Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
24
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 1 KA 69/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KA 101/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. September 2010 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Genehmigung einer Satzungsänderung.
§ 3 Abs. 3 in der ab dem 1. April 2010 gültigen Satzung der Klägerin hat folgenden Wortlaut:
Die KVBB erhebt zur Durchführung ihrer Aufgaben Beiträge, die in einem festen Satz oder in einem von Vomhundertsatz der Vergütungen für die Vertragsärztliche und psychotherapeutische Tätigkeit oder in beidem bestehen können. Die Höhe der Beiträge beschließt die Vertreterversammlung jährlich. Weitere Beiträge zur Deckung von Kosten, die durch die vertragliche in Inanspruchnahme Dritter nicht allen Mitgliedern der KVBB entstehen bzw. Kosten die nicht von allen Mitgliedern verursacht sind, sind nach Maßgabe der Gebührensatzung, die in ihrer jeweiligen Fassung Bestandteil der Satzung ist, nur durch jene zu tragen, welche die Leistungen in Anspruch nehmen oder in Anspruch nehmen können bzw. die diese Inanspruchnahme notwendig machten oder die Kosten verursacht haben.
Die Gebührensatzung enthielt als Anlage ein Gebührenverzeichnis, aus der sich die Höhe dieser Gebühren ergab.
In der Folgezeit beabsichtigte die Klägerin § 3 Abs. 3 Satz 3 wie folgt zu ändern:
Weitere Beiträge zur Deckung von Kosten, die durch die vertragliche Inanspruchnahme Dritter nicht allen Mitgliedern der KVBB entstehen bzw. Kosten, die nicht von allen Mitgliedern verursacht sind, sind nach Maßgabe der von der Vertreterversammlung beschlossenen Gebührenordnung, nur durch diejenigen zu tragen, welche die Leistungen in Anspruch nehmen oder in Anspruch nehmen können bzw. die diese Inanspruchnahme notwendig machten oder die Kosten verursacht haben.
Mit Schreiben vom 10. Juni 2010 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die beabsichtigte Auslagerung der Gebührenerhebung aus den Satzungsregelungen gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) verstoße. Bestimmungen zur Aufbringung und Verwaltung der Mittel müssten Bestandteil der Satzung sein. Die beabsichtigte Satzungsänderung sei nicht genehmigungsfähig.
Die Vertreterversammlung der Klägerin beschloss am 11. Juni 2010 die Änderung des § 3 Abs. 3 Satz 3 der Satzung. Mit Schreiben vom 23. Juni 2010 beantragte die Klägerin die Genehmigung der Satzungsänderung.
Mit Bescheid vom 13. Juli 2010 (in der Verwaltungsakte: 12. Juli 2010) versagte der Beklagte die erforderliche Genehmigung. Die Satzungsänderung sei nicht genehmigungsfähig. Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V müsse die Satzung insbesondere Bestimmungen über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel enthalten. Eine Auslagerung von Bestimmungen über die Erhebung weiterer Beiträge zur Deckung entstehender Kosten in eine außerhalb der Satzung stehende Gebührenordnung sei deshalb nicht gesetzeskonform. Diese Verfahrensweise würde zudem zu einer Aushebelung der aufsichtsrechtlichen Genehmigungspflicht führen. Künftige Änderungen der Gebührenordnung wären lediglich durch die Vertreterversammlung des Beklagten zu beschließen. § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V schließe im Übrigen die Erhebung von Gebühren aus.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 19. Juli 2010 Klage beim Sozialgericht Potsdam erhoben. Eine Satzung müsse grundlegende Bestimmungen über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel enthalten. Das Gesetz schreibe nicht vor, dass die Satzung insoweit jede Einzelheit dezidiert regele. Eine Satzungsvorschrift über die Höhe der Beträge der Kostenumlage sei nicht erforderlich. Dies könne die Vertreterversammlung vielmehr in anderer Weise normativ regeln. Diesen Grundsätzen werde ihre Satzungsänderung gerecht.
Das Sozialgericht Potsdam hat die Klage mit Urteil vom 29. September 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: "Allein die in § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V enthaltene Regelung über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel ermächtig(e) die Klägerin nicht, außerhalb einer Ermächtigungsgrundlage Gebühren zu erheben." § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V sei "keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage" Der Beklagte "verweise zu Recht auf die grundsätzliche Gebührenfreiheit" (§ 64 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch). "Durch die beabsichtigte Herausnahme der Gebührensatzung als Bestandteil der Satzung (sei) es weder für die Mitglieder noch für Außenstehende prüfbar, in welchen Fällen die Klägerin beabsichtig(e), weitere Gebühren zu erheben, die sich nicht bereits aus dem Gesetz" ergäben. Im Übrigen wolle die Klägerin durch diese Verfahrensweise die Bestimmungen über die Erhebung der Mittel der "Aufsicht entziehen."
Gegen das ihr am 29. Oktober 2010 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 18. November 2010. Sie verweist im Wesentlichen auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend führt sie aus, dass nicht nachzuvollziehen sei, woher das Sozialgericht seine Annahme nehme, dass sie mit der Neuregelung des § 3 Abs. 3 Satz 3 der Satzung die Absicht verfolge, die Aufbringung ihrer Mittel der Aufsicht zu entziehen. Jedenfalls trage diese Begründung nicht die Abweisung der Klage.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. September 2010 und den Bescheid des Beklagten vom 13. Juli 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die von ihrer Vertreterversammlung am 11. Juni 2010 beschlossene Satzungsänderung zu genehmigen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 13. Juli 2010 ist rechtmäßig. Die am 11. Juni 2010 beschlossene Satzungsänderung ist nicht genehmigungsfähig. Die beschlossene Satzungsänderung verstößt gegen höherrangiges Recht.
Rechtsgrundlage des Bescheides des Beklagten vom 13. Juli 2010 ist § 81 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 78 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz SGB V. Hiernach bedarf die Satzung der Klägerin der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Aufsichtsbehörde der Klägerin ist die zuständige oberste Verwaltungsbehörde des Landes Brandenburg, das Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. Nach § 78 Abs. 3 Satz 1 SGB V erstreckt sich die Prüfung auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht. Die aufsichtsrechtliche Prüfung ist auf eine Rechtskontrolle beschränkt.
Rechtsgrundlage des Beschlusses der Vertreterversammlung der Klägerin ist § 79 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Hiernach beschließt die Vertreterversammlung der Klägerin die Satzung und sonstiges autonomes Recht. Insbesondere muss die Satzung nach § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V Bestimmungen über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel enthalten, die zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Klägerin erforderlich sind (Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 12. Mai 1993 – 6 RKa 33/92 – und Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 84/03 R –, zitiert jeweils nach Juris).
Bereits nach dem Wortlaut dieser Norm ist die Klägerin grundsätzlich berechtigt, Gebühren zu erheben. Der Begriff "Mittel" ist im Gesetz nicht definiert. In anderen Zusammenhängen unterscheidet der Gesetzgeber in der Regel zwischen Beiträgen, Gebühren, Umlagen und auch sonstigen öffentlichen Abgaben (vgl. § 98 Abs. 2 Nr. 4 SGB V, § 86a Abs. 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), § 20 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) u. a.). § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V geht nach dem Wortsinn über die Erhebung von Beiträgen im Sinne eines Verwaltungskostenbeitrages hinaus. Er umfasst auch die Erhebung von Umlagen und Gebühren. Der Gesetzgeber hätte ansonsten statt des weiten Begriffs der Mittel von vornherein den engeren Begriff der Beiträge verwendet. Der Gesetzgeber räumt damit der Beklagten im Rahmen ihrer Satzungsautonomie einen weiten Gestaltungsspielraum ein (Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 1. September 2004 – L 5 KA 1529/03 – und Urteil des Bayerischen Landessozialgericht vom 5. Oktober 2011 – L 12 KA 44/09 -, zitiert nach Juris). Dem Satzungsgeber ist es rechtlich unbenommen, den Beitragsbegriff, soweit es die jeweilige gesetzliche Ermächtigung zulässt, in einem weitgefassten Sinne zu verwenden (Urteil des BSG vom 12. Mai 1993 – 6 RKa 33/92 -, a. a. O.). § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ermächtigt daher nicht nur zur Erhebung von Verwaltungskostenbeiträgen, sondern in begrenztem Umfang auch dazu, für bestimmte Verwaltungstätigkeiten, die von den Mitgliedern unterschiedlich in Anspruch genommen werden und einen Mehraufwand verursachen, Gebühren zu erheben (vgl. Urteil des BSG vom 6. Februar 2013 – B 6 KA 2/12 R -, veröffentlicht bisher lediglich als Terminsbericht Nr. 3/13).
Dabei reicht es aus, wenn die Satzung die grundlegenden Bestimmungen über die Aufbringung der Mittel enthält; die betragsmäßige Festsetzung der Beiträge kann einer anderen normativen Regelung der Vertreterversammlung überlassen werden (Urteile des BSG vom 12. Mai 1993 – RKa 33/92 – und Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 84/03 R –, a.a. O.).
Diesen Anforderungen wird § 3 Abs. 3 Satz 3 der Satzung der Klägerin in der Fassung des Beschlusses ihrer Vertreterversammlung vom 11. Juni 2010 nicht gerecht. Er verstößt daher gegen § 81 Abs. Satz 1 Nr. 5 SGB V.
§ 3 Abs. 3 Satz 3 in der beschlossenen Neufassung enthält keine grundlegenden Bestimmungen zur Beitrags- oder Gebührenerhebung, sondern lediglich eine generalklauselartige Ermächtigung entsprechende Bestimmungen in einem außerhalb der Satzung liegenden Regelungswerk zu normieren. Nach der 1. Alternative dieser Norm sind Beiträge zur Deckung von Kosten, die durch die vertragliche Inanspruchnahme Dritter nicht allen ihren Mitgliedern entstehen, nur durch diejenigen zu tragen, welche die Leistung in Anspruch nehmen oder in Anspruch nehmen können bzw. die diese Inanspruchnahme notwendig machten oder die Kosten verursacht haben. Entsprechendes gilt nach der 2. Alternative der geänderten Satzungsnorm, eingeleitet mit dem abgekürzten Wort "beziehungsweise", für die Deckung von "Kosten, die nicht von allen Mitgliedern verursacht" worden sind.
Diese letzte Alternative benennt damit keine bestimmten Gebührentatbestände, sondern sie enthält im Kern einen negativ formulierten Tatbestand, der lediglich für einen einzigen bestimmten Fall die Erhebung von Beiträgen für Verwaltungstätigkeiten ausschließt. Nur für den Fall, dass sämtliche Mitglieder (ohne Ausnahme) der Klägerin als Kostenverursacher feststehen, ist eine Beitragserhebung ausgeschlossen. Ist auch nur ein Mitglied der Klägerin als Kostenverursacher auszuschließen sind Beiträge zu erheben. Die Konkretisierung der einzelnen Beitrags- oder Gebührentatbestände wird insoweit der Gebührenordnung überlassen. Damit wird nicht nur die betragsmäßige Festsetzung der Beiträge in ein außerhalb der Satzung liegendes Normwerk verlagert, sondern auch die Festlegung der einzelnen Gebührentatbestände. Der Satzungsgeber hat aber die Gebührentatbestände jedenfalls im Grundsatz zu bestimmen, für die Beiträge oder Gebühren erhoben werden. Die generalklauselartige Verschiebung dieser Regelungskompetenz an den Verordnungsgeber genügt diesen Anforderungen nicht.
§ 3 Abs. 3 Satz 3 in der beschlossenen Neufassung verschiebt damit diesen nach § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V obligatorischen Regelungsgegenstand einer Satzung in eine Gebührenordnung, die zwar aufsichtrechtlich überprüft werden kann (§ 78 Abs. 3 Satz 2 SGB V in Verbindung mit §§ 88 ff. SGB IV), jedoch nicht der Genehmigungspflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB V unterliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Genehmigung einer Satzungsänderung.
§ 3 Abs. 3 in der ab dem 1. April 2010 gültigen Satzung der Klägerin hat folgenden Wortlaut:
Die KVBB erhebt zur Durchführung ihrer Aufgaben Beiträge, die in einem festen Satz oder in einem von Vomhundertsatz der Vergütungen für die Vertragsärztliche und psychotherapeutische Tätigkeit oder in beidem bestehen können. Die Höhe der Beiträge beschließt die Vertreterversammlung jährlich. Weitere Beiträge zur Deckung von Kosten, die durch die vertragliche in Inanspruchnahme Dritter nicht allen Mitgliedern der KVBB entstehen bzw. Kosten die nicht von allen Mitgliedern verursacht sind, sind nach Maßgabe der Gebührensatzung, die in ihrer jeweiligen Fassung Bestandteil der Satzung ist, nur durch jene zu tragen, welche die Leistungen in Anspruch nehmen oder in Anspruch nehmen können bzw. die diese Inanspruchnahme notwendig machten oder die Kosten verursacht haben.
Die Gebührensatzung enthielt als Anlage ein Gebührenverzeichnis, aus der sich die Höhe dieser Gebühren ergab.
In der Folgezeit beabsichtigte die Klägerin § 3 Abs. 3 Satz 3 wie folgt zu ändern:
Weitere Beiträge zur Deckung von Kosten, die durch die vertragliche Inanspruchnahme Dritter nicht allen Mitgliedern der KVBB entstehen bzw. Kosten, die nicht von allen Mitgliedern verursacht sind, sind nach Maßgabe der von der Vertreterversammlung beschlossenen Gebührenordnung, nur durch diejenigen zu tragen, welche die Leistungen in Anspruch nehmen oder in Anspruch nehmen können bzw. die diese Inanspruchnahme notwendig machten oder die Kosten verursacht haben.
Mit Schreiben vom 10. Juni 2010 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die beabsichtigte Auslagerung der Gebührenerhebung aus den Satzungsregelungen gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) verstoße. Bestimmungen zur Aufbringung und Verwaltung der Mittel müssten Bestandteil der Satzung sein. Die beabsichtigte Satzungsänderung sei nicht genehmigungsfähig.
Die Vertreterversammlung der Klägerin beschloss am 11. Juni 2010 die Änderung des § 3 Abs. 3 Satz 3 der Satzung. Mit Schreiben vom 23. Juni 2010 beantragte die Klägerin die Genehmigung der Satzungsänderung.
Mit Bescheid vom 13. Juli 2010 (in der Verwaltungsakte: 12. Juli 2010) versagte der Beklagte die erforderliche Genehmigung. Die Satzungsänderung sei nicht genehmigungsfähig. Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V müsse die Satzung insbesondere Bestimmungen über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel enthalten. Eine Auslagerung von Bestimmungen über die Erhebung weiterer Beiträge zur Deckung entstehender Kosten in eine außerhalb der Satzung stehende Gebührenordnung sei deshalb nicht gesetzeskonform. Diese Verfahrensweise würde zudem zu einer Aushebelung der aufsichtsrechtlichen Genehmigungspflicht führen. Künftige Änderungen der Gebührenordnung wären lediglich durch die Vertreterversammlung des Beklagten zu beschließen. § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V schließe im Übrigen die Erhebung von Gebühren aus.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 19. Juli 2010 Klage beim Sozialgericht Potsdam erhoben. Eine Satzung müsse grundlegende Bestimmungen über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel enthalten. Das Gesetz schreibe nicht vor, dass die Satzung insoweit jede Einzelheit dezidiert regele. Eine Satzungsvorschrift über die Höhe der Beträge der Kostenumlage sei nicht erforderlich. Dies könne die Vertreterversammlung vielmehr in anderer Weise normativ regeln. Diesen Grundsätzen werde ihre Satzungsänderung gerecht.
Das Sozialgericht Potsdam hat die Klage mit Urteil vom 29. September 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: "Allein die in § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V enthaltene Regelung über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel ermächtig(e) die Klägerin nicht, außerhalb einer Ermächtigungsgrundlage Gebühren zu erheben." § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V sei "keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage" Der Beklagte "verweise zu Recht auf die grundsätzliche Gebührenfreiheit" (§ 64 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch). "Durch die beabsichtigte Herausnahme der Gebührensatzung als Bestandteil der Satzung (sei) es weder für die Mitglieder noch für Außenstehende prüfbar, in welchen Fällen die Klägerin beabsichtig(e), weitere Gebühren zu erheben, die sich nicht bereits aus dem Gesetz" ergäben. Im Übrigen wolle die Klägerin durch diese Verfahrensweise die Bestimmungen über die Erhebung der Mittel der "Aufsicht entziehen."
Gegen das ihr am 29. Oktober 2010 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 18. November 2010. Sie verweist im Wesentlichen auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend führt sie aus, dass nicht nachzuvollziehen sei, woher das Sozialgericht seine Annahme nehme, dass sie mit der Neuregelung des § 3 Abs. 3 Satz 3 der Satzung die Absicht verfolge, die Aufbringung ihrer Mittel der Aufsicht zu entziehen. Jedenfalls trage diese Begründung nicht die Abweisung der Klage.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. September 2010 und den Bescheid des Beklagten vom 13. Juli 2010 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die von ihrer Vertreterversammlung am 11. Juni 2010 beschlossene Satzungsänderung zu genehmigen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 13. Juli 2010 ist rechtmäßig. Die am 11. Juni 2010 beschlossene Satzungsänderung ist nicht genehmigungsfähig. Die beschlossene Satzungsänderung verstößt gegen höherrangiges Recht.
Rechtsgrundlage des Bescheides des Beklagten vom 13. Juli 2010 ist § 81 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 78 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz SGB V. Hiernach bedarf die Satzung der Klägerin der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Aufsichtsbehörde der Klägerin ist die zuständige oberste Verwaltungsbehörde des Landes Brandenburg, das Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. Nach § 78 Abs. 3 Satz 1 SGB V erstreckt sich die Prüfung auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht. Die aufsichtsrechtliche Prüfung ist auf eine Rechtskontrolle beschränkt.
Rechtsgrundlage des Beschlusses der Vertreterversammlung der Klägerin ist § 79 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Hiernach beschließt die Vertreterversammlung der Klägerin die Satzung und sonstiges autonomes Recht. Insbesondere muss die Satzung nach § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V Bestimmungen über die Aufbringung und Verwaltung der Mittel enthalten, die zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Klägerin erforderlich sind (Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 12. Mai 1993 – 6 RKa 33/92 – und Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 84/03 R –, zitiert jeweils nach Juris).
Bereits nach dem Wortlaut dieser Norm ist die Klägerin grundsätzlich berechtigt, Gebühren zu erheben. Der Begriff "Mittel" ist im Gesetz nicht definiert. In anderen Zusammenhängen unterscheidet der Gesetzgeber in der Regel zwischen Beiträgen, Gebühren, Umlagen und auch sonstigen öffentlichen Abgaben (vgl. § 98 Abs. 2 Nr. 4 SGB V, § 86a Abs. 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), § 20 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) u. a.). § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V geht nach dem Wortsinn über die Erhebung von Beiträgen im Sinne eines Verwaltungskostenbeitrages hinaus. Er umfasst auch die Erhebung von Umlagen und Gebühren. Der Gesetzgeber hätte ansonsten statt des weiten Begriffs der Mittel von vornherein den engeren Begriff der Beiträge verwendet. Der Gesetzgeber räumt damit der Beklagten im Rahmen ihrer Satzungsautonomie einen weiten Gestaltungsspielraum ein (Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 1. September 2004 – L 5 KA 1529/03 – und Urteil des Bayerischen Landessozialgericht vom 5. Oktober 2011 – L 12 KA 44/09 -, zitiert nach Juris). Dem Satzungsgeber ist es rechtlich unbenommen, den Beitragsbegriff, soweit es die jeweilige gesetzliche Ermächtigung zulässt, in einem weitgefassten Sinne zu verwenden (Urteil des BSG vom 12. Mai 1993 – 6 RKa 33/92 -, a. a. O.). § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ermächtigt daher nicht nur zur Erhebung von Verwaltungskostenbeiträgen, sondern in begrenztem Umfang auch dazu, für bestimmte Verwaltungstätigkeiten, die von den Mitgliedern unterschiedlich in Anspruch genommen werden und einen Mehraufwand verursachen, Gebühren zu erheben (vgl. Urteil des BSG vom 6. Februar 2013 – B 6 KA 2/12 R -, veröffentlicht bisher lediglich als Terminsbericht Nr. 3/13).
Dabei reicht es aus, wenn die Satzung die grundlegenden Bestimmungen über die Aufbringung der Mittel enthält; die betragsmäßige Festsetzung der Beiträge kann einer anderen normativen Regelung der Vertreterversammlung überlassen werden (Urteile des BSG vom 12. Mai 1993 – RKa 33/92 – und Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 84/03 R –, a.a. O.).
Diesen Anforderungen wird § 3 Abs. 3 Satz 3 der Satzung der Klägerin in der Fassung des Beschlusses ihrer Vertreterversammlung vom 11. Juni 2010 nicht gerecht. Er verstößt daher gegen § 81 Abs. Satz 1 Nr. 5 SGB V.
§ 3 Abs. 3 Satz 3 in der beschlossenen Neufassung enthält keine grundlegenden Bestimmungen zur Beitrags- oder Gebührenerhebung, sondern lediglich eine generalklauselartige Ermächtigung entsprechende Bestimmungen in einem außerhalb der Satzung liegenden Regelungswerk zu normieren. Nach der 1. Alternative dieser Norm sind Beiträge zur Deckung von Kosten, die durch die vertragliche Inanspruchnahme Dritter nicht allen ihren Mitgliedern entstehen, nur durch diejenigen zu tragen, welche die Leistung in Anspruch nehmen oder in Anspruch nehmen können bzw. die diese Inanspruchnahme notwendig machten oder die Kosten verursacht haben. Entsprechendes gilt nach der 2. Alternative der geänderten Satzungsnorm, eingeleitet mit dem abgekürzten Wort "beziehungsweise", für die Deckung von "Kosten, die nicht von allen Mitgliedern verursacht" worden sind.
Diese letzte Alternative benennt damit keine bestimmten Gebührentatbestände, sondern sie enthält im Kern einen negativ formulierten Tatbestand, der lediglich für einen einzigen bestimmten Fall die Erhebung von Beiträgen für Verwaltungstätigkeiten ausschließt. Nur für den Fall, dass sämtliche Mitglieder (ohne Ausnahme) der Klägerin als Kostenverursacher feststehen, ist eine Beitragserhebung ausgeschlossen. Ist auch nur ein Mitglied der Klägerin als Kostenverursacher auszuschließen sind Beiträge zu erheben. Die Konkretisierung der einzelnen Beitrags- oder Gebührentatbestände wird insoweit der Gebührenordnung überlassen. Damit wird nicht nur die betragsmäßige Festsetzung der Beiträge in ein außerhalb der Satzung liegendes Normwerk verlagert, sondern auch die Festlegung der einzelnen Gebührentatbestände. Der Satzungsgeber hat aber die Gebührentatbestände jedenfalls im Grundsatz zu bestimmen, für die Beiträge oder Gebühren erhoben werden. Die generalklauselartige Verschiebung dieser Regelungskompetenz an den Verordnungsgeber genügt diesen Anforderungen nicht.
§ 3 Abs. 3 Satz 3 in der beschlossenen Neufassung verschiebt damit diesen nach § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V obligatorischen Regelungsgegenstand einer Satzung in eine Gebührenordnung, die zwar aufsichtrechtlich überprüft werden kann (§ 78 Abs. 3 Satz 2 SGB V in Verbindung mit §§ 88 ff. SGB IV), jedoch nicht der Genehmigungspflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB V unterliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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