Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 5 SF 82/12 E
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AS 965/12 B KO
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Anwaltsvergütung für Beschwerden in Eilverfahren vor dem Landessozialgericht
1. Die Verfahrensgebühr für den im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt in Beschwerden gegen Beschlüsse des Sozialgerichts in Eilverfahren bemisst sich nach Nr. 3501 VV RVG.
2. Nr. 3501 VV RVG ist verfassungsgemäß.
1. Die Verfahrensgebühr für den im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt in Beschwerden gegen Beschlüsse des Sozialgerichts in Eilverfahren bemisst sich nach Nr. 3501 VV RVG.
2. Nr. 3501 VV RVG ist verfassungsgemäß.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 14. August 2012 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Streitig ist die Höhe der Vergütung des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer vertrat in einem Eilverfahren aus dem Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende (S 5 AS 3662/08 ER) den (damaligen) Antragsteller vor dem Sozialgericht Leipzig (SG). Nachdem das SG den Eilantrag mit Beschluss vom 13.10.2008 abgelehnt hat, hat der Antragsteller Beschwerde zum Sächsischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Nach Rücknahme des Eilantrages hat das LSG mit Beschluss vom 10.06.2010 über die Kosten des Eilverfahrens entschieden (L 7 B 767/08 AS-ER). In beiden Rechtszügen war der Beschwerdeführer gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 121 Zivilprozessordnung beigeordnet.
Der Beschwerdeführer beantragte am 23.06.2010 beim SG Festsetzung seiner aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung für beide Rechtszüge, wobei er für das Beschwerdeverfahren eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3204 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) in Höhe von 310,00 EUR geltend machte.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG setzte mit Beschluss vom 02.05.2012 die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen für die Tätigkeit in beiden Rechtszügen auf insgesamt 347,09 EUR fest, wobei sie die Verfahrensgebühr im Beschwerdeverfahren auf 87,50 EUR kürzte. Im Beschwerdeverfahren sei auf den Gebührenrahmen der Nr. 3105 VV RVG abzustellen. Aus der Kostennote sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer das Verfahren als durchschnittlich angesehen habe, sodass die Mittelgebühr des Betragsrahmens von 15,00 EUR bis 160,00 EUR (87,50 EUR), die auch sonst angemessen und billig sei, einschlägig gewesen wäre. Die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG betrage 20 v. H. der gesetzlichen Gebühr von 87,50 EUR, also 17,50 EUR.
Die gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin gerichtete Erinnerung ist erfolglos geblieben (Beschluss des SG vom 14.08.2012, S 5 SF 82/12 E).
Mit der am 31.08.2012 erhobenen Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer sein Ziel weiter, das Beschwerdeverfahren mit einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3204 VV RVG zu vergüten. Mit dem Gebührenrahmen der Nr. 3501 VV RVG könne ein zweitinstanzliches Beschwerdeverfahren, das regelmäßig große Bedeutung für die Mandanten habe und in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht nicht einfach sei sowie einen nicht unerheblichen Arbeitsaufwand mit sich bringe, nicht verantwortungsvoll und kostendeckend bearbeitet werden. Der Beschwerdeführer nähme wegen ihrer Unwirtschaftlichkeit bereits regelmäßig Mandate wegen Untätigkeitsklagen nicht an. Vor dem Hintergrund seiner berufsethischen Einstellung und Aufgabe als Fachanwalt für Sozialrecht sehe er sich jedoch nicht berechtigt, den Mandanten Unterstützung in Eilverfahren zu verweigern.
Die Akten des SG-Verfahren einschließlich des Vergütungsfestsetzungsverfahrens sowie die Beschwerdeakten lagen vor.
II.
Die Beschwerde, über die der Einzelrichter entscheidet (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG, ist unbegründet. Dem Beschwerdeführer stehen keine höheren Gebühren zu.
Soweit es die allein streitige Verfahrensgebühr für das beim LSG geführte Beschwerdeverfahren angeht, ist – wovon das SG zutreffend ausging – der Gebührenrahmen nach Nr. 3501 VV RVG, der in Teil 3 Abschnitt 5 ("Beschwerde, Nichtzulassungsbeschwerde und Erinnerung") steht und einen Rahmen von 15,00 bis 160,00 EUR vorsieht, anzuwenden.
1. Der Gebührentatbestand der Nr. 3204 VV RVG (Teil 3 Abschnitt 5 "Berufung, Revision, bestimmte Beschwerden und Verfahren vor dem Finanzgericht") ist auf Beschwerden in Eilverfahren beim LSG nach Wortlaut und Systematik nicht anwendbar (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 20.11.2012 – L 15 SF 184/11 BE – juris RdNr. 9; Hessisches LSG, Beschluss vom 05.04.2011 – L 2 SF 205/10 E – juris RdNr. 15 ff. – m. w. N.). Die Nr. 3501 VV RVG enthält in der derzeit maßgeblichen Fassung des RVG den regelmäßig für Beschwerdeverfahren beim LSG anzuwenden Gebührentatbestand, während Nr. 3204 VV RVG nur für besondere ("bestimmte Beschwerden") Beschwerden einschlägig ist. Zu diesen besonderten Beschwerden ressortiert das "normale" Beschwerdeverfahren (vgl. auch Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., Nr. 3501 VV RVG RdNr. 1 und 2: "gewöhnliche Beschwerde") in sozialgerichtlichen Eilsachen nicht, da es in der enumerativen Vorbemerkung 3.2.1 Nr. 2 bis 9 VV RVG, zu der sich der Gesetzgeber ganz bewusst entschieden hatte (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 231; instruktiv hierzu Bayerisches LSG, Beschluss vom 20.11.2012 – L 15 SF 184/11 B E – juris RdNr. 20 ff.), nicht aufgeführt ist. Der Entwurf eines 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes bestätigt dies nochmals (BT-Drucks. 17/11471). In der Vorbemerkung 3.2.1 VV RVG soll ein neuer Absatz 3 Buchst. a eingefügt werden, wonach Nr. 3204 VV RVG künftig auch für Beschwerden gegen die Entscheidung des Verwaltungs- oder Sozialgerichts wegen des Hauptgegenstands in Verfahren des vorläufigen oder einstweiligen Rechtsschutzes eröffnet ist (Artikel 8 Abs. 2 Nr. 30 des Gesetzentwurfes, näher dazu BT-Drucks. 17/11471 S. 148 f.). Ausdrücklich ist damit eine Erweiterung – und keine bloße Klarstellung – der Anwendung der für die Berufung und Revision geltenden Gebührenvorschriften vorgesehen. Folgerichtig heißt es in der Begründung (a.a.O. S. 277): "In Nummer 3 sollen drei Beschwerdeverfahren genannt werden, zu denen es keine Rechtsbeschwerdeverfahren gibt. In Buchstabe a sollen die Beschwerdeverfahren des vorläufigen oder einstweiligen Rechtsschutzes in der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit aufgeführt werden. Die Beschwerdeverfahren wegen des Hauptgegenstands des einstweiligen Rechtsschutzes entsprechen in der Sache einem Berufungsverfahren in der Hauptsache. Diese werden bisher mit der Beschwerdegebühr nach Nummer 3500 bzw. 3501 vergütet. Künftig soll der Rechtsanwalt die gleichen Gebühren erhalten wie im Berufungsverfahren."
2. Nr. 3501 VV RVG, die für Beschwerden in sozialgerichtlichen Eilverfahren einen niedrigeren Gebührenrahmen als in Berufungen vorsieht, ist verfassungsgemäß. Insbesondere ist das Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) nicht verletzt. Grundsätzlich bietet Nr. 3501 VV RVG bei der gebotenen typisierenden Betrachtung eine angemessene Vergütung für eine anwaltliche Vertretung in Beschwerdeverfahren vor dem LSG.
Die vom Beschwerdeführer geforderte generelle Gleichstellung mit einem (Hauptsache-)Berufungsverfahren ist von Verfassungs wegen nicht zu fordern. Eilverfahren (und Beschwerden in Eilverfahren) weisen signifikante Unterschiede auf, die unterschiedliche Betragsrahmen rechtfertigen. (Eil-)Beschwerdeverfahren dauern weniger lang und müssen sehr häufig die rechtlichen und tatsächlichen Probleme nicht im Detail klären (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 20.11.2012 – L 15 SF 184/11 B E – juris RdNr. 24); sie sind zudem grundsätzlich lediglich auf eine vorläufige Regelung gerichtet. Im Regelfall kommt es in ihnen zu keiner endgültigen Klärung der zugrundeliegenden materiell-rechtlichen Streitfragen, sondern nur zu einem zeitlich befristeten Sicherungs- oder Regelungsergebnis, womit auch gebührenrechtlich eine geringere Bedeutung der Sache einhergeht (vgl. hierzu Hessisches LSG, Beschluss vom 25.05.2009 – L 2 SF 50/09 E – Juris RdNr. 30; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.12.2010 – L 19 AS 1138/10 B – Juris RdNr. 37).
Auch aus der beabsichtigten Erweiterung des Anwendungsbereichs der Nr. 3204 VV RVG ist nichts abzuleiten. Vor allem seit dem Inkrafttreten des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch zum 01.01.2005 haben die Verfahren in der Sozialgerichtsbarkeit, einschließlich der Eil- und –beschwerdeverfahren, deutlich zugenommen. Da hierunter auch umfangreichere und schwierigere Beschwerden fallen, ist die Intention des Gesetzgebers, in Eilbeschwerden grundsätzlich den Berufungsgebührenrahmen zu eröffnen, trotz der weiterhin existierenden Unterschiede zwischen Eilbeschwerde- und Berufungsverfahren sachlich noch nachvollziehbar; eine Verfassungswidrigkeit der derzeitigen Rechtslage folgt hieraus jedoch nicht.
Entsprechend behindert der Gebührenrahmen der Nr. 3501 VV RVG Antragsteller im Eilbeschwerdeverfahren auch nicht unverhältnismäßig in ihren Rechtsschutzmöglichkeiten (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG). Der gesetzlich vorgesehene Vergütungsrahmen vereitelt es nicht generell, einen zur Vertretung in einem Beschwerdeverfahren bereiten Rechtsanwalt zu finden.
Dass das konkrete Verfahren, in dem der Beschwerdeführer mandatiert war, von ihm (möglicherweise) nicht kostendeckend betrieben werden konnte, ist vor dem Hintergrund des Vergütungssystems des RVG unerheblich.
Das RVG hat das bereits der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) zugrundeliegende System der Verfahrenspauschgebühren für die Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit beibehalten (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., Einl RdNr. 5). Die Pauschalierung hat zur Folge, dass der jeweilige Gebührenanspruch nicht in jedem Einzelfall genau dem Wert und dem Umfang der anwaltlichen Leistung entspricht. Hierin liegt jedoch kein schwerwiegender Eingriff, solange das gesetzgeberische Ziel einer angemessenen Gesamtvergütung bestimmend bleibt. Der Rechtsanwalt ist zwar zu einer sogenannten Mischkalkulation (oder Querfinanzierung) gezwungen, kann aber andererseits die Vorteile eines umfassenden und geschlossenen Regelungssystems nutzen (vgl. hierzu (noch zur BRAGO) Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 17.10.1990 – 1 BvR 283/85 – juris RdNr. 62; Müller-Rabe a.a.O. RdNr. 12). Hiergegen bestanden und bestehen auch im Hinblick auf die in der Sozialgerichtsbarkeit entstehenden Betragsrahmengebühren (§ 3 Abs. 1 RVG) keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG a.a.O. RdNr. 60 ff.); insbesondere ist das Gesamtvergütungssystem des RVG noch verfassungsgemäß. Zudem hat der Gesetzgeber das System der Anwaltsvergütung beobachtet und – nachdem seit 01.07.2004 keine Veränderung der Anwaltsgebühren erfolgt ist – zum 01.07.2013 eine Anpassung der Betragsrahmen um 19 Prozent vorgesehen (vgl. BT-Drucks. 17/11471 S. 149).
3. Gegen die konkrete Gebührenberechnung im Übrigen ist weder vorgetragen noch sind sonst Fehler ersichtlich, sodass zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidung der SG verwiesen wird. Insbesondere ist die Festsetzung der Verfahrensgebühr in Höhe der Mittegebühr nicht zu beanstanden, denn auch der Beschwerdeführer brachte – wenn auch nach einer anderen Gebührenziffer – die Mittelgebühr in Ansatz.
III.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Gebühren werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Salomo Richter am Landessozialgericht
Gründe:
Streitig ist die Höhe der Vergütung des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer vertrat in einem Eilverfahren aus dem Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende (S 5 AS 3662/08 ER) den (damaligen) Antragsteller vor dem Sozialgericht Leipzig (SG). Nachdem das SG den Eilantrag mit Beschluss vom 13.10.2008 abgelehnt hat, hat der Antragsteller Beschwerde zum Sächsischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Nach Rücknahme des Eilantrages hat das LSG mit Beschluss vom 10.06.2010 über die Kosten des Eilverfahrens entschieden (L 7 B 767/08 AS-ER). In beiden Rechtszügen war der Beschwerdeführer gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 121 Zivilprozessordnung beigeordnet.
Der Beschwerdeführer beantragte am 23.06.2010 beim SG Festsetzung seiner aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung für beide Rechtszüge, wobei er für das Beschwerdeverfahren eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3204 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) in Höhe von 310,00 EUR geltend machte.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG setzte mit Beschluss vom 02.05.2012 die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen für die Tätigkeit in beiden Rechtszügen auf insgesamt 347,09 EUR fest, wobei sie die Verfahrensgebühr im Beschwerdeverfahren auf 87,50 EUR kürzte. Im Beschwerdeverfahren sei auf den Gebührenrahmen der Nr. 3105 VV RVG abzustellen. Aus der Kostennote sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer das Verfahren als durchschnittlich angesehen habe, sodass die Mittelgebühr des Betragsrahmens von 15,00 EUR bis 160,00 EUR (87,50 EUR), die auch sonst angemessen und billig sei, einschlägig gewesen wäre. Die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG betrage 20 v. H. der gesetzlichen Gebühr von 87,50 EUR, also 17,50 EUR.
Die gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin gerichtete Erinnerung ist erfolglos geblieben (Beschluss des SG vom 14.08.2012, S 5 SF 82/12 E).
Mit der am 31.08.2012 erhobenen Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer sein Ziel weiter, das Beschwerdeverfahren mit einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3204 VV RVG zu vergüten. Mit dem Gebührenrahmen der Nr. 3501 VV RVG könne ein zweitinstanzliches Beschwerdeverfahren, das regelmäßig große Bedeutung für die Mandanten habe und in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht nicht einfach sei sowie einen nicht unerheblichen Arbeitsaufwand mit sich bringe, nicht verantwortungsvoll und kostendeckend bearbeitet werden. Der Beschwerdeführer nähme wegen ihrer Unwirtschaftlichkeit bereits regelmäßig Mandate wegen Untätigkeitsklagen nicht an. Vor dem Hintergrund seiner berufsethischen Einstellung und Aufgabe als Fachanwalt für Sozialrecht sehe er sich jedoch nicht berechtigt, den Mandanten Unterstützung in Eilverfahren zu verweigern.
Die Akten des SG-Verfahren einschließlich des Vergütungsfestsetzungsverfahrens sowie die Beschwerdeakten lagen vor.
II.
Die Beschwerde, über die der Einzelrichter entscheidet (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG, ist unbegründet. Dem Beschwerdeführer stehen keine höheren Gebühren zu.
Soweit es die allein streitige Verfahrensgebühr für das beim LSG geführte Beschwerdeverfahren angeht, ist – wovon das SG zutreffend ausging – der Gebührenrahmen nach Nr. 3501 VV RVG, der in Teil 3 Abschnitt 5 ("Beschwerde, Nichtzulassungsbeschwerde und Erinnerung") steht und einen Rahmen von 15,00 bis 160,00 EUR vorsieht, anzuwenden.
1. Der Gebührentatbestand der Nr. 3204 VV RVG (Teil 3 Abschnitt 5 "Berufung, Revision, bestimmte Beschwerden und Verfahren vor dem Finanzgericht") ist auf Beschwerden in Eilverfahren beim LSG nach Wortlaut und Systematik nicht anwendbar (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 20.11.2012 – L 15 SF 184/11 BE – juris RdNr. 9; Hessisches LSG, Beschluss vom 05.04.2011 – L 2 SF 205/10 E – juris RdNr. 15 ff. – m. w. N.). Die Nr. 3501 VV RVG enthält in der derzeit maßgeblichen Fassung des RVG den regelmäßig für Beschwerdeverfahren beim LSG anzuwenden Gebührentatbestand, während Nr. 3204 VV RVG nur für besondere ("bestimmte Beschwerden") Beschwerden einschlägig ist. Zu diesen besonderten Beschwerden ressortiert das "normale" Beschwerdeverfahren (vgl. auch Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., Nr. 3501 VV RVG RdNr. 1 und 2: "gewöhnliche Beschwerde") in sozialgerichtlichen Eilsachen nicht, da es in der enumerativen Vorbemerkung 3.2.1 Nr. 2 bis 9 VV RVG, zu der sich der Gesetzgeber ganz bewusst entschieden hatte (vgl. BT-Drucks. 15/1971, S. 231; instruktiv hierzu Bayerisches LSG, Beschluss vom 20.11.2012 – L 15 SF 184/11 B E – juris RdNr. 20 ff.), nicht aufgeführt ist. Der Entwurf eines 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes bestätigt dies nochmals (BT-Drucks. 17/11471). In der Vorbemerkung 3.2.1 VV RVG soll ein neuer Absatz 3 Buchst. a eingefügt werden, wonach Nr. 3204 VV RVG künftig auch für Beschwerden gegen die Entscheidung des Verwaltungs- oder Sozialgerichts wegen des Hauptgegenstands in Verfahren des vorläufigen oder einstweiligen Rechtsschutzes eröffnet ist (Artikel 8 Abs. 2 Nr. 30 des Gesetzentwurfes, näher dazu BT-Drucks. 17/11471 S. 148 f.). Ausdrücklich ist damit eine Erweiterung – und keine bloße Klarstellung – der Anwendung der für die Berufung und Revision geltenden Gebührenvorschriften vorgesehen. Folgerichtig heißt es in der Begründung (a.a.O. S. 277): "In Nummer 3 sollen drei Beschwerdeverfahren genannt werden, zu denen es keine Rechtsbeschwerdeverfahren gibt. In Buchstabe a sollen die Beschwerdeverfahren des vorläufigen oder einstweiligen Rechtsschutzes in der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit aufgeführt werden. Die Beschwerdeverfahren wegen des Hauptgegenstands des einstweiligen Rechtsschutzes entsprechen in der Sache einem Berufungsverfahren in der Hauptsache. Diese werden bisher mit der Beschwerdegebühr nach Nummer 3500 bzw. 3501 vergütet. Künftig soll der Rechtsanwalt die gleichen Gebühren erhalten wie im Berufungsverfahren."
2. Nr. 3501 VV RVG, die für Beschwerden in sozialgerichtlichen Eilverfahren einen niedrigeren Gebührenrahmen als in Berufungen vorsieht, ist verfassungsgemäß. Insbesondere ist das Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) nicht verletzt. Grundsätzlich bietet Nr. 3501 VV RVG bei der gebotenen typisierenden Betrachtung eine angemessene Vergütung für eine anwaltliche Vertretung in Beschwerdeverfahren vor dem LSG.
Die vom Beschwerdeführer geforderte generelle Gleichstellung mit einem (Hauptsache-)Berufungsverfahren ist von Verfassungs wegen nicht zu fordern. Eilverfahren (und Beschwerden in Eilverfahren) weisen signifikante Unterschiede auf, die unterschiedliche Betragsrahmen rechtfertigen. (Eil-)Beschwerdeverfahren dauern weniger lang und müssen sehr häufig die rechtlichen und tatsächlichen Probleme nicht im Detail klären (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 20.11.2012 – L 15 SF 184/11 B E – juris RdNr. 24); sie sind zudem grundsätzlich lediglich auf eine vorläufige Regelung gerichtet. Im Regelfall kommt es in ihnen zu keiner endgültigen Klärung der zugrundeliegenden materiell-rechtlichen Streitfragen, sondern nur zu einem zeitlich befristeten Sicherungs- oder Regelungsergebnis, womit auch gebührenrechtlich eine geringere Bedeutung der Sache einhergeht (vgl. hierzu Hessisches LSG, Beschluss vom 25.05.2009 – L 2 SF 50/09 E – Juris RdNr. 30; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.12.2010 – L 19 AS 1138/10 B – Juris RdNr. 37).
Auch aus der beabsichtigten Erweiterung des Anwendungsbereichs der Nr. 3204 VV RVG ist nichts abzuleiten. Vor allem seit dem Inkrafttreten des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch zum 01.01.2005 haben die Verfahren in der Sozialgerichtsbarkeit, einschließlich der Eil- und –beschwerdeverfahren, deutlich zugenommen. Da hierunter auch umfangreichere und schwierigere Beschwerden fallen, ist die Intention des Gesetzgebers, in Eilbeschwerden grundsätzlich den Berufungsgebührenrahmen zu eröffnen, trotz der weiterhin existierenden Unterschiede zwischen Eilbeschwerde- und Berufungsverfahren sachlich noch nachvollziehbar; eine Verfassungswidrigkeit der derzeitigen Rechtslage folgt hieraus jedoch nicht.
Entsprechend behindert der Gebührenrahmen der Nr. 3501 VV RVG Antragsteller im Eilbeschwerdeverfahren auch nicht unverhältnismäßig in ihren Rechtsschutzmöglichkeiten (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG). Der gesetzlich vorgesehene Vergütungsrahmen vereitelt es nicht generell, einen zur Vertretung in einem Beschwerdeverfahren bereiten Rechtsanwalt zu finden.
Dass das konkrete Verfahren, in dem der Beschwerdeführer mandatiert war, von ihm (möglicherweise) nicht kostendeckend betrieben werden konnte, ist vor dem Hintergrund des Vergütungssystems des RVG unerheblich.
Das RVG hat das bereits der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) zugrundeliegende System der Verfahrenspauschgebühren für die Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit beibehalten (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., Einl RdNr. 5). Die Pauschalierung hat zur Folge, dass der jeweilige Gebührenanspruch nicht in jedem Einzelfall genau dem Wert und dem Umfang der anwaltlichen Leistung entspricht. Hierin liegt jedoch kein schwerwiegender Eingriff, solange das gesetzgeberische Ziel einer angemessenen Gesamtvergütung bestimmend bleibt. Der Rechtsanwalt ist zwar zu einer sogenannten Mischkalkulation (oder Querfinanzierung) gezwungen, kann aber andererseits die Vorteile eines umfassenden und geschlossenen Regelungssystems nutzen (vgl. hierzu (noch zur BRAGO) Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 17.10.1990 – 1 BvR 283/85 – juris RdNr. 62; Müller-Rabe a.a.O. RdNr. 12). Hiergegen bestanden und bestehen auch im Hinblick auf die in der Sozialgerichtsbarkeit entstehenden Betragsrahmengebühren (§ 3 Abs. 1 RVG) keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG a.a.O. RdNr. 60 ff.); insbesondere ist das Gesamtvergütungssystem des RVG noch verfassungsgemäß. Zudem hat der Gesetzgeber das System der Anwaltsvergütung beobachtet und – nachdem seit 01.07.2004 keine Veränderung der Anwaltsgebühren erfolgt ist – zum 01.07.2013 eine Anpassung der Betragsrahmen um 19 Prozent vorgesehen (vgl. BT-Drucks. 17/11471 S. 149).
3. Gegen die konkrete Gebührenberechnung im Übrigen ist weder vorgetragen noch sind sonst Fehler ersichtlich, sodass zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidung der SG verwiesen wird. Insbesondere ist die Festsetzung der Verfahrensgebühr in Höhe der Mittegebühr nicht zu beanstanden, denn auch der Beschwerdeführer brachte – wenn auch nach einer anderen Gebührenziffer – die Mittelgebühr in Ansatz.
III.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Gebühren werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
Salomo Richter am Landessozialgericht
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