L 4 KR 104/12 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 4 KR 85/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 KR 104/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Streitwertbeschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 24. Oktober 2012 wird abgeändert.

Der Streitwert für die außergerichtlichen Kosten der Klägerin wird bis zum 26. Januar 2012 auf 1.578,88 EUR und ab dem 27. Januar 2012 auf 300,00 EUR festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über eine Streitwertentscheidung des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG).

Am 12. November 2009 hat die Klägerin beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) Klage erhoben, von der Beklagten die Zahlung von 1.578,88 EUR zuzüglich Zinsen verlangt und dies mit einem Vergütungsanspruch aus einer stationären Krankenhausbehandlung begründet.

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2011 hat die Beklagte erklärt, auf die nunmehr nachvollziehbare Forderung 1.563,29 EUR an die Klägerin gezahlt zu haben. Die Kürzung der Zahlung beruhe auf dem einprozentigen Abzug der Anschubfinanzierung für die integrierte Versorgung. Die Bezahlung von Zinsen sowie die Übernahme der Verfahrenskosten lehne sie ab. Am 27. Januar 2012 hat die Klägerin die Zahlung bestätigt, jedoch am geltend gemachten Zinsanspruch und an einer Kostenentscheidung zu ihren Gunsten festgehalten.

In der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2012 haben die Beteiligten folgenden gerichtlichen Vergleich geschlossen:

"Die Beklagte wird der Klägerin zur Abgeltung der mit der Klageschrift geltend gemachten Zinsforderung den Betrag von 154,40 EUR zahlen.

Die Beklagte wird der Klägerin 70 v.H. der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits erstatten.

Die Gerichtskosten trägt die Beklagte zu 70 %, die Klägerin zu 30 %."

Noch in der Sitzung hat das SG durch Beschluss den Streitwert des Verfahrens auf 1.578,88 EUR festgesetzt.

Nach Zustellung der Sitzungsniederschrift am 2. November 2012 hat die Beschwerdeführerin und Beklagte (im Folgenden: Beklagte) am 19. November 2012 Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung eingelegt und vorgetragen: Nach § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) sei der Streitwert nach dem Antrag des Klägers zu bestimmen. Betreffe der Antrag eine Geldleistung sei deren Höhe maßgebend, wobei Nebenforderungen nicht zu berücksichtigen seien (§§ 52 Abs. 2 GKG, 43 Abs. 1 GKG). Bei einer teilweisen Erledigung sei von einem geringeren Streitwert auszugehen. Seit dem 14. Oktober 2011 habe sich daher der Streitwert auf den verbliebenen Zinsanspruch, d.h. auf 220,57 EUR reduziert.

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom

24. Oktober 2012 abzuändern und den Streitwert ab dem

14. Oktober 2011 auf 220,57 EUR festzusetzen.

Die übrigen Verfahrensbeteiligten haben zur Beschwerde nicht Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.

II.

Im vorliegenden Fall ist der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig. Entgegen der Auffassung mehrerer Landessozialgerichte ergibt sich aus § 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) keine Befugnis des Berichterstatters als Einzelrichter zu entscheiden (u.a. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Dezember 2009, L 11 B 7/09 KA; Beschluss vom 21. September 2012, L 11 KA 54/11 B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 23. Februar 2010, L 22 R 963/09, Beschluss vom 5. Oktober 2011, L 27 P 23/11 B, jeweils zitiert nach juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschlüsse vom 2. Oktober 2012, L 4 P 19/12 B und L 4 P 21/12 B; A.A. Thüringer LSG, Beschluss vom 10. Dezember 2010, L 6 KR 972/10 B; Hessisches LSG, Beschluss vom 24. September 2010, L 1 KR 225/10 B, zitiert nach juris; vgl. zu dem Meinungsstreit Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 155 Rdn. 9d). Nach dem Gesetzeswortlaut sowie nach der Entstehungsgeschichte der Norm und der Parallelvorschrift des § 568 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) soll eine Entscheidung nur dann von einem einzelnen Richter des Spruchkörpers getroffen werden, wenn die jeweilige Prozessordnung in der konkreten Fallkonstellation eine Übertragung auf den Einzelrichter erlaubt. Dies ist in der Sozialgerichtsbarkeit im Beschwerdeverfahren jedoch nicht der Fall. In § 155 Sozialgerichtsgesetz (SGG) findet sich für das Beschwerdeverfahren keine entsprechende Regelung (so zutreffend Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27. April 2009, L 5 B 451/08 KA, zitiert nach juris).

Die auf die Festsetzung eines geringeren Streitwerts gerichtete Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist der erforderliche Beschwerdewert von mehr als 200,00 EUR erreicht (§ 68 Abs. 1 GKG). Die Beklagte ist nach ihrem Vorbringen wegen des höheren Streitwertes mit den Kosten des Prozessbevollmächtigten oberhalb der Beschwerdegrenze beschwert. Bei dem vom SG festgesetzten Streitwert von 1.578,88 EUR für das gesamte Verfahren hätte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin seine außergerichtlichen Kosten mit der Gebührenstufe bis 2.000,00 EUR ansetzen können und neben der Verfahrensgebühr auch eine Termin- und Einigungsgebühr in dieser Höhe geltend machen können. Für diese beiden letztgenannten Gebühren wären daher je 219,00 EUR angefallen, d.h. insgesamt 438,00 EUR entstanden. Dies hätte nach der Kostenverteilung des zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleichs einen Betrag von 306,60 EUR (70 % von 438,00 EUR) ergeben. Nach der von der Beklagten verlangten zeitlich differenzierten Streitwerthöhe hätte dagegen die Termin- und Erledigungsgebühr bei den außergerichtlichen Kosten der Klägerin lediglich auf der ersten Gebührenstufe (bis 300 EUR) berechnet werden können. Dann wären je 75,00 EUR, d.h. insgesamt 150,00 EUR angefallen. Dies würde nach der Vergleichsquote von 70 % zu einer Zahlungspflicht der Beklagten von 105,00 EUR führen und entspricht daher einem Differenzbetrag von 201,60 EUR im Vergleich zu dem vom SG bestimmten Streitwert. Die Beschwerde ist auch innerhalb der in § 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG festgelegten Frist eingelegt worden.

Die Beschwerde ist auch begründet. Das SG hat den Streitwert unzutreffend auf 1.578,88 EUR für das gesamte Verfahren festgesetzt. Nach § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG bestimmt sich die Höhe des Streitwertes nach der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Streitsache. Da dieser bezifferbar war, musste der Streitwert zunächst auf 1.578,88 EUR festgesetzt werden. Durch die von der Beklagten vorgenommenen Zahlung der Hauptforderung im Oktober 2011 hat sich dieser Streitwert jedoch im Hinblick auf die außergerichtlichen Kosten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin verringert, was zu einer geringeren Termin- und Einigungsgebühr führen muss. Wegen dieser unterschiedlichen Gebührensätze besteht bei rechtsanwaltlicher Vertretung – wie hier – ein Interesse daran, den Streitwert für die Berechnung der Anwaltsgebühr differenziert nach Zeitabschnitten festzusetzen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 3. Juli 2008, L 16 B 31/08 KR, zitiert nach juris). Dabei war der Streitwert auf die erste Gebührenstufe (bis 300 EUR) herabzusetzen, ohne dass es einer genauen Zinsberechnung bedurfte. Allerdings hat die Klägerin erst mit ihrem Schreiben vom 27. Januar 2012 ihren Antrag auf den verbliebenen Zinsanspruch sowie die Kosten des Verfahrens beschränkt und damit den Streitwert prozesswirksam herabgesetzt. Der Beschwerde konnte daher nicht in vollem Umfang stattgegeben werden.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 68 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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