Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 4 KR 47/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 KR 56/10 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 24. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 4.247,13 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligen streiten über einen Erstattungsanspruch der Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Klägerin) auf Behandlungskosten aus einem von ihr grundsätzlich anerkannten Arbeitsunfall eines Versicherten.
Der bei der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Beklagte) familienversicherte Schüler S. (im Folgenden: Versicherte) zog sich am 7. Juni 2006 beim Schulsport eine Knieverletzung zu. Am 13. Juni 2006 suchte er seinen Kinderarzt und nachfolgend die als Durchgangsärztin tätige Fachärztin für Chirurgie Dr. Z. auf. Diese diagnostizierte eine Distorsion des linken Kniegelenks, den Verdacht auf einen eingeklemmten medialen Meniskus links sowie eine Kreuzbandinsuffizienz im linken Knie. Am 14. Juni 2006 wurde im Klinikum Q. ein MRT des linken Kniegelenks gefertigt. Nach dem Bericht des Radiologischen Instituts des Klinikums vom selben Tage habe sich eine Infraktion des Condylus femoris, ein partieller Einriss des medialen Seitenbandes femoral sowie eine Kontusion des Hinterhorns des Innenmeniskus gezeigt.
Im Zwischenbericht vom 29. August 2006 hielt es die Durchgangsärztin für nicht sicher, dass die klinisch festgestellten Kreuzbandinsuffizienzzeichen auf den Unfall zurückzuführen seien. Dem Versicherten wurde auf Kosten der Klägerin im Krankenhaus Halberstadt eine Plastik des vorderen Kreuzbandes am linken Kniegelenk implantiert.
Die Klägerin ließ die bildtechnischen Aufnahmen beratungsärztlich auswerten. Hiernach sei der weitergehende Gesundheitsschaden im Bereich des Kniebinnenraums nicht auf den Schulunfall zurückzuführen. Dies gelte insbesondere für das vordere Kreuzband. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 7. Mai 2007 erkannte die Klägerin das Ereignis vom 7. Juni 2006 als Arbeitsunfall an. Die Zusammenhangstrennung des vorderen Kreuzbandes im Kniegelenk am linken Bein sei jedoch nicht auf den Schulunfall zurückzuführen.
Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 forderte die Klägerin von der Beklagten die Erstattung von 4.247,13 EUR. Diese holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) H. vom 11. September 2007 ein. Hiernach habe es keine wesentlichen degenerativen Schäden im linken Knie des Versicherten gegeben. Die Kombination von Knocheneinbruch sowie vorderer Kreuzbandruptur sei eindeutig auf ein traumatisches Ereignis zurückzuführen. Hierzu passe auch die eingetretene Läsion des Seitenbandes. Daraufhin lehnte die Beklagte eine Erstattung gegenüber der Klägerin ab.
Die Klägerin holte eine fachradiologische Stellungnahme ein und ließ die Bildbefunde erneut auswerten. Hiernach seien keine Verletzungen der Bandstrukturen bzw. der Menisci erkennbar. Dem trat die Beklagte unter Hinweis auf ein arbeitsmedizinisches Gutachten des MDK H. entgegen. Nach dem Ergebnis der Arthroskopie sei eindeutig von einer traumatischen Kreuzbandruptur auszugehen. Diesem Ergebnis sei dabei ein höherer Beweiswert zuzuordnen.
Am 14. Juli 2009 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Erstattungsanspruch nach den leistungsrechtlichen Vorschriften der Beklagten zu befriedigen.
Das SG hat den Beteiligten mitgeteilt, dass keine Begutachtung beabsichtigt sei. Dem ist die Beklagte unter Hinweis auf die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. November 1987 – 2 RU 7/87 sowie vom 30. April 1991 – 2 RU 78/90 entgegengetreten. Danach komme einem rechtskräftigen Ablehnungsbescheid des Unfallversicherungsträgers keine Bindungswirkung zu. Dies müsse das SG zu weiteren Ermittlungen veranlassen.
Mit Urteil vom 24. Februar 2010 hat das SG die Beklagte antragsgemäß verurteilt und die Berufung nicht zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klägerin habe im Sinne von § 105 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialver-waltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) als unzuständiger Leistungsträger Leistungen erbracht. Dabei könne sie von der Beklagten Ersatz der Leistungen verlangen, die zur Behandlung des vorderen Kreuzbandes des linken Knies des Versicherten aufgewandt worden seien. Die darauf bezogene Behandlung sei nicht durch den Unfall vom 7. Juni 2006 verursacht worden. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG (zuletzt Urteil vom 26. Juni 2008, B 13 R 37/07 R, zitiert nach juris) müsse im Erstattungsstreit jeder Träger die wirksamen Verwaltungsakte des anderen Träger gegen sich gelten lassen. Allein bei einem offensichtlich fehlerhaften Verwaltungsakt (Rechtsgedanke des § 86 SGB X), der hier nicht vorliege, sei dies anders zu bewerten. Die von der Beklagten angeführten Urteile des BSG bezögen sich auf den bereits am 1. Januar 1989 außer Kraft getretenen § 1504 Reichsversicherungsordnung (RVO).
Gegen das ihr am 4. März 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6. April 2010 bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Der Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei gegeben. Das Sozialgericht weiche mit seiner Entscheidung von den Entscheidungen des BSG vom 26. November 1987 (2 RU 7/87) sowie vom 30. April 1991 (2 RU 78/90) ab. Diese Einscheidungen seien auch nicht – wie das SG meine – durch das Urteil des BSG vom 26. Juni 2008 – B 13 37/07 R überholt. Das letztgenannte Urteil des BSG betreffe vielmehr andere Rechtsfragen. So beziehe sich das Urteil des BSG aus dem Jahr 2008 auf einen Erstattungsanspruch zwischen einer Krankenkasse und einer Rentenversicherung, während die von der Beklagten genannten Entscheidungen das Verhältnis zwischen Unfallversicherungsträger und Krankenkasse beträfen. Zudem liege ein Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG vor. Das SG sei von Amts wegen verpflichtet gewesen, den Sachverhalt weiter zu ermitteln und ein Sachverständigengutachten einzuholen. Überdies liege auch eine grundsätzliche Bedeutung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG vor. Derzeit seien bei der Beklagten mehrere Erstattungsverfahren anhängig, in denen der Unfallversicherungsträger nach bestandskräftigem Bescheid Erstattungsansprüche nach § 105 SGB X geltend mache. Die in § 86 SGB X normierte Pflicht der Leistungsträger verpflichte die Klägerin, die Beklagte von dem Verwaltungsverfahren zu unterrichten. Über die Fallkonstellation, in der sich der Anspruchssteller auf seine eigene bestandskräftige Entscheidung berufe, habe das BSG noch nicht entschieden. Von daher sei es unzutreffend, die vorliegenden Entscheidungen auf den zu entscheidenden Sachverhalt zu übertragen.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 24. Februar 2010 zuzulassen.
Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen sinngemäß,
die Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte die behauptete Divergenz nicht dargelegt habe. Divergenz verlange, dass das angegriffene Urteil einen mit der Rechtsprechung, z.B. der des BSG, nicht übereinstimmenden Rechtssatz zu Grunde gelegt habe. Im Ergebnis müsse daher die angegriffene Entscheidung der abweichenden höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich widersprechen. Demgegenüber habe das SG das BSG-Urteil vom 26. Juni 2008 (13 R 37/07 R) beachtet, seiner Entscheidung zu Grunde gelegt und auf den vorliegenden Sachverhalt angewandt. Einen eigenen möglicherweise davon abweichenden Rechtssatz habe das SG daher nicht aufgestellt. In diesem Zusammenhang sei auch das Urteil des BSG vom 30. Mai 2006 (B 1 KR 17/05 R) zu berücksichtigen, nach dem für alle Erstattungsansprüche gemäß §§ 102 ff SGB X der Grundsatz aufzustellen sei, dass jeder Leistungsträger die Regelungsbefugnis des zuständigen Trägers zu respektieren habe und bei seiner Entscheidung zu Grunde legen müsse. Einen Verfahrensfehler habe die Beklagte nicht schlüssig dargelegt. Auch eine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits könne nicht bejaht werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Klägerin verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
1. Die Berufung bedarf gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG der Zulassung. Es handelt sich um einen Erstattungsstreit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden in Höhe von unter 10.000,00 EUR.
2. Nach § 144 Abs. 2 ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtsache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
a. Der Sachvortrag der Beklagten ist nicht geeignet, eine Divergenz gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG zu begründen.
Ein Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 liegt dann vor, wenn das SG von einer Entscheidung des LSG bzw. des Bundessozialgerichts (BSG) abweicht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 144 Rdnr. 30) und das Urteil auf dieser Abweichung beruht. Für eine Divergenz muss das SG einen von der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Rechtssatz abweichenden Rechtssatz formulieren, d.h. bewusst eine eigene tragende Rechtsansicht entwickeln. Es muss ein Widerspruch im Grundsätzlichen vorliegen (vgl. Leitherer a.a.O. § 160a Rdnr. 15b, 15c).
Das SG hat bereits keinen Rechtssatz aufgestellt, der von einer Entscheidung des LSG bzw. des BSG abweicht. Vielmehr hat es aus den Urteilen des für Erstattungsstreitigkeiten zuständigen 13. Senats des BSG (zuletzt Urteil des BSG vom 26. Juni 2008, B 13 R 37/07 R, zitiert nach juris) den Rechtssatz abgeleitet, dass sich im Erstattungsstreit jeder Träger die wirksamen Verwaltungsakte des anderen Trägers entgegenhalten lassen muss, wenn nicht der Fall einer offensichtlichen Fehlentscheidung vorliegt. Unter diesen Obersatz hat das SG den konkreten Sachverhalt subsumiert und sich damit nicht in einen grundsätzlichen Widerspruch zu BSG-Rechtsprechung gesetzt, da kein eigener Rechtssatz entwickelt wurde, der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichen könnte. Dabei genügt es für das Vorliegen einer Divergenz nicht, wenn die von der Beklagten angegriffene Entscheidung lediglich auf einer fehlerhaften Subsumtion bzw. einem Rechtsirrtum beruht (vgl. Leitherer aaO § 160 Rdnr. 14, § 160a Rdnr. 15c sowie § 144 Rdnr. 30). Dieser bloße Rechtsirrtum wäre auf der Grundlage der Rechtsansicht der Beklagten darin zu sehen, dass das SG die eigenständige Bedeutung der Entscheidungen des BSG vom 26. November 1987 (2 RU 7/87) sowie vom 30. April 1991 (2 RU 78/90) verkannt hat.
Im Übrigen vermag der Senat dieser Rechtsansicht der Beklagten, wonach aus den Urteilen des BSG vom 26. November 1987 (2 RU 7/87) und vom 30. April 1991 (2 RU 78/90) ein eigenständiger Rechtssatz abzuleiten sei, nicht zu folgen. Beide Entscheidungen betreffen hauptsächlich die Anwendung von § 1504 RVO. Abs. 1 dieser Vorschrift regelt einen speziellen Erstattungsanspruch zwischen der Krankenversicherung und den Unfallversicherungsträgern. Wörtlich heißt es in der bereits seit dem Jahr 1989 außer Kraft gesetzten Norm: "Ist eine Krankheit die Folge eines Arbeitsunfalls, den der Träger der Unfallversicherung zu entschädigen hat, so hat dieser, wenn der Verletzte bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die Kosten mit Ausnahme des Sterbegelds zu erstatten, die nach Ablauf des 18. Tages nach dem Arbeitsunfall entstehen. ( )". Die von der Beklagten genannten Entscheidungen sind ungeeignet, einen allgemeingültigen auch heute noch anzuwendenden Rechtssatz zu entwickeln, denn diese Spezialnorm ist am 31. Dezember 1988 außer Kraft getreten und nicht durch eine ähnliche Nachfolgeregelung ersetzt worden. Dies bestätigen auch die aktuellen Entscheidungen des für Erstattungsstreitigkeiten zuständigen 13. Senats des BSG, der auf diese überholte Rechtsprechung nicht mehr zurückgreift. Darauf hat auch das Hessische Landessozialgericht in seinem überzeugenden Urteil vom 25. Juni 2009 (L 8 KR 201/07, zitiert nach juris) zutreffend hingewiesen. Daher ist gegenwärtig von dem Grundsatz auszugehen, dass eine Entscheidung des Leistungsträgers im Sozialleistungsverhältnis dazu führt, dass über Grund und Höhe der Leistung zum Zwecke der Erstattung nicht noch einmal entschieden werden soll (BSG, SozR 3-2600, § 99 Nr. 2; BSG, SozR 3-1300, § 112 Nr. 2). Diese Entscheidung ist bereits aus Gründen der Rechtssicherheit im Interesse der Funktionsfähigkeit des gegliederten Systems sozialer Sicherheit grundsätzlich hinzunehmen (BSG, SozR 3-1200, § 48 Nr. 1; BSG, SozR 3-2200, § 310 Nr. 1; BSG, SozR 1300, § 103 Nr. 2 und 3; BSG, SozR 1300, § 104 Nr. 7; BSG, SozR 3 2200, § 183 Nr. 6; BSG, SozR 3-1300, § 104 Nr. 15). Dies gilt nur dann nicht, wenn die getroffene Entscheidung objektiv unter Berücksichtigung der verfügbaren Entscheidungsgrundlagen dem materiellen Recht deutlich widerspricht, d.h. offensichtlich fehlerhaft ist (vgl. BSG, SozR 3-1300, § 86 Nr. 3; BSG, SozR 1300, § 103 Nr. 2 und 3; BSG, SozR 3-1300, § 103 Nr. 4). Offensichtlich ist eine Fehlerhaftigkeit in der Regel nur dann, wenn sie sozusagen "auf der Hand" liegt, die Rechtsanwendung des die Leistung bewilligenden oder versagenden Leistungsträgers aufgrund der gegebenen Sach- und Rechtslage mithin offenkundig nicht vertretbar ist (vgl. Hessisches Landessozialgericht a.a.O.).
Der Einwand der Beklagten, das BSG habe sich bisher nur mit der Fallkonstellation beschäftigt, in der sich der auf Erstattung in Anspruch genommene Leistungsträger auf seine bindende Entscheidung berufen hatte, führt zu keiner anderen Bewertung. Hierbei ist auf das BSG Urteil vom 30. Mai 2006, B 1 KR 17/05 R (zitiert nach juris) hinzuweisen. Darin hat das BSG wörtlich ausgeführt: "Die Rechtsbeziehungen zwischen unterschiedlichen Sozialleistungsträgern in einem gegliederten Sozialleistungssystem erfordern es nach der Rechtsprechung des BSG im Rahmen der §§ 102 ff SGB X, dass jeder Leistungsträger die Regelungsbefugnis des zuständigen Trägers respektiert und seinen eigenen Entscheidungen zugrunde legt. Deshalb sind Entscheidungen des zuständigen Trägers grundsätzlich von anderen Trägern hinzunehmen." Diese Formulierung des BSG bestätigt nochmals die Allgemeingültigkeit dieser gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Erstattungsfragen unabhängig von der jeweiligen Fallkonstellation der davon betroffenen Leistungsträger.
b. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts berührt ist bzw. wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung dazu führen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Dies kann der Fall sein, wenn die Klärung einer Zweifelsfrage mit Rücksicht auf eine Wiederholung ähnlicher Fälle erwünscht ist bzw. wenn von einer derzeitigen Unsicherheit eine nicht unbeträchtliche Personenzahl betroffen ist (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 144 Rdnr. 28 ff. i. V. m. § 160 Rdnr. 6 ff.). Dabei muss der Rechtsfrage Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommen, d. h. sie darf sich nicht nur im konkret zu entscheidenden Fall stellen, sondern muss das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren.
Aus den oben genannten Gründen liegt zur Frage der Bestandskraft von Verwaltungsentscheidungen im Erstattungsrechtsstreit eine gefestigte Rechtsprechung des BSG vor. Die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage ist daher bereits geklärt.
c. Auch der von der Beklagten gerügte Einwand, das SG habe sich gedrängt fühlen müssen, ein Sachverständigengutachten zur streitgegenständlichen Frage einzuholen greift nicht durch, da kein Verfahrensmangel vorliegt. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 26. Juni 2008, B 13 R 37/07 R, zitiert nach juris) ist die Prüfung des offensichtlichen Fehlers eines Bescheides im Rahmen eines Erstattungsstreitverfahren anhand bereits vorhandener Feststellungen, also ohne weitere Ermittlungen, vorzunehmen. Über den Sachverhalt war hier nach Aktenlage zu entscheiden. Dem hat das SG Rechnung getragen.
d. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 197a SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG). Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des SG gemäß § 145 Abs. 4 SGG rechtskräftig.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 4.247,13 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligen streiten über einen Erstattungsanspruch der Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Klägerin) auf Behandlungskosten aus einem von ihr grundsätzlich anerkannten Arbeitsunfall eines Versicherten.
Der bei der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Beklagte) familienversicherte Schüler S. (im Folgenden: Versicherte) zog sich am 7. Juni 2006 beim Schulsport eine Knieverletzung zu. Am 13. Juni 2006 suchte er seinen Kinderarzt und nachfolgend die als Durchgangsärztin tätige Fachärztin für Chirurgie Dr. Z. auf. Diese diagnostizierte eine Distorsion des linken Kniegelenks, den Verdacht auf einen eingeklemmten medialen Meniskus links sowie eine Kreuzbandinsuffizienz im linken Knie. Am 14. Juni 2006 wurde im Klinikum Q. ein MRT des linken Kniegelenks gefertigt. Nach dem Bericht des Radiologischen Instituts des Klinikums vom selben Tage habe sich eine Infraktion des Condylus femoris, ein partieller Einriss des medialen Seitenbandes femoral sowie eine Kontusion des Hinterhorns des Innenmeniskus gezeigt.
Im Zwischenbericht vom 29. August 2006 hielt es die Durchgangsärztin für nicht sicher, dass die klinisch festgestellten Kreuzbandinsuffizienzzeichen auf den Unfall zurückzuführen seien. Dem Versicherten wurde auf Kosten der Klägerin im Krankenhaus Halberstadt eine Plastik des vorderen Kreuzbandes am linken Kniegelenk implantiert.
Die Klägerin ließ die bildtechnischen Aufnahmen beratungsärztlich auswerten. Hiernach sei der weitergehende Gesundheitsschaden im Bereich des Kniebinnenraums nicht auf den Schulunfall zurückzuführen. Dies gelte insbesondere für das vordere Kreuzband. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 7. Mai 2007 erkannte die Klägerin das Ereignis vom 7. Juni 2006 als Arbeitsunfall an. Die Zusammenhangstrennung des vorderen Kreuzbandes im Kniegelenk am linken Bein sei jedoch nicht auf den Schulunfall zurückzuführen.
Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 forderte die Klägerin von der Beklagten die Erstattung von 4.247,13 EUR. Diese holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) H. vom 11. September 2007 ein. Hiernach habe es keine wesentlichen degenerativen Schäden im linken Knie des Versicherten gegeben. Die Kombination von Knocheneinbruch sowie vorderer Kreuzbandruptur sei eindeutig auf ein traumatisches Ereignis zurückzuführen. Hierzu passe auch die eingetretene Läsion des Seitenbandes. Daraufhin lehnte die Beklagte eine Erstattung gegenüber der Klägerin ab.
Die Klägerin holte eine fachradiologische Stellungnahme ein und ließ die Bildbefunde erneut auswerten. Hiernach seien keine Verletzungen der Bandstrukturen bzw. der Menisci erkennbar. Dem trat die Beklagte unter Hinweis auf ein arbeitsmedizinisches Gutachten des MDK H. entgegen. Nach dem Ergebnis der Arthroskopie sei eindeutig von einer traumatischen Kreuzbandruptur auszugehen. Diesem Ergebnis sei dabei ein höherer Beweiswert zuzuordnen.
Am 14. Juli 2009 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Erstattungsanspruch nach den leistungsrechtlichen Vorschriften der Beklagten zu befriedigen.
Das SG hat den Beteiligten mitgeteilt, dass keine Begutachtung beabsichtigt sei. Dem ist die Beklagte unter Hinweis auf die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. November 1987 – 2 RU 7/87 sowie vom 30. April 1991 – 2 RU 78/90 entgegengetreten. Danach komme einem rechtskräftigen Ablehnungsbescheid des Unfallversicherungsträgers keine Bindungswirkung zu. Dies müsse das SG zu weiteren Ermittlungen veranlassen.
Mit Urteil vom 24. Februar 2010 hat das SG die Beklagte antragsgemäß verurteilt und die Berufung nicht zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klägerin habe im Sinne von § 105 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialver-waltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) als unzuständiger Leistungsträger Leistungen erbracht. Dabei könne sie von der Beklagten Ersatz der Leistungen verlangen, die zur Behandlung des vorderen Kreuzbandes des linken Knies des Versicherten aufgewandt worden seien. Die darauf bezogene Behandlung sei nicht durch den Unfall vom 7. Juni 2006 verursacht worden. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG (zuletzt Urteil vom 26. Juni 2008, B 13 R 37/07 R, zitiert nach juris) müsse im Erstattungsstreit jeder Träger die wirksamen Verwaltungsakte des anderen Träger gegen sich gelten lassen. Allein bei einem offensichtlich fehlerhaften Verwaltungsakt (Rechtsgedanke des § 86 SGB X), der hier nicht vorliege, sei dies anders zu bewerten. Die von der Beklagten angeführten Urteile des BSG bezögen sich auf den bereits am 1. Januar 1989 außer Kraft getretenen § 1504 Reichsversicherungsordnung (RVO).
Gegen das ihr am 4. März 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6. April 2010 bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Der Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei gegeben. Das Sozialgericht weiche mit seiner Entscheidung von den Entscheidungen des BSG vom 26. November 1987 (2 RU 7/87) sowie vom 30. April 1991 (2 RU 78/90) ab. Diese Einscheidungen seien auch nicht – wie das SG meine – durch das Urteil des BSG vom 26. Juni 2008 – B 13 37/07 R überholt. Das letztgenannte Urteil des BSG betreffe vielmehr andere Rechtsfragen. So beziehe sich das Urteil des BSG aus dem Jahr 2008 auf einen Erstattungsanspruch zwischen einer Krankenkasse und einer Rentenversicherung, während die von der Beklagten genannten Entscheidungen das Verhältnis zwischen Unfallversicherungsträger und Krankenkasse beträfen. Zudem liege ein Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG vor. Das SG sei von Amts wegen verpflichtet gewesen, den Sachverhalt weiter zu ermitteln und ein Sachverständigengutachten einzuholen. Überdies liege auch eine grundsätzliche Bedeutung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG vor. Derzeit seien bei der Beklagten mehrere Erstattungsverfahren anhängig, in denen der Unfallversicherungsträger nach bestandskräftigem Bescheid Erstattungsansprüche nach § 105 SGB X geltend mache. Die in § 86 SGB X normierte Pflicht der Leistungsträger verpflichte die Klägerin, die Beklagte von dem Verwaltungsverfahren zu unterrichten. Über die Fallkonstellation, in der sich der Anspruchssteller auf seine eigene bestandskräftige Entscheidung berufe, habe das BSG noch nicht entschieden. Von daher sei es unzutreffend, die vorliegenden Entscheidungen auf den zu entscheidenden Sachverhalt zu übertragen.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 24. Februar 2010 zuzulassen.
Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen sinngemäß,
die Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte die behauptete Divergenz nicht dargelegt habe. Divergenz verlange, dass das angegriffene Urteil einen mit der Rechtsprechung, z.B. der des BSG, nicht übereinstimmenden Rechtssatz zu Grunde gelegt habe. Im Ergebnis müsse daher die angegriffene Entscheidung der abweichenden höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich widersprechen. Demgegenüber habe das SG das BSG-Urteil vom 26. Juni 2008 (13 R 37/07 R) beachtet, seiner Entscheidung zu Grunde gelegt und auf den vorliegenden Sachverhalt angewandt. Einen eigenen möglicherweise davon abweichenden Rechtssatz habe das SG daher nicht aufgestellt. In diesem Zusammenhang sei auch das Urteil des BSG vom 30. Mai 2006 (B 1 KR 17/05 R) zu berücksichtigen, nach dem für alle Erstattungsansprüche gemäß §§ 102 ff SGB X der Grundsatz aufzustellen sei, dass jeder Leistungsträger die Regelungsbefugnis des zuständigen Trägers zu respektieren habe und bei seiner Entscheidung zu Grunde legen müsse. Einen Verfahrensfehler habe die Beklagte nicht schlüssig dargelegt. Auch eine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits könne nicht bejaht werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Klägerin verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
1. Die Berufung bedarf gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG der Zulassung. Es handelt sich um einen Erstattungsstreit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden in Höhe von unter 10.000,00 EUR.
2. Nach § 144 Abs. 2 ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtsache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
a. Der Sachvortrag der Beklagten ist nicht geeignet, eine Divergenz gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG zu begründen.
Ein Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 liegt dann vor, wenn das SG von einer Entscheidung des LSG bzw. des Bundessozialgerichts (BSG) abweicht (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 144 Rdnr. 30) und das Urteil auf dieser Abweichung beruht. Für eine Divergenz muss das SG einen von der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Rechtssatz abweichenden Rechtssatz formulieren, d.h. bewusst eine eigene tragende Rechtsansicht entwickeln. Es muss ein Widerspruch im Grundsätzlichen vorliegen (vgl. Leitherer a.a.O. § 160a Rdnr. 15b, 15c).
Das SG hat bereits keinen Rechtssatz aufgestellt, der von einer Entscheidung des LSG bzw. des BSG abweicht. Vielmehr hat es aus den Urteilen des für Erstattungsstreitigkeiten zuständigen 13. Senats des BSG (zuletzt Urteil des BSG vom 26. Juni 2008, B 13 R 37/07 R, zitiert nach juris) den Rechtssatz abgeleitet, dass sich im Erstattungsstreit jeder Träger die wirksamen Verwaltungsakte des anderen Trägers entgegenhalten lassen muss, wenn nicht der Fall einer offensichtlichen Fehlentscheidung vorliegt. Unter diesen Obersatz hat das SG den konkreten Sachverhalt subsumiert und sich damit nicht in einen grundsätzlichen Widerspruch zu BSG-Rechtsprechung gesetzt, da kein eigener Rechtssatz entwickelt wurde, der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichen könnte. Dabei genügt es für das Vorliegen einer Divergenz nicht, wenn die von der Beklagten angegriffene Entscheidung lediglich auf einer fehlerhaften Subsumtion bzw. einem Rechtsirrtum beruht (vgl. Leitherer aaO § 160 Rdnr. 14, § 160a Rdnr. 15c sowie § 144 Rdnr. 30). Dieser bloße Rechtsirrtum wäre auf der Grundlage der Rechtsansicht der Beklagten darin zu sehen, dass das SG die eigenständige Bedeutung der Entscheidungen des BSG vom 26. November 1987 (2 RU 7/87) sowie vom 30. April 1991 (2 RU 78/90) verkannt hat.
Im Übrigen vermag der Senat dieser Rechtsansicht der Beklagten, wonach aus den Urteilen des BSG vom 26. November 1987 (2 RU 7/87) und vom 30. April 1991 (2 RU 78/90) ein eigenständiger Rechtssatz abzuleiten sei, nicht zu folgen. Beide Entscheidungen betreffen hauptsächlich die Anwendung von § 1504 RVO. Abs. 1 dieser Vorschrift regelt einen speziellen Erstattungsanspruch zwischen der Krankenversicherung und den Unfallversicherungsträgern. Wörtlich heißt es in der bereits seit dem Jahr 1989 außer Kraft gesetzten Norm: "Ist eine Krankheit die Folge eines Arbeitsunfalls, den der Träger der Unfallversicherung zu entschädigen hat, so hat dieser, wenn der Verletzte bei einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung die Kosten mit Ausnahme des Sterbegelds zu erstatten, die nach Ablauf des 18. Tages nach dem Arbeitsunfall entstehen. ( )". Die von der Beklagten genannten Entscheidungen sind ungeeignet, einen allgemeingültigen auch heute noch anzuwendenden Rechtssatz zu entwickeln, denn diese Spezialnorm ist am 31. Dezember 1988 außer Kraft getreten und nicht durch eine ähnliche Nachfolgeregelung ersetzt worden. Dies bestätigen auch die aktuellen Entscheidungen des für Erstattungsstreitigkeiten zuständigen 13. Senats des BSG, der auf diese überholte Rechtsprechung nicht mehr zurückgreift. Darauf hat auch das Hessische Landessozialgericht in seinem überzeugenden Urteil vom 25. Juni 2009 (L 8 KR 201/07, zitiert nach juris) zutreffend hingewiesen. Daher ist gegenwärtig von dem Grundsatz auszugehen, dass eine Entscheidung des Leistungsträgers im Sozialleistungsverhältnis dazu führt, dass über Grund und Höhe der Leistung zum Zwecke der Erstattung nicht noch einmal entschieden werden soll (BSG, SozR 3-2600, § 99 Nr. 2; BSG, SozR 3-1300, § 112 Nr. 2). Diese Entscheidung ist bereits aus Gründen der Rechtssicherheit im Interesse der Funktionsfähigkeit des gegliederten Systems sozialer Sicherheit grundsätzlich hinzunehmen (BSG, SozR 3-1200, § 48 Nr. 1; BSG, SozR 3-2200, § 310 Nr. 1; BSG, SozR 1300, § 103 Nr. 2 und 3; BSG, SozR 1300, § 104 Nr. 7; BSG, SozR 3 2200, § 183 Nr. 6; BSG, SozR 3-1300, § 104 Nr. 15). Dies gilt nur dann nicht, wenn die getroffene Entscheidung objektiv unter Berücksichtigung der verfügbaren Entscheidungsgrundlagen dem materiellen Recht deutlich widerspricht, d.h. offensichtlich fehlerhaft ist (vgl. BSG, SozR 3-1300, § 86 Nr. 3; BSG, SozR 1300, § 103 Nr. 2 und 3; BSG, SozR 3-1300, § 103 Nr. 4). Offensichtlich ist eine Fehlerhaftigkeit in der Regel nur dann, wenn sie sozusagen "auf der Hand" liegt, die Rechtsanwendung des die Leistung bewilligenden oder versagenden Leistungsträgers aufgrund der gegebenen Sach- und Rechtslage mithin offenkundig nicht vertretbar ist (vgl. Hessisches Landessozialgericht a.a.O.).
Der Einwand der Beklagten, das BSG habe sich bisher nur mit der Fallkonstellation beschäftigt, in der sich der auf Erstattung in Anspruch genommene Leistungsträger auf seine bindende Entscheidung berufen hatte, führt zu keiner anderen Bewertung. Hierbei ist auf das BSG Urteil vom 30. Mai 2006, B 1 KR 17/05 R (zitiert nach juris) hinzuweisen. Darin hat das BSG wörtlich ausgeführt: "Die Rechtsbeziehungen zwischen unterschiedlichen Sozialleistungsträgern in einem gegliederten Sozialleistungssystem erfordern es nach der Rechtsprechung des BSG im Rahmen der §§ 102 ff SGB X, dass jeder Leistungsträger die Regelungsbefugnis des zuständigen Trägers respektiert und seinen eigenen Entscheidungen zugrunde legt. Deshalb sind Entscheidungen des zuständigen Trägers grundsätzlich von anderen Trägern hinzunehmen." Diese Formulierung des BSG bestätigt nochmals die Allgemeingültigkeit dieser gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Erstattungsfragen unabhängig von der jeweiligen Fallkonstellation der davon betroffenen Leistungsträger.
b. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts berührt ist bzw. wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung dazu führen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Dies kann der Fall sein, wenn die Klärung einer Zweifelsfrage mit Rücksicht auf eine Wiederholung ähnlicher Fälle erwünscht ist bzw. wenn von einer derzeitigen Unsicherheit eine nicht unbeträchtliche Personenzahl betroffen ist (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 144 Rdnr. 28 ff. i. V. m. § 160 Rdnr. 6 ff.). Dabei muss der Rechtsfrage Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommen, d. h. sie darf sich nicht nur im konkret zu entscheidenden Fall stellen, sondern muss das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren.
Aus den oben genannten Gründen liegt zur Frage der Bestandskraft von Verwaltungsentscheidungen im Erstattungsrechtsstreit eine gefestigte Rechtsprechung des BSG vor. Die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage ist daher bereits geklärt.
c. Auch der von der Beklagten gerügte Einwand, das SG habe sich gedrängt fühlen müssen, ein Sachverständigengutachten zur streitgegenständlichen Frage einzuholen greift nicht durch, da kein Verfahrensmangel vorliegt. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 26. Juni 2008, B 13 R 37/07 R, zitiert nach juris) ist die Prüfung des offensichtlichen Fehlers eines Bescheides im Rahmen eines Erstattungsstreitverfahren anhand bereits vorhandener Feststellungen, also ohne weitere Ermittlungen, vorzunehmen. Über den Sachverhalt war hier nach Aktenlage zu entscheiden. Dem hat das SG Rechnung getragen.
d. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 197a SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG). Mit dieser Entscheidung wird das Urteil des SG gemäß § 145 Abs. 4 SGG rechtskräftig.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
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