Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 6163/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 969/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Veranlagung der Klägerin zu den Gefahrtarifen der Beklagten in den Jahren 2005 bis 2011.
Die klagende GmbH ist seit 1980 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik, und nunmehr bei der beklagten Berufsgenossenschaft (im Folgenden einheitlich: die Beklagte) als Mitglied eingetragen. Sie montiert und vertreibt elektrische Antriebe für Garagen- und sonstige Schiebe- und Drehtore sowie Anlagen der Haustechnik (z.B. ferngesteuerte Steckdosen). Dazu bezieht sie eine Reihe von Einzelkomponenten von fremden Herstellungsfirmen und montiert aus den verschiedensten Teilen elektromotorisch betriebene Antriebseinheiten für Rolltore und Garagentore aller Art. Sie bietet Servicetätigkeiten im Außendienst (technische Hilfe bei der Montage und Installation der Antriebseinheiten, ca. 28 Mitarbeiter). Sie unterhält eine Abteilung Lager, Logistik, Vertriebs- und Handelsaußendienst (30-35 Mitarbeiter). Ein Großteil der Mitarbeiter ist im Büro (Handel, Vertrieb, Einkauf, allgemeine Verwaltung) tätig (60 Mitarbeiter). Schließlich besteht eine Abteilung für Entwicklung und Konstruktion mit weiteren 10 Mitarbeitern (jeweils Stand Mitte 2010).
Die Beklagte verabschiedete zum 01.01.2002 einen neuen Gefahrtarif, der bis zum 31.12.2006 Gültigkeit hatte. Darin sind in der Gefahrtarifstelle 602 (Gefahrklasse 4,5) elektrische Kleingeräte sowie in der Gefahrtarifstelle 603 (Gefahrklasse 2,0) Geräte und Anlagen der Nachrichten-, Mess-, Informations- und Medizintechnik, Mikroelektronik, vorgesehen. In der Gefahrtarifstelle 640 (Gefahrklasse 1,0) wurde der kaufmännisch-technisch-verwaltende Teil (Büroteil) der Unternehmen veranlagt. Unter "II. Sonstige Bestimmungen" wurde unter 2. Folgendes geregelt: "Die Veranlagung eines Unternehmens erfolgt grundsätzlich nur zu einer Gefahrtarifstelle. Zu zusätzlichen Gefahrtarifstellen werden nur solche Unternehmen veranlagt, in denen mehr als 10% der Versicherten, mindestens jedoch 5 Versicherte, Tätigkeiten nach einer anderen Gefahrtarifstelle verrichten.[ ]" Eine Ausnahme galt insofern betreffend den kaufmännisch-technisch-verwaltenden Teil der Unternehmen.
In den von der Beklagten herausgegebenen Erläuterungen zum Gefahrtarif 2002 heißt es zur Gefahrtarifstelle 602: - Motoren, Generatoren, Transformatoren mittlerer elektrischer Leistung (größer 0,5 kVA bis 5 kVA) - Wandler, Elektrokohlen und –bürsten, Heizwiderstände, Regler, Elektrowerkzeuge, Kleinwärmegeräte - Lichtmaschinen, Anlasser und Komponenten für Zündsysteme, Fahrzeuglüftungs- und Fahrzeugklimatechnik, Vorschaltgeräte - Elektrische Leuchten aller Art (auch Lampen, Scheinwerfer, Fahrzeugleuchten) - Freileitungs-, Fahrleitungs- und Kabelarmaturen - Installationsmaterial für Energieverteilungs- und Fernmeldeanlagen sowie Fahrzeuge aller Art (Schalter, Stecker, Kupplungen, Fassungen, Sicherungen, Schalttafeln) - Elektromotorische und elektrisch beheizte Haushalts- und Wirtschaftsgeräte, Kühl- und Gefriergeräte, Wärmepumpen, Klimageräte, Luftreinigungsgeräte - Brennstoffzellen, Bleiakkumulatoren - Elektrotechnische Werkstätten, die Leistungen wie Hersteller für elektrische Kleingeräte erbringen (Kundendienst), z.B. Elektromaschinenbau-Werkstätten und Werkstätten für Autoelektrik und Kfz Technik, Aus- und Einbau von Strom-, Gas- und Wasserzählern - Komplette (betriebsbereite) Regel- und Steuerungsanlagen (inkl. Schaltschrank) - Facility Management (soweit handwerkliche Tätigkeiten)
Zur Gefahrtarifstelle 603 enthalten die Erläuterungen u.a. folgende Hinweise: - Geräte, Einrichtungen und Bauelemente der Nachrichten-, Telekommunikations-, Fernwirk-, Informations-, Datenübertragungstechnik, Datennetzbetreiber, Betreiber von Mobilfunknetzen - Elektrische und elektronische Mess- und Prüfgeräte - Elektromedizinische und elektrodentale Einrichtungen und Geräte [ ] - Transformatoren und Motoren mit einer Leistung bis 0,5 kVA - Glühlampen [ ] - Bildröhren, Röntgenröhren - Alarmanlagen, Brandmeldeanlagen und Zutrittskontrolleinrichtungen - Sende- und Empfangsgeräte sowie Einrichtungen für den Rundfunk- und Fernsehbetrieb - [ ] - Elektronische Bauteile und Einzelkomponenten für Regel- und Steuerungsanlagen - Elektrische Zeitdienst-, Signal- und Sicherheitsgeräte - Anlagen und Geräte der Fernmess- und Fernwirktechnik (Mess-, Regel-, elektrisch ferngesteuerte Geräte, auch für die Kerntechnik) - Elektronische Bauelemente, Halbleiter und elektronische Geräte - [ ]
Mit Schreiben vom 19.10.2001 befragte die Beklagte die Klägerin zu den Betriebsverhältnissen. Sie gab an, sie stelle elektrische Garagen-, Schiebe- und Drehtorantriebe und Zubehör sowie Funkfernsteuerungen her und setze dieselben instand. In der Herstellung seien 22 Personen, in der Instandsetzung 3 Personen beschäftigt. Im Übrigen seien 8 Personen im Außendienst, drei Personen im Messebau, sieben Personen im Lager und zwei mit der Reinigung beschäftigt. 42 Personen seien dem Büroteil zuzuordnen (Angaben vom 06.11.2001 im Fragebogenvordruck der Beklagten).
Mit Bescheid vom 14.08.2002 veranlagte die Beklagte die Klägerin für die Jahre 2002 bis 2006 zu den Gefahrtarifstellen 602 und 640. In der Folge reichte die Klägerin jährlich Lohnnachweise zu diesen beiden Gefahrtarifstellen ein.
Mit Schreiben vom 20.12.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Vertreterversammlung beschlossen habe, dass der Gefahrtarif bis 31.12.2007 weiterhin gültig bleibe. Die Klägerin werde deshalb weiterhin zu den Gefahrtarifstellen 602 und 640 veranlagt.
Zum 01.01.2008 trat ein neuer Gefahrtarif der Beklagten in Kraft. Darin werden unter der Gefahrtarifstelle 0002 elektrische Kleingeräte mit der Gefahrklasse 4,5 und unter der Tarifstelle 0003 Geräte und Anlagen der Nachrichten-, Mess-, Informations- und Medizintechnik, Mikroelektronik mit der Gefahrklasse 2,0 veranlagt. Unter Gefahrtarifstelle 0099 (Gefahrklasse 1,0) wird der kaufmännisch-/technisch-verwaltende Teil der Unternehmen zusammengefasst. Unter II. Sonstige Bestimmungen findet sich folgende Spezifizierung: "Zu zusätzlichen Gefahrtarifstellen des Teil I werden nur solche Unternehmen veranlagt, in denen mehr als 10% der den Gefahrtarifstellen 1 – 27 zuzurechnenden Versicherten Tätigkeiten nach einer anderen Gefahrtarifstelle verrichten. [ ]"
Im Anhang zum Gefahrtarif ab 01.01.2008 werden Kennziffern für fremdartige Nebenunternehmen aufgeführt. Unter Nr. 1009 wird der Handel mit Elektrogeräten einschl. Lampen, Leuchten und Haushaltswaren, Kfz-Zubehör (Gefahrenklasse 2,5) und unter 1011 der Groß- und Einzelhandel ohne Warenumschlag, Lager und Verkaufsgeschäft, Handel mit Strom (Gefahrklasse 1,0) aufgelistet. Die von der Beklagten herausgegebenen Erläuterungen zur Gefahrtarifstelle 0002 entsprechen den Erläuterungen zur Gefahrtarifstelle 602 des Gefahrtarifs 2002, diejenigen zur Gefahrtarifstelle 0003 denjenigen zu 603 des bisherigen Gefahrtarifs.
Mit Schreiben vom 31.08.2007 befragte die Beklagte die Klägerin erneut zu ihren Betriebsverhältnissen. Die Klägerin gab an, 27 Personen seien mit der Herstellung von Garagen- und Hoftorantrieben, vier Personen mit der Herstellung von Funkfernsteuerungen, drei Personen mit der Instandsetzung von Torantrieben für Garagen und Hoftore und eine Person mit der Instandsetzung von Funkfernsteuerungen beschäftigt. 10 Personen seien im Handel mit Torantrieben für Garagen und Hoftore und 60 Personen ausschließlich mit verwaltenden Bürotätigkeiten beschäftigt. Darüber hinaus gebe es 23 Personen im Bereich Entwicklung, Qualitätsmanagement und Personalmanagement und 10 Personen im Bereich Logistik. Insgesamt beschäftige sie 140 Personen (Angaben vom 27.11.2007 im Fragebogenvordruck der Beklagten).
Mit Bescheid vom 28.10.2008 veranlagte die Beklagte die Klägerin ab 01.01.2008 zu den Gefahrtarifstellen 0002, 0099 und 1009.
Mit Schreiben vom 21.12.2009 beantragte die Klägerin die Überprüfung der Veranlagung zum Gefahrtarif. Die Veranlagung zur Gefahrtarifstelle 2 mit der Gefahrklasse 4,5 sei nicht zutreffend. Sie habe einen Exportanteil und reinen Handel von 70%, so dass der Tätigkeitsschwerpunkt im Verkauf liege. Ein Teil der Torantriebe für Garagen und Hoftore werde auf Kundenwunsch aus unterschiedlichen Komponenten wie Steuerungseinheiten, Lichtschranken usw. als eine Einheit montiert. Die einzelnen Komponenten für die Garagentor- und Hoftoranlagen würden überwiegend zugekauft und als Einzelkomponenten oder Komplettanlagen verkauft (Verweis auf die firmeneigene Homepage www.sommer-torantriebe.de). Insofern sei vor allem die Gefahrtarifstelle 1009 maßgeblich. Darüber hinaus sei nie beachtet worden, dass sie auch in die Gefahrtarifstelle 0003 zu veranlagen sei, weil sie auch Funktechnik herstelle und vertreibe. Die Beklagte müsse deshalb für die Jahre 2005 bis 2008 die Veranlagung nach §§ 160 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII), 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ändern. Es errechne sich eine Differenz zu ihren Gunsten von 66.856,37 EUR.
Mit Schreiben vom 12.01.2010 lehnte die Beklagte eine Änderung der bisherigen Entscheidung ab. Eine zusätzliche Veranlagung der Sparte Funktechnik unter die Gefahrtarifstelle 3 sei nicht möglich, weil Voraussetzung für die zusätzliche Veranlagung einer Sparte sei, dass 10% der Beschäftigten, mindestens aber 5 Personen in dieser zusätzlichen Sparte tätig seien. Diese Voraussetzungen seien nach den Angaben der Klägerin nicht erfüllt.
Dagegen wandte sich die Klägerin am 16.02.2010 und bat um Korrektur auch für das Jahr 2007.
Mit Schreiben vom 19.03.2010 lehnte die Beklagte erneut die Änderung der Veranlagung ab. Wartung, Service, Reparatur, Montage und Inbetriebnahme seien nach den Erläuterungen der Gefahrtarifstelle zuzurechnen, der diese dienten. Das gelte auch für den Vertrieb eigener Produkte.
Dagegen wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 09.04.2010, mit dem sie geltend machte, dass sich im Laufe der Jahre der Betrieb so entwickelt habe, dass nunmehr der Handel dominiere.
Mit Schreiben vom 18.04.2010 blieb die Beklagte bei ihrer Auffassung.
Am 11.06.2010 besprachen die Beteiligten bei einer Betriebsbegehung bei der Klägerin die tatsächlichen Verhältnisse. Im Rahmen dieses Gesprächs machte die Klägerin geltend, dass die Antriebe und Rolltore unter die ferngesteuerten, elektronischen Geräte einzuordnen seien und deshalb der Gefahrtarifstelle 0003 zuzuordnen seien.
Mit Schreiben vom 16.06.2010 lehnte die Beklagte die Einordnung der Montage von Garagen- und Rolltoreinheiten unter die Gefahrtarifstelle 0003 ab. Sie seien keine Anlagen der Fernmess- und Fernwirktechnik. Daran ändere die Tatsache, dass die Antriebe durch Handsender ferngesteuert ausgelöst würden, nichts. Dagegen wandte sich die Klägerin am 25.06.2010 mit der Begründung, dass ihr nicht nachvollziehbar sei, warum die Garagenantriebe keine elektrisch ferngesteuerten Geräte seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2010 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.06.2010 zurück.
Mit Bescheid vom 22.09.2010 veranlagte die Beklagte die Klägerin ab 01.01.2008 zusätzlich zur Gefahrtarifstelle 1011. Die Veranlagung zur Gefahrtarifstelle 0002 behielt sie bei.
Am 01.10.2010 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) mit dem Ziel, ihre Veranlagung zum Gefahrtarif ab 2005 bis 2007 und zum Gefahrtarif ab 01.08.2008 zu ändern. Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Ab 01.01.2012 gilt für die Beklagte ein neuer Gefahrtarif, zu dem sie die Klägerin mit Bescheid vom 06.10.2011 und Widerspruchsbescheid vom 19.01.2012 veranlagt hat. Die Klägerin hat die Überweisung an die Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution beantragt. Diesen Antrag hat die Beklagte mit Bescheid vom 09.11.2011 abgelehnt. Den Widerspruch hat sie mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2012 wegen Verfristung als unzulässig verworfen.
Zur Begründung ihrer Klage trug die Klägerin vor, dass sie keine Waren produziere, sondern Einzelkomponenten zukaufe und ergänze. Diverse Produkte würden auch lediglich eingekauft und wiederverkauft. Das sei dem Oberbegriff Großhandel, Produktionsverbindungshandel zuzuordnen. Das sei auch immer angegeben worden und habe spätestens bei einer Lohnbuchprüfung der Beklagten im Jahr 2004 auffallen müssen. Außerdem betreibe sie ein eigenes Hochregallager. Der Unternehmensschwerpunkt Funkfernsteuerungen sei schon deshalb in die Gefahrtarifstelle 603 bzw. 0003 einzustufen, weil ein Teil der Mitarbeiter ausschließlich in der Herstellung derselben beschäftigt sei. Sie habe sich im Bereich der Funk- und Fernwirktechnik spezialisiert und Produkte wie funkferngesteuerte Rollläden, Markisen, Rolltore sowie deren Steuerungseinheiten bildeten ihren Schwerpunkt. Hinzu kämen Sicherheitskontaktleisten, elektronische und optische Sicherheitsleisten, Infrarotschranken, Kameraanlagen usw. Die von der Beklagten angeführten drei Mitarbeiter mit Servicetätigkeiten im Außendienst seien ausschließlich mit der Programmierung von Steuerungseinheiten befasst. Die Produkte würden zu 95% an den Fachhandel bzw. Serviceberater und Verkaufsgeschäfte vor Ort geliefert. Es sei nicht nachvollziehbar, warum funkferngesteuerte angetriebene Garagen- und Rolltoreinheiten sowie die entsprechenden Funkfernsteuerungen der Gefahrtarifstelle 0002 zuzurechnen seien.
Die Beklagte führte dazu aus, die Veranlagung erfolge orientiert am Endprodukt. Vorbereitungs , Fertigstellungs- und Abwicklungsarbeiten würden dem Unternehmensteil zugeordnet, dem sie überwiegend dienten. Die von der Klägerin hergestellten Produkte seien als einheitliches Produkt zu sehen und könnten nicht in ein elektronisches Steuergerät zur Fernsteuerung bzw. Bedienung der Antriebstechnik einerseits und der elektromotorischen Antriebstechnik selbst andererseits aufgeteilt werden. Maßgeblich sei die mechanische und elektrische Antriebstechnik, die wesentlicher Teil des Garagen- oder Werkstorantriebs sei. Die Funkfernsteuerung trete demgegenüber in den Hintergrund.
Mit Urteil vom 20.10.2011 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, Streitgegenstand sei allein die zutreffende Veranlagung zum Gefahrtarif aber nicht deren normative Grundlagen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die (teilweise) Veranlagung zu einem anderen Gefahrtarif. Die Beklagte habe die Veranlagung zum Gefahrtarif, der auf der Zuordnung von Unternehmen zu Gewerbezweigen beruhe, zutreffend vorgenommen. Heranzuziehen sei hier die konkrete Nutzung der Fernsteuerung für den Garagentorantrieb. Die Fernsteuerung entspreche eher einem Schlüssel zu einem Tor, mit dem der Antrieb ausgelöst werden könne. Aus den in der mündlichen Verhandlung mitgeteilten Mitgliedschaften in den Interessenvereinigungen Bundesverband Antriebs- und Steuerungstechnik Tore (BAST) und im Bundesverband Tore lasse sich nichts Anderes herleiten.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 03.02.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am Montag, den 05.03.2012 eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie ausführt, ein elektronischer Garagentorantrieb sei ein Signal- und Sicherheitsgerät. Außerdem sei es unter die Anlagen der Fernwirktechnik einzuordnen. Wenn man der Argumentation der Beklagten folge, so dürften nur Geräte unter diesen Punkt fallen, die noch nie anders als ferngesteuert hergestellt worden seien. Solche könne die Beklagte aber nicht benennen, so dass es keinen Fall gebe, in dem ein Produkt unter die entsprechende Definition im Erläuterungsheft der Beklagten falle. Garagentorantriebe gebe es nicht ohne Fernsteuerung, so dass sie der Fernwirktechnik zuzurechnen seien. Die bei ihr gefertigten Motoren hätten sämtlich eine Leistung von weniger als 500 W (0,5 kVA). Das Garagentor selbst dürfe dabei nicht mitberücksichtigt werden. Außerdem habe die Beklagte ihr Ermessen überschritten. Die Einstufung in die Gefahrtarifstelle 602 bzw. 0002 sei unverhältnismäßig.
Es sei zwar zutreffend, dass der Beklagten bei der Anwendung ihres eigenen Gefahrtarifs ein Gestaltungsspielraum zustehe, diesen habe sie hier aber überschritten. Außerdem habe das SG sich nicht mit ihrer Argumentation auseinandergesetzt, dass sie eigentlich ein Handelsunternehmen führe und deshalb unter den Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution fremdveranlagt werden müsse. Nach der gängigen Einteilung in Primärsektor (=Urproduktion), Sekundärsektor (industrieller Sektor) mit der Verarbeitung von Rohstoffen und Tertiärsektor (Dienstleistungssektor) sei sie in letzteren einzuordnen. Das falle in eine Form des Handels und unterfalle somit der fachlichen Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution, Sparte Großhandel. Das SG habe auch verkannt, dass die Beklagte im ab 01.01.2012 geltenden Gefahrtarif nunmehr in der Gefahrtarifstelle 1302 "Rolltorantriebe" als eigenen Posten aufgenommen habe.
Im Übrigen macht die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag zum Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, 1. Das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.10.2011 aufzuheben sowie die Bescheide vom 12.01.2010, 19.03.2010, 18.04.2010 und 16.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2010 und des Bescheids vom 22.09.2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 28.10.2008 teilweise aufzuheben und die Klägerin vom 01.01.2008 bis 31.12.2011 anstelle der Gefahrtarifstelle 0002 in die Gefahrtarifstelle 0003 (Gefahrklasse 2,0) einzustufen. 2. Das genannte Urteil und die genannten Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Veranlagungsbescheide vom 14.08.2002 und 20.12.2006 teilweise aufzuheben und die Klägerin für die Jahre 2005 bis 2007 anstelle der Gefahrtarifstelle 602 in die Gefahrtarifstelle 603 (Gefahrklasse 2,0) einzustufen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung schließt sie sich dem angefochtenen Urteil an, verweist auf die angefochtenen Bescheide und führt aus, dass es sich bei den von der Klägerin hergestellten Torantrieben um elektrische Kleingeräte handele. Ihr sei bewusst, dass die Klägerin keine Garagentorantriebe herstelle, sondern lediglich montiere. Auch die Montage von Einzelteilen zu kompletten Antriebseinheiten sei unter die Gefahrtarifstelle 0002 zu fassen, weil eine Unterscheidung zwischen Herstellung und Zusammenbau von Einzelkomponenten nicht vorzunehmen sei. Der Gefahrtarif orientiere sich am Endprodukt. Es sei darauf hinzuweisen, dass sowohl der ab 01.01.2008 als auch der ab 01.01.2012 geltende Gefahrtarif genehmigt und gültig sei.
Die Unterscheidung im Gefahrtarif zwischen Motoren unter und über 0,5 kVA beziehe sich ausschließlich auf Motoren. Die Klägerin stelle aber keine isolierten Motoren, sondern vollständige Antriebseinheiten her. Die Herstellung von Antriebseinheiten falle aber unter eine andere Gefahrtarifstelle als die Herstellung von Motoren.
Die Berichterstatterin hat den Rechtsstreit am 06.03.2013 mit den Beteiligten erörtert. Dabei haben die Beteiligten unstreitig gestellt, dass die Veranlagung zu den Gefahrtarifstellen 1009, 1011 und 0099 für die Zeit von 2008 bis 2011 und zu Gefahrtarifstelle 640 für die Zeit von 2005 bis 2007 zutreffend ist. Die Klägerin hat mitgeteilt, ihr Vortrag betreffend den Handel beziehe sich nicht darauf, ob diese Veranlagung zutreffend sei, sondern darauf, dass sie keine Fremdveranlagung im Bezug auf den Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution wolle. Sie hat geltend gemacht, dass die von ihr hergestellten Geräte ungefähr 500 Watt hätten, das entspreche ungefähr 0,5 kVA. Die Berichterstatterin hat darauf hingewiesen, dass Gegenstand des Rechtsstreits nur die Veranlagung für die Jahre 2005 bis 2011 sein könne, weil ab 01.01.2012 ein neuer Gefahrtarif gelte. Dieser Auffassung haben sich die Beteiligten angeschlossen. Sie hat weiterhin darauf hingewiesen, dass der Veranlagungsbescheid vom 22.09.2010 Gegenstand des Rechtsstreits geworden ist. Schließlich hat sie mitgeteilt, dass Erkenntnisse von der Homepage der Klägerin vom Senat in seiner Entscheidung verwertet werden könnten. Sie hat darauf hingewiesen, dass auch die Schreiben vom 12.01.2010, 19.03.2010, 18.04.2010 schon ablehnende Bescheide sein könnten und deshalb in die Antragstellung einbezogen werden sollten. Die Klägerin hat darauf hin ihren Antrag wie angegeben formuliert.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf drei Bände Verwaltungsakten der Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Stuttgart sowie die beim Senat angefallene Akte.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben, ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist – wie das SG zutreffend ausgeführt hat – nicht die Überweisung der Klägerin an eine andere Berufsgenossenschaft, insbesondere an die Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution. Das hat die Klägerin weder im Klage- noch im Berufungsverfahren beantragt. Vielmehr hat sie im Erörterungstermin klargestellt, dass sie nicht zur Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution überwiesen werden möchte. Darüber hinaus hat die Beklagte die Überweisung zwischenzeitlich bestandskräftig abgelehnt.
Gegenstand des Rechtsstreits ist auch nicht mehr die Fremdveranlagung des Unternehmensteils der Klägerin, der sich mit Handel beschäftigt, denn diesem Begehren hat die Beklagte mit Bescheid vom 22.09.2010 stattgegeben und die Klägerin neben der Gefahrtarifstelle 0002 und 0099 auch in die Gefahrtarifstellen 1009 und 1011 eingeordnet. Betreffend die Jahre 2005 bis 2007 hat die Klägerin diesen Vortrag im Erörterungstermin nicht mehr aufrecht erhalten, nachdem sich herausgestellt hatte, dass sie die vornehmlich mit Handel beschäftigten Personen schon in der Vergangenheit bei der Gefahrtarifstelle 640 eingeordnet hatte, so dass eine zusätzliche Veranlagung im Bereich Handel bei der Beitragsberechnung zu ihrem Nachteil gereicht hätte.
Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist schließlich die Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2012, denn mit dieser Veranlagung befassen sich die hier angefochtenen Bescheide nicht. Der auf die neue Gefahrtarifsatzung gestützte Veranlagungsbescheid vom 06.10.2011/Widerspruchsbescheid vom 19.01.2012 ist auch nicht von Gesetzes wegen im vorliegenden Rechtsstreit Streitgegenstand gemäß § 96 SGG geworden, denn der auf eine neue Gefahrtarifperiode gestützte Veranlagungsbescheid ersetzt nicht die von vornherein in ihrer Wirksamkeit auf den mittlerweile abgelaufenen Gefahrtarifzeitraum beschränkten Veranlagungsbescheide (vgl. Urteil des Senats vom 31.08.2012 - L 8 U 1970/10 -, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de). Die Beteiligten führen diesbezüglich einen eigenen Rechtsstreit vor dem SG. Entsprechend hat die Klägerin auch keinen Antrag betreffend die Zeit ab 01.01.2012 im Berufungsverfahren gestellt.
Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide vom 12.01.2010, 19.03.2010, 18.04.2010 und 16.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2010 und des Bescheids vom 22.09.2010. Auch die Schreiben vom 12.01.2010, 19.03.2010 und 18.04.2010 sind neben dem Schreiben vom 16.06.2010, das die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid ausdrücklich in Bezug nahm, als Verwaltungsakt einzuordnen. Nach § 31 Satz 1 SGB X ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Zu unterscheiden sind Verwaltungsakte von bloßen Informationsschreiben. Die Beklagte lehnte in allen Schreiben eine Änderung der Veranlagung zu den Gefahrentarifen 2002, 2007 und 2008 ab dem Jahr 2005 ab und begründete das anhand des Vorbringens der Klägerin. Das konnte aus Sicht eines objektiven Empfängers in der Position der Klägerin nur so verstanden werden, dass die Beklagte damit verbindlich regelte, dass eine Neuveranlagung nicht in Betracht kam. Entsprechend hat die Klägerin sich sinngemäß gegen alle diese Bescheide gewandt und damit Widerspruch eingelegt, über den die Beklagte schließlich -nachdem sie ihre Ablehnung im Bescheid vom 16.06.2010 wiederholt hatte - mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2010 entschied.
Der Bescheid vom 22.09.2010, der zwar vor Klageerhebung aber nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2010 erging, wurde in entsprechender Anwendung des § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreits, denn er ersetzte die Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif ab 01.01.2008, ordnete das Unternehmen der Klägerin einer weiteren Gefahrtarifstelle zu und wiederholte die Einstufung in die hier streitige Gefahrtarifstelle 0002.
Der Aufhebungsantrag richtet sich betreffend die Veranlagung für die Jahre 2005 bis 2007 gegen die Bescheide vom 14.08.2002 und 20.12.2006. Der Bescheid vom 14.08.2002 regelte die Veranlagung der Klägerin für die Jahre 2002 bis 2006. Eine Regelung betreffend das Jahr 2007 traf er ausdrücklich nicht. Das Schreiben vom 20.12.2006 ist als Verwaltungsakt betreffend das Jahr 2007 einzuordnen. Im Schreiben vom 20.12.2006 teilte die Beklagte die Einordnung der Klägerin in den aufgrund eines Beschlusses der Vertreterversammlung der Beklagten fortgeltenden Gefahrtarif mit. Sie brachte damit zum Ausdruck, dass sie an ihrer bisherigen Einstufung zur Gefahrtarifstelle 602 festhalte. Diese Mitteilung kann nur als verbindliche Fortführung der bisherigen Veranlagung auch für das Jahr 2007 verstanden werden. Die Beklagte traf damit eine Regelung der Veranlagung der Klägerin für das Jahr 2007, deren Aufhebung die Klägerin mit ihrer Klage und Berufung verfolgt. Der Antrag der Klägerin im Berufungsverfahren war deshalb sinngemäß so zu fassen, dass sie auch die Aufhebung dieses Bescheids verlangt, denn sie hatte von vorneherein auch eine Änderung der Veranlagung für das Jahr 2007 beantragt und hat selbst das Schreiben der Beklagten vom 20.12.2006 als für das Berufungsverfahren relevante Entscheidung vorgelegt.
Die so umschriebene Berufung ist unbegründet. Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Aufhebung bestandskräftiger Veranlagungsbescheide sind §§ 44 SGB X, 160 Abs. 2 SGB VII. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass desselben das Recht unrichtig angewandt wurde oder von einem Sachverhalt ausgegangen wurde, der sich als unrichtig erweist und deshalb Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Nach § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII wird ein Veranlagungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben, soweit die Veranlagung zu einer zu hohen Gefahrklasse vom Unternehmen nicht zu vertreten ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Klägerin wurde in den Bescheiden vom 14.08.2002, 20.12.2006 und 28.10.2008 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 22.09.2010 nicht zu einer zu hohen Gefahrklasse veranlagt. Die Beklagte hat in diesen Bescheiden weder das Recht, insbesondere ihre Gefahrtarife für die Jahre 2002 bis 2006, 2007 und 2008 bis 2011, unrichtig angewandt noch ist sie (zuletzt im Bescheid vom 22.09.2010) von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen.
Rechtsgrundlage für die Veranlagungsbescheide vom 14.08.2002, 20.12.2006, 28.10.2008 und 22.09.2010 ist § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach veranlagt der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu den Gefahrklassen. Die Vertreterversammlung des Unfallversicherungsträgers (§ 33 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV) setzt dazu gemäß § 157 Abs. 1 SGB VII als autonomes Recht einen Gefahrtarif fest, in dem zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festgestellt werden, § 157 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB VII. Der Gefahrtarif wird nach Gefahrtarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden (§ 157 Abs. 3 SGB VII).
Die Beklagte hat diese gesetzlichen Vorgaben für die hier streitigen Jahre 2005 bis 2011 in der Weise umgesetzt, dass sie als Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen die Gewerbezweige gewählt hat. Die Risikobewertung nach dem Gewerbezweigprinzip ist mit den Zielvorstellungen und den Wertentscheidungen des Gesetzes vereinbar (BSG SozR 4-2700 § 157 Nr. 2). Dagegen bringt die Klägerin auch nichts vor.
Anknüpfungspunkt für die Definition und den Zuschnitt von Gewerbezweigen sind Art und Gegenstand der zu veranlagenden Unternehmen. Da ein gewerbezweigorientierter Gefahrtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Zuordnung zu den Gewerbezweigen auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an, die ihrerseits durch die hergestellten Erzeugnisse, die Produktionsweise, die verwendeten Werkstoffe, die eingesetzten Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen sowie die gesamte Arbeitsumgebung geprägt sind. Die Betrachtung muss alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.11.2008 - L 3 U 38/04, Juris Rn. 31 mwN.). Bestrebungen nach Differenzierung und Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos sind Grenzen gesetzt. Letztlich kann eine Unternehmensart nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen Grundsätzen (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII) berechnen lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einem der im Gefahrtarif ausgewiesenen Gewerbezweige zugeordnet werden. Nach der einem Gewerbezweigtarif innewohnenden Logik kommen dafür aber nur solche Gewerbezweige in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten beherbergen. Eine Zuordnung zu einem Gewerbezweig ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet dagegen aus, weil damit das Gewerbezweigprinzip aufgegeben und die Systementscheidung für einen Gewerbezweigtarif konterkariert würde (vgl. schon Urteil des Senats vom 31.08.2012 - L 8 U 1970/10 - a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte das Unternehmen der Klägerin zutreffend zur Gefahrtarifstelle 602 bzw. 0002 mit der Gefahrenklasse 4,5 eingeordnet. Die Klägerin produziert in elektrische Kleingeräte.
Die Klägerin ist nicht schon deshalb zumindest zusätzlich zur Gefahrtarifstelle 603 bzw. 0003 zu veranlagen, weil sie neben den Antriebseinheiten für Garagen- und Hoftore auch funkgesteuerte Haustechnik montiert und vertreibt. Der Senat teilt nicht die Auffassung der Beklagten, die Montage von funkferngesteuerter Haustechnik wie z.B. funkferngesteuerten Steckdosen unterfalle dem Grunde nach der Gefahrtarifstelle 603 bzw. 003, dem ebenso wie bei Garagentorantriebseinheiten dient die Funkfernsteuerung lediglich dem Gesamtprodukt (z. B. funkferngesteuerte Steckdose) und dient für dieses als Schalter bzw. Schlüssel (s. dazu unten). Deshalb musste der Senat auch nicht der Frage nachgehen, ob die vergleichbaren Regelungen in der Gefahrtarifsatzung 2002 und 2008 (Gefahrtarif 2008 die Ausnahmeregelung unter II. und für die Gefahrtarife 2002 und 2007 die Regelung unter II.2.), wonach Betriebsteile eines Unternehmens zu zusätzlichen Gefahrtarifstellen nur bei einer Beschäftigungsquote von mehr als 10 % in diesem Unternehmensteil führen, mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Der Ausschluss einer zusätzlichen Veranlagung für sehr kleine Betriebsteile kann nicht auf den Grundsatz gestützt werden, dass für einen eigenen Gefahrtarif eine gewisse Größenordnung des damit erfassten Gewerbezweigs erreicht sein muss. Soweit der Gewerbezweig in der Gefahrtarifsatzung berücksichtigt ist und damit eine Risikogemeinschaft gebildet wird, besteht gerade nicht die Schwierigkeit einer versicherungsmathematisch hinreichend abgesicherten Gefahrklassenbestimmung. Vorliegend ist mit der Pauschalierung durch Einführung einer Beschäftigungsquote der Versicherten der Versuch unternommen, für ein in verschiedenen Gewerbezweigen tätiges Mischunternehmen, dessen Betriebsteile nicht nach den Grundsätzen eines Haupt-, Neben- oder Hilfsunternehmens sicher abzugrenzen sind, den Hauptgegenstand des Unternehmens zu bestimmen. Inwiefern die Anzahl der in diesem Unternehmenszweig tätig werdenden Versicherten, die nicht einmal ausschließlich dort tätig sein müssen, hierfür ein rechtlich zulässiges Abgrenzungsmerkmal ist, muss der Senat nicht entscheiden. Es ist deshalb auch unbeachtlich, wenn sich die Beklagte auf diese Regelungen beruft.
Die Klägerin ist nicht deshalb zusätzlich oder ausschließlich der Gefahrtarifstelle 603 bzw. 0003 zuzuordnen, weil sie Geräte und Anlagen der Nachrichten-, Mess-, Informations- und Medizintechnik, Mikroelektronik herstellt. Nach den Erläuterungen der Beklagten gehören zu dieser Gefahrtarifstelle auch die Herstellung von Geräten der Fernwirktechnik oder elektronischer Bauelemente, Halbleiter und elektronischer Geräte d.h. sonstige Geräte der Mikrotechnik. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Produkte der Klägerin unter den Wortlaut dieser Gefahrtarifstelle fallen. Die dort zusammengefassten Unternehmen produzieren Geräte und Anlagen der Nachrichten-, Mess-, Informations- und Medizintechnik oder Mikroelektronik. Die Garagen- und Rolltorantriebe der Klägerin sind - auch nach dem Vortrag der Klägerin - weder Geräte oder Anlagen der Nachrichten- noch der Mess-, Informations- oder Medizintechnik. Es ist auch zweifelhaft, ob sie dem Begriff der Mikroelektronik unterfallen.
Als Mikroelektronik wird der moderne Zweig der Elektronik bezeichnet, der mit dem Entwurf und der Herstellung von integrierten elektronischen Schaltungen mit hoher Dichte der sehr kleinen Bauelemente befasst ist. In der Mikroelektronik werden nur noch integrierte Schaltungen, verwendet d.h. funktionsfähige Schaltungseinheiten, deren Bauelementen mit den sie verbindenden Leitungsbahnen gemeinsam gefertigt werden (Meyers Großes Taschenlexikon, Stichwort: Mikroelektronik). Die Mikroelektronik ist ein Teilgebiet der Elektronik, genauer der Halbleiterelektronik, und der Mikrotechnik. Die Mikroelektronik beschäftigt sich mit dem Entwurf, der Entwicklung und der Herstellung von miniaturisierten, elektronischen Schaltungen, heute vor allem integrierten Schaltungen. Diese auf Halbleitern basierenden Schaltungen nutzen viele elektronische Bauelemente, wie sie auch in normalen elektronischen Schaltungen verwendet werden, beispielsweise Transistoren, Kondensatoren, Dioden und Widerstände.
Die Klägerin produziert im Wesentlichen Antriebseinheiten für Garagentore, mit denen diese ohne menschliche Kraft bewegt werden können. Ob diese Antriebseinheiten die Voraussetzungen der Mikroelektronik erfüllen ist schon deshalb zweifelhaft, weil das Bewegen größerer Gegenstände nicht der typische Anwendungsbereich für diese Technik ist. Die Fernsteuerungen für diese Antriebe beinhalten zwar elektronische Schaltkreise, die den Begriff der Mikroelektronik erfüllen. Jedoch produziert die Klägerin nicht diese Schaltkreise bzw. sonstige auf Halbleiter basierende Schaltungen, sondern sie baut solche in die Funkfernsteuerung ein und programmiert sie.
Insofern haben aber das SG und auch die Beklagte zutreffend ausgeführt, dass bei der Veranlagung zu einem Gefahrtarif nicht jede einzelne Komponente eines Produkts einzeln betrachtet werden kann. Vielmehr ist das vermarktete Endprodukt als Einheit zu betrachten und einem im Gefahrtarif aufgeführten Gewerbe zuzuordnen. Dabei ist zu ermitteln, welche Eigenschaft dem einheitlichen Endprodukt seinen prägenden Charakter gibt. Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Antriebseinheiten der Klägerin im Wesentlichen dazu dienen, dass Garagen- und Rolltore ohne Muskelkraft bewegt werden können. Entsprechend bewirbt die Klägerin auf der von ihr zitierten Homepage auch nicht insbesondere die Sicherheit ihrer Antriebe, sondern die Möglichkeit, ein Tor allein durch eine Fingerbewegung - mittels Zahlencode, Lesegerät für einen Daumenabdruck oder aber Fernsteuerung - bewegen zu können. Die Produkte der Klägerin im Bereich der Antriebstechnik werden also nicht wesentlich durch die Möglichkeit der Fernsteuerung von Garagen- und Rolltoren sowie Schranken, sondern durch deren eigentätige Beweglichkeit geprägt. Entsprechend bestimmen nicht die von der Klägerin zusammengesetzten Fernsteuerungen das Gewerbe der Klägerin, sondern der Bau von Antriebseinheiten mit verschiedenen Schaltmechanismen, die sich als Schlüssel bzw. als Schalter für die Antriebseinheiten darstellen, wie das SG zutreffend angenommen hat.
Fernwirkanlagen sind entweder elektrische Einrichtungen zur Übertragung von Steuerbefehlen und zur Meldung von Schalterstellungen und Betriebszuständen über große Entfernungen oder die Fernübertragung elektrischer und anderer Messwerte über große Entfernungen auf dem Funk- oder Drahtweg (Meyers Großes Taschenlexikon, Stichwort Fernwirkanlagen). Die in den Erläuterungen der Beklagten genannten Geräte der Fernwirktechnik – im Klammerzusatz noch umschrieben mit Mess-, Regel-, elektrische ferngesteuerte Geräte, auch der Kerntechnik – sind daher nicht solche Steuerungseinheiten, die das bloße An-/Ausschalten des Motors (Geräts) ermöglichen, sondern das ferngesteuerte Ingangsetzen von (Wirk-)Prozessen und zwar nur/gerade im Bereich der in der Gefahrtarifstelle mit dem Gewerbezweig umschriebenen Einsatzmöglichkeiten in der Nachrichten-, Mess-, Informations- und Medizintechnik oder in der Mikroelektronik.
Die Fernsteuerungen für elektrisch betriebene Tore sind Komponenten des von der Klägerin hergestellten Endprodukts. Diese geben den Produkten der Klägerin, wie sie selbst auf ihrer Homepage und auch im Laufe des gerichtlichen Verfahren mitgeteilt hat, nicht ihre wesentliche Prägung. Vielmehr ist das Hauptprodukt der Klägerin der elektronische Antrieb der Tore, die ferngesteuerte Auslösung dieses Antrieb hat insofern nur dienenden Charakter und ist nach Darstellung der Klägerin auf ihrer Homepage noch nicht einmal typisch für alle von ihr hergestellten und vertriebenen Torantriebe.
Wie die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung zutreffend ausgeführt hat, beschränkt sich die Herstellung der Klägerin nicht auf die Motoren. Vielmehr kauft sie dieselben nach eigenem Vortrag als Ganzes oder in Komponenten bei anderen Herstellern und fügt sie zu einem vollständigen Produkt "Antriebseinheit" zusammen. Das bedeutet, dass die von der Klägerin genutzten Motoren zwar weniger als 0,5 kVA haben, sich die Herstellung aber nicht auf die Motoren beschränkt. Eine Einordnung unter die Herstellung von Motoren unter 0,5 kVA würde - ähnlich wie die Einordnung unter die Fernwirktechnik ausschließlich wegen der teilweisen Nutzung von Fernsteuerungen - zu einer Einordnung eines Teilproduktes der Klägerin unter den Gefahrtarif führen. Prägend ist aber nicht die Herstellung des Motors sondern der gesamten Antriebseinheit. Diese fällt unter die elektrischen Kleingeräte, vergleichbar mit den in den Erläuterungen zu dieser Gefahrtarifstelle genannten komplett betriebsbereiten Regel- und Steuerungsanlagen.
Sofern die Klägerin vorträgt, dass die Beklagte im neuen, ab 01.01.2012 geltenden Gefahrtarif nunmehr eine eigene Gefahrtarifstelle für Rolltorantriebe vorgesehen hat, hat dieser Vortrag keine Auswirkungen auf den vorliegenden Rechtsstreit. Insbesondere lässt sich aus der Aufnahme dieser Spezifikation nicht darauf schließen, dass die Beklagte im Wege einer Art authentischen Interpretation damit zum Ausdruck bringen wollte, dass schon seit 2005 Rolltorantriebe einem bestimmten Gewerbezweig zuzuordnen waren. Vielmehr spricht die Aufnahme dieser Spezifikation in den neuen - hier nicht zu prüfenden - Gefahrtarif lediglich dafür, dass die Beklagte diesem Gewerbezweig nunmehr eine Bedeutung zumisst, die sie veranlasst hat, eine eigene versicherungsmathematische Berechnung des Schadensrisikos durchzuführen. Auswirkungen für die Vergangenheit hat diese Einschätzung nicht.
Schließlich musste die Beklagte die Einordnung unter die Gefahrtarifstelle 602 bzw. 0002 auch nicht vollständig aufheben, weil der Betrieb der Klägerin ausschließlich unter die Gefahrtarifstelle 640 bzw. 0099, 1009 und 1011 zu veranlagen war. Die Klägerin produziert, wenn auch nur mit einem weniger als hälftigen Anteil ihrer Beschäftigten Antriebseinheiten. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, ist auch der Zusammenbau von anderen Herstellern zugekaufter Produkte Herstellung im Sinne ihrer Gefahrtarife, denn durch das Zusammenfügen der Produkte anderer Hersteller entsteht ein neues Produkt der Klägerin, das sie dann vertreibt. Dieser Unternehmensteil umfasst auch mehr als 10% der Mitarbeiter der Klägerin im hier streitigen Zeitraum.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 197a SGG, 154 Abs.1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Veranlagung der Klägerin zu den Gefahrtarifen der Beklagten in den Jahren 2005 bis 2011.
Die klagende GmbH ist seit 1980 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik, und nunmehr bei der beklagten Berufsgenossenschaft (im Folgenden einheitlich: die Beklagte) als Mitglied eingetragen. Sie montiert und vertreibt elektrische Antriebe für Garagen- und sonstige Schiebe- und Drehtore sowie Anlagen der Haustechnik (z.B. ferngesteuerte Steckdosen). Dazu bezieht sie eine Reihe von Einzelkomponenten von fremden Herstellungsfirmen und montiert aus den verschiedensten Teilen elektromotorisch betriebene Antriebseinheiten für Rolltore und Garagentore aller Art. Sie bietet Servicetätigkeiten im Außendienst (technische Hilfe bei der Montage und Installation der Antriebseinheiten, ca. 28 Mitarbeiter). Sie unterhält eine Abteilung Lager, Logistik, Vertriebs- und Handelsaußendienst (30-35 Mitarbeiter). Ein Großteil der Mitarbeiter ist im Büro (Handel, Vertrieb, Einkauf, allgemeine Verwaltung) tätig (60 Mitarbeiter). Schließlich besteht eine Abteilung für Entwicklung und Konstruktion mit weiteren 10 Mitarbeitern (jeweils Stand Mitte 2010).
Die Beklagte verabschiedete zum 01.01.2002 einen neuen Gefahrtarif, der bis zum 31.12.2006 Gültigkeit hatte. Darin sind in der Gefahrtarifstelle 602 (Gefahrklasse 4,5) elektrische Kleingeräte sowie in der Gefahrtarifstelle 603 (Gefahrklasse 2,0) Geräte und Anlagen der Nachrichten-, Mess-, Informations- und Medizintechnik, Mikroelektronik, vorgesehen. In der Gefahrtarifstelle 640 (Gefahrklasse 1,0) wurde der kaufmännisch-technisch-verwaltende Teil (Büroteil) der Unternehmen veranlagt. Unter "II. Sonstige Bestimmungen" wurde unter 2. Folgendes geregelt: "Die Veranlagung eines Unternehmens erfolgt grundsätzlich nur zu einer Gefahrtarifstelle. Zu zusätzlichen Gefahrtarifstellen werden nur solche Unternehmen veranlagt, in denen mehr als 10% der Versicherten, mindestens jedoch 5 Versicherte, Tätigkeiten nach einer anderen Gefahrtarifstelle verrichten.[ ]" Eine Ausnahme galt insofern betreffend den kaufmännisch-technisch-verwaltenden Teil der Unternehmen.
In den von der Beklagten herausgegebenen Erläuterungen zum Gefahrtarif 2002 heißt es zur Gefahrtarifstelle 602: - Motoren, Generatoren, Transformatoren mittlerer elektrischer Leistung (größer 0,5 kVA bis 5 kVA) - Wandler, Elektrokohlen und –bürsten, Heizwiderstände, Regler, Elektrowerkzeuge, Kleinwärmegeräte - Lichtmaschinen, Anlasser und Komponenten für Zündsysteme, Fahrzeuglüftungs- und Fahrzeugklimatechnik, Vorschaltgeräte - Elektrische Leuchten aller Art (auch Lampen, Scheinwerfer, Fahrzeugleuchten) - Freileitungs-, Fahrleitungs- und Kabelarmaturen - Installationsmaterial für Energieverteilungs- und Fernmeldeanlagen sowie Fahrzeuge aller Art (Schalter, Stecker, Kupplungen, Fassungen, Sicherungen, Schalttafeln) - Elektromotorische und elektrisch beheizte Haushalts- und Wirtschaftsgeräte, Kühl- und Gefriergeräte, Wärmepumpen, Klimageräte, Luftreinigungsgeräte - Brennstoffzellen, Bleiakkumulatoren - Elektrotechnische Werkstätten, die Leistungen wie Hersteller für elektrische Kleingeräte erbringen (Kundendienst), z.B. Elektromaschinenbau-Werkstätten und Werkstätten für Autoelektrik und Kfz Technik, Aus- und Einbau von Strom-, Gas- und Wasserzählern - Komplette (betriebsbereite) Regel- und Steuerungsanlagen (inkl. Schaltschrank) - Facility Management (soweit handwerkliche Tätigkeiten)
Zur Gefahrtarifstelle 603 enthalten die Erläuterungen u.a. folgende Hinweise: - Geräte, Einrichtungen und Bauelemente der Nachrichten-, Telekommunikations-, Fernwirk-, Informations-, Datenübertragungstechnik, Datennetzbetreiber, Betreiber von Mobilfunknetzen - Elektrische und elektronische Mess- und Prüfgeräte - Elektromedizinische und elektrodentale Einrichtungen und Geräte [ ] - Transformatoren und Motoren mit einer Leistung bis 0,5 kVA - Glühlampen [ ] - Bildröhren, Röntgenröhren - Alarmanlagen, Brandmeldeanlagen und Zutrittskontrolleinrichtungen - Sende- und Empfangsgeräte sowie Einrichtungen für den Rundfunk- und Fernsehbetrieb - [ ] - Elektronische Bauteile und Einzelkomponenten für Regel- und Steuerungsanlagen - Elektrische Zeitdienst-, Signal- und Sicherheitsgeräte - Anlagen und Geräte der Fernmess- und Fernwirktechnik (Mess-, Regel-, elektrisch ferngesteuerte Geräte, auch für die Kerntechnik) - Elektronische Bauelemente, Halbleiter und elektronische Geräte - [ ]
Mit Schreiben vom 19.10.2001 befragte die Beklagte die Klägerin zu den Betriebsverhältnissen. Sie gab an, sie stelle elektrische Garagen-, Schiebe- und Drehtorantriebe und Zubehör sowie Funkfernsteuerungen her und setze dieselben instand. In der Herstellung seien 22 Personen, in der Instandsetzung 3 Personen beschäftigt. Im Übrigen seien 8 Personen im Außendienst, drei Personen im Messebau, sieben Personen im Lager und zwei mit der Reinigung beschäftigt. 42 Personen seien dem Büroteil zuzuordnen (Angaben vom 06.11.2001 im Fragebogenvordruck der Beklagten).
Mit Bescheid vom 14.08.2002 veranlagte die Beklagte die Klägerin für die Jahre 2002 bis 2006 zu den Gefahrtarifstellen 602 und 640. In der Folge reichte die Klägerin jährlich Lohnnachweise zu diesen beiden Gefahrtarifstellen ein.
Mit Schreiben vom 20.12.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Vertreterversammlung beschlossen habe, dass der Gefahrtarif bis 31.12.2007 weiterhin gültig bleibe. Die Klägerin werde deshalb weiterhin zu den Gefahrtarifstellen 602 und 640 veranlagt.
Zum 01.01.2008 trat ein neuer Gefahrtarif der Beklagten in Kraft. Darin werden unter der Gefahrtarifstelle 0002 elektrische Kleingeräte mit der Gefahrklasse 4,5 und unter der Tarifstelle 0003 Geräte und Anlagen der Nachrichten-, Mess-, Informations- und Medizintechnik, Mikroelektronik mit der Gefahrklasse 2,0 veranlagt. Unter Gefahrtarifstelle 0099 (Gefahrklasse 1,0) wird der kaufmännisch-/technisch-verwaltende Teil der Unternehmen zusammengefasst. Unter II. Sonstige Bestimmungen findet sich folgende Spezifizierung: "Zu zusätzlichen Gefahrtarifstellen des Teil I werden nur solche Unternehmen veranlagt, in denen mehr als 10% der den Gefahrtarifstellen 1 – 27 zuzurechnenden Versicherten Tätigkeiten nach einer anderen Gefahrtarifstelle verrichten. [ ]"
Im Anhang zum Gefahrtarif ab 01.01.2008 werden Kennziffern für fremdartige Nebenunternehmen aufgeführt. Unter Nr. 1009 wird der Handel mit Elektrogeräten einschl. Lampen, Leuchten und Haushaltswaren, Kfz-Zubehör (Gefahrenklasse 2,5) und unter 1011 der Groß- und Einzelhandel ohne Warenumschlag, Lager und Verkaufsgeschäft, Handel mit Strom (Gefahrklasse 1,0) aufgelistet. Die von der Beklagten herausgegebenen Erläuterungen zur Gefahrtarifstelle 0002 entsprechen den Erläuterungen zur Gefahrtarifstelle 602 des Gefahrtarifs 2002, diejenigen zur Gefahrtarifstelle 0003 denjenigen zu 603 des bisherigen Gefahrtarifs.
Mit Schreiben vom 31.08.2007 befragte die Beklagte die Klägerin erneut zu ihren Betriebsverhältnissen. Die Klägerin gab an, 27 Personen seien mit der Herstellung von Garagen- und Hoftorantrieben, vier Personen mit der Herstellung von Funkfernsteuerungen, drei Personen mit der Instandsetzung von Torantrieben für Garagen und Hoftore und eine Person mit der Instandsetzung von Funkfernsteuerungen beschäftigt. 10 Personen seien im Handel mit Torantrieben für Garagen und Hoftore und 60 Personen ausschließlich mit verwaltenden Bürotätigkeiten beschäftigt. Darüber hinaus gebe es 23 Personen im Bereich Entwicklung, Qualitätsmanagement und Personalmanagement und 10 Personen im Bereich Logistik. Insgesamt beschäftige sie 140 Personen (Angaben vom 27.11.2007 im Fragebogenvordruck der Beklagten).
Mit Bescheid vom 28.10.2008 veranlagte die Beklagte die Klägerin ab 01.01.2008 zu den Gefahrtarifstellen 0002, 0099 und 1009.
Mit Schreiben vom 21.12.2009 beantragte die Klägerin die Überprüfung der Veranlagung zum Gefahrtarif. Die Veranlagung zur Gefahrtarifstelle 2 mit der Gefahrklasse 4,5 sei nicht zutreffend. Sie habe einen Exportanteil und reinen Handel von 70%, so dass der Tätigkeitsschwerpunkt im Verkauf liege. Ein Teil der Torantriebe für Garagen und Hoftore werde auf Kundenwunsch aus unterschiedlichen Komponenten wie Steuerungseinheiten, Lichtschranken usw. als eine Einheit montiert. Die einzelnen Komponenten für die Garagentor- und Hoftoranlagen würden überwiegend zugekauft und als Einzelkomponenten oder Komplettanlagen verkauft (Verweis auf die firmeneigene Homepage www.sommer-torantriebe.de). Insofern sei vor allem die Gefahrtarifstelle 1009 maßgeblich. Darüber hinaus sei nie beachtet worden, dass sie auch in die Gefahrtarifstelle 0003 zu veranlagen sei, weil sie auch Funktechnik herstelle und vertreibe. Die Beklagte müsse deshalb für die Jahre 2005 bis 2008 die Veranlagung nach §§ 160 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII), 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ändern. Es errechne sich eine Differenz zu ihren Gunsten von 66.856,37 EUR.
Mit Schreiben vom 12.01.2010 lehnte die Beklagte eine Änderung der bisherigen Entscheidung ab. Eine zusätzliche Veranlagung der Sparte Funktechnik unter die Gefahrtarifstelle 3 sei nicht möglich, weil Voraussetzung für die zusätzliche Veranlagung einer Sparte sei, dass 10% der Beschäftigten, mindestens aber 5 Personen in dieser zusätzlichen Sparte tätig seien. Diese Voraussetzungen seien nach den Angaben der Klägerin nicht erfüllt.
Dagegen wandte sich die Klägerin am 16.02.2010 und bat um Korrektur auch für das Jahr 2007.
Mit Schreiben vom 19.03.2010 lehnte die Beklagte erneut die Änderung der Veranlagung ab. Wartung, Service, Reparatur, Montage und Inbetriebnahme seien nach den Erläuterungen der Gefahrtarifstelle zuzurechnen, der diese dienten. Das gelte auch für den Vertrieb eigener Produkte.
Dagegen wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 09.04.2010, mit dem sie geltend machte, dass sich im Laufe der Jahre der Betrieb so entwickelt habe, dass nunmehr der Handel dominiere.
Mit Schreiben vom 18.04.2010 blieb die Beklagte bei ihrer Auffassung.
Am 11.06.2010 besprachen die Beteiligten bei einer Betriebsbegehung bei der Klägerin die tatsächlichen Verhältnisse. Im Rahmen dieses Gesprächs machte die Klägerin geltend, dass die Antriebe und Rolltore unter die ferngesteuerten, elektronischen Geräte einzuordnen seien und deshalb der Gefahrtarifstelle 0003 zuzuordnen seien.
Mit Schreiben vom 16.06.2010 lehnte die Beklagte die Einordnung der Montage von Garagen- und Rolltoreinheiten unter die Gefahrtarifstelle 0003 ab. Sie seien keine Anlagen der Fernmess- und Fernwirktechnik. Daran ändere die Tatsache, dass die Antriebe durch Handsender ferngesteuert ausgelöst würden, nichts. Dagegen wandte sich die Klägerin am 25.06.2010 mit der Begründung, dass ihr nicht nachvollziehbar sei, warum die Garagenantriebe keine elektrisch ferngesteuerten Geräte seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2010 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 16.06.2010 zurück.
Mit Bescheid vom 22.09.2010 veranlagte die Beklagte die Klägerin ab 01.01.2008 zusätzlich zur Gefahrtarifstelle 1011. Die Veranlagung zur Gefahrtarifstelle 0002 behielt sie bei.
Am 01.10.2010 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) mit dem Ziel, ihre Veranlagung zum Gefahrtarif ab 2005 bis 2007 und zum Gefahrtarif ab 01.08.2008 zu ändern. Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Ab 01.01.2012 gilt für die Beklagte ein neuer Gefahrtarif, zu dem sie die Klägerin mit Bescheid vom 06.10.2011 und Widerspruchsbescheid vom 19.01.2012 veranlagt hat. Die Klägerin hat die Überweisung an die Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution beantragt. Diesen Antrag hat die Beklagte mit Bescheid vom 09.11.2011 abgelehnt. Den Widerspruch hat sie mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2012 wegen Verfristung als unzulässig verworfen.
Zur Begründung ihrer Klage trug die Klägerin vor, dass sie keine Waren produziere, sondern Einzelkomponenten zukaufe und ergänze. Diverse Produkte würden auch lediglich eingekauft und wiederverkauft. Das sei dem Oberbegriff Großhandel, Produktionsverbindungshandel zuzuordnen. Das sei auch immer angegeben worden und habe spätestens bei einer Lohnbuchprüfung der Beklagten im Jahr 2004 auffallen müssen. Außerdem betreibe sie ein eigenes Hochregallager. Der Unternehmensschwerpunkt Funkfernsteuerungen sei schon deshalb in die Gefahrtarifstelle 603 bzw. 0003 einzustufen, weil ein Teil der Mitarbeiter ausschließlich in der Herstellung derselben beschäftigt sei. Sie habe sich im Bereich der Funk- und Fernwirktechnik spezialisiert und Produkte wie funkferngesteuerte Rollläden, Markisen, Rolltore sowie deren Steuerungseinheiten bildeten ihren Schwerpunkt. Hinzu kämen Sicherheitskontaktleisten, elektronische und optische Sicherheitsleisten, Infrarotschranken, Kameraanlagen usw. Die von der Beklagten angeführten drei Mitarbeiter mit Servicetätigkeiten im Außendienst seien ausschließlich mit der Programmierung von Steuerungseinheiten befasst. Die Produkte würden zu 95% an den Fachhandel bzw. Serviceberater und Verkaufsgeschäfte vor Ort geliefert. Es sei nicht nachvollziehbar, warum funkferngesteuerte angetriebene Garagen- und Rolltoreinheiten sowie die entsprechenden Funkfernsteuerungen der Gefahrtarifstelle 0002 zuzurechnen seien.
Die Beklagte führte dazu aus, die Veranlagung erfolge orientiert am Endprodukt. Vorbereitungs , Fertigstellungs- und Abwicklungsarbeiten würden dem Unternehmensteil zugeordnet, dem sie überwiegend dienten. Die von der Klägerin hergestellten Produkte seien als einheitliches Produkt zu sehen und könnten nicht in ein elektronisches Steuergerät zur Fernsteuerung bzw. Bedienung der Antriebstechnik einerseits und der elektromotorischen Antriebstechnik selbst andererseits aufgeteilt werden. Maßgeblich sei die mechanische und elektrische Antriebstechnik, die wesentlicher Teil des Garagen- oder Werkstorantriebs sei. Die Funkfernsteuerung trete demgegenüber in den Hintergrund.
Mit Urteil vom 20.10.2011 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, Streitgegenstand sei allein die zutreffende Veranlagung zum Gefahrtarif aber nicht deren normative Grundlagen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die (teilweise) Veranlagung zu einem anderen Gefahrtarif. Die Beklagte habe die Veranlagung zum Gefahrtarif, der auf der Zuordnung von Unternehmen zu Gewerbezweigen beruhe, zutreffend vorgenommen. Heranzuziehen sei hier die konkrete Nutzung der Fernsteuerung für den Garagentorantrieb. Die Fernsteuerung entspreche eher einem Schlüssel zu einem Tor, mit dem der Antrieb ausgelöst werden könne. Aus den in der mündlichen Verhandlung mitgeteilten Mitgliedschaften in den Interessenvereinigungen Bundesverband Antriebs- und Steuerungstechnik Tore (BAST) und im Bundesverband Tore lasse sich nichts Anderes herleiten.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 03.02.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am Montag, den 05.03.2012 eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie ausführt, ein elektronischer Garagentorantrieb sei ein Signal- und Sicherheitsgerät. Außerdem sei es unter die Anlagen der Fernwirktechnik einzuordnen. Wenn man der Argumentation der Beklagten folge, so dürften nur Geräte unter diesen Punkt fallen, die noch nie anders als ferngesteuert hergestellt worden seien. Solche könne die Beklagte aber nicht benennen, so dass es keinen Fall gebe, in dem ein Produkt unter die entsprechende Definition im Erläuterungsheft der Beklagten falle. Garagentorantriebe gebe es nicht ohne Fernsteuerung, so dass sie der Fernwirktechnik zuzurechnen seien. Die bei ihr gefertigten Motoren hätten sämtlich eine Leistung von weniger als 500 W (0,5 kVA). Das Garagentor selbst dürfe dabei nicht mitberücksichtigt werden. Außerdem habe die Beklagte ihr Ermessen überschritten. Die Einstufung in die Gefahrtarifstelle 602 bzw. 0002 sei unverhältnismäßig.
Es sei zwar zutreffend, dass der Beklagten bei der Anwendung ihres eigenen Gefahrtarifs ein Gestaltungsspielraum zustehe, diesen habe sie hier aber überschritten. Außerdem habe das SG sich nicht mit ihrer Argumentation auseinandergesetzt, dass sie eigentlich ein Handelsunternehmen führe und deshalb unter den Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution fremdveranlagt werden müsse. Nach der gängigen Einteilung in Primärsektor (=Urproduktion), Sekundärsektor (industrieller Sektor) mit der Verarbeitung von Rohstoffen und Tertiärsektor (Dienstleistungssektor) sei sie in letzteren einzuordnen. Das falle in eine Form des Handels und unterfalle somit der fachlichen Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution, Sparte Großhandel. Das SG habe auch verkannt, dass die Beklagte im ab 01.01.2012 geltenden Gefahrtarif nunmehr in der Gefahrtarifstelle 1302 "Rolltorantriebe" als eigenen Posten aufgenommen habe.
Im Übrigen macht die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag zum Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, 1. Das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.10.2011 aufzuheben sowie die Bescheide vom 12.01.2010, 19.03.2010, 18.04.2010 und 16.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2010 und des Bescheids vom 22.09.2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 28.10.2008 teilweise aufzuheben und die Klägerin vom 01.01.2008 bis 31.12.2011 anstelle der Gefahrtarifstelle 0002 in die Gefahrtarifstelle 0003 (Gefahrklasse 2,0) einzustufen. 2. Das genannte Urteil und die genannten Bescheide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Veranlagungsbescheide vom 14.08.2002 und 20.12.2006 teilweise aufzuheben und die Klägerin für die Jahre 2005 bis 2007 anstelle der Gefahrtarifstelle 602 in die Gefahrtarifstelle 603 (Gefahrklasse 2,0) einzustufen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung schließt sie sich dem angefochtenen Urteil an, verweist auf die angefochtenen Bescheide und führt aus, dass es sich bei den von der Klägerin hergestellten Torantrieben um elektrische Kleingeräte handele. Ihr sei bewusst, dass die Klägerin keine Garagentorantriebe herstelle, sondern lediglich montiere. Auch die Montage von Einzelteilen zu kompletten Antriebseinheiten sei unter die Gefahrtarifstelle 0002 zu fassen, weil eine Unterscheidung zwischen Herstellung und Zusammenbau von Einzelkomponenten nicht vorzunehmen sei. Der Gefahrtarif orientiere sich am Endprodukt. Es sei darauf hinzuweisen, dass sowohl der ab 01.01.2008 als auch der ab 01.01.2012 geltende Gefahrtarif genehmigt und gültig sei.
Die Unterscheidung im Gefahrtarif zwischen Motoren unter und über 0,5 kVA beziehe sich ausschließlich auf Motoren. Die Klägerin stelle aber keine isolierten Motoren, sondern vollständige Antriebseinheiten her. Die Herstellung von Antriebseinheiten falle aber unter eine andere Gefahrtarifstelle als die Herstellung von Motoren.
Die Berichterstatterin hat den Rechtsstreit am 06.03.2013 mit den Beteiligten erörtert. Dabei haben die Beteiligten unstreitig gestellt, dass die Veranlagung zu den Gefahrtarifstellen 1009, 1011 und 0099 für die Zeit von 2008 bis 2011 und zu Gefahrtarifstelle 640 für die Zeit von 2005 bis 2007 zutreffend ist. Die Klägerin hat mitgeteilt, ihr Vortrag betreffend den Handel beziehe sich nicht darauf, ob diese Veranlagung zutreffend sei, sondern darauf, dass sie keine Fremdveranlagung im Bezug auf den Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution wolle. Sie hat geltend gemacht, dass die von ihr hergestellten Geräte ungefähr 500 Watt hätten, das entspreche ungefähr 0,5 kVA. Die Berichterstatterin hat darauf hingewiesen, dass Gegenstand des Rechtsstreits nur die Veranlagung für die Jahre 2005 bis 2011 sein könne, weil ab 01.01.2012 ein neuer Gefahrtarif gelte. Dieser Auffassung haben sich die Beteiligten angeschlossen. Sie hat weiterhin darauf hingewiesen, dass der Veranlagungsbescheid vom 22.09.2010 Gegenstand des Rechtsstreits geworden ist. Schließlich hat sie mitgeteilt, dass Erkenntnisse von der Homepage der Klägerin vom Senat in seiner Entscheidung verwertet werden könnten. Sie hat darauf hingewiesen, dass auch die Schreiben vom 12.01.2010, 19.03.2010, 18.04.2010 schon ablehnende Bescheide sein könnten und deshalb in die Antragstellung einbezogen werden sollten. Die Klägerin hat darauf hin ihren Antrag wie angegeben formuliert.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf drei Bände Verwaltungsakten der Beklagten, einen Band Akten des Sozialgerichts Stuttgart sowie die beim Senat angefallene Akte.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, weil die Beteiligten dieser Verfahrensweise zugestimmt haben, ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist – wie das SG zutreffend ausgeführt hat – nicht die Überweisung der Klägerin an eine andere Berufsgenossenschaft, insbesondere an die Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution. Das hat die Klägerin weder im Klage- noch im Berufungsverfahren beantragt. Vielmehr hat sie im Erörterungstermin klargestellt, dass sie nicht zur Berufsgenossenschaft für Handel und Warendistribution überwiesen werden möchte. Darüber hinaus hat die Beklagte die Überweisung zwischenzeitlich bestandskräftig abgelehnt.
Gegenstand des Rechtsstreits ist auch nicht mehr die Fremdveranlagung des Unternehmensteils der Klägerin, der sich mit Handel beschäftigt, denn diesem Begehren hat die Beklagte mit Bescheid vom 22.09.2010 stattgegeben und die Klägerin neben der Gefahrtarifstelle 0002 und 0099 auch in die Gefahrtarifstellen 1009 und 1011 eingeordnet. Betreffend die Jahre 2005 bis 2007 hat die Klägerin diesen Vortrag im Erörterungstermin nicht mehr aufrecht erhalten, nachdem sich herausgestellt hatte, dass sie die vornehmlich mit Handel beschäftigten Personen schon in der Vergangenheit bei der Gefahrtarifstelle 640 eingeordnet hatte, so dass eine zusätzliche Veranlagung im Bereich Handel bei der Beitragsberechnung zu ihrem Nachteil gereicht hätte.
Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist schließlich die Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2012, denn mit dieser Veranlagung befassen sich die hier angefochtenen Bescheide nicht. Der auf die neue Gefahrtarifsatzung gestützte Veranlagungsbescheid vom 06.10.2011/Widerspruchsbescheid vom 19.01.2012 ist auch nicht von Gesetzes wegen im vorliegenden Rechtsstreit Streitgegenstand gemäß § 96 SGG geworden, denn der auf eine neue Gefahrtarifperiode gestützte Veranlagungsbescheid ersetzt nicht die von vornherein in ihrer Wirksamkeit auf den mittlerweile abgelaufenen Gefahrtarifzeitraum beschränkten Veranlagungsbescheide (vgl. Urteil des Senats vom 31.08.2012 - L 8 U 1970/10 -, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de). Die Beteiligten führen diesbezüglich einen eigenen Rechtsstreit vor dem SG. Entsprechend hat die Klägerin auch keinen Antrag betreffend die Zeit ab 01.01.2012 im Berufungsverfahren gestellt.
Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide vom 12.01.2010, 19.03.2010, 18.04.2010 und 16.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2010 und des Bescheids vom 22.09.2010. Auch die Schreiben vom 12.01.2010, 19.03.2010 und 18.04.2010 sind neben dem Schreiben vom 16.06.2010, das die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid ausdrücklich in Bezug nahm, als Verwaltungsakt einzuordnen. Nach § 31 Satz 1 SGB X ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Zu unterscheiden sind Verwaltungsakte von bloßen Informationsschreiben. Die Beklagte lehnte in allen Schreiben eine Änderung der Veranlagung zu den Gefahrentarifen 2002, 2007 und 2008 ab dem Jahr 2005 ab und begründete das anhand des Vorbringens der Klägerin. Das konnte aus Sicht eines objektiven Empfängers in der Position der Klägerin nur so verstanden werden, dass die Beklagte damit verbindlich regelte, dass eine Neuveranlagung nicht in Betracht kam. Entsprechend hat die Klägerin sich sinngemäß gegen alle diese Bescheide gewandt und damit Widerspruch eingelegt, über den die Beklagte schließlich -nachdem sie ihre Ablehnung im Bescheid vom 16.06.2010 wiederholt hatte - mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2010 entschied.
Der Bescheid vom 22.09.2010, der zwar vor Klageerhebung aber nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2010 erging, wurde in entsprechender Anwendung des § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreits, denn er ersetzte die Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif ab 01.01.2008, ordnete das Unternehmen der Klägerin einer weiteren Gefahrtarifstelle zu und wiederholte die Einstufung in die hier streitige Gefahrtarifstelle 0002.
Der Aufhebungsantrag richtet sich betreffend die Veranlagung für die Jahre 2005 bis 2007 gegen die Bescheide vom 14.08.2002 und 20.12.2006. Der Bescheid vom 14.08.2002 regelte die Veranlagung der Klägerin für die Jahre 2002 bis 2006. Eine Regelung betreffend das Jahr 2007 traf er ausdrücklich nicht. Das Schreiben vom 20.12.2006 ist als Verwaltungsakt betreffend das Jahr 2007 einzuordnen. Im Schreiben vom 20.12.2006 teilte die Beklagte die Einordnung der Klägerin in den aufgrund eines Beschlusses der Vertreterversammlung der Beklagten fortgeltenden Gefahrtarif mit. Sie brachte damit zum Ausdruck, dass sie an ihrer bisherigen Einstufung zur Gefahrtarifstelle 602 festhalte. Diese Mitteilung kann nur als verbindliche Fortführung der bisherigen Veranlagung auch für das Jahr 2007 verstanden werden. Die Beklagte traf damit eine Regelung der Veranlagung der Klägerin für das Jahr 2007, deren Aufhebung die Klägerin mit ihrer Klage und Berufung verfolgt. Der Antrag der Klägerin im Berufungsverfahren war deshalb sinngemäß so zu fassen, dass sie auch die Aufhebung dieses Bescheids verlangt, denn sie hatte von vorneherein auch eine Änderung der Veranlagung für das Jahr 2007 beantragt und hat selbst das Schreiben der Beklagten vom 20.12.2006 als für das Berufungsverfahren relevante Entscheidung vorgelegt.
Die so umschriebene Berufung ist unbegründet. Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Aufhebung bestandskräftiger Veranlagungsbescheide sind §§ 44 SGB X, 160 Abs. 2 SGB VII. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass desselben das Recht unrichtig angewandt wurde oder von einem Sachverhalt ausgegangen wurde, der sich als unrichtig erweist und deshalb Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Nach § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII wird ein Veranlagungsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben, soweit die Veranlagung zu einer zu hohen Gefahrklasse vom Unternehmen nicht zu vertreten ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Klägerin wurde in den Bescheiden vom 14.08.2002, 20.12.2006 und 28.10.2008 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 22.09.2010 nicht zu einer zu hohen Gefahrklasse veranlagt. Die Beklagte hat in diesen Bescheiden weder das Recht, insbesondere ihre Gefahrtarife für die Jahre 2002 bis 2006, 2007 und 2008 bis 2011, unrichtig angewandt noch ist sie (zuletzt im Bescheid vom 22.09.2010) von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen.
Rechtsgrundlage für die Veranlagungsbescheide vom 14.08.2002, 20.12.2006, 28.10.2008 und 22.09.2010 ist § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Danach veranlagt der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu den Gefahrklassen. Die Vertreterversammlung des Unfallversicherungsträgers (§ 33 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV) setzt dazu gemäß § 157 Abs. 1 SGB VII als autonomes Recht einen Gefahrtarif fest, in dem zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festgestellt werden, § 157 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB VII. Der Gefahrtarif wird nach Gefahrtarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden (§ 157 Abs. 3 SGB VII).
Die Beklagte hat diese gesetzlichen Vorgaben für die hier streitigen Jahre 2005 bis 2011 in der Weise umgesetzt, dass sie als Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen die Gewerbezweige gewählt hat. Die Risikobewertung nach dem Gewerbezweigprinzip ist mit den Zielvorstellungen und den Wertentscheidungen des Gesetzes vereinbar (BSG SozR 4-2700 § 157 Nr. 2). Dagegen bringt die Klägerin auch nichts vor.
Anknüpfungspunkt für die Definition und den Zuschnitt von Gewerbezweigen sind Art und Gegenstand der zu veranlagenden Unternehmen. Da ein gewerbezweigorientierter Gefahrtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Zuordnung zu den Gewerbezweigen auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an, die ihrerseits durch die hergestellten Erzeugnisse, die Produktionsweise, die verwendeten Werkstoffe, die eingesetzten Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen sowie die gesamte Arbeitsumgebung geprägt sind. Die Betrachtung muss alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einbeziehen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.11.2008 - L 3 U 38/04, Juris Rn. 31 mwN.). Bestrebungen nach Differenzierung und Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos sind Grenzen gesetzt. Letztlich kann eine Unternehmensart nur dann als eigenständiger Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen Grundsätzen (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII) berechnen lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einem der im Gefahrtarif ausgewiesenen Gewerbezweige zugeordnet werden. Nach der einem Gewerbezweigtarif innewohnenden Logik kommen dafür aber nur solche Gewerbezweige in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten beherbergen. Eine Zuordnung zu einem Gewerbezweig ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet dagegen aus, weil damit das Gewerbezweigprinzip aufgegeben und die Systementscheidung für einen Gewerbezweigtarif konterkariert würde (vgl. schon Urteil des Senats vom 31.08.2012 - L 8 U 1970/10 - a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte das Unternehmen der Klägerin zutreffend zur Gefahrtarifstelle 602 bzw. 0002 mit der Gefahrenklasse 4,5 eingeordnet. Die Klägerin produziert in elektrische Kleingeräte.
Die Klägerin ist nicht schon deshalb zumindest zusätzlich zur Gefahrtarifstelle 603 bzw. 0003 zu veranlagen, weil sie neben den Antriebseinheiten für Garagen- und Hoftore auch funkgesteuerte Haustechnik montiert und vertreibt. Der Senat teilt nicht die Auffassung der Beklagten, die Montage von funkferngesteuerter Haustechnik wie z.B. funkferngesteuerten Steckdosen unterfalle dem Grunde nach der Gefahrtarifstelle 603 bzw. 003, dem ebenso wie bei Garagentorantriebseinheiten dient die Funkfernsteuerung lediglich dem Gesamtprodukt (z. B. funkferngesteuerte Steckdose) und dient für dieses als Schalter bzw. Schlüssel (s. dazu unten). Deshalb musste der Senat auch nicht der Frage nachgehen, ob die vergleichbaren Regelungen in der Gefahrtarifsatzung 2002 und 2008 (Gefahrtarif 2008 die Ausnahmeregelung unter II. und für die Gefahrtarife 2002 und 2007 die Regelung unter II.2.), wonach Betriebsteile eines Unternehmens zu zusätzlichen Gefahrtarifstellen nur bei einer Beschäftigungsquote von mehr als 10 % in diesem Unternehmensteil führen, mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Der Ausschluss einer zusätzlichen Veranlagung für sehr kleine Betriebsteile kann nicht auf den Grundsatz gestützt werden, dass für einen eigenen Gefahrtarif eine gewisse Größenordnung des damit erfassten Gewerbezweigs erreicht sein muss. Soweit der Gewerbezweig in der Gefahrtarifsatzung berücksichtigt ist und damit eine Risikogemeinschaft gebildet wird, besteht gerade nicht die Schwierigkeit einer versicherungsmathematisch hinreichend abgesicherten Gefahrklassenbestimmung. Vorliegend ist mit der Pauschalierung durch Einführung einer Beschäftigungsquote der Versicherten der Versuch unternommen, für ein in verschiedenen Gewerbezweigen tätiges Mischunternehmen, dessen Betriebsteile nicht nach den Grundsätzen eines Haupt-, Neben- oder Hilfsunternehmens sicher abzugrenzen sind, den Hauptgegenstand des Unternehmens zu bestimmen. Inwiefern die Anzahl der in diesem Unternehmenszweig tätig werdenden Versicherten, die nicht einmal ausschließlich dort tätig sein müssen, hierfür ein rechtlich zulässiges Abgrenzungsmerkmal ist, muss der Senat nicht entscheiden. Es ist deshalb auch unbeachtlich, wenn sich die Beklagte auf diese Regelungen beruft.
Die Klägerin ist nicht deshalb zusätzlich oder ausschließlich der Gefahrtarifstelle 603 bzw. 0003 zuzuordnen, weil sie Geräte und Anlagen der Nachrichten-, Mess-, Informations- und Medizintechnik, Mikroelektronik herstellt. Nach den Erläuterungen der Beklagten gehören zu dieser Gefahrtarifstelle auch die Herstellung von Geräten der Fernwirktechnik oder elektronischer Bauelemente, Halbleiter und elektronischer Geräte d.h. sonstige Geräte der Mikrotechnik. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Produkte der Klägerin unter den Wortlaut dieser Gefahrtarifstelle fallen. Die dort zusammengefassten Unternehmen produzieren Geräte und Anlagen der Nachrichten-, Mess-, Informations- und Medizintechnik oder Mikroelektronik. Die Garagen- und Rolltorantriebe der Klägerin sind - auch nach dem Vortrag der Klägerin - weder Geräte oder Anlagen der Nachrichten- noch der Mess-, Informations- oder Medizintechnik. Es ist auch zweifelhaft, ob sie dem Begriff der Mikroelektronik unterfallen.
Als Mikroelektronik wird der moderne Zweig der Elektronik bezeichnet, der mit dem Entwurf und der Herstellung von integrierten elektronischen Schaltungen mit hoher Dichte der sehr kleinen Bauelemente befasst ist. In der Mikroelektronik werden nur noch integrierte Schaltungen, verwendet d.h. funktionsfähige Schaltungseinheiten, deren Bauelementen mit den sie verbindenden Leitungsbahnen gemeinsam gefertigt werden (Meyers Großes Taschenlexikon, Stichwort: Mikroelektronik). Die Mikroelektronik ist ein Teilgebiet der Elektronik, genauer der Halbleiterelektronik, und der Mikrotechnik. Die Mikroelektronik beschäftigt sich mit dem Entwurf, der Entwicklung und der Herstellung von miniaturisierten, elektronischen Schaltungen, heute vor allem integrierten Schaltungen. Diese auf Halbleitern basierenden Schaltungen nutzen viele elektronische Bauelemente, wie sie auch in normalen elektronischen Schaltungen verwendet werden, beispielsweise Transistoren, Kondensatoren, Dioden und Widerstände.
Die Klägerin produziert im Wesentlichen Antriebseinheiten für Garagentore, mit denen diese ohne menschliche Kraft bewegt werden können. Ob diese Antriebseinheiten die Voraussetzungen der Mikroelektronik erfüllen ist schon deshalb zweifelhaft, weil das Bewegen größerer Gegenstände nicht der typische Anwendungsbereich für diese Technik ist. Die Fernsteuerungen für diese Antriebe beinhalten zwar elektronische Schaltkreise, die den Begriff der Mikroelektronik erfüllen. Jedoch produziert die Klägerin nicht diese Schaltkreise bzw. sonstige auf Halbleiter basierende Schaltungen, sondern sie baut solche in die Funkfernsteuerung ein und programmiert sie.
Insofern haben aber das SG und auch die Beklagte zutreffend ausgeführt, dass bei der Veranlagung zu einem Gefahrtarif nicht jede einzelne Komponente eines Produkts einzeln betrachtet werden kann. Vielmehr ist das vermarktete Endprodukt als Einheit zu betrachten und einem im Gefahrtarif aufgeführten Gewerbe zuzuordnen. Dabei ist zu ermitteln, welche Eigenschaft dem einheitlichen Endprodukt seinen prägenden Charakter gibt. Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Antriebseinheiten der Klägerin im Wesentlichen dazu dienen, dass Garagen- und Rolltore ohne Muskelkraft bewegt werden können. Entsprechend bewirbt die Klägerin auf der von ihr zitierten Homepage auch nicht insbesondere die Sicherheit ihrer Antriebe, sondern die Möglichkeit, ein Tor allein durch eine Fingerbewegung - mittels Zahlencode, Lesegerät für einen Daumenabdruck oder aber Fernsteuerung - bewegen zu können. Die Produkte der Klägerin im Bereich der Antriebstechnik werden also nicht wesentlich durch die Möglichkeit der Fernsteuerung von Garagen- und Rolltoren sowie Schranken, sondern durch deren eigentätige Beweglichkeit geprägt. Entsprechend bestimmen nicht die von der Klägerin zusammengesetzten Fernsteuerungen das Gewerbe der Klägerin, sondern der Bau von Antriebseinheiten mit verschiedenen Schaltmechanismen, die sich als Schlüssel bzw. als Schalter für die Antriebseinheiten darstellen, wie das SG zutreffend angenommen hat.
Fernwirkanlagen sind entweder elektrische Einrichtungen zur Übertragung von Steuerbefehlen und zur Meldung von Schalterstellungen und Betriebszuständen über große Entfernungen oder die Fernübertragung elektrischer und anderer Messwerte über große Entfernungen auf dem Funk- oder Drahtweg (Meyers Großes Taschenlexikon, Stichwort Fernwirkanlagen). Die in den Erläuterungen der Beklagten genannten Geräte der Fernwirktechnik – im Klammerzusatz noch umschrieben mit Mess-, Regel-, elektrische ferngesteuerte Geräte, auch der Kerntechnik – sind daher nicht solche Steuerungseinheiten, die das bloße An-/Ausschalten des Motors (Geräts) ermöglichen, sondern das ferngesteuerte Ingangsetzen von (Wirk-)Prozessen und zwar nur/gerade im Bereich der in der Gefahrtarifstelle mit dem Gewerbezweig umschriebenen Einsatzmöglichkeiten in der Nachrichten-, Mess-, Informations- und Medizintechnik oder in der Mikroelektronik.
Die Fernsteuerungen für elektrisch betriebene Tore sind Komponenten des von der Klägerin hergestellten Endprodukts. Diese geben den Produkten der Klägerin, wie sie selbst auf ihrer Homepage und auch im Laufe des gerichtlichen Verfahren mitgeteilt hat, nicht ihre wesentliche Prägung. Vielmehr ist das Hauptprodukt der Klägerin der elektronische Antrieb der Tore, die ferngesteuerte Auslösung dieses Antrieb hat insofern nur dienenden Charakter und ist nach Darstellung der Klägerin auf ihrer Homepage noch nicht einmal typisch für alle von ihr hergestellten und vertriebenen Torantriebe.
Wie die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung zutreffend ausgeführt hat, beschränkt sich die Herstellung der Klägerin nicht auf die Motoren. Vielmehr kauft sie dieselben nach eigenem Vortrag als Ganzes oder in Komponenten bei anderen Herstellern und fügt sie zu einem vollständigen Produkt "Antriebseinheit" zusammen. Das bedeutet, dass die von der Klägerin genutzten Motoren zwar weniger als 0,5 kVA haben, sich die Herstellung aber nicht auf die Motoren beschränkt. Eine Einordnung unter die Herstellung von Motoren unter 0,5 kVA würde - ähnlich wie die Einordnung unter die Fernwirktechnik ausschließlich wegen der teilweisen Nutzung von Fernsteuerungen - zu einer Einordnung eines Teilproduktes der Klägerin unter den Gefahrtarif führen. Prägend ist aber nicht die Herstellung des Motors sondern der gesamten Antriebseinheit. Diese fällt unter die elektrischen Kleingeräte, vergleichbar mit den in den Erläuterungen zu dieser Gefahrtarifstelle genannten komplett betriebsbereiten Regel- und Steuerungsanlagen.
Sofern die Klägerin vorträgt, dass die Beklagte im neuen, ab 01.01.2012 geltenden Gefahrtarif nunmehr eine eigene Gefahrtarifstelle für Rolltorantriebe vorgesehen hat, hat dieser Vortrag keine Auswirkungen auf den vorliegenden Rechtsstreit. Insbesondere lässt sich aus der Aufnahme dieser Spezifikation nicht darauf schließen, dass die Beklagte im Wege einer Art authentischen Interpretation damit zum Ausdruck bringen wollte, dass schon seit 2005 Rolltorantriebe einem bestimmten Gewerbezweig zuzuordnen waren. Vielmehr spricht die Aufnahme dieser Spezifikation in den neuen - hier nicht zu prüfenden - Gefahrtarif lediglich dafür, dass die Beklagte diesem Gewerbezweig nunmehr eine Bedeutung zumisst, die sie veranlasst hat, eine eigene versicherungsmathematische Berechnung des Schadensrisikos durchzuführen. Auswirkungen für die Vergangenheit hat diese Einschätzung nicht.
Schließlich musste die Beklagte die Einordnung unter die Gefahrtarifstelle 602 bzw. 0002 auch nicht vollständig aufheben, weil der Betrieb der Klägerin ausschließlich unter die Gefahrtarifstelle 640 bzw. 0099, 1009 und 1011 zu veranlagen war. Die Klägerin produziert, wenn auch nur mit einem weniger als hälftigen Anteil ihrer Beschäftigten Antriebseinheiten. Wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, ist auch der Zusammenbau von anderen Herstellern zugekaufter Produkte Herstellung im Sinne ihrer Gefahrtarife, denn durch das Zusammenfügen der Produkte anderer Hersteller entsteht ein neues Produkt der Klägerin, das sie dann vertreibt. Dieser Unternehmensteil umfasst auch mehr als 10% der Mitarbeiter der Klägerin im hier streitigen Zeitraum.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 197a SGG, 154 Abs.1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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