Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 6 RA 545/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 98/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht ein Prüfbescheid der Beklagten.
Der Kläger meldete beim zuständigen Amt ab 1. August 2000 das Gewerbe der "Lagerung und Vertrieb von technischen Gasen; Abschleppleistungen aller Art, Transportleistungen, Handel mit Kfz-Ersatzteilen und An- und Verkauf von Neu- und Gebrauchtwagen, Vermietung von Kfz, Vermittlungen Versicherungen, Kfz-Reparaturen und Pflege; Schülerbeförderung" an.
Die Beigeladenen zu 1) bis 4) waren bei dem Kläger als (Aushilfs-)Fahrer seiner Abschleppfahrzeuge beschäftigt. Er meldete die Beigeladenen zu 1) bis 5) jeweils als Nebeneinkommensbezieher nach § 313 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) an. Am 5. September 2001 zahlte er als Firma B Abschleppdienst + T dem Beigeladenen zu 5) für erbrachte Vermittlungen eine Provision von 600,00 DM bar aus.
Das Hauptzollamt Frankfurt (Oder) leitete mit Vermerk vom 12. April 2002 gegen ihn ein Strafverfahren ein, nachdem bei einer Kontrolle auf der Bundesautobahn 113 am 18. März 2002 der Beigeladene zu 1) als Kraftfahrer eines Lkw des Klägers angetroffen worden war. Das Hauptzollamt beschlagnahmte beim Kläger sowie bei dessen Steuerberater unter anderem Fahrtenschreiberschaublätter von vier Lkw des Klägers sowie diverse Kassenbücher und Aktenordner. Es wertete die Fahrtenschreiberschaublätter aus und ermittelte Fahrzeiten der Beigeladenen zu 1) bis 4).
Der Beigeladene zu 2) P sagte bei seiner Beschuldigtenvernehmung beim Hauptzollamt Frankfurt am 19. August 2002 aus, nicht gewusst zu haben, als arbeitslos gemeldeter geringfügig Beschäftigter nur weniger als 15 Stunden wöchentlich habe arbeiten zu dürfen. Er habe nur gewusst, dass er nicht mehr als 315,00 DM monatlich habe verdienen dürfen. Er äußerte weiter auf die Frage, außer den 315,00 DM noch etwas dazu verdient zu haben, jetzt nichts mehr sagen zu wollen, er werde sich mit seinem Anwalt besprechen. Das Strafverfahren gegen ihn wegen Betruges (Amtsgericht Frankfurt/Oder 4.10 Cs 272 Js 46848/02) wurde gegen eine Geldbuße von 500,00 Euro nach § 153a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.
Mit Schreiben vom 19. September 2002 informierte das Hauptzollamt die Rechtsvorgängerin des Beklagten, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend nur noch: "die Beklagte"), über den Sachverhalt.
Das Strafverfahren gegen den Kläger wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 266a Strafgesetzbuch (StGB; Aktenzeichen Staatsanwaltschaft Frankfurt [Oder] 237 Js 4109/03) wurde ebenfalls nach Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 1.500,00 Euro nach § 153a StPO eingestellt.
Entsprechend wurde das Strafverfahren gegen den Beigeladenen zu 5) Michaelis (Aktenzeichen Amtsgericht Frankfurt [Oder] 43 Cs 271 Js 48865/02) nach § 153a Abs. 2 StPO nach Zahlung einer Geldauflage von 200,00 Euro eingestellt.
Der Beigeladene zu 3) B ließ sich in seinem Strafverfahren (Aktenzeichen Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder 240 Js 36331/02) ein, indem er eine eigene Auswertung der Fahrtenschreiberblätter vorlegte und sich damit entschuldigte, seinen möglichen zukünftigen Arbeitgeber mit einer Einhaltung der Höchstarbeitszeit nicht habe "vor den Kopf stoßen" wollen. Sein Strafverfahren wurde nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt.
Die Strafverfahren gegen den Beigeladenen zu 4) K (Aktenzeichen Amtsgericht Frankfurt [Oder] 4.10 Ts Js 46704/02 (240/03)) und den Beigeladenen zu 1) (Aktenzeichen Amtsgericht Frankfurt[Oder] 4.10 Ds 281 Js 47165/02 (66/03)) wurden jeweils gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 500,00 Euro nach § 153a StPO eingestellt.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 13. November 2002 mit, dass hinsichtlich des Prüfzeitraumes vom 1. April 1998 bis 31. Oktober 2002 die Auswertung der Prüfung des Hauptzollamtes in einem gesonderten Bescheid erfolgen solle.
Nach vorangegangener Anhörung mit Schreiben vom 18. Februar 2004 forderte sie mit Prüfbescheid vom 19. Mai 2004 für die Zeit von April 1999 bis September 2001 insgesamt 8.416,87 EUR einschließlich 2.370,76 EUR Säumniszuschläge für die Zeit von Mai 1999 bis Februar 2004 nach §§ 28p Abs. 1, 107 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) nach. Die Auswertung der Fahrtenschreiberschaublätter und die Bescheinigungen über Nebeneinkommen der Beigeladenen durch das Hauptzollamt hätten ergeben, dass der Kläger die Beigeladenen gegen Entgelt beschäftigt habe. Sie seien als geringfügig Beschäftigte angemeldet gewesen. Die Beschäftigungsverhältnisse der Beigeladenen zu 1) bis 4) hätten jedoch nicht die Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung erfüllt. Die wöchentliche Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV sei ebenso wenig eingehalten wie die Entgeltgrenze eines regelmäßigen Monatsverdienstes von 630,00 DM/325,00 EUR. Der Beigeladene zu 5) habe vom Kläger als Arbeitgeber eine Vermittlungsprovision in Höhe von 600,00 DM erhalten, welche laufendes Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV sei. Für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge seien die nachgewiesenen Arbeitsstunden zugrunde gelegt worden. Da der Kläger keine Angaben zur Lohnhöhe gemacht habe, sei der Lohn geschätzt worden. Für Entgelte ab dem 1. August 1999 sei in Anlehnung an den Lohntarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer in Betrieben des Speditionsgewerbes vom 19. Juli 1999 ein Bruttostundenlohn in Höhe von 16,56 DM angenommen worden. Für die Zeit bis zum 31. Juli 1999 sei der Lohn auf 15,00 DM geschätzt worden. Der Bescheid enthielt hinsichtlich der einzelnen Beigeladenen und Sozialversicherungsträger Einzelaufstellungen, auf die ergänzend verwiesen wird.
Der Kläger erhob Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2004, abgesandt am nächsten Tag, zurückwies.
Hiergegen hat der Kläger am 10. Dezember 2004 Klage beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhoben. Zur Begründung hat er vorgebracht, die Beigeladenen hätten nicht in dem im Bescheid aufgeführten Umfang bei ihm gearbeitet. Die Fahrtenschreiberblätter könnten die Lenkzeiten nicht belegen. Sie seien kaum leserlich und ließen Rückschlüsse auf den Arbeitsumfang nicht zu. Die Blätter seien teilweise mehr als einen Tag genutzt, mehrfach beschrieben und zum Teil bis zu vier Tagen nicht aus dem Fahrtenschreiber entfernt worden. Selbst wenn die Zahlen als richtig unterstellt würden, sei bei einer erheblichen Anzahl von Arbeitswochen das 15-Stundenkontingent unterschritten. Dies gelte insbesondere für den Beigeladenen zu 4) Kaiser. Die angesetzten Stundenlöhne seien unangemessen. Es möge zwar zutreffen, dass der zugrunde gelegte Stundenlohn dem Tarifvertrag für Spediteure in Berlin und Brandenburg entspreche. Auf dieser Basis hätte der Kläger jedoch allenfalls einen Kraftfahrer beschäftigen können. Die Strafverfahren gegen die Beigeladenen und den Kläger seien aus diesem Grund eingestellt worden. Überdies seien Ansprüche für das Jahr 1999 jedenfalls verjährt.
Die Beklagte hat vorgebracht, dass angesichts des weiten Tätigkeitsfeldes des Klägers laut Gewerbeanmeldung seine Arbeitnehmer auch während der Standzeiten der Lkw hätten arbeiten können. Zur Abschleppleistung gehöre neben den reinen Fahrleistungen auch das Auf- und Abladen der Fahrzeuge. Dies habe auch der Beigeladene zu 2) P in seiner Vernehmung bestätigt. Es sei unwahrscheinlich und nicht glaubhaft, dass die Arbeitnehmer die Standzeiten stets als Freizeit zu Hause verbracht und damit eine mehrmalige An- und Abreise zur Arbeitsstätte in Kauf genommen hätten. Die Unterlagen hätten vielmehr ergeben, dass der Kläger hinsichtlich der Arbeitszeiten seiner Arbeitnehmer falsche Angaben gemacht habe. Die Tachoscheiben könnten nicht die Grundlage der Angaben in den Nebenverdienstbescheinigungen für das Arbeitsamt gewesen sein. Ausgangspunkt für die Arbeitsentgeltschätzung nach § 28f SGB IV sei das gemeldete Entgelt des Arbeitnehmers Kaiser im Jahre 2001 als betriebsübliches Vergleichsentgelt (36.000,- DM/52 Wochen/40 Stunden = 17,30 DM), bis 31.07.1999 15,00 DM, ab 01.08.1999 16,56 DM in Anlehnung an den Tarifvertrag).
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 7. Februar 2011 abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beigeladenen zu 1) bis 5) seien in den von der Beklagten angenommenen Zeiträumen nicht nur geringfügig beschäftigt im Sinne des § 8 SGB IV (in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung vom 24. März 1999) versicherungsfrei beschäftigt gewesen, sondern versicherungspflichtig. Den Arbeitgeber träfe die Beweislast hinsichtlich des Abweichens vom Regelfall einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in Form der Ausnahme geringfügige Beschäftigung (Bezugnahme auf LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. März 2009 – L 16 (11) B 4/07 ER). Es sei nicht zu beanstanden, dass für die Berechnung der Arbeitszeit die durch die Fahrtenschreiber nachgewiesenen Arbeitsstunden zugrunde gelegt worden seien. Nach § 28f Abs. 1 Satz 1 SGB IV habe der Arbeitgeber für jeden Beschäftigten Aufzeichnungspflichten, also auch für die versicherungsfrei Beschäftigten. Es möge zutreffen, dass die Arbeitszeiten der Beigeladenen zu 1) bis 4) aufgrund der Tachoscheiben nicht für alle Tage gänzlich nachvollziehbar seien. Für den ordnungsgemäßen Umgang mit den Tachoscheiben sei jedoch der Arbeitgeber verantwortlich, ohne dass es auf ein Verschulden ankomme (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 7. Februar 2002 – B 12 KR 12/01 R). Der Kläger habe keine weiteren Unterlagen vorgelegt, aus denen sich andere Arbeitszeiten ergäben. Die Nichtaufklärbarkeit gehe zu seinen Lasten. Die Beklagte habe bei den Fahrtenschreiberblättern, die mehrere Tage verwendet worden seien, nicht die angezeigte Arbeitszeit für alle Tage, sondern nur für einen Tag berücksichtigt. So sei beispielsweise die Tachoscheibe mit dem Datum 03.11.00/06.11.00 für den Beigeladenen zu 2) (Kennzeichen MOL-; Blatt 47 der Hauptzollakte IV-Nr. 102/02) nur die Arbeitszeit von 09:15 bis 18:45 Uhr für den 3. November 2002 berücksichtigt worden. Die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze ergebe sich für den Beigeladenen zu 4) aus der Überschreitung des regelmäßig erzielten monatlichen Arbeitsentgelts. Zu Recht habe die Beklagte die Höhe des Arbeitsentgelts nach § 28f Abs. 2 SGB IV geschätzt, weil der Kläger seine Arbeitgeberaufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt habe und deshalb die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht habe festgestellt werden können. Soweit der prüfende Träger die Höhe des Arbeitsentgeltes nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Verwaltungsaufwand ermitteln könne, habe er diese zu schätzen. Dabei sei das ortsübliche Arbeitsentgelt am Beschäftigungsort mit zu berücksichtigen. Auch die dem Beigegeladenen zu 5) gezahlte Provision sei Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV. Die Beiträge seien auch nicht verjährt. Es gelte hier die Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach verjährten Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien. Vorsatz sei auch der so genannte bedingte Vorsatz, für welchen es genüge, wenn der Zahlungspflichtige die Nichtabführung des Beitrags als mögliche Folge seines Handelns oder Unterlassens erkannt und diesen "Erfolg" billigend in Kauf genommen habe. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30. März 2000 – B 12 KR 14/99 R) müsse der Vorsatz zur Beitragsvorenthaltung noch nicht bei Eintritt der Fälligkeit vorgelegen haben. Es reiche insoweit aus, wenn der Beitragsschuldner noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist bösgläubig werde. Hier sei spätestens mit Aufnahme der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft davon auszugehen, dass der Kläger als Arbeitgeber von den geleisteten Arbeitszeiten der Beigeladenen zu 1) bis 5) und den daraus resultierenden Folgen für die Geringfügigkeitsgrenze gewusst habe. Die Erhebung von Säumniszuschlägen folge aus § 24 SGB IV.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Zu deren Begründung hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Die Provisionszahlung an den Beigeladenen zu 5) sei kein Arbeitsentgelt sondern eine Vermittlungsprovision und deshalb keine regelmäßige Einnahme im Sinne des § 8 SGB IV. Der Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 9. März 2009 läge ein gänzlich anderer Fall zugrunde. Dort sei die Fehlerhaftigkeit der Angaben des Arbeitgebers positiv festgestellt worden. Hier hingegen behaupte die Beklagte lediglich eine Falschangabe der Arbeitszeiten. Gegenteiliges könne der Kläger nach so vielen Jahren nicht mehr beweisen. Die Höhe des Nachforderungsbetrages sei falsch. So sei für den Beigeladenen zu 2) Piefke in der 28., 29. und 45. Woche des Jahres 2000 eine doppelte, teilweise sogar dreifacher Berechnung eines einzigen Tages erfolgt. Auch habe der Kläger tatsächlich keine Stundenlöhne zwischen 15,00 DM und 16,56 DM, sondern lediglich 10,00 DM (5,11 EUR) pro Stunde gezahlt. Der Kläger führe kein Speditionsgewerbe und habe keine gewerblichen Arbeitnehmer beschäftigt.
Er beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 7. Februar 2011 den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die aufgeführten Strafakten sowie vier Bände Akten des Hauptzollamtes Frankfurt und der Verwaltungsvorgang der Beklagten lagen zur Verhandlung vor und waren Gegenstand der Erörterung.
Entscheidungsgründe:
Der Berufung muss Erfolg versagt bleiben. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, auf die zur Vermeidung bloßer Wiederholungen verwiesen wird (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die dem Beigeladenen zu 5) gezahlte Provision ist zutreffend als Arbeitsentgelt angesehen worden. Für die Frage der Beitragspflicht ist es nicht entscheidend, ob der Arbeitnehmer auch im Rahmen der jeweiligen Nebentätigkeit als abhängig Beschäftigter anzusehen ist. Nach der ausdrücklichen Vorschrift des Gesetzes in § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV reicht es für die Beitragspflicht nämlich aus, dass die Einnahme im Zusammenhang mit einer Beschäftigung erzielt wird. Sie muss nicht notwendigerweise aus einer (einzigen) Beschäftigung erzielt werden. Eine abhängige Beschäftigung als (Haupt-)Tätigkeit reicht also als Anknüpfungspunkt für die Beitragspflichtigkeit zusätzlicher Einnahmen aus, wenn die weitere Tätigkeit mit der Haupttätigkeit in einem Zusammenhang steht. Unter dieser Voraussetzung ergreift die auf § 14 SGB IV beruhende Einordnung als (beitragspflichtiges) Arbeitsentgelt auch Einnahmen, die für eine an sich dem Grunde nach selbständige Erwerbstätigkeit erzielt wurden (so Urteil des Senats vom 6. Mai 2011 – L 1 KR 227/08, juris, Rdnr. 22 mit Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 3. Februar 1994 – 12 RK 18/93 und Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 25. Februar 2011 – L 1 KR 88/09). Auch der Beigeladene zu 5) war hier vom Kläger als geringfügig Beschäftigter angemeldet für die Monate August bis Oktober 2001, die Vermittlungstätigkeit war hingegen ein einmaliger Vorgang.
Auch der Senat hat keine Zweifel, dass im Prüfbescheid die vom Hauptzollamt ermittelten Arbeitszeiten aufgrund der Auswertung der Fahrtenschreiber-Schaublätter bei mehrfach verwendeten Blättern nur für jeweils einen Tag zugrunde gelegt worden sind. Auch er hält es für ausgeschlossen, dass nur die reine Bewegzeit der Lkw die Arbeitszeit der Beigeladenen gewesen sein könnte. Soweit der Kläger erneut vorgebracht hat, der Zeitaufstellung lägen Doppelt- oder sogar Dreifachberechnungen eines einzigen Tage zugrunde, lässt sich dies den Unterlagen nicht entnehmen. So enthält die Aufstellung für den Beigeladenen zu 2) P für die 28., 29. und 45. Woche zwar Spalten, in welchen mehrere Tage als Datum eingetragen sind. Der Berechnung der Arbeitszeit liegt jedoch für jeden Tabelleneintrag nur ein Zeitwert zugrunde.
Dem Einwand des Klägers, dass das ortsübliche Beschäftigungsentgelt für Aushilfs-Lkw-Fahrer eines Abschleppunternehmers in Ostbrandenburg niedriger gewesen sei als das Tarifgehalt im Speditionsgewerbe, braucht nicht nachgegangen zu werden. Der Kläger kann sich hierauf im Gerichtsverfahren nämlich nicht mehr berufen:
Nach § 28f Abs. 2 Satz 5 SGB IV hat der prüfende Versicherungsträger einen aufgrund der Sätze 1, 3 und 4 des § 28f Abs. 2 SGB IV ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht bzw. Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden. Ansonsten hängt die Rechtmäßigkeit der Schätzung (nur) davon ab, ob die Beitragshöhe nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann. Diese Verhältnismäßigkeit des Schätzbescheides kann zwar auch im gerichtlichen Verfahren überprüft werden. Für eine Beanstandung durch ein Gericht ist es jedoch erforderlich, dass die Schätzung im Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens als unverhältnismäßig erscheinen muss (so BSG, Urteil vom 7. Februar 2002 -B 12 KR 12/01 R- zu einem [weitergehenderen] Beitragssummenbescheid, juris, Rdnr. 28).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Im Streit steht ein Prüfbescheid der Beklagten.
Der Kläger meldete beim zuständigen Amt ab 1. August 2000 das Gewerbe der "Lagerung und Vertrieb von technischen Gasen; Abschleppleistungen aller Art, Transportleistungen, Handel mit Kfz-Ersatzteilen und An- und Verkauf von Neu- und Gebrauchtwagen, Vermietung von Kfz, Vermittlungen Versicherungen, Kfz-Reparaturen und Pflege; Schülerbeförderung" an.
Die Beigeladenen zu 1) bis 4) waren bei dem Kläger als (Aushilfs-)Fahrer seiner Abschleppfahrzeuge beschäftigt. Er meldete die Beigeladenen zu 1) bis 5) jeweils als Nebeneinkommensbezieher nach § 313 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) an. Am 5. September 2001 zahlte er als Firma B Abschleppdienst + T dem Beigeladenen zu 5) für erbrachte Vermittlungen eine Provision von 600,00 DM bar aus.
Das Hauptzollamt Frankfurt (Oder) leitete mit Vermerk vom 12. April 2002 gegen ihn ein Strafverfahren ein, nachdem bei einer Kontrolle auf der Bundesautobahn 113 am 18. März 2002 der Beigeladene zu 1) als Kraftfahrer eines Lkw des Klägers angetroffen worden war. Das Hauptzollamt beschlagnahmte beim Kläger sowie bei dessen Steuerberater unter anderem Fahrtenschreiberschaublätter von vier Lkw des Klägers sowie diverse Kassenbücher und Aktenordner. Es wertete die Fahrtenschreiberschaublätter aus und ermittelte Fahrzeiten der Beigeladenen zu 1) bis 4).
Der Beigeladene zu 2) P sagte bei seiner Beschuldigtenvernehmung beim Hauptzollamt Frankfurt am 19. August 2002 aus, nicht gewusst zu haben, als arbeitslos gemeldeter geringfügig Beschäftigter nur weniger als 15 Stunden wöchentlich habe arbeiten zu dürfen. Er habe nur gewusst, dass er nicht mehr als 315,00 DM monatlich habe verdienen dürfen. Er äußerte weiter auf die Frage, außer den 315,00 DM noch etwas dazu verdient zu haben, jetzt nichts mehr sagen zu wollen, er werde sich mit seinem Anwalt besprechen. Das Strafverfahren gegen ihn wegen Betruges (Amtsgericht Frankfurt/Oder 4.10 Cs 272 Js 46848/02) wurde gegen eine Geldbuße von 500,00 Euro nach § 153a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.
Mit Schreiben vom 19. September 2002 informierte das Hauptzollamt die Rechtsvorgängerin des Beklagten, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend nur noch: "die Beklagte"), über den Sachverhalt.
Das Strafverfahren gegen den Kläger wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 266a Strafgesetzbuch (StGB; Aktenzeichen Staatsanwaltschaft Frankfurt [Oder] 237 Js 4109/03) wurde ebenfalls nach Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 1.500,00 Euro nach § 153a StPO eingestellt.
Entsprechend wurde das Strafverfahren gegen den Beigeladenen zu 5) Michaelis (Aktenzeichen Amtsgericht Frankfurt [Oder] 43 Cs 271 Js 48865/02) nach § 153a Abs. 2 StPO nach Zahlung einer Geldauflage von 200,00 Euro eingestellt.
Der Beigeladene zu 3) B ließ sich in seinem Strafverfahren (Aktenzeichen Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder 240 Js 36331/02) ein, indem er eine eigene Auswertung der Fahrtenschreiberblätter vorlegte und sich damit entschuldigte, seinen möglichen zukünftigen Arbeitgeber mit einer Einhaltung der Höchstarbeitszeit nicht habe "vor den Kopf stoßen" wollen. Sein Strafverfahren wurde nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt.
Die Strafverfahren gegen den Beigeladenen zu 4) K (Aktenzeichen Amtsgericht Frankfurt [Oder] 4.10 Ts Js 46704/02 (240/03)) und den Beigeladenen zu 1) (Aktenzeichen Amtsgericht Frankfurt[Oder] 4.10 Ds 281 Js 47165/02 (66/03)) wurden jeweils gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 500,00 Euro nach § 153a StPO eingestellt.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 13. November 2002 mit, dass hinsichtlich des Prüfzeitraumes vom 1. April 1998 bis 31. Oktober 2002 die Auswertung der Prüfung des Hauptzollamtes in einem gesonderten Bescheid erfolgen solle.
Nach vorangegangener Anhörung mit Schreiben vom 18. Februar 2004 forderte sie mit Prüfbescheid vom 19. Mai 2004 für die Zeit von April 1999 bis September 2001 insgesamt 8.416,87 EUR einschließlich 2.370,76 EUR Säumniszuschläge für die Zeit von Mai 1999 bis Februar 2004 nach §§ 28p Abs. 1, 107 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) nach. Die Auswertung der Fahrtenschreiberschaublätter und die Bescheinigungen über Nebeneinkommen der Beigeladenen durch das Hauptzollamt hätten ergeben, dass der Kläger die Beigeladenen gegen Entgelt beschäftigt habe. Sie seien als geringfügig Beschäftigte angemeldet gewesen. Die Beschäftigungsverhältnisse der Beigeladenen zu 1) bis 4) hätten jedoch nicht die Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung erfüllt. Die wöchentliche Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV sei ebenso wenig eingehalten wie die Entgeltgrenze eines regelmäßigen Monatsverdienstes von 630,00 DM/325,00 EUR. Der Beigeladene zu 5) habe vom Kläger als Arbeitgeber eine Vermittlungsprovision in Höhe von 600,00 DM erhalten, welche laufendes Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV sei. Für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge seien die nachgewiesenen Arbeitsstunden zugrunde gelegt worden. Da der Kläger keine Angaben zur Lohnhöhe gemacht habe, sei der Lohn geschätzt worden. Für Entgelte ab dem 1. August 1999 sei in Anlehnung an den Lohntarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer in Betrieben des Speditionsgewerbes vom 19. Juli 1999 ein Bruttostundenlohn in Höhe von 16,56 DM angenommen worden. Für die Zeit bis zum 31. Juli 1999 sei der Lohn auf 15,00 DM geschätzt worden. Der Bescheid enthielt hinsichtlich der einzelnen Beigeladenen und Sozialversicherungsträger Einzelaufstellungen, auf die ergänzend verwiesen wird.
Der Kläger erhob Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2004, abgesandt am nächsten Tag, zurückwies.
Hiergegen hat der Kläger am 10. Dezember 2004 Klage beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhoben. Zur Begründung hat er vorgebracht, die Beigeladenen hätten nicht in dem im Bescheid aufgeführten Umfang bei ihm gearbeitet. Die Fahrtenschreiberblätter könnten die Lenkzeiten nicht belegen. Sie seien kaum leserlich und ließen Rückschlüsse auf den Arbeitsumfang nicht zu. Die Blätter seien teilweise mehr als einen Tag genutzt, mehrfach beschrieben und zum Teil bis zu vier Tagen nicht aus dem Fahrtenschreiber entfernt worden. Selbst wenn die Zahlen als richtig unterstellt würden, sei bei einer erheblichen Anzahl von Arbeitswochen das 15-Stundenkontingent unterschritten. Dies gelte insbesondere für den Beigeladenen zu 4) Kaiser. Die angesetzten Stundenlöhne seien unangemessen. Es möge zwar zutreffen, dass der zugrunde gelegte Stundenlohn dem Tarifvertrag für Spediteure in Berlin und Brandenburg entspreche. Auf dieser Basis hätte der Kläger jedoch allenfalls einen Kraftfahrer beschäftigen können. Die Strafverfahren gegen die Beigeladenen und den Kläger seien aus diesem Grund eingestellt worden. Überdies seien Ansprüche für das Jahr 1999 jedenfalls verjährt.
Die Beklagte hat vorgebracht, dass angesichts des weiten Tätigkeitsfeldes des Klägers laut Gewerbeanmeldung seine Arbeitnehmer auch während der Standzeiten der Lkw hätten arbeiten können. Zur Abschleppleistung gehöre neben den reinen Fahrleistungen auch das Auf- und Abladen der Fahrzeuge. Dies habe auch der Beigeladene zu 2) P in seiner Vernehmung bestätigt. Es sei unwahrscheinlich und nicht glaubhaft, dass die Arbeitnehmer die Standzeiten stets als Freizeit zu Hause verbracht und damit eine mehrmalige An- und Abreise zur Arbeitsstätte in Kauf genommen hätten. Die Unterlagen hätten vielmehr ergeben, dass der Kläger hinsichtlich der Arbeitszeiten seiner Arbeitnehmer falsche Angaben gemacht habe. Die Tachoscheiben könnten nicht die Grundlage der Angaben in den Nebenverdienstbescheinigungen für das Arbeitsamt gewesen sein. Ausgangspunkt für die Arbeitsentgeltschätzung nach § 28f SGB IV sei das gemeldete Entgelt des Arbeitnehmers Kaiser im Jahre 2001 als betriebsübliches Vergleichsentgelt (36.000,- DM/52 Wochen/40 Stunden = 17,30 DM), bis 31.07.1999 15,00 DM, ab 01.08.1999 16,56 DM in Anlehnung an den Tarifvertrag).
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 7. Februar 2011 abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beigeladenen zu 1) bis 5) seien in den von der Beklagten angenommenen Zeiträumen nicht nur geringfügig beschäftigt im Sinne des § 8 SGB IV (in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung vom 24. März 1999) versicherungsfrei beschäftigt gewesen, sondern versicherungspflichtig. Den Arbeitgeber träfe die Beweislast hinsichtlich des Abweichens vom Regelfall einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in Form der Ausnahme geringfügige Beschäftigung (Bezugnahme auf LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. März 2009 – L 16 (11) B 4/07 ER). Es sei nicht zu beanstanden, dass für die Berechnung der Arbeitszeit die durch die Fahrtenschreiber nachgewiesenen Arbeitsstunden zugrunde gelegt worden seien. Nach § 28f Abs. 1 Satz 1 SGB IV habe der Arbeitgeber für jeden Beschäftigten Aufzeichnungspflichten, also auch für die versicherungsfrei Beschäftigten. Es möge zutreffen, dass die Arbeitszeiten der Beigeladenen zu 1) bis 4) aufgrund der Tachoscheiben nicht für alle Tage gänzlich nachvollziehbar seien. Für den ordnungsgemäßen Umgang mit den Tachoscheiben sei jedoch der Arbeitgeber verantwortlich, ohne dass es auf ein Verschulden ankomme (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 7. Februar 2002 – B 12 KR 12/01 R). Der Kläger habe keine weiteren Unterlagen vorgelegt, aus denen sich andere Arbeitszeiten ergäben. Die Nichtaufklärbarkeit gehe zu seinen Lasten. Die Beklagte habe bei den Fahrtenschreiberblättern, die mehrere Tage verwendet worden seien, nicht die angezeigte Arbeitszeit für alle Tage, sondern nur für einen Tag berücksichtigt. So sei beispielsweise die Tachoscheibe mit dem Datum 03.11.00/06.11.00 für den Beigeladenen zu 2) (Kennzeichen MOL-; Blatt 47 der Hauptzollakte IV-Nr. 102/02) nur die Arbeitszeit von 09:15 bis 18:45 Uhr für den 3. November 2002 berücksichtigt worden. Die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze ergebe sich für den Beigeladenen zu 4) aus der Überschreitung des regelmäßig erzielten monatlichen Arbeitsentgelts. Zu Recht habe die Beklagte die Höhe des Arbeitsentgelts nach § 28f Abs. 2 SGB IV geschätzt, weil der Kläger seine Arbeitgeberaufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt habe und deshalb die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht habe festgestellt werden können. Soweit der prüfende Träger die Höhe des Arbeitsentgeltes nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Verwaltungsaufwand ermitteln könne, habe er diese zu schätzen. Dabei sei das ortsübliche Arbeitsentgelt am Beschäftigungsort mit zu berücksichtigen. Auch die dem Beigegeladenen zu 5) gezahlte Provision sei Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV. Die Beiträge seien auch nicht verjährt. Es gelte hier die Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach verjährten Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien. Vorsatz sei auch der so genannte bedingte Vorsatz, für welchen es genüge, wenn der Zahlungspflichtige die Nichtabführung des Beitrags als mögliche Folge seines Handelns oder Unterlassens erkannt und diesen "Erfolg" billigend in Kauf genommen habe. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30. März 2000 – B 12 KR 14/99 R) müsse der Vorsatz zur Beitragsvorenthaltung noch nicht bei Eintritt der Fälligkeit vorgelegen haben. Es reiche insoweit aus, wenn der Beitragsschuldner noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist bösgläubig werde. Hier sei spätestens mit Aufnahme der Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft davon auszugehen, dass der Kläger als Arbeitgeber von den geleisteten Arbeitszeiten der Beigeladenen zu 1) bis 5) und den daraus resultierenden Folgen für die Geringfügigkeitsgrenze gewusst habe. Die Erhebung von Säumniszuschlägen folge aus § 24 SGB IV.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Zu deren Begründung hat der Kläger sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Die Provisionszahlung an den Beigeladenen zu 5) sei kein Arbeitsentgelt sondern eine Vermittlungsprovision und deshalb keine regelmäßige Einnahme im Sinne des § 8 SGB IV. Der Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 9. März 2009 läge ein gänzlich anderer Fall zugrunde. Dort sei die Fehlerhaftigkeit der Angaben des Arbeitgebers positiv festgestellt worden. Hier hingegen behaupte die Beklagte lediglich eine Falschangabe der Arbeitszeiten. Gegenteiliges könne der Kläger nach so vielen Jahren nicht mehr beweisen. Die Höhe des Nachforderungsbetrages sei falsch. So sei für den Beigeladenen zu 2) Piefke in der 28., 29. und 45. Woche des Jahres 2000 eine doppelte, teilweise sogar dreifacher Berechnung eines einzigen Tages erfolgt. Auch habe der Kläger tatsächlich keine Stundenlöhne zwischen 15,00 DM und 16,56 DM, sondern lediglich 10,00 DM (5,11 EUR) pro Stunde gezahlt. Der Kläger führe kein Speditionsgewerbe und habe keine gewerblichen Arbeitnehmer beschäftigt.
Er beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 7. Februar 2011 den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die aufgeführten Strafakten sowie vier Bände Akten des Hauptzollamtes Frankfurt und der Verwaltungsvorgang der Beklagten lagen zur Verhandlung vor und waren Gegenstand der Erörterung.
Entscheidungsgründe:
Der Berufung muss Erfolg versagt bleiben. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, auf die zur Vermeidung bloßer Wiederholungen verwiesen wird (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die dem Beigeladenen zu 5) gezahlte Provision ist zutreffend als Arbeitsentgelt angesehen worden. Für die Frage der Beitragspflicht ist es nicht entscheidend, ob der Arbeitnehmer auch im Rahmen der jeweiligen Nebentätigkeit als abhängig Beschäftigter anzusehen ist. Nach der ausdrücklichen Vorschrift des Gesetzes in § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV reicht es für die Beitragspflicht nämlich aus, dass die Einnahme im Zusammenhang mit einer Beschäftigung erzielt wird. Sie muss nicht notwendigerweise aus einer (einzigen) Beschäftigung erzielt werden. Eine abhängige Beschäftigung als (Haupt-)Tätigkeit reicht also als Anknüpfungspunkt für die Beitragspflichtigkeit zusätzlicher Einnahmen aus, wenn die weitere Tätigkeit mit der Haupttätigkeit in einem Zusammenhang steht. Unter dieser Voraussetzung ergreift die auf § 14 SGB IV beruhende Einordnung als (beitragspflichtiges) Arbeitsentgelt auch Einnahmen, die für eine an sich dem Grunde nach selbständige Erwerbstätigkeit erzielt wurden (so Urteil des Senats vom 6. Mai 2011 – L 1 KR 227/08, juris, Rdnr. 22 mit Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 3. Februar 1994 – 12 RK 18/93 und Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 25. Februar 2011 – L 1 KR 88/09). Auch der Beigeladene zu 5) war hier vom Kläger als geringfügig Beschäftigter angemeldet für die Monate August bis Oktober 2001, die Vermittlungstätigkeit war hingegen ein einmaliger Vorgang.
Auch der Senat hat keine Zweifel, dass im Prüfbescheid die vom Hauptzollamt ermittelten Arbeitszeiten aufgrund der Auswertung der Fahrtenschreiber-Schaublätter bei mehrfach verwendeten Blättern nur für jeweils einen Tag zugrunde gelegt worden sind. Auch er hält es für ausgeschlossen, dass nur die reine Bewegzeit der Lkw die Arbeitszeit der Beigeladenen gewesen sein könnte. Soweit der Kläger erneut vorgebracht hat, der Zeitaufstellung lägen Doppelt- oder sogar Dreifachberechnungen eines einzigen Tage zugrunde, lässt sich dies den Unterlagen nicht entnehmen. So enthält die Aufstellung für den Beigeladenen zu 2) P für die 28., 29. und 45. Woche zwar Spalten, in welchen mehrere Tage als Datum eingetragen sind. Der Berechnung der Arbeitszeit liegt jedoch für jeden Tabelleneintrag nur ein Zeitwert zugrunde.
Dem Einwand des Klägers, dass das ortsübliche Beschäftigungsentgelt für Aushilfs-Lkw-Fahrer eines Abschleppunternehmers in Ostbrandenburg niedriger gewesen sei als das Tarifgehalt im Speditionsgewerbe, braucht nicht nachgegangen zu werden. Der Kläger kann sich hierauf im Gerichtsverfahren nämlich nicht mehr berufen:
Nach § 28f Abs. 2 Satz 5 SGB IV hat der prüfende Versicherungsträger einen aufgrund der Sätze 1, 3 und 4 des § 28f Abs. 2 SGB IV ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht bzw. Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden. Ansonsten hängt die Rechtmäßigkeit der Schätzung (nur) davon ab, ob die Beitragshöhe nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann. Diese Verhältnismäßigkeit des Schätzbescheides kann zwar auch im gerichtlichen Verfahren überprüft werden. Für eine Beanstandung durch ein Gericht ist es jedoch erforderlich, dass die Schätzung im Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens als unverhältnismäßig erscheinen muss (so BSG, Urteil vom 7. Februar 2002 -B 12 KR 12/01 R- zu einem [weitergehenderen] Beitragssummenbescheid, juris, Rdnr. 28).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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