Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 18 P 50/10
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 10 P 4/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Klage gegen eine private Pflegeversicherung auf Leistungen für ein an Diabetes Mellitus Typ I erkranktes Kind und zur Frage der Einholung eines Sachverständigengutachtens im gerichtlichen Verfahren
2. Der Senat folgt weiterhin der BSG-Rechtsprechung zu den pflegerelevanten Verrichtungen bei einem an Diabetes erkrankten Kind und sieht diese auch nicht angesichts tatsächlicher Veränderungen in der Insulin-Therapie als überholt an.
2. Der Senat folgt weiterhin der BSG-Rechtsprechung zu den pflegerelevanten Verrichtungen bei einem an Diabetes erkrankten Kind und sieht diese auch nicht angesichts tatsächlicher Veränderungen in der Insulin-Therapie als überholt an.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 19. Mai 2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung für die 2007 geborene Tochter L des Klägers, die an einem Diabetes mellitus Typ I leidet.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Versicherungsnehmer privat pflegeversichert. Sein Versicherungsschutz in der Pflegepflichtversicherung umfasst Leistungen für die häusliche und stationäre Pflege der Tochter L (Tarif PVN).
Am 26. Mai 2009 beantragte der Kläger für L die Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung. Dazu machte er detaillierte Angaben zu dem aus seiner Sicht bestehenden Pflegebedarf. Die Beklagte ließ die M Gesellschaft für medizinische Gutachten zur Pflegebedürftigkeit der Tochter Stellung nehmen. Der Arzt für Radiologie B kam in seinem Gutachten vom 17. Juli 2009 nach einem Hausbesuch zu einem Grundpflegemehraufwand gegenüber gleichaltrigen gesunden Kindern von 25 Minuten (Körperpflege: Windelwechsel 20 Minuten, Mobilität - An- und Auskleiden, Kleidungswechsel nach Einnässen - 5 Minuten). Den hauswirtschaftlichen Mehraufwand veranschlagte der Gutachter auf 45 Minuten; der von ihm beschriebene Pflegebedarf (Mehraufwand) betrug somit insgesamt 70 Minuten.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung mit Schreiben vom 4. August 2009 ab. Mit anwaltlichem Schreiben vom 21. August 2009 rügte der Kläger, dass seine Ausführungen zur Begründung des Leistungsantrags weitgehend unberücksichtigt geblieben seien. Mit weiterem Schreiben vom 8. Dezember 2008 machte der Kläger noch einmal im Einzelnen folgenden aus seiner Sicht bestehenden Pflegemehraufwand geltend:
- Reinigung der Hände vor jedem Blutzuckermessen 18 x 5 = 90 Minuten - Baden (Abstöpseln von Katheter und Pumpe) 20 Minuten - Zahnpflege 30 Minuten - Windelwechseln 50 Minuten - mundgerechte Zubereitung der Nahrung 120 Minuten - An- und Auskleiden &61550; tagsüber bei Windelwechsel 4 x 5 = 20 Minuten, &61550; nachts wegen Einnässens 25 Minuten &61550; nachts wegen "Verkleckerns" von Apfelsaft 30 Minuten &61550; tagsüber und nachts zusätzliches Umziehen wegen starken Schwitzens 4 x 10 = 40 Minuten &61550; tagsüber 10x An- und Ausziehen zwecks Überprüfung von Lage und Funktion des Pumpenkatheters, insbesondere vor / nach Spielen und Tollen
Hierzu ließ die Beklagte M erneut gutachtlich Stellung nehmen. Der Arzt Dr. Ba beschrieb in seinem Gutachten vom 16. Februar 2010 - wiederum nach Durchführung eines Hausbesuchs - neben altersgemäßem Pflegebedarf einen Pflegemehraufwand von insgesamt 65 Minuten (Grundpflege 20 Minuten [Zahnpflege 4 Minuten, Darm- und Blasenentleerung 10 Minuten, mundgerechte Zubereitung der Nahrung 4 Minuten, Aufnahme der Nahrung 2 Minuten]; Hauswirtschaft 45 Minuten). Mit Schreiben vom 25. Februar 2010 teilte die Beklagte daraufhin mit, dass es wegen fehlender Änderung der Pflegestufe bei der Leistungsversagung bleiben müsse.
Der Kläger hat am 9. August 2010 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass die Beklagte von einem zu geringen Pflegebedarf ausgegangen sei. Die Voraussetzungen der Pflegestufe I seien erfüllt.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für seine 2007 geborene Tochter L B Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I ab dem 26. Mai 2009 zu gewähren.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Inhalt der eingeholten Gutachten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat einen Befund- und Behandlungsbericht des U S -H vom 24. November 2010 eingeholt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 19. Mai 2011 hat das Sozialgericht den Facharzt für Rechtsmedizin und Öffentliches Gesundheitswesen (Sozialmedizin) Dr. Dr. P als medizinischen Sachverständigen zu Fragen des bei der Tochter des Klägers vorliegenden Hilfebedarfs gehört. Wegen der Beweisfragen wird auf die Anlage zur Ladungsverfügung vom 28. März 2011 und wegen der Ergebnisse der Beweisaufnahme auf die schriftliche Zusammenfassung des Gutachtens vom 11. Mai 2011 sowie auf die Verhandlungsniederschrift vom 19. Mai 2011 Bezug genommen. Zusammenfassend hat Dr. Dr. P in seinem schriftlichen Gutachten im Bereich der Grundpflege einen Hilfebedarf von 18 Minuten (Körperpflege 5 Minuten, Ernährung 11 Minuten und Mobilität - An- und Auskleiden - 2 Minuten) beschrieben. Zu Protokoll des Gerichts hat er zusätzlich erklärt, dass auch ein Aufwand von 5 Minuten täglich für Hilfen beim Wasserlassen zu berücksichtigen sei. Die Hilfen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung hat Dr. Dr. P mit 45 Minuten veranschlagt, so dass er einen Gesamthilfebedarf von 63 bzw. 68 Minuten errechnet hat.
Mit Urteil vom selben Tage hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger, der insoweit aktivlegitimiert sei, habe keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung für seine Tochter L nach der Pflegestufe I. Die - in dem Urteil im Einzelnen beschriebenen - Voraussetzungen der Pflegestufe I seien nicht erfüllt; der Hilfebedarf in der Grundpflege erreiche nicht das erforderliche Maß von mehr als 45 Minuten. Dr. Dr. P habe insoweit einen zusätzlichen Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind von 23 Minuten festgestellt und dabei Hilfen beim Baden, bei der Beaufsichtigung und Anleitung der Nahrungsaufnahme, dem 2 - 3 x wöchentlich anfallenden nächtlichen Wechseln der Kleidung sowie 1 x täglich zusätzlich beim Wasserlassen berücksichtigt. Die weiteren vom Kläger vorgetragenen Maßnahmen habe der Sachverständige nicht als Pflegemaßnahmen im Sinne der Pflegeversicherung angenommen. Das Gutachten sei für die Kammer vom Ergebnis her nachvollziehbar und überzeugend. Das Abstöpseln von Katheter und Pumpe und die Versorgung mit wasserdichtem Pflaster beim Baden sei als verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahme zu berücksichtigen. Ebenso nachvollziehbar sei für die Kammer der gelegentliche nächtliche Bekleidungswechsel wegen Schwitzens und die Hilfe beim Wasserlassen wegen der erkrankungsbedingten Harnflut. Folgende Hilfen seien allerdings nicht der Grundpflege zuzuordnen: Das Händewaschen vor jeder Blutzuckermessung sei Bestandteil der medizinischen Behandlung, Gleiches gelte für das Zähneputzen nach erkrankungsbedingt erforderlicher Verabreichung von Apfelsaft. Die Beaufsichtigung der Nahrungsaufnahme sei nicht zu berücksichtigen, weil eine Überwachung der Nahrungsaufnahme im Sinne der ständigen Gebundenheit der Pflegeperson für die Kammer nicht erkennbar sei. Insoweit folge die Kammer der Einschätzung des Sachverständigen Dr. Dr. P nicht. Hinsichtlich der Vorbereitung der Nahrung, Blutzuckermessungen und Insulingaben im Übrigen verweise die Kammer auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. Dezember 1999, B 3 P 5/98 R. Das Überprüfen von Lage und Funktion des Pumpenkatheters vor und nach dem Spielen stehe in keinem Zusammenhang mit den in § 1 Abs. 5 MB/PPV aufgezählten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen. Es sei der Kammer durchaus bewusst, dass die von Dr. Dr. P und den M -Gutachtern im Einzelnen in Ansatz gebrachten Minutenwerte gegebenenfalls um einige Minuten nach oben korrigierbar seien. Da aber alle drei Gutachter den täglichen Hilfebedarf der Tochter des Klägers zwischen 20 und 25 Minuten eingeschätzt hätten, komme es für die Entscheidung auf den exakten Wert nicht mehr an, da der für die Pflegestufe I erforderliche Zeitaufwand von mehr als 45 Minuten auf jeden Fall bei weitem nicht erreicht werde.
Gegen diese seinen Prozessbevollmächtigten am 24. Mai 2011 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 24. Mai 2011 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung des Klägers.
Zur Begründung trägt er vor: Das vom Sozialgericht zugrunde gelegte Gutachten sei fehlerhaft. Im Bereich der Körperpflege seien weitere Hilfen beim Waschen Hände/Gesicht mit einem Bedarf von 12x tagsüber und 6x nachts zu jeweils 5 Minuten unberücksichtigt geblieben. Vor jeder Blutzuckermessung sei eine gründliche Reinigung der Hände mit Seife und Bürste erforderlich. Dabei handele es sich entgegen der Darstellung des Sachverständigen Dr. Dr. P nicht um eine krankheitsspezifische Pflegemaßnahme, sondern um eine Maßnahme der Grundpflege. Beim Baden betrage der Mehraufwand über die in Ansatz gebrachten 5 Minuten hinaus weitere 15 Minuten täglich. Weiterer Mehraufwand von 18 Minuten täglich bestehe bei der Zahnpflege. Was den Mehraufwand für das Windelwechseln betreffe, so sei dieser zwar in der Zeit seit Antragstellung zurückgegangen. Nach wie vor setze bei L jedoch bei regelmäßigen Blutzuckerwerten von 160 mg/dl eine Harnflut ein, die weiteren Pflegeaufwand erfordere. Die im erstinstanzlichen Termin anerkannten 5 Minuten täglich seien insoweit nicht ausreichend. Auch im Bereich der Ernährung sei der Zeitansatz von Dr. Dr. P nicht ausreichend; vielmehr seien 40 Minuten täglich zu veranschlagen. In gleichem Umfang bestehe bisher nicht berücksichtigter Hilfebedarf im Bereich der Mobilität (An- und Ausziehen zwecks Überprüfung von Lage und Funktionstüchtigkeit des Pumpenkatheters). Auch die weiteren Zeitansätze für das An- und Auskleiden seien zu gering bemessen. Insgesamt werde die Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens beantragt.
Was die rechtliche Zuordnung einzelner Verrichtungen betreffe, so sei die bisherige Rechtsprechung des BSG inzwischen überholt. Das Urteil vom 28. Mai 2003 (B 3 P 6/02 R, SozR4-3300 § 15 Nr. 1) könne keine Anwendung finden auf die bei der Tochter des Klägers angewandte heutige moderne Insulintherapie, bei der keine zeitliche oder sachliche Entkoppelung zwischen Blutzuckermessung, Insulinapplikation und Nahrungsaufnahme mehr stattfinde.
Wegen der weiteren Berufungsbegründung im Einzelnen wird insbesondere auf die Schriftsätze des Klägers vom 24. Juni 2011 und vom 21. Februar 2013 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 19. Mai 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für seine 2007 geborene Tochter L B Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I ab dem 26. Mai 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt das angefochtene Urteil und hält an ihrer bisher vertretenen Rechtsauffassung fest.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 16. Februar 2012 sind die Beteiligten unter Bezugnahme auf das Urteil des BSG vom 22. August 2001 (B 3 P 4/01 R) darauf hingewiesen worden, dass der Senat bisher keinen Anlass sehe, im Berufungsverfahren ein gerichtliches Gutachten einzuholen. Der Kläger hält eine Begutachtung weiterhin für erforderlich, weil die bisherigen Gutachten aus seiner Sicht von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen; die Beklagte hält den Hinweis des Senats für zutreffend.
Dem Senat haben die Gerichtsakten einschließlich der von der Beklagten zur Akte gereichten Vorgänge vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.
&8195;
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungsbegründung führt zu keiner anderen Beurteilung.
Zutreffend ist das Sozialgericht von der Aktivlegitimation des Klägers ausgegangen, obwohl es um Leistungen für seine Tochter geht. Denn Leistungsansprüche aus dem Versicherungsvertrag stehen allein dem Kläger und nicht seiner Tochter als eigenes Recht zu. Dies ergibt sich aus dem Versicherungsvertrag i.V.m. § 193 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung (zuvor § 178a Abs. 1 und 3 VVG a.F.). Rechtsinhaber ist danach allein der Versicherungsnehmer, auch wenn es sich nicht um einen ihn selbst betreffenden Versicherungsfall handelt, sondern um den einer dritten Person, für die der Versicherungsnehmer die Leistungsverpflichtung übernommen hat. Aus dieser Aktivlegitimation folgt das prozessuale Recht des Klägers, den Anspruch zugunsten seiner Tochter in eigenem Namen geltend zu machen (vgl. BSG, Urteil vom 13. Mai 2004, B 3 P 7/03 R, SozR 4-3300 § 23 Nr. 2 m.w.N.).
Anspruchsgrundlage ist § 192 Abs. 6 VVG in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung (zuvor § 178b Abs. 4 VVG a.F.) i.V.m. dem zwischen den Beteiligten bestehenden Vertrag über eine private Pflegepflichtversicherung und den diesem Vertrag zu Grunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Bedingungsteil MP/PPV) sowie dem Tarif PV für die private Pflegepflichtversicherung. Die hier maßgeblichen MB/PPV 2009 sehen Leistungen der privaten Pflegeversicherung vor, die nach Art und Umfang mit den Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XI gleichwertig sind.
Die Tochter des Klägers erfüllt nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens die Voraussetzungen der Pflegestufe I (§ 1 Abs. 6 MB/PPV, entsprechend § 14 Abs. 1 SGB XI) nicht. Danach sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 1 Abs. 8 MB/PPV, entsprechend § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI). Bei Kindern ist für die Zuordnung zu einer Pflegestufe der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend (§ 1 Abs. 7 MB/PPV, entsprechend § 15 Abs. 2 SGB XI). Für die Grundpflege kommt es auf den Hilfebedarf bei den sog. Katalogverrichtungen an, die in § 1 Abs. 5 MB/PPV, entsprechend § 14 Abs. 4 SGB XI, aufgeführt sind.
Nach diesen Maßstäben erreicht die bei der Tochter des Klägers erforderliche Grundpflege nicht das für die Zuordnung zur Pflegestufe I erforderliche Maß von mehr als 45 Minuten. Dies ergibt sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter besonderer Berücksichtigung der M -Gutachten vom 17. Juli 2009 und 16. Februar 2010 sowie des im erstinstanzlichen Verfahren von Dr. Dr. P erstatteten Gutachtens vom 11. Mai 2011. Der Hilfebedarf in der Grundpflege (Mehrbedarf gegenüber einem gleichaltrigen gesunden Kind) wird darin mit 25, 20 und 18 + 5 = 23 Minuten bewertet. Bei allen Unterschieden im Detail kommen alle drei Gutachten übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass Hilfebedarf von mehr als 45 Minuten bei weitem nicht besteht. Die Ergebnisse der Gutachten hält der Senat aus den vom Sozialgericht genannten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden kann, für überzeugend. Die hiergegen vom Kläger vorgebrachten Einwendungen überzeugen nicht; die von ihm in Ansatz gebrachten deutlich höheren Werte vermögen den erforderlichen Hilfebedarf nicht zu begründen. Auch dies hat das Sozialgericht zutreffend entschieden; auf die Gründe des angefochtenen Urteils kann auch insoweit verwiesen werden.
Im Berufungsverfahren hat der Senat keinen Anlass gesehen, ein ergänzendes Gutachten einzuholen. Dies ist den Beteiligten bereits mit Verfügung vom 16. Februar 2012 mitgeteilt worden. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BSG, wonach in der privaten Pflegeversicherung Versicherer und Versicherungsnehmer an die Feststellungen eines nach Maßgabe der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung tätig gewordenen Sachverständigen zum Grad der Pflegebedürftigkeit gebunden sind, soweit diese nicht offenbar von der wirklichen Sachlage abweichen (vgl. Urteil vom 22. August 2001, B 3 P 4/01 R). Für Letzteres sieht der Senat - zumal unter Berücksichtigung des von Dr. Dr. P im erstinstanzlichen Verfahren erstatteten Gutachtens - keine hinreichenden Anhaltspunkte.
Zwar hat der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter dieser Auffassung unter Bezugnahme auf den von ihm angenommenen deutlich höheren Pflegebedarf widersprochen; zur Überzeugung des Senats ist allerdings auch unter Berücksichtigung des weiteren klägerseitigen Vorbringens hieran festzuhalten. Soweit die zitierte BSG-Rechtsprechung sich auf § 64 Abs. 1 VVG in der bis Ende 2008 geltenden Fassung bezogen hat, ist die darin enthaltene Regelung ab 1. Januar 2009 in § 84 Abs. 1 VVG übernommen worden, so dass sich insoweit keine Änderungen ergeben.
Zur Berufungsbegründung wiederholt und vertieft der Kläger im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen, mit dem sich das Sozialgericht unter Hinweis auf Rechtsprechung des BSG bereits auseinandergesetzt hat. Soweit der Kläger nunmehr (Schriftsatz vom 13. Februar 2013) meint, das BSG-Urteil vom 28. Mai 2003 (a.a.O.) könne angesichts der bei L angewendeten heutigen modernen Insulintherapie hier keine Anwendung mehr finden, hält der Senat das nicht für überzeugend. Das BSG hat in der zitierten Entscheidung unter Bezugnahme auf frühere Rechtsprechung Blutzucker- und Urinwertmessungen, entsprechende Tagebucheintragungen und Insulininjektionen grundsätzlich nicht als Pflegebedarf anerkannt, weil sie nicht "verrichtungsbezogen" seien, d.h. mit einer der in § 14 Abs. 4 SGB XI genannten, nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers allein "pflegebedarfsrelevanten" Verrichtungen zeitlich und inhaltlich zwingend verbunden seien. Zwar mögen Blutzuckermessung und Insulinapplikation bei der Insulinpumpenversorgung in einem näheren Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme stehen, als dies bei dem zuvor angewendeten Injektionsverfahren der Fall war. Nach wie vor besteht allerdings nach Auffassung des Senats keine "Verrichtungsbezogenheit" in dem Sinne, dass erst Blutzuckermessung und Insulinapplikation der Tochter des Klägers die Nahrungsaufnahme ermöglicht und insoweit erforderliche Hilfen sind. Vielmehr steht insoweit weiterhin die Behandlungspflege im Vordergrund. Wenn die Pflegeperson bei der Nahrungsaufnahme des Kindes kontrolliert, ob die Nahrung im vorgesehenen Umfang aufgenommen wird, begründet auch dies - wie noch zu vertiefen sein wird - keine solche zeitliche und örtliche Bindung, dass dieser Zeitaufwand berücksichtigungsfähig wäre.
Soweit der Kläger die Zeitansätze für weitere Verrichtungen - zum Teil über das erstinstanzliche Vorbringen hinaus - näher konkretisiert, erreichen seine Schilderungen einen Umfang des Hilfebedarfs, der sogar deutlich mehr als die Pflegestufe I begründen würde. Wie bereits im Verfahren vor dem Sozialgericht vermögen die vom Kläger beschriebenen Zeitansätze allerdings nicht zu überzeugen.
Im Bereich der Körperpflege macht der Kläger Mehrbedarf von 88 Minuten täglich für gründliches Reinigen der Hände vor jeder Blutzuckermessung geltend (12x tagsüber, 6x nachts, je 5 Minuten). Abgesehen davon, dass der Wert von 88 Minuten rechnerisch nicht nachzuvollziehen ist, überzeugt dies den Senat schon insoweit nicht, als L nach den Schilderungen im Gutachten Dr. Dr. P Ende 2009 eine Sonde mit Sensor zur Blutzuckermessung implantiert worden ist und wegen einer gewissen Unzuverlässigkeit des Sensorsystems nur noch bis zu fünf "blutige" Messungen erfolgen. Für diese Messungen - und für die vor Implantation des Sensorsystems erfolgten häufigeren Blutzuckermessungen mittels Lanzettenstichs - erfolgt das Händewaschen allerdings - wie Dr. Dr. P ausgeführt hat - weniger als Maßnahme der Körperpflege; vielmehr ist hier ein unmittelbarer Zusammenhang zu einer krankenspezifischen Maßnahme im Sinne einer Behandlungspflege gegeben.
Beim Baden besteht nach dem Gutachten von Dr. Dr. P ein Hilfebedarf im zeitlichen Umfang von 5 Minuten wegen der Abstöpselung von Katheter und Pumpe, Versorgung mit einem wasserfesten Pflaster usw ... Hierzu macht der Kläger weitere 15 Minuten täglich geltend und verweist ergänzend auf das Waschen mit Waschlappen um die Katheterstellen, Abtrocknen bzw. Auswechseln der durchgeweichten Pflaster und Pflege der Einstichstellen mit antibiotischen Salben. Dass der hiermit zusammenhängende Hilfebedarf dem Grunde nach berücksichtigungsfähig ist, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, weil die Grundverrichtung der Körperpflege im Vordergrund steht und die in Rede stehenden Maßnahmen untrennbar mit dem Baden verbunden sind. Der insoweit von Dr. Dr. P zugrunde gelegte Zeitansatz mag recht knapp sein, während die vom Kläger genannten Zeiten überzogen erscheinen. Angesichts der Differenz zwischen dem in den Gutachten insgesamt anerkannten Grundpflegebedarf und dem notwendigen Maß von mehr als 45 Minuten fehlt jedoch eine derart umfängliche Pflegezeit, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I auch durch eine moderate Erhöhung des Hilfebedarfs beim Baden nicht erreicht werden.
Dies gilt auch bei der Einbeziehung eines Mehraufwands im Bereich der Zahnpflege, der im M -Zweitgutachten mit 4 Minuten anerkannt, von Dr. Dr. P jedoch nicht berücksichtigt wurde. Auch hierzu erscheinen allerdings die vom Kläger geltend gemachten Werte von 3x täglich 6 Minuten = 18 Minuten überzogen und nach dem Inhalt der Gutachten nicht nachvollziehbar.
Den Mehraufwand wegen nächtlichen Wasserlassens hat Dr. Dr. P im erstinstanzlichen Verhandlungstermin in Ergänzung seines schriftlichen Gutachtens mit 5 Minuten bewertet. Soweit der Kläger dies in der Berufungsbegründung für nicht ausreichend hält, erscheint sein Vorbringen unsubstantiiert.
Was den Hilfebedarf im Bereich der Ernährung betrifft, gehören Hilfen beim Zusammenstellen, Berechnen, Zubereiten, Abwiegen und Portionieren der Nahrung nicht zur Grundpflege. Zur Grundpflege ist vielmehr nur die Hilfe bei der Nahrungsaufnahme selbst sowie die letzte Vorbereitungsmaßnahme zu zählen, soweit eine solche nach der Fertigstellung der Mahlzeit krankheits- oder behinderungsbedingt noch erforderlich wird (BSG, Urteil vom 16. Dezember 1999, B 3 P 5/98 [juris]). Die portionsgerechte Bemessung und Zuteilung einer Diätnahrung zählt zur hauswirtschaftlichen Versorgung (BSG, Urteil vom 17. Juni 1999, B 3 P 10/98 R, SozR 3-3300 § 15 Nr. 7).
Zu den vom Kläger geltend gemachten Zeiten der vollständigen Beaufsichtigung der Mahlzeiten ist in der BSG-Rechtsprechung anerkannt, dass die aus einer Krankheit herrührende Notwendigkeit, ein diesbezüglich noch nicht ausreichend einsichtsfähiges Kind zur Aufnahme notwendiger Nahrung anzuhalten, einen auf die Verrichtung der Nahrungsaufnahme bezogenen und damit im Bereich der Grundpflege berücksichtigungsfähigen Hilfebedarf begründen kann (Urteil vom 29. April 1999, B 3 P 12/98 R [juris]). Andererseits wird eine Aufsicht zur Verhinderung übermäßigen Essens nicht als Hilfe zur Nahrungsaufnahme und damit auch nicht als Maßnahme der Grundpflege angesehen (BSG, Urteil vom 28. Juni 2001, B 3 P 7/00 R, SozR 3-3300 § 43a Nr. 5). In jedem Fall sind Anleitungen, Überwachungen und Erledigungskontrollen pflegeversicherungsrechtlich nur relevant, wenn sie die Pflegeperson in zeitlicher und örtlicher Hinsicht in gleicher Weise binden wie bei unmittelbarer körperlicher Hilfe und daher dazu führen, dass die Pflegeperson durch die Hilfe an der Erledigung anderer Dinge gehindert ist (vgl. BSG, Urteil vom 26. November 1998, B 3 P 13/97 R, SozR 3-3300 § 14 Nr. 8). In diesem Zusammenhang sind allerdings keine Gründe ersichtlich, weshalb nicht auch bei an Diabetes erkrankten Kindern die erforderliche Anleitung und Beaufsichtigung bei der Nahrungsaufnahme im Rahmen gemeinsamer Mahlzeiten mit den Eltern erfolgen kann (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. Juli 2002, L 3 P 33/01 [juris]). Bei Berücksichtigung aller Umstände hält der Senat den vom Kläger in Ansatz gebrachten Mehraufwand von 4x 10 Minuten täglich = 40 Minuten täglich nicht für nachvollziehbar; berücksichtigungsfähig ist allenfalls der von Dr. Dr. P in Ansatz gebrachte Zeitaufwand für Kontrollen bei der Nahrungsaufnahme und das gelegentliche nächtliche Anreichen von Flüssigkeit in einer Größenordnung von insgesamt 11 Minuten. Ob der Senat diesen Zeitansatz übernimmt oder derartige Hilfen - wie das Sozialgericht gemeint hat - für nicht berücksichtigungsfähig hält, kann letztlich offen bleiben, weil auch bei Berücksichtigung der von Dr. Dr. P geschätzten 11 Minuten das für die Pflegestufe I erforderliche Hilfe¬maß insgesamt nicht erreicht wird.
Im Bereich der Mobilität macht der Kläger über den von Dr. Dr. P anerkannten Mehraufwand hinaus Hilfen für das mindestens zehnmalige Aus- und Ankleiden zwecks Überprüfung von Lage und Funktionstüchtigkeit des Pumpenkatheters besonders vor und nach Spiel und Tollen geltend. Die sog. Katalogverrichtungen im Bereich der Mobilität umfassen jedoch nur das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, das An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Die hier geltend gemachten Hilfen haben allerdings eher einen Bezug zur Behandlungspflege (Versorgung mit dem Pumpenkatheter und dessen Überprüfung) als zu den genannten Katalogverrichtungen und können insoweit zur Überzeugung des Senats nicht berücksichtigt werden (vgl. zum An- und Auskleiden allg. Beurteilungsrichtlinien S. 71).
Den darüber hinaus von dem Kläger beschriebenen Mehraufwand hinsichtlich des An- und Auskleidens von 30 Minuten je Nacht (Wäschewechsel wegen starken Schwitzens) vermag der Senat jedenfalls in dieser Größenordnung nicht nachzuvollziehen. Dr. Dr. P hat insoweit für einen zwei bis drei Mal wöchentlich erfolgenden Wechsel von Nachtwäsche einen tagesdurchschnittlichen Pflegebedarf von 2 Minuten in Ansatz gebracht; dies erscheint eher realistisch.
Zusammenfassend vermag der Senat nicht von einer offensichtlichen Fehlentscheidung der bisher tätig gewordenen Sachverständigen auszugehen, die nach den Maßstäben der BSG-Rechtsprechung (Urteil vom 13. Mai 2004, a.a.O. Rz. 27) Anlass geben könnte, das Ergebnis zu korrigieren. Nach Auffassung des Senats besteht weder Anlass zur Einholung eines weiteren Gutachtens, noch ist das Ergebnis im Wege der richterlichen Schätzung des Hilfebedarfs (vgl. dazu BSG, Urteil vom 28. Mai 2003, a.a.O.) zu korrigieren. Angesichts dessen kann die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach der geltenden Gesetzesfassung gilt der Ausschluss der Erstattungsfähigkeit nach § 193 Abs. 4 SGG auch für private Pflegeversicherungsunternehmen (vgl. allg. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 193 Rz. 3b).
Der Senat hat keinen Anlass gesehen, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen.
Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung für die 2007 geborene Tochter L des Klägers, die an einem Diabetes mellitus Typ I leidet.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Versicherungsnehmer privat pflegeversichert. Sein Versicherungsschutz in der Pflegepflichtversicherung umfasst Leistungen für die häusliche und stationäre Pflege der Tochter L (Tarif PVN).
Am 26. Mai 2009 beantragte der Kläger für L die Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung. Dazu machte er detaillierte Angaben zu dem aus seiner Sicht bestehenden Pflegebedarf. Die Beklagte ließ die M Gesellschaft für medizinische Gutachten zur Pflegebedürftigkeit der Tochter Stellung nehmen. Der Arzt für Radiologie B kam in seinem Gutachten vom 17. Juli 2009 nach einem Hausbesuch zu einem Grundpflegemehraufwand gegenüber gleichaltrigen gesunden Kindern von 25 Minuten (Körperpflege: Windelwechsel 20 Minuten, Mobilität - An- und Auskleiden, Kleidungswechsel nach Einnässen - 5 Minuten). Den hauswirtschaftlichen Mehraufwand veranschlagte der Gutachter auf 45 Minuten; der von ihm beschriebene Pflegebedarf (Mehraufwand) betrug somit insgesamt 70 Minuten.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung mit Schreiben vom 4. August 2009 ab. Mit anwaltlichem Schreiben vom 21. August 2009 rügte der Kläger, dass seine Ausführungen zur Begründung des Leistungsantrags weitgehend unberücksichtigt geblieben seien. Mit weiterem Schreiben vom 8. Dezember 2008 machte der Kläger noch einmal im Einzelnen folgenden aus seiner Sicht bestehenden Pflegemehraufwand geltend:
- Reinigung der Hände vor jedem Blutzuckermessen 18 x 5 = 90 Minuten - Baden (Abstöpseln von Katheter und Pumpe) 20 Minuten - Zahnpflege 30 Minuten - Windelwechseln 50 Minuten - mundgerechte Zubereitung der Nahrung 120 Minuten - An- und Auskleiden &61550; tagsüber bei Windelwechsel 4 x 5 = 20 Minuten, &61550; nachts wegen Einnässens 25 Minuten &61550; nachts wegen "Verkleckerns" von Apfelsaft 30 Minuten &61550; tagsüber und nachts zusätzliches Umziehen wegen starken Schwitzens 4 x 10 = 40 Minuten &61550; tagsüber 10x An- und Ausziehen zwecks Überprüfung von Lage und Funktion des Pumpenkatheters, insbesondere vor / nach Spielen und Tollen
Hierzu ließ die Beklagte M erneut gutachtlich Stellung nehmen. Der Arzt Dr. Ba beschrieb in seinem Gutachten vom 16. Februar 2010 - wiederum nach Durchführung eines Hausbesuchs - neben altersgemäßem Pflegebedarf einen Pflegemehraufwand von insgesamt 65 Minuten (Grundpflege 20 Minuten [Zahnpflege 4 Minuten, Darm- und Blasenentleerung 10 Minuten, mundgerechte Zubereitung der Nahrung 4 Minuten, Aufnahme der Nahrung 2 Minuten]; Hauswirtschaft 45 Minuten). Mit Schreiben vom 25. Februar 2010 teilte die Beklagte daraufhin mit, dass es wegen fehlender Änderung der Pflegestufe bei der Leistungsversagung bleiben müsse.
Der Kläger hat am 9. August 2010 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass die Beklagte von einem zu geringen Pflegebedarf ausgegangen sei. Die Voraussetzungen der Pflegestufe I seien erfüllt.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für seine 2007 geborene Tochter L B Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I ab dem 26. Mai 2009 zu gewähren.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Inhalt der eingeholten Gutachten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat einen Befund- und Behandlungsbericht des U S -H vom 24. November 2010 eingeholt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 19. Mai 2011 hat das Sozialgericht den Facharzt für Rechtsmedizin und Öffentliches Gesundheitswesen (Sozialmedizin) Dr. Dr. P als medizinischen Sachverständigen zu Fragen des bei der Tochter des Klägers vorliegenden Hilfebedarfs gehört. Wegen der Beweisfragen wird auf die Anlage zur Ladungsverfügung vom 28. März 2011 und wegen der Ergebnisse der Beweisaufnahme auf die schriftliche Zusammenfassung des Gutachtens vom 11. Mai 2011 sowie auf die Verhandlungsniederschrift vom 19. Mai 2011 Bezug genommen. Zusammenfassend hat Dr. Dr. P in seinem schriftlichen Gutachten im Bereich der Grundpflege einen Hilfebedarf von 18 Minuten (Körperpflege 5 Minuten, Ernährung 11 Minuten und Mobilität - An- und Auskleiden - 2 Minuten) beschrieben. Zu Protokoll des Gerichts hat er zusätzlich erklärt, dass auch ein Aufwand von 5 Minuten täglich für Hilfen beim Wasserlassen zu berücksichtigen sei. Die Hilfen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung hat Dr. Dr. P mit 45 Minuten veranschlagt, so dass er einen Gesamthilfebedarf von 63 bzw. 68 Minuten errechnet hat.
Mit Urteil vom selben Tage hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger, der insoweit aktivlegitimiert sei, habe keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung für seine Tochter L nach der Pflegestufe I. Die - in dem Urteil im Einzelnen beschriebenen - Voraussetzungen der Pflegestufe I seien nicht erfüllt; der Hilfebedarf in der Grundpflege erreiche nicht das erforderliche Maß von mehr als 45 Minuten. Dr. Dr. P habe insoweit einen zusätzlichen Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind von 23 Minuten festgestellt und dabei Hilfen beim Baden, bei der Beaufsichtigung und Anleitung der Nahrungsaufnahme, dem 2 - 3 x wöchentlich anfallenden nächtlichen Wechseln der Kleidung sowie 1 x täglich zusätzlich beim Wasserlassen berücksichtigt. Die weiteren vom Kläger vorgetragenen Maßnahmen habe der Sachverständige nicht als Pflegemaßnahmen im Sinne der Pflegeversicherung angenommen. Das Gutachten sei für die Kammer vom Ergebnis her nachvollziehbar und überzeugend. Das Abstöpseln von Katheter und Pumpe und die Versorgung mit wasserdichtem Pflaster beim Baden sei als verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahme zu berücksichtigen. Ebenso nachvollziehbar sei für die Kammer der gelegentliche nächtliche Bekleidungswechsel wegen Schwitzens und die Hilfe beim Wasserlassen wegen der erkrankungsbedingten Harnflut. Folgende Hilfen seien allerdings nicht der Grundpflege zuzuordnen: Das Händewaschen vor jeder Blutzuckermessung sei Bestandteil der medizinischen Behandlung, Gleiches gelte für das Zähneputzen nach erkrankungsbedingt erforderlicher Verabreichung von Apfelsaft. Die Beaufsichtigung der Nahrungsaufnahme sei nicht zu berücksichtigen, weil eine Überwachung der Nahrungsaufnahme im Sinne der ständigen Gebundenheit der Pflegeperson für die Kammer nicht erkennbar sei. Insoweit folge die Kammer der Einschätzung des Sachverständigen Dr. Dr. P nicht. Hinsichtlich der Vorbereitung der Nahrung, Blutzuckermessungen und Insulingaben im Übrigen verweise die Kammer auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. Dezember 1999, B 3 P 5/98 R. Das Überprüfen von Lage und Funktion des Pumpenkatheters vor und nach dem Spielen stehe in keinem Zusammenhang mit den in § 1 Abs. 5 MB/PPV aufgezählten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen. Es sei der Kammer durchaus bewusst, dass die von Dr. Dr. P und den M -Gutachtern im Einzelnen in Ansatz gebrachten Minutenwerte gegebenenfalls um einige Minuten nach oben korrigierbar seien. Da aber alle drei Gutachter den täglichen Hilfebedarf der Tochter des Klägers zwischen 20 und 25 Minuten eingeschätzt hätten, komme es für die Entscheidung auf den exakten Wert nicht mehr an, da der für die Pflegestufe I erforderliche Zeitaufwand von mehr als 45 Minuten auf jeden Fall bei weitem nicht erreicht werde.
Gegen diese seinen Prozessbevollmächtigten am 24. Mai 2011 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 24. Mai 2011 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung des Klägers.
Zur Begründung trägt er vor: Das vom Sozialgericht zugrunde gelegte Gutachten sei fehlerhaft. Im Bereich der Körperpflege seien weitere Hilfen beim Waschen Hände/Gesicht mit einem Bedarf von 12x tagsüber und 6x nachts zu jeweils 5 Minuten unberücksichtigt geblieben. Vor jeder Blutzuckermessung sei eine gründliche Reinigung der Hände mit Seife und Bürste erforderlich. Dabei handele es sich entgegen der Darstellung des Sachverständigen Dr. Dr. P nicht um eine krankheitsspezifische Pflegemaßnahme, sondern um eine Maßnahme der Grundpflege. Beim Baden betrage der Mehraufwand über die in Ansatz gebrachten 5 Minuten hinaus weitere 15 Minuten täglich. Weiterer Mehraufwand von 18 Minuten täglich bestehe bei der Zahnpflege. Was den Mehraufwand für das Windelwechseln betreffe, so sei dieser zwar in der Zeit seit Antragstellung zurückgegangen. Nach wie vor setze bei L jedoch bei regelmäßigen Blutzuckerwerten von 160 mg/dl eine Harnflut ein, die weiteren Pflegeaufwand erfordere. Die im erstinstanzlichen Termin anerkannten 5 Minuten täglich seien insoweit nicht ausreichend. Auch im Bereich der Ernährung sei der Zeitansatz von Dr. Dr. P nicht ausreichend; vielmehr seien 40 Minuten täglich zu veranschlagen. In gleichem Umfang bestehe bisher nicht berücksichtigter Hilfebedarf im Bereich der Mobilität (An- und Ausziehen zwecks Überprüfung von Lage und Funktionstüchtigkeit des Pumpenkatheters). Auch die weiteren Zeitansätze für das An- und Auskleiden seien zu gering bemessen. Insgesamt werde die Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens beantragt.
Was die rechtliche Zuordnung einzelner Verrichtungen betreffe, so sei die bisherige Rechtsprechung des BSG inzwischen überholt. Das Urteil vom 28. Mai 2003 (B 3 P 6/02 R, SozR4-3300 § 15 Nr. 1) könne keine Anwendung finden auf die bei der Tochter des Klägers angewandte heutige moderne Insulintherapie, bei der keine zeitliche oder sachliche Entkoppelung zwischen Blutzuckermessung, Insulinapplikation und Nahrungsaufnahme mehr stattfinde.
Wegen der weiteren Berufungsbegründung im Einzelnen wird insbesondere auf die Schriftsätze des Klägers vom 24. Juni 2011 und vom 21. Februar 2013 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 19. Mai 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für seine 2007 geborene Tochter L B Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I ab dem 26. Mai 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt das angefochtene Urteil und hält an ihrer bisher vertretenen Rechtsauffassung fest.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 16. Februar 2012 sind die Beteiligten unter Bezugnahme auf das Urteil des BSG vom 22. August 2001 (B 3 P 4/01 R) darauf hingewiesen worden, dass der Senat bisher keinen Anlass sehe, im Berufungsverfahren ein gerichtliches Gutachten einzuholen. Der Kläger hält eine Begutachtung weiterhin für erforderlich, weil die bisherigen Gutachten aus seiner Sicht von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen; die Beklagte hält den Hinweis des Senats für zutreffend.
Dem Senat haben die Gerichtsakten einschließlich der von der Beklagten zur Akte gereichten Vorgänge vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungsbegründung führt zu keiner anderen Beurteilung.
Zutreffend ist das Sozialgericht von der Aktivlegitimation des Klägers ausgegangen, obwohl es um Leistungen für seine Tochter geht. Denn Leistungsansprüche aus dem Versicherungsvertrag stehen allein dem Kläger und nicht seiner Tochter als eigenes Recht zu. Dies ergibt sich aus dem Versicherungsvertrag i.V.m. § 193 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung (zuvor § 178a Abs. 1 und 3 VVG a.F.). Rechtsinhaber ist danach allein der Versicherungsnehmer, auch wenn es sich nicht um einen ihn selbst betreffenden Versicherungsfall handelt, sondern um den einer dritten Person, für die der Versicherungsnehmer die Leistungsverpflichtung übernommen hat. Aus dieser Aktivlegitimation folgt das prozessuale Recht des Klägers, den Anspruch zugunsten seiner Tochter in eigenem Namen geltend zu machen (vgl. BSG, Urteil vom 13. Mai 2004, B 3 P 7/03 R, SozR 4-3300 § 23 Nr. 2 m.w.N.).
Anspruchsgrundlage ist § 192 Abs. 6 VVG in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung (zuvor § 178b Abs. 4 VVG a.F.) i.V.m. dem zwischen den Beteiligten bestehenden Vertrag über eine private Pflegepflichtversicherung und den diesem Vertrag zu Grunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Bedingungsteil MP/PPV) sowie dem Tarif PV für die private Pflegepflichtversicherung. Die hier maßgeblichen MB/PPV 2009 sehen Leistungen der privaten Pflegeversicherung vor, die nach Art und Umfang mit den Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XI gleichwertig sind.
Die Tochter des Klägers erfüllt nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens die Voraussetzungen der Pflegestufe I (§ 1 Abs. 6 MB/PPV, entsprechend § 14 Abs. 1 SGB XI) nicht. Danach sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 1 Abs. 8 MB/PPV, entsprechend § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI). Bei Kindern ist für die Zuordnung zu einer Pflegestufe der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend (§ 1 Abs. 7 MB/PPV, entsprechend § 15 Abs. 2 SGB XI). Für die Grundpflege kommt es auf den Hilfebedarf bei den sog. Katalogverrichtungen an, die in § 1 Abs. 5 MB/PPV, entsprechend § 14 Abs. 4 SGB XI, aufgeführt sind.
Nach diesen Maßstäben erreicht die bei der Tochter des Klägers erforderliche Grundpflege nicht das für die Zuordnung zur Pflegestufe I erforderliche Maß von mehr als 45 Minuten. Dies ergibt sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens unter besonderer Berücksichtigung der M -Gutachten vom 17. Juli 2009 und 16. Februar 2010 sowie des im erstinstanzlichen Verfahren von Dr. Dr. P erstatteten Gutachtens vom 11. Mai 2011. Der Hilfebedarf in der Grundpflege (Mehrbedarf gegenüber einem gleichaltrigen gesunden Kind) wird darin mit 25, 20 und 18 + 5 = 23 Minuten bewertet. Bei allen Unterschieden im Detail kommen alle drei Gutachten übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass Hilfebedarf von mehr als 45 Minuten bei weitem nicht besteht. Die Ergebnisse der Gutachten hält der Senat aus den vom Sozialgericht genannten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden kann, für überzeugend. Die hiergegen vom Kläger vorgebrachten Einwendungen überzeugen nicht; die von ihm in Ansatz gebrachten deutlich höheren Werte vermögen den erforderlichen Hilfebedarf nicht zu begründen. Auch dies hat das Sozialgericht zutreffend entschieden; auf die Gründe des angefochtenen Urteils kann auch insoweit verwiesen werden.
Im Berufungsverfahren hat der Senat keinen Anlass gesehen, ein ergänzendes Gutachten einzuholen. Dies ist den Beteiligten bereits mit Verfügung vom 16. Februar 2012 mitgeteilt worden. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des BSG, wonach in der privaten Pflegeversicherung Versicherer und Versicherungsnehmer an die Feststellungen eines nach Maßgabe der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegeversicherung tätig gewordenen Sachverständigen zum Grad der Pflegebedürftigkeit gebunden sind, soweit diese nicht offenbar von der wirklichen Sachlage abweichen (vgl. Urteil vom 22. August 2001, B 3 P 4/01 R). Für Letzteres sieht der Senat - zumal unter Berücksichtigung des von Dr. Dr. P im erstinstanzlichen Verfahren erstatteten Gutachtens - keine hinreichenden Anhaltspunkte.
Zwar hat der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter dieser Auffassung unter Bezugnahme auf den von ihm angenommenen deutlich höheren Pflegebedarf widersprochen; zur Überzeugung des Senats ist allerdings auch unter Berücksichtigung des weiteren klägerseitigen Vorbringens hieran festzuhalten. Soweit die zitierte BSG-Rechtsprechung sich auf § 64 Abs. 1 VVG in der bis Ende 2008 geltenden Fassung bezogen hat, ist die darin enthaltene Regelung ab 1. Januar 2009 in § 84 Abs. 1 VVG übernommen worden, so dass sich insoweit keine Änderungen ergeben.
Zur Berufungsbegründung wiederholt und vertieft der Kläger im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen, mit dem sich das Sozialgericht unter Hinweis auf Rechtsprechung des BSG bereits auseinandergesetzt hat. Soweit der Kläger nunmehr (Schriftsatz vom 13. Februar 2013) meint, das BSG-Urteil vom 28. Mai 2003 (a.a.O.) könne angesichts der bei L angewendeten heutigen modernen Insulintherapie hier keine Anwendung mehr finden, hält der Senat das nicht für überzeugend. Das BSG hat in der zitierten Entscheidung unter Bezugnahme auf frühere Rechtsprechung Blutzucker- und Urinwertmessungen, entsprechende Tagebucheintragungen und Insulininjektionen grundsätzlich nicht als Pflegebedarf anerkannt, weil sie nicht "verrichtungsbezogen" seien, d.h. mit einer der in § 14 Abs. 4 SGB XI genannten, nach der Grundentscheidung des Gesetzgebers allein "pflegebedarfsrelevanten" Verrichtungen zeitlich und inhaltlich zwingend verbunden seien. Zwar mögen Blutzuckermessung und Insulinapplikation bei der Insulinpumpenversorgung in einem näheren Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme stehen, als dies bei dem zuvor angewendeten Injektionsverfahren der Fall war. Nach wie vor besteht allerdings nach Auffassung des Senats keine "Verrichtungsbezogenheit" in dem Sinne, dass erst Blutzuckermessung und Insulinapplikation der Tochter des Klägers die Nahrungsaufnahme ermöglicht und insoweit erforderliche Hilfen sind. Vielmehr steht insoweit weiterhin die Behandlungspflege im Vordergrund. Wenn die Pflegeperson bei der Nahrungsaufnahme des Kindes kontrolliert, ob die Nahrung im vorgesehenen Umfang aufgenommen wird, begründet auch dies - wie noch zu vertiefen sein wird - keine solche zeitliche und örtliche Bindung, dass dieser Zeitaufwand berücksichtigungsfähig wäre.
Soweit der Kläger die Zeitansätze für weitere Verrichtungen - zum Teil über das erstinstanzliche Vorbringen hinaus - näher konkretisiert, erreichen seine Schilderungen einen Umfang des Hilfebedarfs, der sogar deutlich mehr als die Pflegestufe I begründen würde. Wie bereits im Verfahren vor dem Sozialgericht vermögen die vom Kläger beschriebenen Zeitansätze allerdings nicht zu überzeugen.
Im Bereich der Körperpflege macht der Kläger Mehrbedarf von 88 Minuten täglich für gründliches Reinigen der Hände vor jeder Blutzuckermessung geltend (12x tagsüber, 6x nachts, je 5 Minuten). Abgesehen davon, dass der Wert von 88 Minuten rechnerisch nicht nachzuvollziehen ist, überzeugt dies den Senat schon insoweit nicht, als L nach den Schilderungen im Gutachten Dr. Dr. P Ende 2009 eine Sonde mit Sensor zur Blutzuckermessung implantiert worden ist und wegen einer gewissen Unzuverlässigkeit des Sensorsystems nur noch bis zu fünf "blutige" Messungen erfolgen. Für diese Messungen - und für die vor Implantation des Sensorsystems erfolgten häufigeren Blutzuckermessungen mittels Lanzettenstichs - erfolgt das Händewaschen allerdings - wie Dr. Dr. P ausgeführt hat - weniger als Maßnahme der Körperpflege; vielmehr ist hier ein unmittelbarer Zusammenhang zu einer krankenspezifischen Maßnahme im Sinne einer Behandlungspflege gegeben.
Beim Baden besteht nach dem Gutachten von Dr. Dr. P ein Hilfebedarf im zeitlichen Umfang von 5 Minuten wegen der Abstöpselung von Katheter und Pumpe, Versorgung mit einem wasserfesten Pflaster usw ... Hierzu macht der Kläger weitere 15 Minuten täglich geltend und verweist ergänzend auf das Waschen mit Waschlappen um die Katheterstellen, Abtrocknen bzw. Auswechseln der durchgeweichten Pflaster und Pflege der Einstichstellen mit antibiotischen Salben. Dass der hiermit zusammenhängende Hilfebedarf dem Grunde nach berücksichtigungsfähig ist, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, weil die Grundverrichtung der Körperpflege im Vordergrund steht und die in Rede stehenden Maßnahmen untrennbar mit dem Baden verbunden sind. Der insoweit von Dr. Dr. P zugrunde gelegte Zeitansatz mag recht knapp sein, während die vom Kläger genannten Zeiten überzogen erscheinen. Angesichts der Differenz zwischen dem in den Gutachten insgesamt anerkannten Grundpflegebedarf und dem notwendigen Maß von mehr als 45 Minuten fehlt jedoch eine derart umfängliche Pflegezeit, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I auch durch eine moderate Erhöhung des Hilfebedarfs beim Baden nicht erreicht werden.
Dies gilt auch bei der Einbeziehung eines Mehraufwands im Bereich der Zahnpflege, der im M -Zweitgutachten mit 4 Minuten anerkannt, von Dr. Dr. P jedoch nicht berücksichtigt wurde. Auch hierzu erscheinen allerdings die vom Kläger geltend gemachten Werte von 3x täglich 6 Minuten = 18 Minuten überzogen und nach dem Inhalt der Gutachten nicht nachvollziehbar.
Den Mehraufwand wegen nächtlichen Wasserlassens hat Dr. Dr. P im erstinstanzlichen Verhandlungstermin in Ergänzung seines schriftlichen Gutachtens mit 5 Minuten bewertet. Soweit der Kläger dies in der Berufungsbegründung für nicht ausreichend hält, erscheint sein Vorbringen unsubstantiiert.
Was den Hilfebedarf im Bereich der Ernährung betrifft, gehören Hilfen beim Zusammenstellen, Berechnen, Zubereiten, Abwiegen und Portionieren der Nahrung nicht zur Grundpflege. Zur Grundpflege ist vielmehr nur die Hilfe bei der Nahrungsaufnahme selbst sowie die letzte Vorbereitungsmaßnahme zu zählen, soweit eine solche nach der Fertigstellung der Mahlzeit krankheits- oder behinderungsbedingt noch erforderlich wird (BSG, Urteil vom 16. Dezember 1999, B 3 P 5/98 [juris]). Die portionsgerechte Bemessung und Zuteilung einer Diätnahrung zählt zur hauswirtschaftlichen Versorgung (BSG, Urteil vom 17. Juni 1999, B 3 P 10/98 R, SozR 3-3300 § 15 Nr. 7).
Zu den vom Kläger geltend gemachten Zeiten der vollständigen Beaufsichtigung der Mahlzeiten ist in der BSG-Rechtsprechung anerkannt, dass die aus einer Krankheit herrührende Notwendigkeit, ein diesbezüglich noch nicht ausreichend einsichtsfähiges Kind zur Aufnahme notwendiger Nahrung anzuhalten, einen auf die Verrichtung der Nahrungsaufnahme bezogenen und damit im Bereich der Grundpflege berücksichtigungsfähigen Hilfebedarf begründen kann (Urteil vom 29. April 1999, B 3 P 12/98 R [juris]). Andererseits wird eine Aufsicht zur Verhinderung übermäßigen Essens nicht als Hilfe zur Nahrungsaufnahme und damit auch nicht als Maßnahme der Grundpflege angesehen (BSG, Urteil vom 28. Juni 2001, B 3 P 7/00 R, SozR 3-3300 § 43a Nr. 5). In jedem Fall sind Anleitungen, Überwachungen und Erledigungskontrollen pflegeversicherungsrechtlich nur relevant, wenn sie die Pflegeperson in zeitlicher und örtlicher Hinsicht in gleicher Weise binden wie bei unmittelbarer körperlicher Hilfe und daher dazu führen, dass die Pflegeperson durch die Hilfe an der Erledigung anderer Dinge gehindert ist (vgl. BSG, Urteil vom 26. November 1998, B 3 P 13/97 R, SozR 3-3300 § 14 Nr. 8). In diesem Zusammenhang sind allerdings keine Gründe ersichtlich, weshalb nicht auch bei an Diabetes erkrankten Kindern die erforderliche Anleitung und Beaufsichtigung bei der Nahrungsaufnahme im Rahmen gemeinsamer Mahlzeiten mit den Eltern erfolgen kann (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24. Juli 2002, L 3 P 33/01 [juris]). Bei Berücksichtigung aller Umstände hält der Senat den vom Kläger in Ansatz gebrachten Mehraufwand von 4x 10 Minuten täglich = 40 Minuten täglich nicht für nachvollziehbar; berücksichtigungsfähig ist allenfalls der von Dr. Dr. P in Ansatz gebrachte Zeitaufwand für Kontrollen bei der Nahrungsaufnahme und das gelegentliche nächtliche Anreichen von Flüssigkeit in einer Größenordnung von insgesamt 11 Minuten. Ob der Senat diesen Zeitansatz übernimmt oder derartige Hilfen - wie das Sozialgericht gemeint hat - für nicht berücksichtigungsfähig hält, kann letztlich offen bleiben, weil auch bei Berücksichtigung der von Dr. Dr. P geschätzten 11 Minuten das für die Pflegestufe I erforderliche Hilfe¬maß insgesamt nicht erreicht wird.
Im Bereich der Mobilität macht der Kläger über den von Dr. Dr. P anerkannten Mehraufwand hinaus Hilfen für das mindestens zehnmalige Aus- und Ankleiden zwecks Überprüfung von Lage und Funktionstüchtigkeit des Pumpenkatheters besonders vor und nach Spiel und Tollen geltend. Die sog. Katalogverrichtungen im Bereich der Mobilität umfassen jedoch nur das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, das An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Die hier geltend gemachten Hilfen haben allerdings eher einen Bezug zur Behandlungspflege (Versorgung mit dem Pumpenkatheter und dessen Überprüfung) als zu den genannten Katalogverrichtungen und können insoweit zur Überzeugung des Senats nicht berücksichtigt werden (vgl. zum An- und Auskleiden allg. Beurteilungsrichtlinien S. 71).
Den darüber hinaus von dem Kläger beschriebenen Mehraufwand hinsichtlich des An- und Auskleidens von 30 Minuten je Nacht (Wäschewechsel wegen starken Schwitzens) vermag der Senat jedenfalls in dieser Größenordnung nicht nachzuvollziehen. Dr. Dr. P hat insoweit für einen zwei bis drei Mal wöchentlich erfolgenden Wechsel von Nachtwäsche einen tagesdurchschnittlichen Pflegebedarf von 2 Minuten in Ansatz gebracht; dies erscheint eher realistisch.
Zusammenfassend vermag der Senat nicht von einer offensichtlichen Fehlentscheidung der bisher tätig gewordenen Sachverständigen auszugehen, die nach den Maßstäben der BSG-Rechtsprechung (Urteil vom 13. Mai 2004, a.a.O. Rz. 27) Anlass geben könnte, das Ergebnis zu korrigieren. Nach Auffassung des Senats besteht weder Anlass zur Einholung eines weiteren Gutachtens, noch ist das Ergebnis im Wege der richterlichen Schätzung des Hilfebedarfs (vgl. dazu BSG, Urteil vom 28. Mai 2003, a.a.O.) zu korrigieren. Angesichts dessen kann die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach der geltenden Gesetzesfassung gilt der Ausschluss der Erstattungsfähigkeit nach § 193 Abs. 4 SGG auch für private Pflegeversicherungsunternehmen (vgl. allg. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. § 193 Rz. 3b).
Der Senat hat keinen Anlass gesehen, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen.
Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
Rechtskraft
Aus
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