Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 5296/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 277/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. November 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 6. November 2007 und vom 11. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2010 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Kläger ab 1. Dezember 2007 pflichtversichertes Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beklagten zu 1) und in der sozialen Pflegeversicherung bei der Beklagten zu 2) ist.
Die Beklagten haben die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er bei den Beklagten pflichtversichertes Mitglied in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung ist.
Der am 1943 geborene Kläger ist polnischer Staatsangehöriger. Er reiste am 3. Juli 1981 mit einem Einreisevisum der Deutschen Botschaft in Warschau in die Bundesrepublik Deutschland ein, das bis 2. Januar 1982 verlängert wurde. Von März 1982 bis 9. September 1989 war sein Aufenthalt geduldet. Vom 16. November 1989 bis 10. Februar 2006 hatte er eine Aufenthaltserlaubnis. Am 28. Februar 2007 stellte die beigeladene Stadt, Bürgerservice und Sicherheit, Amt für Ausländer- und Staatsangehörigkeitswesen, eine Bescheinigung nach § 5 Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern - Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) aus.
Der Kläger war versicherungspflichtig beschäftigt und führte Beiträge zur Sozialversicherung ab. Ab 1. Juni 2003 bezog er Rente wegen Erwerbsminderung, seit 1. Oktober 2008 bezieht er Regelaltersrente von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg. Nach Feststellung der Beklagten zu 1) liegen die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) bei ihm nicht vor. Bis zu seinem Ausschluss am 15. Oktober 2003 war der Kläger bei der Beklagten zu 1) freiwillig krankenversichert und bei der Beklagten zu 2) pflegepflichtversichert. Von Januar 2005 bis 30. November 2007 bezog er Leistungen von der Beigeladenen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), zuletzt mit Bescheid vom 26. Juni 2007. Leistungen der Krankenhilfe wurden in diesem Zeitraum gemäß § 264 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) durch die Beklagte im Auftrag der Beigeladenen zur Verfügung gestellt. Nachdem sich die Wohnnebenkosten reduziert hatten, hob die Beigeladene den Bewilligungsbescheid mit Bescheid vom 2. November 2007 zum 1. Dezember 2007 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit auf und bewilligte Wohngeld. Seit 1. Dezember 2007 erhält der Kläger von der Beigeladenen Leistungen der Hilfe zur Gesundheit nach §§ 47ff SGB XII. Die Beigeladene hat hierfür mit Schreiben vom 6. Mai 2008 einen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten zu 1) angemeldet. Über den 30. November 2007 hinaus ließ sich die Beigeladene im Wege des sog. Mietsicherungsverfahren die Rente vom Rentenversicherungsträger überweisen, leitete die Mietkosten an den Vermieter weiter und kehrte den Überschuss an den Kläger aus, der über keine Ausweispapiere und kein Konto verfügt.
Der Kläger beantragte zu einem nicht bekannten Zeitpunkt bei der Beklagten zu 1), ihn als pflichtversichertes Mitglied gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zu führen. Die Beklagten lehnten dies mit einem im Verwaltungsvorgang der Beklagten nicht mehr vorhandenen Bescheid vom 6. November 2007, der an die Beigeladene gerichtet war, und - nachdem der Kläger und die Beigeladene sich gegen die Ablehnung gewandt hatten - erneut mit Bescheid vom 11. November 2008 ab, da für ihn als polnischen Staatsangehörigen die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 FreizügG/EU Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland sei und er gemäß § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V nicht von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V erfasst sei. Der bei den Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2010 zurück. Zwar sei er zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen, doch sei die beantragte Pflichtversicherung zum einen wegen § 5 Abs. 11 SGB V, zum anderen wegen Bestehens einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall ab 1. Dezember 2007 ausgeschlossen.
Bereits am 1. Dezember 2008 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er sei 1981 viele Jahre vor der Mitgliedschaft Polens in der Europäischen Union in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Sein Antrag auf Pflichtmitgliedschaft stehe in keinem zeitlichem Zusammenhang zur Einreise. Er habe in Deutschland versicherungspflichtig gearbeitet und einen Rentenanspruch erworben. Eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall bestehe nach Ausscheiden aus dem Leistungsbezug nach dem SGB XII nicht, da kein Anspruch auf Aufnahme als freiwilliges Mitglied in die gesetzliche Krankenversicherung bestanden habe.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Zum Zeitpunkt seiner Einreise habe der Kläger keine Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedsstaates gehabt. Damit sei § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V anzuwenden mit der Folge, dass der Kläger zumindest bis 10. Februar 2006 (Ablauf der letzten erteilten Aufenthaltserlaubnis) für seine Aufenthaltsberechtigung keine Sicherstellung seines Lebensunterhalts habe nachweisen müssen, um in den Genuss der Pflichtversicherung zu kommen. Dies sei aber nicht der Fall, der Antrag mithin abzulehnen. Da der Kläger Staatsbürger eines EU-Mitgliedsstaates sei, sei der Zeitpunkt der Wohnortnahme maßgebend, frühestens die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ab 16. November 1989. Zu diesem Zeitpunkt habe zwar nicht das FreizügG/EU gegolten, aber der Kläger habe für die Aufenthaltsberechtigung einen Kran-kenversicherungsschutz nachweisen müssen. Daher seien die Voraussetzungen der Pflichtversicherung nicht erfüllt. Nicht relevant sei, dass der Kläger inzwischen ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU habe. Außerdem seien auch die von der Beigeladenen weiterhin gewährten Leistungen der Krankenhilfe nach § 48 SGB XII eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Gegenüber der Versicherungspflicht für Nichtversicherte gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sei die Sozialhilfe nicht nachrangig, sondern vorrangig. Die Regelung erfasse nur diejenigen Personen, die tatsächlich in keinem anderen System Schutz gegen Krankheit hätten. Die Gesetzesbegründung nenne § 48 SGB XII ausdrücklich als anderweitige Absicherung (BT-Drs. 16/3100 S. 94).
Die mit Beschluss des SG vom 9. Dezember 2008 Beigeladene trug vor, die Beklagte habe kein Prüfungsrecht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der in der Vergangenheit liegenden Aufenthaltstitel des Klägers. Der Zeitpunkt der Einreise sei irrelevant, da der Kläger nach seiner Einreise 1981 seinen Lebensunterhalt und Krankenversicherungsschutz jahrelang unabhängig von öffentlichen Leistungen bestritten habe. Die Ablehnung der Pflichtmitgliedschaft unter Hinweis auf § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V sei daher zu Unrecht erfolgt. Ein Ausschluss von der Pflichtmitgliedschaft gemäß § 5 Abs. 8a SGB V bestehe nur für Empfänger laufender Leistungen nach dem SGB XII. Der Leistungsbezug des Klägers habe aber am 30. November 2007 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit geendet.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 30. November 2010 ab. Da der Kläger seit dem Beitritt Polens zur EU Angehöriger eines EU-Mitgliedsstaates sei, sei § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen, weil Voraussetzung für eine Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 FreizügG/EU sei. Maßgebend seien die Verhältnisse im Zeitpunkt der Behördenentscheidung. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger nicht über ausreichenden Krankenversicherungsschutz verfügt. § 5 Abs. 11 SGB V ordne eine abstrakte Betrachtungsweise an. Es komme daher nicht darauf an, welche Aufenthaltstitel dem Kläger tatsächlich erteilt worden seien. Vielmehr sei zu prüfen, welche Aufenthaltstitel jemand zugestanden habe oder rechtmäßig hätte erteilt werden dürfen. Zwar sei gemäß § 4a FreizügG für das Daueraufenthaltsrecht eine Krankenversicherung nicht erforderlich. Dessen Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt. Der fünfjährige Zeitraum sei nur erfüllt, wenn der Kläger in diesem Zeitraum gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt gewesen sei. Berücksichtigungsfähig sei daher nur der Zeitraum, in dem der Herkunftsstaat des Unionsbürgers Mitglied der Europäischen Union gewesen sei. Da Polen erst zum 1. Mai 2004 der Europäischen Union beigetreten sei, habe zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten eine Daueraufenthaltsgenehmigung nicht vorgelegen. Der Erlass der insoweit rechtswidrig begünstigenden Daueraufenthaltsberechtigung ändere daran nichts. Beklagte und Gerichte hätten ein eigenständiges Prüfungsrecht. Eine teleologische Reduktion des § 5 Abs. 11 SGB V im Hinblick auf die lange Aufenthaltsdauer des Klägers in Deutschland sei nicht möglich. Weder dem Wortlaut noch den Gesetzesmaterialien sei eine solche Einschränkung zu entnehmen.
Gegen das ihm am 29. Dezember 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. Januar 2011 Berufung eingelegt. Angesichts der Zeitspanne zwischen seiner Wohnortnahme und dem Antrag auf Mitgliedschaft bei der Beklagten von 26 Jahren komme eine Ablehnung nach § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V nicht in Betracht. Da das Gesetz ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Wohnortnahme abstelle, könne nicht auf die Behördenentscheidung oder die Erteilung der Freizügigkeitsbescheinigung abgestellt werden. Die Ausstellung der Freizügigkeitsbescheinigung könne nicht der relevante Zeitpunkt sein, denn das Recht auf Freizügigkeit ergebe sich aus dem Beitritt Polens zur EU am 1. Mai 2004, ohne dass hierfür eine besondere Bescheinigung erforderlich sei. Den Antrag auf die Bescheinigung habe er Anfang 2007 auf Drängen der Sozial- und Jugendbehörde der Beigeladenen gestellt. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V begründe ein Regel-Ausnahmeverhältnis. Da das Vorliegen einer Ausnahme nach § 5 Abs. 11 SGB V nicht belegt sei, verbleibe es bei der Regel, der Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. November 2010 und den Bescheid vom 6. November 2007 in der Fassung des Bescheides vom 11. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger seit 1. Dezember 2007 pflichtversichertes Mitglied bei den Beklagten ist.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das angegriffene Urteil im Ergebnis für zutreffend und beziehen sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie schließt sich dem Vorbringen des Klägers an.
Die Beteiligten habe ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtakten beider Instanzen und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 151, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und statthaft.
II. Klageart ist neben der Anfechtungsklage die Feststellungsklage gemäß § 55 SGG, gerichtet auf die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung ab 1. Dezember 2007. Die Versicherungspflicht tritt unabhängig von einem Beitritt kraft Gesetzes ein, so dass die Feststellungsklage zulässig ist (BSG, Urteil vom 21. Dezember 2011 - B 12 KR 13/10 R -; in juris).
III. Die Berufung ist begründet. Die Bescheide vom 6. November 2011 und 11. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2010 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat die Feststellung der Versicherungspflicht zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger ist seit ab 1. Dezember 2007 kraft Gesetzes in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beklagten zu 2) versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 1) nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (1.) und in der sozialen Pflegeversicherung der Beklagte zu 2) nach § 20 Abs. 1 Nr. 12 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI - (4.). Die Versicherungspflicht war weder nach § 5 Abs. 11 SGB V (2.) noch nach § 5 Abs. 8a SGB V (3.) ausgeschlossen.
1. Rechtsgrundlage für die begehrte Feststellung ist § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung (wie die im Folgenden genannten Bestimmungen eingefügt mit Wirkung vom 1. April 2007 durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG - vom 26. März 2007, BGBl. I S. 378) sind seit dem 1. April 2007 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert (Buchstabe a) oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, sie gehören zu den in § 5 Abs. 5 SGB V genannten hauptberuflich Selbstständigen oder zu den nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V versicherungsfreien Personen oder hätten bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland zu ihnen gehört (Buchstabe b).
Der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ergibt sich aus § 186 Abs. 11 Satz 1 und 2 SGB V. Das folgt aus dem anzuwendenden materiellen Recht. Nach § 186 Abs. 11 SGB V beginnt die Mitgliedschaft der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland (Satz 1). Die Mitgliedschaft von Ausländern, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, beginnt mit dem ersten Tag der Geltung der Niederlassungserlaubnis oder der Aufenthaltserlaubnis (Satz 2). § 190 Abs. 13 SGB V enthält Bestimmungen über das Ende der Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtiger. Die Mitgliedschaft dieser Personen endet danach u.a. mit Ablauf des Vortages, an dem ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall begründet wird (Satz 1 Nr. 1). Das gilt indessen nicht für Mitglieder, die Empfänger von Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII sind (Satz 2). Aus dem Regelungszusammenhang des § 186 Abs. 11 Satz 2 SGB V mit § 190 Abs. 13 Satz 2 SGB V, der die Leistungsverantwortung im Krankheitsfall letztlich nach dem Zeitkriterium zuweist, ergibt sich, dass § 186 Abs. 11 Satz 2 SGB V nicht nur eine Regelung über den Beginn der Mitgliedschaft (und den in § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht genannten Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht) enthält, sondern auch zu der Frage, zu welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V erfüllt sein müssen (BSG, Urteil vom 6. Oktober 2010 - B 12 KR 25/09 R ; in juris).
Der Kläger ist seit ab 1. Dezember 2007 kraft Gesetzes versicherungspflichtiges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung der Beklagten zu 1) nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Ab 1. Dezember 2007 hatte der Kläger keinen Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall. Die bis zum 30. November 2007 vom Beigeladenen gewährte Krankenhilfe nach dem SGB XII endete mit diesem Tag. Der Kläger war zuletzt gesetzlich krankenversichert (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchstabe a) SGB V), denn er war bis zum 15. Oktober 2003 freiwillig versichertes Mitglied bei der Beklagten zu 1) und damit gemäß § 20 Abs. 3 SGB XI pflegepflichtversichert bei der Beklagten zu 2). Die zwischenzeitliche anderweitige Absicherung nach § 264 SGB V aufgrund des Bezuges von laufenden Leistungen nach dem SGB XII von Seiten der Beigeladenen steht nicht entgegen. Die Auffangversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für Personen, die zuletzt gesetzlich krankenversichert waren, besteht nämlich auch dann, wenn zwischenzeitlich eine anderweitige Absicherung gegen Krankheit außerhalb der privaten Krankenversicherung erfolgt ist (BSG, Urteil vom 21. Dezember 2011 - B 12 KR 13/10 R -; in juris).
2. § 5 Abs. 11 SGB V enthält Sonderregelungen für Ausländer. Grundsätzlich gilt die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des SGB haben (§ 30 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I -). Mit § 5 Abs. 11 SGB V hat der Gesetzgeber eine im Sinne des § 37 SGB I abweichende Regelung getroffen. Ziel der Regelung ist die Vermeidung von Rechtsmissbrauch (Felix in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 5 SGB V, Rn. 98).
a) Nach Satz 1 des Absatzes 11 werden Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet - Aufenthaltsgesetz (AufenthG) besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besteht. Diese Regelung findet vorliegend keine Anwendung. Denn der Kläger ist als polnischer Staatsbürger Angehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union.
b) Gemäß Absatz 11 Satz 2 werden Angehörige eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 FreizügG/EU ist. Gemäß § 4 FreizügG/EU haben nicht erwerbstätige Unionsbürger das Recht auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 2 Abs. 1 FreizügG/EU, wenn sie über einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen. Damit entfällt für nichterwerbstätige Personen die Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, solange sie nach dem Recht der Europäischen Union oder nach dem Personenfreizügigkeitsabkommen der Europäischen Union mit der Schweiz über einen Krankenversicherungsschutz verfügen müssen (vgl. Felix in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 5 SGB V, Rn. 99). Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, haben gemäß § 4a FreizügG/EU unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU haben nicht erwerbstätige Unionsbürger das Recht auf Einreise und Aufenthalt unter den Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU. Somit hat ein nichterwerbstätiger Unionsbürger nach fünf Jahren ständigen rechtmäßigen Aufenthalts ein Daueraufenthaltsrecht auch ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz, mit der Folge, dass § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V nicht eingreift, sondern eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V grundsätzlich besteht.
Der Kläger ist als polnischer Staatsangehöriger seit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union mit Wirkung vom 1. April 2004 Unionsbürger. Er ist bereits seit 1. Juni 2003 nicht mehr erwerbstätig. Der Ausschluss der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V gilt für ihn nicht, weil er am 1. Dezember 2007 aufgrund seines Daueraufenthaltsrechts nach § 4a FreizügG/EU nicht mehr über ausreichenden Krankenversicherungsschutz als Voraussetzung für seinen Aufenthalt verfügen musste. Ob die Voraussetzungen für die dem Kläger erteilte Beschei-nigung über sein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU rechtmäßig ist oder nicht, ist nicht zu prüfen. Der Entscheidung der zuständigen Behörde kommt Tatbestandswirkung zu (vgl. BSG, Teilurteil vom 30. September 2010 - B 10 EG 9/09 R - und Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. November 2006 - L 20 B 248/06 AS ER -; beide in juris).
3. Gemäß § 5 Abs. 8a SGB V ist nach Absatz 1 Nr. 13 nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert ist (Satz 1). Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz - AsylbLG - (Satz 2). Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird (Satz 3). § 186 Abs. 11 SGB V regelt den Beginn der Mitgliedschaft bei Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtig sind. Nach Satz 1 beginnt deren Mitgliedschaft mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland. Nach Satz 2 beginnt die Mitgliedschaft von Ausländern, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, mit dem ersten Tag der Geltung der Niederlassungserlaubnis oder der Aufenthaltserlaubnis.
a) Empfangen im Sinne von § 5 Abs. 8a SGB V werden laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Leistungen des Vierten Kapitel des SGB XI), wie der Kläger sie erhielt, in dem Zeitraum, für den sie durch Verwaltungsakt des Sozialhilfeträgers zuerkannt werden. Maßgeblich ist nicht, ob sie bezogen werden, sondern ob sie beansprucht werden können (BSG, Urteil vom 6. Oktober 2010 B 12 KR 25/09 R -; in juris). Dies folgt aus dem Bedeutungszusammenhang der Norm, aus dem Zweck der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V als sog. Auffangversicherung; § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V steht nicht entgegen. § 5 Abs. 8a SGB V steht im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Nr. 13, den er tatbestandlich konkretisiert. Das gegenwärtige Fehlen eines anderweitigen Absicherung wird dort als Abwesenheit eines Anspruchs definiert. An das Nichtbestehen eines Anspruchs knüpfen auch die Bestimmungen über den Beginn der Mitgliedschaft der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen in § 186 Abs. 11 Sätze 1 und 3 SGB V an, ebenso § 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V hinsichtlich des Endes der Mitgliedschaft, wenn eine Absicherung aufgrund anderer Leistungen der Sozialhilfe in Betracht kommt. Auch § 5 Abs. 8a Sätze 3 und 4 SGB V stellen auf den Anspruch auf Leistungen ab, so dass es folgerichtig erscheint, diesen Maßstab auch Satz 2 der Vorschrift zugrunde zu legen, um nicht den Regelungszusammenhang zu durchbrechen (BSG, a.a.O.). Diese Auslegung entspricht auch unter teleologischen Gesichtspunkten dem Zweck der Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V als Auffangversicherungspflicht.
b) Der Empfang von Hilfen zur Gesundheit im Sinne des Fünften Kapitels des SGB XII allein, also ohne gleichzeitigen Empfang laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII stellt keinen eigenständigen Ausschlusstatbestand für den Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V dar (BSG, a.a.O.). Nach der während des Gesetzgebungsverfahrens auf Empfehlung des 14. Ausschusses (BT-Drs. 16/4200 S. 9; BT-Drs. 16/4247 S. 29) vorgenommenen inhaltlichen Änderung des Entwurfs von § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V wird dort für den Ausschluss der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V tatbestandlich nicht mehr allgemein an den Empfang von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel und damit auch solche nach dem Fünften Kapitel des SGB XII angeknüpft, sondern allein an denjenigen "laufender Leistungen" nach dem (Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des) SGB XII (BSG, a.a.O.).
Der Kläger bezieht seit 1. Dezember 2007 keine laufenden Leistungen nach dem SGB XII und hat hierauf auch keinen Anspruch. Die Bewilligung endete mit dem 30. November 2007, weil aufgrund verminderter Wohnnebenkosten keine Hilfebedürftigkeit mehr bestand, sondern der noch bestehende geringe Bedarf durch die Bewilligung von Wohngeld gedeckt wurde. Durch das Wohngeld konnte die Hilfebedürftigkeit nach § 19 Abs. 2 SGB XII vermieden werden (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Wohngeldgesetz). Dass die Beigeladene weiter als Zahlstelle zur Vermeidung von Obdachlosigkeit die Rente für den Kläger vereinnahmte, Miete und Nebenkosten überwies und den Überschuss an ihn auskehrte, weil er hierzu mangels eigenen Kontos nicht in der Lage war, ändert hieran nichts. Die von der Beigeladenen weiter gewährten Leistungen der Krankenhilfe nach § 48 SGB XII sind ebenfalls kein Ausschlussgrund nach § 5 Abs. 8a SGB V (s.o. zu III. 3. b)).
4. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 12 SGB XI ist der Kläger seit 1. Dezember 2007 versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung und Mitglied bei der Beklagten zu 2), weil er seitdem der Krankenversicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V unterliegt.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
V. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Die Beklagten haben die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er bei den Beklagten pflichtversichertes Mitglied in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung ist.
Der am 1943 geborene Kläger ist polnischer Staatsangehöriger. Er reiste am 3. Juli 1981 mit einem Einreisevisum der Deutschen Botschaft in Warschau in die Bundesrepublik Deutschland ein, das bis 2. Januar 1982 verlängert wurde. Von März 1982 bis 9. September 1989 war sein Aufenthalt geduldet. Vom 16. November 1989 bis 10. Februar 2006 hatte er eine Aufenthaltserlaubnis. Am 28. Februar 2007 stellte die beigeladene Stadt, Bürgerservice und Sicherheit, Amt für Ausländer- und Staatsangehörigkeitswesen, eine Bescheinigung nach § 5 Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern - Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) aus.
Der Kläger war versicherungspflichtig beschäftigt und führte Beiträge zur Sozialversicherung ab. Ab 1. Juni 2003 bezog er Rente wegen Erwerbsminderung, seit 1. Oktober 2008 bezieht er Regelaltersrente von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg. Nach Feststellung der Beklagten zu 1) liegen die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) bei ihm nicht vor. Bis zu seinem Ausschluss am 15. Oktober 2003 war der Kläger bei der Beklagten zu 1) freiwillig krankenversichert und bei der Beklagten zu 2) pflegepflichtversichert. Von Januar 2005 bis 30. November 2007 bezog er Leistungen von der Beigeladenen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), zuletzt mit Bescheid vom 26. Juni 2007. Leistungen der Krankenhilfe wurden in diesem Zeitraum gemäß § 264 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) durch die Beklagte im Auftrag der Beigeladenen zur Verfügung gestellt. Nachdem sich die Wohnnebenkosten reduziert hatten, hob die Beigeladene den Bewilligungsbescheid mit Bescheid vom 2. November 2007 zum 1. Dezember 2007 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit auf und bewilligte Wohngeld. Seit 1. Dezember 2007 erhält der Kläger von der Beigeladenen Leistungen der Hilfe zur Gesundheit nach §§ 47ff SGB XII. Die Beigeladene hat hierfür mit Schreiben vom 6. Mai 2008 einen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten zu 1) angemeldet. Über den 30. November 2007 hinaus ließ sich die Beigeladene im Wege des sog. Mietsicherungsverfahren die Rente vom Rentenversicherungsträger überweisen, leitete die Mietkosten an den Vermieter weiter und kehrte den Überschuss an den Kläger aus, der über keine Ausweispapiere und kein Konto verfügt.
Der Kläger beantragte zu einem nicht bekannten Zeitpunkt bei der Beklagten zu 1), ihn als pflichtversichertes Mitglied gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zu führen. Die Beklagten lehnten dies mit einem im Verwaltungsvorgang der Beklagten nicht mehr vorhandenen Bescheid vom 6. November 2007, der an die Beigeladene gerichtet war, und - nachdem der Kläger und die Beigeladene sich gegen die Ablehnung gewandt hatten - erneut mit Bescheid vom 11. November 2008 ab, da für ihn als polnischen Staatsangehörigen die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 FreizügG/EU Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland sei und er gemäß § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V nicht von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V erfasst sei. Der bei den Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2010 zurück. Zwar sei er zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen, doch sei die beantragte Pflichtversicherung zum einen wegen § 5 Abs. 11 SGB V, zum anderen wegen Bestehens einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall ab 1. Dezember 2007 ausgeschlossen.
Bereits am 1. Dezember 2008 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er sei 1981 viele Jahre vor der Mitgliedschaft Polens in der Europäischen Union in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Sein Antrag auf Pflichtmitgliedschaft stehe in keinem zeitlichem Zusammenhang zur Einreise. Er habe in Deutschland versicherungspflichtig gearbeitet und einen Rentenanspruch erworben. Eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall bestehe nach Ausscheiden aus dem Leistungsbezug nach dem SGB XII nicht, da kein Anspruch auf Aufnahme als freiwilliges Mitglied in die gesetzliche Krankenversicherung bestanden habe.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Zum Zeitpunkt seiner Einreise habe der Kläger keine Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedsstaates gehabt. Damit sei § 5 Abs. 11 Satz 1 SGB V anzuwenden mit der Folge, dass der Kläger zumindest bis 10. Februar 2006 (Ablauf der letzten erteilten Aufenthaltserlaubnis) für seine Aufenthaltsberechtigung keine Sicherstellung seines Lebensunterhalts habe nachweisen müssen, um in den Genuss der Pflichtversicherung zu kommen. Dies sei aber nicht der Fall, der Antrag mithin abzulehnen. Da der Kläger Staatsbürger eines EU-Mitgliedsstaates sei, sei der Zeitpunkt der Wohnortnahme maßgebend, frühestens die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ab 16. November 1989. Zu diesem Zeitpunkt habe zwar nicht das FreizügG/EU gegolten, aber der Kläger habe für die Aufenthaltsberechtigung einen Kran-kenversicherungsschutz nachweisen müssen. Daher seien die Voraussetzungen der Pflichtversicherung nicht erfüllt. Nicht relevant sei, dass der Kläger inzwischen ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU habe. Außerdem seien auch die von der Beigeladenen weiterhin gewährten Leistungen der Krankenhilfe nach § 48 SGB XII eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Gegenüber der Versicherungspflicht für Nichtversicherte gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sei die Sozialhilfe nicht nachrangig, sondern vorrangig. Die Regelung erfasse nur diejenigen Personen, die tatsächlich in keinem anderen System Schutz gegen Krankheit hätten. Die Gesetzesbegründung nenne § 48 SGB XII ausdrücklich als anderweitige Absicherung (BT-Drs. 16/3100 S. 94).
Die mit Beschluss des SG vom 9. Dezember 2008 Beigeladene trug vor, die Beklagte habe kein Prüfungsrecht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der in der Vergangenheit liegenden Aufenthaltstitel des Klägers. Der Zeitpunkt der Einreise sei irrelevant, da der Kläger nach seiner Einreise 1981 seinen Lebensunterhalt und Krankenversicherungsschutz jahrelang unabhängig von öffentlichen Leistungen bestritten habe. Die Ablehnung der Pflichtmitgliedschaft unter Hinweis auf § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V sei daher zu Unrecht erfolgt. Ein Ausschluss von der Pflichtmitgliedschaft gemäß § 5 Abs. 8a SGB V bestehe nur für Empfänger laufender Leistungen nach dem SGB XII. Der Leistungsbezug des Klägers habe aber am 30. November 2007 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit geendet.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 30. November 2010 ab. Da der Kläger seit dem Beitritt Polens zur EU Angehöriger eines EU-Mitgliedsstaates sei, sei § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen, weil Voraussetzung für eine Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 FreizügG/EU sei. Maßgebend seien die Verhältnisse im Zeitpunkt der Behördenentscheidung. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger nicht über ausreichenden Krankenversicherungsschutz verfügt. § 5 Abs. 11 SGB V ordne eine abstrakte Betrachtungsweise an. Es komme daher nicht darauf an, welche Aufenthaltstitel dem Kläger tatsächlich erteilt worden seien. Vielmehr sei zu prüfen, welche Aufenthaltstitel jemand zugestanden habe oder rechtmäßig hätte erteilt werden dürfen. Zwar sei gemäß § 4a FreizügG für das Daueraufenthaltsrecht eine Krankenversicherung nicht erforderlich. Dessen Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt. Der fünfjährige Zeitraum sei nur erfüllt, wenn der Kläger in diesem Zeitraum gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt gewesen sei. Berücksichtigungsfähig sei daher nur der Zeitraum, in dem der Herkunftsstaat des Unionsbürgers Mitglied der Europäischen Union gewesen sei. Da Polen erst zum 1. Mai 2004 der Europäischen Union beigetreten sei, habe zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten eine Daueraufenthaltsgenehmigung nicht vorgelegen. Der Erlass der insoweit rechtswidrig begünstigenden Daueraufenthaltsberechtigung ändere daran nichts. Beklagte und Gerichte hätten ein eigenständiges Prüfungsrecht. Eine teleologische Reduktion des § 5 Abs. 11 SGB V im Hinblick auf die lange Aufenthaltsdauer des Klägers in Deutschland sei nicht möglich. Weder dem Wortlaut noch den Gesetzesmaterialien sei eine solche Einschränkung zu entnehmen.
Gegen das ihm am 29. Dezember 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. Januar 2011 Berufung eingelegt. Angesichts der Zeitspanne zwischen seiner Wohnortnahme und dem Antrag auf Mitgliedschaft bei der Beklagten von 26 Jahren komme eine Ablehnung nach § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V nicht in Betracht. Da das Gesetz ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Wohnortnahme abstelle, könne nicht auf die Behördenentscheidung oder die Erteilung der Freizügigkeitsbescheinigung abgestellt werden. Die Ausstellung der Freizügigkeitsbescheinigung könne nicht der relevante Zeitpunkt sein, denn das Recht auf Freizügigkeit ergebe sich aus dem Beitritt Polens zur EU am 1. Mai 2004, ohne dass hierfür eine besondere Bescheinigung erforderlich sei. Den Antrag auf die Bescheinigung habe er Anfang 2007 auf Drängen der Sozial- und Jugendbehörde der Beigeladenen gestellt. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V begründe ein Regel-Ausnahmeverhältnis. Da das Vorliegen einer Ausnahme nach § 5 Abs. 11 SGB V nicht belegt sei, verbleibe es bei der Regel, der Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.
Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. November 2010 und den Bescheid vom 6. November 2007 in der Fassung des Bescheides vom 11. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2010 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger seit 1. Dezember 2007 pflichtversichertes Mitglied bei den Beklagten ist.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das angegriffene Urteil im Ergebnis für zutreffend und beziehen sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie schließt sich dem Vorbringen des Klägers an.
Die Beteiligten habe ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtakten beider Instanzen und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 151, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und statthaft.
II. Klageart ist neben der Anfechtungsklage die Feststellungsklage gemäß § 55 SGG, gerichtet auf die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung ab 1. Dezember 2007. Die Versicherungspflicht tritt unabhängig von einem Beitritt kraft Gesetzes ein, so dass die Feststellungsklage zulässig ist (BSG, Urteil vom 21. Dezember 2011 - B 12 KR 13/10 R -; in juris).
III. Die Berufung ist begründet. Die Bescheide vom 6. November 2011 und 11. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2010 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat die Feststellung der Versicherungspflicht zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger ist seit ab 1. Dezember 2007 kraft Gesetzes in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beklagten zu 2) versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 1) nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (1.) und in der sozialen Pflegeversicherung der Beklagte zu 2) nach § 20 Abs. 1 Nr. 12 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI - (4.). Die Versicherungspflicht war weder nach § 5 Abs. 11 SGB V (2.) noch nach § 5 Abs. 8a SGB V (3.) ausgeschlossen.
1. Rechtsgrundlage für die begehrte Feststellung ist § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung (wie die im Folgenden genannten Bestimmungen eingefügt mit Wirkung vom 1. April 2007 durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG - vom 26. März 2007, BGBl. I S. 378) sind seit dem 1. April 2007 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert (Buchstabe a) oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, sie gehören zu den in § 5 Abs. 5 SGB V genannten hauptberuflich Selbstständigen oder zu den nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V versicherungsfreien Personen oder hätten bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland zu ihnen gehört (Buchstabe b).
Der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ergibt sich aus § 186 Abs. 11 Satz 1 und 2 SGB V. Das folgt aus dem anzuwendenden materiellen Recht. Nach § 186 Abs. 11 SGB V beginnt die Mitgliedschaft der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland (Satz 1). Die Mitgliedschaft von Ausländern, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, beginnt mit dem ersten Tag der Geltung der Niederlassungserlaubnis oder der Aufenthaltserlaubnis (Satz 2). § 190 Abs. 13 SGB V enthält Bestimmungen über das Ende der Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtiger. Die Mitgliedschaft dieser Personen endet danach u.a. mit Ablauf des Vortages, an dem ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall begründet wird (Satz 1 Nr. 1). Das gilt indessen nicht für Mitglieder, die Empfänger von Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII sind (Satz 2). Aus dem Regelungszusammenhang des § 186 Abs. 11 Satz 2 SGB V mit § 190 Abs. 13 Satz 2 SGB V, der die Leistungsverantwortung im Krankheitsfall letztlich nach dem Zeitkriterium zuweist, ergibt sich, dass § 186 Abs. 11 Satz 2 SGB V nicht nur eine Regelung über den Beginn der Mitgliedschaft (und den in § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht genannten Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht) enthält, sondern auch zu der Frage, zu welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V erfüllt sein müssen (BSG, Urteil vom 6. Oktober 2010 - B 12 KR 25/09 R ; in juris).
Der Kläger ist seit ab 1. Dezember 2007 kraft Gesetzes versicherungspflichtiges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung der Beklagten zu 1) nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Ab 1. Dezember 2007 hatte der Kläger keinen Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall. Die bis zum 30. November 2007 vom Beigeladenen gewährte Krankenhilfe nach dem SGB XII endete mit diesem Tag. Der Kläger war zuletzt gesetzlich krankenversichert (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchstabe a) SGB V), denn er war bis zum 15. Oktober 2003 freiwillig versichertes Mitglied bei der Beklagten zu 1) und damit gemäß § 20 Abs. 3 SGB XI pflegepflichtversichert bei der Beklagten zu 2). Die zwischenzeitliche anderweitige Absicherung nach § 264 SGB V aufgrund des Bezuges von laufenden Leistungen nach dem SGB XII von Seiten der Beigeladenen steht nicht entgegen. Die Auffangversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für Personen, die zuletzt gesetzlich krankenversichert waren, besteht nämlich auch dann, wenn zwischenzeitlich eine anderweitige Absicherung gegen Krankheit außerhalb der privaten Krankenversicherung erfolgt ist (BSG, Urteil vom 21. Dezember 2011 - B 12 KR 13/10 R -; in juris).
2. § 5 Abs. 11 SGB V enthält Sonderregelungen für Ausländer. Grundsätzlich gilt die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des SGB haben (§ 30 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - SGB I -). Mit § 5 Abs. 11 SGB V hat der Gesetzgeber eine im Sinne des § 37 SGB I abweichende Regelung getroffen. Ziel der Regelung ist die Vermeidung von Rechtsmissbrauch (Felix in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 5 SGB V, Rn. 98).
a) Nach Satz 1 des Absatzes 11 werden Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet - Aufenthaltsgesetz (AufenthG) besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besteht. Diese Regelung findet vorliegend keine Anwendung. Denn der Kläger ist als polnischer Staatsbürger Angehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union.
b) Gemäß Absatz 11 Satz 2 werden Angehörige eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 FreizügG/EU ist. Gemäß § 4 FreizügG/EU haben nicht erwerbstätige Unionsbürger das Recht auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 2 Abs. 1 FreizügG/EU, wenn sie über einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel verfügen. Damit entfällt für nichterwerbstätige Personen die Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, solange sie nach dem Recht der Europäischen Union oder nach dem Personenfreizügigkeitsabkommen der Europäischen Union mit der Schweiz über einen Krankenversicherungsschutz verfügen müssen (vgl. Felix in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 5 SGB V, Rn. 99). Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, haben gemäß § 4a FreizügG/EU unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU haben nicht erwerbstätige Unionsbürger das Recht auf Einreise und Aufenthalt unter den Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU. Somit hat ein nichterwerbstätiger Unionsbürger nach fünf Jahren ständigen rechtmäßigen Aufenthalts ein Daueraufenthaltsrecht auch ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz, mit der Folge, dass § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V nicht eingreift, sondern eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V grundsätzlich besteht.
Der Kläger ist als polnischer Staatsangehöriger seit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union mit Wirkung vom 1. April 2004 Unionsbürger. Er ist bereits seit 1. Juni 2003 nicht mehr erwerbstätig. Der Ausschluss der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 11 Satz 2 SGB V gilt für ihn nicht, weil er am 1. Dezember 2007 aufgrund seines Daueraufenthaltsrechts nach § 4a FreizügG/EU nicht mehr über ausreichenden Krankenversicherungsschutz als Voraussetzung für seinen Aufenthalt verfügen musste. Ob die Voraussetzungen für die dem Kläger erteilte Beschei-nigung über sein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU rechtmäßig ist oder nicht, ist nicht zu prüfen. Der Entscheidung der zuständigen Behörde kommt Tatbestandswirkung zu (vgl. BSG, Teilurteil vom 30. September 2010 - B 10 EG 9/09 R - und Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. November 2006 - L 20 B 248/06 AS ER -; beide in juris).
3. Gemäß § 5 Abs. 8a SGB V ist nach Absatz 1 Nr. 13 nicht versicherungspflichtig, wer nach Absatz 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert ist (Satz 1). Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz - AsylbLG - (Satz 2). Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird (Satz 3). § 186 Abs. 11 SGB V regelt den Beginn der Mitgliedschaft bei Personen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtig sind. Nach Satz 1 beginnt deren Mitgliedschaft mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland. Nach Satz 2 beginnt die Mitgliedschaft von Ausländern, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, mit dem ersten Tag der Geltung der Niederlassungserlaubnis oder der Aufenthaltserlaubnis.
a) Empfangen im Sinne von § 5 Abs. 8a SGB V werden laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Leistungen des Vierten Kapitel des SGB XI), wie der Kläger sie erhielt, in dem Zeitraum, für den sie durch Verwaltungsakt des Sozialhilfeträgers zuerkannt werden. Maßgeblich ist nicht, ob sie bezogen werden, sondern ob sie beansprucht werden können (BSG, Urteil vom 6. Oktober 2010 B 12 KR 25/09 R -; in juris). Dies folgt aus dem Bedeutungszusammenhang der Norm, aus dem Zweck der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V als sog. Auffangversicherung; § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V steht nicht entgegen. § 5 Abs. 8a SGB V steht im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Nr. 13, den er tatbestandlich konkretisiert. Das gegenwärtige Fehlen eines anderweitigen Absicherung wird dort als Abwesenheit eines Anspruchs definiert. An das Nichtbestehen eines Anspruchs knüpfen auch die Bestimmungen über den Beginn der Mitgliedschaft der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen in § 186 Abs. 11 Sätze 1 und 3 SGB V an, ebenso § 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V hinsichtlich des Endes der Mitgliedschaft, wenn eine Absicherung aufgrund anderer Leistungen der Sozialhilfe in Betracht kommt. Auch § 5 Abs. 8a Sätze 3 und 4 SGB V stellen auf den Anspruch auf Leistungen ab, so dass es folgerichtig erscheint, diesen Maßstab auch Satz 2 der Vorschrift zugrunde zu legen, um nicht den Regelungszusammenhang zu durchbrechen (BSG, a.a.O.). Diese Auslegung entspricht auch unter teleologischen Gesichtspunkten dem Zweck der Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V als Auffangversicherungspflicht.
b) Der Empfang von Hilfen zur Gesundheit im Sinne des Fünften Kapitels des SGB XII allein, also ohne gleichzeitigen Empfang laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII stellt keinen eigenständigen Ausschlusstatbestand für den Eintritt der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V dar (BSG, a.a.O.). Nach der während des Gesetzgebungsverfahrens auf Empfehlung des 14. Ausschusses (BT-Drs. 16/4200 S. 9; BT-Drs. 16/4247 S. 29) vorgenommenen inhaltlichen Änderung des Entwurfs von § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V wird dort für den Ausschluss der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V tatbestandlich nicht mehr allgemein an den Empfang von Leistungen nach dem Dritten bis Neunten Kapitel und damit auch solche nach dem Fünften Kapitel des SGB XII angeknüpft, sondern allein an denjenigen "laufender Leistungen" nach dem (Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des) SGB XII (BSG, a.a.O.).
Der Kläger bezieht seit 1. Dezember 2007 keine laufenden Leistungen nach dem SGB XII und hat hierauf auch keinen Anspruch. Die Bewilligung endete mit dem 30. November 2007, weil aufgrund verminderter Wohnnebenkosten keine Hilfebedürftigkeit mehr bestand, sondern der noch bestehende geringe Bedarf durch die Bewilligung von Wohngeld gedeckt wurde. Durch das Wohngeld konnte die Hilfebedürftigkeit nach § 19 Abs. 2 SGB XII vermieden werden (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Wohngeldgesetz). Dass die Beigeladene weiter als Zahlstelle zur Vermeidung von Obdachlosigkeit die Rente für den Kläger vereinnahmte, Miete und Nebenkosten überwies und den Überschuss an ihn auskehrte, weil er hierzu mangels eigenen Kontos nicht in der Lage war, ändert hieran nichts. Die von der Beigeladenen weiter gewährten Leistungen der Krankenhilfe nach § 48 SGB XII sind ebenfalls kein Ausschlussgrund nach § 5 Abs. 8a SGB V (s.o. zu III. 3. b)).
4. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 12 SGB XI ist der Kläger seit 1. Dezember 2007 versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung und Mitglied bei der Beklagten zu 2), weil er seitdem der Krankenversicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V unterliegt.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
V. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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