Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 4054/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3497/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Hepatitis-C-Erkrankung des Klägers als Folge eines Arbeitsunfalles vom 27.06.1975 anzuerkennen ist.
Der 1951 geborene Kläger teilte der Beklagten mit Schreiben vom 30.09.2009 mit, sein Hausarzt Dr. med. R. Kä. habe bei ihm am 30.07.2009 Hepatitis C festgestellt. Da er selber nur einmal, nämlich im Jahr 1975, Blut bekommen habe, hätten die Ärzte den Verdacht geäußert, dass er damals durch die Bluttransfusion möglicherweise mit dem Virus Hepatitis C infiziert worden sei. Das Institut für angewandte Pathologie S. nahm am 24.08.2009 folgende Beurteilung vor: Chronische Hepatitis vom Virustyp mit mäßiger entzündlicher Aktivität (Aktivitätsgrad 3) und milder Fibrose (Stadium I). Kein Anhalt für bösartiges Wachstum.
Die Beklagte zog die Akten über den früheren Arbeitsunfall des Klägers vom 27.06.1975 bei. Danach zog sich der Kläger bei seiner damaligen Tätigkeit als Dachdecker-Helfer Verbrühungen durch heißen Teer zu. Mit dem Krankenwagen wurde der Kläger ins Krankenhaus B. gebracht (Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. F. vom 27.06.1975); von dort erfolgte die Verlegung mit dem Rettungshubschrauber in die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik L ... In deren Nachschaubericht vom 30.06.1975 wurde ausgeführt, der Kläger habe Verbrennungen 2. und 3. Grades des Gesichtes, Rumpfes und der oberen Extremitäten von 85% der Körperoberfläche erlitten. Nach der Rechnung der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vom 31.07.1975 hat der Kläger dort Blut und Blutersatzmittel erhalten.
Die Beklagte zog von der AOK B. ein Vorerkrankungsverzeichnis ab 19.04.2004 über den Kläger bei sowie ein Vorerkrankungsverzeichnis von der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (März 2000). Zur Frage, ob bereits 1990 erhöhte Leberwerte nachgewiesen seien, fragte die Beklagte beim behandelnden Arzt Dr. Kä. an. Dort lagen jedoch keine Unterlagen mehr von 1990 vor.
Mit dem Einverständnis des Klägers beauftragte die Beklagte Prof. Dr. K. , Ärztlicher Direktor des Departments für Infektiologie und Virologie des Universitätsklinikums H. , mit der Erstattung eines Gutachtens nach Untersuchung des Klägers. Dieser führte in seinem Gutachten vom 14.04.2010 aus, der Kläger habe in unmittelbarer Folge eines Arbeitsunfalles vom 27.06.1975 mit ausgedehnten Verbrennungen wiederholt Transfusionen von Blut und Blutersatzmitteln (Humanes Albumin, Humanes Fibrinogen) erhalten. Im Juli 2009 sei erstmals eine chronische Hepatitis-C-Erkrankung der Leber mit histopathologisch mäßiger entzündlicher Aktivität (Aktivitätsgrad 3) und milder Fibrose (Stadium 1) diagnostiziert worden. Gemäß Bericht des behandelnden Gasteroenterologen Dr. P. vom 22.01.2010 sei beim Kläger 17 Wochen nach Beginn einer medikamentösen Therapie kein HCV mehr im Blut nachweisbar gewesen. Anamnestisch habe der Kläger seit 1975 keine weiteren Bluttransfusionen erhalten. Zur Frage eines Zusammenhangs zwischen den Bluttransfusionen und der festgestellten Hepatitis-C-Erkrankung führte Prof. Dr. K. aus, generell könne HCV durch verschiedene Infektionsquellen und Wege übertragen werden. Hierzu zählten der intravenöse Drogenabusus, Geschlechtsverkehr, perinatale Infektionen sowie Transfusionen von Blut und Blutprodukten, insbesondere vor Einführung geeigneter Nachweisverfahren in das Spender-Screenings ab 1990. Ca. 10% aller HCV-Infektionen könnten keinem dieser Übertragungswege eindeutig zugeordnet werden. Angesichts der wiederholten Transfusionen bestehe beim Kläger die Möglichkeit einer Transfusions-assoziierten Übertragung des Hepatitis-C-Virus. Zwischen den Transfusionen und der Erstdiagnose einer HCV-Infektion lägen allerdings 34 Jahre. Aufgrund dieser sehr langen diagnostischen Lücke, verschiedener möglicher Übertragungswege und einem bei HCV-Infektionen zumeist asymptomatischen Verlaufs sei eine Bewertung der Kausalität prinzipiell schwierig. Die Abschätzung des Risikos einer Transfusions-assoziierten HCV-Infektion in Deutschland Mitte der Siebziger Jahre (vor Einführung des Anti-HCV-Spender-Screenings 1990) müsse retrospektiv durchgeführt werden und somit als bestmögliche Aproximation angesehen werden. Hierzu läge ihm eine themenbezogene Stellungnahme von Prof. Dr. R. , Institut für Virologie, Nationales Referenzzentrum für Hepatitis-C, Universitätsklinikum E. , für einen ähnlich gelagerten Fall aus dem Jahre 1995 vor. Basierend auf diesen Daten halte er eine HCV-Prävalenz von bis zu 0,6% der Blutspender in der Bundesrepublik Deutschland auch Mitte der Siebziger Jahre für möglich. Der Kläger habe im Juni/Juli 1975 mehrere Bluttransfusionen sowie Blutersatzmittel erhalten. Letztere würden typischerweise aus Blut vieler Blutspender hergestellt und seien bis in die 80er Jahre keinem Inaktivierungsverfahren unterzogen worden, das HCV sicher abtöte. Diese Blutprodukte stellten somit ein besonderes Risiko einer HCV-Infektion dar. Somit habe eine erhöhte Gefährdung vorgelegen und es sei möglich, dass sich der Kläger infolge der Transfusionen im Rahmen der Behandlungen seines Arbeitsunfalles 1975 mit HCV infiziert habe. Die verwendeten Produkte hätten damals nicht getestet werden können und stünden heute nicht mehr zur Verfügung. Klinische Symptome einer Hepatitis lägen anamnestisch nicht vor, was aber angesichts der meist asymptomatischen akuten Phase der HCV-Infektion keine Aussage erlaube. Für den Zeitraum zwischen 1975 und 2009 lägen keine weiteren zielführenden diagnostischen Informationen vor, sodass der Zeitpunkt der HCV-Infektion nicht sicher bestimmt werden könne. Eine Übertragung über andere Infektionswege könne demnach nicht ausgeschlossen werden. Zusammenfassend könne aus virologischer Sicht eine Kausalität zwischen den Transfusionen und der HCV-Infektion beim Kläger nicht sicher festgestellt, aber definitiv auch nicht ausgeschlossen werden. Erfreulicherweise scheine die HCV-Behandlung beim Kläger zur Elimination des Virus geführt zu haben, was das Risiko von gravierenden Spätfolgen der chronischen Hepatitis-C reduziere.
Mit Bescheid vom 17.05.2010 stellte die Beklagte fest, dass es sich bei der Hepatitis-C-Erkrankung nicht um eine Folge des Unfalles vom 27.06.1975 handele. Ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe diesbezüglich nicht. Zur Begründung verwies die Beklagte auf das Gutachten von Prof. Dr. K ... Dieser habe zur Beurteilung des damaligen Infektionsrisikos verschiedene Studien herangezogen, da eine explizite Beurteilung des Infektionsrisikos für Mitte der Siebziger Jahre nicht existiere. Basierend auf diesen Daten sei der Gutachter davon ausgegangen, dass auch Mitte der Siebziger Jahre die Infektionsrate der Blutspender deutschlandweit bei ca. 0,6% anzusiedeln sei. Nach Auswertung der erhobenen Befunde, des Zusammenhangsgutachtens sowie der vorliegenden medizinischen Unterlagen komme die Beklagte zu dem Ergebnis, dass der Zusammenhang zwischen Unfallereignis und der festgestellten Erkrankung, Hepatitis-C, nicht hinreichend wahrscheinlich sei. Gegen den Zusammenhang spreche, dass die reguläre Inkubationszeit überschritten worden sei. Es müsste sich hierbei um einen atypischen Verlauf handeln. Dies sei jedoch nicht bewiesen. Des Weiteren sei nicht ausgeschlossen, dass der Kläger sich zwischen 1975 und 2009 durch andere Infektionsquellen und Übertragungswege infiziert habe. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung könnten deshalb wegen der Hepatitis-C-Erkrankung nicht gewährt werden.
Dagegen legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, laut den behandelnden Ärzten des Klägers sei die wahrscheinlichste Ansteckungsquelle für HCV die zahlreichen Bluttransfusionen anlässlich des Arbeitsunfalles vom 27.06.1975. Natürlich könne der Kläger weder nachweisen, dass eine der zahlreichen ihm verabreichten Blutkonserven Hepatitis-Viren enthalten hätten, noch könne er beweisen, dass eine andere Infektionsquelle auszuschließen sei. Der Kläger gehöre aber keiner Risikogruppe an und die Ehefrau des Klägers sei erfreulicherweise nicht an Hepatitis C erkrankt. Eine andere mögliche Infektionsquelle sei nicht wahrscheinlich. Soweit die Beklagte anführe, dass die Inkubationszeit einer Hepatitis C im Durchschnitt 14 Tage bis vier bis sechs Monate betrage, werde darauf hingewiesen, dass die Hepatitis C in vielen Fällen ohne frühzeitige Symptome bleibe bzw. die Beschwerden zu gering seien und deswegen kein Arzt aufgesucht werde. Es sei medizinisch also durchaus möglich, dass der Kläger sich bereits Mitte der Siebziger Jahre anlässlich der Behandlung des Arbeitsunfalles mit Hepatitis C infiziert habe. Berücksichtige man den Lebenswandel des Klägers, sein monogames Verhalten und die Tatsache, dass er sich keinerlei Bluttransfusionen mehr habe unterziehen müssen, bleibe als hinreichend wahrscheinliche Ursache für die HCV-Infektion lediglich der Arbeitsunfall aus dem Jahr 1975.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2010 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger am 28.09.2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) mit dem Begehren, die Beklagte zu verurteilen, die Hepatitis-C-Erkrankung als Folge des Arbeitsunfalles vom 27.06.1975 festzustellen und ihm Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von mindestens 50 v.H. zu gewähren. Der Bevollmächtigte des Klägers verwies zur Begründung auf seinen bisherigen Vortrag und trug ergänzend vor, in Anbetracht der Menge der Blutkonserven bzw. Blutprodukte, die der Kläger anlässlich des Arbeitsunfalles erhalten habe, sei davon auszugehen, dass die ihm verabreichten ungeprüften Blutprodukte aus einer Vielzahl von Einzelspenden hergestellt worden seien, sodass es höchstwahrscheinlich sei, dass der Kläger sich hierdurch mit Hepatitis C infiziert habe. Es sei bekannt, dass bis Anfang der Neunziger Jahre zwischen 80% und 90% aller Infektionen durch Bluttransfusionen und andere Blutprodukte übertragen worden seien. Es hätten Empfehlungen existiert, dass Personen, die vor 1991 Bluttransfusionen erhalten hätten, sich auf Hepatitis C hätten testen lassen sollen. Dies sei dem Kläger leider nicht bekannt gewesen, ansonsten hätte er die bei ihm vorliegende Infektion bereits in den 90er Jahren feststellen lassen können. Außerdem sei festzuhalten, dass bereits in den 90er Jahren erhöhte Leberwerte beim Kläger festgestellt worden seien, ohne dass es allerdings zu einer weitergehenden Diagnostik gekommen sei. Der Kläger gehöre auch keiner Risikogruppe an und seine Ehefrau sei nicht an Hepatitis C erkrankt. Der Kläger sei seit über 35 Jahren verheiratet und lebe monogam. Der Kläger habe auch keine Tätowierungen, Piercings oder Ähnliches, sodass eine andere mögliche Infektionsquelle bezüglich der Hepatitis-C-Infektion höchst unwahrscheinlich sei. Fürsorglich werde noch einmal darauf verwiesen, dass dem Kläger auch Beweiserleichterungen zu gewähren seien, nachdem es die Beklagte unterlassen habe, ihn auf die Möglichkeit der Testung nach dem HC-Virus 1991 hinzuweisen.
Die Beklagte trat der Klage mit dem Antrag auf Klagabweisung entgegen und räumte ein, die Möglichkeit, dass der Kläger im Zuge der Versorgung mit Blutkonserven nach dem Arbeitsunfall vom 27.06.1975 eine mit Hepatitis-C-Viren kontaminierte Blutkonserve erhalten habe, könne nicht völlig ausgeschlossen werden. Nachgewiesen sei dies aber nicht. Auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Darlegung des Klägers existiere nicht. Es verbleibe allein die Möglichkeit. Allerdings sprächen auch gegen diese gewichtige Argumente. Nur geschätzte 0,6% der Blutkonserven in den 70er Jahren seien kontaminiert gewesen. Die Inkubationszeit von durchschnittlich 14 Tagen bis vier bis sechs Monaten zwischen der Ansteckung und dem Auftreten der Krankheit sei, falls sich der Kläger 1975 angesteckt haben sollte, beim Kläger in extremem Maße überschritten. Auch die Ursache für die in den 90er Jahren beim Kläger erhöhten Leberwerte sei nicht feststellbar. Für die Beklagte habe in den 90er Jahren kein Anlass bestanden, den Kläger wegen der Blutkonserven, die ihm in den 70er Jahren verabreicht worden seien, darauf hinzuweisen, dass er sich auf Hepatitis C testen lassen solle; dies insbesondere aufgrund des völlig untypischen langen Inkubationszeitraumes beim Kläger. Für die Einräumung von Beweiserleichterungen bleibe bei dieser Sachlage kein Raum.
In der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2011 reduzierte der Kläger sein Begehren allein auf den Feststellungsantrag.
Mit Urteil vom 28.07.2011 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung ist ausgeführt, die HCV-Infektion des Klägers stelle keine Folge des Arbeitsunfalles vom 27.06.1975 dar. Hierzu stütze sich die Kammer auf das Zusammenhangsgutachten von Prof. Dr. K ... Dieser habe überzeugend dargelegt, dass es zwar möglich sei, dass sich der Kläger durch die ihm verabreichten Blutpräparate mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert habe. Mit Wahrscheinlichkeit lasse sich dies jedoch nicht nachweisen. Die bloße Möglichkeit der Infizierung reiche zur Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus. Da die Hepatitis-C-Erkrankung 2009 festgestellt worden sei, könne unter Berücksichtigung des langen Zeitraumes von 1975 bis 2009 auch nicht als nachgewiesen angesehen werden, dass andere Infektionswege ausgeschlossen seien. Nach den Studien sei hierbei auch zu berücksichtigen, dass etwa 10% aller HCV-Infektionen keinem der anerkannten Übertragungswege eindeutig zugeordnet werden könnten.
Gegen das - dem Bevollmächtigten des Klägers am 08.08.2011 zugestellte - Urteil hat der Kläger am 16.08.2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung beruft er sich im Wesentlichen auf seinen bisherigen Vortrag und trägt ergänzend vor:
In einem ähnlich gelagerten Fall habe das Hessische Landessozialgericht dem dortigen Kläger Entschädigungsleistungen zugesprochen (Hess. LSG L 3 U 93/07).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Juli 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2010 aufzuheben und festzustellen, dass die Hepatitis-C-Erkrankung Folge des Arbeitsunfalles vom 27. Juni 1975 ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das medizinische Sachverständigengutachten des Prof. Dr. B. vom 10.01.2012 eingeholt. Darin gelangt dieser zu dem Ergebnis, die beim Kläger erstmals im Juli 2009 diagnostizierte Hepatitis-C-Erkrankung bestehe mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit seit den Folgen des Arbeitsunfalles vom 27.06.1975. Es spreche mehr für als gegen die im Juli 2009 festgestellte Hepatitis-C-Erkrankung durch die 1975 zur Behandlung der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.06.1975 durchgeführten Bluttransfusionen und vor allem die Behandlung mit Immunglobulinen und Human-Albuminen. Nach Würdigung aller Umstände überwiege der ursächliche Zusammenhang der chronischen Hepatitis C als Folge des Unfalls vom 27.06.1975 deutlich gegenüber anderen Möglichkeiten der Verursachung. Bei Würdigung aller Umstände sprächen nach der herrschenden medizinischen Lehrmeinung deutlich mehr Umstände für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang. Andere Umstände, die theoretisch zur Verursachung einer Hepatitis C in Betracht kämen, seien bei dem Kläger nicht eruierbar, wie z.B. i.v.-Drogenkonsum, Geschlechtsverkehr mit Hepatitis-C-positiven Personen, Operationen, Bluttransfusionen oder Gabe von Blutprodukten nach 1975, Tropenaufenthalte, Piercing, Tätowierung etc. Die Inkubationszeit zwischen der Ansteckung und dem Auftreten der chronischen Hepatitis C könne bei der typischerweise jahre- bis jahrzehntelang asymptomatisch verlaufenden Erkrankung naturgemäß nicht bestimmt werden. Die Diagnose einer chronischen Hepatitis C erst 34 Jahre nach der Ansteckung 1975 durch Bluttransfusionen und Gabe von Blutprodukten sei ein häufig festgestellter Befund, der also nicht ein extremes Zeitmaß überschreiten würde und auch nicht als eine "atypische Inkubationszeit" von mehr als 14 Tagen bis vier Monaten bezeichnet werden dürfe. Bei der im August 2009 diagnostizierten Hepatitis C habe bis August 2009 eine MdE von 20% von September 2009 bis Ende August 2010 infolge der Funktionseinschränkungen durch die Interferon-Ribavirin-Therapie eine MdE von 100% bestanden. Bei normalen Leberwerten und fortbestehender Viruseradikation könne ab September 2010 mit einer MdE durch die chronische Hepatitis C von 0% gerechnet werden, es sei denn, dass durch eine erneute histologische Untersuchung noch eine entzündliche und/oder nennenswerte Fibrose nachweisbar wäre. Bei der jetzigen gutachterlichen Untersuchung erstmals wieder festgestellten, allerdings geringgradigen Transaminasenerhöhung könne das Vorliegen einer fortbestehenden entzündlichen Virushepatitis nicht ausgeschlossen werden. Der Beurteilung von Prof. Dr. K. werde insofern widersprochen, als bei der Wahrscheinlichkeit der Hepatitis-C-Infektion nicht nur das rechnerische Risiko von fünf Einzelblutkonserven mit einem Risiko von 5 x 0,6% = 3% berücksichtigt werden dürfe. Das extrem hohe Risiko der Hepatitis-C-Infektion durch die 1975 dem Kläger applizierten 19 Immunglobulin-Gabe und 118 Human-Albumin-Infusionen könne nicht vernachlässigt werden. Bei den gepoolten Immunglobulinen habe 1975 für jedes einzelne Immunglobulin-Charge ein Hepatitis-C-Virusrisiko von 40 bis 50% und bei der Gabe von insgesamt 19 Immunglobulin-Gaben ein HCV-Risiko von mehreren 100% einer Hepatitis-C-Infektion bestanden. Das zusätzliche Risiko von 118 gepoolten Human-Albumin-Gaben sei dabei noch gar nicht mit einberechnet worden.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG Karlsruhe und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Karlsruhe mit dem angefochtenen Urteil vom 28.07.2011 die Klage abgewiesen, da der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2010, mit dem festgestellt worden ist, dass die Hepatitis-C-Erkrankung des Klägers nicht die Folge des Arbeitsunfalles vom 27.06.1975 ist, rechtmäßig ist.
Der Kläger kann seinen geltend gemachten Anspruch auf Feststellung einer HCV-Infektion als Unfallfolge statthaft mit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG verfolgen (vgl. BSG vom 27.07.1989 - 2 RU 54/88 - ).
Im vorliegenden Fall sind nicht die zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Vorschriften des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII - BGBl. I 1996 S. 1254) anzuwenden. Denn Gegenstand des Rechtsstreits ist der Anspruch auf Feststellung aus einem vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Versicherungsfall (vgl. §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII), weshalb allein die bis zum 31.12.1996 geltenden Rechtsvorschriften Anwendung finden (§§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII) und die bis dahin anzuwendenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) der Beurteilung zugrundegelegt werden.
Gemäß § 548 Abs. 1 RVO war Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 589, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet, was der Legaldefinition in § 8 Abs. 1 SGB VII (Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründeten Tätigkeit -versicherte Tätigkeit-) entspricht. § 8 Abs. 1 SGB VII definiert den Arbeitsunfall in Anlehnung an das bisher geltende Recht der RVO, wobei das Wort "infolge" in Satz 1 a.a.O. lediglich deutlicher als das Wort "bei" in § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO zum Ausdruck bringen soll, daß ein kausaler Zusammenhang zwischen der im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall erforderlich ist. Satz 2 der Vorschrift übernimmt den von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten Unfallbegriff. Die zur RVO ergangene Rechtsprechung und dazu erschienene Literatur kann daher für die rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Arbeitsunfällen nach den Vorschriften des SGB VII weiter herangezogen werden, soweit nicht sonstige Besonderheiten durch Änderung des materiellen Rechts hinsichtlich einzelner Verrichtungen (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 SGB VII) entgegenstehen (so BSG, Urteil vom 14.12.1999, SozR 3-2700 § 8 SGB VII Nr. 1).
Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls. Soweit durch die ärztliche Behandlung von Folgen eines Arbeitsunfalles weitere Gesundheitsstörungen verursacht werden, stellen diese mittelbare Unfallfolgen dar, § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII.
Vorliegend hat der Kläger am 27.06.1975 einen Arbeitsunfall erlitten, als er sich als Dachdecker-Helfer Verbrühungen durch heißen Teer zugezogen hat. Zur Behandlung der Folgen des Arbeitsunfalles hat der Kläger Blut und Blutersatzmittel erhalten.
Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, das die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Dem gegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, entscheidet sich - bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne - danach, ob das Unfallereignis selbst - und nicht eine andere, unfallunabhängige Ursache - die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens war (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSG vom 09.12.2003 - B 2 U 8/03 R -). Welcher Umstand den Schaden, nämlich die HCV-Infektion des Klägers, wesentlich verursacht hat, ergibt sich durch eine Bewertung aller als Ursachen in Frage kommenden Umstände (vgl. BSG vom 09.12.2003; BSG Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R -).
Entscheidend ist vorliegend, ob das durch die Transfusionen im Krankenhaus erhaltene Blut durch HCV infiziert gewesen ist. Dies kann mit dem hierfür erforderlichen Vollbeweis nicht zur Überzeugung des Senats festgestellt werden. Wie sich aus den Ausführungen von Prof. Dr. K. entnehmen lässt, hat es in den 70er-Jahren Blutkonserven gegeben, die kontaminiert gewesen seien. Die Möglichkeit, dass der Kläger im Zuge der Versorgung mit Blutkonserven nach dem Arbeitsunfall vom 27.06.1975 eine mit Hepatitis-C-Viren kontaminierte Blutkonserve erhalten hat, kann damit nicht völlig ausgeschlossen werden. Nachgewiesen ist dies aber nicht. Nach den Ausführungen von Prof. Dr. K., der zur Beurteilung des damaligen Infektionsrisikos verschiedene Studien herangezogen hat, ist davon auszugehen, dass auch Mitte der 70er-Jahre die Infektionsrate der Blutspender deutschlandweit bei ca. 0,6 % anzusiedeln gewesen ist. Dies erscheint dem Senat plausibel, denn die Durchseuchungsrate mit Hepatitis C in Deutschland - unabhängig davon, ob jemand Blutspender ist oder nicht - wird mit 0,2 % bis 0,4 % angegeben (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8.Auflage, Seite 717). Ein Risiko bzw. eine Gefahr von 0,6 % reicht aber nicht aus, um es als nachgewiesen anzusehen, dass dem Kläger Blut mit Hepatitis-C-Viren zugeführt worden ist. Wie das BSG in seinem Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R - ausgeführt hat, liegt eine Unfallfolge aus einem Arbeitsunfall aber nur dann vor, wenn die beim Unfallereignis erfolgte Einwirkung auf den Körper nicht nur die Gefahr einer Infektion geschaffen, sondern die Infektionskrankheit wirklich verursacht hat. Beweiserleichterungen sind bei der Feststellung von Infektionskrankheiten als Folge eines Arbeitsunfalles nicht zuzulassen. Beweiserleichterungen gelten lediglich für die hier nicht in Streit stehende Anerkennung einer Infektionskrankheit als Berufskrankheit bei bestimmten versicherten Tätigkeiten mit besonders erhöhter Gefährdungslage (vgl. z.B. BK Nr. 3101 der Anlage zur BKV: Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst ... tätig ... der Infektionsgefahr ... besonders ausgesetzt war).
In dem vom BSG mit dem o.a. Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R - entschiedenen Fall war nicht nachgewiesen, dass die die Verletzung verursachende Kanüle mit dem HCV infiziert gewesen ist oder einem HCV-infizierten Patienten appliziert worden war (o.a. BSG-Urteil, Rdnr. 18). Im hier zu entscheidenden Rechtsstreit ist nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass das dem Kläger durch Transfusionen zugeführte Blut durch HCV kontaminiert gewesen ist.
Da somit nicht nachgewiesen ist, dass das dem Kläger durch Bluttransfusionen 1975 verabreichte Blut und die Blutersatzmittel mit Hepatitis-C-Viren verseucht gewesen sind, ist die 2009 festgestellte Hepatitis-C-Erkrankung auch nicht die Folge des Arbeitsunfalles vom 27.06.1975.
Soweit Prof. Dr. B. in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt ist, die beim Kläger erstmals im Juli 2009 diagnostizierte Hepatitis-C-Erkrankung bestehe mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit "seit den Folgen des Arbeitsunfalles vom 27.06.1975" und sie sei durch die Behandlung der Folgen des Arbeitsunfalles mit den Bluttransfusionen verursacht worden, vermag der Senat dem nicht zuzustimmen. Dies deshalb, weil auch Prof. Dr. B. es nicht als nachgewiesen ansieht, dass das dem Kläger durch Bluttransfusionen zugeführte Blut mit Hepatitis-C-Viren verseucht gewesen ist. Er bewertet lediglich das Risiko einer Hepatitis-C-Infektion bei Transfusion von Blut und Blutprodukten in den 70er-Jahren anders als Prof. Dr. K ... Lediglich die hieran anknüpfende Schlussfolgerung, ob damit eine Infektion durch Transfusionen 1976 nachgewiesen ist oder nur als Möglichkeit in Betracht kommt, divergiert zwischen Prof. Dr. K. und Prof. Dr. B ... Dies ist aber eine vom Senat im Rahmen der Beweiswürdigung zu beantwortende Tatfrage, wobei der Senat die Gesamtumstände des von den sachkundigen Ärzten vermittelten Sachverhalts zu berücksichtigen hat.
Nach Überzeugung des Senats reicht aber - wie oben ausgeführt - der Umstand, dass Mitte der 70er Jahre die Infektionsrate der Blutspender deutschlandweit bei ca. 0,6 % hinsichtlich einer Hepatitis-C-Erkrankung anzusiedeln ist, nicht aus, um als nachgewiesen anzusehen, dass das dem Kläger 1975 zugeführte Blut mit Hepatitis-C-Viren verseucht gewesen ist. Die von Prof. Dr. B. dargelegte Risikobelastung, im Jahr 1975 bei Bluttransfusionen eine Hepatitis C-Infektion erlitten zu haben, hat den Senat nicht zu der richterlichen Überzeugung gelangen lassen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Kläger sich die Hepatitis C Infektion bei der Behandlung der Unfallfolgen 1975 zugezogen hat. Soweit nach Professor Dr. B. Studien ergeben hätten, dass 1975 schon allein nach multiplen Bluttransfusionen das Risiko einer Hepatitis C-Infektion bei 10-20 % gelegen habe und bei den damals verwendeten Immunglobulinpräparaten nach Auswertung der Studien von einem Risiko von 40 % bis 50 % bei einer einzigen Immunglobulin-Gabe auszugehen sei, ist darauf hinzuweisen, dass damit zunächst unter Beweisgesichtspunkten nur ein Zufall belegt ist. Das Risiko der damals auch verabreichten Human-Albumin-Präparate ist auch nach Prof. Dr. B. nicht sicher beurteilbar und bei seiner Risikoabschätzung außer Betracht geblieben. Die Addition der Prävalenzraten bei 19 Immunglobulingaben zu 100 %, was nach Prof. Dr. B. absolute Sicherheit für die Verwirklichung des Risikos belege, gibt ein statistisches Risiko an. Diese Überlegung von Prof. Dr. B. begründet zur Überzeugung des Senats noch keine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit für die behauptete Infektion, wobei der Senat seinen Zweifeln, ob die bloße Addition der Prävalenzrate zur Erfassung des statistischen Risikos korrekt ist, nicht weiter nachgegangen ist. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass dieses errechnete statistische Risiko auch insoweit hinterfragt werden kann, als bei mehrfacher Präparatsgabe - jedenfalls für Präparate, die am gleichen Tag oder in kurzem Zeitraum hintereinander verabreicht worden sind - , diese Blutersatzstoffe durchaus aus der gleichen Charge haben stammen können und dass somit in diesen Fällen keine statistische Risikoerhöhung stattgefunden hat. Den beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten ist nur anhand der Gesamtabrechnung der Klinik zu entnehmen, dass die Präparate verabreicht worden sind. Wie viele Präparate zu welchem Zeitpunkt zur Anwendung gekommen sind, ist dem Rechnungsbeleg nicht zu entnehmen. Danach bestand beim Kläger zwar gleichwohl ein hohes Risiko, bei wenigstens einer der statistischen Wahrscheinlichkeiten von 1 zu 1 in der wiederholenden Folge infiziert worden zu sein, doch eine zwingende Folgerung ist hieraus nicht abzuleiten. Dass sich das hohe Risiko tatsächlich 1975 verwirklicht hat, ist durch weitere hierauf hindeutende Indizien nicht bestätigt. Sowohl nach Prof. Dr. K. als auch nach Prof. Dr. B. sind zeitnah zu den 1975 erfolgten Bluttransfusionen und Gaben von Blutprodukten keine Krankheitszeichen einer Hepatitis, speziell einer Hepatitis C, dokumentiert. Vielmehr verläuft die akute Hepatitis C bei den meisten Infizierten asymptomatisch und anikterisch bzw. treten häufig überhaupt keine Symptome auf. Eine auf eine kürzlich stattgefundene Infektion hinweisende Symptomatik als Anknüpfungstatsache einer 1975 erfolgten Infektion ist nicht belegt. Die Hepatitis C ist beim Kläger neben einem Zustand nach Hepatitis A erstmals 2009, also mehr als 30 Jahre nach der infrage kommenden Infektion, aufgetreten. Soweit Prof. Dr. B. andere Infektionswege und Infektionsanlässe verneint, stützt er sich allein auf die Angaben des Klägers. Auf die in seinem Gutachten beschriebenen eventuellen Infektionswege durch Operationen, Geschlechtsverkehr mit Hepatitis C-positiven Personen, Tropenaufenthalte, Pearcing, Tätowierungen u.s.w. geht er nicht weiter ein. Dagegen ist in den von der Beklagten beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnissen 1971 eine annähernd zweiwöchige Arbeitsunfähigkeit wegen Prellung des rechten Fußrückens mit Stichwunde, eine Arbeitsunfähigkeit und Behandlung wegen eines Schweißdrüsenabszesses im August/September 1981 und im Juni 2007 eine Zahnoperation dokumentiert. Denkbare Infektionen vor dem Arbeitsunfall 1975 und in dem dreißigjährigen Zeitraum danach bis zum Ausbruch der Hepatitis-Erkrankung sind daher nicht gänzlich ausgeschlossen, zumal es erst ab den neunziger Jahren möglich war, ein Hepatitis C-Virus nachzuweisen. Hinzu kommt, dass nach Prof. Dr. K. ca. 10 % aller bekannten HCV-Infektionen keinem der bekannten Übertragungswege eindeutig zugeordnet werden können. Eine HCV 1b-Infektion - dieser Genotyp ist nach Prof. Dr. B. beim Kläger nachgewiesen - ist die häufigste Ursache bei der sogenannten sporadischen Hepatitis C, wie sie Prof. Dr. K. beschreibt und deren Übertragungswege bislang ungeklärt sind (vgl. Schönberger u.a., a.a.O., Seite 719). Demgemäß sind neben den von Prof. Dr. K. angegebenen sonstigen Übertragungswegen auch Schmierinfektionen, insbesondere durch den Nachweis von Hepatitis C Viren in Tränenflüssigkeit bei chronischen HCV-Trägern (vgl. Schönberger aaO Seite 717), keine gänzlich abwegigen Alternativursachen, die als Möglichkeit einer unbemerkten Infektion bereits im alltäglichen Umgang durchaus denkbar ist. Der Senat hält daher eine Infektion des Klägers durch die Übertragung von Blut oder Blutprodukten 1975 für durchaus möglich, jedoch für nicht erwiesen.
Soweit der Kläger geltend gemacht hat, in einem ähnlich gelagerten Fall habe das Hessische LSG (L 3 U 93/07) dem dortigen Kläger Entschädigungsleistungen zugesprochen, beruht dies darauf, dass das SG eine Hepatitis-C-Erkrankung als weitere Folge eines Arbeitsunfalles festgestellt hatte und die Berufung von der Berufsgenossenschaft nach Einholung eines weiteren Gutachtens zurückgenommen worden ist (vgl. SG Gießen, Urteil vom 19.01.2007 - S 1 U 193/05 -). Eine Entscheidung des Hessischen LSG liegt insofern nicht vor.
Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Hepatitis-C-Erkrankung des Klägers als Folge eines Arbeitsunfalles vom 27.06.1975 anzuerkennen ist.
Der 1951 geborene Kläger teilte der Beklagten mit Schreiben vom 30.09.2009 mit, sein Hausarzt Dr. med. R. Kä. habe bei ihm am 30.07.2009 Hepatitis C festgestellt. Da er selber nur einmal, nämlich im Jahr 1975, Blut bekommen habe, hätten die Ärzte den Verdacht geäußert, dass er damals durch die Bluttransfusion möglicherweise mit dem Virus Hepatitis C infiziert worden sei. Das Institut für angewandte Pathologie S. nahm am 24.08.2009 folgende Beurteilung vor: Chronische Hepatitis vom Virustyp mit mäßiger entzündlicher Aktivität (Aktivitätsgrad 3) und milder Fibrose (Stadium I). Kein Anhalt für bösartiges Wachstum.
Die Beklagte zog die Akten über den früheren Arbeitsunfall des Klägers vom 27.06.1975 bei. Danach zog sich der Kläger bei seiner damaligen Tätigkeit als Dachdecker-Helfer Verbrühungen durch heißen Teer zu. Mit dem Krankenwagen wurde der Kläger ins Krankenhaus B. gebracht (Durchgangsarztbericht des Prof. Dr. F. vom 27.06.1975); von dort erfolgte die Verlegung mit dem Rettungshubschrauber in die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik L ... In deren Nachschaubericht vom 30.06.1975 wurde ausgeführt, der Kläger habe Verbrennungen 2. und 3. Grades des Gesichtes, Rumpfes und der oberen Extremitäten von 85% der Körperoberfläche erlitten. Nach der Rechnung der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vom 31.07.1975 hat der Kläger dort Blut und Blutersatzmittel erhalten.
Die Beklagte zog von der AOK B. ein Vorerkrankungsverzeichnis ab 19.04.2004 über den Kläger bei sowie ein Vorerkrankungsverzeichnis von der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (März 2000). Zur Frage, ob bereits 1990 erhöhte Leberwerte nachgewiesen seien, fragte die Beklagte beim behandelnden Arzt Dr. Kä. an. Dort lagen jedoch keine Unterlagen mehr von 1990 vor.
Mit dem Einverständnis des Klägers beauftragte die Beklagte Prof. Dr. K. , Ärztlicher Direktor des Departments für Infektiologie und Virologie des Universitätsklinikums H. , mit der Erstattung eines Gutachtens nach Untersuchung des Klägers. Dieser führte in seinem Gutachten vom 14.04.2010 aus, der Kläger habe in unmittelbarer Folge eines Arbeitsunfalles vom 27.06.1975 mit ausgedehnten Verbrennungen wiederholt Transfusionen von Blut und Blutersatzmitteln (Humanes Albumin, Humanes Fibrinogen) erhalten. Im Juli 2009 sei erstmals eine chronische Hepatitis-C-Erkrankung der Leber mit histopathologisch mäßiger entzündlicher Aktivität (Aktivitätsgrad 3) und milder Fibrose (Stadium 1) diagnostiziert worden. Gemäß Bericht des behandelnden Gasteroenterologen Dr. P. vom 22.01.2010 sei beim Kläger 17 Wochen nach Beginn einer medikamentösen Therapie kein HCV mehr im Blut nachweisbar gewesen. Anamnestisch habe der Kläger seit 1975 keine weiteren Bluttransfusionen erhalten. Zur Frage eines Zusammenhangs zwischen den Bluttransfusionen und der festgestellten Hepatitis-C-Erkrankung führte Prof. Dr. K. aus, generell könne HCV durch verschiedene Infektionsquellen und Wege übertragen werden. Hierzu zählten der intravenöse Drogenabusus, Geschlechtsverkehr, perinatale Infektionen sowie Transfusionen von Blut und Blutprodukten, insbesondere vor Einführung geeigneter Nachweisverfahren in das Spender-Screenings ab 1990. Ca. 10% aller HCV-Infektionen könnten keinem dieser Übertragungswege eindeutig zugeordnet werden. Angesichts der wiederholten Transfusionen bestehe beim Kläger die Möglichkeit einer Transfusions-assoziierten Übertragung des Hepatitis-C-Virus. Zwischen den Transfusionen und der Erstdiagnose einer HCV-Infektion lägen allerdings 34 Jahre. Aufgrund dieser sehr langen diagnostischen Lücke, verschiedener möglicher Übertragungswege und einem bei HCV-Infektionen zumeist asymptomatischen Verlaufs sei eine Bewertung der Kausalität prinzipiell schwierig. Die Abschätzung des Risikos einer Transfusions-assoziierten HCV-Infektion in Deutschland Mitte der Siebziger Jahre (vor Einführung des Anti-HCV-Spender-Screenings 1990) müsse retrospektiv durchgeführt werden und somit als bestmögliche Aproximation angesehen werden. Hierzu läge ihm eine themenbezogene Stellungnahme von Prof. Dr. R. , Institut für Virologie, Nationales Referenzzentrum für Hepatitis-C, Universitätsklinikum E. , für einen ähnlich gelagerten Fall aus dem Jahre 1995 vor. Basierend auf diesen Daten halte er eine HCV-Prävalenz von bis zu 0,6% der Blutspender in der Bundesrepublik Deutschland auch Mitte der Siebziger Jahre für möglich. Der Kläger habe im Juni/Juli 1975 mehrere Bluttransfusionen sowie Blutersatzmittel erhalten. Letztere würden typischerweise aus Blut vieler Blutspender hergestellt und seien bis in die 80er Jahre keinem Inaktivierungsverfahren unterzogen worden, das HCV sicher abtöte. Diese Blutprodukte stellten somit ein besonderes Risiko einer HCV-Infektion dar. Somit habe eine erhöhte Gefährdung vorgelegen und es sei möglich, dass sich der Kläger infolge der Transfusionen im Rahmen der Behandlungen seines Arbeitsunfalles 1975 mit HCV infiziert habe. Die verwendeten Produkte hätten damals nicht getestet werden können und stünden heute nicht mehr zur Verfügung. Klinische Symptome einer Hepatitis lägen anamnestisch nicht vor, was aber angesichts der meist asymptomatischen akuten Phase der HCV-Infektion keine Aussage erlaube. Für den Zeitraum zwischen 1975 und 2009 lägen keine weiteren zielführenden diagnostischen Informationen vor, sodass der Zeitpunkt der HCV-Infektion nicht sicher bestimmt werden könne. Eine Übertragung über andere Infektionswege könne demnach nicht ausgeschlossen werden. Zusammenfassend könne aus virologischer Sicht eine Kausalität zwischen den Transfusionen und der HCV-Infektion beim Kläger nicht sicher festgestellt, aber definitiv auch nicht ausgeschlossen werden. Erfreulicherweise scheine die HCV-Behandlung beim Kläger zur Elimination des Virus geführt zu haben, was das Risiko von gravierenden Spätfolgen der chronischen Hepatitis-C reduziere.
Mit Bescheid vom 17.05.2010 stellte die Beklagte fest, dass es sich bei der Hepatitis-C-Erkrankung nicht um eine Folge des Unfalles vom 27.06.1975 handele. Ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe diesbezüglich nicht. Zur Begründung verwies die Beklagte auf das Gutachten von Prof. Dr. K ... Dieser habe zur Beurteilung des damaligen Infektionsrisikos verschiedene Studien herangezogen, da eine explizite Beurteilung des Infektionsrisikos für Mitte der Siebziger Jahre nicht existiere. Basierend auf diesen Daten sei der Gutachter davon ausgegangen, dass auch Mitte der Siebziger Jahre die Infektionsrate der Blutspender deutschlandweit bei ca. 0,6% anzusiedeln sei. Nach Auswertung der erhobenen Befunde, des Zusammenhangsgutachtens sowie der vorliegenden medizinischen Unterlagen komme die Beklagte zu dem Ergebnis, dass der Zusammenhang zwischen Unfallereignis und der festgestellten Erkrankung, Hepatitis-C, nicht hinreichend wahrscheinlich sei. Gegen den Zusammenhang spreche, dass die reguläre Inkubationszeit überschritten worden sei. Es müsste sich hierbei um einen atypischen Verlauf handeln. Dies sei jedoch nicht bewiesen. Des Weiteren sei nicht ausgeschlossen, dass der Kläger sich zwischen 1975 und 2009 durch andere Infektionsquellen und Übertragungswege infiziert habe. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung könnten deshalb wegen der Hepatitis-C-Erkrankung nicht gewährt werden.
Dagegen legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, laut den behandelnden Ärzten des Klägers sei die wahrscheinlichste Ansteckungsquelle für HCV die zahlreichen Bluttransfusionen anlässlich des Arbeitsunfalles vom 27.06.1975. Natürlich könne der Kläger weder nachweisen, dass eine der zahlreichen ihm verabreichten Blutkonserven Hepatitis-Viren enthalten hätten, noch könne er beweisen, dass eine andere Infektionsquelle auszuschließen sei. Der Kläger gehöre aber keiner Risikogruppe an und die Ehefrau des Klägers sei erfreulicherweise nicht an Hepatitis C erkrankt. Eine andere mögliche Infektionsquelle sei nicht wahrscheinlich. Soweit die Beklagte anführe, dass die Inkubationszeit einer Hepatitis C im Durchschnitt 14 Tage bis vier bis sechs Monate betrage, werde darauf hingewiesen, dass die Hepatitis C in vielen Fällen ohne frühzeitige Symptome bleibe bzw. die Beschwerden zu gering seien und deswegen kein Arzt aufgesucht werde. Es sei medizinisch also durchaus möglich, dass der Kläger sich bereits Mitte der Siebziger Jahre anlässlich der Behandlung des Arbeitsunfalles mit Hepatitis C infiziert habe. Berücksichtige man den Lebenswandel des Klägers, sein monogames Verhalten und die Tatsache, dass er sich keinerlei Bluttransfusionen mehr habe unterziehen müssen, bleibe als hinreichend wahrscheinliche Ursache für die HCV-Infektion lediglich der Arbeitsunfall aus dem Jahr 1975.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2010 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger am 28.09.2010 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) mit dem Begehren, die Beklagte zu verurteilen, die Hepatitis-C-Erkrankung als Folge des Arbeitsunfalles vom 27.06.1975 festzustellen und ihm Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von mindestens 50 v.H. zu gewähren. Der Bevollmächtigte des Klägers verwies zur Begründung auf seinen bisherigen Vortrag und trug ergänzend vor, in Anbetracht der Menge der Blutkonserven bzw. Blutprodukte, die der Kläger anlässlich des Arbeitsunfalles erhalten habe, sei davon auszugehen, dass die ihm verabreichten ungeprüften Blutprodukte aus einer Vielzahl von Einzelspenden hergestellt worden seien, sodass es höchstwahrscheinlich sei, dass der Kläger sich hierdurch mit Hepatitis C infiziert habe. Es sei bekannt, dass bis Anfang der Neunziger Jahre zwischen 80% und 90% aller Infektionen durch Bluttransfusionen und andere Blutprodukte übertragen worden seien. Es hätten Empfehlungen existiert, dass Personen, die vor 1991 Bluttransfusionen erhalten hätten, sich auf Hepatitis C hätten testen lassen sollen. Dies sei dem Kläger leider nicht bekannt gewesen, ansonsten hätte er die bei ihm vorliegende Infektion bereits in den 90er Jahren feststellen lassen können. Außerdem sei festzuhalten, dass bereits in den 90er Jahren erhöhte Leberwerte beim Kläger festgestellt worden seien, ohne dass es allerdings zu einer weitergehenden Diagnostik gekommen sei. Der Kläger gehöre auch keiner Risikogruppe an und seine Ehefrau sei nicht an Hepatitis C erkrankt. Der Kläger sei seit über 35 Jahren verheiratet und lebe monogam. Der Kläger habe auch keine Tätowierungen, Piercings oder Ähnliches, sodass eine andere mögliche Infektionsquelle bezüglich der Hepatitis-C-Infektion höchst unwahrscheinlich sei. Fürsorglich werde noch einmal darauf verwiesen, dass dem Kläger auch Beweiserleichterungen zu gewähren seien, nachdem es die Beklagte unterlassen habe, ihn auf die Möglichkeit der Testung nach dem HC-Virus 1991 hinzuweisen.
Die Beklagte trat der Klage mit dem Antrag auf Klagabweisung entgegen und räumte ein, die Möglichkeit, dass der Kläger im Zuge der Versorgung mit Blutkonserven nach dem Arbeitsunfall vom 27.06.1975 eine mit Hepatitis-C-Viren kontaminierte Blutkonserve erhalten habe, könne nicht völlig ausgeschlossen werden. Nachgewiesen sei dies aber nicht. Auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Darlegung des Klägers existiere nicht. Es verbleibe allein die Möglichkeit. Allerdings sprächen auch gegen diese gewichtige Argumente. Nur geschätzte 0,6% der Blutkonserven in den 70er Jahren seien kontaminiert gewesen. Die Inkubationszeit von durchschnittlich 14 Tagen bis vier bis sechs Monaten zwischen der Ansteckung und dem Auftreten der Krankheit sei, falls sich der Kläger 1975 angesteckt haben sollte, beim Kläger in extremem Maße überschritten. Auch die Ursache für die in den 90er Jahren beim Kläger erhöhten Leberwerte sei nicht feststellbar. Für die Beklagte habe in den 90er Jahren kein Anlass bestanden, den Kläger wegen der Blutkonserven, die ihm in den 70er Jahren verabreicht worden seien, darauf hinzuweisen, dass er sich auf Hepatitis C testen lassen solle; dies insbesondere aufgrund des völlig untypischen langen Inkubationszeitraumes beim Kläger. Für die Einräumung von Beweiserleichterungen bleibe bei dieser Sachlage kein Raum.
In der mündlichen Verhandlung vom 28.07.2011 reduzierte der Kläger sein Begehren allein auf den Feststellungsantrag.
Mit Urteil vom 28.07.2011 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung ist ausgeführt, die HCV-Infektion des Klägers stelle keine Folge des Arbeitsunfalles vom 27.06.1975 dar. Hierzu stütze sich die Kammer auf das Zusammenhangsgutachten von Prof. Dr. K ... Dieser habe überzeugend dargelegt, dass es zwar möglich sei, dass sich der Kläger durch die ihm verabreichten Blutpräparate mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert habe. Mit Wahrscheinlichkeit lasse sich dies jedoch nicht nachweisen. Die bloße Möglichkeit der Infizierung reiche zur Annahme des ursächlichen Zusammenhangs nicht aus. Da die Hepatitis-C-Erkrankung 2009 festgestellt worden sei, könne unter Berücksichtigung des langen Zeitraumes von 1975 bis 2009 auch nicht als nachgewiesen angesehen werden, dass andere Infektionswege ausgeschlossen seien. Nach den Studien sei hierbei auch zu berücksichtigen, dass etwa 10% aller HCV-Infektionen keinem der anerkannten Übertragungswege eindeutig zugeordnet werden könnten.
Gegen das - dem Bevollmächtigten des Klägers am 08.08.2011 zugestellte - Urteil hat der Kläger am 16.08.2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung beruft er sich im Wesentlichen auf seinen bisherigen Vortrag und trägt ergänzend vor:
In einem ähnlich gelagerten Fall habe das Hessische Landessozialgericht dem dortigen Kläger Entschädigungsleistungen zugesprochen (Hess. LSG L 3 U 93/07).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Juli 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2010 aufzuheben und festzustellen, dass die Hepatitis-C-Erkrankung Folge des Arbeitsunfalles vom 27. Juni 1975 ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das medizinische Sachverständigengutachten des Prof. Dr. B. vom 10.01.2012 eingeholt. Darin gelangt dieser zu dem Ergebnis, die beim Kläger erstmals im Juli 2009 diagnostizierte Hepatitis-C-Erkrankung bestehe mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit seit den Folgen des Arbeitsunfalles vom 27.06.1975. Es spreche mehr für als gegen die im Juli 2009 festgestellte Hepatitis-C-Erkrankung durch die 1975 zur Behandlung der Folgen des Arbeitsunfalls vom 27.06.1975 durchgeführten Bluttransfusionen und vor allem die Behandlung mit Immunglobulinen und Human-Albuminen. Nach Würdigung aller Umstände überwiege der ursächliche Zusammenhang der chronischen Hepatitis C als Folge des Unfalls vom 27.06.1975 deutlich gegenüber anderen Möglichkeiten der Verursachung. Bei Würdigung aller Umstände sprächen nach der herrschenden medizinischen Lehrmeinung deutlich mehr Umstände für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang. Andere Umstände, die theoretisch zur Verursachung einer Hepatitis C in Betracht kämen, seien bei dem Kläger nicht eruierbar, wie z.B. i.v.-Drogenkonsum, Geschlechtsverkehr mit Hepatitis-C-positiven Personen, Operationen, Bluttransfusionen oder Gabe von Blutprodukten nach 1975, Tropenaufenthalte, Piercing, Tätowierung etc. Die Inkubationszeit zwischen der Ansteckung und dem Auftreten der chronischen Hepatitis C könne bei der typischerweise jahre- bis jahrzehntelang asymptomatisch verlaufenden Erkrankung naturgemäß nicht bestimmt werden. Die Diagnose einer chronischen Hepatitis C erst 34 Jahre nach der Ansteckung 1975 durch Bluttransfusionen und Gabe von Blutprodukten sei ein häufig festgestellter Befund, der also nicht ein extremes Zeitmaß überschreiten würde und auch nicht als eine "atypische Inkubationszeit" von mehr als 14 Tagen bis vier Monaten bezeichnet werden dürfe. Bei der im August 2009 diagnostizierten Hepatitis C habe bis August 2009 eine MdE von 20% von September 2009 bis Ende August 2010 infolge der Funktionseinschränkungen durch die Interferon-Ribavirin-Therapie eine MdE von 100% bestanden. Bei normalen Leberwerten und fortbestehender Viruseradikation könne ab September 2010 mit einer MdE durch die chronische Hepatitis C von 0% gerechnet werden, es sei denn, dass durch eine erneute histologische Untersuchung noch eine entzündliche und/oder nennenswerte Fibrose nachweisbar wäre. Bei der jetzigen gutachterlichen Untersuchung erstmals wieder festgestellten, allerdings geringgradigen Transaminasenerhöhung könne das Vorliegen einer fortbestehenden entzündlichen Virushepatitis nicht ausgeschlossen werden. Der Beurteilung von Prof. Dr. K. werde insofern widersprochen, als bei der Wahrscheinlichkeit der Hepatitis-C-Infektion nicht nur das rechnerische Risiko von fünf Einzelblutkonserven mit einem Risiko von 5 x 0,6% = 3% berücksichtigt werden dürfe. Das extrem hohe Risiko der Hepatitis-C-Infektion durch die 1975 dem Kläger applizierten 19 Immunglobulin-Gabe und 118 Human-Albumin-Infusionen könne nicht vernachlässigt werden. Bei den gepoolten Immunglobulinen habe 1975 für jedes einzelne Immunglobulin-Charge ein Hepatitis-C-Virusrisiko von 40 bis 50% und bei der Gabe von insgesamt 19 Immunglobulin-Gaben ein HCV-Risiko von mehreren 100% einer Hepatitis-C-Infektion bestanden. Das zusätzliche Risiko von 118 gepoolten Human-Albumin-Gaben sei dabei noch gar nicht mit einberechnet worden.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten des SG Karlsruhe und der Senatsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht Karlsruhe mit dem angefochtenen Urteil vom 28.07.2011 die Klage abgewiesen, da der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.09.2010, mit dem festgestellt worden ist, dass die Hepatitis-C-Erkrankung des Klägers nicht die Folge des Arbeitsunfalles vom 27.06.1975 ist, rechtmäßig ist.
Der Kläger kann seinen geltend gemachten Anspruch auf Feststellung einer HCV-Infektion als Unfallfolge statthaft mit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG verfolgen (vgl. BSG vom 27.07.1989 - 2 RU 54/88 - ).
Im vorliegenden Fall sind nicht die zum 01.01.1997 in Kraft getretenen Vorschriften des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII - BGBl. I 1996 S. 1254) anzuwenden. Denn Gegenstand des Rechtsstreits ist der Anspruch auf Feststellung aus einem vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Versicherungsfall (vgl. §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII), weshalb allein die bis zum 31.12.1996 geltenden Rechtsvorschriften Anwendung finden (§§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII) und die bis dahin anzuwendenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) der Beurteilung zugrundegelegt werden.
Gemäß § 548 Abs. 1 RVO war Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 589, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet, was der Legaldefinition in § 8 Abs. 1 SGB VII (Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründeten Tätigkeit -versicherte Tätigkeit-) entspricht. § 8 Abs. 1 SGB VII definiert den Arbeitsunfall in Anlehnung an das bisher geltende Recht der RVO, wobei das Wort "infolge" in Satz 1 a.a.O. lediglich deutlicher als das Wort "bei" in § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO zum Ausdruck bringen soll, daß ein kausaler Zusammenhang zwischen der im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall erforderlich ist. Satz 2 der Vorschrift übernimmt den von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten Unfallbegriff. Die zur RVO ergangene Rechtsprechung und dazu erschienene Literatur kann daher für die rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Arbeitsunfällen nach den Vorschriften des SGB VII weiter herangezogen werden, soweit nicht sonstige Besonderheiten durch Änderung des materiellen Rechts hinsichtlich einzelner Verrichtungen (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 SGB VII) entgegenstehen (so BSG, Urteil vom 14.12.1999, SozR 3-2700 § 8 SGB VII Nr. 1).
Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls. Soweit durch die ärztliche Behandlung von Folgen eines Arbeitsunfalles weitere Gesundheitsstörungen verursacht werden, stellen diese mittelbare Unfallfolgen dar, § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII.
Vorliegend hat der Kläger am 27.06.1975 einen Arbeitsunfall erlitten, als er sich als Dachdecker-Helfer Verbrühungen durch heißen Teer zugezogen hat. Zur Behandlung der Folgen des Arbeitsunfalles hat der Kläger Blut und Blutersatzmittel erhalten.
Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, das die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Dem gegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, entscheidet sich - bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne - danach, ob das Unfallereignis selbst - und nicht eine andere, unfallunabhängige Ursache - die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens war (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSG vom 09.12.2003 - B 2 U 8/03 R -). Welcher Umstand den Schaden, nämlich die HCV-Infektion des Klägers, wesentlich verursacht hat, ergibt sich durch eine Bewertung aller als Ursachen in Frage kommenden Umstände (vgl. BSG vom 09.12.2003; BSG Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R -).
Entscheidend ist vorliegend, ob das durch die Transfusionen im Krankenhaus erhaltene Blut durch HCV infiziert gewesen ist. Dies kann mit dem hierfür erforderlichen Vollbeweis nicht zur Überzeugung des Senats festgestellt werden. Wie sich aus den Ausführungen von Prof. Dr. K. entnehmen lässt, hat es in den 70er-Jahren Blutkonserven gegeben, die kontaminiert gewesen seien. Die Möglichkeit, dass der Kläger im Zuge der Versorgung mit Blutkonserven nach dem Arbeitsunfall vom 27.06.1975 eine mit Hepatitis-C-Viren kontaminierte Blutkonserve erhalten hat, kann damit nicht völlig ausgeschlossen werden. Nachgewiesen ist dies aber nicht. Nach den Ausführungen von Prof. Dr. K., der zur Beurteilung des damaligen Infektionsrisikos verschiedene Studien herangezogen hat, ist davon auszugehen, dass auch Mitte der 70er-Jahre die Infektionsrate der Blutspender deutschlandweit bei ca. 0,6 % anzusiedeln gewesen ist. Dies erscheint dem Senat plausibel, denn die Durchseuchungsrate mit Hepatitis C in Deutschland - unabhängig davon, ob jemand Blutspender ist oder nicht - wird mit 0,2 % bis 0,4 % angegeben (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8.Auflage, Seite 717). Ein Risiko bzw. eine Gefahr von 0,6 % reicht aber nicht aus, um es als nachgewiesen anzusehen, dass dem Kläger Blut mit Hepatitis-C-Viren zugeführt worden ist. Wie das BSG in seinem Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R - ausgeführt hat, liegt eine Unfallfolge aus einem Arbeitsunfall aber nur dann vor, wenn die beim Unfallereignis erfolgte Einwirkung auf den Körper nicht nur die Gefahr einer Infektion geschaffen, sondern die Infektionskrankheit wirklich verursacht hat. Beweiserleichterungen sind bei der Feststellung von Infektionskrankheiten als Folge eines Arbeitsunfalles nicht zuzulassen. Beweiserleichterungen gelten lediglich für die hier nicht in Streit stehende Anerkennung einer Infektionskrankheit als Berufskrankheit bei bestimmten versicherten Tätigkeiten mit besonders erhöhter Gefährdungslage (vgl. z.B. BK Nr. 3101 der Anlage zur BKV: Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst ... tätig ... der Infektionsgefahr ... besonders ausgesetzt war).
In dem vom BSG mit dem o.a. Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R - entschiedenen Fall war nicht nachgewiesen, dass die die Verletzung verursachende Kanüle mit dem HCV infiziert gewesen ist oder einem HCV-infizierten Patienten appliziert worden war (o.a. BSG-Urteil, Rdnr. 18). Im hier zu entscheidenden Rechtsstreit ist nicht zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass das dem Kläger durch Transfusionen zugeführte Blut durch HCV kontaminiert gewesen ist.
Da somit nicht nachgewiesen ist, dass das dem Kläger durch Bluttransfusionen 1975 verabreichte Blut und die Blutersatzmittel mit Hepatitis-C-Viren verseucht gewesen sind, ist die 2009 festgestellte Hepatitis-C-Erkrankung auch nicht die Folge des Arbeitsunfalles vom 27.06.1975.
Soweit Prof. Dr. B. in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt ist, die beim Kläger erstmals im Juli 2009 diagnostizierte Hepatitis-C-Erkrankung bestehe mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit "seit den Folgen des Arbeitsunfalles vom 27.06.1975" und sie sei durch die Behandlung der Folgen des Arbeitsunfalles mit den Bluttransfusionen verursacht worden, vermag der Senat dem nicht zuzustimmen. Dies deshalb, weil auch Prof. Dr. B. es nicht als nachgewiesen ansieht, dass das dem Kläger durch Bluttransfusionen zugeführte Blut mit Hepatitis-C-Viren verseucht gewesen ist. Er bewertet lediglich das Risiko einer Hepatitis-C-Infektion bei Transfusion von Blut und Blutprodukten in den 70er-Jahren anders als Prof. Dr. K ... Lediglich die hieran anknüpfende Schlussfolgerung, ob damit eine Infektion durch Transfusionen 1976 nachgewiesen ist oder nur als Möglichkeit in Betracht kommt, divergiert zwischen Prof. Dr. K. und Prof. Dr. B ... Dies ist aber eine vom Senat im Rahmen der Beweiswürdigung zu beantwortende Tatfrage, wobei der Senat die Gesamtumstände des von den sachkundigen Ärzten vermittelten Sachverhalts zu berücksichtigen hat.
Nach Überzeugung des Senats reicht aber - wie oben ausgeführt - der Umstand, dass Mitte der 70er Jahre die Infektionsrate der Blutspender deutschlandweit bei ca. 0,6 % hinsichtlich einer Hepatitis-C-Erkrankung anzusiedeln ist, nicht aus, um als nachgewiesen anzusehen, dass das dem Kläger 1975 zugeführte Blut mit Hepatitis-C-Viren verseucht gewesen ist. Die von Prof. Dr. B. dargelegte Risikobelastung, im Jahr 1975 bei Bluttransfusionen eine Hepatitis C-Infektion erlitten zu haben, hat den Senat nicht zu der richterlichen Überzeugung gelangen lassen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Kläger sich die Hepatitis C Infektion bei der Behandlung der Unfallfolgen 1975 zugezogen hat. Soweit nach Professor Dr. B. Studien ergeben hätten, dass 1975 schon allein nach multiplen Bluttransfusionen das Risiko einer Hepatitis C-Infektion bei 10-20 % gelegen habe und bei den damals verwendeten Immunglobulinpräparaten nach Auswertung der Studien von einem Risiko von 40 % bis 50 % bei einer einzigen Immunglobulin-Gabe auszugehen sei, ist darauf hinzuweisen, dass damit zunächst unter Beweisgesichtspunkten nur ein Zufall belegt ist. Das Risiko der damals auch verabreichten Human-Albumin-Präparate ist auch nach Prof. Dr. B. nicht sicher beurteilbar und bei seiner Risikoabschätzung außer Betracht geblieben. Die Addition der Prävalenzraten bei 19 Immunglobulingaben zu 100 %, was nach Prof. Dr. B. absolute Sicherheit für die Verwirklichung des Risikos belege, gibt ein statistisches Risiko an. Diese Überlegung von Prof. Dr. B. begründet zur Überzeugung des Senats noch keine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit für die behauptete Infektion, wobei der Senat seinen Zweifeln, ob die bloße Addition der Prävalenzrate zur Erfassung des statistischen Risikos korrekt ist, nicht weiter nachgegangen ist. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass dieses errechnete statistische Risiko auch insoweit hinterfragt werden kann, als bei mehrfacher Präparatsgabe - jedenfalls für Präparate, die am gleichen Tag oder in kurzem Zeitraum hintereinander verabreicht worden sind - , diese Blutersatzstoffe durchaus aus der gleichen Charge haben stammen können und dass somit in diesen Fällen keine statistische Risikoerhöhung stattgefunden hat. Den beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten ist nur anhand der Gesamtabrechnung der Klinik zu entnehmen, dass die Präparate verabreicht worden sind. Wie viele Präparate zu welchem Zeitpunkt zur Anwendung gekommen sind, ist dem Rechnungsbeleg nicht zu entnehmen. Danach bestand beim Kläger zwar gleichwohl ein hohes Risiko, bei wenigstens einer der statistischen Wahrscheinlichkeiten von 1 zu 1 in der wiederholenden Folge infiziert worden zu sein, doch eine zwingende Folgerung ist hieraus nicht abzuleiten. Dass sich das hohe Risiko tatsächlich 1975 verwirklicht hat, ist durch weitere hierauf hindeutende Indizien nicht bestätigt. Sowohl nach Prof. Dr. K. als auch nach Prof. Dr. B. sind zeitnah zu den 1975 erfolgten Bluttransfusionen und Gaben von Blutprodukten keine Krankheitszeichen einer Hepatitis, speziell einer Hepatitis C, dokumentiert. Vielmehr verläuft die akute Hepatitis C bei den meisten Infizierten asymptomatisch und anikterisch bzw. treten häufig überhaupt keine Symptome auf. Eine auf eine kürzlich stattgefundene Infektion hinweisende Symptomatik als Anknüpfungstatsache einer 1975 erfolgten Infektion ist nicht belegt. Die Hepatitis C ist beim Kläger neben einem Zustand nach Hepatitis A erstmals 2009, also mehr als 30 Jahre nach der infrage kommenden Infektion, aufgetreten. Soweit Prof. Dr. B. andere Infektionswege und Infektionsanlässe verneint, stützt er sich allein auf die Angaben des Klägers. Auf die in seinem Gutachten beschriebenen eventuellen Infektionswege durch Operationen, Geschlechtsverkehr mit Hepatitis C-positiven Personen, Tropenaufenthalte, Pearcing, Tätowierungen u.s.w. geht er nicht weiter ein. Dagegen ist in den von der Beklagten beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnissen 1971 eine annähernd zweiwöchige Arbeitsunfähigkeit wegen Prellung des rechten Fußrückens mit Stichwunde, eine Arbeitsunfähigkeit und Behandlung wegen eines Schweißdrüsenabszesses im August/September 1981 und im Juni 2007 eine Zahnoperation dokumentiert. Denkbare Infektionen vor dem Arbeitsunfall 1975 und in dem dreißigjährigen Zeitraum danach bis zum Ausbruch der Hepatitis-Erkrankung sind daher nicht gänzlich ausgeschlossen, zumal es erst ab den neunziger Jahren möglich war, ein Hepatitis C-Virus nachzuweisen. Hinzu kommt, dass nach Prof. Dr. K. ca. 10 % aller bekannten HCV-Infektionen keinem der bekannten Übertragungswege eindeutig zugeordnet werden können. Eine HCV 1b-Infektion - dieser Genotyp ist nach Prof. Dr. B. beim Kläger nachgewiesen - ist die häufigste Ursache bei der sogenannten sporadischen Hepatitis C, wie sie Prof. Dr. K. beschreibt und deren Übertragungswege bislang ungeklärt sind (vgl. Schönberger u.a., a.a.O., Seite 719). Demgemäß sind neben den von Prof. Dr. K. angegebenen sonstigen Übertragungswegen auch Schmierinfektionen, insbesondere durch den Nachweis von Hepatitis C Viren in Tränenflüssigkeit bei chronischen HCV-Trägern (vgl. Schönberger aaO Seite 717), keine gänzlich abwegigen Alternativursachen, die als Möglichkeit einer unbemerkten Infektion bereits im alltäglichen Umgang durchaus denkbar ist. Der Senat hält daher eine Infektion des Klägers durch die Übertragung von Blut oder Blutprodukten 1975 für durchaus möglich, jedoch für nicht erwiesen.
Soweit der Kläger geltend gemacht hat, in einem ähnlich gelagerten Fall habe das Hessische LSG (L 3 U 93/07) dem dortigen Kläger Entschädigungsleistungen zugesprochen, beruht dies darauf, dass das SG eine Hepatitis-C-Erkrankung als weitere Folge eines Arbeitsunfalles festgestellt hatte und die Berufung von der Berufsgenossenschaft nach Einholung eines weiteren Gutachtens zurückgenommen worden ist (vgl. SG Gießen, Urteil vom 19.01.2007 - S 1 U 193/05 -). Eine Entscheidung des Hessischen LSG liegt insofern nicht vor.
Nach alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben und sie war mit der Kostenentscheidung aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
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