Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 1 R 210/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 250/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Fulda vom 20. April 2011 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die ihr zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen für beide Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die (teilweise) Rücknahme der Entscheidung über die Gewährung von Witwenrente für die Zeit vom 18. Februar 1999 bis zum 31. Mai 2008 wegen anzurechnenden eigenen Einkommens sowie gegen die Erstattung eines auf 6.142,29 EUR ermäßigten Überzahlungsbetrages.
Die 1937 geborene Klägerin ist die Witwe des 1944 geborenen und am xx. Februar 1999 verstorbenen Versicherten B. A ... Sie bezog aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines am 29. Februar 1980 erlittenen Arbeitsunfalls eine Verletztenrente (Bewilligungsbescheid der Bau-Berufsgenossenschaft BK. vom 18. März 1981) sowie aus der gesetzlichen Rentenversicherung ab 27. April 1994 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und ab 1. Februar 2002 eine Regelaltersrente aus eigener Versicherung. Aufgrund der seitens der Klägerin im Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente gemachten Angaben holte die Beklagte Auskünfte der Bau-Berufsgenossenschaft vom 25. Mai 1994 sowie vom 16. August 1995 über die Höhe und die Berechnungsgrundlagen der Verletztenrente ein und gelangte in der Anlage 7 zum Bewilligungsbescheid vom 21. September 1995 (Bl. 107 Rentenakten) bzw. zum Neufeststellungsbescheid vom 15. August 1997 (Bl. 171 Rentenakten) zu dem Ergebnis, dass keine Anrechnung der Verletztenrente vorzunehmen sei.
Nach dem Tode des Ehemannes beantragte die Klägerin am 3. März 1999 bei der Beklagten die Gewährung von Hinterbliebenenrente. Das als Anlage zum Rentenantrag beigefügte und unter dem 3. März 1999 von der Klägerin eigenhändig unterschriebene Formular zur Erklärung ihrer eigenen Einkünfte (Formular R 660) enthält unter Punkt 7.1. hinsichtlich der Frage nach einer "Rente aus eigener Versicherung" einen Eintrag bezüglich der ab 27. April 1995 gezahlten Erwerbsunfähigkeitsrente nebst Versicherungsnummer der Klägerin sowie unter Punkt 7.4. hinsichtlich der Frage nach dem Bezug von "Versichertenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung" einen Haken im Kästchen für die Antwort "nein".
Die Beklagte bewilligte der Klägerin daraufhin für die Zeit ab xx. Februar 1999 (Todestag) aus der Versicherung des verstorbenen Ehemannes antragsgemäß durch Bescheid vom 29. April 1999 eine große Witwenrente. Bei der Berechnung des monatlichen Rentenzahlbetrages wurde in Anlage 8 des Bescheides die aus eigener Versicherung bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin als Erwerbsersatzeinkommen angerechnet; die Verletztenrente der Klägerin blieb zunächst unberücksichtigt. Im Bewilligungsbescheid vom 29. April 1999 heißt es im Abschnitt "Mitteilungspflichten" unter anderem:
"Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen können Einfluss auf die Rentenhöhe haben. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns den Bezug, das Hinzutreten oder die Veränderung von Erwerbseinkommen ... oder von Erwerbsersatzeinkommen unverzüglich mitzuteilen.
Erwerbsersatzeinkommen sind, auch als Kapitalleistung oder Abfindung, folgende Leistungen:
- ...,
- ...,
- ...,
- Rente an Versicherte aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
- ...,
- ...,
- ...,
- ...
...
Soweit Änderungen Einfluss auf den Rentenanspruch oder die Rentenhöhe haben, werden wir den Bescheid – auch rückwirkend – ganz oder teilweise aufheben und zu Unrecht erbrachte Leistungen zurückfordern.
Größere Überzahlungen können vermieden werden, wenn Sie uns entsprechend den Mitteilungspflichten umgehend benachrichtigen."
Durch Bescheid vom 31. August 1999 wurde die Witwenrente der Klägerin für die Zeit ab 1. Juli 1999 wegen der durchzuführenden Rentenanpassung sowie wegen der Änderung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens (Erwerbsunfähigkeitsrente aus eigener Versicherung) neu berechnet.
Durch Bescheid vom 6. September 1999 stellte die Beklagte die bisherige Witwenrente sodann für die Zeit ab xx. Februar 1999 (Todestag) wegen einer Änderung der Beitragszeit vom 1. Dezember 1998 bis zum 31. Dezember 1998 neu fest. Bei der Berechnung des monatlichen Rentenzahlbetrages wurde in Anlage 8 des Bescheides wiederum nur die aus eigener Versicherung bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin als Erwerbsersatzeinkommen angerechnet; die Verletztenrente der Klägerin blieb weiterhin unberücksichtigt. Es ergab sich für die Zeit vom 18. Februar 1999 bis zum 31. Oktober 1999 eine Nachzahlung in Höhe von 11,18 DM. Der Neufeststellungsbescheid vom 6. September 1999 enthält unter dem Abschnitt "Mitteilungspflichten" wiederum die bereits oben wiedergegebene Belehrung über die Pflicht zur Anzeige des Bezugs einer Rente an Versicherte aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Durch Bescheid vom 31. Juli 2000 wurde die Witwenrente der Klägerin für die Zeit ab 1. Juli 2000 wegen der durchzuführenden Rentenanpassung sowie wegen der Änderung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens (Erwerbsunfähigkeitsrente aus eigener Versicherung) neu berechnet.
Durch Bescheid vom 12. Februar 2002 stellte die Beklagte die bisherige Witwenrente sodann für die Zeit ab xx. Februar 1999 (Todestag) wegen einer Änderung der Beitragszeit vom 17. Oktober 1998 bis zum 18. Februar 1999 neu fest. Bei der Berechnung des monatlichen Rentenzahlbetrages wurde in Anlage 8 des Bescheides wiederum nur die aus eigener Versicherung bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin als Erwerbsersatzeinkommen angerechnet; die Verletztenrente der Klägerin blieb erneut unberücksichtigt. Es ergab sich für die Zeit vom 18. Februar 1999 bis zum 31. März 2002 eine Nachzahlung in Höhe von 73,41 EUR. Der Neufeststellungsbescheid vom 12. Februar 2002 enthält unter dem Abschnitt "Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten" wiederum die bereits oben wiedergegebene Belehrung über die Pflicht zur Anzeige des Bezugs einer Rente an Versicherte aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Schließlich nahm die Beklagte durch Bescheide vom 15. Juli 2004 und vom 18. Mai 2006 weitere Neuberechnungen der Witwenrente wegen der durchzuführenden Rentenanpassung sowie wegen der Änderung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens (Erwerbsunfähigkeitsrente aus eigener Versicherung) und/oder Änderung des Beitragsanteils zur Kranken- und Pflegeversicherung vor.
Am 21. Dezember 2007 bemerkte die Beklagte schließlich im Rahmen eines maschinellen Suchlaufs, dass im Rentenkonto der gezahlten Rente aus eigener Versicherung auch Daten eines Unfallrentenbezuges gespeichert waren, und übersandte der Klägerin zur Überprüfung der Einkommensanrechnung mit der Bitte um Rücksendung das Formular "R660". Die Klägerin gab in dem Formular daraufhin unter dem 23. Januar 2008 wahrheitsgemäß an, dass sie neben der (Alters-) Rente aus eigener Versicherung auch eine Verletztenrente von der Bau-Berufsgenossenschaft beziehe.
Nach Einholung einer Auskunft der Bau-Berufsgenossenschaft vom 12. Februar 2008 hörte die Beklagte daraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 20. Februar 2008 zur beabsichtigen (teilweisen) Rücknahme des Bescheides vom 29. April 1999 mit Wirkung ab 18. Februar 1999 und zur beabsichtigen Rückforderung einer bezüglich der Zeit vom 1. Juni 1999 bis zum 31. März 2008 entstandenen Überzahlung in Höhe von 8.036,73 EUR an.
Die Klägerin machte mit Schreiben vom 4. April 2008 geltend, dass die Beklagte von Anfang an Kenntnis vom Bezug der Verletztenrente gehabt habe. Die Verletztenrente sei bereits auf ihre aus eigener Versicherung bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente angerechnet worden. Eine doppelte Anrechnung sowohl auf die Versichertenrente als auch auf die Hinterbliebenenrente könne nicht rechtens sein. Sie habe auf die Rechtmäßigkeit des Bewilligungsbescheides vom 29. April 1999 und auf die Folgebescheide für die Zeit ab 1999 vertraut und die empfangenen Leistungen gutgläubig verbraucht.
Durch Bescheid vom 18. April 2008 nahm die Beklagte schließlich unter Berufung auf § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) den "Rentenbescheid vom 29. April 1999" wegen des auf die Witwenrente anzurechnenden (weiteren) Einkommens der Klägerin "hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. Juni 1999" (teilweise) zurück und forderte von der Klägerin die Erstattung der hinsichtlich der Zeit "vom 18. Februar 1999 bis zum 31. Mai 2008" entstandenen Überzahlung in Höhe von insgesamt 6.142,29 EUR. Auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides könne die Klägerin sich nicht berufen, weil sie dessen Fehlerhaftigkeit gekannt bzw. grob fahrlässig nicht gekannt habe (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Allerdings werde den seitens der Klägerin im Anhörungsverfahren dargelegten Gründen "im Wege des Ermessens insoweit Rechnung getragen, als die Rückforderung auf 75% der Forderung durch ihr hohes Lebensalter und den schon teilweisen Verbrauch der Leistung für die allgemeine Lebensführung begrenzt" worden sei.
Den gegen diesen Bescheid am 2. Mai 2008 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2008 als unbegründet zurück. Nachdem die sozialen Verhältnisse der Klägerin durch die Begrenzung des Rückforderungsbetrages auf 75 % der Gesamtüberzahlung bereits angemessen berücksichtigt worden seien, komme ein weiterer Verzicht auf die Rückforderung des Restbetrages nicht in Betracht.
Die Klägerin erhob daraufhin am 25. Juli 2008 Klage bei dem Sozialgericht Fulda und berief sich unter anderem darauf, dass seitens der Beklagten die Anrechnungsvorschrift des § 93 SGB VI nicht beachtet worden sei. Bei richtiger Rechtsanwendung ergebe sich keine zu erstattende Überzahlung.
Die Beklagte machte demgegenüber geltend, dass die Klägerin keine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern eine Verletztenrente beziehe. Die Vorschrift des § 93 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI sei deshalb auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar.
Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beteiligten die Klage unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Bescheide (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) durch Gerichtsbescheid vom 20. April 2011 abgewiesen und ergänzend ausgeführt, dass die von der Klägerin genannte Anrechnungsvorschrift des § 93 SGB VI keine Anwendung finden könne, weil diese Vorschrift nur den Fall des Zusammentreffens gleichartiger Leistungen (Rente aus eigener Versicherung und Verletztenrente aus der Unfallversicherung bzw. Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung) regele. Vorliegend gehe es allerdings um das Zusammentreffen einer Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung, so dass sich die Anrechnung nach § 97 SGB VI richte.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 28. April 2011 zugestellten Gerichtsbescheid am Sonntag, dem 29. Mai 2011 per Telefax Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren und macht geltend, dass im Übrigen auch der zur Ermittlung des Überzahlungsbetrages seitens der Beklagten angewendete Rechenweg unrichtig sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Fulda vom 20. April 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich in ihrer Auffassung durch die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die den Arbeitsunfall vom 29. Februar 1980 betreffenden Unfallakten der Bau-Berufsgenossenschaft beigezogen. Mit Schreiben vom 21. Juni 2012 hat der Senat ferner einen rechtlichen Hinweis erteilt und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der den Versicherten und der die Klägerin betreffenden Rentenakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Fulda vom 20. April 2011 ist aufzuheben. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 kann keinen Bestand haben, weil er die Klägerin in ihren Rechten verletzt.
Ausgangspunkt für das Tätigwerden der Beklagten ist im vorliegenden Fall die gesetzliche Regelung des § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), wonach das Einkommen (§§ 18a bis 18e Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)) von Berechtigten, das mit einer Witwenrente oder Witwerrente zusammentrifft, hierauf grundsätzlich angerechnet wird.
Nach § 18a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ist bei einer Rente wegen Todes unter anderem das Erwerbseinkommen zu berücksichtigen, welches in § 18a Abs. 2 Satz 1 SGB IV näher als Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen definiert wird. Maßgebend für die Einkommensanrechnung ist gemäß § 18b Abs. 1 SGB IV grundsätzlich das monatliche Einkommen, bei Erwerbseinkommen allerdings das Einkommen des letzten Kalenderjahres, geteilt durch die Zahl der Kalendermonate, in denen es erzielt wurde (§ 18b Abs. 2 Satz 1 SGB IV) und gekürzt um die Beträge nach § 18b Abs. 5 Nr. 1 SGB IV. Arbeitsentgelt wird aus einer abhängigen Beschäftigung erzielt (§ 14 SGB IV), wogegen das Arbeitseinkommen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV (früher nur Satz 1) in der seit Inkrafttreten des SGB IV unveränderten Definition "der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit" ist.
Wie sich aus § 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV ergibt, sind als Einkommen außerdem diejenigen Leistungen zu berücksichtigen, die erbracht werden um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen). Zum Erwerbsersatzeinkommen zählen der Vorschrift des § 18a Abs. 3 Satz 1 SGB IV zufolge neben anderen Leistungen die Renten der Rentenversicherung wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit, wobei Kinderzuschuss, Kinderzulage und vergleichbare kindbezogene Leistungen gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2 SGB IV außer Betracht bleiben (§ 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB IV) sowie auch die Verletztenrente der Unfallversicherung, soweit sie einen der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz entsprechenden Betrag übersteigt; eine Kürzung oder ein Wegfall der Verletztenrente wegen Anstaltspflege oder Aufnahme in ein Alters- oder Pflegeheim bleibt unberücksichtigt; bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 vom Hundert ist ein Betrag in Höhe von zwei Dritteln, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 vom Hundert ist ein Betrag in Höhe von einem Drittel der Mindestgrundrente anzusetzen (§ 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV).
Mehrere zu berücksichtigende Einkommen sind nach der Vorschrift des § 18b Abs. 1 Satz 2 SGB IV zusammenzurechnen.
Die gesetzlichen Bestimmungen über die Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 18. Februar 1998 - 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 = BVerfGE 97, 271 = SozR 3-2940 § 58 Nr. 1) hat ausdrücklich hervorgehoben, dass die Hinterbliebenenversorgung nicht auf einer dem Versicherten zurechenbaren Eigenleistung (vgl. BVerfG vom 4. Juli 1995 - 1 BvF 2/86 = BVerfGE 92, 365, 405) beruht und dass Ansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Hinterbliebenenversorgung demgemäß auch nicht dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen. Die Hinterbliebenenrente stellt vielmehr eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung dar, zumal sie ohne eigene Beitragsleistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt wird (vgl. BVerfG vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 = BVerfGE 76, 256, 300 f.). Insgesamt dient sie damit der Sicherung der Familienangehörigen im Rahmen des dem Sozialversicherungssystem eigenen Gedankens des sozialen Ausgleichs. Da die Hinterbliebenenrente eine Unterhaltsersatzfunktion hat, ist die Berücksichtigung des eigenen Einkommens der Hinterbliebenen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O.) sachgerecht und unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Im Hinblick darauf, dass Hinterbliebenenrenten die Berücksichtigung einer typisierten Bedarfslage ohne die genauere Festlegung eines individuellen Bedarfs unter Berücksichtigung des jeweiligen Einkommens eigen ist, war der Gesetzgeber nicht gehindert, die Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung im Hinblick auf anrechenbares Einkommen abweichend von anderen Rentenleistungen zu regeln. Insoweit handelt es sich nicht einmal um eine Systemwidrigkeit, die einen Gleichheitsverstoß indizieren könnte. Auch das im System der Sozialversicherung angelegte Prinzip des sozialen Ausgleichs rechtfertigt die Anrechnungsregelung, die einen kleinen Teil aller Hinterbliebenenrenten voll zum Ruhen bringt, um den sozial Schwächeren eine relativ höhere Sicherung zukommen zu lassen. Die in § 18a SGB IV getroffene Unterscheidung zwischen anzurechnenden und nicht anzurechnenden Arten von Einkommen verletzt dabei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O.) insbesondere auch nicht den Gleichheitssatz, weil die Abgrenzung nach sachgerechten Kriterien erfolgt (vgl. BVerfG vom 12. März 1996 1 BvR 609/90 = BVerfGE 94, 241, 260).
Die Beklagte ist in Anbetracht dieser gesetzlichen Regelung zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin von Rechts wegen in der vorliegend streitigen Zeit nach Ablauf des sog. Sterbevierteljahres (vgl. § 97 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 67 Nr. 6 SGB VI), also vom 1. Juni 1999 bis zum 31. Mai 2008, jedenfalls der Höhe nach keinen Anspruch auf eine ohne Berücksichtigung ihrer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung berechnete Witwenrente in der ihr tatsächlich gezahlten Höhe haben konnte und dass der ungeachtet der anzurechnenden Verletztenrente ergangene Rentenbewilligungsbescheid vom 29. April 1999 sowie die Neufeststellungsbescheide vom 6. September 1999 und vom 12. Februar 2002 deshalb hinsichtlich der Rentenhöhe von Anfang an rechtswidrig waren.
Soweit das Landessozialgericht Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 25. Januar 2011 (Az.: L 9 R 153/09) die Auffassung vertreten hat, dass nach § 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Altersvermögens-Ergänzungsgesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310) die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung – weil es sich um eine steuerfreie Leistung nach § 3 Nr. 1 lit. a Einkommensteuergesetz (EStG) handele – nicht als Erwerbsersatzeinkommen auf eine Rente wegen Todes anzurechnen sei, hat das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 17. April 2012 (Az.: B 13 R 15/11 R) überzeugend klargestellt, dass die Spezialregelung des § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV hinsichtlich der insoweit ausdrücklich erwähnten Verletztenrente den Ausschlusstatbestand von § 18a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB IV n.F. verdrängt und dass die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung deshalb auch nach der ab 1. Januar 2002 geltenden Rechtslage unverändert zu dem als Einkommen zu berücksichtigenden Erwerbsersatzeinkommen zählt.
Der Einwand der Klägerin, dass die Frage einer etwaigen Anrechnung der von ihr aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezogenen Verletztenrente auf die aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogene Hinterbliebenenrente nicht anhand der Vorschrift des § 97 SGB VI, sondern unter Heranziehung von § 93 SGB VI zu beurteilen sei, ist in der Sache unzutreffend. In der Überschrift des § 93 SGB VI ist zwar von "Rente und Leistungen aus der Unfallversicherung" die Rede; die Regelung betrifft jedoch nur das Zusammentreffen gleichartiger Renten, und zwar entweder von einer (Versicherten-) Rente aus eigener Rentenversicherung mit einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung (§ 93 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) oder von einer Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer entsprechenden Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung (§ 93 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI). Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, geht es vorliegend hingegen um das – gerade nicht in § 93 SGB VI geregelte – Zusammentreffen einer Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung. Die Beklagte beruft sich angesichts dessen zu Recht darauf, dass die seitens der Klägerin angestellten Berechnungen nicht dem bezüglich des vorliegenden Falles von Gesetzes wegen in § 97 SGB VI vorgeschriebenen Rechenweg entsprechen. Anhaltspunkte dafür, dass das auf der Vorschrift des § 97 SGB VI beruhende Rechenwerk der Beklagten mit Fehlern behaftet sein könnte, sind im Übrigen weder von der Klägerin aufgezeigt worden noch sonst erkennbar.
Unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen ein anfänglich rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt grundsätzlich zurückgenommen werden kann, ist in § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) geregelt. Auf diese gesetzliche Bestimmung hat sich die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zu Recht berufen.
Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er der Vorschrift des § 45 Abs. 1 SGB X zufolge, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X ist das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X der Begünstige nicht berufen, soweit
1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
In den Fällen des § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung der Vorschrift des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X zufolge auch nach Ablauf der Frist von 10 Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde.
Gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X wird der Verwaltungsakt nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Soweit ein Verwaltungsakt nach Maßgabe der vorstehend genannten Bestimmungen aufgehoben worden ist, sind gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X die bereits erbrachten Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist der Vorschrift des § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X zufolge durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Gemäß § 50 Abs. 3 Satz 2 SGB X soll die Festsetzung, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsaktes erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.
Der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 steht nicht im Einklang mit diesen gesetzlichen Bestimmungen.
Soweit die Beklagte unter Berufung auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X von der Klägerin die (anteilige) Erstattung der für die Zeit vom 18. Februar 1999 bis zum 31. Mai 2008 überzahlten Witwenrente in Höhe von 6.142,29 EUR beansprucht, fehlt es bereits an einer ordnungsgemäßen Aufhebung des Verwaltungsakts, auf dessen Grundlage die in Rede stehenden Rentenleistungen erbracht worden sind.
Die Zahlung von Witwenrente an die Klägerin beruhte
- auf dem Bescheid der Beklagten vom 29. April 1999 (erstmalige Bewilligung von Witwenrente ab 18. Februar 1999),
- auf dem Bescheid der Beklagten vom 6. September 1999 (Neufeststellung der Witwenrente ab 18. Februar 1999 wegen einer Änderung der Beitragszeit vom 1. Dezember 1998 bis zum 31. Dezember 1998)
sowie
- auf dem Bescheid vom 12. Februar 2002 (Neufeststellung der Witwenrente ab 1. Juli 2003 wegen einer Änderung der Beitragszeit vom 17. Oktober 1998 bis zum 18. Februar 1999).
Zwar ist mit dem Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 29. April 1999 das nachfolgend dem Grunde nach nicht mehr in Frage gestellte sog. Stammrecht der Klägerin auf Gewährung von Witwenrente begründet worden. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten handelt es sich bei den Neufeststellungsbescheiden vom 6. September 1999 und vom 12. Februar 2002 allerdings nicht bloß um sog. wiederholende Verfügungen, sondern alle drei Bescheide enthalten eine jeweils eigenständige Regelung hinsichtlich der dem abgeleiteten Rentenanspruch zugrunde liegenden Beitragszeiten des Versicherten. Anders als bei den bloßen Neuberechnungsbescheiden vom 31. August 1999, vom 31. Juli 2000, vom 11. August 2000, vom 15. Juli 2004 und vom 18. Mai 2006 handelt es sich insoweit nicht bloß um Modifikationen bezüglich des sich aus dem Stammrecht ergebenden Rentenzahlungsanspruchs, sondern um eine das Stammrecht selbst hinsichtlich seiner wesentlichen Elemente – nämlich der Beitragszeiten des Versicherten – ab Rentenbeginn betreffende Neuregelung. Die Bescheide vom 6. September 1999 und vom 12. Februar 2002 sind jeweils an die Stelle des vor der Neufeststellung geltenden (ursprünglichen) Bewilligungsbescheides getreten; sie haben den Rentenanspruch der Klägerin gewissermaßen auf eine neue Grundlage gestellt und enthalten weitergehend auch eine Regelung hinsichtlich der Rentenhöhe, also genau in jenem Punkt, auf welchen sich die vorliegend streitige Aufhebungsentscheidung der Beklagten bezieht.
Der Verfügungssatz in Anlage 10 des streitgegenständlichen Bescheides vom 18. April 2008 lautet demgegenüber jedoch lediglich:
"Der Rentenbescheid vom 29. April 1999 wird hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. Juni 1999 nach § 45 SGB X zurückgenommen; die entstandene Überzahlung (vgl. Anlage 1) ist von Ihnen nach § 50 SGB X zu erstatten."
Es erscheint angesichts dessen zweifelhaft, ob der geltend gemachte Erstattungsanspruch auf eine Rücknahme allein des ursprünglichen Rentenbewilligungsbescheides vom 29. April 1999 gestützt werden kann oder ob insoweit nicht die in den Neufeststellungsbescheiden vom 6. September 1999 und vom 12. Februar 2002 jeweils zum Stammrecht und zur Rentenhöhe für die Zeit ab xx. Februar 1999 (also ab Rentenbeginn) getroffene Regelung einen (eigenständigen) Rechtsgrund zum Behalten der empfangenen Leistungen darstellt.
Welche Regelung in einem Bescheid getroffen wird, ergibt sich aus dessen Verfügungssatz, wobei nach dem Bestimmtheitsgebot des § 33 SGB X zu fordern ist, dass ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt zu sein hat. Das Bestimmtheitsgebot dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Hinblick auf das Interesse des Betroffenen an einer exakten Kenntnisnahme dessen, was ihm gegenüber geregelt wird. Daneben ist die inhaltlich hinreichende Bestimmtheit aber auch deshalb unentbehrlich, weil der Verwaltungsakt gegebenenfalls als Vollstreckungstitel der Behörde Grundlage der Zwangsvollstreckung sein kann. Er muss daher zumindest den Adressaten eindeutig bezeichnen und die ihm gegenüber im sog. Verfügungssatz (vgl. § 37 Abs. 4 Satz 1 SGB X: "verfügender Teil") getroffene Regelung unmissverständlich formulieren. Letzteres ist nur dann der Fall, wenn der Adressat aus dem Wortlaut eindeutig und ohne Schwierigkeiten entnehmen kann, welche inhaltliche Regelung der Verwaltungsakt unter Bezugnahme auf welchen Sachverhalt trifft. Der Adressat muss insbesondere wissen, was von ihm bis wann verlangt wird, was er ab wann zu unterlassen hat, was ihm gestattet oder untersagt wird, welche Feststellungen getroffen werden, welche Leistungen ihm nach Art, Höhe und Dauer gewährt werden bzw. welche Beiträge er für welchen Zeitraum aus welchem Grund zu zahlen hat (vgl. auch BSG vom 29. November 2012 - B 14 AS 6/12 R).
Wie die Beklagte selbst eingeräumt hat, bezieht sich der angefochtene Bescheid vom 18. April 2008 dem unmissverständlichen Wortlaut nach in seinem verfügenden Teil lediglich auf eine Aufhebung des Rentenbescheids vom 29. April 1999, nicht aber auf die nachfolgenden Neufeststellungsbescheide vom 6. September 1999 und vom 12. Februar 2002. Zwar hat die Beklagte auf den entsprechenden Hinweis des Senats erklärt, dass in Wirklichkeit auch eine Aufhebung der Folgebescheide gewollt (gewesen) sei. Die Einlassung der Beklagten, es sei "für den verständigen Empfänger unzweifelhaft der Wille der Beklagten zum Ausdruck (gekommen), dass die bisher verlautbarten Verwaltungsakte über die "Rentenhöhe" (insgesamt) nicht mehr gelten und zurückgenommen werden", hilft insoweit allerdings nicht weiter. Denn ein Verwaltungsakt ist nur dann im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn sein Regelungsgehalt für die Betroffenen ohne weitere Rückfrage bei der Behörde eindeutig und unschwer erkennbar ist. Es ist zwar zu berücksichtigen, dass der Verwaltungsakt als zugangsbedürftige Erklärung des hoheitlichen Behördenwillens vom Empfängerhorizont her auszulegen ist und dass der Adressat sich in aller Regel zunächst redlich bemühen muss, den wirklichen Willen der Behörde durch Auslegung zu erkennen, wobei er nicht am buchstäblichen Ausdruck haften darf (vgl. § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).
Die Grenzen einer möglichen Auslegung sind zur Überzeugung des Senats jedoch überschritten, wenn eine tatsächlich erklärte Regelung (vorliegend: Zurücknahme der die Rentenhöhe betreffenden Regelung in einem einzelnen, datumsmäßig genau bezeichneten Verwaltungsakt) in Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut des Verfügungssatzes uminterpretiert werden soll in eine gänzlich andere Regelung (hier: Zurücknahme auch der die Rentenhöhe betreffenden Regelung in mehreren weiteren, nicht genau bezeichneten Verwaltungsakten), die sich bei verständiger Betrachtungsweise als wesensverschiedenes aliud darstellt. Ausgehend von Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots (vgl. oben) darf nämlich nicht übersehen werden, dass es sich bei dem jeweiligen auslegungsbedürftigen Verwaltungsakt auch um einen gemäß § 77 SGG mit dem tatsächlichen Verfügungssatz, nicht hingegen mit vielleicht Gewollten in der Sache bindend werdenden – Vollstreckungstitel handelt und dass die Behörde nicht zuletzt im Interesse der Rechtssicherheit gehalten ist, das Verwaltungsverfahren nicht durch vermeidbare Unklarheiten zu belasten (BVerwGE 41, 306 sowie BVerwG NJW 1972, 1682 unter Hinweis auf Art. 19 Abs. 4 GG; vgl. ferner Meyer, NVwZ 1986, 513, 517). Solange das Schicksal der Neuberechnungsbescheide vom 6. September 1999 und vom 12. Februar 2002 nicht geklärt ist, könnte die Klägerin sich nämlich anderenfalls darauf berufen, dass sie auf der Grundlage dieser – bislang nicht expressis verbis zurückgenommenen – Verwaltungsakte nach wie vor einen Anspruch auf Zahlung einer ohne Berücksichtigung der Verletztenrente berechneten Witwenrente habe (vgl. in diesem Sinne auch BSG vom 29. November 2012 - B 14 AS 196/11 R).
Die von der Beklagten zitierten Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG vom 22. März 1995 - 10 Rkg 10/89, BSG vom 11. Dezember 1992 in SozR 3-1300 § 48 Nr. 22 und BSG vom 13. Dezember 2000 - B 5 RJ 42/99 R) gebieten insoweit schon bereits deshalb keine andere Sicht der Dinge, weil im vorliegenden Fall eben gerade nicht für jeden verständigen Empfänger ohne jeglichen Zweifel klar sein muss, dass die Beklagte drei Rentenbescheide zurückgenommen hat, obwohl im Verfügungssatz ihres Aufhebungsbescheides ausdrücklich nur ein einziger Bescheid genannt ist. Dem Senat ist aus einer Vielzahl gleichgelagerter Aufhebungs- und Erstattungsfälle bekannt, dass die Beklagte – anders als im vorliegenden Fall – sehr wohl in der Lage ist, diejenigen Bescheide, die von einer Aufhebungsentscheidung erfasst werden sollen, exakt zu bezeichnen. Ihre verwaltungstechnischen Möglichkeiten, im Einzelfall die jeweilige Bescheidhistorie zurückzuverfolgen, hat die Beklagte im vorliegenden Verfahren durch die vollständige Vorlage der im Falle der Klägerin ergangenen Bescheide eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Gleichwohl hat sie jedoch – trotz des seitens des Senats gegebenen rechtlichen Hinweises – von der ihr ausdrücklich eingeräumten Möglichkeit zum Erlass eines die tatsächlich gewollte Regelung klarstellenden Ergänzungsbescheides keinen Gebrauch gemacht.
Auch der Einwand der Beklagten, es sei mittlerweile "allgemein anerkannt", dass eine Bescheidaufhebung nicht ausdrücklich erklärt werden müsse, sondern auch durch einen konkludenten, hinreichend deutlichen Verwaltungsakt erfolgen könne, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn es geht im vorliegenden Fall nicht darum, dass die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 18. April 2008 eine Änderung hinsichtlich der Rentenhöhe verfügt hat, ohne überhaupt ausdrücklich die Aufhebung irgendeines – für alle Beteiligten allerdings zweifelsfrei bestimmbaren – Bescheides zu erklären. Sie hat vielmehr ausdrücklich nur den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 29. April 1999 mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben und ganz offensichtlich auch nur hinsichtlich der Aufhebung dieses einen Bescheides eine Prüfung der besonderen Rücknahmevoraussetzungen im Sinne von § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X einschließlich der gebotenen Ermessensprüfung vorgenommen. Das insoweit zu verzeichnende Prüfdefizit steht dabei im Übrigen auch der von der Beklagten nach Maßgabe von § 43 SGB X erwogenen Umdeutung des verlautbarten Verfügungssatzes in eine auch die Neufeststellungsbescheide vom 6. September 1999 und vom 12. Februar 2002 betreffende Rücknahmeentscheidung entgegen. Dies gilt umso mehr als die Klägerin sich – wie Beklagte selbst vorträgt – ausdrücklich darauf beruft, dass ihr Vertrauen nicht nur in den Bewilligungsbescheid, sondern auch "in die Folgebescheide" schutzwürdig sei.
Ausgehend von der Auffassung der Beklagten, dass ein Verwaltungsakt auch konkludent zurückgenommen werden könne, wäre im Übrigen die Frage zu stellen, ob dann nicht auch bereits der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 29. April 1999 konkludent durch die an dessen Stelle getretenen Neufeststellungsbescheide vom 6. September 1999 bzw. vom 12. Februar 2002 aufgehoben worden ist, was im Ergebnis bedeuten würde, dass die Beklagte mit dem angefochtenen Rücknahmebescheid vom 18. April 2008 einen schon bereits zuvor längst (konkludent) aufgehobenen Verwaltungsakt (nämlich den ursprünglichen Bescheid vom 29. April 1999) zurückgenommen hätte, so dass die Rücknahmeentscheidung damit vollständig ins Leere greifen würde.
Im Ergebnis kann der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 damit schon bereits deshalb keinen Bestand haben, weil dessen Verfügungssatz ("Rücknahme des Rentenbescheides vom 29. April 1999") nicht geeignet ist, das (auch) durch die Neufeststellungsbescheide vom 6. September 1999 bzw. vom 12. Februar 2002 begründete Recht der Klägerin zum Empfang einer ohne Berücksichtigung ihrer Verletztenrente berechneten Witwenrente (vollständig) zu beseitigen. Da es an einer ordnungsgemäßen Aufhebung derjenigen Verwaltungsakte fehlt, auf deren Grundlage die in Rede stehenden Rentenleistungen in der Vergangenheit erbracht worden und in der Zukunft zu erbringen sind, kommt es nicht darauf an, ob es sich bei dem angefochtenen Bescheid vom 18. April 2008 um einen sog. teilbaren Verwaltungsakt handelt. Die Rechtswidrigkeit erfasst sowohl die darin ausgesprochene Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit als auch die beabsichtigte Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft.
Selbst wenn man der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung folgt und den angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 dahingehend auslegt, dass hierdurch nicht nur der Bescheid vom 29. April 1999 hinsichtlich der Rentenhöhe zurückgenommen worden ist, sondern auch die Neufeststellungsbescheide vom 6. September 1999 sowie vom 12. Februar 2002, so ändert dies im Ergebnis nichts an der Rechtswidrigkeit der seitens der Beklagten getroffenen Regelung. Denn die Beklagte hat bei ihrer Aufhebungsentscheidung keine den Anforderungen des § 45 Abs. 2 SGB X genügende Vertrauensschutzprüfung vorgenommen.
Die Beteiligten gehen zu Recht davon aus, dass ein den Vertrauensschutz nach Maßgabe des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X vernichtender Tatbestand im Falle der Klägerin ganz offenkundig nicht gegeben ist, weil sie den Erlass des begünstigenden Verwaltungsakts weder durch Täuschung oder Drohung noch durch Bestechung erwirkt hat.
Es erscheint darüber hinaus auch fraglich, ob die hinsichtlich der Rentenhöhe getroffene Verwaltungsentscheidung der Beklagten entsprechend der Vorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf Angaben beruht, welche die Klägerin vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Hinsicht unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Dass die Angaben der Klägerin objektiv unrichtig bzw. unvollständig waren, weil sie hinsichtlich des Bezugs der Verletztenrente zunächst keinerlei Angaben gemacht hat, kann nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden. Hierin liegt ein Verstoß gegen die generell für jeden Empfänger von Sozialleistungen bestehenden Mitwirkungspflichten, denn wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. In diesem Sinne ist auch der im Rentenbewilligungsbescheid der Beklagten vom 29. April 1999 enthaltene Hinweis zu verstehen, dass Arbeitseinkommen einen Einfluss auf die Rentenhöhe haben kann und dass deshalb die gesetzliche Verpflichtung besteht, etwaige Einkünfte aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Dieser Hinweis ist so klar und eindeutig, dass die Klägerin nicht mit dem Einwand gehört werden kann, nicht ordnungsgemäß über die ihr obliegenden Mitwirkungspflichten belehrt worden zu sein.
Es reicht allerdings nicht aus, dass die Angaben der Klägerin objektiv unrichtig bzw. unvollständig waren. Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X kann sich auf ein schutzwürdiges Vertrauen nur derjenige nicht berufen, der auch in subjektiver Hinsicht ("vorsätzlich oder grob fahrlässig") unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt der in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 2. Halbsatz SGB X enthaltenen Legaldefinition zufolge vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden und wenn das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BSG vom 31. August 1976 - 7 RAr 112/74 = BSGE 42, 184, 187 und BSG vom 28. November 1978 - 4 RJ 130/77 = SozR 2200 § 1301 RVO Nr. 8 m.w.N).
Bezogen auf den vorliegenden Fall kann dabei nicht übersehen werden, dass die Klägerin bereits anlässlich der aufgrund ihres Antrags auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit am 7. April 1994 durchgeführten gutachtlichen Untersuchung gegenüber der Ärztin für Innere Medizin Dr. med. QQ. (vgl. deren Gutachten vom 20. April 1999, Bl. 24, 26 Rentenakten der Klägerin) angegeben hat, unter "Störungen der Merkfähigkeit, Konzentration und Orientierung" zu leiden, woraufhin seitens der Gutachterin verdachtsweise ein "hirnorganisches Psychosyndrom" (vgl. Bl. 32 Rentenakten der Klägerin" diagnostiziert worden ist. Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. WW. hat diese Verdachtsdiagnose im nachfolgenden Rentengutachten vom 16. Juni 1994 ausdrücklich bestätigt, und auch im Entlassungsbericht der MG-Klinik, KK., vom 22. Juni 1995 (Bl. 66, 74 Rentenakten der Klägerin) ist ausdrücklich die Rede davon, dass aufgrund der auch im psychologischen Leistungstest festzustellenden Konzentrations- und Belastungsschwäche bei nach wie vor unklarer Diagnose eines ungeklärten zerebralen Prozesses" die Leistungsfähigkeit der Klägerin auf unter halbschichtig herabgesunken sei. Dieses Leistungsdefizit der Klägerin war letztlich der Grund für die durch Bescheid vom 21. September 1995 erfolgte Zuerkennung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Zur Überzeugung des Senats sprechen angesichts dessen gute Gründe gegen die Annahme, dass die Klägerin den Bezug der Verletztenrente vorsätzlich oder grob fahrlässig verschwiegen haben könnte. Für die Ehrlichkeit der Klägerin spricht hingegen, dass sie den Rentenbezug in ihrer Erklärung vom 23. Januar 2008 nach Erhalt der entsprechenden Rückfrage der Beklagten sogleich ohne irgendwelche Verschleierungsversuche ordnungsgemäß offen gelegt hat.
Wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, kann der Klägerin auch nicht auf der Grundlage von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vorgehalten werden, dass sie die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 29. April 1999 gekannt bzw. infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt habe. Denn auch insoweit kann bei verständiger Würdigung aller Begleitumstände nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße (also: zumindest grob fahrlässig) verletzt hat. Das komplizierte Rechenwerk zur Ermittlung des auf die Hinterbliebenenrente anzurechnenden eigenen Einkommens der Klägerin erstreckt sich im Bewilligungsbescheid vom 29. April 1999 ebenso wie in den Neufeststellungsbescheiden vom 6. September 1999 bzw. vom 12. Februar 2002 über mehrere Seiten, so dass in der Tat nicht ohne weiteres die Annahme gerechtfertigt erscheinen kann, es habe jedem aufgrund einfachster und ganz nahe liegender Überlegungen einleuchten müssen, dass bei den Berechnungen der Beklagten der Bezug der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung unberücksichtigt geblieben sei. Nicht zuletzt unter Berücksichtigung des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks von der Urteils- und Kritikfähigkeit sowie von dem Einsichtsvermögen der Klägerin erscheint es zur Überzeugung des Senats unangemessen, ihr gegenüber in einer Situation, in welcher der Rentenversicherungsträger selbst hinsichtlich der Umsetzung des rechtlich gebotenen Verwaltungshandelns in erratischer Weise vorgegangen ist, den Vorwurf einer besonderen schwerwiegenden, schlechthin unentschuldbaren Nachlässigkeit zu erheben.
Selbst wenn man trotz der soeben aufgezeigten Gesichtspunkte einen grundsätzlich zur (rückwirkenden) Bescheidkorrektur berechtigenden Fall des § 45 SGB X als gegeben ansehen will, ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2008 im Übrigen jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte im Rahmen ihrer Rücknahmeentscheidung nicht das ihr nach dem Gesetz eingeräumte Ermessen entsprechend der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt hat.
Wie sich aus § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X ergibt, ist im Rahmen der Rücknahmeentscheidung jeweils im Einzelfall eine Abwägung vorzunehmen zwischen dem Vertrauen des Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsaktes einerseits und dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte andererseits. Zweck der Ermächtigung in § 45 SGB X ist es, in Anbetracht der Besonderheiten des Einzelfalls von einer dem Grunde nach vorliegenden Rücknahmemöglichkeit zugunsten des Betroffenen ganz oder teilweise Abstand nehmen zu können. Es handelt sich insoweit nicht lediglich um einen auf Ausnahmefälle beschränktes "Soll"-Ermessen (vgl. BSG vom 4. Februar 1988 - 11 RAr 26/87 = BSGE 63, 37 = SozR 1300 § 45 Nr. 34; BSG vom 17. Oktober 1990 – 11 Rar 3/88 = SozR 3 1300 § 45 Nr. 5), sondern um eine regelmäßige Pflicht zur Ermessensausübung (vgl. BSG vom 9. September 1998 - B 13 RJ 41/97 R - m.w.N.), die auch in den Fällen der Bösgläubigkeit im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 nicht von vornherein kraft Gesetzes ausgeschlossen ist (BSG vom 25. Januar 1994 - 4 RA 16/92 = SozR 3-1300 § 50 Nr. 16; BSG vom 24. Januar 1995 - 8 RKn 11/93 = BSGE 75, 291 = SozR 3-1300 § 50 Nr. 17). Auf die pflichtgemäße Ausübung eines dementsprechenden Ermessens besteht vielmehr der Vorschrift des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I zufolge ein genereller Rechtsanspruch.
Es steht der Behörde in den Grenzen ihres Ermessens in der Regel frei, auf welche Umstände sie im Rahmen der Ermessensbetätigung abstellen will (vgl. BSG vom 21. März 1990 - 7 RAr 112/88 = SozR 3-1300 § 45 Nr. 2). Die Ermessensausübung ist jedoch gerichtlich dahingehend zu überprüfen, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat (vgl. BSG vom 10. August 1993 - 9 BV 4/93 = SozR 3-1300 § 45 Nr. 18). Zu den in diesem Sinne bei der Ermessenausübung zu berücksichtigenden Umständen des Einzelfalles gehört anerkanntermaßen auch die Frage danach, auf wessen Verschulden das Zustandekommen der fehlerhaften Entscheidung beruht (vgl. BSG vom 21. März 1990 - 7 RAr 112/88 = SozR 3-1300 § 45 Nr. 2; BSGE vom 8. Februar 1996 - 13 RJ 35/94 = BSGE 77, 295 = SozR 3-1300 § 45 Nr. 27). Ein Mitverschulden oder gar ein alleiniges Verschulden des Rentenversicherungsträgers bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Umfang der Bescheidrücknahme und damit die Höhe der Überzahlung zu reduzieren ist. Vielmehr sind auch bei einem Mitverschulden des Rentenversicherungsträgers Fälle denkbar, in denen andere Ermessensgründe – insbesondere ein überwiegendes öffentliches Interesse der Versichertengemeinschaft an der Korrektur rechtswidriger Verwaltungsentscheidungen – so schwer wiegen, dass dennoch eine vollumfänglichen Bescheidrücknahme als geboten erscheinen kann. Unabhängig von der Frage, wie die Ermessensentscheidung der Behörde im Ergebnis ausfällt, ist jedoch in jedem Falle zu fordern, dass die Behörde tatsächlich und nach außen erkennbar ihr Ermessen ausübt. Aus dem jeweiligen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid muss angesichts dessen ersichtlich sein, dass die Behörde sich ihres Ermessensspielraums erkennbar bewusst war, sich also nicht allein wegen der Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen des § 45 SGB X zur Rücknahme gezwungen gesehen hat, dass die Behörde keine besondere Härte beim Versicherten als gegeben ansieht und dass die Behörde im Übrigen entweder das Vorhandensein von weiteren Umständen, die nach ihrer Auffassung eine Ausübung des Ermessens zu Gunsten des Bürgers nach sich ziehen könnten, verneint oder ausführt, dass bestimmte benannte Umstände ein teilweises Absehen von der Rücknahme nicht rechtfertigen (vgl. KassKomm-Steinwedel § 45 SGB X Rdnr. 56 m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen muss sich die Beklagte im vorliegenden Fall entgegenhalten lassen, dass die Frage ihres eigenen Mitverschuldens am Zustandekommen der rechtswidrigen Rentenzahlung sowohl im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. April 2008 als auch im endgültigen Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2008 unberücksichtigt geblieben ist. Die Klägerin hat bereits anlässlich des Anhörungsverfahrens mit Schreiben vom 4. April 2008 darauf hingewiesen, dass der Beklagten aufgrund der im Zusammenhang mit der Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente gemachten Angaben der Bezug der Verletztenrente bekannt gewesen sei. Im Rahmen der Ermessensausübung hat die Beklagte allerdings nur das hohe Lebensalter bzw. die sozialen Verhältnisse der Klägerin und den Umstand berücksichtigt, dass die empfangenen Leistungen bereits teilweise verbraucht waren. Zwar findet sich im Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2008 der Hinweis, dass die Versichertenrente aus dem eigenen Versicherungskonto der Klägerin geleistet werde und dass "eine gemeinsame Aktenanlage mit der Hinterbliebenenrente aus dem Versicherungskonto (des) verstorbenen Ehemannes" nicht erfolge. Ob und gegebenenfalls inwieweit der seitens der Klägerin erhobene Einwand, die Beklagte würde bei entsprechender Ausnutzung der ihr gegebenen (technischen) Möglichkeiten zur Verschränkung der beiden Versicherungskonten die Möglichkeit gehabt haben, schon zu einem früheren Zeitpunkt die Verletztenrente auch auf die Hinterbliebenenrente anzurechnen, auch im Rahmen der seitens der Beklagten durchgeführten Ermessensprüfung berücksichtigt worden ist, kann dem in den angefochtenen Bescheiden verlautbarten Text indes nicht entnommen werden. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte im Hinblick auf ein etwaiges Mitverschulden gehalten gewesen sein könnte, die von ihr geltend gemachte Erstattungsforderung noch weitergehend zu reduzieren. Der Ermessensfehler liegt hier darin, dass den der Klägerin bekannt gegebenen Bescheiden (überhaupt) nicht entnommen werden kann, ob und gegebenenfalls inwieweit der Gesichtspunkt eines etwaigen Mitverschuldens Eingang in die seitens der Beklagten vorgenommene Ermessensprüfung gefunden hat. Bei dieser Sachlage kommt letztlich nicht darauf an, ob es im Ergebnis vertretbar gewesen wäre, wenn sie nach ordnungsgemäßer Ermessensausübung entsprechend den im Urteil des Bundessozialgerichts vom 21. März 1990 (7 RAr 112/88) niedergelegten Grundsätzen zu der Ermessensentscheidung gelangt wäre, dass dem Gesichtspunkt ihres Mitverschuldens keine Bedeutung zukommt.
In den einschlägigen Arbeitsanweisungen der Beklagten (vgl. rvLiteratur, Rechtshandbuch zu § 45 SGB X Anm. 8.2. zu "Umfang und Begründung des Ermessens") wird in der Sache zutreffend und hinsichtlich der Wortwahl unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die Ermessensausübung ausführlich zu begründen ist. Es heißt dort:
"Bei der Begründung des Ergebnisses der Ermessensausübung ist von entscheidender Bedeutung, dass im Rücknahmebescheid zum Ausdruck gebracht wird, dass sich der Rentenversicherungsträger der Erforderlichkeit einer Ermessensausübung bewusst war und Ermessen auch ausgeübt hat. Die Ermessensentscheidung - mit welchem Ergebnis auch immer - ist daher ausführlich zu begründen. Die Begründung muss alle Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen wurde (§ 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Trifft zum Beispiel den Rentenversicherungsträger ein Mitverschulden oder das alleinige Verschulden und soll von der vollumfänglichen Bescheidrücknahme nicht abgesehen werden, muss bei der Begründung der Ermessensentscheidung zum Ausdruck kommen, dass er sich des Mitverschuldens oder des alleinigen Verschuldens bewusst war, dies aber im Hinblick auf andere Ermessensgründe zurück steht."
Es heißt in den Arbeitsanweisungen weitergehend ausdrücklich, dass "Formulierungen wie »Auch im Wege des Ermessens halten wir die Bescheidrücknahme für gerechtfertigt.« oder »Gründe für eine Ermessensentscheidung zu Ihren Gunsten liegen nicht vor.« ... dem Begründungsgebot nicht (genügen)" ... und ... dass ein "Verstoß gegen die Begründungspflicht ... zur Rechtswidrigkeit des Bescheides und gegebenenfalls zur Aufhebung durch die Sozialgerichtsbarkeit" führt. Auch gemessen an diesen von der Beklagten selbst für ihr Verwaltungshandeln aufgestellten Anforderungen leiden die angefochtenen Bescheide damit ganz offenkundig an einem Begründungsdefizit und verletzen daher die Klägerin in ihren Rechten.
Die Berufung konnte damit im Ergebnis nicht ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die ihr zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen für beide Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die (teilweise) Rücknahme der Entscheidung über die Gewährung von Witwenrente für die Zeit vom 18. Februar 1999 bis zum 31. Mai 2008 wegen anzurechnenden eigenen Einkommens sowie gegen die Erstattung eines auf 6.142,29 EUR ermäßigten Überzahlungsbetrages.
Die 1937 geborene Klägerin ist die Witwe des 1944 geborenen und am xx. Februar 1999 verstorbenen Versicherten B. A ... Sie bezog aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen eines am 29. Februar 1980 erlittenen Arbeitsunfalls eine Verletztenrente (Bewilligungsbescheid der Bau-Berufsgenossenschaft BK. vom 18. März 1981) sowie aus der gesetzlichen Rentenversicherung ab 27. April 1994 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und ab 1. Februar 2002 eine Regelaltersrente aus eigener Versicherung. Aufgrund der seitens der Klägerin im Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente gemachten Angaben holte die Beklagte Auskünfte der Bau-Berufsgenossenschaft vom 25. Mai 1994 sowie vom 16. August 1995 über die Höhe und die Berechnungsgrundlagen der Verletztenrente ein und gelangte in der Anlage 7 zum Bewilligungsbescheid vom 21. September 1995 (Bl. 107 Rentenakten) bzw. zum Neufeststellungsbescheid vom 15. August 1997 (Bl. 171 Rentenakten) zu dem Ergebnis, dass keine Anrechnung der Verletztenrente vorzunehmen sei.
Nach dem Tode des Ehemannes beantragte die Klägerin am 3. März 1999 bei der Beklagten die Gewährung von Hinterbliebenenrente. Das als Anlage zum Rentenantrag beigefügte und unter dem 3. März 1999 von der Klägerin eigenhändig unterschriebene Formular zur Erklärung ihrer eigenen Einkünfte (Formular R 660) enthält unter Punkt 7.1. hinsichtlich der Frage nach einer "Rente aus eigener Versicherung" einen Eintrag bezüglich der ab 27. April 1995 gezahlten Erwerbsunfähigkeitsrente nebst Versicherungsnummer der Klägerin sowie unter Punkt 7.4. hinsichtlich der Frage nach dem Bezug von "Versichertenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung" einen Haken im Kästchen für die Antwort "nein".
Die Beklagte bewilligte der Klägerin daraufhin für die Zeit ab xx. Februar 1999 (Todestag) aus der Versicherung des verstorbenen Ehemannes antragsgemäß durch Bescheid vom 29. April 1999 eine große Witwenrente. Bei der Berechnung des monatlichen Rentenzahlbetrages wurde in Anlage 8 des Bescheides die aus eigener Versicherung bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin als Erwerbsersatzeinkommen angerechnet; die Verletztenrente der Klägerin blieb zunächst unberücksichtigt. Im Bewilligungsbescheid vom 29. April 1999 heißt es im Abschnitt "Mitteilungspflichten" unter anderem:
"Erwerbseinkommen und Erwerbsersatzeinkommen können Einfluss auf die Rentenhöhe haben. Daher besteht die gesetzliche Verpflichtung, uns den Bezug, das Hinzutreten oder die Veränderung von Erwerbseinkommen ... oder von Erwerbsersatzeinkommen unverzüglich mitzuteilen.
Erwerbsersatzeinkommen sind, auch als Kapitalleistung oder Abfindung, folgende Leistungen:
- ...,
- ...,
- ...,
- Rente an Versicherte aus der gesetzlichen Unfallversicherung,
- ...,
- ...,
- ...,
- ...
...
Soweit Änderungen Einfluss auf den Rentenanspruch oder die Rentenhöhe haben, werden wir den Bescheid – auch rückwirkend – ganz oder teilweise aufheben und zu Unrecht erbrachte Leistungen zurückfordern.
Größere Überzahlungen können vermieden werden, wenn Sie uns entsprechend den Mitteilungspflichten umgehend benachrichtigen."
Durch Bescheid vom 31. August 1999 wurde die Witwenrente der Klägerin für die Zeit ab 1. Juli 1999 wegen der durchzuführenden Rentenanpassung sowie wegen der Änderung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens (Erwerbsunfähigkeitsrente aus eigener Versicherung) neu berechnet.
Durch Bescheid vom 6. September 1999 stellte die Beklagte die bisherige Witwenrente sodann für die Zeit ab xx. Februar 1999 (Todestag) wegen einer Änderung der Beitragszeit vom 1. Dezember 1998 bis zum 31. Dezember 1998 neu fest. Bei der Berechnung des monatlichen Rentenzahlbetrages wurde in Anlage 8 des Bescheides wiederum nur die aus eigener Versicherung bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin als Erwerbsersatzeinkommen angerechnet; die Verletztenrente der Klägerin blieb weiterhin unberücksichtigt. Es ergab sich für die Zeit vom 18. Februar 1999 bis zum 31. Oktober 1999 eine Nachzahlung in Höhe von 11,18 DM. Der Neufeststellungsbescheid vom 6. September 1999 enthält unter dem Abschnitt "Mitteilungspflichten" wiederum die bereits oben wiedergegebene Belehrung über die Pflicht zur Anzeige des Bezugs einer Rente an Versicherte aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Durch Bescheid vom 31. Juli 2000 wurde die Witwenrente der Klägerin für die Zeit ab 1. Juli 2000 wegen der durchzuführenden Rentenanpassung sowie wegen der Änderung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens (Erwerbsunfähigkeitsrente aus eigener Versicherung) neu berechnet.
Durch Bescheid vom 12. Februar 2002 stellte die Beklagte die bisherige Witwenrente sodann für die Zeit ab xx. Februar 1999 (Todestag) wegen einer Änderung der Beitragszeit vom 17. Oktober 1998 bis zum 18. Februar 1999 neu fest. Bei der Berechnung des monatlichen Rentenzahlbetrages wurde in Anlage 8 des Bescheides wiederum nur die aus eigener Versicherung bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin als Erwerbsersatzeinkommen angerechnet; die Verletztenrente der Klägerin blieb erneut unberücksichtigt. Es ergab sich für die Zeit vom 18. Februar 1999 bis zum 31. März 2002 eine Nachzahlung in Höhe von 73,41 EUR. Der Neufeststellungsbescheid vom 12. Februar 2002 enthält unter dem Abschnitt "Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten" wiederum die bereits oben wiedergegebene Belehrung über die Pflicht zur Anzeige des Bezugs einer Rente an Versicherte aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Schließlich nahm die Beklagte durch Bescheide vom 15. Juli 2004 und vom 18. Mai 2006 weitere Neuberechnungen der Witwenrente wegen der durchzuführenden Rentenanpassung sowie wegen der Änderung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens (Erwerbsunfähigkeitsrente aus eigener Versicherung) und/oder Änderung des Beitragsanteils zur Kranken- und Pflegeversicherung vor.
Am 21. Dezember 2007 bemerkte die Beklagte schließlich im Rahmen eines maschinellen Suchlaufs, dass im Rentenkonto der gezahlten Rente aus eigener Versicherung auch Daten eines Unfallrentenbezuges gespeichert waren, und übersandte der Klägerin zur Überprüfung der Einkommensanrechnung mit der Bitte um Rücksendung das Formular "R660". Die Klägerin gab in dem Formular daraufhin unter dem 23. Januar 2008 wahrheitsgemäß an, dass sie neben der (Alters-) Rente aus eigener Versicherung auch eine Verletztenrente von der Bau-Berufsgenossenschaft beziehe.
Nach Einholung einer Auskunft der Bau-Berufsgenossenschaft vom 12. Februar 2008 hörte die Beklagte daraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 20. Februar 2008 zur beabsichtigen (teilweisen) Rücknahme des Bescheides vom 29. April 1999 mit Wirkung ab 18. Februar 1999 und zur beabsichtigen Rückforderung einer bezüglich der Zeit vom 1. Juni 1999 bis zum 31. März 2008 entstandenen Überzahlung in Höhe von 8.036,73 EUR an.
Die Klägerin machte mit Schreiben vom 4. April 2008 geltend, dass die Beklagte von Anfang an Kenntnis vom Bezug der Verletztenrente gehabt habe. Die Verletztenrente sei bereits auf ihre aus eigener Versicherung bezogene Erwerbsunfähigkeitsrente angerechnet worden. Eine doppelte Anrechnung sowohl auf die Versichertenrente als auch auf die Hinterbliebenenrente könne nicht rechtens sein. Sie habe auf die Rechtmäßigkeit des Bewilligungsbescheides vom 29. April 1999 und auf die Folgebescheide für die Zeit ab 1999 vertraut und die empfangenen Leistungen gutgläubig verbraucht.
Durch Bescheid vom 18. April 2008 nahm die Beklagte schließlich unter Berufung auf § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) den "Rentenbescheid vom 29. April 1999" wegen des auf die Witwenrente anzurechnenden (weiteren) Einkommens der Klägerin "hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. Juni 1999" (teilweise) zurück und forderte von der Klägerin die Erstattung der hinsichtlich der Zeit "vom 18. Februar 1999 bis zum 31. Mai 2008" entstandenen Überzahlung in Höhe von insgesamt 6.142,29 EUR. Auf Vertrauen in den Bestand des Rentenbescheides könne die Klägerin sich nicht berufen, weil sie dessen Fehlerhaftigkeit gekannt bzw. grob fahrlässig nicht gekannt habe (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Allerdings werde den seitens der Klägerin im Anhörungsverfahren dargelegten Gründen "im Wege des Ermessens insoweit Rechnung getragen, als die Rückforderung auf 75% der Forderung durch ihr hohes Lebensalter und den schon teilweisen Verbrauch der Leistung für die allgemeine Lebensführung begrenzt" worden sei.
Den gegen diesen Bescheid am 2. Mai 2008 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2008 als unbegründet zurück. Nachdem die sozialen Verhältnisse der Klägerin durch die Begrenzung des Rückforderungsbetrages auf 75 % der Gesamtüberzahlung bereits angemessen berücksichtigt worden seien, komme ein weiterer Verzicht auf die Rückforderung des Restbetrages nicht in Betracht.
Die Klägerin erhob daraufhin am 25. Juli 2008 Klage bei dem Sozialgericht Fulda und berief sich unter anderem darauf, dass seitens der Beklagten die Anrechnungsvorschrift des § 93 SGB VI nicht beachtet worden sei. Bei richtiger Rechtsanwendung ergebe sich keine zu erstattende Überzahlung.
Die Beklagte machte demgegenüber geltend, dass die Klägerin keine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, sondern eine Verletztenrente beziehe. Die Vorschrift des § 93 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI sei deshalb auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar.
Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beteiligten die Klage unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Bescheide (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) durch Gerichtsbescheid vom 20. April 2011 abgewiesen und ergänzend ausgeführt, dass die von der Klägerin genannte Anrechnungsvorschrift des § 93 SGB VI keine Anwendung finden könne, weil diese Vorschrift nur den Fall des Zusammentreffens gleichartiger Leistungen (Rente aus eigener Versicherung und Verletztenrente aus der Unfallversicherung bzw. Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung) regele. Vorliegend gehe es allerdings um das Zusammentreffen einer Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung, so dass sich die Anrechnung nach § 97 SGB VI richte.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 28. April 2011 zugestellten Gerichtsbescheid am Sonntag, dem 29. Mai 2011 per Telefax Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren und macht geltend, dass im Übrigen auch der zur Ermittlung des Überzahlungsbetrages seitens der Beklagten angewendete Rechenweg unrichtig sei.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Fulda vom 20. April 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich in ihrer Auffassung durch die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.
Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts die den Arbeitsunfall vom 29. Februar 1980 betreffenden Unfallakten der Bau-Berufsgenossenschaft beigezogen. Mit Schreiben vom 21. Juni 2012 hat der Senat ferner einen rechtlichen Hinweis erteilt und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der den Versicherten und der die Klägerin betreffenden Rentenakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Fulda vom 20. April 2011 ist aufzuheben. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 kann keinen Bestand haben, weil er die Klägerin in ihren Rechten verletzt.
Ausgangspunkt für das Tätigwerden der Beklagten ist im vorliegenden Fall die gesetzliche Regelung des § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), wonach das Einkommen (§§ 18a bis 18e Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)) von Berechtigten, das mit einer Witwenrente oder Witwerrente zusammentrifft, hierauf grundsätzlich angerechnet wird.
Nach § 18a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ist bei einer Rente wegen Todes unter anderem das Erwerbseinkommen zu berücksichtigen, welches in § 18a Abs. 2 Satz 1 SGB IV näher als Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und vergleichbares Einkommen definiert wird. Maßgebend für die Einkommensanrechnung ist gemäß § 18b Abs. 1 SGB IV grundsätzlich das monatliche Einkommen, bei Erwerbseinkommen allerdings das Einkommen des letzten Kalenderjahres, geteilt durch die Zahl der Kalendermonate, in denen es erzielt wurde (§ 18b Abs. 2 Satz 1 SGB IV) und gekürzt um die Beträge nach § 18b Abs. 5 Nr. 1 SGB IV. Arbeitsentgelt wird aus einer abhängigen Beschäftigung erzielt (§ 14 SGB IV), wogegen das Arbeitseinkommen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IV (früher nur Satz 1) in der seit Inkrafttreten des SGB IV unveränderten Definition "der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit" ist.
Wie sich aus § 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV ergibt, sind als Einkommen außerdem diejenigen Leistungen zu berücksichtigen, die erbracht werden um Erwerbseinkommen zu ersetzen (Erwerbsersatzeinkommen). Zum Erwerbsersatzeinkommen zählen der Vorschrift des § 18a Abs. 3 Satz 1 SGB IV zufolge neben anderen Leistungen die Renten der Rentenversicherung wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähigkeit, wobei Kinderzuschuss, Kinderzulage und vergleichbare kindbezogene Leistungen gemäß § 18 Abs. 3 Satz 2 SGB IV außer Betracht bleiben (§ 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB IV) sowie auch die Verletztenrente der Unfallversicherung, soweit sie einen der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz entsprechenden Betrag übersteigt; eine Kürzung oder ein Wegfall der Verletztenrente wegen Anstaltspflege oder Aufnahme in ein Alters- oder Pflegeheim bleibt unberücksichtigt; bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 vom Hundert ist ein Betrag in Höhe von zwei Dritteln, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 vom Hundert ist ein Betrag in Höhe von einem Drittel der Mindestgrundrente anzusetzen (§ 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV).
Mehrere zu berücksichtigende Einkommen sind nach der Vorschrift des § 18b Abs. 1 Satz 2 SGB IV zusammenzurechnen.
Die gesetzlichen Bestimmungen über die Anrechnung von Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen auf die Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 18. Februar 1998 - 1 BvR 1318/86, 1 BvR 1484/86 = BVerfGE 97, 271 = SozR 3-2940 § 58 Nr. 1) hat ausdrücklich hervorgehoben, dass die Hinterbliebenenversorgung nicht auf einer dem Versicherten zurechenbaren Eigenleistung (vgl. BVerfG vom 4. Juli 1995 - 1 BvF 2/86 = BVerfGE 92, 365, 405) beruht und dass Ansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung auf Hinterbliebenenversorgung demgemäß auch nicht dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen. Die Hinterbliebenenrente stellt vielmehr eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung dar, zumal sie ohne eigene Beitragsleistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt wird (vgl. BVerfG vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 = BVerfGE 76, 256, 300 f.). Insgesamt dient sie damit der Sicherung der Familienangehörigen im Rahmen des dem Sozialversicherungssystem eigenen Gedankens des sozialen Ausgleichs. Da die Hinterbliebenenrente eine Unterhaltsersatzfunktion hat, ist die Berücksichtigung des eigenen Einkommens der Hinterbliebenen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O.) sachgerecht und unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Im Hinblick darauf, dass Hinterbliebenenrenten die Berücksichtigung einer typisierten Bedarfslage ohne die genauere Festlegung eines individuellen Bedarfs unter Berücksichtigung des jeweiligen Einkommens eigen ist, war der Gesetzgeber nicht gehindert, die Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung im Hinblick auf anrechenbares Einkommen abweichend von anderen Rentenleistungen zu regeln. Insoweit handelt es sich nicht einmal um eine Systemwidrigkeit, die einen Gleichheitsverstoß indizieren könnte. Auch das im System der Sozialversicherung angelegte Prinzip des sozialen Ausgleichs rechtfertigt die Anrechnungsregelung, die einen kleinen Teil aller Hinterbliebenenrenten voll zum Ruhen bringt, um den sozial Schwächeren eine relativ höhere Sicherung zukommen zu lassen. Die in § 18a SGB IV getroffene Unterscheidung zwischen anzurechnenden und nicht anzurechnenden Arten von Einkommen verletzt dabei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O.) insbesondere auch nicht den Gleichheitssatz, weil die Abgrenzung nach sachgerechten Kriterien erfolgt (vgl. BVerfG vom 12. März 1996 1 BvR 609/90 = BVerfGE 94, 241, 260).
Die Beklagte ist in Anbetracht dieser gesetzlichen Regelung zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin von Rechts wegen in der vorliegend streitigen Zeit nach Ablauf des sog. Sterbevierteljahres (vgl. § 97 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 67 Nr. 6 SGB VI), also vom 1. Juni 1999 bis zum 31. Mai 2008, jedenfalls der Höhe nach keinen Anspruch auf eine ohne Berücksichtigung ihrer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung berechnete Witwenrente in der ihr tatsächlich gezahlten Höhe haben konnte und dass der ungeachtet der anzurechnenden Verletztenrente ergangene Rentenbewilligungsbescheid vom 29. April 1999 sowie die Neufeststellungsbescheide vom 6. September 1999 und vom 12. Februar 2002 deshalb hinsichtlich der Rentenhöhe von Anfang an rechtswidrig waren.
Soweit das Landessozialgericht Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 25. Januar 2011 (Az.: L 9 R 153/09) die Auffassung vertreten hat, dass nach § 18a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV in der ab 1. Januar 2002 geltenden Fassung des Altersvermögens-Ergänzungsgesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310) die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung – weil es sich um eine steuerfreie Leistung nach § 3 Nr. 1 lit. a Einkommensteuergesetz (EStG) handele – nicht als Erwerbsersatzeinkommen auf eine Rente wegen Todes anzurechnen sei, hat das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 17. April 2012 (Az.: B 13 R 15/11 R) überzeugend klargestellt, dass die Spezialregelung des § 18a Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB IV hinsichtlich der insoweit ausdrücklich erwähnten Verletztenrente den Ausschlusstatbestand von § 18a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB IV n.F. verdrängt und dass die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung deshalb auch nach der ab 1. Januar 2002 geltenden Rechtslage unverändert zu dem als Einkommen zu berücksichtigenden Erwerbsersatzeinkommen zählt.
Der Einwand der Klägerin, dass die Frage einer etwaigen Anrechnung der von ihr aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezogenen Verletztenrente auf die aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogene Hinterbliebenenrente nicht anhand der Vorschrift des § 97 SGB VI, sondern unter Heranziehung von § 93 SGB VI zu beurteilen sei, ist in der Sache unzutreffend. In der Überschrift des § 93 SGB VI ist zwar von "Rente und Leistungen aus der Unfallversicherung" die Rede; die Regelung betrifft jedoch nur das Zusammentreffen gleichartiger Renten, und zwar entweder von einer (Versicherten-) Rente aus eigener Rentenversicherung mit einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung (§ 93 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) oder von einer Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer entsprechenden Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung (§ 93 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI). Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, geht es vorliegend hingegen um das – gerade nicht in § 93 SGB VI geregelte – Zusammentreffen einer Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung. Die Beklagte beruft sich angesichts dessen zu Recht darauf, dass die seitens der Klägerin angestellten Berechnungen nicht dem bezüglich des vorliegenden Falles von Gesetzes wegen in § 97 SGB VI vorgeschriebenen Rechenweg entsprechen. Anhaltspunkte dafür, dass das auf der Vorschrift des § 97 SGB VI beruhende Rechenwerk der Beklagten mit Fehlern behaftet sein könnte, sind im Übrigen weder von der Klägerin aufgezeigt worden noch sonst erkennbar.
Unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen ein anfänglich rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt grundsätzlich zurückgenommen werden kann, ist in § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) geregelt. Auf diese gesetzliche Bestimmung hat sich die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zu Recht berufen.
Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er der Vorschrift des § 45 Abs. 1 SGB X zufolge, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Nach § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X ist das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X der Begünstige nicht berufen, soweit
1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
In den Fällen des § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung der Vorschrift des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X zufolge auch nach Ablauf der Frist von 10 Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde.
Gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X wird der Verwaltungsakt nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
Soweit ein Verwaltungsakt nach Maßgabe der vorstehend genannten Bestimmungen aufgehoben worden ist, sind gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X die bereits erbrachten Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist der Vorschrift des § 50 Abs. 3 Satz 1 SGB X zufolge durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Gemäß § 50 Abs. 3 Satz 2 SGB X soll die Festsetzung, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsaktes erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.
Der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 steht nicht im Einklang mit diesen gesetzlichen Bestimmungen.
Soweit die Beklagte unter Berufung auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X von der Klägerin die (anteilige) Erstattung der für die Zeit vom 18. Februar 1999 bis zum 31. Mai 2008 überzahlten Witwenrente in Höhe von 6.142,29 EUR beansprucht, fehlt es bereits an einer ordnungsgemäßen Aufhebung des Verwaltungsakts, auf dessen Grundlage die in Rede stehenden Rentenleistungen erbracht worden sind.
Die Zahlung von Witwenrente an die Klägerin beruhte
- auf dem Bescheid der Beklagten vom 29. April 1999 (erstmalige Bewilligung von Witwenrente ab 18. Februar 1999),
- auf dem Bescheid der Beklagten vom 6. September 1999 (Neufeststellung der Witwenrente ab 18. Februar 1999 wegen einer Änderung der Beitragszeit vom 1. Dezember 1998 bis zum 31. Dezember 1998)
sowie
- auf dem Bescheid vom 12. Februar 2002 (Neufeststellung der Witwenrente ab 1. Juli 2003 wegen einer Änderung der Beitragszeit vom 17. Oktober 1998 bis zum 18. Februar 1999).
Zwar ist mit dem Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 29. April 1999 das nachfolgend dem Grunde nach nicht mehr in Frage gestellte sog. Stammrecht der Klägerin auf Gewährung von Witwenrente begründet worden. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten handelt es sich bei den Neufeststellungsbescheiden vom 6. September 1999 und vom 12. Februar 2002 allerdings nicht bloß um sog. wiederholende Verfügungen, sondern alle drei Bescheide enthalten eine jeweils eigenständige Regelung hinsichtlich der dem abgeleiteten Rentenanspruch zugrunde liegenden Beitragszeiten des Versicherten. Anders als bei den bloßen Neuberechnungsbescheiden vom 31. August 1999, vom 31. Juli 2000, vom 11. August 2000, vom 15. Juli 2004 und vom 18. Mai 2006 handelt es sich insoweit nicht bloß um Modifikationen bezüglich des sich aus dem Stammrecht ergebenden Rentenzahlungsanspruchs, sondern um eine das Stammrecht selbst hinsichtlich seiner wesentlichen Elemente – nämlich der Beitragszeiten des Versicherten – ab Rentenbeginn betreffende Neuregelung. Die Bescheide vom 6. September 1999 und vom 12. Februar 2002 sind jeweils an die Stelle des vor der Neufeststellung geltenden (ursprünglichen) Bewilligungsbescheides getreten; sie haben den Rentenanspruch der Klägerin gewissermaßen auf eine neue Grundlage gestellt und enthalten weitergehend auch eine Regelung hinsichtlich der Rentenhöhe, also genau in jenem Punkt, auf welchen sich die vorliegend streitige Aufhebungsentscheidung der Beklagten bezieht.
Der Verfügungssatz in Anlage 10 des streitgegenständlichen Bescheides vom 18. April 2008 lautet demgegenüber jedoch lediglich:
"Der Rentenbescheid vom 29. April 1999 wird hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. Juni 1999 nach § 45 SGB X zurückgenommen; die entstandene Überzahlung (vgl. Anlage 1) ist von Ihnen nach § 50 SGB X zu erstatten."
Es erscheint angesichts dessen zweifelhaft, ob der geltend gemachte Erstattungsanspruch auf eine Rücknahme allein des ursprünglichen Rentenbewilligungsbescheides vom 29. April 1999 gestützt werden kann oder ob insoweit nicht die in den Neufeststellungsbescheiden vom 6. September 1999 und vom 12. Februar 2002 jeweils zum Stammrecht und zur Rentenhöhe für die Zeit ab xx. Februar 1999 (also ab Rentenbeginn) getroffene Regelung einen (eigenständigen) Rechtsgrund zum Behalten der empfangenen Leistungen darstellt.
Welche Regelung in einem Bescheid getroffen wird, ergibt sich aus dessen Verfügungssatz, wobei nach dem Bestimmtheitsgebot des § 33 SGB X zu fordern ist, dass ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt zu sein hat. Das Bestimmtheitsgebot dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Hinblick auf das Interesse des Betroffenen an einer exakten Kenntnisnahme dessen, was ihm gegenüber geregelt wird. Daneben ist die inhaltlich hinreichende Bestimmtheit aber auch deshalb unentbehrlich, weil der Verwaltungsakt gegebenenfalls als Vollstreckungstitel der Behörde Grundlage der Zwangsvollstreckung sein kann. Er muss daher zumindest den Adressaten eindeutig bezeichnen und die ihm gegenüber im sog. Verfügungssatz (vgl. § 37 Abs. 4 Satz 1 SGB X: "verfügender Teil") getroffene Regelung unmissverständlich formulieren. Letzteres ist nur dann der Fall, wenn der Adressat aus dem Wortlaut eindeutig und ohne Schwierigkeiten entnehmen kann, welche inhaltliche Regelung der Verwaltungsakt unter Bezugnahme auf welchen Sachverhalt trifft. Der Adressat muss insbesondere wissen, was von ihm bis wann verlangt wird, was er ab wann zu unterlassen hat, was ihm gestattet oder untersagt wird, welche Feststellungen getroffen werden, welche Leistungen ihm nach Art, Höhe und Dauer gewährt werden bzw. welche Beiträge er für welchen Zeitraum aus welchem Grund zu zahlen hat (vgl. auch BSG vom 29. November 2012 - B 14 AS 6/12 R).
Wie die Beklagte selbst eingeräumt hat, bezieht sich der angefochtene Bescheid vom 18. April 2008 dem unmissverständlichen Wortlaut nach in seinem verfügenden Teil lediglich auf eine Aufhebung des Rentenbescheids vom 29. April 1999, nicht aber auf die nachfolgenden Neufeststellungsbescheide vom 6. September 1999 und vom 12. Februar 2002. Zwar hat die Beklagte auf den entsprechenden Hinweis des Senats erklärt, dass in Wirklichkeit auch eine Aufhebung der Folgebescheide gewollt (gewesen) sei. Die Einlassung der Beklagten, es sei "für den verständigen Empfänger unzweifelhaft der Wille der Beklagten zum Ausdruck (gekommen), dass die bisher verlautbarten Verwaltungsakte über die "Rentenhöhe" (insgesamt) nicht mehr gelten und zurückgenommen werden", hilft insoweit allerdings nicht weiter. Denn ein Verwaltungsakt ist nur dann im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn sein Regelungsgehalt für die Betroffenen ohne weitere Rückfrage bei der Behörde eindeutig und unschwer erkennbar ist. Es ist zwar zu berücksichtigen, dass der Verwaltungsakt als zugangsbedürftige Erklärung des hoheitlichen Behördenwillens vom Empfängerhorizont her auszulegen ist und dass der Adressat sich in aller Regel zunächst redlich bemühen muss, den wirklichen Willen der Behörde durch Auslegung zu erkennen, wobei er nicht am buchstäblichen Ausdruck haften darf (vgl. § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)).
Die Grenzen einer möglichen Auslegung sind zur Überzeugung des Senats jedoch überschritten, wenn eine tatsächlich erklärte Regelung (vorliegend: Zurücknahme der die Rentenhöhe betreffenden Regelung in einem einzelnen, datumsmäßig genau bezeichneten Verwaltungsakt) in Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut des Verfügungssatzes uminterpretiert werden soll in eine gänzlich andere Regelung (hier: Zurücknahme auch der die Rentenhöhe betreffenden Regelung in mehreren weiteren, nicht genau bezeichneten Verwaltungsakten), die sich bei verständiger Betrachtungsweise als wesensverschiedenes aliud darstellt. Ausgehend von Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots (vgl. oben) darf nämlich nicht übersehen werden, dass es sich bei dem jeweiligen auslegungsbedürftigen Verwaltungsakt auch um einen gemäß § 77 SGG mit dem tatsächlichen Verfügungssatz, nicht hingegen mit vielleicht Gewollten in der Sache bindend werdenden – Vollstreckungstitel handelt und dass die Behörde nicht zuletzt im Interesse der Rechtssicherheit gehalten ist, das Verwaltungsverfahren nicht durch vermeidbare Unklarheiten zu belasten (BVerwGE 41, 306 sowie BVerwG NJW 1972, 1682 unter Hinweis auf Art. 19 Abs. 4 GG; vgl. ferner Meyer, NVwZ 1986, 513, 517). Solange das Schicksal der Neuberechnungsbescheide vom 6. September 1999 und vom 12. Februar 2002 nicht geklärt ist, könnte die Klägerin sich nämlich anderenfalls darauf berufen, dass sie auf der Grundlage dieser – bislang nicht expressis verbis zurückgenommenen – Verwaltungsakte nach wie vor einen Anspruch auf Zahlung einer ohne Berücksichtigung der Verletztenrente berechneten Witwenrente habe (vgl. in diesem Sinne auch BSG vom 29. November 2012 - B 14 AS 196/11 R).
Die von der Beklagten zitierten Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG vom 22. März 1995 - 10 Rkg 10/89, BSG vom 11. Dezember 1992 in SozR 3-1300 § 48 Nr. 22 und BSG vom 13. Dezember 2000 - B 5 RJ 42/99 R) gebieten insoweit schon bereits deshalb keine andere Sicht der Dinge, weil im vorliegenden Fall eben gerade nicht für jeden verständigen Empfänger ohne jeglichen Zweifel klar sein muss, dass die Beklagte drei Rentenbescheide zurückgenommen hat, obwohl im Verfügungssatz ihres Aufhebungsbescheides ausdrücklich nur ein einziger Bescheid genannt ist. Dem Senat ist aus einer Vielzahl gleichgelagerter Aufhebungs- und Erstattungsfälle bekannt, dass die Beklagte – anders als im vorliegenden Fall – sehr wohl in der Lage ist, diejenigen Bescheide, die von einer Aufhebungsentscheidung erfasst werden sollen, exakt zu bezeichnen. Ihre verwaltungstechnischen Möglichkeiten, im Einzelfall die jeweilige Bescheidhistorie zurückzuverfolgen, hat die Beklagte im vorliegenden Verfahren durch die vollständige Vorlage der im Falle der Klägerin ergangenen Bescheide eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Gleichwohl hat sie jedoch – trotz des seitens des Senats gegebenen rechtlichen Hinweises – von der ihr ausdrücklich eingeräumten Möglichkeit zum Erlass eines die tatsächlich gewollte Regelung klarstellenden Ergänzungsbescheides keinen Gebrauch gemacht.
Auch der Einwand der Beklagten, es sei mittlerweile "allgemein anerkannt", dass eine Bescheidaufhebung nicht ausdrücklich erklärt werden müsse, sondern auch durch einen konkludenten, hinreichend deutlichen Verwaltungsakt erfolgen könne, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn es geht im vorliegenden Fall nicht darum, dass die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 18. April 2008 eine Änderung hinsichtlich der Rentenhöhe verfügt hat, ohne überhaupt ausdrücklich die Aufhebung irgendeines – für alle Beteiligten allerdings zweifelsfrei bestimmbaren – Bescheides zu erklären. Sie hat vielmehr ausdrücklich nur den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 29. April 1999 mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben und ganz offensichtlich auch nur hinsichtlich der Aufhebung dieses einen Bescheides eine Prüfung der besonderen Rücknahmevoraussetzungen im Sinne von § 45 Abs. 2 bis 4 SGB X einschließlich der gebotenen Ermessensprüfung vorgenommen. Das insoweit zu verzeichnende Prüfdefizit steht dabei im Übrigen auch der von der Beklagten nach Maßgabe von § 43 SGB X erwogenen Umdeutung des verlautbarten Verfügungssatzes in eine auch die Neufeststellungsbescheide vom 6. September 1999 und vom 12. Februar 2002 betreffende Rücknahmeentscheidung entgegen. Dies gilt umso mehr als die Klägerin sich – wie Beklagte selbst vorträgt – ausdrücklich darauf beruft, dass ihr Vertrauen nicht nur in den Bewilligungsbescheid, sondern auch "in die Folgebescheide" schutzwürdig sei.
Ausgehend von der Auffassung der Beklagten, dass ein Verwaltungsakt auch konkludent zurückgenommen werden könne, wäre im Übrigen die Frage zu stellen, ob dann nicht auch bereits der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 29. April 1999 konkludent durch die an dessen Stelle getretenen Neufeststellungsbescheide vom 6. September 1999 bzw. vom 12. Februar 2002 aufgehoben worden ist, was im Ergebnis bedeuten würde, dass die Beklagte mit dem angefochtenen Rücknahmebescheid vom 18. April 2008 einen schon bereits zuvor längst (konkludent) aufgehobenen Verwaltungsakt (nämlich den ursprünglichen Bescheid vom 29. April 1999) zurückgenommen hätte, so dass die Rücknahmeentscheidung damit vollständig ins Leere greifen würde.
Im Ergebnis kann der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 damit schon bereits deshalb keinen Bestand haben, weil dessen Verfügungssatz ("Rücknahme des Rentenbescheides vom 29. April 1999") nicht geeignet ist, das (auch) durch die Neufeststellungsbescheide vom 6. September 1999 bzw. vom 12. Februar 2002 begründete Recht der Klägerin zum Empfang einer ohne Berücksichtigung ihrer Verletztenrente berechneten Witwenrente (vollständig) zu beseitigen. Da es an einer ordnungsgemäßen Aufhebung derjenigen Verwaltungsakte fehlt, auf deren Grundlage die in Rede stehenden Rentenleistungen in der Vergangenheit erbracht worden und in der Zukunft zu erbringen sind, kommt es nicht darauf an, ob es sich bei dem angefochtenen Bescheid vom 18. April 2008 um einen sog. teilbaren Verwaltungsakt handelt. Die Rechtswidrigkeit erfasst sowohl die darin ausgesprochene Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit als auch die beabsichtigte Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft.
Selbst wenn man der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung folgt und den angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2008 dahingehend auslegt, dass hierdurch nicht nur der Bescheid vom 29. April 1999 hinsichtlich der Rentenhöhe zurückgenommen worden ist, sondern auch die Neufeststellungsbescheide vom 6. September 1999 sowie vom 12. Februar 2002, so ändert dies im Ergebnis nichts an der Rechtswidrigkeit der seitens der Beklagten getroffenen Regelung. Denn die Beklagte hat bei ihrer Aufhebungsentscheidung keine den Anforderungen des § 45 Abs. 2 SGB X genügende Vertrauensschutzprüfung vorgenommen.
Die Beteiligten gehen zu Recht davon aus, dass ein den Vertrauensschutz nach Maßgabe des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X vernichtender Tatbestand im Falle der Klägerin ganz offenkundig nicht gegeben ist, weil sie den Erlass des begünstigenden Verwaltungsakts weder durch Täuschung oder Drohung noch durch Bestechung erwirkt hat.
Es erscheint darüber hinaus auch fraglich, ob die hinsichtlich der Rentenhöhe getroffene Verwaltungsentscheidung der Beklagten entsprechend der Vorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf Angaben beruht, welche die Klägerin vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Hinsicht unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Dass die Angaben der Klägerin objektiv unrichtig bzw. unvollständig waren, weil sie hinsichtlich des Bezugs der Verletztenrente zunächst keinerlei Angaben gemacht hat, kann nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden. Hierin liegt ein Verstoß gegen die generell für jeden Empfänger von Sozialleistungen bestehenden Mitwirkungspflichten, denn wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. In diesem Sinne ist auch der im Rentenbewilligungsbescheid der Beklagten vom 29. April 1999 enthaltene Hinweis zu verstehen, dass Arbeitseinkommen einen Einfluss auf die Rentenhöhe haben kann und dass deshalb die gesetzliche Verpflichtung besteht, etwaige Einkünfte aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Dieser Hinweis ist so klar und eindeutig, dass die Klägerin nicht mit dem Einwand gehört werden kann, nicht ordnungsgemäß über die ihr obliegenden Mitwirkungspflichten belehrt worden zu sein.
Es reicht allerdings nicht aus, dass die Angaben der Klägerin objektiv unrichtig bzw. unvollständig waren. Nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X kann sich auf ein schutzwürdiges Vertrauen nur derjenige nicht berufen, der auch in subjektiver Hinsicht ("vorsätzlich oder grob fahrlässig") unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt der in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 2. Halbsatz SGB X enthaltenen Legaldefinition zufolge vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt werden und wenn das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BSG vom 31. August 1976 - 7 RAr 112/74 = BSGE 42, 184, 187 und BSG vom 28. November 1978 - 4 RJ 130/77 = SozR 2200 § 1301 RVO Nr. 8 m.w.N).
Bezogen auf den vorliegenden Fall kann dabei nicht übersehen werden, dass die Klägerin bereits anlässlich der aufgrund ihres Antrags auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit am 7. April 1994 durchgeführten gutachtlichen Untersuchung gegenüber der Ärztin für Innere Medizin Dr. med. QQ. (vgl. deren Gutachten vom 20. April 1999, Bl. 24, 26 Rentenakten der Klägerin) angegeben hat, unter "Störungen der Merkfähigkeit, Konzentration und Orientierung" zu leiden, woraufhin seitens der Gutachterin verdachtsweise ein "hirnorganisches Psychosyndrom" (vgl. Bl. 32 Rentenakten der Klägerin" diagnostiziert worden ist. Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. WW. hat diese Verdachtsdiagnose im nachfolgenden Rentengutachten vom 16. Juni 1994 ausdrücklich bestätigt, und auch im Entlassungsbericht der MG-Klinik, KK., vom 22. Juni 1995 (Bl. 66, 74 Rentenakten der Klägerin) ist ausdrücklich die Rede davon, dass aufgrund der auch im psychologischen Leistungstest festzustellenden Konzentrations- und Belastungsschwäche bei nach wie vor unklarer Diagnose eines ungeklärten zerebralen Prozesses" die Leistungsfähigkeit der Klägerin auf unter halbschichtig herabgesunken sei. Dieses Leistungsdefizit der Klägerin war letztlich der Grund für die durch Bescheid vom 21. September 1995 erfolgte Zuerkennung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Zur Überzeugung des Senats sprechen angesichts dessen gute Gründe gegen die Annahme, dass die Klägerin den Bezug der Verletztenrente vorsätzlich oder grob fahrlässig verschwiegen haben könnte. Für die Ehrlichkeit der Klägerin spricht hingegen, dass sie den Rentenbezug in ihrer Erklärung vom 23. Januar 2008 nach Erhalt der entsprechenden Rückfrage der Beklagten sogleich ohne irgendwelche Verschleierungsversuche ordnungsgemäß offen gelegt hat.
Wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, kann der Klägerin auch nicht auf der Grundlage von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vorgehalten werden, dass sie die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 29. April 1999 gekannt bzw. infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt habe. Denn auch insoweit kann bei verständiger Würdigung aller Begleitumstände nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße (also: zumindest grob fahrlässig) verletzt hat. Das komplizierte Rechenwerk zur Ermittlung des auf die Hinterbliebenenrente anzurechnenden eigenen Einkommens der Klägerin erstreckt sich im Bewilligungsbescheid vom 29. April 1999 ebenso wie in den Neufeststellungsbescheiden vom 6. September 1999 bzw. vom 12. Februar 2002 über mehrere Seiten, so dass in der Tat nicht ohne weiteres die Annahme gerechtfertigt erscheinen kann, es habe jedem aufgrund einfachster und ganz nahe liegender Überlegungen einleuchten müssen, dass bei den Berechnungen der Beklagten der Bezug der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung unberücksichtigt geblieben sei. Nicht zuletzt unter Berücksichtigung des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks von der Urteils- und Kritikfähigkeit sowie von dem Einsichtsvermögen der Klägerin erscheint es zur Überzeugung des Senats unangemessen, ihr gegenüber in einer Situation, in welcher der Rentenversicherungsträger selbst hinsichtlich der Umsetzung des rechtlich gebotenen Verwaltungshandelns in erratischer Weise vorgegangen ist, den Vorwurf einer besonderen schwerwiegenden, schlechthin unentschuldbaren Nachlässigkeit zu erheben.
Selbst wenn man trotz der soeben aufgezeigten Gesichtspunkte einen grundsätzlich zur (rückwirkenden) Bescheidkorrektur berechtigenden Fall des § 45 SGB X als gegeben ansehen will, ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Juni 2008 im Übrigen jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte im Rahmen ihrer Rücknahmeentscheidung nicht das ihr nach dem Gesetz eingeräumte Ermessen entsprechend der gesetzlichen Ermächtigung ausgeübt hat.
Wie sich aus § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X ergibt, ist im Rahmen der Rücknahmeentscheidung jeweils im Einzelfall eine Abwägung vorzunehmen zwischen dem Vertrauen des Begünstigten auf den Bestand des Verwaltungsaktes einerseits und dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte andererseits. Zweck der Ermächtigung in § 45 SGB X ist es, in Anbetracht der Besonderheiten des Einzelfalls von einer dem Grunde nach vorliegenden Rücknahmemöglichkeit zugunsten des Betroffenen ganz oder teilweise Abstand nehmen zu können. Es handelt sich insoweit nicht lediglich um einen auf Ausnahmefälle beschränktes "Soll"-Ermessen (vgl. BSG vom 4. Februar 1988 - 11 RAr 26/87 = BSGE 63, 37 = SozR 1300 § 45 Nr. 34; BSG vom 17. Oktober 1990 – 11 Rar 3/88 = SozR 3 1300 § 45 Nr. 5), sondern um eine regelmäßige Pflicht zur Ermessensausübung (vgl. BSG vom 9. September 1998 - B 13 RJ 41/97 R - m.w.N.), die auch in den Fällen der Bösgläubigkeit im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 nicht von vornherein kraft Gesetzes ausgeschlossen ist (BSG vom 25. Januar 1994 - 4 RA 16/92 = SozR 3-1300 § 50 Nr. 16; BSG vom 24. Januar 1995 - 8 RKn 11/93 = BSGE 75, 291 = SozR 3-1300 § 50 Nr. 17). Auf die pflichtgemäße Ausübung eines dementsprechenden Ermessens besteht vielmehr der Vorschrift des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I zufolge ein genereller Rechtsanspruch.
Es steht der Behörde in den Grenzen ihres Ermessens in der Regel frei, auf welche Umstände sie im Rahmen der Ermessensbetätigung abstellen will (vgl. BSG vom 21. März 1990 - 7 RAr 112/88 = SozR 3-1300 § 45 Nr. 2). Die Ermessensausübung ist jedoch gerichtlich dahingehend zu überprüfen, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat (vgl. BSG vom 10. August 1993 - 9 BV 4/93 = SozR 3-1300 § 45 Nr. 18). Zu den in diesem Sinne bei der Ermessenausübung zu berücksichtigenden Umständen des Einzelfalles gehört anerkanntermaßen auch die Frage danach, auf wessen Verschulden das Zustandekommen der fehlerhaften Entscheidung beruht (vgl. BSG vom 21. März 1990 - 7 RAr 112/88 = SozR 3-1300 § 45 Nr. 2; BSGE vom 8. Februar 1996 - 13 RJ 35/94 = BSGE 77, 295 = SozR 3-1300 § 45 Nr. 27). Ein Mitverschulden oder gar ein alleiniges Verschulden des Rentenversicherungsträgers bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Umfang der Bescheidrücknahme und damit die Höhe der Überzahlung zu reduzieren ist. Vielmehr sind auch bei einem Mitverschulden des Rentenversicherungsträgers Fälle denkbar, in denen andere Ermessensgründe – insbesondere ein überwiegendes öffentliches Interesse der Versichertengemeinschaft an der Korrektur rechtswidriger Verwaltungsentscheidungen – so schwer wiegen, dass dennoch eine vollumfänglichen Bescheidrücknahme als geboten erscheinen kann. Unabhängig von der Frage, wie die Ermessensentscheidung der Behörde im Ergebnis ausfällt, ist jedoch in jedem Falle zu fordern, dass die Behörde tatsächlich und nach außen erkennbar ihr Ermessen ausübt. Aus dem jeweiligen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid muss angesichts dessen ersichtlich sein, dass die Behörde sich ihres Ermessensspielraums erkennbar bewusst war, sich also nicht allein wegen der Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen des § 45 SGB X zur Rücknahme gezwungen gesehen hat, dass die Behörde keine besondere Härte beim Versicherten als gegeben ansieht und dass die Behörde im Übrigen entweder das Vorhandensein von weiteren Umständen, die nach ihrer Auffassung eine Ausübung des Ermessens zu Gunsten des Bürgers nach sich ziehen könnten, verneint oder ausführt, dass bestimmte benannte Umstände ein teilweises Absehen von der Rücknahme nicht rechtfertigen (vgl. KassKomm-Steinwedel § 45 SGB X Rdnr. 56 m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen muss sich die Beklagte im vorliegenden Fall entgegenhalten lassen, dass die Frage ihres eigenen Mitverschuldens am Zustandekommen der rechtswidrigen Rentenzahlung sowohl im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18. April 2008 als auch im endgültigen Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2008 unberücksichtigt geblieben ist. Die Klägerin hat bereits anlässlich des Anhörungsverfahrens mit Schreiben vom 4. April 2008 darauf hingewiesen, dass der Beklagten aufgrund der im Zusammenhang mit der Gewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente gemachten Angaben der Bezug der Verletztenrente bekannt gewesen sei. Im Rahmen der Ermessensausübung hat die Beklagte allerdings nur das hohe Lebensalter bzw. die sozialen Verhältnisse der Klägerin und den Umstand berücksichtigt, dass die empfangenen Leistungen bereits teilweise verbraucht waren. Zwar findet sich im Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2008 der Hinweis, dass die Versichertenrente aus dem eigenen Versicherungskonto der Klägerin geleistet werde und dass "eine gemeinsame Aktenanlage mit der Hinterbliebenenrente aus dem Versicherungskonto (des) verstorbenen Ehemannes" nicht erfolge. Ob und gegebenenfalls inwieweit der seitens der Klägerin erhobene Einwand, die Beklagte würde bei entsprechender Ausnutzung der ihr gegebenen (technischen) Möglichkeiten zur Verschränkung der beiden Versicherungskonten die Möglichkeit gehabt haben, schon zu einem früheren Zeitpunkt die Verletztenrente auch auf die Hinterbliebenenrente anzurechnen, auch im Rahmen der seitens der Beklagten durchgeführten Ermessensprüfung berücksichtigt worden ist, kann dem in den angefochtenen Bescheiden verlautbarten Text indes nicht entnommen werden. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte im Hinblick auf ein etwaiges Mitverschulden gehalten gewesen sein könnte, die von ihr geltend gemachte Erstattungsforderung noch weitergehend zu reduzieren. Der Ermessensfehler liegt hier darin, dass den der Klägerin bekannt gegebenen Bescheiden (überhaupt) nicht entnommen werden kann, ob und gegebenenfalls inwieweit der Gesichtspunkt eines etwaigen Mitverschuldens Eingang in die seitens der Beklagten vorgenommene Ermessensprüfung gefunden hat. Bei dieser Sachlage kommt letztlich nicht darauf an, ob es im Ergebnis vertretbar gewesen wäre, wenn sie nach ordnungsgemäßer Ermessensausübung entsprechend den im Urteil des Bundessozialgerichts vom 21. März 1990 (7 RAr 112/88) niedergelegten Grundsätzen zu der Ermessensentscheidung gelangt wäre, dass dem Gesichtspunkt ihres Mitverschuldens keine Bedeutung zukommt.
In den einschlägigen Arbeitsanweisungen der Beklagten (vgl. rvLiteratur, Rechtshandbuch zu § 45 SGB X Anm. 8.2. zu "Umfang und Begründung des Ermessens") wird in der Sache zutreffend und hinsichtlich der Wortwahl unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die Ermessensausübung ausführlich zu begründen ist. Es heißt dort:
"Bei der Begründung des Ergebnisses der Ermessensausübung ist von entscheidender Bedeutung, dass im Rücknahmebescheid zum Ausdruck gebracht wird, dass sich der Rentenversicherungsträger der Erforderlichkeit einer Ermessensausübung bewusst war und Ermessen auch ausgeübt hat. Die Ermessensentscheidung - mit welchem Ergebnis auch immer - ist daher ausführlich zu begründen. Die Begründung muss alle Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen wurde (§ 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Trifft zum Beispiel den Rentenversicherungsträger ein Mitverschulden oder das alleinige Verschulden und soll von der vollumfänglichen Bescheidrücknahme nicht abgesehen werden, muss bei der Begründung der Ermessensentscheidung zum Ausdruck kommen, dass er sich des Mitverschuldens oder des alleinigen Verschuldens bewusst war, dies aber im Hinblick auf andere Ermessensgründe zurück steht."
Es heißt in den Arbeitsanweisungen weitergehend ausdrücklich, dass "Formulierungen wie »Auch im Wege des Ermessens halten wir die Bescheidrücknahme für gerechtfertigt.« oder »Gründe für eine Ermessensentscheidung zu Ihren Gunsten liegen nicht vor.« ... dem Begründungsgebot nicht (genügen)" ... und ... dass ein "Verstoß gegen die Begründungspflicht ... zur Rechtswidrigkeit des Bescheides und gegebenenfalls zur Aufhebung durch die Sozialgerichtsbarkeit" führt. Auch gemessen an diesen von der Beklagten selbst für ihr Verwaltungshandeln aufgestellten Anforderungen leiden die angefochtenen Bescheide damit ganz offenkundig an einem Begründungsdefizit und verletzen daher die Klägerin in ihren Rechten.
Die Berufung konnte damit im Ergebnis nicht ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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