L 9 AS 3016/12 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 22 AS 567/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 3016/12 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Berufungsklägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 06. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt als Sonderrechtsnachfolgerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes.

Die Klägerin ist die Witwe des 1961 geborenen und am 27.9.2011 verstorbenen Versicherten, ihres Ehegatten – künftig V. –, mit dem sie zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt lebte.

V. hat vom 1.8.1977 bis 31.1.1981 den Beruf des Gas- und Wasserinstallateurs erlernt und war zuletzt seit 31.7.1989 als Montagefacharbeiter beschäftigt. Ende April/Anfang Mai 2006 wurde bei V. ein Kardiakarzinom diagnostiziert und am 18.5.2006 eine abdomino-rechtsthorakale Ösophagusresektion mit Magenhochzug durchgeführt. Bis 4.10.2006 wurde eine Radiochemotherapie durchgeführt. Vom 8.11.2006 bis 6.12.2006 befand sich V. zu einem Heilverfahren in der Breisgau-Klinik B. K ... Die dortigen Ärzte gelangten im Entlassungsbericht vom 14.12.2006 zum Ergebnis, als Gas- und Wasserinstallateur sei V. nur unter drei Stunden täglich einsetzbar. Nach vollständiger Rekonvaleszenz sei er in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden und mehr zu verrichten. Tätigkeiten mit erhöhtem intraabdominellen Druck, mit häufigem Bücken, Pressen, Stemmen und Hocken sollten vermieden werden. V. habe versichert, dass es durch innerbetriebliche Umorganisation möglich sein werde, die qualitativen Einschränkungen zu berücksichtigen. Deswegen sei auf die Anregung externer berufsfördernder Maßnahmen verzichtet worden. Seit 25.4.2006 war V. arbeitsunfähig und bezog vom 6.6.2006 bis 23.10.2007 Krankengeld sowie vom 24.10.2007 bis 22.10.2008 Arbeitslosengeld.

Am 9.7.2007 beantragte V., bei dem ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 seit 25.7.2006 festgestellt war, die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Nach Auswertung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen durch Dr. K., Arzt für Chirurgie und Sozialmedizin, in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 17.7.2007 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.7.2007 den Rentenantrag vom 9.7.2007 ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vorliege. Den hiergegen am 6.8.2007 eingelegten Widerspruch nahm V. am 22.8.2007 wieder zurück.

Am 18.9.2007 beantragte V. unter Vorlage ärztlicher Unterlagen erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte ließ V. von Dr. Z., Arzt für Allgemeinmedizin, Anästhesiologie und Sozialmedizin, untersuchen. Dieser stellte bei V. im Gutachten vom 19.10.2007 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Rezidivierende Hypoglykämien aufgrund Dumpingsyndrom nach Oesophagus-Karzinom mit Magenhochzug bei Diätfehlern • Zustand nach Ösophagusresektion wegen Kardiakarzinom, Erstdiagnose 4/06, operativ behandelt mit Magenhochzug und Radiochemotherapie • Bewegungseinschränkung des ersten und zweiten Fingers der linken Hand nach Kreis-sägenverletzung 9/07 • Dorsalgien bei bekanntem Morbus Scheuermann und Zustand nach Grand mal-Anfall in der Hypoglykämie • Cholezystolithiasis • Schilddrüsenfunktionsstörung nach Strumaresektion • Leichte Fascialisparese links. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gas- und Wasserinstallateur bei einer Fertighausfirma könne V. weiterhin nur unter drei Stunden täglich verrichten. Es bestehe jedoch ein über sechsstündiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten über 5 bis 10 kg, ohne Arbeiten im Akkord, unter Zeitdruck, mit erhöhter Unfallgefahr und an laufenden Maschinen. Es sollte die Möglichkeit zur regelmäßigen Einnahme kleiner Mahlzeiten in ca. dreistündigem Abstand bestehen.

Mit Bescheid vom 26.10.2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag vom 18.9.2007 ab, weil weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vorliege.

Hiergegen legte V. am 19.11.2007 Widerspruch ein und trug vor, er sei – auch nach Ansicht seines Hausarztes – nicht mehr in der Lage, sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Wegen eines Dumpingsyndroms sei er auf häufige Blutzuckermessungen und häufige kleine Mahlzeiten angewiesen. Ein Angebot seines Arbeitgebers, vier Stunden täglich zu arbeiten, hätte er gerne angenommen. Voraussetzung dafür sei jedoch die Anerkennung einer Teilerwerbsminderung durch die Beklagte. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.2.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat V. am 11.3.2008 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben, mit der er die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgt hat.

Das SG hat die behandelnden Ärzte von V. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört und Gutachten auf internistischem Gebiet von Amts wegen sowie auf Antrag von V. gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingeholt.

Dr. G., Oberarzt der Abteilung Medizin II, Hämatologie und Onkologie vom O.Klinikum, hat unter dem 14.7.2008 über Behandlungen von V. von Mai 2006 bis April 2008 berichtet. Bezüglich seines Fachgebiets habe V. über keine wesentlichen Beschwerden geklagt, sondern lediglich im weiteren Verlauf über häufige postprandiale Unterzuckerungen mit Durchfällen. V. erscheine klinisch gesund. Die aktuellen Symptome seien internistisch-diabetologisch zu behandeln und passten zu einem Dumpingsyndrom. Eine körperlich leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei V. sechs Stunden täglich zumutbar, wenn regelmäßige Pausen für eine entsprechende Nahrungsaufnahme gewährleistet seien.

Dr. L., Chefarzt der Abteilung Medizin III, Nephrologie und Diabetologie des O. Klinikums, hat am 17.7.2008 erklärt, V. sei vom 28.1.2008 bis 23.4.2008 von ihm behandelt worden. Er habe über seit Februar 2007 auftretende Zustände von Unterzuckerung geklagt. Im Rahmen eines solchen Zustandes habe er sich am 5.9.2007 eine Sägeverletzung an der linken Hand zugezogen, am 15.11.2007 sei er von der Leiter gestürzt und am 22.12.2007 habe er einen Auffahrunfall erlitten. Nach Ernährungsumstellung sei es zunächst zu einer Besserung, später wieder zu einer Verschlechterung gekommen. Das maßgebliche Leiden liege im Bereich von Stoffwechsel und Magen-Darm-Trakt. Durch die Operation am Magen-Darm-Trakt seien die Resorptionsverhältnisse im Sinne eines Spät-Dumping-Syndroms verändert. Aufgrund gastroenterologisch-endokrinologischer Diagnostik durch Dr. S. seien die Beschwerden von V. als Ausdruck einer exokrinen Pankreasinsuffizienz, d.h. einer verminderten Ausscheidung von Verdauungsenzymen aus der Bauchspeicheldrüse und damit verbundener Resorptionsstörung, gewertet worden. Leichte körperliche Tätigkeiten könne V. täglich sechs Stunden und mehr auszuüben. Zu vermeiden seien Arbeiten mit Fremd- und Selbstgefährdung. Auch müsse V. ca. alle zwei Stunden eine kleine Mahlzeit zu sich nehmen können.

Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. M. übersandte Computerauszüge und Arztbriefe und vertrat am 2.9.2008 die Ansicht, aufgrund der nicht vorhersehbaren schwankenden Blutzuckerwerte sei auch eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht ohne Gesundheitsgefährdung möglich.

Auf Antrag von V. gemäß § 109 SGG hat das SG am 24.11.2008 Professor Dr. B., Ärztlicher Direktor der Abteilung Medizin II, Gastroenterologie, Hepathologie, Endokrinologie und Infektiologie, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In dem zusammen mit Professor Dr. S. und Dr. L. erstatteten Gutachten vom 20.1.2009, beim SG eingegangen am 21.10.2009, hat Professor Dr. Blum ausgeführt, im Vordergrund stünden das Kardiakarzinom sowie das Spät-Dumpingsyndrom. Von Seiten des Kardiakarzinoms bestehe derzeit eine komplette Remission; es könne aber jederzeit zu einem Rezidiv kommen. Die Fünfjahres-Über-lebensrate betrage in dem bei V. vorliegenden Stadium weit unter 45 %. Eine leichte körperliche Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung mit Heben und Tragen bis maximal 10 kg sei maximal drei bis sechs Stunden täglich möglich; eine größere Belastung als sechs Stunden täglich sei V. nicht zumutbar. Vermieden werden müssten Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in Gefahrenzonen, an Maschinen mit Verletzungsgefahr, das Fahren von Maschinen, PKWs und LKWs sowie Akkord- und Schichtarbeiten. Es müsse gewährleistet sein, dass V. ca. alle zwei Stunden bzw. bei Vorboten einer Hypoglykämie Nahrung zu sich nehmen könne und jederzeit die Möglichkeit habe, seinen Blutzucker zu messen.

Das SG hat Professor Dr. W., Gastroenterologe und Endokrinologe, Chefarzt der Medizinischen Klinik 1 der Stadtklinik B.-B., mit der Begutachtung von V. beauftragt. Dieser ist aufgrund einer Untersuchung von V. am 10.2.2010 im Gutachten vom 4.6.2010 zum Ergebnis gelangt, ein eindeutiger Nachweis für das Vorliegen eines Dumpingsyndroms und für eine deutliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit ergebe sich aufgrund der vorliegenden Dokumentation, der Anamneseerhebung und der Befunde nicht. Leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung mit qualitativen Einschränkungen seien V. mindestens sechs Stunden täglich zumutbar.

Im Juli 2010 ist bei V. im unteren Magendrittel ein Adenokarzinom diagnostiziert worden.

Die Beklagte hat sich daraufhin mit Schreiben vom 13.1.2011 – nachdem sie zuvor am 27.8.2010 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet hatte, das V. nicht angenommen hatte – im Wege eines Teilanerkenntnisses bereit erklärt, V. ausgehend von einem im Juli 2010 eingetretenen Leistungsfall Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 1.2.2011 bis 31.7.2012 zu gewähren. Mit Schreiben vom 28.4.2011 hat sie das Teilanerkenntnis vom 13.1.2011 erweitert und sich bereit erklärt, ausgehend von einem im Juli 2010 eingetretenen Leistungsfall, Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1.8.2010 bis längstens zum Erreichen der Regelaltersgrenze zu gewähren.

V. hat dieses Teilanerkenntnis angenommen und sein Begehren auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit ab Ende April/Anfang Mai 2006 bis 31.7.2010 weiter verfolgt.

Auf Antrag von V. gemäß § 109 SGG hat das SG Professor Dr. M. Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologe, Chefarzt der Medizinischen Klinik des Darmzentrums O., mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat im Gutachten vom 28.3.2011 ausgeführt, die regelmäßig postprandial auftretenden Unterzuckerungen (60 bis 80 Minuten nach Nahrungsaufnahme) seien als Spät-Dumpingsyndrom zu werten. Zum aktuellen Zeitpunkt (Untersuchung vom 23.3.2011) sei V. aufgrund des deutlich reduzierten Allgemein- und Ernährungszustandes sowie der extrem belastenden Tumorbehandlung nicht in der Lage, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Auch vor der Diagnose des Tumorrezidivs und der anschließenden Behandlung sei V. aufgrund der wiederholt auftretenden Unterzuckerungen in seinem Alltag stark beeinträchtigt gewesen. Eine regelmäßige Erwerbstätigkeit sei nur bedingt möglich gewesen; empfehlenswert wäre eine Arbeitszeit von drei bis vier Stunden täglich gewesen. Von einer Besserung sei derzeit nicht auszugehen; es handle sich um eine palliative Situation. Mit einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes sei zu rechnen.

Mit Urteil vom 6.6.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, V. habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vor dem 1.8.2010. Ab Juli 2010 sei dagegen von einer vollen Erwerbsminderung aufgrund des festgestellten schlecht ausdifferenzierten Adenokarzinoms und der hierdurch bedingten Leistungseinschränkung auszugehen. Die Rente wegen voller Erwerbsminderung beginne danach am 1.8.2010 gemäß § 99 Abs. 1 S. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Vor Juli 2010 sei V. noch in der Lage gewesen, körperlich leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Seine Überzeugung stütze das SG vor allem auf das Gutachten von Professor Dr. B ... Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das am 17.6.2011 zugestellte Urteil hat V. am Montag, dem 18.7.2011, Berufung eingelegt und vorgetragen, Professor Dr. B. gehe von einem Leistungsvermögen von drei bis sechs Stunden aus und halte eine Arbeitstätigkeit von mehr als sechs Stunden nicht für zumutbar. In der Gesamtschau sei jedoch davon auszugehen, dass er sein Leistungsvermögen auf drei bis unter sechs Stunden einschätze. Insoweit hätte das SG eine ergänzende Stellungnahme bei Professor Dr. B. einholen müssen. Im Übrigen sei auch die Beklagte im Mai 2010 davon ausgegangen, dass er nicht mehr in der Lage sei, bei Abwesenheit bzw. Erkrankung seiner Ehefrau den Haushalt mit drei Kindern weiter zu führen und habe eine Haushaltshilfe bewilligt. Professor Dr. M. sei in seinem Gutachten unter Auswertung der Aktenlage zum Ergebnis gelangt, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum nur unter vollschichtig leistungsfähig gewesen sei.

Am 27.9.2011 ist V. verstorben. Seine Ehefrau führt den Rechtsstreit als Sonderrechtsnachfolgerin weiter.

Die Berufungsklägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 06. Juni 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr als Sonderrechtsnachfolgerin vom 01. April 2006 bis 31. Juli 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte, die eine Änderung ihres bisherigen Standpunktes zuließen. Sie verweise auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren und die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Berufungsklägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung der Berufungsklägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Berufungsklägerin als Sonderrechtsnachfolgerin von V. keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1.4.2006 bis 31.7.2010 hat.

Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) stehen fällige Ansprüche auf laufende Geldleistungen beim Tode des Berechtigten nacheinander 1. dem Ehegatten, 1 a. dem Lebenspartner, 2. den Kindern, 3. den Eltern, 4. dem Haushaltsführer zu, wenn diese mit dem Berechtigten zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben und von ihm wesentlich unterhalten worden sind. Mehreren Personen einer Gruppe stehen die Ansprüche zu gleichen Teilen zu (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Da die Berufungsklägerin Ehefrau des verstorbenen Versicherten war und mit diesem zur Zeit seines Todes in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat, stehen ihr die Rentenansprüche des Versicherten, soweit er solche hatte, zu. Die Berufungsklägerin kann demnach etwaige Rentenansprüche geltend machen und ist befugt, den Rechtsstreit, den sie als Sonderrechtsnachfolgerin aufgenommen hat, fortzuführen. Ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung besteht jedoch für die noch streitige Zeit nicht.

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

V. war, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert.

Da der Bescheid vom 20.7.2007 bestandskräftig geworden ist und V. den hier streitigen Rentenantrag am 18.9.2007 gestellt hat, kommt – ausgehend von einem Leistungsfall im April 2006 – als frühester Rentenbeginn gemäß § 99 Abs. 1 S. 2 SGB VI der 1.9.2007 in Betracht.

Eine Erwerbsminderung des V., das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich für die Zeit vom 1.9.2007 bis 31.7.2010, während der V. bis 23.10.2007 Krankengeld und bis 22.10.2008 Arbeitslosengeld bezogen hat, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, dem Entlassungsbericht der Breisgau-Klinik B. K. vom 14.12.2006, dem Gutachten von Dr. Z. vom 19.10.2007, das im Wege des Urkundenbeweises verwertet wird, den sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. G. vom 14.7.2008 und Dr. L. vom 17.7.2008, den Sachverständigengutachten von Professor Dr. B. vom 20.1.2009 bzw. 21.10.2009 und Professor Dr. W. vom 4.6.2010 sowie den beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. K. vom 17.7.2007 und Med. Dir. L. vom 23.11.2009, 23.8.2010 und 26.4.2011, die als qualifizierter Beteiligtenvortrag verwertet werden.

In der Zeit vom 1.9.2007 bis 31.7.2010 war das Leistungsvermögen von V. im Wesentlichen durch rezidivierende Hypoglykämien aufgrund eines Spät-Dumpingsyndroms beeinträchtigt. In solchen Situationen kam es zum Zittern und Schwitzen mit Heißhunger ca. 60 bis 90 Minuten nach der Nahrungsaufnahme. Die Symptomatik trat unregelmäßig auf, im Schnitt 4- bis 5-mal pro Monat, wobei es auch beschwerdefreie Wochen gab.

Diese rezidivierenden Hypoglykämien aufgrund des Spät-Dumpingsyndroms führten in der streitigen Zeit zwar zu qualitativen Einschränkungen, schlossen aber körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen bzw. in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden täglich nicht aus. Zu vermeiden waren lediglich Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 5 bis 10 kg, mit erhöhter Unfallgefahr, an laufenden Maschinen, im Akkord und unter Zeitdruck. Außerdem musste gewährleistet sein, dass V. ca. alle 2 bis 3 Stunden bzw. bei Vorboten von Hypoglykämien Nahrung zu sich nehmen und jederzeit seinen Blutzucker messen konnte. Zu dieser Leistungsbeurteilung gelangt der Senat aufgrund des Gutachtens von Dr. Z., der sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Fachärzte Dr. G. und Dr. L., des Sachverständigengutachtens von Professor Dr. W. sowie der beratungsärztlichen Stellungnahmen von Med. Dir. L ... Auch aus dem auf Antrag von V. gemäß § 109 SGG bei Professor Dr. Blum eingeholten Gutachten vermag der Senat nicht abzuleiten, dass V. Tätigkeiten nur unter sechs Stunden täglich ausüben konnte, zumal Professor Dr. B. ausführt, Tätigkeit könnten drei bis sechs Stunden täglich ausgeübt werden; eine größere Belastung als sechs Stunden täglich sei V. nicht zuzumuten. Letztlich kann dahinstehen, ob Professor Dr. B. damit ein Leistungsvermögen von unter sechs Stunden bescheinigen wollte, da er jedenfalls keine Gründe nennt, warum V. eine sechsstündige Tätigkeit – unter Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkungen unter Möglichkeit der Nahrungsaufnahme bzw. des Blutzuckermessens – nicht möglich gewesen wäre.

Soweit Dr. M., der Hausarzt von V., wegen der schwankenden Blutzuckerwerte eine Gesundheitsgefährdung auch bei leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vermutete, ist dem entgegenzuhalten, dass diese durch Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, ohne Selbst- und Fremdgefährdung, mit der Möglichkeit der Nahrungsaufnahme und des Blutzuckerermessens) ausgeschlossen werden konnte.

Soweit Professor Dr. M. auch für die Zeit vor Auftreten des Tumorrezidivs eine Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit annahm und eine Arbeitszeit von drei bis vier Stunden für empfehlenswert hielt, hat er nicht begründet, warum unter Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen und bei Möglichkeit einer regelmäßigen Nahrungsaufnahme eine sechsstündige Tätigkeit V. nicht möglich gewesen sein sollte.

Soweit die Berufungsklägerin darauf abstellt, die Beklagte selbst habe V. nicht für in der Lage gehalten, den Haushalt mit drei Kindern zu führen und deshalb eine Haushaltshilfe bei ihrer Abwesenheit bewilligt, belegt dies nicht, dass V. körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen nicht mehr ausüben konnte, zumal im Haushalt nicht nur solche Tätigkeiten anfallen und die Verantwortung und Sorge für drei Kinder sich auch nicht nur auf sechs Stunden täglich an fünf Tagen pro Woche beschränkt.

Die weiteren bei V. vorliegenden Gesundheitsstörungen führten zu keinen wesentlich weitergehenden Leistungseinschränkungen, auch wenn Feinarbeiten wegen der Sägeverletzung am 1. und 2. Finger der linken Hand ausschieden.

Nach alledem ist für den Senat nicht nachgewiesen, dass das Leistungsvermögen von V. in der Zeit vom 1.9.2007 bis 31.7.2010 auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken war. Hinzu kommt, dass V. bis 22.10.2008 Arbeitslosengeld bezogen hat, was ebenfalls eine Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt voraussetzt.

Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine spezifische Leistungsbehinderung lag bei V. nicht vor, zumal er körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen noch verrichten konnte.

Die Notwendigkeit, alle zwei bis drei Stunden bzw. bei Vorboten von Hypoglykämien Nahrung zu sich zu nehmen bzw. den Blutzucker zu messen, bedingt keine betriebsunüblichen Pausen, zumal Arbeitnehmern sog. persönliche Verteilzeiten zur Verfügung stehen. Diese können Arbeitnehmer für den Gang zur Toilette, Einnahme von Getränken, zum Rauchen und ähnlichem nutzen, so dass V. Nahrung zu sich nehmen und den Blutzucker messen konnte.

V. war auch in der Lage, Arbeitsplätze aufzusuchen, zumal er nicht gehindert war, viermal täglich über 500 m in zumutbarer Zeit (500 m in 15 bis 20 Minuten) zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu den Hauptverkehrszeiten zu benutzen.

Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Berufungsklägerin und Sonderrechtsnachfolgerin musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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