigkeit regelmäßig im Monat 400 Euro nicht übersteigt, 2. die selbständige Tätigkeit innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens 2 Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt (oder im voraus vertraglich begrenzt ist), es sei denn, dass die selbständige Tätigkeit berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Arbeitseinkommen 400 Euro im Monat übersteigt.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die selbständige Tätigkeit als Ergotherapeutin ist nicht ihrer Eigenart nach auf die genannte zeitliche Dauer begrenzt. § 8 a SGB IV ist nicht einschlägig, denn diese Vorschrift betrifft geringfügige selbständige Tätigkeiten in Privathaushalten. Die Klägerin erzielte zwischenzeitlich ein Arbeitseinkommen, das 400 Euro monatlich überstieg.
Nach § 161 Abs. 1 SGB VI sind die beitragspflichtigen Einnahmen Beitragsbemessungsgrundlage für Versicherungspflichtige. Beitragspflichtige Einnahmen sind nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI bei selbständig Tätigen ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, bei Nachweis eines niedrigeren oder höheren Arbeitseinkommens jedoch dieses Arbeitseinkommen, mindestens jedoch monatlich 400 Euro.
Dabei bezeichnet Arbeitseinkommen gemäß der in § 15 Abs. 1 SGB IV geregelten eigenständigen Definition den nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelten Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit, wobei nach dessen Satz 2 Einkommen als Arbeitseinkommen zu werten ist, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist.
Bei der Verweisung auf die "allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts" handelt es sich um eine dynamische Verweisung (so BSG, Urteil vom 16. Mai 2001 – B 5 RJ 46/00 R), so dass das Einkommensteuergesetz (EStG) in der jeweiligen Fassung Anwendung findet, die bei der Erzielung des Einkommens gilt bzw. galt. Zu den "allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts" zählt auch der horizontale und eingeschränkt der vertikale Verlustausgleich (im jeweiligen Veranlagungszeitraum) nach § 2 Abs. 3 EStG. Danach ist (nur) die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersentlastungsbetrag und den Abzug nach § 13 Abs. 3 EStG, der Gesamtbetrag der Einkünfte. Dies bedeutet, dass positive wie negative Einkünfte (Verluste) innerhalb einer Einkunftsart (horizontal) verrechnet werden und, falls danach noch Verluste bestehen, dies auch mit Gewinnen aus den anderen Einkunftsarten (vertikal) möglich ist. Im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist auch ein vertikaler Verlustausgleich im jeweiligen Veranlagungszeitraum zu beachten, allerdings nur innerhalb der drei Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG, also der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit, denn nur diese sind in § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV unter den sozialrechtlichen Begriffen des Arbeitseinkommens bzw. des Gewinns aus einer selbständigen Tätigkeit zusammengefasst. Der Verlustabzug nach § 10 d EStG entweder als Verlustrücktrag (§ 10 d Abs. 1 EStG) oder als Verlustvortrag (§ 10 d Abs. 2 EStG) zählt hingegen nach Gesetzeswortlaut und Systematik des EStG nicht zu den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts, die der Durchsetzung des Prinzips der (Jahres-)Abschnittsbesteuerung dienen, denn§ 10 d EStG ermöglicht gerade das Gegenteil, nämlich die Durchbrechung dieses Prinzips (so BSG, Urteil vom 16. Mai 2001 – B 5 RJ 46/00 R).
Während die Klägerin danach für 2005 aus ihrer selbständigen Tätigkeit einen Verlust von 23.746 Euro (Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 06. November 2006) erzielte, betrug das Arbeitseinkommen in den nachfolgenden Kalenderjahren über 400 Euro monatlich. Dies gilt auch für das Kalenderjahr 2006. Nach dem Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 21. Dezember 2007 betrugen die Einkünfte aus selbständiger Arbeit 24.190 Euro. Dieser Bescheid weist zwar auch einen Verlustvortrag von 23.746 Euro aus, der zu einem negativen zu versteuernden Einkommen führte. Dieser Verlustvortrag muss jedoch unberücksichtigt bleiben, denn er gehört, wie dargelegt, nicht zu den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts. Das Arbeitseinkommen der Klägerin betrug im Kalenderjahr 2007 26.942 Euro (Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 05. Dezember 2008), im Kalenderjahr 2008 36.562 Euro (Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 04. August 2009) und im Kalenderjahr 2009 24.102 Euro (Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 16. März 2010).
Daraus folgt jedoch noch nicht, dass die Beklagte bereits ab 01. Januar 2006 von der Klägerin Beiträge verlangen darf, denn dies setzt zunächst die Aufhebung des Bescheides vom 14. Juli 2005 über die Feststellung der Versicherungsfreiheit voraus.
Die Aufhebung dieses Bescheides ist mit dem Erlass des angefochtenen Bescheides vom 29. Juni 2009 erfolgt. Dies wird in diesem Bescheid ausreichend deutlich verlautbart.
Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dieses Erfordernis bezieht sich auf den Verfügungssatz des Verwaltungsaktes, nicht jedoch auf dessen Gründe. Aus dem Verfügungssatz muss für den Betroffenen vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will (BSG, Urteil vom 06. Februar 2007 - B 8 KN 3/06 R, abgedruckt in SozR 4-2600 § 96a Nr. 9 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 23. Februar 1989 - 11/7 RAr 103/87, abgedruckt in SozR 1500 § 55 Nr. 35 S 39) Die Aufhebung eines früheren Bescheides muss aber nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann auch durch einen konkludenten, jedoch hinreichend deutlichen Verwaltungsakt erfolgen. Es genügt, wenn aus den Formulierungen, Hinweisen und Auskünften des Verwaltungsaktes für einen verständigen, objektiven Erklärungsempfänger klar erkennbar zum Ausdruck kommt, dass der bisherige Verwaltungsakt nicht mehr gelten soll (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - B 5 RJ 42/99 R, zitiert nach juris; BSG, Urteil vom 24. Februar 1999 - B 5 RJ 32/98 R, zitiert nach juris; jeweils in Abgrenzung zu BSG, Urteil vom 16. Dezember 1997 - 4 RA 56/96, zitiert nach juris und BSG, Urteil vom 29. April 1997 - 4 RA 25/96, zitiert nach juris jeweils zur Aufhebung eines Bescheides über eine bewilligte Leistung). Zur Auslegung des Verfügungssatzes kann somit die Begründung des Verwaltungsaktes herangezogen werden. Zudem kann auf ihm beigefügte Unterlagen, aber auch auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte zurückgegriffen werden (BSG, Urteil vom 06. Februar 2007 - B 8 KN 3/06 R, abgedruckt in SozR 4-2600 § 96a Nr. 9 m. w. N.)
Ausgehend von einem verständigen, objektiven Erklärungsempfänger ist ersichtlich, dass die Beklagte an ihrer letzten Verwaltungsentscheidung über die Versicherungsfreiheit nicht mehr festhalten wollte.
Ebenso wie mit der Ablehnung der Zahlung einer Leistung in der bisherigen Höhe, womit erkennbar wird, dass die vorangegangene Leistungsbewilligung nicht mehr aufrechterhalten wird, insbesondere wenn der Berechtigte mit Änderungen in der Höhe des bisher gewährten Leistung rechnen musste (vgl. dazu BSG, Urteil vom 08. Oktober 1998 - B 10 LW 3/97 R, abgedruckt in SozR 3-5868§ 32 Nr. 2), ist mit einem Bescheid über die Erhebung von Beiträgen wegen des Eintritts von Versicherungspflicht infolge der Erzielung eines höheren Arbeitseinkommens, womit die Klägerin aufgrund des Inhalts des Bescheides vom 14. Juli 2005 rechnen musste, unzweideutig erkennbar geworden, dass die bisherige Feststellung der Versicherungsfreiheit keinen Bestand mehr haben soll, womit zugleich die Beklagte ihren unmissverständlichen Willen bekundet hat, dass einem entgegen stehenden Bescheid keine Rechtswirkung mehr zukommt. Bei dieser Sachlage kann ein verständiger, objektiver Erklärungsempfänger zu keiner anderen Auslegung als derjenigen kommen, dass die Beklagte mit dem Bescheid vom 29. Juni 2009 den Bescheid vom 14. Juli 2005 aufgehoben hatte
Als Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebung des Bescheides vom 14. Juli 2005 über die Feststellung der Versicherungsfreiheit kommt § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Betracht.
Danach gilt: Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.
Der Bescheid vom 14. Juli 2005 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 1997 - 12 RK 34/96, abgedruckt in BSGE 80, 215, 217 = SozR 3-2940 § 7 Nr. 4 m. w. N.; BSG, Urteil vom 16. Oktober 2002 – B 10 LW 5/01 R, abgedruckt in SozR 3-5868 § 3 Nr. 5 zu Bescheiden über die Befreiung von der Versicherungspflicht).
Die bei seinem Erlass vorgelegenen tatsächlichen Verhältnisse, nämlich das aus der selbständigen Tätigkeit als Ergotherapeutin resultierende maßgebende Arbeitseinkommen, haben sich geändert, denn die Klägerin erzielt zwischenzeitlich ein Arbeitseinkommen, das 400 Euro monatlich und damit die Grenze der geringfügigen selbständigen Tätigkeit übersteigt.
Diese Änderung ist auch wesentlich, denn damit wurde die Klägerin nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI versicherungspflichtig.
Allerdings ist damit noch nichts darüber ausgesagt, ab welchem Zeitpunkt die Versicherungspflicht eintritt.
Ob die für die Geringfügigkeit maßgebende Entgeltgrenze regelmäßig im Monat oder nur gelegentlich unterschritten bzw. regelmäßig im Monat oder nur gelegentlich überstiegen wird, ob also Versicherungsfreiheit oder Versicherungspflicht vorliegt, beurteilt sich im Wege einer vorausschauenden Betrachtung. Dies folgt aus dem Begriff regelmäßig und bedeutet dass, wie im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung eine vorausschauende und nicht eine rückschauende Betrachtung anzuwenden ist. Der maßgebende Begriff der Regelmäßigkeit setzt eine gewisse Stetigkeit, Dauer und Gesetzmäßigkeit voraus (vgl. auch BSG, Urteil vom 16. Oktober 2002 – B 10 LW 5/01 R, abgedruckt in SozR 3-5868 § 3 Nr. 5, zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG).
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG erfordert die Beurteilung der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit eine Prognose bzw. vorausschauende Schätzung. Das hat das BSG allgemein zu Statusentscheidungen im Sozialversicherungsrecht wiederholt entschieden, etwa im Zusammenhang mit der Jahresarbeitsverdienstgrenze des § 165 Abs 1 Nr. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. der Jahresarbeitsentgeltgrenze des § 6 Abs 1 Nr. 1 SGB V, der Geringfügigkeitsgrenze des § 168 RVO und des § 4 Abs 1 Nr. 5 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) sowie des § 8 SGB IV und schließlich im Zusammenhang mit dem regelmäßigen monatlichen Gesamteinkommen i. S. des § 205 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 RVO sowie des § 10 Abs 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V. Zur Begründung hat das BSG darauf verwiesen, dass eine rückwirkende Betrachtung mit dem Wesen der Sozialversicherung nicht vereinbar sei, und es im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger liegt, die Frage der Versicherungspflicht und der Versicherungsfreiheit schon zu Beginn zu klären, weil dies nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflicht von entscheidender Bedeutung ist. Gründe, die dafür sprechen könnten, an dieser Rechtsprechung nicht mehr festzuhalten, sind nicht ersichtlich. Deswegen hat das BSG diese ständige Rechtsprechung auch auf pflichtversicherte Selbständige in der gesetzlichen Rentenversicherung angewandt (BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 – B 12 R 15/09 R, abgedruckt in SozR 4-2600 § 5 Nr. 6, m. w. N).
Die hiernach erforderliche Prognose erfordert keine alle Eventualitäten berücksichtigende genaue Vorhersage, sondern lediglich eine ungefähre Einschätzung, welches Arbeitseinkommen nach der bisherigen Übung mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Im Prognosezeitpunkt muss davon auszugehen sein, dass sich das Arbeitseinkommen bei normalem Ablauf der Dinge nicht relevant verändert. Grundlage der Prognose können dabei lediglich Umstände sein, von denen in diesem Zeitpunkt anzunehmen ist, dass sie das Arbeitseinkommen bestimmen werden. Erweist sich eine richtige Prognose im Nachhinein infolge nicht vorhersehbarer Umstände als unzutreffend, so bleibt sie für die Vergangenheit gleichwohl maßgebend. Stimmt die richtige Prognose mit dem späteren Verlauf nicht überein, so kann das jedoch Anlass für eine neue Prüfung und wiederum vorausschauende Betrachtung sein. Es kommt dann darauf an, ob es sich bei dem mit der ursprünglichen Prognose nicht mehr übereinstimmenden Sachverhalt um vorübergehende, mehr zufällige Abweichungen handelt oder ob hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass die bisher das Arbeitseinkommen bestimmenden Umstände sich nicht nur vorübergehend geändert haben und zu einem anderen regelmäßigen Arbeitseinkommen im Monat führen. Diese Grundsätze gelten auch für rückwirkende Entscheidungen. In diesem Fall muss nachträglich eine vorausschauende Betrachtung vorgenommen werden, wobei von dem Erkenntnisstand, der damals vorhanden war, auszugehen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei selbständig Tätigen deren Arbeitseinkommen fast immer schwankend ist. Es ist daher für die auf das Jahr bezogene Prognose von dem bekannten letzten Jahreseinkommen auszugehen. Bei selbständig Tätigen, die ihre Einnahmen zum Teil zeitlich disponieren können, bietet sich nämlich als oft allein praktikable Möglichkeit an, aus den regelmäßigen Einnahmen über einen längeren Zeitraum einen Monatsbetrag zu ermitteln (BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 – B 12 R 15/09 R).
Dieser Rechtsprechung ist nichts dafür zu entnehmen, dass der Versicherte die danach erforderliche Prognose zu treffen hätte. Der Versicherte hat, wie nachfolgend ausgeführt wird, lediglich die Tatsachen mitzuteilen, die für eine Änderung der Prognose maßgebend sind. Auf dieser Grundlage hat dann der Rentenversicherungsträger zu entscheiden, ob eine neue Prognose zu treffen ist und gegebenenfalls in Ausführung dieser Beurteilung den erforderlichen Verwaltungsakt zu erlassen.
In vorausschauender Betrachtung ging die Beklagte bei Erteilung des Bescheides vom 14. Juli 2005 zutreffend davon aus, dass die Klägerin wegen einer geringfügigen Tätigkeit zunächst versicherungsfrei blieb. Seinerzeit teilte die Klägerin mit, die Beiträge einkommensgerecht zahlen zu wollen, so dass ungeachtet eines tatsächlich nicht 400 Euro monatlich übersteigenden Arbeitseinkommens ein fiktives Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße nach § 165 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI nicht bereits zur Versicherungspflicht führte. Die dazu gemachte Angabe, seit 17. Mai 2005 ein Einstiegsgeld zu erhalten, unter Berücksichtigung des Umstandes, dass wegen erforderlicher Investitionen und eines noch fehlenden Kundenstammes im Jahr des Beginns der selbständigen Tätigkeit allenfalls geringfügige Einnahmen zu erwarten waren, lässt die von der Klägerin gemachte weitere Angabe eines (zu erwartenden) Arbeitseinkommens von 0 Euro jährlich nachvollziehbar werden.
Anhaltspunkte dafür, diese Prognose zu ändern, bestanden aus Sicht der Beklagten nicht vor Juni 2009 mit der Vorlage der Bescheide des Finanzamtes Brandenburg insbesondere vom 21. Dezember 2007 und 05. Dezember 2008. Erstmals im Juni 2009 konnte die Beklagte aufgrund der ihr nunmehr vorliegenden Bescheide über Einkommensteuer eine andere Prognose nunmehr über das Bestehen von Versicherungspflicht ab 29. Juni 2009 treffen.
Die Beklagte durfte den Bescheid vom 14. Juli 2005 mit Bescheid vom 29. Juni 2009 aber nicht nur für die Zukunft, sondern auch für die Vergangenheit ab 01. Januar 2008 ändern, denn die Klägerin kam ihrer Mitteilungspflicht nicht nach.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X gilt: Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist.
Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die Klägerin ist nach § 190a Abs. 1 Satz 1 SGB VI als selbständig Tätige nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und 9 SGB VI verpflichtet, sich innerhalb von drei Monaten nach der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu melden.
Diese Verpflichtung zur Meldung besteht nur, wenntatsächlich Versicherungspflicht besteht. Der Meldepflicht unterliegen also nicht selbständig Tätige, die zwar dem Grunde nach die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht erfüllen, aber wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei sind oder einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. In diesen Fällen beginnt die Frist mit dem Wegfall des der Versicherungspflicht hindernden Sachverhalts. Durch die Festlegung der Dreimonatsfrist zur Meldung soll nach der Gesetzesbegründung (vgl. Bundestag-Drucksache 14/4375 S. 55) erreicht werden, dass zum einen für den versicherungspflichtigen Selbständigen hohe Nachforderungen von rückständigen Pflichtbeiträgen aufgrund einer verspäteten Feststellung der Versicherungspflicht vermieden werden und zum anderen der Rentenversicherungsträger die Beiträge rechtzeitig und vollständig erheben kann (Wehrhahn in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 75. Ergänzungslieferung 2012, SGB VI, § 190a Rdnr. 4 und 5; von Koch in Beck scher Online-Kommentar Sozialrecht, Stand: 01. März 2013, SGB VI, § 190a; Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 3. Auflage 2008, § 190a Rdnr. 7 und 8).
Dieser Mitteilungspflicht kam die Klägerin wenigstens grob fahrlässig nicht nach, denn aufgrund des Hinweises im Bescheid vom 14. Juli 2005 wusste sie, dass sie verpflichtet war, die Beklagte unverzüglich zu benachrichtigen, wenn sie eine mehr als nur geringfügige selbständige Tätigkeit ausübte. Ihr war in diesem Bescheid auch mitgeteilt worden, dass eine mehr als geringfügige selbständige Tätigkeit vorliegt, wenn das Arbeitseinkommen monatlich 400,00 Euro übersteigt. Nach Erteilung des Bescheides des Finanzamtes Brandenburg vom 21. Dezember 2007, in dem die Einkünfte aus selbständiger Arbeit mit 24.190 Euro festgesetzt wurden, musste ihr daher bekannt sein, dass sie eine mehr als nur geringfügige selbständige Tätigkeit ausübte. Diesem Einkommensteuerbescheid kam erst die maßgebende Bedeutung zu. Wie das BSG im Urteil vom 27. Juli 2011 – B 12 R 15/09 R ausgeführt hat, ist die Feststellung des jeweiligen Arbeitseinkommens bei Selbständigen deswegen schwierig, weil sie ihre Einnahmen zum Teil zeitlich disponieren können. Damit bietet erst der Einkommensteuerbescheid eine ausreichend verlässliche Grundlage für eine Prognoseentscheidung.
Wäre die Klägerin ihrer Mitteilungspflicht nachgekommen und hätte sie den Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 21. Dezember 2007 der Beklagten vorgelegt, so hätte die Beklagte bereits seinerzeit ihre ursprüngliche Prognose im Wege einer vorausschauenden Betrachtung zumindest ab 01. Januar 2008 ändern müssen und geändert. Wegen des darin ausgewiesenen Arbeitseinkommens von 24.190 Euro als dem bekannten letzten Jahreseinkommen wäre die Prognose gerechtfertigt gewesen, dass die Klägerin nunmehr die oben dargelegten ehemals zur Versicherungsfreiheit führenden Umstände überwunden hatte und regelmäßig Arbeitseinkommen mehr als nur geringfügig erzielen wird.
Damit trat zum 01. Januar 2008 Versicherungspflicht als selbständig Tätige nach § 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI ein. Die Beklagte ist daher berechtigt, ab diesem Zeitpunkt von der Klägerin die Zahlung von Pflichtbeiträgen zu verlangen.
Zu den beitragspflichtigen Einnahmen selbständig Tätiger bestimmt § 165 Abs. 1 Sätze 2 bis 10 SGB VI Folgendes: Beitragspflichtige Einnahmen sind bei selbständig Tätigen abweichend von § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ein Arbeitseinkommen in Höhe von 50 v. H. der Bezugsgröße, auf Antrag des Versicherten jedoch ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße. Für den Nachweis des von der Bezugsgröße abweichenden Arbeitseinkommens nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind die sich aus dem letzten Einkommensteuerbescheid für das zeitnaheste Kalenderjahr ergebenden Einkünfte aus der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit solange maßgebend, bis ein neuer Einkommensbescheid vorgelegt wird. Die Einkünfte sind mit dem Vomhundertsatz zu vervielfältigen, der sich aus dem Verhältnis des vorläufigen Durchschnittsentgelts (Anlage 1) für das Kalenderjahr, für das das Arbeitseinkommen nachzuweisen ist, zu dem Durchschnittsentgelt (Anlage 1) für das maßgebende Veranlagungsjahr des Einkommensteuerbescheides ergibt. Übersteigt das nach § 165 Abs. 1 Satz 4 SGB VI festgestellte Arbeitseinkommen die Beitragsbemessung des nachzuweisenden Kalenderjahres, wird ein Arbeitseinkommen in Höhe der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze solange zugrunde gelegt, bis sich aus einem neuen Einkommensteuerbescheid niedrigere Einkünfte ergeben. Der Einkommensteuerbescheid ist dem Träger der Rentenversicherung spätestens zwei Kalendermonate nach seiner Ausfertigung vorzulegen. Statt des Einkommensteuerbescheides kann auch eine Bescheinigung des Finanzamtes vorgelegt werden, die die für den Nachweis des Arbeitseinkommens erforderlichen Daten des Einkommensteuerbescheides enthält. Änderungen des Arbeitseinkommens werden vom Ersten des auf die Vorlage des Bescheides oder der Bescheinigung folgenden Kalendermonats, spätestens aber vom Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides, an berücksichtigt. Ist eine Veranlagung zur Einkommensteuer aufgrund der versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit noch nicht erfolgt, sind für das Jahr des Beginns der Versicherungspflicht die Einkünfte zugrunde zu legen, die sich aus den vom Versicherten vorzulegenden Unterlagen ergeben. Für die Folgejahre ist § 165 Abs. 1 Satz 4 SGB VI sinngemäß anzuwenden.
Obwohl die Klägerin noch im Mai 2009 angegeben hatte, ihre Beiträge einkommensgerecht zahlen zu wollen, legte die Beklagte in den Bescheiden vom 29. Juni 2009, 17. September 2009 und 01. Februar 2011 für die Zeit ab 01. Januar 2008 bis 31. Januar 2011 ein Arbeitseinkommen in Höhe 50 v. H. der Bezugsgröße (Ost) bzw. der Bezugsgröße (Ost) zugrunde. Dies ist jedoch nicht rechtswidrig belastend gegenüber der Klägerin.
Soweit Vorschriften des SGB VI bei Arbeitsentgelten, Arbeitseinkommen oder Beitragsbemessungsgrundlagen an die Bezugsgröße anknüpfen, ist die Bezugsgröße für das Beitragsgebiet (Bezugsgröße [Ost]) maßgebend, wenn die Einnahmen aus einer Beschäftigung oder Tätigkeit im Beitrittsgebiet erzielt werden (§ 228 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Nach § 9 Abs. 1 SGB IV, der nach § 11 Abs. 1 SGB IV für selbständige Tätigkeiten entsprechend gilt, ist Beschäftigungsort der Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird.
Im Falle der Klägerin ist dies der Sitz ihres Betriebes in der Jahnstraße 60 in Brandenburg.
Die Bezugsgröße (Ost) beträgt monatlich im Jahr 2008 2.100 Euro (§ 2 Abs. 2 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2008, BGBl. I 2007, 2797), wobei die Beklagte allerdings nur 50 v. H. dieser Bezugsgröße von 1050,00 Euro der Beitragsberechnung zugrunde legte, im Jahr 2009 2.135 Euro (§ 2 Abs. 2 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2009, BGBl. I 2008, 2336), im Jahr 2010 2.170 Euro (§ 2 Abs. 2 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2010, BGBl. I 2009, 3846) und im Jahr 2011 2.240 Euro (§ 2 Abs. 2 Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2011, BGBl. I 2010, 1.761).
Demgegenüber wäre bei einer einkommensgerechten Beitragszahlung von folgendem monatlichen Arbeitseinkommen auszugehen: a) für 2008: Ausgehend vom Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 21. Dezember 2007 für das zeitnaheste Kalenderjahr 2006 mit 24.190 Euro, also von 2015,83 Euro monatlich vervielfältigt mit dem Dynamisierungsfaktor 1,0200 (vorläufiges Durchschnittsentgelt für 2008 von 30.084 Euro geteilt durch das Durchschnittsentgelt für 2006 von 29.494 Euro) von 2056,15 Euro. b) für 2009: Ausgehend vom Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 05. Dezember 2008 für das zeitnaheste Kalenderjahr 2007 mit 26.942 Euro, also von 2.245,17 Euro monatlich vervielfältigt mit dem Dynamisierungsfaktor 1,0310 (vorläufiges Durchschnittsentgelt für 2009 von 30.879 Euro geteilt durch das Durchschnittsentgelt für 2007 von 29.951 Euro) von 2.314,77 Euro. c) Für 2010: Ausgehend vom Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 04. August 2009 für das zeitnaheste Kalenderjahr 2008 mit 36.562 Euro, also von 3.046,83 Euro monatlich vervielfältigt mit dem Dynamisierungsfaktor 1,0450 (vorläufiges Durchschnittsentgelt für 2010 von 32.003 Euro geteilt durch das Durchschnittsentgelt für 2008 von 30.625 Euro) von 3.183,94 Euro. d) für 2011: Ausgehend vom Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 04. August 2009 für das zeitnaheste Kalenderjahr 2008 mit 36.562 Euro, also von 3.046,83 Euro monatlich vervielfältigt mit dem Dynamisierungsfaktor 0,9883 (vorläufiges Durchschnittsentgelt für 2011 von 30.268 Euro geteilt durch das Durchschnittsentgelt für 2008 von 30.625 Euro) von 3.011,18 Euro.
Bei einem Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße (Ost) bzw. für 2008 in Höhe von 50 v. H. der Bezugsgröße (Ost) ergeben sich bei einem Beitragssatz von jeweils 19,9 v. H. für 2008 bis 2011 (Bekanntmachung der Beitragssätze in der allgemeinen Rentenversicherung und der knappschaftlichen Rentenversicherung für das Jahr 2008 vom 19. November 2007, BGBl. I 2007, 2611; Bekanntmachung der Beitragssätze in der allgemeinen Rentenversicherung und der knappschaftlichen Rentenversicherung für das Jahr 2009 vom 05. November 2008, BGBl. I 2008, 2181; Bekanntmachung der Beitragssätze in der allgemeinen Rentenversicherung und der knappschaftlichen Rentenversicherung für das Jahr 2010 vom 06. November 2009, BGBl. I 2009, 3705; Bekanntmachung der Beitragssätze in der allgemeinen Rentenversicherung und der knappschaftlichen Rentenversicherung für das Jahr 2011 vom 16. November 2010, BGBl. I 2010, 1550) ein monatlicher Beitrag für 2008 von 208,95 Euro, für 2009 von 424,87 Euro, für 2010 von 431,83 Euro und für 2011 von 445,76 Euro, wie von der Beklagten in den Bescheiden vom 17. September 2009 und 01. Februar 2011 zutreffend festgesetzt.
Nachdem die Klägerin im Januar 2011 den Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 16. März 2010 unter Hinweis auf ihre wesentlich schlechteren Einnahmen vorgelegt hatte, was die Beklagte konkludent als Antrag auf Zahlung einkommensgerechter Beiträge zutreffend ausgelegt hatte, war ab 01. Februar 2011, dem Ersten des auf die Vorlage dieses Bescheides folgenden Kalendermonats, an das Arbeitseinkommen neu zu ermitteln. Ausgehend vom Bescheid des Finanzamtes Brandenburg vom 16. März 2010 für das zeitnaheste Kalenderjahr mit 24.102 Euro für 2009, also von 2008,50 Euro monatlich, resultiert daraus bei einem Dynamisierungsfaktor von 0,9922 (vorläufiges Durchschnittsentgelt für 2011 von 30.268 Euro geteilt durch das Durchschnittsentgelt für 2009 von 30.506 Euro) ein maßgebliches Arbeitseinkommen von 1.992,83 Euro monatlich, woraus sich bei einem Beitragssatz von 19,9 v. H. ein monatlicher Beitrag von 396,57 Euro ergibt, wie von der Beklagten zutreffend festgesetzt.
Diese Beiträge schuldet die Klägerin der Beklagten.
Nach § 169 Nr. 1 SGB VI werden die Beiträge bei selbständig Tätigen von ihnen selbst getragen. Die Beiträge sind nach § 173 Satz 1 SGB VI, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, von denjenigen, die sie zu tragen haben (Beitragsschuldner), unmittelbar an die Träger der Rentenversicherung zu zahlen.
Die für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2007 geforderten Beiträge von 4.923,48 Euro (2.416,08 Euro für Januar bis Dezember 2006, 2.507,40 Euro für Januar 2007 bis Dezember 2008) schuldet die Klägerin hingegen mangels Versicherungspflicht nicht.
Die Berufung hat daher teilweise Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
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