L 18 AL 135/11

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 80 AL 521/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 135/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. März 2011 geändert. Die Bescheide der Beklagten vom 14. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2008 werden aufgehoben, soweit die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 1. Mai 2003 bis 13. Mai 2003 aufgehoben und die Erstattung der insoweit gezahlten Arbeitslosenhilfe gefordert hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1965 geborene Kläger bezog jedenfalls seit 1996 mit Unterbrechungen Leistungen der Beklagten. Mit Bescheid vom 17. Mai 2002 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13. Januar 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 11. Mai 2002 bis 10. Mai 2003 Arbeitslosenhilfe (Alhi). Der Leistungsbetrag betrug bis 31. Dezember 2002 täglich 20,58 EUR und ab 1. Januar 2003 täglich 20,45 EUR. Nachdem der Beklagten durch einen Datenabgleich bekannt geworden war, dass der Kläger ab dem 4. Oktober 2002 bei der P GmbH (P) beschäftigt war, übersandte die P der Beklagten mit Schreiben vom 15. November 2002 eine Nebenverdienstbescheinigung für Oktober 2002, in der eine (kalender-)wöchentliche Arbeitszeit zwischen 1,16 und 5,8 Stunden mit einem Arbeitsentgelt in Höhe von (iHv) 145,93 EUR aufgeführt wurde. Für November 2002 bis März 2003 bescheinigte die P sodann dem Kläger eine wöchentliche Arbeitszeit zwischen 1,21 und 8 Stunden, wobei das monatliche Arbeitsentgelt zwischen 160,94 EUR und 161,51 EUR betrug (Bescheinigungen vom 11. Dezember 2002, 13. Januar 2003, 13. Februar 2003, 13. März 2003 und 14. April 2003). In seinem Weiterbewilligungsantrag vom 10. April 2003 gab der Kläger an, als Reinigungskraft bei der P unter 15 Stunden wöchentlich weiterbeschäftigt zu sein. Mit Bescheid vom 14. April 2003 – mit Wirkung zum 1. Januar 2004 angepasst mit Änderungsbescheid vom Januar 2004 (wöchentlicher Leistungssatz: 143,50 EUR) - wurde dem Kläger ab 11. Mai 2003 erneut Alhi bewilligt. Ausweislich der eingereichten Arbeitsbescheinigungen der P vom 12. Mai 2003, vom 11. Juni 2003, vom 11. Juli 2003, 11. August 2003 und 11. September 2003 war der Kläger in den Monaten April bis August 2003 an höchstens fünf Tagen die Woche jeweils bis zu 1,27 Stunden in diesem Unternehmen tätig.

Im November 2003 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er ab Oktober 2003 keine Nebentätigkeit mehr ausübe. Unter dem 25. Januar 2004 wurde der Beklagten erneut durch Datenabgleich bekannt, dass der Kläger seit dem 2. Januar 2004 wieder bei der P beschäftigt war. Laut den Arbeitsbescheinigungen vom 10. Februar 2004 und 10. März 2004 war der Kläger vom Januar 2004 bis Ende Februar 2004 werktäglich (außer samstags) zwischen 1,00 und 2,00 Stunden in dem Unternehmen tätig.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 14. April 2004, in dem er wiederum angab, als Reinigungskraft bei der P unter 15 Stunden wöchentlich weiterbeschäftigt zu sein, mit Bescheid vom 16. April 2004, angepasst mit Bescheid vom 15. Juli 2004, Alhi für die Zeit vom 11. Mai 2004 bis 31. Dezember 2004 (Leistungsbetrag täglich 20,34 EUR). Laut den Arbeitsbescheinigungen vom 13. April 2004, 13. Mai 2004, 10. Juni 2004, 12. Juli 2004, 10. August 2004, 13. September 2004, 13. Oktober 2004 und 14. Dezember 2004 war der Kläger vom 1. März 2004 bis 30. September 2004 sowie im Monat November 2004 werktäglich mit Ausnahme des Samstags zwischen 1,00 und 2,25 Stunden in dem Unternehmen tätig.

Nachdem der Kläger am 15. Dezember 2004 bei der P ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis aufgenommen hatte, hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi mit Bescheid vom 21. April 2005 ab 15. Dezember 2004 auf und forderte die überzahlte Alhi iHv 342,21 EUR zurück.

Mit Schreiben vom 21. Juli 2008 teilte das HZA der Beklagten unter Beifügung von kopierten Unterlagen einer doppelten Buchführung und von im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens beschlagnahmten Stundenaufzeichnungen mit, dass der Kläger über die in den Bescheinigungen über Nebeneinkommen angegebenen Arbeitsentgelte hinaus in der Zeit des Alhi-Bezugs vom 1. Mai 2003 bis 14. Dezember 2004 Arbeitsentgelte von der P erhalten habe und mit Ausnahme der Monate August 2003 bis Dezember 2003 wöchentlich mindestens 15 Stunden gearbeitet habe; auf das Schreiben vom 21. Juli 2008 nebst Anlagen wird Bezug genommen. Für die Zeit vom 1. Mai 2003 bis 30. September 2003 wurden Schwarzgeldzahlungen iHv 1.715.16 EUR und für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis 14. Dezember 2004 iHv 5.073,30 EUR aufgeführt.

Zu diesem Sachverhalt hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 31. Juli 2008 an und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit den am 6. August 2008 bei der Beklagten eingegangenen Stellungnahmen teilte der Kläger mit, er sei bei der P geringfügig beschäftigt gewesen.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14. August 2008 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 1. Mai 2003 bis 10. Mai 2003 ganz auf und forderte den Kläger zur Erstattung der gezahlten Alhi iHv 204,50 EUR auf. Ebenfalls mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 14. August 2008 nahm die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 11. Mai 2003 bis 31. Juli 2003 ganz zurück und forderte die für diesen Zeitraum gezahlte Alhi i. H. v. 1.645,74 EUR zurück. Der Kläger sei in einem Beschäftigungsverhältnis von mindestens 15 Stunden wöchentlich gestanden und daher nicht mehr arbeitslos gewesen. Mit einem weiteren Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14. August 2008 wegen Berücksichtigung von Nebeneinkommen hob die Beklagte die Alhi-Bewilligung für August 2003 iHv 4,84 EUR und für September 2003 iHv 149,51 EUR wegen Anrechnung eines Nebeneinkommens auf und forderte die Erstattung von insgesamt 154,35 EUR. Dabei rechnete die Beklagte dem Kläger unter Berücksichtigung eines von ihr für August 2003 erzielten Einkommens von 169,84 EUR und eines für September 2003 erzielten Einkommens von 314,65 EUR Beträge iHv 4,84 EUR bzw. 149,51 EUR als Nebeneinkommen an. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 14. August 2008 hob die Beklagte die Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis 10. Mai 2004 ganz auf und forderte den Kläger zur Erstattung der zu Unrecht gezahlten 2.685,50 EUR auf. Schließlich nahm die Beklagte mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 14. August 2008 die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 11. Mai 2004 bis 14. Dezember 2004 ganz zurück und forderte den Kläger zur Erstattung der zu Unrecht gezahlten Alhi von 4.388,34 EUR auf. Mit dem am 28. August 2008 erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass er lediglich bis zu 15 Stunden im Monat bei der P beschäftigt gewesen sei und nachweisbar zwischen 49,- und 52,- EUR im Monat verdient habe. Die Beklagte wies den Widerspruch gegen die Bescheide vom 14. August 2008 mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 zurück und führte zur Begründung aus: In den Zeiträumen vom 1. Mai 2003 bis 31. Juli 2003 und vom 1. Januar 2004 bis 14. Dezember 2004 sei der Kläger nicht arbeitslos gewesen, denn bei der Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen sei bekannt geworden, dass er weit über 15 Stunden wöchentlich beschäftigt gewesen sei und Arbeitslohn erheblich über dem Freibetrag erzielt habe. Die umfangreich sichergestellten Abrechnungslisten belegten, dass die vom Arbeitgeber erstellten Nebeneinkommensbescheinigungen zum Nachteil der Beklagten manipuliert worden seien. In der Zeit vom 1. August 2003 bis 30. September 2003 habe der Kläger entgegen den Feststellungen geringfügig gearbeitet, sodass in dieser Zeit das Nebeneinkommen auf die Arbeitslosenhilfe anzurechnen sei. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) iVmV. § 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) müsse der Bewilligungsbescheid ab Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden. Der Kläger habe die Aufnahme der Erwerbstätigkeit (anstelle der gemeldeten Nebenbeschäftigung) nicht mitgeteilt, obwohl er hierzu nach § 60 Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – verpflichtet gewesen sei. Es liege somit grobe Fahrlässigkeit vor, weil der Kläger die erforderliche Sorgfalt im besonderen und schweren Maße verletzte.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht Berlin (SG) die Akten des gegen den Kläger gerichteten Strafverfahrens (326 Cs) 63 Js 2784/09 (249/10) beigezogen und in der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2011 die Protokolle der Hauptverhandlungen vor dem Amtsgericht Tiergarten vom 19. November 2010 und 10. Dezember 2010 in der vorgenannten Strafsache erörtert. Auf diese Niederschriften wird Bezug genommen. Der Kläger hat vorgetragen: Er habe nur im Umfang der angegebenen Nebentätigkeiten bei der P gearbeitet. Ihm sei jedoch auch bekannt, dass das Unternehmen unseriös gearbeitet habe und Listen geführt worden seien, die manipuliert wurden. Ebenso sei ihm bekannt, dass teilweise Arbeitnehmer auf Namen anderer Arbeitnehmer dort tätig gewesen seien. Sein Arbeitsentgelt habe er auf sein Konto überwiesen bekommen. Soweit ihm darüber hinaus Geldbeträge in Umschlägen übergeben worden seien, habe es sich um Fahrgeld gehandelt, das wohl als Prämie für Notfalleinsätze gezahlt worden sei. Gearbeitet habe er als Reinigungskraft und in seltenen Fällen im Winterdienst. Die Arbeitsstunden habe er sich nicht aufgeschrieben. Er habe sich das merken können und auch gewusst, wie viele Stunden er arbeiten dürfe. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29. März 2011 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Die Bescheide vom 24. August 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2008 seien in dem zu überprüfenden Umfang rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Rücknahme bzw. Aufhebung der Leistungsbewilligung in dem Zeitraum vom 11. Mai 2003 bis 31. Juli 2003 sei § 45 SGB X, für die anderen Zeiträume § 48 SGB X. Die Beklagte sei auch zutreffend davon ausgegangen, dass am 1. Mai 2003, 1. August 2003 und 1. Januar 2004 wesentliche Änderungen der Verhältnisse im Sinne des § 48 SGB X eingetreten seien. Wesentlich sei eine Änderung, wenn der Verwaltungsakt so, wie er ursprünglich der wahren Sach- und Rechtslage entsprochen habe, nach neuer Sach- und Rechtslage mit dem gleichen Inhalt jedoch nicht mehr ergehen könnte. Die Voraussetzung für die Gewährung von Alhi sei mit Aufnahme der Tätigkeiten des Klägers am 1. Mai 2003 und 1. Januar 2004 entfallen, denn er sei ab diesen Zeitpunkten ebenfalls nicht mehr arbeitslos gewesen. Darüber hinaus habe seine Arbeitslosmeldung (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB III) ihre Wirksamkeit verloren. Nach den gesamten Umständen sei das Gericht der Überzeugung, dass der Kläger zumindest ab den genannten Zeitpunkten eine Tätigkeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt habe. Aus den sichergestellten Abrechnungslisten ergebe sich, dass die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden in der Woche 15 Stunden regelmäßig erreichten. Das Prinzip der doppelten Lohnbuchführung sei von den im Strafverfahren (326/Cs) 63 Js 2784/09 (249/10) gehörten Zeugen A S und J S auch bestätigt worden. Der Zeuge S habe ausgeführt, dass 160,- EUR offiziell gezahlt worden seien, der Rest schwarz. Der Zeuge S habe ausgeführt, dass er die Stundenzettel geschrieben und die Leute dort auch arbeiten gesehen habe, sonst hätte er nicht unterschrieben. Die Zeugin D P, die als Bereichsleiterin in der P gearbeitet habe, habe erklärt, dass sie die Arbeitsstunden berechnet habe. Sie habe den Leuten vertraut, dass sie die angegebenen Stunden auch gearbeitet hätten. Gründe, warum die Verantwortlichen der P auch die zweite Lohnbuchführung, die zum Zwecke der Hinterziehung der Sozialversicherungsbeiträge und Steuern ausschließlich intern geführt worden sei, hinsichtlich der Arbeitnehmer ebenfalls gefälscht haben sollten, drängten sich nicht auf. Eine andere Entscheidung ergebe sich auch nicht daraus, dass es in der P nach Aussage des Zeugen S Leute gegeben habe, die 14 Tagen schwarz arbeiten wollten und deren Stunden dann auf Festangestellte geschrieben worden seien. Angesicht der Dauer des hier in Rede stehenden Zeitraumes habe die Kammer nicht vermocht, sich den Eindruck zu verschaffen, dass dies für den Kläger zutreffend sei. Für die Richtigkeit der aufgefundenen Listen spreche vielmehr auch, dass für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2003 keine Stundenzettel gefunden worden seien, die auf den Namen des Klägers lauteten. Dass der Kläger ab Oktober 2003 keiner Beschäftigung nachgegangen sei, habe er der Beklagten im Gegensatz zur Wiederaufnahme der Beschäftigung angezeigt. Aus den vorgenannten Gründen sei auch der Ausgangsbescheid, mit dem Alhi ab 11. Mai 2003 bewilligt worden sei, bereits bei seinem Erlass rechtswidrig gewesen, weil der Kläger im Hinblick auf die wöchentlichen Arbeitsstunden falsche Angaben gemacht habe. Weil die Beklagte das erzielte Arbeitsentgelt in den Monaten August und September 2003 als Nebeneinkommen angerechnet und die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für diesen Zeitraum nur teilweise aufgehoben habe, sei diese Entscheidung nicht zu Lasten des Klägers ergangen. Nach § 141 Abs. 1 SGB III sei, wenn der Arbeitslose während einer Zeit, für die ihm Arbeitslosengeld zustehe, eine weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung ausübe, das Arbeitslosengeld aus der Beschäftigung nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge, der Werbungskosten sowie eines Freibetrages iHv 20 % des monatlichen Arbeitsentgelts, mindestens aber von 165,- EUR auf das Arbeitslosengeld für den Kalendermonat, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird, anzurechnen. Der Kläger habe in den Monaten August und September 2003 aus seiner Tätigkeit ein monatliches Einkommen von mehr als 165,- EUR erzielt. Mithin sei der Beklagten gehalten gewesen, das den Freibetrag übersteigende Arbeitsentgelt anzurechnen. Der Kläger habe sich bei Anstellung einfachster, ganz naheliegende Überlegungen auch dessen bewusst sein müssen, dass ihm ab dem 1. Mai 2003 bzw. 1. Januar 2004 keine Leistungen zustünden. Ihm sei bereits durch die anlässlich seiner Antragstellung ausgehändigten Merkblätter I für Arbeitslose bekannt gewesen, dass der Anspruch auf Alhi nur bei auch vorhandener Verfügbarkeit bestehe. Die Rechtmäßigkeit der Rückforderung der im streitigen Zeitraum rechtswidrig erbrachten Leistungen folge aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X.

Im Berufungsverfahren trägt der Kläger vor: Es seien von den Zeugen widersprüchliche und nicht einheitliche Aussagen getätigt worden. Kein Zeuge habe ausgesagt, dass an den Kläger zusätzliche Auszahlungen stattgefunden hätten. Während des Strafverfahrens sei auch klargestellt worden, dass nicht angemeldete Arbeitnehmer auf den Namen anderer Arbeitnehmer beschäftigt gewesen seien und dies intern abgerechnet wurde. Im Übrigen sei das Strafverfahren gegen ihn eingestellt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. März 2011 und die Bescheide vom 14. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die überzeugenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil und trägt ergänzend vor: Die Strafakten spiegelten nachvollziehbar wieder, wie das Lohnabrechnungssystem manipuliert worden sei und Schwarzlohnzahlungen erfolgten. Das Strafverfahren gegen den Kläger sei erst nach Erfüllung der erteilten Auflagen (nach § 153a Abs. 2 Strafprozessordnung) eingestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat durch den Berichterstatter am 15. Februar 2012 einen Erörterungstermin durchgeführt. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Der Senat hat ferner eine Auskunft des früher bei P beschäftigten Zeugen F B eingeholt. Dieser hat mit Schreiben vom 19. März 2012 und 7. Mai 2012 mitgeteilt, dass er der festen Überzeugung sei, dass die P andere Personen auf seinen Namen habe "laufen" lassen. Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen S; hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 24. April 2013 Bezug genommen.

Die Leistungsakten der Beklagten (2 Bände), die Strafakten der Staatsanwaltschaft Berlin – 63 Js 2784/09 - (1 Band nebst 2 Sonderheften sowie Beistücken II, III und IV) sowie die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist im tenorierten Umfang begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.

Die mit der statthaften isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 14. August 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2008 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit sie die Entscheidungen über die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 1. Mai 2003 bis 13. Mai 2003 aufheben und den Kläger zur Erstattung der für diesen Zeitraum gezahlten Alhi auffordern; im Übrigen verletzen sie den Kläger nicht in seinen Rechten.

Als Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebungen der Alhi-Bewilligungen im Zeitraum vom 1. Mai 2008 bis 13. Mai 2008 kommt zwar § 48 SGB X iVm § 330 Abs. 3 SGB III in Betracht. Danach muss ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, sobald in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihm nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) oder er wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebene Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X), und die Fristen des § 48 Abs. 4 SGB X eingehalten sind.

Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 SGB X liegen indes nicht vor. Der Senat kann nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht zu seiner vollen Überzeugung feststellen, dass der seit 4. Oktober 2002 bei der P – nach eigenen Angaben geringfügig – beschäftigte Kläger in dem Zeitraum vom Erlass des Bewilligungsbescheides vom 17. Mai 2002 bis zum Ende des Bewilligungszeitraums am 10. Mai 2003 sowie – für den Zeitraum ab 11. Mai 2003 - vom Erlass des Bewilligungsbescheides vom 14. April 2003 bis zum 13. Mai 2003 die Voraussetzungen für die Bewilligung von Alhi wegen der Aufnahme einer mindestens 15 Wochenstunden umfassenden Beschäftigung nicht mehr erfüllte (vgl. § 190 Abs. 1 Nr. 1 und 2 iVm §§ 118 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB III in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung [aF]) und insoweit eine wesentliche Änderung der Verhältnisse nach Erlass der jeweiligen Bewilligungsbescheide (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Abgrenzung von ursprünglicher und nachträglicher Rechtwidrigkeit: Schütze, in: v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010, § 45 Rn 31 mwN) iSd § 48 Abs. 1 SGB X eingetreten war. Die von der P eingereichte Nebenverdienstbescheinigung vom 11. Juni 2003, in der für den 2., 5., 6., 7. 8. und 9. Mai 2003 jeweils eine Arbeitszeit von "1,27" Stunden verzeichnet ist, erscheint zwar nicht plausibel; der Senat kann freilich keine konkrete Feststellungen darüber treffen, wie viele Stunden der Kläger an den o.a. Tagen tatsächlich gearbeitet hatte. Abrechnungslisten für den Zeitraum vor Mai 2003, die gegebenenfalls eine zum Wegfall der Arbeitslosmeldung führende Aufnahme einer mindestens 15 Wochenstunden umfassenden Beschäftigung des Klägers bei der P belegen könnten, liegen nicht vor. Die vorliegende Abrechnungsliste für Mai 2003 verzeichnet erst ab 14. Mai 2003 Arbeitseinsätze des Klägers. Schließlich gibt es auch keine Zeugenaussagen, die eine nicht nur geringfügige Beschäftigung des Klägers bis zum 13. Mai 2003 belegen könnten.

Die Aufhebung der Entscheidungen über die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 1. Mai 2003 bis 13. Mai 2003 kann auch nicht auf die Vorschriften über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte gestützt werden. Nach der insoweit allein in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage des § 45 Abs. 1 SGB X muss ein von Anfang an rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt unter Beachtung der Einschränkungen der Absätze 2 und 4 dieser Vorschrift sowie des § 330 Abs. 2 SGB III ganz oder teilweise zurückgenommen werden. Auf Vertrauensschutz (vgl. § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X) kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Hinsichtlich des Bewilligungsbescheides vom 17. Mai 2002 liegen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 SGB X schon deshalb nicht vor, weil der Kläger bei der P erst ab 4. Oktober 2002 und damit nach Erlass dieses Bewilligungsbescheides beschäftigt worden war. Tatsachen, die eine anfängliche Rechtwidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom 14. April 2003 begründen, konnten ebenfalls nicht festgestellt werden. Wie bereits ausgeführt konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass der Kläger im Zeitraum vom 4. Oktober 2002 bis 13. Mai 2003 mehr als geringfügig beschäftigt war.

Die Unerweislichkeit einer Tatsache geht grundsätzlich zu Lasten des Beteiligten, der aus ihr eine ihm günstige Rechtsfolge herleiten will. Während denjenigen, der sich auf einen Anspruch beruft, die Beweislast für die rechtsbegründenden Tatsachen trifft, ist derjenige, der das geltend gemachte Recht bestreitet, für die rechtsvernichtenden, rechtshindernden oder rechtshemmenden Tatsachen beweispflichtig. Die Verteilung der Beweislast bestimmt sich nach der für den Rechtsstreit maßgeblichen materiell-rechtlichen Norm (BSGE 6, 70, 72 f; BSGE 71, 256, 260 = SozR 3-4100 § 119 Nr. 7, S. 28, S. 32 mwN).

Bezogen auf die hier streitentscheidenden Normen der §§ 45 Abs. 1, 48 Abs. 1 SGB X bedeutet dies, dass die Beweis- bzw. Feststellungslast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen einer anfänglichen bzw. nachträglichen Rechtswidrigkeit des begünstigenden Verwaltungsaktes grundsätzlich die Behörde trägt (vgl. BSG, Urteile vom 28. August 2007 – B 7/7a AL 10/06 R – und vom 8. September 2010 – B 11 AL 4/09 R - juris, mwN). Eine Beweislastumkehr ist für bestimmte Fallgestaltungen anerkannt, in denen etwa der Gegner der beweisbelasteten Partei den Beweis vereitelt oder erschwert oder die Beweisführung unmöglich ist, weil die zu beweisenden Tatsachen sich im Bereich des Gegners abgespielt haben und dieser an der ihm möglichen Sachverhaltsaufklärung nicht oder nicht rechtzeitig mitgewirkt hat (vgl. insgesamt BSGE 95, 57, 64 = SozR 4-1300 § 48 Nr. 6; auch BSG SozR 4-1500 § 128 Nr. 5), also etwa in Konstellationen, in denen in der persönlichen Sphäre oder in der Verantwortungssphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht mehr aufklärbar sind, das heißt, wenn eine besondere Beweisnähe des Betroffenen vorliegt. Die in arbeitsförderungsrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Senate des Bundessozialgerichts haben dies vor allem bei unterlassenen Angaben zu Vermögenswerten bei der Antragstellung von Alhi angenommen (BSGE 96, 238, 245f., BSG, Urteile vom 24. Mai 2006 – B 11a AL 49/05 R -, vom 13. September 2006 – B 11a AL 13/06 R, vom 21. März 2007 – B 11a AL 13/06 R – und vom 28. August 2007 – B 7/7a AL 10/06 R -). Diese Erwägungen sind auf die vorliegende Fallgestaltung indessen nicht übertragbar. Denn die Frage einer für den Alhi-Anspruch wesentlichen Aufnahme einer Beschäftigung berührt die Verantwortungssphäre des Arbeitslosen wie die der Beklagten gleichermaßen. Die Beklagte wäre aufgrund der eingereichten Nebenverdienstbescheinigungen durchaus in der Lage gewesen, der sich angesichts der gekünstelt wirkenden Angabe der Arbeitszeiten aufdrängenden Frage nach dem tatsächlichen Umfang der Beschäftigung des Klägers zeitnah nachzugehen. Anhaltspunkte dafür, dass sie entsprechende Anstrengungen unternommen hatte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Beklagte verlangt hinsichtlich des Zeitraums vom 1. Mai 2003 bis 13. Mai 2003 auch zu Unrecht die Erstattung der gezahlten Alhi. Die insoweit in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage des § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X setzt voraus, dass die Bewilligung von Ali für den betreffenden Zeitraum rechtmäßig bzw. bestandskräftig aufgehoben worden ist, was hier nicht der Fall ist.

Soweit die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Alhi für die Zeiträume vom 14. Mai 2003 bis 30. September 2003 und vom 1. Januar 2004 bis 14. Dezember 2004 ganz bzw. teilweise aufgehoben hat, verletzen diese Aufhebungsentscheidungen den Kläger indes nicht in seinen Rechten.

Für die Zeiträume vom 14. Mai 2003 bis 30. September 2003 und vom 1. Januar 2004 bis 10. Mai 2004 liegen die vorgenannten Voraussetzungen nach § 48 Abs. 1 SGB X l für eine Aufhebung der Bewilligung vor. Die Bewilligung von Alhi war wegen der nachträglich (dh mit Wirkung vom 14. Mai 2003) nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 14. April 2003 eingetretenen Änderung in den für die Bewilligungsentscheidung als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung wesentlichen Verhältnissen für diesen Zeitraum aufzuheben, weil der Anspruch des Klägers auf Alhi wegen fehlender Arbeitslosigkeit bzw. Wegfall der Arbeitslosmeldung entfallen war.

Nach § 190 Abs. 1 SGB III aF hatten Anspruch auf Alhi nur Arbeitnehmer, die ua arbeitslos waren (Abs. 1 Nr. 1 der Vorschrift) und sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hatten (Abs. 1 Nr. 2 der Vorschrift). Gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III aF war arbeitslos derjenige Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung suchte. Nach § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB III aF schloss die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung die Beschäftigungslosigkeit iS des Abs. 1 Nr. 1 der Vorschrift nicht aus; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer blieben unberücksichtigt. Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens der vollen Überzeugung, dass der Kläger - ohne dies der Agentur für Arbeit mitzuteilen - am 14. Mai 2003 bei der PENTA eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung aufgenommen hat und mithin die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alhi ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vorlagen (§ 190 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGB III aF). Die vom HZA sichergestellten Abrechnungslisten weisen hinsichtlich des Klägers für den 14. Mai 2003 (Mittwoch) "5,75", für 15. Mai 2003 "6,75", für 16. Mai 2003 "5,25", für 19. Mai 2003 "7,75" und für den 20. Mai 2003 "7,25" Arbeitsstunden, dh insgesamt 17 ¾ Arbeitsstunden für die 20. Kalenderwoche bzw. 32 ¾ Arbeitsstunden für die Beschäftigungswoche aus (vgl. Bl. 3 des Sonderbandes II der Strafakten 63 Js 2784/09). Die als Bereichsleiterin bei der PENTA beschäftigte Denise Piwitt hat in der Hauptverhandlung vom 10. Dezember 2010 vor dem Amtsgericht Tiergarten bestätigt, dass es sich bei der Unterschrift auf der den Monat Mai 2003 betreffenden Stundenliste um ihre Unterschrift handelt. Sie hat ferner ausgesagt: Von den Mitarbeitern seien wöchentlich Stundenzettel abgegeben worden. Sie habe den Leuten vertraut, dass die aufgeschriebenen Stunden auch gearbeitet worden seien. Mit ihrer Unterschrift habe sie bestätigt, dass sie die Arbeitsstunden berechnet habe. Diese Berechnungen seien dann von ihr in das (Lohn-)Büro gegeben worden. Für den Senat steht aufgrund Aussage der Zeugin P, an deren Wahrheitsgehalt kein Zweifel besteht, fest, dass sie als die zuständige Bereichsleiterin des Klägers die angeführte Liste für Mai 2003 aufgrund dessen Angaben erstellt und zwecks Abrechnung der Buchhaltung der P überlassen hat. Anhaltspunkte dafür, dass die dieser Abrechnung zugrundeliegenden Angaben des Klägers über seine Arbeitsstunden nicht korrekt sein könnten, sind nicht ersichtlich. Die Überzeugung des Senats, dass der Kläger an den angeführten Tagen im Mai 2003 im listenmäßig angegebenen Umfang tatsächlich beschäftigt war, wird weder durch sein als unsubstantiierte Schutzbehauptung zu wertendes Bestreiten noch durch bereits im Strafverfahren 63 Js 2784/09 erfolgte Hinweise des Objektleiters der P Andreas Schmalz und dessen als Bereichsleiter tätigen Mitarbeiters J S auf Fälle, in denen Leute auf andere Namen gearbeitet hatten, erschüttert. Der Zeuge S hat zwar in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt, dass in seinem Verantwortungsbereich als Objektleiter in Ausnahmefällen auch Stunden für Arbeitnehmer berechnet und auf den Listen verzeichnet wurden, die von anderen Arbeitnehmern, welche nicht in "angemeldet" werden wollten oder konnten, geleistet worden waren. Von diesen Ausnahmen waren nach der glaubhaften Schilderung dieses Zeugen indes regelmäßig nur Arbeitnehmer betroffen, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt worden waren. Die Namen von Arbeitnehmern, die - wie der Kläger - nur im Rahmen eines Minijobs bei der P angemeldet waren, wurden für diese inkorrekte Führung der Schwarzgeldlisten in aller Regel nicht verwendet. Einzige Ausnahme war nach Angaben des Zeugen S insoweit der Fall eines als Minijobber tätigen Vorarbeiters, welcher jedoch von dieser Vorgehensweise Kenntnis hatte. Auch diese zuletzt angeführte Konstellation trifft auf den Kläger ersichtlich nicht zu, denn er hat zu keinem Zeitpunkt angegeben, dass die von ihm behauptete manipulative Verwendung seines Namens mit seinem Wissen oder gar Einverständnis geschehen sein soll. Nach alledem geht der Senat zwar davon aus, dass in Einzelfällen auf Anweisung von Objektleitern die Namen von Beschäftigten der P auf den Schwarzgeldlisten verwendet wurden, ohne dass hierfür eine reale Grundlage bestand. Im Falle des Klägers bestehen indes auch unter Berücksichtigung der vom Zeugen S anschaulich geschilderten Abrechnungspraxis keinerlei Hinweise darauf, dass gerade der Kläger von einer inkorrekten Führung der Listen betroffen sein könnte und die ihn betreffenden Aufzeichnungen für Mai 2003 zu seinen Lasten manipuliert worden sein sollten.

Wegen der Überschreitung der zulässigen wöchentlichen Arbeitszeit in der Beschäftigungs- woche ab 14. Mai 2003 bzw. der 20. Kalenderwoche entfiel die Arbeitslosigkeit des Klägers iS des § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III und wegen dieser Änderung in den Verhältnissen iS des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X war die Aufhebung der Bewilligung von Alhi von diesem Zeitpunkt an geboten. Bei dieser Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze des § 118 Abs. 2 Satz 1 SGB III handelt es sich auch nicht nur um eine gelegentliche Abweichung von geringer Dauer iS des § 118 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB III, die die Kurzzeitigkeit nicht ausschlösse.

Da nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 SGB III die Wirkung der persönlichen Arbeitslosmeldung mit der Aufnahme der Beschäftigung erlischt, entfiel der Anspruch des Klägers bis zum Ende des Bewilligungszeitraums (10. Mai 2004) in vollem Umfang, denn es kann nicht festgestellt werden, dass sich der Kläger nach Beendigung bzw. Unterbrechung seiner nicht nur kurzzeitigen Beschäftigung erneut bei der Beklagten persönlich arbeitslos gemeldet hatte. Soweit die Beklagte sich darauf beschränkt hat, die Bewilligung von Alhi für die Monate August und September 2003 nur teilweise aufzuheben, verletzt diese rechtswidrig begünstigende Entscheidung den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X wegen der Änderung der Verhältnisse ab 14. Mai 2003 war nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2 und 4 SGB X auch für die Vergangenheit zulässig, weil der Kläger seiner Mitteilungspflicht iS des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X nach Maßgabe des hier anzuwendenden subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstabes zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen war, oder aber es zumindest nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hatte, dass sein Anspruch auf Alhi kraft Gesetzes weggefallen war (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X). Für die mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 14. August 2008 verfügte Rücknahme der Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 11. Mai 2004 bis 14. Dezember 2004 bildet § 45 SGB X die erforderliche Rechtsgrundlage für die Aufhebung der bewilligenden Alhi-Entscheidung. Der Bescheid vom 16. April 2004, mit dem die Beklagte Alhi ab 11. August 2004 bewilligt hatte, stellt sich als von Anfang an als rechtswidrig iSv § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X dar. Denn zur Zeit des Erlasses dieses Bescheides war der Kläger jedenfalls nicht mehr arbeitslos gemeldet (§ 190 Abs. 1 Nr. 2 SGB III), was eine persönliche Meldung bei der Beklagten voraussetzt. Insoweit gilt nichts anderes als hinsichtlich der rechtmäßigen Aufhebung der Bewilligung von Alhi in den Zeiträumen ab 14. Mai 2003 auf der Grundlage des § 48 SGB X. Auch insoweit ist der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit begründet, weil der Kläger die Rechtswidrigkeit des Alhi-Bewilligungsbescheides zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Nach § 45 Abs. 4 SGB X war die Beklagte daher berechtigt und verpflichtet, die Alhi-Bewilligung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Auch die Einjahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt.

Da die Beklagte ihre Bewilligungsentscheidungen über die Gewährung von Alhi nach §§ 45, 48 SGB X für die hier streitigen Zeiträume ab 14. Mai 2003 im aufgezeigten Umfang aufheben bzw. zurücknehmen durfte, hat der Kläger nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Beklagten die insoweit gezahlte Alhi zu erstatten. Die Erstattungsforderung beläuft sich auf insgesamt 8.813,67 EUR (14. Mai 2003 bis 31. Juli 2003 (täglicher Leistungssatz iHv 20,07 EUR) = 1.585,48 EUR; 1. August 2003 bis 30. September 2003 = 154,35 EUR; 1. Januar 2004 bis 10. Mai 2004 (täglicher Leistungssatz iHv 20,50 EUR) = 2.685,50 EUR; 11. Mai 2004 bis 14. Dezember 2004 (täglicher Leistungssatz iHv 20,13 EUR) = 4.388,34 EUR).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kostend des Klägers kam nicht in Betracht, weil der Kläger nur in geringfügigem Umfang obsiegt hat.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür nach § 160 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved