Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 3592/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1553/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.01.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Berechnung ihrer Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.
Die Klägerin war freiwilliges Mitglied der beklagten Krankenkasse und ab 01.01.2009 ohne eigenes Einkommen. Ihr privat krankenversicherter Ehemann erzielte im Jahr 2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 35.102 EUR und aus Kapitalvermögen iHv 671 EUR (Einkommenssteuerbescheid vom 26.06.2008). Der am 23.01.1995 geborene leibliche Sohn der Klägerin, B. E., war 2009 Schüler und verfügte über keine eigenen Einkünfte. Er wohnte bei seinem Vater, über den er bei der AOK familienversichert war, hielt sich im Rahmen des Umgangsrechts jedoch regelmäßig auch im Haushalt der Klägerin und ihres Ehemannes auf, wo er auch übernachtete und verköstigt wurde. Seit Januar 2012 ist er selbst versichert. Der am 26.05.1995 geborene Sohn des Ehemannes der Klägerin, D. G., war ebenfalls Schüler und verfügte über keine eigenen beitragspflichtigen Einnahmen. Er lebte im Haushalt der Klägerin und ihres Ehemannes und war über seine Mutter bei der IKK familienversichert. Seit Oktober 2011 ist D. als Auszubildender selbst gesetzlich pflichtversichert. Bis 2008 wurde bei der Beitragsberechnung der freiwilligen Beiträge der Klägerin für beide Kinder jeweils ein Abzugsbetrag vom zu berücksichtigenden Gesamteinkommen berücksichtigt, sodass die Klägerin jeweils den Mindestbeitrag iHv zuletzt 52,14 EUR monatlich zahlte.
Mit Bescheid vom 18.12.2008 setzte die Beklagte zu 1) - auch im Namen der Beklagten zu 2) - die ab 01.01.2009 von der Klägerin zu zahlenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung neu fest iHv 203,47 EUR bzw 31,50 EUR, wobei sie von einem im Rahmen der Krankenversicherung zu berücksichtigenden Einkommen von 1.365,54 EUR und im Rahmen der Pflegeversicherung zu berücksichtigenden Einkommen von 1.615,54 EUR ausging. Vom Gesamteinkommen wurden dabei keine Kürzungsbeträge für die Kinder abgezogen. Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, dass sie wegen Aufgabe ihres Minijobs kein Einkommen mehr erziele, berechnete die Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 11.02.2009 die ab 01.01.2009 zu zahlenden Beiträge neu iHv 240,72 EUR bzw 31,50 EUR, wobei sie nun auch für die Krankenversicherung von einem monatlichen Einkommen von 1.615,54 EUR ausging. Mit weiterem Bescheid vom 24.02.2009 änderte die Beklagte zu 1) erneut die Beitragsberechnung ab 01.01.2009 und legte nunmehr ein zu berücksichtigendes Einkommen iHv 1.490,54 EUR - wiederum ohne Kürzungsbetrag wegen der Kinder - zugrunde und setzte die Beiträge iHv 222,09 EUR zur Krankenversicherung und 29,07 EUR zur Pflegeversicherung fest. Nachfolgend ergingen weitere Beitragsbescheide am 21.12.2010 für die Zeit ab 01.01.2011 (Beitrag 276,58 EUR/36,20 EUR), am 10.02.2012, 16.02.2012 und 12.06.2012 für die Zeit ab 01.01.2012 (Beiträge 274,19 EUR/37,29 EUR). Seit dem 01.05.2012 ist die Klägerin als Arbeitnehmerin pflichtversichert.
Mit Schreiben vom 06.04.2009, eingegangen bei der Beklagten zu 1) am 17.04.2009 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Beitragsbescheide vom 18.12.2008, 11.02.2009 und 24.02.2009 mit der Begründung, dass die Kinder D. und B. bei der Berechnung des Gesamteinkommens nicht berücksichtigt worden seien. Die Unterscheidung zwischen leiblichen und in die Ehe eingebrachten Kindern entspreche einer Ungleichbehandlung der Familien.
Die Beklagte zu 1) wertete den Widerspruch als Überprüfungsantrag und teilte mit Bescheid vom 17.04.2009 mit, dass die Bescheide vom 18.12.2008 und 11.02.2009 keine Gültigkeit mehr hätten, der Bescheid vom 24.02.2009 hingegen korrekt sei. Für die im Haushalt der Klägerin lebenden Kinder könne kein Abzugsbetrag bei der Einkommensberechnung berücksichtigt werden, da es sich nicht um die gemeinsamen Kinder der Klägerin und ihres Ehegatten handele. Grundlage für die Berechnung des Familieneinkommens seien daher die Einkünfte des Ehegattens der Klägerin, von denen die Hälfte als Beitragsbemessungsgrundlage heranzuziehen sei.
Hiergegen legte die Klägerin erneut Widerspruch ein, den der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2009 zurückwies. Damit unterhaltsberechtigte Kinder bei der Beitragsbemessung berücksichtigt werden könnten, müsse es sich nach dem Willen des Gesetzgebers um gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder handeln. Da der Sohn der Klägerin, B., nicht das leibliche Kind deren Ehemannes und dieser auch nicht unterhaltspflichtig sei, dürfe bei der Bemessung der Beiträge vom Einkommen des Ehemanns der Klägerin auch kein Unterhaltsbedarf berücksichtigt werden. D. Gmeiner sei zwar der leibliche Sohn des Ehegatten der Klägerin, für ihn bestehe jedoch kein Anspruch auf Familienversicherung, da er nicht mit der Klägerin verwandt sei. Da mithin die Familienversicherung nicht lediglich aufgrund der Regelung des § 10 Abs 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ausgeschlossen sei, dürfe schon in Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage für D. kein Betrag von den für die Beitragsbemessung maßgebenden beitragspflichtigen Einnahmen abgesetzt werden. Eine Ungleichbehandlung zu leiblichen ehelichen Kindern bestehe nicht, da nicht wesentlich Gleiches ungleich behandelt werde. Eltern seien gegenüber ihren leiblichen Kindern zum Unterhalt verpflichtet, gegenüber Stiefeltern bestünden solche Unterhaltsansprüche nicht. Würden Kinder in einer neuen Ehe aufgenommen, hätten nach wie vor die leiblichen Eltern für den Unterhalt der Kinder zu sorgen. Somit sei es auch sachlich gerechtfertigt, nur gemeinsame Kinder bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen.
Hiergegen richtet sich die am 17.08.2009 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Bei der von der Beklagten zu 1) vorgenommenen Beitragsberechnung bleibe außer Betracht, dass sich der Sohn der Klägerin aufgrund des Umgangsrechts zeitweise in ihrem Haushalt aufhalte, dort wohne und auch verpflegt werde. Auch der Umstand, dass sie selbst ihrem Sohn gegenüber unterhaltspflichtig sei, finde keine Berücksichtigung, ebenso wenig wie der Umstand, dass der Sohn ihres Ehemannes im gemeinsamen Haushalt lebe und unterhalten werde, wobei die Kindsmutter keinerlei Unterhalt leiste. Es liege eine Benachteiligung der so genannten Patchworkfamilien vor. Bei im Haushalt lebenden nicht gemeinsamen Kindern müsse daher zumindest die Hälfte des Absetzungsbetrages berücksichtigt werden. Durch die Benachteiligung der im Haushalt lebenden nicht gemeinsamen Kinder aufgrund der neuen Gesetzeslage werde Art 3 Grundgesetz (GG) und Art 6 GG verletzt. Das Bundessozialgericht (BSG) habe die Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen sogar für zulässig erachtet für Kinder, die beitragsfrei mitversichert seien (24.04.2002, B 7/1 A 1/00 R). Der Anknüpfungspunkt, um Kinderfreibeträge zu begründen, finde sich in der Unterhaltsberechtigung der Kinder. Es sei daher nicht einzusehen, weshalb nicht gemeinsame Kinder in Bezug auf die Unterhaltsberechtigung unterschiedlich behandelt werden sollten.
Mit Urteil vom 31.01.2011 hat das SG die Beklagte zu 1) unter Abänderung des Bescheids vom 17.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2009 verpflichtet, den Beitragsbescheid vom 24.02.2009 insofern aufzuheben, als damit für die Monate Januar 2009 und Februar 2009 Beiträge zur Krankenversicherung über den Betrag von 203,47 EUR monatlich hinaus festgesetzt wurden und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte zu 1) habe zu Recht die Beiträge ohne Berücksichtigung eines Freibetrags für die beiden Kinder D. und B. errechnet. Nach § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V werde die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder seit dem 01.01.2009 einheitlich für alle Krankenkassen verbindlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Hierzu habe der Spitzenverband einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung erlassen. Für die Beitragsbemessung der freiwilligen Mitglieder seien die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen maßgebend. § 2 Abs 4 der einheitlichen Grundsätze sehe vor, dass bei Mitgliedern, deren Ehegatte nicht einer Krankenkasse angehöre, sich die beitragspflichtigen Einnahmen aus den eigenen Einnahmen und den Einnahmen des Ehegatten zusammensetzten. Für die Beitragsbemessung würden nacheinander die eigenen Einnahmen des Mitglieds und die Einnahmen des Ehegatten bis zur Hälfte der sich ergebenden Summe der Einnahmen, höchstens bis zu einem Betrag in Höhe der halben Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt. Für vorhandene Kinder habe der Gesetzgeber rückwirkend zum 01.01.2009 in § 240 Abs 5 SGB V eine spezielle Regelung getroffen. Danach sei - soweit bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder das Einkommen von Ehegatten, die nicht einer Krankenkasse nach § 4 Abs 2 SGB V angehörten, berücksichtigt werde - von diesem Einkommen für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte Kind, für das eine Familienversicherung wegen der Regelung des § 10 Abs 3 nicht bestehe, ein Betrag iHv einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße und für nach § 10 SGB V familienversicherte Kinder ein Betrag iHv einem Fünftel der monatlichen Bezugsgröße abzusetzen. Nach dem Wortlaut der Norm sei die Absetzung des Freibetrages nur bei gemeinsamen Kindern und damit nicht bei Stiefkindern möglich. Diese Regelung begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Art 6 Abs 1 GG enthalte zwar eine Pflicht zum besonderen Schutz von Ehe und Familie, begründe jedoch keine konkreten Ansprüche auf eine bestimmte Ausgestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Verpflichtung zur Förderung der Familie werde der Gesetzgeber im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung dadurch gerecht, dass er unter bestimmten Voraussetzungen Kindern den beitragsfreien Krankenversicherungsschutz der Familienversicherung gewähre. Zu einer weitergehenden krankenversicherungsrechtlichen Entlastung Versicherter wegen Aufwendungen für Kinder sei die Beklagte zu 1) nicht verpflichtet. Soweit die Klägerin die Ungleichbehandlung von Paaren rüge, die im Gegensatz zu Familien mit gemeinsamen Kindern nicht gemeinsame Kinder erzögen, handele es sich um verschiedene Normadressaten, die vom Gesetzgeber auch ungleich behandelt werden dürften, da Unterschiede von solchem Gewicht bestünden, die die Ungleichbehandlung rechtfertigten. § 240 Abs 5 SGB V wolle den erhöhten Aufwand berücksichtigen, der durch die mit der Erziehung eines gemeinsamen Kindes verbundene Unterhaltsverpflichtung beider Ehegatten entstehe. Dabei orientiere sich die Höhe des Freibetrags an der Höhe des Unterhaltsbedarfs des Kindes, weshalb ein höherer Freibetrag vorgesehen sei, wenn das Kind nicht familienversichert sei. In so genannten Patchworkfamilien bestehe jedoch grundsätzlich eine geringere Unterhaltsverpflichtung, da der hälftige Unterhalt vom getrennt lebenden Elternteil zu erbringen sei. Die Kammer halte es für sachlich gerechtfertigt, wenn aus diesem Grund eine besondere Entlastung von Familien durch Gewährung des Freibetrags entfalle. Die Ungleichbehandlung sei aufgrund der geringeren, nämlich nur hälftigen Unterhaltsbelastung bei der Erziehung eines nicht gemeinsamen Kindes sachlich gerechtfertigt. Art 3 GG gebiete auch nicht aufgrund der nur hälftigen Unterhaltsbelastung für die Erziehung des Kindes die Gewährung des halben Freibetrags, denn bei der Regelung des § 240 Abs 5 SGB V handele es sich um eine pauschale Entlastung der Familien, wie die Festlegung eines festen Betrags anhand der monatlichen Bezugsgröße zeige. Insofern sei es gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber die von ihm gewährte Privilegierung an der erhöhten finanziellen Belastung von Familien, die den Gesamtunterhalt für ein gemeinsames Kind schuldeten, festmache und die Regelung auf diese Gruppe von Versicherten beschränke. Nicht zu berücksichtigen sei, dass die Klägerin und ihr Ehegatte gegenüber dem gesetzlich zugrunde gelegten Regelfall erhöhte Aufwendungen dadurch hätten, dass die Kindsmutter des leiblichen Sohnes des Ehemannes keinen Unterhalt zahle. Im Rahmen der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Norm, die allgemeingültig auf sämtliche Normadressaten zugeschnitten sei, sei stets auf den Regelfall abzustellen. Allerdings sei die Beklagte zu 1) nicht befugt gewesen, die mit Bescheid vom 18.12.2008 vorgenommene Beitragsfestsetzung für Januar und Februar 2009 nachträglich zurückzunehmen. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme für die Vergangenheit nach § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) lägen nicht vor. Zwar seien die Beitragsbescheide vom 18.12.2008 und 11.02.2009 rechtswidrig, weil für die Beiträge zur Krankenversicherung von der Beklagten zu 1) ein falsches Einkommen zugrunde gelegt worden sei. Dies beruhe jedoch nicht auf falschen Angaben der Klägerin, sondern auf fehlerhaftem Verwaltungshandeln, weshalb der Klägerin nicht der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit gemacht werden könne. Die Klägerin genieße insoweit Vertrauensschutz.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 04.04.2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 14.04.2011 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die gesetzliche Regelung die so genannten Patchworkfamilien benachteilige. Gerade im Hinblick auf die gesetzgeberische Zielrichtung, wonach durch die Freibeträge beim Einkommen der erhöhte Aufwand berücksichtigt werden solle, der durch die mit der Erziehung eines Kindes verbundene Unterhaltsverpflichtung der Ehegatten entstehe, sei es geboten, diese Freibeträge nicht nur bei der Erziehung gemeinsamer Kinder zu berücksichtigen. In dem Urteil des BSG vom 17.05.2001 (B 12 KR 35/00 R) werde deutlich gemacht, dass es letztendlich um die Kinder und auch deren Unterhalt gehe. Dort sei zu lesen: "Der Senat hält aus den genannten Gründen für Familien mit Kindern, die nach § 10 Abs 3 SGB V von der Familienversicherung ausgeschlossen sind, bei der Anrechnung von Ehegatteneinkommen eine Erhöhung des Kürzungsbetrages oder eine vergleichbar kinderfreundliche andere Regelung für erforderlich". Es dürfe keinen Unterschied machen, ob dies gemeinsame oder nicht gemeinsame Kinder seien; mindestens der halbe Freibetrag sei zu berücksichtigen. Auch in Patchworkfamilien ergebe sich durch die Erziehung der Kinder ein erhöhter Aufwand. Es sei nicht nachvollziehbar, dass dieser entstehende Aufwand unbeachtlich sein solle. Es stelle sich die Frage, ob insoweit allein durch die Unterscheidung zwischen gemeinsamen und nicht gemeinsamen Kindern tatsächlich derart unterschiedliche Sachverhalte vorlägen, dass eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt wäre. Soweit das SG ausführe, Art 3 GG gebiete in der vorliegenden Konstellation auch nicht aufgrund der nur hälftigen Unterhaltsbelastung für die Erziehung des Kindes die Gewährung des halben Freibetrages, ergebe sich doch aus dem Ansatz der pauschalen Entlastung, dass hier nicht der konkrete Mehraufwand eine Rolle spielen solle, sondern entscheidend das Bestehen eines solchen Aufwandes ist. Im Übrigen sei doch sehr fraglich, ob bei Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse tatsächlich ein Regelfall ermittelt werden könne, wonach die hälftige Unterhaltsverpflichtung für ein gemeinsames Kind von der getrennt lebenden leiblichen Elternhälfte getragen werde. Die Klägerin halte an ihrer Auffassung fest, dass hier eine durch nichts gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Familien, die gemeinsame Kinder erziehen und Familien, die nicht gemeinsame Kinder erziehen, vorliege.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.01.2011 abzuändern und die Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 17.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2009 zu verpflichten, den Beitragsbescheid vom 24.02.2009 dahingehend abzuändern, als für die Kinder D. G. und B. E. jeweils ein Abzugsbetrag iHv 504 EUR bei der Ermittlung des für die Beitragsberechnung zugrunde zu legenden Einkommens zu berücksichtigen ist.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nehmen Bezug auf das Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes vom 13.07.2009 (RS 2009/314), nach dem das Bundesministerium für Gesundheit ausdrücklich bestätigt habe, dass es sich für die Anwendung des § 240 Abs 5 SGB V bei den beiden darin genannten Fallgruppen um gemeinsame Kinder handeln müsse. Aus diesem Grund sei § 2 Abs 4 Satz 2 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler am 17.02.2010 geändert worden. Die Anwendung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sei für die Beklagten zwingend. Eine hiervon abweichende Rechtsmeinung stehe ihnen nicht zu. Im Übrigen habe der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes am 30.11.2011 den Beschluss gefasst, die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27.10.2008, zuletzt geändert am 30.05.2011, rückwirkend zu bestätigen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), hat keinen Erfolg.
Das Passivrubrum war dahin zu berichtigen, dass nicht nur die Beklagte zu 1), sondern auch die Beklagte zu 2) Beteiligte des Rechtsstreits ist (§ 69 Nr 2 SGG), denn die Klägerin hat sich sowohl im Klage- als auch im Berufungsverfahren gegen die Beitragspflicht zur Kranken- und zur Pflegeversicherung gewandt.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch ansonsten statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit sie über die rückwirkende Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Januar und Februar 2009 hinausging, denn abgesehen von der vom SG vorgenommenen - rechtskräftigen - Abänderung ist der Bescheid vom 17.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2009 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Bei dem Bescheid vom 17.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2009 handelt es sich um eine Überprüfungsentscheidung nach Maßgabe des § 44 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht zu Unrecht angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind (§ 44 Abs 1 Satz 1 SGB X). Diese Voraussetzungen liegen - über die vom SG bereits vorgenommene Abänderung der Bescheide hinaus - nicht vor, denn die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass bei Bemessung ihrer Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den hier im Rahmen des Zugunstenverfahrens zu überprüfenden Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 (dazu sogleich) für die Kinder B. und D. Freibeträge vom zu berücksichtigenden Einkommen abgezogen werden.
Im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X hat das Gericht auf Anfechtungsklage hin nur über die Ablehnung (dh negative Feststellung) des geltend gemachten Anspruchs auf Rücknahme, der gegen den Verwaltungsträger gerichtet ist, zu entscheiden; auf die damit verbundene Verpflichtungsklage kann ggf nur die Verpflichtung des Verwaltungsträgers zur Rücknahme des früheren Verwaltungsaktes und auf die weitere Verpflichtungsklage die Pflicht zur Neufeststellung ausgeurteilt werden, soweit nicht diese zweite Verpflichtungsklage entsprechend § 54 Abs 4 SGG durch eine allgemeine Leistungsklage konsumiert wird (BSG 24.07.2003, B 4 RA 62/02 R, juris). Maßgeblich ist das im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltende Recht, soweit es auch den Zeitpunkt des Bescheiderlasses umfasst (BSG 20.07.2011, B 13 R 41/10 R, juris). Im Rahmen des Zugunstenverfahrens war nur die Überprüfung des Bescheids vom 24.02.2009 Gegenstand, materiell richtet sich daher die Beurteilung danach, ob die Beklagte zu 1) die Beitragsfestsetzung für den Zeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2010 zutreffend vorgenommen hat. Der hier umstrittene Beitragsbescheid wirkt nur bis zu diesem Zeitpunkt, denn nachfolgend wurde die Höhe der Beiträge abweichend durch Bescheid vom 21.12.2010 mit Wirkung ab 01.01.2011 neu geregelt. Dieser Zeitraum war nicht Gegenstand des Überprüfungsverfahrens, das sich allein auf die Überprüfung des Bescheids vom 24.02.2009 bezog. Die nachfolgenden Beitragsbescheide vom 21.12.2010, 10.02.2012, 16.02.2012 und 12.06.2012 sind auch nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Klage- bzw Berufungsverfahrens geworden, da durch sie der Überprüfungsbescheid vom 17.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2009 weder abgeändert noch ersetzt worden ist. Eine Abänderung oder ein Ersetzen setzt allgemein voraus, dass der Regelungsgegenstand des neu einzubeziehenden Verwaltungsakts mit demjenigen des früheren identisch ist, was durch einen Vergleich der Verfügungssätze festgestellt werden muss (Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg 30.08.2012, L 3 U 15/10, juris RdNr 24). Der Verfügungssatz des Bescheids vom 17.04.2009 beschränkt sich darauf, die Rücknahme des Bescheids vom 24.02.2009 hinsichtlich der Höhe der Beiträge abzulehnen. Durch die Neufestsetzung der Beitragshöhe nach § 48 SGB X aufgrund veränderter Einkommensverhältnisse wird diese Regelung weder abgeändert, noch ersetzt (vgl LSG Baden-Württemberg 25.01.2013, L 8 U 4645/11, juris zur Frage der Einbeziehung eines Abschmelzungsbescheids nach § 48 Abs 3 SGB X in einen Rechtsstreits um eine Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X hinsichtlich der Rentenhöhe). Ungeachtet des Grundsatzes, dass die gerichtliche Überprüfung einer Beitragsfestsetzung grundsätzlich bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung mit dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen endet (BSG 21.12.2011, B 12 KR 22/09 R, BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 § 240 Nr 16), ist daher vorliegend aufgrund der Überprüfung im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 SGB X nur der Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 Gegenstand des Verfahrens.
Die Beklagte zu 1) ist als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung sowohl zur Festsetzung der Beiträge zur Krankenversicherung als auch gemäß § 46 Abs 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) zur Festsetzung der Beiträge zur Pflegeversicherung berechtigt. Sie hat jeweils in den streitgegenständlichen Bescheiden auch ausdrücklich im Namen der Beklagten zu 2) gehandelt.
Die Klägerin ist im hier streitigen Zeitraum als freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1) beitragspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 223 SGB V). Aus der freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung folgt die versicherungspflichtige Mitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung § 20 Abs 3 SGB XI) sowie die Pflicht, Beiträge zur Pflegeversicherung zu entrichten (§ 54 Abs 2 SGB XI).
Die Höhe der Beiträge richtet sich bei freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten nach § 240 SGB V (idF vom 26.03.2007, BGBl I 378 und vom 17.07.2009, BGBl I 1990 mWv 01.01.2009). Nach § 240 Abs 1 SGB V wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt (im Folgenden nur: Spitzenverband). Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs 2 Satz 1 SGB V). Soweit bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder das Einkommen ua von Ehegatten, die nicht in einer Krankenkasse nach § 4 Abs 2 angehören, berücksichtigt wird, ist von diesem Einkommen für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte Kind, für das eine Familienversicherung wegen der Regelung des § 10 Abs 3 nicht besteht, ein Betrag iHv einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße, für nach § 10 versicherte Kinder ein Betrag iHv einem Fünftel der monatlichen Bezugsgröße abzusetzen (§ 240 Abs 5 SGB V).
Die auf der Grundlage von § 240 Abs 1 SGB V vom Spitzenverband erlassenen einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27.10.2008) sahen in der ursprünglichen Fassung nur einen Freibetrag für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte und nicht familienversicherte Kind vor. In der rückwirkend zum 01.01.2009 geänderten Fassung (bestätigt durch den Verwaltungsrat des Spitzenverbands mit Beschluss vom 30.11.2011, veröffentlicht am 20.01.2012) sieht § 2 Abs 4 Satz 1 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vor, dass sich die beitragspflichtigen Einnahmen bei Mitgliedern, deren Ehegatte nicht einer Krankenkasse (§ 4 Abs 2 SGB V) angehört, aus den eigenen Einnahmen und den Einnahmen des Ehegatten zusammensetzen. Von den Einnahmen des Ehegatten ist für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte Kind, (1.) für das eine Familienversicherung nur wegen der Regelung des § 10 Abs 3 SGB V nicht besteht, monatlich ein Betrag iHv einem Drittel, (2.) für das eine Familienversicherung besteht, monatlich ein Betrag iHv einem Fünftel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) abzusetzen. Für die Beitragsbemessung werden nacheinander die Einnahmen des Mitglieds und die Einnahmen des Ehegatten bis zur Hälfte der sich aus der nach Satz 1 und 2 ergebenden Summe der Einnahmen, höchstens bis zu einem Betrag iHd halben Beitragsbemessungsgrenze, berücksichtigt (§ 2 Abs 4 Sätze 2 und 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler).
Unter Berücksichtigung dieser Regelungen hat die Beklagte zu 1) die Beiträge, soweit sie hier noch streitig sind, zutreffend festgesetzt. Ab 01.01.2009 liegen allein Einkünfte des Ehemannes der Klägerin vor, die sich nach den Angaben im Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2006 auf 35.102 EUR (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) zuzüglich 671 EUR (Einkünfte aus Kapitalvermögen) belaufen, monatlich somit 2.981,08 EUR. Bemessungsgrundlage ist die Hälfte dieser Einkünfte (1.490,54 EUR), da dieser Betrag unterhalb der Hälfte der Beitragsbemessungsgrenze von 1.837,50 EUR liegt. Bei einem Beitragssatz von 14,9 % in der Krankenversicherung und 1,95 % in der Pflegeversicherung ergeben sich die geforderten Beträge von 222,09 EUR (Krankenversicherung) und 29,07 EUR (Pflegeversicherung). Für Januar und Februar 2009 betragen die Beiträge für die Krankenversicherung nach der insoweit rechtskräftig gewordenen Entscheidung des SG nur 203,47 EUR. Freibeträge für die Kinder B. und D. hat die Beklagte zu 1) zu Recht nicht abgesetzt, denn es handelt sich bei den Beiden nicht um gemeinsame Kinder der Klägerin und ihres Ehemannes, so dass die Voraussetzungen von § 240 Abs 5 SGB V iVm § 2 Abs 4 Satz 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nicht erfüllt sind. Die Worte "für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte Kind" in § 240 Abs 5 SGB V beziehen sich dabei nicht nur auf die Kinder, für die eine Familienversicherung wegen § 10 Abs 3 SGB V nicht besteht, sondern auch auf die Kinder, für die eine Familienversicherung besteht. Grammatikalisch wäre zwar auch ein anderen Verständnis möglich (so Baier in Krauskopf, Soziale KV/PV, Stand November 2012, § 240 RdNr 21), der Gesetzgeber wollte jedoch im Rahmen der Anrechnung von Ehegatteneinkommen nur für gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder einen Freibetrag einräumen (BT-Drucks 16/13428 zu Art 15 Nr 10b Buchst b S 140). Die Regelung in § 2 Abs 4 Satz 2 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, die insoweit eindeutig für beide Fallgruppen - familienversicherte und nicht familienversicherte Kinder - nur an gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder anknüpft, steht somit im Einklang mit § 240 Abs 5 SGB V.
Die Regelungen der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler bieten eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (BSG 19.12.2012, B 12 KR 20/11 R, bisher nur als Pressemitteilung vorliegend). Die Regelungen in § 240 Abs 5 SGB V und § 2 Abs 4 Satz 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler verstoßen entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht gegen Verfassungsrecht, weder Art 3 Abs 1 GG noch Art 6 Abs 1 GG ist verletzt.
Die Frage, ob und in welchem Umfang die finanziellen Belastungen des Familieneinkommens durch Kinder bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen sind, war wiederholt Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Zu § 180 Abs 4 Reichsversicherungsordnung (RVO) hat das BSG entschieden, dass eine Krankenkasse rechtswidrig handelt, wenn sie bei Vorhandensein von nicht beitragsfrei mitversicherten Kindern den Grundlohn des freiwillig Versicherten nach der Hälfte der Bruttoeinkünfte des alleinverdienenden Ehegatten bestimme, ohne die Belastungen durch Unterhalt für gemeinsame Kinder zu berücksichtigen (BSG 24.06.1985, GS 1/84, BSGE 58, 183, 201 ff = SozR 2200 § 180 Nr 27). Weiter hat das BSG entschieden, dass eine Krankenkasse nicht verpflichtet ist, familienversicherte Kinder bei der Beitragsbemessung nach dem halben Ehegatteneinkommen zu berücksichtigen und dies auch nicht gegen Art 6 Abs 1 GG verstößt (BSG 26.06.1993, 12 RK 92/92, SozR 3-2500 § 240 Nr 15). Auf der anderen Seite ist es aber zulässig, wenn Abzüge für unterhaltsbedürftige Kinder auch dann vorgesehen sind, wenn für diese Kinder eine beitragsfreie Familienversicherung besteht (BSG 24.04.2002, B 7/1 A 1/00 R, BSGE 89, 213 = SozR 3-2500 § 240 Nr 42).
Die Berücksichtigung unterhaltsberechtigter Kinder bei der Beitragsbemessung nach dem halben Ehegatteneinkommen ist nicht nach Art 6 GG geboten. Diese Norm verpflichtet als Freiheitsrecht nicht nur den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen, sondern sie enthält auch eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen und durch geeignete Maßnahmen auch wirtschaftlicher Art zu fördern (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 03.04.2001, 1 BvR 1629/94, BVerfGE 103, 242 = SozR 3-3300 § 54 Nr 2). Dieser Verpflichtung wird der Gesetzgeber im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung jedoch dadurch gerecht, dass er unter bestimmten Voraussetzungen - wie auch bei B. und D. - Kindern von Versicherten den beitragsfreien Krankenversicherungsschutz der Familienversicherung (§ 10 SGB V) gewährt. Zu einer weitergehenden krankenversicherungsrechtlichen Entlastung freiwillig Versicherter wegen Aufwendungen für Kinder ist eine Krankenkasse nach Art 6 Abs 1 GG nicht verpflichtet (BSG 26.06.1993, 12 RK 92/92, SozR 3-2500 § 240 Nr 15). Solchen durch Kinder entstehenden Belastungen der Familie trägt der Gesetzgeber durch allgemeine Regelungen des Familienlastenausgleichs im Kindergeldrecht und im Steuerrecht Rechnung (vgl BVerfG 29.05.1990, 1 BvL 20/84 ua, BVerfGE 82, 60 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1), die auch der Familie der Klägerin zugute kommen. Konkrete Ansprüche auf eine bestimmte Ausgestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung lassen sich aus Art 6 Abs 1 GG nicht herleiten (BVerfG 12.02.2003, 1 BvR 624/01, SozR 4-2500 § 10 Nr 1; BSG 16.12.2003, B 1 KR 12/02 R, juris). Ob eine andere Beurteilung geboten ist, wenn eine Familie mangels beitragsfreier Familienversicherung freiwillige Beiträge für mehrere Kinder und den Ehegatten aufzubringen hat und dadurch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Familie uU überfordert wird, weil insgesamt höhere Beiträge zu zahlen wären als von einem Pflichtversicherten mit beitragsfreier Familienversicherung zu zahlende Höchstbeiträge (vgl hierzu BVerfG 19.12.1994, 1 BvR 1688/94, SozR 3-1300 § 40 Nr 3), bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da B. und D. - wenn auch über den jeweils anderen Elternteil - familienversichert waren.
Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Art 3 Abs 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr BVerfG 07.10.1980, 1 BvL 50/79 ua, BVerfGE 55, 72, 88; BVerfG 27.02.2007, 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272, 300f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung verbieten (BVerfG 15.07.1998, 1 BvR 1554/89, 1 BvR 963/94, 1 BvR 964/94, BVerfGE 98, 365). Dabei legt das BVerfG je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (BVerfG 26.01.1993, 1 BvL 38/92 ua, BVerfGE 88, 87, 96 f). Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts einen weiten Gestaltungsspielraum. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten Elternteilen, für deren Beitragsbemessung das Partnereinkommen maßgebend ist mit gemeinsamen Kindern und solchen, die mit nicht gemeinsamen Kindern mit dem Partner leben, ist nicht ersichtlich. Es liegen bereits keine gleichen Sachverhalte vor, da eine uneingeschränkte Unterhaltspflicht, die sich auf das zur Verfügung stehende Familieneinkommen auswirkt, nur bei gemeinsamen Kindern besteht. Deutlich wird dies etwa bei B., der mangels Leistungsfähigkeit der Klägerin gegen diese keinen Unterhaltsanspruch geltend machen konnte und gegen den Ehemann der Klägerin schon dem Grunde nach keinen Unterhaltsanspruch hat. Aus moralischen Gründen geleistete Unterstützung kann vor dem Hintergrund der an gesetzliche Unterhaltspflichten anknüpfenden Regelung nicht berücksichtigt werden. Das Kriterium der Anknüpfung an gemeinsame Kinder ist damit nicht sachwidrig. Im Rahmen der generellen Zulässigkeit generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen hält es der Senat für vertretbar, dass der Gesetzgeber vorliegend für Patchworkfamilien keine eigenen Freibetragsregelungen getroffen hat. Dass die vorliegende Regelung unvertretbar oder unverhältnismäßig ist, ist nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Zulassung der Revision erfolgte wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Berechnung ihrer Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge.
Die Klägerin war freiwilliges Mitglied der beklagten Krankenkasse und ab 01.01.2009 ohne eigenes Einkommen. Ihr privat krankenversicherter Ehemann erzielte im Jahr 2006 Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 35.102 EUR und aus Kapitalvermögen iHv 671 EUR (Einkommenssteuerbescheid vom 26.06.2008). Der am 23.01.1995 geborene leibliche Sohn der Klägerin, B. E., war 2009 Schüler und verfügte über keine eigenen Einkünfte. Er wohnte bei seinem Vater, über den er bei der AOK familienversichert war, hielt sich im Rahmen des Umgangsrechts jedoch regelmäßig auch im Haushalt der Klägerin und ihres Ehemannes auf, wo er auch übernachtete und verköstigt wurde. Seit Januar 2012 ist er selbst versichert. Der am 26.05.1995 geborene Sohn des Ehemannes der Klägerin, D. G., war ebenfalls Schüler und verfügte über keine eigenen beitragspflichtigen Einnahmen. Er lebte im Haushalt der Klägerin und ihres Ehemannes und war über seine Mutter bei der IKK familienversichert. Seit Oktober 2011 ist D. als Auszubildender selbst gesetzlich pflichtversichert. Bis 2008 wurde bei der Beitragsberechnung der freiwilligen Beiträge der Klägerin für beide Kinder jeweils ein Abzugsbetrag vom zu berücksichtigenden Gesamteinkommen berücksichtigt, sodass die Klägerin jeweils den Mindestbeitrag iHv zuletzt 52,14 EUR monatlich zahlte.
Mit Bescheid vom 18.12.2008 setzte die Beklagte zu 1) - auch im Namen der Beklagten zu 2) - die ab 01.01.2009 von der Klägerin zu zahlenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung neu fest iHv 203,47 EUR bzw 31,50 EUR, wobei sie von einem im Rahmen der Krankenversicherung zu berücksichtigenden Einkommen von 1.365,54 EUR und im Rahmen der Pflegeversicherung zu berücksichtigenden Einkommen von 1.615,54 EUR ausging. Vom Gesamteinkommen wurden dabei keine Kürzungsbeträge für die Kinder abgezogen. Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, dass sie wegen Aufgabe ihres Minijobs kein Einkommen mehr erziele, berechnete die Beklagte zu 1) mit Bescheid vom 11.02.2009 die ab 01.01.2009 zu zahlenden Beiträge neu iHv 240,72 EUR bzw 31,50 EUR, wobei sie nun auch für die Krankenversicherung von einem monatlichen Einkommen von 1.615,54 EUR ausging. Mit weiterem Bescheid vom 24.02.2009 änderte die Beklagte zu 1) erneut die Beitragsberechnung ab 01.01.2009 und legte nunmehr ein zu berücksichtigendes Einkommen iHv 1.490,54 EUR - wiederum ohne Kürzungsbetrag wegen der Kinder - zugrunde und setzte die Beiträge iHv 222,09 EUR zur Krankenversicherung und 29,07 EUR zur Pflegeversicherung fest. Nachfolgend ergingen weitere Beitragsbescheide am 21.12.2010 für die Zeit ab 01.01.2011 (Beitrag 276,58 EUR/36,20 EUR), am 10.02.2012, 16.02.2012 und 12.06.2012 für die Zeit ab 01.01.2012 (Beiträge 274,19 EUR/37,29 EUR). Seit dem 01.05.2012 ist die Klägerin als Arbeitnehmerin pflichtversichert.
Mit Schreiben vom 06.04.2009, eingegangen bei der Beklagten zu 1) am 17.04.2009 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Beitragsbescheide vom 18.12.2008, 11.02.2009 und 24.02.2009 mit der Begründung, dass die Kinder D. und B. bei der Berechnung des Gesamteinkommens nicht berücksichtigt worden seien. Die Unterscheidung zwischen leiblichen und in die Ehe eingebrachten Kindern entspreche einer Ungleichbehandlung der Familien.
Die Beklagte zu 1) wertete den Widerspruch als Überprüfungsantrag und teilte mit Bescheid vom 17.04.2009 mit, dass die Bescheide vom 18.12.2008 und 11.02.2009 keine Gültigkeit mehr hätten, der Bescheid vom 24.02.2009 hingegen korrekt sei. Für die im Haushalt der Klägerin lebenden Kinder könne kein Abzugsbetrag bei der Einkommensberechnung berücksichtigt werden, da es sich nicht um die gemeinsamen Kinder der Klägerin und ihres Ehegatten handele. Grundlage für die Berechnung des Familieneinkommens seien daher die Einkünfte des Ehegattens der Klägerin, von denen die Hälfte als Beitragsbemessungsgrundlage heranzuziehen sei.
Hiergegen legte die Klägerin erneut Widerspruch ein, den der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2009 zurückwies. Damit unterhaltsberechtigte Kinder bei der Beitragsbemessung berücksichtigt werden könnten, müsse es sich nach dem Willen des Gesetzgebers um gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder handeln. Da der Sohn der Klägerin, B., nicht das leibliche Kind deren Ehemannes und dieser auch nicht unterhaltspflichtig sei, dürfe bei der Bemessung der Beiträge vom Einkommen des Ehemanns der Klägerin auch kein Unterhaltsbedarf berücksichtigt werden. D. Gmeiner sei zwar der leibliche Sohn des Ehegatten der Klägerin, für ihn bestehe jedoch kein Anspruch auf Familienversicherung, da er nicht mit der Klägerin verwandt sei. Da mithin die Familienversicherung nicht lediglich aufgrund der Regelung des § 10 Abs 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ausgeschlossen sei, dürfe schon in Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage für D. kein Betrag von den für die Beitragsbemessung maßgebenden beitragspflichtigen Einnahmen abgesetzt werden. Eine Ungleichbehandlung zu leiblichen ehelichen Kindern bestehe nicht, da nicht wesentlich Gleiches ungleich behandelt werde. Eltern seien gegenüber ihren leiblichen Kindern zum Unterhalt verpflichtet, gegenüber Stiefeltern bestünden solche Unterhaltsansprüche nicht. Würden Kinder in einer neuen Ehe aufgenommen, hätten nach wie vor die leiblichen Eltern für den Unterhalt der Kinder zu sorgen. Somit sei es auch sachlich gerechtfertigt, nur gemeinsame Kinder bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen.
Hiergegen richtet sich die am 17.08.2009 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage. Bei der von der Beklagten zu 1) vorgenommenen Beitragsberechnung bleibe außer Betracht, dass sich der Sohn der Klägerin aufgrund des Umgangsrechts zeitweise in ihrem Haushalt aufhalte, dort wohne und auch verpflegt werde. Auch der Umstand, dass sie selbst ihrem Sohn gegenüber unterhaltspflichtig sei, finde keine Berücksichtigung, ebenso wenig wie der Umstand, dass der Sohn ihres Ehemannes im gemeinsamen Haushalt lebe und unterhalten werde, wobei die Kindsmutter keinerlei Unterhalt leiste. Es liege eine Benachteiligung der so genannten Patchworkfamilien vor. Bei im Haushalt lebenden nicht gemeinsamen Kindern müsse daher zumindest die Hälfte des Absetzungsbetrages berücksichtigt werden. Durch die Benachteiligung der im Haushalt lebenden nicht gemeinsamen Kinder aufgrund der neuen Gesetzeslage werde Art 3 Grundgesetz (GG) und Art 6 GG verletzt. Das Bundessozialgericht (BSG) habe die Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen sogar für zulässig erachtet für Kinder, die beitragsfrei mitversichert seien (24.04.2002, B 7/1 A 1/00 R). Der Anknüpfungspunkt, um Kinderfreibeträge zu begründen, finde sich in der Unterhaltsberechtigung der Kinder. Es sei daher nicht einzusehen, weshalb nicht gemeinsame Kinder in Bezug auf die Unterhaltsberechtigung unterschiedlich behandelt werden sollten.
Mit Urteil vom 31.01.2011 hat das SG die Beklagte zu 1) unter Abänderung des Bescheids vom 17.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2009 verpflichtet, den Beitragsbescheid vom 24.02.2009 insofern aufzuheben, als damit für die Monate Januar 2009 und Februar 2009 Beiträge zur Krankenversicherung über den Betrag von 203,47 EUR monatlich hinaus festgesetzt wurden und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte zu 1) habe zu Recht die Beiträge ohne Berücksichtigung eines Freibetrags für die beiden Kinder D. und B. errechnet. Nach § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V werde die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder seit dem 01.01.2009 einheitlich für alle Krankenkassen verbindlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Hierzu habe der Spitzenverband einheitliche Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung erlassen. Für die Beitragsbemessung der freiwilligen Mitglieder seien die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen maßgebend. § 2 Abs 4 der einheitlichen Grundsätze sehe vor, dass bei Mitgliedern, deren Ehegatte nicht einer Krankenkasse angehöre, sich die beitragspflichtigen Einnahmen aus den eigenen Einnahmen und den Einnahmen des Ehegatten zusammensetzten. Für die Beitragsbemessung würden nacheinander die eigenen Einnahmen des Mitglieds und die Einnahmen des Ehegatten bis zur Hälfte der sich ergebenden Summe der Einnahmen, höchstens bis zu einem Betrag in Höhe der halben Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt. Für vorhandene Kinder habe der Gesetzgeber rückwirkend zum 01.01.2009 in § 240 Abs 5 SGB V eine spezielle Regelung getroffen. Danach sei - soweit bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder das Einkommen von Ehegatten, die nicht einer Krankenkasse nach § 4 Abs 2 SGB V angehörten, berücksichtigt werde - von diesem Einkommen für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte Kind, für das eine Familienversicherung wegen der Regelung des § 10 Abs 3 nicht bestehe, ein Betrag iHv einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße und für nach § 10 SGB V familienversicherte Kinder ein Betrag iHv einem Fünftel der monatlichen Bezugsgröße abzusetzen. Nach dem Wortlaut der Norm sei die Absetzung des Freibetrages nur bei gemeinsamen Kindern und damit nicht bei Stiefkindern möglich. Diese Regelung begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Art 6 Abs 1 GG enthalte zwar eine Pflicht zum besonderen Schutz von Ehe und Familie, begründe jedoch keine konkreten Ansprüche auf eine bestimmte Ausgestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung. Der Verpflichtung zur Förderung der Familie werde der Gesetzgeber im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung dadurch gerecht, dass er unter bestimmten Voraussetzungen Kindern den beitragsfreien Krankenversicherungsschutz der Familienversicherung gewähre. Zu einer weitergehenden krankenversicherungsrechtlichen Entlastung Versicherter wegen Aufwendungen für Kinder sei die Beklagte zu 1) nicht verpflichtet. Soweit die Klägerin die Ungleichbehandlung von Paaren rüge, die im Gegensatz zu Familien mit gemeinsamen Kindern nicht gemeinsame Kinder erzögen, handele es sich um verschiedene Normadressaten, die vom Gesetzgeber auch ungleich behandelt werden dürften, da Unterschiede von solchem Gewicht bestünden, die die Ungleichbehandlung rechtfertigten. § 240 Abs 5 SGB V wolle den erhöhten Aufwand berücksichtigen, der durch die mit der Erziehung eines gemeinsamen Kindes verbundene Unterhaltsverpflichtung beider Ehegatten entstehe. Dabei orientiere sich die Höhe des Freibetrags an der Höhe des Unterhaltsbedarfs des Kindes, weshalb ein höherer Freibetrag vorgesehen sei, wenn das Kind nicht familienversichert sei. In so genannten Patchworkfamilien bestehe jedoch grundsätzlich eine geringere Unterhaltsverpflichtung, da der hälftige Unterhalt vom getrennt lebenden Elternteil zu erbringen sei. Die Kammer halte es für sachlich gerechtfertigt, wenn aus diesem Grund eine besondere Entlastung von Familien durch Gewährung des Freibetrags entfalle. Die Ungleichbehandlung sei aufgrund der geringeren, nämlich nur hälftigen Unterhaltsbelastung bei der Erziehung eines nicht gemeinsamen Kindes sachlich gerechtfertigt. Art 3 GG gebiete auch nicht aufgrund der nur hälftigen Unterhaltsbelastung für die Erziehung des Kindes die Gewährung des halben Freibetrags, denn bei der Regelung des § 240 Abs 5 SGB V handele es sich um eine pauschale Entlastung der Familien, wie die Festlegung eines festen Betrags anhand der monatlichen Bezugsgröße zeige. Insofern sei es gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber die von ihm gewährte Privilegierung an der erhöhten finanziellen Belastung von Familien, die den Gesamtunterhalt für ein gemeinsames Kind schuldeten, festmache und die Regelung auf diese Gruppe von Versicherten beschränke. Nicht zu berücksichtigen sei, dass die Klägerin und ihr Ehegatte gegenüber dem gesetzlich zugrunde gelegten Regelfall erhöhte Aufwendungen dadurch hätten, dass die Kindsmutter des leiblichen Sohnes des Ehemannes keinen Unterhalt zahle. Im Rahmen der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Norm, die allgemeingültig auf sämtliche Normadressaten zugeschnitten sei, sei stets auf den Regelfall abzustellen. Allerdings sei die Beklagte zu 1) nicht befugt gewesen, die mit Bescheid vom 18.12.2008 vorgenommene Beitragsfestsetzung für Januar und Februar 2009 nachträglich zurückzunehmen. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme für die Vergangenheit nach § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) lägen nicht vor. Zwar seien die Beitragsbescheide vom 18.12.2008 und 11.02.2009 rechtswidrig, weil für die Beiträge zur Krankenversicherung von der Beklagten zu 1) ein falsches Einkommen zugrunde gelegt worden sei. Dies beruhe jedoch nicht auf falschen Angaben der Klägerin, sondern auf fehlerhaftem Verwaltungshandeln, weshalb der Klägerin nicht der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit gemacht werden könne. Die Klägerin genieße insoweit Vertrauensschutz.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 04.04.2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 14.04.2011 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die gesetzliche Regelung die so genannten Patchworkfamilien benachteilige. Gerade im Hinblick auf die gesetzgeberische Zielrichtung, wonach durch die Freibeträge beim Einkommen der erhöhte Aufwand berücksichtigt werden solle, der durch die mit der Erziehung eines Kindes verbundene Unterhaltsverpflichtung der Ehegatten entstehe, sei es geboten, diese Freibeträge nicht nur bei der Erziehung gemeinsamer Kinder zu berücksichtigen. In dem Urteil des BSG vom 17.05.2001 (B 12 KR 35/00 R) werde deutlich gemacht, dass es letztendlich um die Kinder und auch deren Unterhalt gehe. Dort sei zu lesen: "Der Senat hält aus den genannten Gründen für Familien mit Kindern, die nach § 10 Abs 3 SGB V von der Familienversicherung ausgeschlossen sind, bei der Anrechnung von Ehegatteneinkommen eine Erhöhung des Kürzungsbetrages oder eine vergleichbar kinderfreundliche andere Regelung für erforderlich". Es dürfe keinen Unterschied machen, ob dies gemeinsame oder nicht gemeinsame Kinder seien; mindestens der halbe Freibetrag sei zu berücksichtigen. Auch in Patchworkfamilien ergebe sich durch die Erziehung der Kinder ein erhöhter Aufwand. Es sei nicht nachvollziehbar, dass dieser entstehende Aufwand unbeachtlich sein solle. Es stelle sich die Frage, ob insoweit allein durch die Unterscheidung zwischen gemeinsamen und nicht gemeinsamen Kindern tatsächlich derart unterschiedliche Sachverhalte vorlägen, dass eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt wäre. Soweit das SG ausführe, Art 3 GG gebiete in der vorliegenden Konstellation auch nicht aufgrund der nur hälftigen Unterhaltsbelastung für die Erziehung des Kindes die Gewährung des halben Freibetrages, ergebe sich doch aus dem Ansatz der pauschalen Entlastung, dass hier nicht der konkrete Mehraufwand eine Rolle spielen solle, sondern entscheidend das Bestehen eines solchen Aufwandes ist. Im Übrigen sei doch sehr fraglich, ob bei Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse tatsächlich ein Regelfall ermittelt werden könne, wonach die hälftige Unterhaltsverpflichtung für ein gemeinsames Kind von der getrennt lebenden leiblichen Elternhälfte getragen werde. Die Klägerin halte an ihrer Auffassung fest, dass hier eine durch nichts gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Familien, die gemeinsame Kinder erziehen und Familien, die nicht gemeinsame Kinder erziehen, vorliege.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.01.2011 abzuändern und die Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 17.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2009 zu verpflichten, den Beitragsbescheid vom 24.02.2009 dahingehend abzuändern, als für die Kinder D. G. und B. E. jeweils ein Abzugsbetrag iHv 504 EUR bei der Ermittlung des für die Beitragsberechnung zugrunde zu legenden Einkommens zu berücksichtigen ist.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nehmen Bezug auf das Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes vom 13.07.2009 (RS 2009/314), nach dem das Bundesministerium für Gesundheit ausdrücklich bestätigt habe, dass es sich für die Anwendung des § 240 Abs 5 SGB V bei den beiden darin genannten Fallgruppen um gemeinsame Kinder handeln müsse. Aus diesem Grund sei § 2 Abs 4 Satz 2 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler am 17.02.2010 geändert worden. Die Anwendung der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler sei für die Beklagten zwingend. Eine hiervon abweichende Rechtsmeinung stehe ihnen nicht zu. Im Übrigen habe der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes am 30.11.2011 den Beschluss gefasst, die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27.10.2008, zuletzt geändert am 30.05.2011, rückwirkend zu bestätigen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), hat keinen Erfolg.
Das Passivrubrum war dahin zu berichtigen, dass nicht nur die Beklagte zu 1), sondern auch die Beklagte zu 2) Beteiligte des Rechtsstreits ist (§ 69 Nr 2 SGG), denn die Klägerin hat sich sowohl im Klage- als auch im Berufungsverfahren gegen die Beitragspflicht zur Kranken- und zur Pflegeversicherung gewandt.
Die gemäß §§ 143, 144 Abs 1, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch ansonsten statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit sie über die rückwirkende Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge für Januar und Februar 2009 hinausging, denn abgesehen von der vom SG vorgenommenen - rechtskräftigen - Abänderung ist der Bescheid vom 17.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2009 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Bei dem Bescheid vom 17.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2009 handelt es sich um eine Überprüfungsentscheidung nach Maßgabe des § 44 SGB X. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht zu Unrecht angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind (§ 44 Abs 1 Satz 1 SGB X). Diese Voraussetzungen liegen - über die vom SG bereits vorgenommene Abänderung der Bescheide hinaus - nicht vor, denn die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass bei Bemessung ihrer Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den hier im Rahmen des Zugunstenverfahrens zu überprüfenden Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 (dazu sogleich) für die Kinder B. und D. Freibeträge vom zu berücksichtigenden Einkommen abgezogen werden.
Im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X hat das Gericht auf Anfechtungsklage hin nur über die Ablehnung (dh negative Feststellung) des geltend gemachten Anspruchs auf Rücknahme, der gegen den Verwaltungsträger gerichtet ist, zu entscheiden; auf die damit verbundene Verpflichtungsklage kann ggf nur die Verpflichtung des Verwaltungsträgers zur Rücknahme des früheren Verwaltungsaktes und auf die weitere Verpflichtungsklage die Pflicht zur Neufeststellung ausgeurteilt werden, soweit nicht diese zweite Verpflichtungsklage entsprechend § 54 Abs 4 SGG durch eine allgemeine Leistungsklage konsumiert wird (BSG 24.07.2003, B 4 RA 62/02 R, juris). Maßgeblich ist das im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltende Recht, soweit es auch den Zeitpunkt des Bescheiderlasses umfasst (BSG 20.07.2011, B 13 R 41/10 R, juris). Im Rahmen des Zugunstenverfahrens war nur die Überprüfung des Bescheids vom 24.02.2009 Gegenstand, materiell richtet sich daher die Beurteilung danach, ob die Beklagte zu 1) die Beitragsfestsetzung für den Zeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2010 zutreffend vorgenommen hat. Der hier umstrittene Beitragsbescheid wirkt nur bis zu diesem Zeitpunkt, denn nachfolgend wurde die Höhe der Beiträge abweichend durch Bescheid vom 21.12.2010 mit Wirkung ab 01.01.2011 neu geregelt. Dieser Zeitraum war nicht Gegenstand des Überprüfungsverfahrens, das sich allein auf die Überprüfung des Bescheids vom 24.02.2009 bezog. Die nachfolgenden Beitragsbescheide vom 21.12.2010, 10.02.2012, 16.02.2012 und 12.06.2012 sind auch nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Klage- bzw Berufungsverfahrens geworden, da durch sie der Überprüfungsbescheid vom 17.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.07.2009 weder abgeändert noch ersetzt worden ist. Eine Abänderung oder ein Ersetzen setzt allgemein voraus, dass der Regelungsgegenstand des neu einzubeziehenden Verwaltungsakts mit demjenigen des früheren identisch ist, was durch einen Vergleich der Verfügungssätze festgestellt werden muss (Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg 30.08.2012, L 3 U 15/10, juris RdNr 24). Der Verfügungssatz des Bescheids vom 17.04.2009 beschränkt sich darauf, die Rücknahme des Bescheids vom 24.02.2009 hinsichtlich der Höhe der Beiträge abzulehnen. Durch die Neufestsetzung der Beitragshöhe nach § 48 SGB X aufgrund veränderter Einkommensverhältnisse wird diese Regelung weder abgeändert, noch ersetzt (vgl LSG Baden-Württemberg 25.01.2013, L 8 U 4645/11, juris zur Frage der Einbeziehung eines Abschmelzungsbescheids nach § 48 Abs 3 SGB X in einen Rechtsstreits um eine Zugunstenentscheidung nach § 44 SGB X hinsichtlich der Rentenhöhe). Ungeachtet des Grundsatzes, dass die gerichtliche Überprüfung einer Beitragsfestsetzung grundsätzlich bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung mit dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen endet (BSG 21.12.2011, B 12 KR 22/09 R, BSGE 110, 62 = SozR 4-2500 § 240 Nr 16), ist daher vorliegend aufgrund der Überprüfung im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 SGB X nur der Zeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 Gegenstand des Verfahrens.
Die Beklagte zu 1) ist als Träger der gesetzlichen Krankenversicherung sowohl zur Festsetzung der Beiträge zur Krankenversicherung als auch gemäß § 46 Abs 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) zur Festsetzung der Beiträge zur Pflegeversicherung berechtigt. Sie hat jeweils in den streitgegenständlichen Bescheiden auch ausdrücklich im Namen der Beklagten zu 2) gehandelt.
Die Klägerin ist im hier streitigen Zeitraum als freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1) beitragspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 223 SGB V). Aus der freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung folgt die versicherungspflichtige Mitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung § 20 Abs 3 SGB XI) sowie die Pflicht, Beiträge zur Pflegeversicherung zu entrichten (§ 54 Abs 2 SGB XI).
Die Höhe der Beiträge richtet sich bei freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten nach § 240 SGB V (idF vom 26.03.2007, BGBl I 378 und vom 17.07.2009, BGBl I 1990 mWv 01.01.2009). Nach § 240 Abs 1 SGB V wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt (im Folgenden nur: Spitzenverband). Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind mindestens die Einnahmen des freiwilligen Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs 2 Satz 1 SGB V). Soweit bei der Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder das Einkommen ua von Ehegatten, die nicht in einer Krankenkasse nach § 4 Abs 2 angehören, berücksichtigt wird, ist von diesem Einkommen für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte Kind, für das eine Familienversicherung wegen der Regelung des § 10 Abs 3 nicht besteht, ein Betrag iHv einem Drittel der monatlichen Bezugsgröße, für nach § 10 versicherte Kinder ein Betrag iHv einem Fünftel der monatlichen Bezugsgröße abzusetzen (§ 240 Abs 5 SGB V).
Die auf der Grundlage von § 240 Abs 1 SGB V vom Spitzenverband erlassenen einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27.10.2008) sahen in der ursprünglichen Fassung nur einen Freibetrag für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte und nicht familienversicherte Kind vor. In der rückwirkend zum 01.01.2009 geänderten Fassung (bestätigt durch den Verwaltungsrat des Spitzenverbands mit Beschluss vom 30.11.2011, veröffentlicht am 20.01.2012) sieht § 2 Abs 4 Satz 1 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vor, dass sich die beitragspflichtigen Einnahmen bei Mitgliedern, deren Ehegatte nicht einer Krankenkasse (§ 4 Abs 2 SGB V) angehört, aus den eigenen Einnahmen und den Einnahmen des Ehegatten zusammensetzen. Von den Einnahmen des Ehegatten ist für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte Kind, (1.) für das eine Familienversicherung nur wegen der Regelung des § 10 Abs 3 SGB V nicht besteht, monatlich ein Betrag iHv einem Drittel, (2.) für das eine Familienversicherung besteht, monatlich ein Betrag iHv einem Fünftel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) abzusetzen. Für die Beitragsbemessung werden nacheinander die Einnahmen des Mitglieds und die Einnahmen des Ehegatten bis zur Hälfte der sich aus der nach Satz 1 und 2 ergebenden Summe der Einnahmen, höchstens bis zu einem Betrag iHd halben Beitragsbemessungsgrenze, berücksichtigt (§ 2 Abs 4 Sätze 2 und 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler).
Unter Berücksichtigung dieser Regelungen hat die Beklagte zu 1) die Beiträge, soweit sie hier noch streitig sind, zutreffend festgesetzt. Ab 01.01.2009 liegen allein Einkünfte des Ehemannes der Klägerin vor, die sich nach den Angaben im Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2006 auf 35.102 EUR (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) zuzüglich 671 EUR (Einkünfte aus Kapitalvermögen) belaufen, monatlich somit 2.981,08 EUR. Bemessungsgrundlage ist die Hälfte dieser Einkünfte (1.490,54 EUR), da dieser Betrag unterhalb der Hälfte der Beitragsbemessungsgrenze von 1.837,50 EUR liegt. Bei einem Beitragssatz von 14,9 % in der Krankenversicherung und 1,95 % in der Pflegeversicherung ergeben sich die geforderten Beträge von 222,09 EUR (Krankenversicherung) und 29,07 EUR (Pflegeversicherung). Für Januar und Februar 2009 betragen die Beiträge für die Krankenversicherung nach der insoweit rechtskräftig gewordenen Entscheidung des SG nur 203,47 EUR. Freibeträge für die Kinder B. und D. hat die Beklagte zu 1) zu Recht nicht abgesetzt, denn es handelt sich bei den Beiden nicht um gemeinsame Kinder der Klägerin und ihres Ehemannes, so dass die Voraussetzungen von § 240 Abs 5 SGB V iVm § 2 Abs 4 Satz 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler nicht erfüllt sind. Die Worte "für jedes gemeinsame unterhaltsberechtigte Kind" in § 240 Abs 5 SGB V beziehen sich dabei nicht nur auf die Kinder, für die eine Familienversicherung wegen § 10 Abs 3 SGB V nicht besteht, sondern auch auf die Kinder, für die eine Familienversicherung besteht. Grammatikalisch wäre zwar auch ein anderen Verständnis möglich (so Baier in Krauskopf, Soziale KV/PV, Stand November 2012, § 240 RdNr 21), der Gesetzgeber wollte jedoch im Rahmen der Anrechnung von Ehegatteneinkommen nur für gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder einen Freibetrag einräumen (BT-Drucks 16/13428 zu Art 15 Nr 10b Buchst b S 140). Die Regelung in § 2 Abs 4 Satz 2 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler, die insoweit eindeutig für beide Fallgruppen - familienversicherte und nicht familienversicherte Kinder - nur an gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder anknüpft, steht somit im Einklang mit § 240 Abs 5 SGB V.
Die Regelungen der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler bieten eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (BSG 19.12.2012, B 12 KR 20/11 R, bisher nur als Pressemitteilung vorliegend). Die Regelungen in § 240 Abs 5 SGB V und § 2 Abs 4 Satz 2 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler verstoßen entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht gegen Verfassungsrecht, weder Art 3 Abs 1 GG noch Art 6 Abs 1 GG ist verletzt.
Die Frage, ob und in welchem Umfang die finanziellen Belastungen des Familieneinkommens durch Kinder bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen sind, war wiederholt Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Zu § 180 Abs 4 Reichsversicherungsordnung (RVO) hat das BSG entschieden, dass eine Krankenkasse rechtswidrig handelt, wenn sie bei Vorhandensein von nicht beitragsfrei mitversicherten Kindern den Grundlohn des freiwillig Versicherten nach der Hälfte der Bruttoeinkünfte des alleinverdienenden Ehegatten bestimme, ohne die Belastungen durch Unterhalt für gemeinsame Kinder zu berücksichtigen (BSG 24.06.1985, GS 1/84, BSGE 58, 183, 201 ff = SozR 2200 § 180 Nr 27). Weiter hat das BSG entschieden, dass eine Krankenkasse nicht verpflichtet ist, familienversicherte Kinder bei der Beitragsbemessung nach dem halben Ehegatteneinkommen zu berücksichtigen und dies auch nicht gegen Art 6 Abs 1 GG verstößt (BSG 26.06.1993, 12 RK 92/92, SozR 3-2500 § 240 Nr 15). Auf der anderen Seite ist es aber zulässig, wenn Abzüge für unterhaltsbedürftige Kinder auch dann vorgesehen sind, wenn für diese Kinder eine beitragsfreie Familienversicherung besteht (BSG 24.04.2002, B 7/1 A 1/00 R, BSGE 89, 213 = SozR 3-2500 § 240 Nr 42).
Die Berücksichtigung unterhaltsberechtigter Kinder bei der Beitragsbemessung nach dem halben Ehegatteneinkommen ist nicht nach Art 6 GG geboten. Diese Norm verpflichtet als Freiheitsrecht nicht nur den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen, sondern sie enthält auch eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen und durch geeignete Maßnahmen auch wirtschaftlicher Art zu fördern (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) 03.04.2001, 1 BvR 1629/94, BVerfGE 103, 242 = SozR 3-3300 § 54 Nr 2). Dieser Verpflichtung wird der Gesetzgeber im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung jedoch dadurch gerecht, dass er unter bestimmten Voraussetzungen - wie auch bei B. und D. - Kindern von Versicherten den beitragsfreien Krankenversicherungsschutz der Familienversicherung (§ 10 SGB V) gewährt. Zu einer weitergehenden krankenversicherungsrechtlichen Entlastung freiwillig Versicherter wegen Aufwendungen für Kinder ist eine Krankenkasse nach Art 6 Abs 1 GG nicht verpflichtet (BSG 26.06.1993, 12 RK 92/92, SozR 3-2500 § 240 Nr 15). Solchen durch Kinder entstehenden Belastungen der Familie trägt der Gesetzgeber durch allgemeine Regelungen des Familienlastenausgleichs im Kindergeldrecht und im Steuerrecht Rechnung (vgl BVerfG 29.05.1990, 1 BvL 20/84 ua, BVerfGE 82, 60 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1), die auch der Familie der Klägerin zugute kommen. Konkrete Ansprüche auf eine bestimmte Ausgestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung lassen sich aus Art 6 Abs 1 GG nicht herleiten (BVerfG 12.02.2003, 1 BvR 624/01, SozR 4-2500 § 10 Nr 1; BSG 16.12.2003, B 1 KR 12/02 R, juris). Ob eine andere Beurteilung geboten ist, wenn eine Familie mangels beitragsfreier Familienversicherung freiwillige Beiträge für mehrere Kinder und den Ehegatten aufzubringen hat und dadurch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Familie uU überfordert wird, weil insgesamt höhere Beiträge zu zahlen wären als von einem Pflichtversicherten mit beitragsfreier Familienversicherung zu zahlende Höchstbeiträge (vgl hierzu BVerfG 19.12.1994, 1 BvR 1688/94, SozR 3-1300 § 40 Nr 3), bedarf vorliegend keiner Entscheidung, da B. und D. - wenn auch über den jeweils anderen Elternteil - familienversichert waren.
Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Art 3 Abs 1 GG ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr BVerfG 07.10.1980, 1 BvL 50/79 ua, BVerfGE 55, 72, 88; BVerfG 27.02.2007, 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272, 300f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung verbieten (BVerfG 15.07.1998, 1 BvR 1554/89, 1 BvR 963/94, 1 BvR 964/94, BVerfGE 98, 365). Dabei legt das BVerfG je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (BVerfG 26.01.1993, 1 BvL 38/92 ua, BVerfGE 88, 87, 96 f). Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts einen weiten Gestaltungsspielraum. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten Elternteilen, für deren Beitragsbemessung das Partnereinkommen maßgebend ist mit gemeinsamen Kindern und solchen, die mit nicht gemeinsamen Kindern mit dem Partner leben, ist nicht ersichtlich. Es liegen bereits keine gleichen Sachverhalte vor, da eine uneingeschränkte Unterhaltspflicht, die sich auf das zur Verfügung stehende Familieneinkommen auswirkt, nur bei gemeinsamen Kindern besteht. Deutlich wird dies etwa bei B., der mangels Leistungsfähigkeit der Klägerin gegen diese keinen Unterhaltsanspruch geltend machen konnte und gegen den Ehemann der Klägerin schon dem Grunde nach keinen Unterhaltsanspruch hat. Aus moralischen Gründen geleistete Unterstützung kann vor dem Hintergrund der an gesetzliche Unterhaltspflichten anknüpfenden Regelung nicht berücksichtigt werden. Das Kriterium der Anknüpfung an gemeinsame Kinder ist damit nicht sachwidrig. Im Rahmen der generellen Zulässigkeit generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen hält es der Senat für vertretbar, dass der Gesetzgeber vorliegend für Patchworkfamilien keine eigenen Freibetragsregelungen getroffen hat. Dass die vorliegende Regelung unvertretbar oder unverhältnismäßig ist, ist nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Zulassung der Revision erfolgte wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
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