L 6 U 3144/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 2172/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 3144/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Juni 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt wegen eines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls Verletztenrente.

Der.1961 geborene Kläger betreibt als Selbständiger ein Rolladenbau-Unternehmen und ist Nebenerwerbslandwirt (Gutachten Prof. Dr. St., Bl. 297 B-Akten). Bei der Beklagten ist er als landwirtschaftlicher Unternehmer versichert (vgl. Widerspruchsbescheid vom 08.04.2011, Bl. 473 B-Akten). Am 23.02.2008 verunfallte er im Wald. Da er nach eigenen Angaben bewusstlos war und für das Unfallereignis eine Amnesie hat, konnte er zum konkreten Unfallhergang keine Angaben machen. Der Kläger wurde mit dem Rettungshubschrauber in die Universitätsklinik F. geflogen und in den Schockraum verbracht. Die dort durchgeführte Computertomographie des Schädels zeigte eine Kalottenfraktur parieto-temporal mit Einstrahlung in das Felsenbein sowie ein sehr schmales Subduralhämatom (unter der harten Hirnhaut gelegene Blutung) im Bereich der Fraktur (hierzu und zum Folgenden, Entlassungsbericht vom 26.02.2008, Bl. 113 B-Akten). Nachdem es auf der chirurgischen Intensivstation im Verlauf der Nacht zu keinem neuen neurologischen Defizit gekommen war, der Kläger sich vielmehr stets orientiert, freundlich kooperativ und ohne sensomotorisches Defizit gezeigt hatte, wurde er am Folgetag in die Neurochirurgische Klinik verlegt. Die dort durchgeführte Kontroll-Computertomographie zeigte einen Rückgang des schon initial schmalen akuten Subduralhämatoms. Da der Kläger über eine beidseitige Hörminderung mit dem Gefühl, gedämpft zu hören, klagte, wurde am 26.02.2008 ein HNO-Konsil durchgeführt. Bei unauffälligem rechten Ohr wurde hierbei der Verdacht auf ein Hämatotympanon links geäußert und empfohlen, eine Medikation nach dem Stennert-Schema durchzuführen und Nasentropfen zu verordnen. Ohne auf den Entlassbrief mit Verordnung der entsprechenden Medikation zu warten, verließ der Kläger auf eigene Verantwortung am 26.02.2008 die Klinik. Bereits am folgenden Tag wurde er wegen einer Schwellung der linken Gesichtsseite mit Parese im Facialis-Ausbreitungsgebiet sowie anhaltender starker Kopfschmerzen über den Hausarzt in das Bruder-Klaus-Krankenhaus W. eingewiesen und dort zunächst in der Abteilung für Chirurgie stationär aufgenommen. Hier wurde eine deutliche Facialisparese festgestellt sowie wegen des starken Rauchabusus des Klägers (3 Schachteln Zigaretten/Tag seit 30 Jahren) der Verdacht auf eine cardiale Ischämie geäußert und der Kläger zur cardiologischen Abklärung am 28.02.2008 in die Abteilung für Innere Medizin des Bruder-Klaus-Krankenhauses verlegt (Entlassungsbericht vom 28.02.2008, Bl. 9 B-Akten). Dort wurde als klinischer Befund ein linkshängender Mundwinkel und Unfähigkeit, die Stirn zu runzeln, sowie fehlender Lidschluss links und schwacher Mundschluss erhoben. Nach Durchführung einer craniellen Computertomographie wegen des Nachweises einer subtotalen Verschattung der mastoidalen Zellen links wurde der Verdacht einer peripheren Facialisparese geäußert. Bei Entlassung am 05.03.2008 war die Facialisparese klinisch deutlich rückläufig und die Kopfschmerzen hatten sich unter Analgetikatherapie mit Gelonida und Ibuprofen bei fortbestehender linksführender Hörminderung gebessert (Entlassungsbericht vom 10.03.2008, Bl. 73 B-Akten). Im Anschluss befand sich der Kläger vom 05.03. bis 09.04.2008 zur Rehabilitation in der Neurologischen Klinik E., wo bei Aufnahme eine ausgeprägte periphere Facialisparese (linkes Auge kann nicht geschlossen) festgestellt und zum psychischen Befund u. a. ausgeführt wurde, "Fraglich Kognition etwas reduziert, im Alltag nicht relevant beeinträchtigend. Keine eruierbaren formalen oder inhaltlichen Denkstörungen. Affekt ratlos, Antrieb und Psychomotorik ungestört." Als weitere Diagnose wurde der Verdacht auf ein organisches Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma geäußert (Entlassungsbericht vom 05.03.2008, Bl. 83 B-Akten). Im Rahmen der Anamnese hatte der Kläger angegeben, nach wie vor 3 Packungen Zigaretten pro Tag zu rauchen.

Am 14.04.2008 zeigte der Kläger bei der Beklagten den Unfall an. Im Laufe der von der Beklagten eingeleiteten Ermittlungen konnte letztlich nicht mit Eindeutigkeit festgestellt werden, ob der Aufenthalt des Klägers im Wald ausschließlich oder überwiegend der Suche für den landwirtschaftlichen Betrieb benötigter neuer Weidezaunpfählen oder der Produktion von Brennholz für den privaten Gebrauch diente (vgl. Ermittlungsbericht vom 13.05.2008, Bl. 29 B-Akten).

Mit Bescheid vom 30.06.2008 erkannte die Beklagte den Unfall vom 23.02.2008 als Versicherungsfall gem. § 7 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) im Sinne eines Arbeitsunfalls an (Bl. 105 B-Akten) und gewährte für die Zeit vom 23.02. bis 31.12.2008 Verletztengeld von 132,54 Euro täglich, insgesamt 40.689,78 Euro (Bl. 262 B-Akten).

Prof. Dr. Z., Ärztlicher Direktor der Abteilung Allgemeine Neurochirurgie, Neurozentrum, der Neurochirurgischen Universitätsklinik F., beschrieb anlässlich der Kontrolluntersuchung vom 05.09.2008 im computertomographischen Befund die bekannte Kalottenfraktur links temporobasal bei inzwischen wieder gut belüftetem Felsenbein links und intracraniell insgesamt unauffälligen Verhältnissen. Im Vordergrund stehe ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom, auffallend sei eine anhaltende Geräuschempfindlichkeit (Befundbericht vom 08.09.2008, Bl.147 B-Akten).

Vom 15.10. bis 12.11.2008 führte der Kläger auf Kosten der Beklagten ein weiteres stationäres Heilverfahren in der Neurologischen Klinik E. durch. Hier klagte er über Dauerkopfschmerz wechselnder Stärke, lokalisiert über der Stirn und vom Nacken her hochsteigend. Die Aufmerksamkeits- und Konzentrationsleistungen waren insgesamt altersentsprechend ohne besondere Schwankungen, neuropsychologisch fanden sich keine Hinweise für Einschränkungen spezifischer Leistungen. Die Dauerbelastbarkeit war allerdings immer noch deutlich reduziert. Initial erfolgte bei möglichem zusätzlichen Medikamentenkopfschmerz ein Entzug an akut wirksamen Schmerzmitteln sowie Verzicht auf Steroide. Bei zu vermutender koronarer Herzerkrankung und zusätzlicher Fettstoffwechselstörung wurde eine klare Indikation zum Nikotinentzug gesehen (Nervenärztliches Gutachten vom 17.11.2008, Bl. 179 B-Akten).

Im Rahmen eines stationären Aufenthaltes im Herzzentrum Bad K. vom 18. bis 20.11.2008 wurden dem Kläger bei koronarer Eingefäßerkrankung Stents implantiert.

Anlässlich seiner ambulanten Vorstellung in der Kopfschmerzambulanz der Neurologischen Klinik E. am 18.12.2008 berichtete der Kläger von zunehmenden Kopfschmerzen im Tagesverlauf und von weiter bestehendem Nikotinkonsum, reduziert von 100 auf jetzt 30 Zigaretten täglich.

Zur Klärung der Zusammenhangsfrage ließ die Beklagte den Kläger sodann durch Prof. Dr. St. begutachten. Dieser gelangte in seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 21.04.2009 mit psychologischem Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. Sch. vom 23.04.2009 nach ambulanter Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, dass auf neurologischem Fachgebiet als Unfallfolgen eine reversible Hirnfunktionsstörung (Gehirnerschütterung, Commotio cerebri), ausgeheilt, Nervus facialis-Lähmung peripher links, ausgeheilt, sowie Narbenkopfschmerzen bestünden und unfallunabhängige Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet nicht vorlägen. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei wegen der Narbenkopfschmerzen nach Schädelbruch um 10 vom Hundert (v. H.) einzuschätzen, wobei eine wesentliche Besserung zu erwarten sei. Eine Funktionsstörung des Gleichgewichtsorgans oder eine andere Beeinträchtigung, die die weitere Ausübung der Tätigkeit als Rollladenbauer beeinträchtigen würde, liege nicht vor.

Vom 23.04. bis 20.05.2009 befand sich der Kläger nochmals zur stationären Heilbehandlung in der Neurologischen Klinik E ... Als Diagnosen angegeben wurden posttraumatischer Kopfschmerz vom Spannungstyp, Schädel-Hirn-Trauma am 23.02.2008 mit links parieto-temporaler Kalottenfraktur und Einstrahlung in das Felsenbein links sowie sehr schmalem akuten Subduralhämatom, reduzierte Dauerbelastbarkeit, links führende Hypakusis, koronare Eingefäßerkrankung bei normaler linksventrikulärer Funktion, Stent-Implantation ACD rechts am 18.11.2008 sowie Nikotinabusus. Zusammenfassend wurde ausgeführt, es sei unter Modulation der prophylaktischen Behandlung im Januar 2009 gelungen, die Kopfschmerzstärke deutlich zu reduzieren, sodass der Kläger im Januar im eigenen Betrieb einen Arbeitsversuch gemacht habe, was jedoch wiederum zu einem massiven Ansteigen der Symptomatik geführt habe und die Situation erneut habe dekompensieren lassen. Der Kläger habe berichtet, es gehe ihm seit Februar 2009 wieder deutlich schlechter. Die Symptomatik der Kopfschmerzen habe wieder zugenommen. Der Versuch, den Nikotinabusus zu beenden, sei nicht gelungen (nervenärztliches/schmerztherapeutisches Gutachten vom 29.05.2009, Bl. 319 B-Akten).

In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 30.05.2009 führte Dr. O., Arzt für Neurologie/Psychiatrie, Chefarzt Neurologie, Fachklinik W., aus, eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit habe nur bis zum 31.12.2008 bestanden. Die MdE betrage maximal 10 v. H. Inwieweit die Lärmempfindlichkeit durch die Facialis-Parese bzw. Facialis-Restparese mit bedingt sei, ergebe sich aus den Gutachten der Klinik E. nicht. Lärm sei bekanntlich ein Faktor, der zu einer Belastbarkeitsminderung und zur Stressintoleranz führe. Da Lärmintoleranz immer wieder als Ursache der Gesundheitsstörung auf psychischem Gebiet bezeichnet werde und bekanntlich eine ausgeprägte periphere Facialis-Parese vorgelegen habe, sollte eine Hals-Nasen-Ohren-(HNO-)ärztliche Untersuchung erfolgen.

Die Beklagte ließ den Kläger darauf hin durch den HNO-Arzt Dr. W. K. begutachten. Anlässlich seiner ambulanten Untersuchung vom 16.09.2009 schilderte der Kläger eine leichtgradige im Seitenvergleich links höhergradige Hörstörung, die ihm unfallunabhängig seit mehreren Jahren bewusst sei. Ferner habe er seit dem erlittenen Unfallgeschehen einen zeitweise bestehenden Schwindel bemerkt, den er nicht näher charakterisieren könne. Dr. K. stellte im objektiv audiometrischen Fachbefund eine im Seitenvergleich links leichtgradig höhergradig ausgeprägte Schallempfindungsstörung fest. Er wies darauf hin, dass Anhaltspunkte für eine relevante unfallbedingte Mittelohr-Hörminderung links nicht bestünden und insbesondere der Nachweis einer Schallleitungsstörung bei ehemals erhobenem Verdacht auf Bestehen eines Hämatotympanons nicht zu führen sei. Die im Seitenvergleich stärker ausgeprägten Schwerhörigkeitsanteile in den hohen Frequenzanteilen links seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich auf das Unfallgeschehen zurückzuführen. Die im Seitenvergleich rechts bestehende diskrete vestibuläre Untererregbarkeit sei als unfallunabhängig einzustufen. Die unfallbedingte MdE betrage im HNO-Fachgebiet unter 10 v. H (Bl. 381 B-Akten).

Mit Bescheid vom 02.11.2009 erkannte die Beklagte als Unfallfolgen eine folgenlos ausgeheilte Hirnfunktionsstörung, eine ausgeheilte Facialislähmung linksseitig, Narbenkopfschmerzen sowie einen Teil der Hörminderung links an, lehnte aber die Gewährung einer Rente ab und stellte fest, dass unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.12.2008 vorgelegen habe und darüber hinaus kein Verletztengeld mehr gezahlt werde. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass eine Verletztenrente nur zu gewähren sei, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versicherten durch die Folgen des Versicherungsfalles über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 30 v. H. gemindert sei. Nach den ärztlichen Gutachten habe aber über den 31.12.2008 (Ende des Anspruchs auf Verletztengeld) hinaus lediglich eine MdE um 10 v. H. bestanden.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und berief sich auf die Stellungnahmen der behandelnden Ärzte der Neurologischen Klinik E ... Aktenkundig wurde des Weiteren der Befundbericht des Dr. S., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 20.01.2010, bei dem sich der Kläger einmalig am 19.01.2010 vorgestellt hatte (chronisches persistierendes Kopfschmerzsyndrom [migräne-ähnlich] nach Schädel-Hirn-Trauma mit Kalottenfraktur links parieto-temporal mit Einstrahlung in das Felsenbein und akutem Subduralhämatom).

In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 29.06.2010 führte Dr. H., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, zusammenfassend aus, der Kläger habe bei seinem Unfall am 23.02.2008 eine leichte Commotio cerebri, verbunden mit einer kombinierten Kalotten- und Felsenbeinfraktur erlitten. Die dadurch bedingten Beschwerden seien abgeklungen und bedingten ab dem 01.01.2009 (Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit) eine MdE von unter 10 v. H.

Dem trat der Kläger entgegen und machte unter Bezugnahme auf die schmerztherapeutische Stellungnahme des Dr. I., Neurologische Klinik E., eine MdE von mindestens 50 bis 60 v. H. geltend.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und verwies dabei im Wesentlichen auf die bei Prof. Dr. St. und Dr. K. eingeholten Gutachten sowie die beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. O. und Dr. H ...

Hiergegen hat der Kläger am 27.04.2011 unter Wiederholung der bereits im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Argumente Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Ergänzend hat er den ärztlichen Folgebericht zur privaten Unfallversicherung der Klinik E. vom 18.06.2009 (chronischer posttraumatischer Kopfschmerz bei deutlich reduzierter Dauerbelastbarkeit, Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit derzeit und auf Dauer 80 v. H.) sowie die schmerztherapeutische Stellungnahme des Oberarztes Dr. I. vom 24.02.2010 vorgelegt. Darin kommt Dr. I. zu dem Ergebnis, dass aufgrund des unfallbedingten Kopfschmerzes vom Spannungstyp eine unfallbedingte Berufsunfähigkeit von mindestens 50 v. H. für ununterbrochen 6 Monate auch über den 31.12.2008 hinaus bestehe und bei mittelschwerer Leistungsbeeinträchtigung in der gutachterlichen Bewertung eine MdE um 50 bis 60 v. H. vorgesehen sei. Der Kläger sei aufgrund der Unfallfolge nicht in der Lage, sein bisheriges Unternehmen im Rollladenbau vollschichtig fortzuführen.

Das SG hat bei Dr B., Facharzt für Neurologie, Interdisziplinäres Schmerzzentrum - Universitätsklinik F., das neurologische Gutachten vom 02.11.2011 mit neuropsychologischem Zusatzgutachten des Dipl.-Psych. Dr. rer. nat B. vom 13.02.2012 von Amts wegen eingeholt. Dr. B. hat die Kriterien eines chronisch-posttraumatischen Kopfschmerzes nach den Vorgaben der Internationalen Kopfschmerzklassifikation für erfüllt angesehen. Die Einordnung zu einem Spannungs- versus Migräne-Kopfschmerz falle schwer, da teils Symptome beider Entitäten angegeben würden. Wegen der dauerhaften Medikamenteneinnahme und Besserung auf Auslassen sei auch ein Medikamentenübergebrauchskopfschmerz denkbar. Darüber hinaus bestünden Hinweise darauf, dass spätestens ein halbes Jahr nach dem Unfall affektive Störungen, Störungen von Konzentration und Gedächtnis neu hinzu gekommen seien bzw. sich deutlich verschlechtert hätten, zugleich mit der Angabe einer Verschlechterung der Kopfschmerzen. Nachdem dann im Mai 2009 alle Symptome einer etwa mittelschweren depressiven Episode beschrieben worden seien, handele es sich diagnostisch um eine chronische Schmerzstörung mit psychischen und somatischen Faktoren (mit einem chronischen Kopfschmerzsyndrom, einem mittelschweren depressiven Syndrom und daraus resultierenden Folgen mit Störungen von Konzentration und Aufmerksamkeit) sowie den entsprechend benannten psychosozialen Problemen. Da es zu einer offenen Schädelverletzung mit einer Felsenbeinfraktur gekommen sei, sei eine lokale Duraschädigung denkbar. Eine allenfalls kleine Duranarbe links könne aber weder die Lokalisation (beidseits) noch das Ausmaß und die Begleitsymptome des Kopfschmerzes erklären. Rauchen sei wahrscheinlich ein Risikofaktor von Kopfschmerzen, insbesondere Migräne, d. h. es steigere die Wahrscheinlichkeit des Auftretens und die Häufigkeit von Attacken, sei aber kein direkter Auslöser von Kopfschmerzen. Bei der Depression und der Schlafstörung handele es sich um Erkrankungen, die keine anhaltende MdE bedingten, die nicht eindeutig auf das Unfallereignis zu beziehen seien und die grundsätzlich durch eine adäquate schmerz- und antidepressive Medikation überwindbar seien. Unter Einbeziehung des neuropsychologischen Zusatzgutachtens des Dipl.-Psych. Dr. B., dessen Untersuchung keine sicher dem Unfallereignis zuzuschreibenden neurokognitiven Beeinträchtigungen ergeben hatte, und im Hinblick darauf, dass bei dem Kläger kein bildmorphologisches Korrelat einer Hirnschädigung bestanden hat, hat der Sachverständige eine lediglich kopfschmerzbedingte MdE vom Zeitpunkt des Unfalls an für 12 Monate um 10 v. H. vorgeschlagen.

Mit Gerichtsbescheid vom 19.06.2012 hat das SG die Klage nach vorangegangener Anhörung vom 19.04.2012 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die unfallbedingte MdE sei nicht höher als 10 v. H. einzuschätzen. Jedenfalls sei sie nicht mit mindestens 30 v. H. zu bewerten. Hierbei hat sich das SG insbesondere auf das Gutachten des Dr. B. gestützt, der als ausgewiesener Spezialist bezüglich der Einordnung und Bewertung von Schmerzen gelte und sich schlüssig, widerspruchsfrei und sehr sorgfältig mit der hier in Rede stehenden Fragestellung befasst habe. Zu keiner höheren MdE als 10 v. H. seien auch Prof. Dr. St. und Dr. O. gelangt, während Dr. K. und Dr. H. die MdE sogar niedriger als 10 v. H. geschätzt hätten. Den Stellungnahmen des Dr. I. könne hingegen nicht gefolgt werden, da nicht erkennbar sei, ob dieser die Kriterien der gesetzlichen Unfallversicherung gekannt und sachgerecht angewandt habe. Dies folge schon daraus, dass sich Dr. I. in erster Linie mit der Frage der Einschränkung der vom Kläger ausgeübten beruflichen Tätigkeit und nicht mit derjenigen auf dem in der gesetzlichen Unfallversicherung maßgeblichen allgemeinen Arbeitsmarkt auseinandergesetzt habe und er auch keine Begründung für die unpräzise und auf den ersten Blick offensichtlich zu hoch angesetzten MdE um 50 bis 60 v. H. gegeben habe. Der beantragten Vernehmung der Zeugen Dr. V., Dr. R. und Frau J. sei nicht nachzukommen. Denn weder die von den Zeugen zu bekundende Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit noch die Wesensänderung des Klägers seien im Hinblick darauf, dass diese Fragen gutachtlich bereits geklärt und berücksichtigt seien, geeignet, zu einer anderen unfallbedingten Beurteilung, insbesondere zu der Annahme einer unfallbedingten MdE um mindestens 30 v. H. zu gelangen.

Gegen den seiner Prozessbevollmächtigten am 22.06.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23.07.2012 (Montag) Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, das SG hätte die behandelnden Ärzte Dr. V. und Dr. R. als Zeugen vernehmen müssen. Außerdem habe er mit Schriftsatz vom 18.04.2012 beantragt, bei Dres. V. und R. ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen. Hierüber sei nicht entschieden worden. Anders als vom SG unterstellt, habe sich Dr. I. in seinem Gutachten vom 24.02.2010 ausführlich mit der Aktenlage des Klägers beschäftigt und dargelegt, welche Kriterien für einen typischen posttraumatischen Kopfschmerz sprächen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Juni 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2011 hinsichtlich der Ablehnung einer Verletztenrente aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 23. Februar 2008 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 30 vom Hundert ab 1. Januar 2009 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat zur Begründung im Wesentlichen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides verwiesen.

Der Senat hat das von der Bayerischen Beamtenkrankenkasse geführte Vorerkrankungsverzeichnis sowie Aktenstücke aus einem wegen eines vom Kläger am 30.08.2008 verschuldeten Verkehrsunfalls beim Amtsgericht W. eingeleiteten strafgerichtlichen Verfahren (Az.: 2 Cs 540 Js 34219/08) beigezogen. Gegen den in dieser Sache ergangenen Strafbefehl vom 05.06.2009 (Geldstrafe von 70 Tagessätzen wegen fahrlässiger Körperverletzung) hat der Kläger Einspruch eingelegt und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht W. am 21.10.2009 u. a. angegeben, er sei seit 28.02.2008 krankgeschrieben. Seine Rolladenfirma mit sechs Angestellten laufe jedoch weiter. Er erhalte 80 Euro Krankengeld täglich von seiner Versicherung. Den Einspruch hat der Kläger sodann zurückgenommen.

Auf Antrag des Klägers gem. § 109 SGG hat der Senat das Gutachten des Dr. V., Arzt für Innere Medizin, vom 28.01.2013 eingeholt. Der Sachverständige hat auf seinem Fachgebiet eine generalisierte Arteriosklerose mit Stent-Implantation im Jahr 2008 und Stent-Angioplastie (Erweiterung) im Januar 2009 sowie eine Magenschleimhautentzündung im Mai 2007 diagnostiziert und festgestellt, dass zwischen diesen Erkrankungen und dem Arbeitsunfall vom 23.02.2008 kein Zusammenhang bestehe. Nach dem Unfallereignis habe der Kläger über anhaltenden, diffusen, stechenden bis drückenden, den ganzen Schädel betreffenden Kopfschmerz, der morgens beim Erwachen noch nicht vorliege, aber bei beruflicher Beanspruchung rasch zunehme und so heftig werde, dass er zum Abbruch der Arbeit zwinge, geklagt. Außerdem sei er unkonzentriert und reizbar, was zu Konflikten mit Betriebsmitarbeitern und Kunden führe. Bei den regelmäßigen Vorstellungsterminen in der Praxis habe der Kläger in seiner Persönlichkeit auffällig, nämlich fahrig, unkonzentriert, häufig distanzlos, meistens aber deutlich depressiv verstimmt und pessimistisch gewirkt. Von ihm und anderen Kollegen verordnete Antidepressiva hätten nur unzureichend Erfolg gehabt. In Übereinstimmung mit den vorliegenden Befunden sei er der Auffassung, dass es sich um einen posttraumatischen Kopfschmerz handele. Die Depression sei wahrscheinlich Folge des Unfallereignisses und der darauffolgenden Beschwerden bzw. notwendigen stationären Behandlungen. Bis heute liege Behandlungsbedürftigkeit vor, da belastungsabhängig weiterhin Kopfschmerzen bestünden. Anlässlich der ambulanten Untersuchung am 24.01.2013 habe der Kläger berichtet, dass der Kopfschmerz auch von der Lage und der Bewegung des Kopfes abhänge. Passend hierzu habe sich eine deutlich verspannte Nackenmuskulatur und eine leichte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule nach rechts, nach links und nach hinten gefunden. Es habe eine hundertprozentige MdE mindestens bis zum Frühjahr 2009 bestanden. Seine konkret ausgeübte Tätigkeit als selbständiger Unternehmer im Rolladenbau habe er bis zum 31.12.2009 nicht durchführen können. Die Bewertung der MdE für den Kläger ergebe sich aus dem Tätigkeitsprofil des mittelständischen Unternehmers im Rolladenbau. Er gehe von einer MdE um ca. 50 v. H. aus. Die Bewertung der neuropsychiatrischen Veränderungen in Bezug auf das Unfallereignis und auf die Arbeitsfähigkeit bzw. MdE des Klägers falle ihm als Internisten schwer. Im Laufe des Jahres 2010 seien die Kontakte mit dem Kläger spärlicher geworden und hätten sich in großen Teilen auf die Kontrolle der internistischen Erkrankungen wie koronare Herzkrankheit und Oberbauchbeschwerden bezogen. Zum derzeitigen Zeitpunkt könne er mit Sicherheit nur noch das Kopfschmerzsyndrom mit einer MdE um 10 v. H. bescheinigen.

Auf Antrag des Klägers, den Sachverständigen um Darlegung zu bitten, innerhalb welchen Zeitraums er von einer unfallbedingten MdE um 50 v. H. und wann er von einer MdE um 10 v. H. ausgehe sowie zu erläutern, ob die Arbeitsunfähigkeit, ausgehend von der ausgeübten Tätigkeit als selbständiger Unternehmer im Rolladenbau, ausschließlich unfallbedingt bis zum 31.12.2009 gedauert habe, hat der Senat die ergänzende Stellungnahme des Dr. V. vom 27.03.2013 eingeholt. Hierin hat dieser darauf hingewiesen, dass seine gutachterliche Erfahrung sehr gering sei; und die wenigen Gutachten, die er verfasst habe, mehr als 25 Jahre zurück lägen. In diesem Sinne wolle er seine Aussagen relativieren. Außerdem sei darauf hinzuweisen, dass die anliegenden Fragen sich ganz überwiegend auf fachfremde Gebiete bezögen. Er wolle sich insbesondere aufgrund seiner mangelnden gutachterlichen Tätigkeit nicht mehr zu dem Fall äußern müssen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere statthafte Berufung (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 02.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2011 ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Verletztenrente sind vorliegend die §§ 2, 7, 8, 56 und 80a SGB VII.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Versicherte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5a und b SGB VII haben abweichend von § 56 Abs. 1 Satz 1 Anspruch auf eine Rente nach § 80a Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wenn ihre Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 30 v. H. gemindert ist. Gem. § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII sind kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung Personen versichert, die Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), das heißt auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII). Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 30.06.2008 hat die Beklagte den Unfall des Klägers vom 23.02.2008 als Versicherungsfall gem. § 7 SGB VII im Sinne eines Arbeitsunfalls förmlich anerkannt. Einen Anspruch auf Verletztenrente könnte der nach § 2 Abs. 1 Nr. 5a SGB VII bei der Beklagten versicherte Kläger aus diesem Arbeitsunfall nur ableiten, wenn aufgrund des durch den Arbeitsunfall erlittenen Gesundheitserstschadens länger, nämlich über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus andauernde gesundheitliche Folgeschäden entstanden wären, die mit einer MdE um mindestens 30 v. H. zu bewerten wären. Dies ist indes nicht der Fall.

Während die versicherte Tätigkeit, die Art und das Ausmaß des Unfallereignisses, der Gesundheitserstschaden und die hierdurch verursachten länger andauernden Unfallfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden müssen, ist für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität, welche nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen sind, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (vgl. hierzu und zum Folgenden BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).

Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftiger Weise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Der wissenschaftliche Erkenntnisstand ist die Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind. Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte sei so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat anhand des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes.

Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs beziehungsweise Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Wenn es mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen gibt, ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere/n Ursache/n keine überragende Bedeutung hat/haben. Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur diese Ursache/n "wesentlich" und damit Ursache/n im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (st. Rspr, vgl. z. B. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 22). Ist die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen, so ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte.

Bei dieser Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne Weiteres zu unterstellen ist. Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache beziehungsweise dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, ferner das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, die Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein.

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung gegebenenfalls in einem oder mehreren Schritten zu prüfende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, vor allem wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Aber es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache das angeschuldigte Ereignis eine Ursache ist oder die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellte versicherte Ursache im naturwissenschaftlichen Sinn automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht dem Kläger eine Verletztenrente nicht zu. Denn die auf den Arbeitsunfall vom 23.02.2008 mit Wahrscheinlichkeit zurückzuführenden Gesundheitsfolgeschäden bedingen keine MdE um mindestens 30 v. H. Dies hat das SG in Auswertung des bei dem Facharzt für Neurologie Dr. B. in Auftrag gegebenen Gutachtens und unter Berücksichtigung der im Verwaltungsverfahren eingeholten und im gerichtlichen Verfahren urkundlich zu verwertenden Gutachten von Prof. Dr. St. und Dr. K. sowie der beratungsärztlichen Stellungnahmen der Dres. O. und H. ausführlich begründet dargelegt. Der Senat schließt sich nach nochmaliger eigener Überprüfung dieser Auffassung an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe in dem angefochtenen Gerichtsbescheid nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.

Hiernach steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger durch den Arbeitsunfall eine Kalottenfraktur parieto-temporal mit Einstrahlung in das Felsenbein sowie ein sehr schmales Subduralhämatom erlitten hat. Zu einer strukturellen Hirnläsion oder einer Hirngewebsverletzung kam es hierbei nicht.

Dieser Gesundheitserstschaden hat mit Wahrscheinlichkeit zu einer vorübergehenden (transienten) peripheren Facialisparese links geführt. Schon bei Aufnahme in der Neurologischen Klinik E. am 05.03.2008 war jedoch lediglich noch festgestellt worden, dass das linke Auge nicht geschlossen werden konnte. Bei Entlassung aus der stationären Heilbehandlung am 09.04.2008 hatte sich auch diese Symptomatik zurückgebildet und das linke Auge konnte wieder geschlossen werden. Da weitere Zeichen der Facialisparese im Entlassungsbericht nicht genannt und auch in den nachfolgenden ärztlichen und psychologischen Stellungnahmen keine entsprechenden fortwirkenden Befunde erhoben worden sind, ist davon auszugehen, dass die Facialisparese nur Auswirkungen bis zum 09.04.2008 und somit nicht über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus hatte.

Soweit der Kläger über Kopfschmerzen geklagt hat bzw. solche nach wie vor geltend macht, können diese nur für einen vorübergehenden Zeitraum als Unfallfolge anerkannt werden. Der Senat stützt sich hierbei auf die überzeugenden und gut nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. B., der in Übereinstimmung mit Prof. Dr. St. und unter Auswertung des am Unfalltag erstellten radiologischen Befundes sowie mehrerer computertomographischer Kontrollaufnahmen keine strukturelle Hirnverletzung sowie keine traumatische Subarachnoidalblutung, Hirnparenchymschädigung oder Liquorabflussstörung als Folge des Unfalls festgestellt hat. Für den Senat ist daher seine Schlussfolgerung, dass die Kopfverletzung des Klägers lediglich zu einer Commotio cerebri (leichtes Schädel-Hirn-Trauma ohne Nachweis einer Hirnschädigung) und nicht zu einer contusio cerebri (gedeckte Hirnverletzung) geführt hat, in sich widerspruchsfrei und plausibel. Zum selben Ergebnis sind auch Prof. Dr. St. und Dr. H. gelangt.

In der unfallversicherungsrechtlichen Literatur ist anerkannt, dass leichte Schädel-Hirn-Traumen ohne Nachweis einer Hirnsubstanzschädigung im Regelfall keine Dauerfolgen bewirken und lediglich eine Arbeitsunfähigkeit für Tage, maximal für einige Wochen bedingen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, S. 180 ff.). Kopfschmerzen können nach Schädel-Hirn-Verletzungen eine beeinträchtigende Folgeerscheinung darstellen. Von chronisch-posttraumatischen Kopfschmerzen ist bei länger als acht Wochen dauernden Beschwerden auszugehen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 212). Beschwerden nach einem leichten Schädel-Hirn-Trauma in Form anhaltend leichter Kopfschmerzen, Aufmerksamkeits-, Gedächtnisstörungen, vermehrter Ermüdbarkeit, vermindertem Appetit, Licht-, Geräuschempfindlichkeit oder Akkumulationsstörungen, Angst und Depressivität sowie Schlafstörungen sind in der Akutphase häufig, klingen jedoch überwiegend in drei bis zwölf Monaten ab. Bei fehlendem Nachweis einer Hirnschädigung (Commotio cerebri) ist von keiner dauerhaften Beeinträchtigung auszugehen, eine vorübergehende MdE kann in abgestufter Form wegen subjektiver Beschwerden gerechtfertigt sein. Lediglich bei einem bereits vorgeschädigten oder alterndem oder minder durchbluteten Gehirn, im Falle des Klägers nicht erhobener Befunde, sind stärkere Beschwerden und eine verzögerte Rückbildung längstens bis zum Ablauf von zwei Jahren annehmbar. Im Falle einer unkomplizierten Commotio sind hartnäckige Kopfschmerzen statistisch überwiegend durch psychologische Faktoren (mit-)bedingt. Weitere Momente sind Fremdverschulden eines Unfalls und die Aussicht auf finanzielle Entschädigung. Allenfalls ist eine MdE für wenige Monate zuzuerkennen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 212, m. w. N.). Grund für die bisweilen beschriebene Zweijahresfrist soll eine Fehlinterpretation rein versicherungstechnischer Verhältnisse, nämlich die Umwandlung der vorläufigen in eine Dauerrente nach altem Recht, medizinisch aber nicht begründbar sein.

Soweit Dr. B. beim Kläger chronisch-posttraumatische Kopfschmerzen als Folge des Unfalles angenommen hat, steht dies somit im Einklang mit der überwiegenden Auffassung im Schrifttum und wird zudem durch die von Dr. B., einem Facharzt für Neurologie und spezielle Schmerztherapie, dargestellten Einschätzungskriterien, wonach aufgrund des Umstandes, dass die Kopfschmerzen innerhalb von 7 Tagen nach dem Schädel-Hirn-Trauma aufgetreten sind und zuvor keine Kopfschmerzen bekannt waren und daher von einem entsprechenden Ursachenzusammenhang mit dem Unfallereignis auszugehen ist, bestätigt.

Auch im Hinblick auf Dauer und Höhe der hierdurch bedingten MdE hält der Senat die Ausführungen des Sachverständigen für schlüssig. Danach liegt eine kopfschmerzbedingte MdE vom Zeitpunkt des Unfalls an für 12 Monate, d. h. bis zum 23.02.2009, um 10 v. H. vor. Hierbei wird der in der Literatur angegebene Zeitrahmen bereits voll ausgeschöpft. Dass ohne nachgewiesene Hirnschädigung ein eigentlich nicht entschädigungspflichtiger postcommotioneller Kopfschmerz als leichte zentralvegetative Störung für eine Dauer von maximal 6 bis 12 Monaten auch nach den Leitlinien zur Begutachtung von Kopfschmerzen anerkannt werden kann, hat der Sachverständige Dr. B. dargelegt.

Soweit im Dezember 2008 affektive Störungen sowie Störungen von Konzentration und Gedächtnis neu hinzugekommen sind bzw. sich deutlich verschlechtert haben, einhergehend mit der Angabe einer Verschlechterung der Kopfschmerzen, kann diese Beschwerdezunahme 10 Monate nach dem Unfallereignis vom 23.02.2008 diesem nicht angelastet werden. Insoweit schließt sich der Senat den Einwänden des Beratungsarztes Dr. H. an, wonach eine leichte Commotio cerebri ohne strukturelle Hirnläsion nicht zu einer derartigen schweren Hirnfunktionsstörung führen kann und ohne besondere Zwischenfälle bzw. morphologische Veränderungen ein Crescendo-Charakter nach einem Schädel-Hirn-Trauma nicht möglich ist. Hinzukommt, dass nach dem neuropsychologischen Zusatzgutachten des Dr. B. keine Hinweise auf eine unfallbedingte neurokognitive Beeinträchtigung vorliegen und schon im Entlassungsbericht der Neurologischen Klinik E. vom 05.03.2008 in Frage gestellt worden ist, ob die Kognition etwas reduziert war, jedenfalls aber eine relevante Beeinträchtigung im Alltag nicht festgestellt worden ist und auch keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen eruierbar waren.

Im Hinblick auf die von Prof. Dr. St. angenommenen unfallbedingten und mit einer MdE um 10 v. H. bewerteten Narbenkopfschmerzen hat Dr. B. aus Sicht des Senats zutreffend darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf eine offene Schädelverletzung zwar eine lokale Duraschädigung denkbar ist. Über 12 Monate hinausgehende, dauerhafte Kopfschmerzen wären jedoch nur anzunehmen, wenn die Läsion geeignet gewesen wäre, solche hervorzurufen. Dies ist vorliegend indes nicht der Fall. Im radiologischen Befund war zu keinen Zeitpunkt eine Duranarbe erkennbar. Schlüssig ist daher die Argumentation des Sachverständigen Dr. B., dass eine allenfalls kleine, der radiologischen Diagnostik entgangene Duranarbe links weder die Lokalisation (beidseits) noch das Ausmaß und die Begleitsymptome des Kopfschmerzes erklären kann. Im Übrigen ist auch Prof. Dr. St. wohl davon ausgegangen, dass die posttraumatischen Kopfschmerzen nicht auf Dauer eine MdE um 10 v. H. bedingen, da er ausdrücklich eine wesentliche Besserung prognostiziert hat.

Zur Überzeugung des Senats sind die über 12 Monate hinausgehenden Kopfschmerzen des Klägers nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den durch das Unfallereignis verursachten Gesundheitserstschaden zurückzuführen. Maßgeblich sind hierfür vielmehr unfallunabhängige Ursachen, wie sich aus dem Gutachten des Dr. B. für den Senat nachvollziehbar ergibt. Der Kläger ist in hohem Maße nikotinabhängig mit einem Zigarettenkonsum von 100 Zigaretten pro Tag über 30 Jahre. Vorübergehend war er lediglich in der Lage, diesen auf 20 bis 30 Zigaretten pro Tag einzuschränken. Rauchen gilt nach medizinscher Auffassung als Risikofaktor von Kopfschmerzen, insbesondere Migräne, d. h. es steigert die Wahrscheinlichkeit des Auftretens und die Häufigkeit von Attacken. Dass als Ursache für die Kopfschmerzen des Klägers auch eine unfallunabhängige Migräneerkrankung in Betracht kommt, da die Symptome teilweise dieselben wie bei einem Spannungskopfschmerz sind (mittelstarke Intensität, Beidseitigkeit, stechende Schmerzen, Lichtscheu- und Geräuschempfindlichkeit), hat der Sachverständige Dr. B. hervorgehoben. Dies korrespondiert mit dem Befundbericht des Neurologen und Psychiaters Dr. S., der das Kopfschmerzsyndrom des Klägers ebenfalls als migräne-ähnlich charakterisiert hat.

Darüber hinaus hat sich bei dem Kläger seit Mai 2009 ein mittelschweres depressives Syndrom entwickelt mit psychosozialen Problemen, indem er seine Funktion als Geschäftsführer nicht mehr ausführen konnte und auch beim Autofahren deutlich eingeschränkt war. Auch diese den Schweregrad und die Aufrechterhaltung des Kopfschmerzes beeinflussende psychische Erkrankung ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ebenso wie die mit Schlafstörungen einhergehende chronische Schmerzstörung nicht auf den Unfall zurückzuführen. Außer den genannten psychosozialen Problemen kommen weitere eine depressive Stimmungslage erklärende, unfallunabhängige Umstände hinzu. Zum einen wurde bei dem Kläger im zeitlichen Zusammenhang mit der Feststellung der depressiven Symptomatik eine koronare Herzerkrankung diagnostiziert, die zunächst eine Stent-Implantation und anschließend eine Stent-Angioplastie (Januar 2009) erforderlich gemacht hat. Nachdem dem Kläger die durch seinen Nikotinabusus verursachte Steigerung des Risikos weiterer Arterienverengung dargelegt worden ist, er sich jedoch nicht dauerhaft in der Lage sieht, diese Gefahrenquelle zu beseitigen, dürfte sich auch hieraus eine Beeinträchtigung des seelischen Wohlbefindens erklären. Nicht zu übersehen ist im Übrigen, dass die im Mai 2009 festgestellten depressiven Symptome mit dem vom Kläger verschuldeten Verkehrsunfall und dem deshalb ergangenen Strafbefehl zeitlich korrelieren.

Ist somit der Gesundheitserstschaden nicht geeignet, einen über die Dauer von 12 Monate hinausgehenden dauernden Kopfschmerz zu begründen, sind andererseits zahlreiche unfallunabhängige Ursachen gegeben, die die dauerhaften Kopfschmerzen des Klägers erklären, ist ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und fortbestehenden Kopfschmerzen nicht wahrscheinlich.

Desweiteren leidet der Kläger unfallbedingt an einer im Seitenvergleich links stärker ausgeprägten Hochtonschallempfindungsstörung. Hierbei stützt sich der Senat auf das im Urkundenbeweis zu verwertende HNO-ärztliche Gutachten des Dr. K. vom 17.09.2009. Dieser hat in der elektroakustischen Hörprüfung rechts eine Hochtonschallempfindungsschwerhörigkeit mit Abgleiten der Hörkurve bei 1 KHz um 10 dB auf Werte um 50 dB bei 4 KHz sowie links bei 1,5 KHz um 10 dB auf Werte um 70 dB bei 4 KHz ermittelt, ohne Nachweis einer Schallleitungsstörung beidseits. Im Sprachaudiogramm hat er einen Hörverlust rechts von 2,5 dB und links von 5 dB nachgewiesen. Das gewichtete Gesamtwortverstehen ermittelte er rechts mit 277,5 und links mit 262,5. Wenn er hieraus gefolgert hat, dass beim Kläger beidseits eine beginnende Schwerhörigkeit vorliegt, die sich tonaudiometrisch beidseits als reine Schallempfindungsschwerhörigkeit mit Abfall der Knochenluftleitungskurve zu den hohen Frequenzen hin zeigt, jedoch nur die linke Hörminderung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das stattgehabte Unfallereignis zurückzuführen ist, die diskrete vestibuläre Untererregbarkeit rechts hingegen als unfallunabhängig einzustufen ist und für die im Seitenvergleich links stärker ausgeprägte Hochtonschallempfindungsstörung eine messbare MdE noch nicht vergeben werden kann, diese vielmehr unter 10 v. H. beträgt, so ist dies für den Senat aufgrund der vorgelegten Testergebnisse nachvollziehbar und überzeugend. Da nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII die Folgen eines Versicherungsfalles nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern, ist die unfallbedingte Hörminderung links nicht als Gesundheitsfolgeschaden MdE-relevant.

Weitere unfallbedingte Gesundheitsstörungen liegen nicht vor. Soweit im Entlassungsbericht der Neurologischen Klinik E. vom 05.03.2008 ein organisches Psychosyndrom erwähnt wird, fehlt es an dem sicheren Nachweis einer solchen Erkrankung. Denn zum einen wird lediglich eine Verdachtsdiagnose gestellt, zum anderen werden keine Symptome beschrieben, die eine solche Diagnose rechtfertigen könnten, worauf der Beratungsarzt Dr. H. zu Recht hingewiesen hat. Das von Prof. Dr. Z. aufgrund seiner Kontrolluntersuchung vom 05.09.2008 beschriebene psychovegetative Erschöpfungssyndrom wurde in der Folgezeit nicht mehr diagnostiziert und dürfte im Hinblick darauf, dass sich anlässlich der nachfolgenden stationären Rehabilitation in der Neurologischen Klinik E. neuropsychologisch keine Hinweise für Einschränkungen spezifischer Leistungen fanden, nur eine kurzzeitige Erscheinung gewesen sein, zumal der Kläger am 24.09.2008 mit dem Berufshelfer F. überein gekommen war, dass von einer beruflichen Wiedereingliederung in seine Tätigkeit als Selbständiger in Bälde auszugehen sei (Bl. 149 B-Akten).

Insgesamt lassen sich daher keine Gesundheitsschäden feststellen, die mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 23.02.2008 zurückzuführen sind und eine rentenberechtigende MdE um mindestens 30 v. H. begründen. Weshalb die im Ergebnis abweichende Stellungnahme des Dr. I. in seiner schmerztherapeutischen Stellungnahme vom 24.02.2010 nicht zu überzeugen vermag, hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid bereits dargelegt. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an und nimmt daher auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides insoweit Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ob sich Dr. I. bei seiner Einschätzung von den maßgeblichen oben beschriebenen unfallversicherungsrechtlichen Grundsätzen hat leiten lassen, kann seiner Stellungnahme nicht entnommen werden. Jedenfalls hat er weder problematisiert, wie sich die vom Kläger angegebene Kopfschmerzsymptomatik mit dem Gesundheitserstschaden einer Commotio cerebri verträgt, noch hat er sich mit den hier gegebenen Konkurrenzursachen auseinandergesetzt.

Auch das auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG bei Dr. V. eingeholte Gutachten vermag den Senat nicht vom Vorliegen einer unfallbedingten MdE um 30 v. H. zu überzeugen. Zum einen hat Dr. V. selbst darauf hingewiesen, dass er mit Sicherheit unfallbedingt nur das Kopfschmerzsyndrom mit einer MdE um 10 v. H. bescheinigen kann. Auf Nachfrage, wie seine weitergehenden MdE-Bewertungen im Hinblick auf die neuropsychiatrischen Veränderungen und die depressive Verstimmung zu verstehen seien, hat Dr. V. darum gebeten, aufgrund mangelnder gutachterlicher Erfahrung und fehlender fachlicher Qualifikation auf neurologischem, neuropsychiatrischem und psychologischem Fachgebiet, seine Aussagen zu relativieren. Dies versteht der Senat als eindeutigen Hinweis darauf, dass lediglich die fachgebietskonformen Aussagen in dem Gutachten verwertet werden sollen und daher lediglich die kopfschmerzbedingte MdE um 10 v. H. der gutachterlichen Einschätzung entspricht.

Ein Anspruch auf Verletztenrente ergibt sich somit für den Kläger aus dem Unfallereignis vom 23.02.2008 nicht.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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