Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 29 AL 339/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 98/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Der „Bezug“ einer laufenden Entgeltersatzleistung im Sinne von § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III setzt die tatsächliche Zahlung dieser Leistung voraus. Ein bloßer Anspruch ist nicht ausreichend.
2. Ein Zeitraum von nicht mehr als einem Monat ist noch als unmittelbar im Sinne des § 26 Abs. 2a Nr. 1 SGB III anzusehen.
3. § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III bedarf im Hinblick auf das Schutzgebot in Artikel 6 Abs. 4 GG einer verfassungskonformen Auslegung dahingehend, dass in Fällen, in denen eine schwangere Frau, die im Rahmen der Familienversicherung gemäß § 10 Abs. 1 SGB V krankenversichert und damit gemäß § 200 Abs. 1 RVO kraft Gesetzes vom Bezug von Mutterschaftsgeld ausgeschlossen ist, die Zeiten eines Beschäftigungsverbotes (ohne Beschäftigung) bei der Ermittlung des nach § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III maßgebenden Unterbrechungszeitraumes herauszurechnen sind.
2. Ein Zeitraum von nicht mehr als einem Monat ist noch als unmittelbar im Sinne des § 26 Abs. 2a Nr. 1 SGB III anzusehen.
3. § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III bedarf im Hinblick auf das Schutzgebot in Artikel 6 Abs. 4 GG einer verfassungskonformen Auslegung dahingehend, dass in Fällen, in denen eine schwangere Frau, die im Rahmen der Familienversicherung gemäß § 10 Abs. 1 SGB V krankenversichert und damit gemäß § 200 Abs. 1 RVO kraft Gesetzes vom Bezug von Mutterschaftsgeld ausgeschlossen ist, die Zeiten eines Beschäftigungsverbotes (ohne Beschäftigung) bei der Ermittlung des nach § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III maßgebenden Unterbrechungszeitraumes herauszurechnen sind.
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 22. April 2009 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass Nummer 1 des Tenors des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Dresden klarstellend wie folgt gefasst wird: Der Bescheid vom 1. Dezember 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2007 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 24. Februar 2007 bis zum 24. Juni 2007 in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Berufung zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 24. Februar 2007. Streitig ist insbesondere, ob die Klägerin die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
Die 1976 geborene Klägerin absolvierte von 1993 bis 1996 eine Berufsausbildung zur Restaurantfachfrau und erhielt während dieser Zeit Berufsausbildungsbeihilfe. Danach war sie kurze Zeit als Kellnerin tätig und bezog dann vom 10. Dezember 1996 bis 28. Februar 1998 Arbeitslosengeld, unterbrochenen durch eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Restaurantfachfrau vom 25. April 1997 bis 31. Juli 1997. Vom 1. August 1998 bis 31. März 2002 arbeitete die Klägerin, unterbrochen durch Erziehungsurlaub, als Kellnerin. Am 1999 war ihr erstes Kind geboren worden. Vom 27. Dezember 1999 bis 14. Oktober 2001 befand sich die Klägerin im Erziehungsurlaub. Vom 1. April 2002 bis 22. Juli 2002 arbeitete sie als Kellnerin. Vom 18. September 2002 bis 15. Juni 2003 bezog sie Arbeitslosengeld. Vom 16. Juni 2003 bis 31. Mai 2004 arbeitete die Klägerin wieder als Kellnerin. Danach bezog sie zunächst bis zum 2. Juli 2004 Arbeitslosengeld und nach Ansprucherschöpfung bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Die Klägerin erhielt ab 1. Januar 2005 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit keine Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II).
Am 22. Dezember 2004 heiratete die Klägerin. Am 2005 kam ihr zweites Kind zur Welt; das Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz hatte am 18. Januar 2005 begonnen. Der voraussichtliche Entbindungstermin war der 1. März 2005. Die Klägerin war familienversichert. Sie bezog während der Zeit des Mutterschutzes kein Mutterschaftsgeld. Sie hatte solches auch nicht beantragt, da ihr bekannt war, dass sie aufgrund der bestehenden Familienversicherung hierauf keinen Anspruch hatte. Die Klägerin erhielt vom 24. Februar 2005 bis zum 23. Februar 2007 Erziehungsgeld in Höhe von 300,00 EUR monatlich und widmete sich in diesem Zeitraum ausschließlich der Kindererziehung.
Die Klägerin stellte sich ab dem 24. Februar 2007 dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung und beantragte mit Wirkung zum 24. Februar 2007 die Bewilligung von Arbeitslosengeld.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 1. Dezember 2006 ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 4. April 2007 mit der Begründung zurückgewiesen, die Klägerin habe in der Rahmenfrist die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Hiergegen hat die Klägerin am 8. April 2007 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, dass sie die Anwartschaftszeit erfüllt habe. Die Erziehungszeit sei versicherungspflichtig gewesen. Denn die Versicherungspflichtigkeit der Erziehungszeit setze voraus, dass sie, die Klägerin, unmittelbar vor der Kindererziehungszeit versicherungspflichtig gewesen sei oder eine laufende Entgeltersatzleistung bezogen habe. Letzteres sei der Fall. Zwar sei richtig, dass die Zeit des Mutterschutzes selbst nicht versicherungspflichtig gewesen sei, weil sie kein Mutterschaftsgeld bezogen habe. Jedoch sei der Bezug der Arbeitslosenhilfe bis zum 31. Dezember 2004 als laufende Entgeltersatzleistung noch unmittelbar vor Beginn der Kindererziehung ab dem 24. Februar 2007 zu qualifizieren, weil die Zeit des Mutterschutzes für den Fall, dass der Feststellung der unmittelbar von einer starren Monatsfrist ausgegangen werden müsse, bei der Berechnung dieser Frist unberücksichtigt zu bleiben habe.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass es für sie keine Einwände gegen die Bewilligung des Arbeitslosengeldes gegeben hätte, wenn die Klägerin Mutterschaftsgeld bezogen hätte, weil Zeiten des Bezuges Mutterschaftsgeld zum damaligen Zeitpunkt versicherungspflichtig gewesen seien. Die Versicherungspflichtigkeit der Zeiten des Bezugs von Mutterschaftsgeld seien durch das Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz) vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3443) ab dem 1. Januar 2003 eingeführt worden. Da vorliegend aber kein Bezug des Mutterschaftsgeldes vorgelegen habe, sei zu prüfen gewesen, ob zwischen dem Bezug der letzten Entgeltersatzleistung und dem Beginn der Erziehungszeit weniger als vier Wochen gelegen hätten, da nur dann noch Unmittelbarkeit im Sinne des § 26 Abs. 2a Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) angenommen werden könne. Dies sei aber nicht der Fall. Es sei auch nicht so gewesen, dass die Arbeitslosenhilfe stets mit dem Beginn der Mutterschutzfrist gestrichen worden sei. Es habe durchaus auch Fälle gegeben, in denen die Schwangeren erklärt hätten, sich trotz Mutterschutz zur Verfügung zu stellen. Diese seien dann von der Bundesagentur für Arbeit eingeladen worden, und im Zweifelsfall sei Arbeitslosenhilfe bis zur Geburt gezahlt worden, weil es sich bei der Zeit vor der Geburt nicht um ein absolutes Beschäftigungsverbot gehandelt habe.
Die Klägerin hat in der erster Instanz hilfsweise beantragt, das Verfahren auszusetzen und im Wege der Richtervorlage dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Vereinbarkeit der Regelung des § 26 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 1 SGB III mit Artikel 6 Abs. 4 und Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) vorzulegen.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 22. April 2009 der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 24. Februar 2007 in Höhe und nach Maßgabe des Gesetzes zu zahlen. Der Begriff "unmittelbar" in § 26 Abs. 2a SGB III müsse verfassungskonform ausgelegt werden. Zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "unmittelbar" seien die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 28. März 2006 (Az.: 1 BvL 10/01) weiterführend. Zwar erfasse dieser Beschluss lediglich den problematischen Zeitraum von 1998 bis 2002. Das Bundesverfassungsgericht habe aber ausgeführt, dass die sich aus dem Beschäftigungsverbot, das sich aus § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz – MuSchG) ergebene, unmittelbar resultierenden sozialrechtlichen Nachteile so weit wie möglich auszugleichen seien, weil sonst der Schutz für Mutter und Kind unvollständig bliebe. Es habe damit unmissverständlich auf das Beschäftigungsverbot und nicht auf den Bezug von Mutterschutzgeld abgestellt. Da der voraussichtliche Entbindungstermin bei der Klägerin der 1. März 2005 gewesen sei, habe die Mutterschaftsfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG am 18. Januar 2005 begonnen. Dieser Zeitraum habe unberücksichtigt zu bleiben. Damit verbleibe zwischen dem Ende des Bezugs der laufenden Entgeltersatzleistungen am 31. Dezember 2004 und den Beginn des Beschäftigungsverbotes am 18. Januar 2005 ein Zeitraum, der eine unmittelbare Anknüpfung an die Erziehungszeit zulasse, so dass in der Erziehungszeit ein Versicherungspflichtverhältnis gemäß § 26 Abs. 2a Nr. 1 SGB III bestanden habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten vom 18. Mai 2009. Nach Ansicht der Beklagten dürften keine über vier Wochen beziehungsweise einen Monat hinausgehende Zeiträume zwischen der Leistungsbezugszeit und der Erziehungszeit bestehen, da der Monatszeitraum in zahlreichen Vorschriften des Sozialversicherungsrechts die Grenze für das Bestehen der Beitragspflicht beziehungsweise eine Versicherungspflicht des Verhältnisses darstelle. Eine mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vergleichbare Situation sei nicht gegeben. Denn für die Klägerin gelte ab dem 1. Januar 2005 grundsätzlich das Recht des SGB II, da die Arbeitslosenhilfe mit Wirkung zum 31. Dezember 2004 abgeschafft worden sei. Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V bestehe für Bezieher von Arbeitslosengeld II kein Anspruch auf Krankengeld und in der Folge auch kein Anspruch auf Mutterschaftsgeld gemäß § 200 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Eine abweichende Behandlung vom Mutterschaftsgeld im Vergleich zum Krankengeld erfolge damit im Recht des SGB II nicht. Nur hierum sei es in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes gegangen. Das Bundesverfassungsgericht habe insbesondere darauf verwiesen, dass das Beschäftigungsverbot in der Zeit des Mutterschutzes den Aufbau weiterer Versicherungsanwartschaften verhindere und nach der Rechtslage von 1998 bis 2002 eine abweichende Behandlung von Mutterschaftsgeld im Vergleich zum Krankengeld erfolge. Eine erweiternde Auslegung des Begriffs "unmittelbar" verschaffe Müttern, die aus persönlichen Gründen davon absehen, Arbeitslosengeld II zu beantragen, Vorteile gegenüber Müttern, die wegen Hilfebedürftigkeit Arbeitslosengeld II beziehen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 22. April 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise
das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht das Verfahren zur Entscheidung über die Frage vorzulegen, ob § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III in der Fassung des Artikel 1 Nr. 1 Buchst. b des Gesetzes vom 19. November 2004 (BGBl. I S. 2902) mit Artikel 6 Abs. 4 und Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht vereinbar ist, soweit Versicherungspflicht für Personen in der Zeit, in der sie ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, nicht besteht, obgleich sie zwar a) vor Geburt versicherungspflichtig waren, aber das deshalb nicht "unmittelbar davor", weil sie auf Grund Schwangerschaft einem Beschäftigungsverbot unterlagen, oder b) eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB II, nicht aber nach dem SGB III bezogen,
hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Der Vortrag der Beklagten werde weder dem Urteil des Sozialgericht noch der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes gerecht. Letzteres habe nicht allein darauf abgestellt, dass eine abweichende Behandlung von Mutterschaftsgeld im Vergleich zu Krankengeld erfolge. Beanstandet worden sei vielmehr, dass die Zeiten der Beschäftigungsverbote bei der Anwartschaftszeit in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung während des dort maßgebenden Zeitraums nicht berücksichtigt wurden. Deswegen sei es bei dem hier zu entscheidenden Fall ohne Bedeutung, dass nach dem SGB II kein Anspruch auf Krankengeld bestehe. Maßgebend bleibe die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, weil nach deren tragenden Gründen es nicht mit Artikel 6 Abs. 4 GG zu vereinbaren sei, dass die Zeiten der Beschäftigungsverbote, die eine Schutzvorschrift zu Gunsten der werdenden Mütter darstelle, bei der Berechnung der Anwartschaftszeit in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung nicht berücksichtigt wurden. Darüber hinaus würde der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wenn Zeiten des Bezugs von Erziehungsgeld, der mit dem Tag der Geburt des Kindes beginne, der Mutter nicht als Anwartschaft begründend angerechnet würden. Denn ein Vater sei nicht durch ein Beschäftigungsverbot an einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bis unmittelbar zum Tag der Geburt gehindert. Er könne also stets mit Erziehungszeiten die Anwartschaftszeit erfüllen, ohne durch Zeiten von Mutterschutz das Erfordernis der Unmittelbarkeit zu beinträchtigen. Ein rechtfertigender Grund für eine derartige Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich. Daher habe das Sozialgericht zu Recht durch eine verfassungskonforme Interpretation des gesetzlichen Ausdrucks "unmittelbar" ein verfassungswidriges Ergebnis vermieden. Der von der Beklagten behauptete Vorteil der Klägerin gegenüber Müttern, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, bestehe nicht. Allenfalls handele es sich um eine verfassungswidrige Benachteiligung der genannten Personengruppe, die zu beseitigen Aufgabe des Gesetzgebers wäre.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, sowie die beigezogene Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht den Bescheid vom 1. Dezember 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2007 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 24. Februar 2007 bis zum 24. Juni 2007 in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Da nur dieser Zeitraum streitgegenständlich ist, war der Tenor des Gerichtsbescheides vom 22. April 2009 klarstellend neu zu fassen.
II. Die Klägerin hat für den im Tenor bezeichneten Zeitraum einen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit (vgl. § 117 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) haben gemäß § 118 Abs. 1 SGB III in der hier maßgebenden, ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 62, Artikel 124 Abs. 3 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) Arbeitnehmer, die arbeitslos sind (Nummer 1), sich arbeitslos gemeldet haben (Nummer 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt haben (Nummer 3). Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin, die Voraussetzung der Anwartschaftszeit allerdings nur auf Grund einer verfassungskonformen Auslegung von § 26 Abs. 2a Satz 1 SGB III.
1. Die Klägerin war, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, ab dem 24. Februar 2007 arbeitslos im Sinne der § 118 Abs 1 Nr. 1, §§ 119 bis 121 SGB III.
2. Sie hat sich am 23. November 2006 mit Wirkung zum 24. Februar 2007 bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat, sodass auch die Anspruchsvoraussetzung nach § 118 Abs 1 Nr. 2 und Abs 2, § 122 Abs 1 SGB III erfüllt ist.
3. Schließlich ist auch die dritte Voraussetzung, nämlich die Erfüllung der Anwartschaftszeit (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 3 SGB III), gegeben.
a) Die Einzelheiten zu den Anwartschaftszeiten sind den §§ 123, 124 SGB III zu entnehmen. § 123 SGB III ist maßgebend in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung von Artikel 3 Nr. 13 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954), § 124 SGB III in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 65, Artikel 124 Abs. 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848).
Die Voraussetzungen der Übergangsregelung in § 434j Abs 3 Satz 1 SGB III, die durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl I 2848) eingefügt worden ist, sind nicht erfüllt. Danach sind unter anderem die §§ 123 und 124 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum 31. Januar 2006 entstanden ist. Der streitige Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld ist aber erst im Jahr 2007 entstanden. Denn die Klägerin hat durch den Leistungsbezug vom 1. Juni 2004 bis zum 2. Juli 2004 den alten Arbeitslosengeldanspruch erschöpft. Erst durch die Kindererziehungszeiten hat sie die Anwartschaftszeiten neu angefüllt (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 3, § 123 SGB III i. V. m. § 26 Abs. 2a SGB III).
b) Gemäß § 123 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die in § 123 Satz 1 SGB III in Bezug genommene Rahmenfrist wiederum beträgt grundsätzlich zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen des Arbeitslosengeldanspruchs (vgl. § 124 Abs. 1 SGB III). Im Falle der Klägerin reicht die Rahmenfrist somit – rückwärts betrachtet – vom 23. Februar 2007 bis zum 24. Februar 2005.
In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen gemäß § 24 Abs. 1 SGB III Personen, die als Beschäftigte (vgl. § 25 SGB III) oder aus sonstigen Gründen (vgl. § 26 SGB III) versicherungspflichtig sind.
Versicherungspflichtig sind nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden, stehen nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich. Für Wehrdienstleistende und Zivildienstleistende gibt es in § 25 Abs. 2 SGB III weitere Sonderregelungen. Die Klägerin gehörte im maßgebenden Zeitraum vom 24. Februar 2005 bis zum 23. Februar 2007 zu keiner der in § 25 SGB III genannten Personengruppen. Ebenfalls erfüllte die Klägerin nicht die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zu einer der in § 26 Abs. 1 SGB III aufgeführten Gruppen von sonstigen Versicherungspflichtigen.
Besondere Regelungen für Mütter sind in § 26 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 2a Satz 1 SGB III enthalten. Nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III sind versicherungspflichtig unter anderem Personen in der Zeit, für die sie von einem Leistungsträger Mutterschaftsgeld beziehen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren, eine laufende Entgeltersatzleistung nach diesem Buch, dem SGB III, bezogen oder eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt haben, die ein Versicherungspflichtverhältnis oder den Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung nach diesem Buch unterbrochen hat. Versicherungspflichtig sind nach § 26 Abs. 2a Satz 1 SGB III ferner Personen in der Zeit, in der sie ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, wenn sie 1. unmittelbar vor der Kindererziehung versicherungspflichtig waren, eine laufende Entgeltersatzleistung nach diesem Buch bezogen oder eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt haben, die ein Versicherungspflichtverhältnis oder den Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung nach diesem Buch unterbrochen hat, und 2. sich mit dem Kind im Inland gewöhnlich aufhalten oder bei Aufenthalt im Ausland Anspruch auf Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder Bundeskindergeldgesetz haben oder ohne die Anwendung des § 64 oder § 65 des Einkommensteuergesetzes oder des § 3 oder § 4 des Bundeskindergeldgesetzes haben würden.
Sowohl in § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III als auch in § 26 Abs. 2a Satz 1 SGB III sind zwei Tatbestandsmerkmale enthalten, die im vorliegenden Zusammenhang maßgebend sind: zum einen der Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung, zum anderen die "Unmittelbarkeit" des vorangegangenen Leistungsbezuges.
Die Entgeltersatzleistungen sind in § 116 SGB III aufgeführt. Bis zum 31. Dezember 2004 gehörte hierzu auch die Arbeitslosenhilfe für Arbeitslose (vgl. § 116 Nr. 6 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung). Der "Bezug" einer laufenden Entgeltersatzleistung setzt die tatsächliche Zahlung dieser Leistung voraus (vgl. Brand, in: Niesel, SGB III [5. Aufl., 2010], § 26 Rdnr. 20; Vgl. zum Begriff des Bezuges in § 158 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III: SächsLSG, Urteil vom 18. Juni 2009 – L 3 AL 210/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 39 ff.). Ein bloßer Anspruch ist nicht ausreichend. Auf Grund des klaren und eindeutigen Gesetzeswortlautes ist eine erweiternde Auslegung auf Fälle, in denen – aus welchen Gründen auch immer – kein Mutterschaftsgeld bezogen wurde, nicht möglich.
Der unbestimmte Rechtsbegriff "unmittelbar" wird vielfach in der Normsetzung verwandt. Soweit dieser Begriff in einem zeitlichen Kontext steht, wird in der Rechtssprache darunter verstanden, dass eine Unterbrechung keinen wesentlichen Zeitraum umfasst. Als wesentlich wird in der Regel ein Zeitraum angesehen, der über vier Wochen oder einen Monat hinausgeht. So bestand nach § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB III in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung das Versicherungspflichtverhältnis fort für Zeiten eines Beschäftigungsverhältnisses, für die kein Arbeitsentgelt gezahlt wir, "längstens für einen Monat". Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB III gilt eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, "jedoch nicht länger als einen Monat". Auf diesen zeitlichen Umfang des Begriffes "unmittelbar" stellte der Gesetzgeber beispielsweise auch in der Gesetzesbegründung zu § 28a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III, der ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag betrifft, ab (vgl. BT-Drs. 15/1515 S. 78). In der Rechtsprechung wurde von einer Beschäftigung "unmittelbar vor Dienstantritt" im Sinne von § 26 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SGB III in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung in der Regel nur dann ausgegangen, wenn zwischen der letzten Beschäftigung und dem Dienstantritt kein Zeitraum von mehr als vier Wochen beziehungsweise höchstens einem Monat lag (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7a AL 74/05 R = SozR 4-4300 § 26 Nr. 4 = JURIS-Dokument Rdnr. 18. So bereits zu § 168 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AFG: SächsLSG, Urteil vom 23. Januar 2003 – L 3 AL 169/02 – JURIS-Dokument Rdnr. 34; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Februar 1986 – L 9 Ar 124/85 – Die Beiträge 1986, 188 = JURIS-Dokument). Auf Grund dieses Sprachverständnisses ist ein Zeitraum von nicht mehr als einem Monat noch als unmittelbar im Sinne des § 26 Abs. 2a Nr. 1 SGB III anzusehen (vgl. Brand, a. a. O., § 26 Rdnr. 21).
Übertragen auf den Fall der Klägerin bedeutet dies, dass sie letztmals am 31. Dezember 2004 eine laufende Entgeltersatzleistung, nämlich Arbeitslosenhilfe, bezog. Ihr zweites Kind wurde am 24. Februar 2005 geboren. Dieser zeitliche Abstand zum letzten Bezug einer Entgeltersatzleistung wird weder durch § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III noch durch § 26 Abs. 2a Satz 1 SGB III verkürzt. Mutterschaftsgeld, das nach § 200 Abs. 3 Satz 1 RVO unter anderem auch für die letzten sechs Wochen vor der Entbindung gezahlt wird, hat die Klägerin nicht bezogen. Die Kindererziehung, auf die in § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III Bezug genommen wird, kann frühestens mit der Geburt des Kindes beginnen.
Nach dem Wortlaut der maßgebenden Bestimmungen hat die Klägerin damit nicht die Anwartschaftszeiten erfüllt.
Ob eine Unterbrechung eines vorangegangenen Leistungsbezuges nach dem SGB III auch dann noch angenommen werden kann, wenn die Mutter zwischen dem Bezug von Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III und dem Beschäftigungsverbot Leistungen nach dem SGB II bezogen hat, kann dahingestellt bleiben, da die Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II nicht erhalten hat.
c) § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III bedarf im Hinblick auf das Schutzgebot in Artikel 6 Abs. 4 GG jedoch einer verfassungskonformen Auslegung dahingehend, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine schwangere Frau, die im Rahmen der Familienversicherung gemäß § 10 Abs. 1 SGB V krankenversichert und damit gemäß § 200 Abs. 1 RVO kraft Gesetzes vom Bezug von Mutterschaftsgeld ausgeschlossen ist, die Zeiten eines Beschäftigungsverbotes (ohne Beschäftigung) bei der Ermittlung des nach § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III maßgebenden Unterbrechungszeitraumes herauszurechnen sind.
Das Sozialgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. März 2006 (Az.: 1 BvL 10/01, BVerfGE 115, 259 ff. = NJW 2006, 1721 ff. = JURIS-Dokument) Bezug genommen. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass der Schutzauftrag des Artikel 6 Abs. 4 GG zwar nicht bedeutet, dass der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (vgl. BVerfG, a. a. O., BVerfGE 115, 259 [271] = NJW 2006, 1721 = JURIS-Dokument Rdnr. 54, m. w. N.). Der Gesetzgeber ist – nicht anders als im Falle des Artikel 6 Abs. 1 GG – nicht verpflichtet, dem Förderungsgebot ohne Rücksicht auf sonstige Belange nachzukommen (vgl. BVerfG, a. a. O., m. w. N.). Untersagt er aber, wie in § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG, der Frau für eine bestimmte Zeit vor und nach der Geburt eines Kindes die Fortsetzung oder Wiederaufnahme ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung, so ist er gehalten, die sich aus diesem Verbot unmittelbar ergebenden sozialrechtlichen Nachteile soweit wie möglich auszugleichen. Dazu gehört auch der sozialversicherungsrechtliche Schutz im Falle der Arbeitslosigkeit (vgl. BVerfG, a. a. O.).
Einen solchen Schutz genoss die Klägerin nicht. Ihr war zum einen wegen des grundsätzlichen Beschäftigungsverbotes die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung untersagt. Zum anderen war allein auf Grund dessen, dass die Klägerin im Rahmen der Familienversicherung krankenversichert war, ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld ausgeschlossen. Denn Mutterschaftsgeld erhalten nach den weiteren Maßgaben in § 200 Abs. 1 RVO nur "weibliche Mitglieder" der Krankenversicherung. Mitglieder sind die Versicherungspflichtigen und die freiwillig Versicherten (vgl. §§ 186 ff. SGB V i. V. m. §§ 5 ff. und § 9 SGB V). Versicherte, die – wie die Klägerin – hingegen über § 10 Abs. 1 SGB V als Ehegatte im Rahmen der Familienversicherung den Krankenversicherungsschutz genießen, sind keine Mitglieder der Krankenversicherung (vgl. hierzu: Peters, in: Kasseler Kommentar – Sozialversicherungsrecht – [Stand: 64. Erg.-Lfg., Januar 2010], § 186 SGB V Rdnr. 5).
Diese Personengruppe hatte der Gesetzgeber nicht vor Augen, als er mit Wirkung vom 1. Januar 2003 die Vorschrift des § 26 SGB III ergänzte und in Absatz 2 Nr. 1 den Bezug von Mutterschaftsgeld als weiteres Tatbestandsmerkmal sowie den neuen Absatz 2a einfügte (vgl. Artikel 1 Nr. 10 Buchst. a und b des Job-AQTIV-Gesetzes).
Der Gesetzgeber wollte dadurch, dass er den Bezug von Mutterschaftsgeld den anderen in § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III genannten Entgeltersatzleistungen gleichstellte und damit zur versicherungspflichtigen Zeit machte, zum einen dem Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 20. Juni 2001 (Az. B 11 AL 20/01 R, NZS 2002, 100 ff. = SozSich 2002, 310 ff. = JURIS-Dokument) Rechnung tragen. Zum anderen sah er nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Dr. 14/6944 S. 26 [A. Allgemeiner Teil Nr. 7]) aber auch Handlungsbedarf, weil das bisherige Recht die Unterstützung der Berufsrückkehr von Frauen aus Zeiten der Kindererziehung uneinheitlich geregelt habe. Die derzeitige Regelung werde nicht der Lebenswirklichkeit von Familien gerecht. So hänge der Anspruch auf Lohnersatzleistungen derzeit von einer Vielzahl starrer Fristen ab, welche insbesondere die Belange von Müttern weitgehend außer Acht lassen. Im Ergebnis würden in der jetzigen Praxis Zufälligkeiten in der zeitlichen Abfolge von Anwartschaften, Mutterschutz und Erziehungszeit über den Leistungsanspruch und damit die Förderung der beruflichen Eingliederung entscheiden. Auch angesichts enger finanzieller Spielräume sei der Gesetzgeber daher aufgerufen, die Förderung der Berufsrückkehr von Frauen schrittweise so zu gestalten, dass diese zukünftig der Lebenswirklichkeit von Frauen und Familien stärker gerecht wird. Daher werde die Einbeziehung von Erziehungszeiten in die Arbeitslosenversicherung angestrebt.
Zu der Ergänzung von § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III und der Schaffung von § 26 Abs. 2a SGB III wird in der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Dr. 14/6944 S. 30 [Zu Nummer 10 (§ 26), Zu Buchstaben a und b]) ausgeführt, dass mit der Einbeziehung von Zeiten des Bezuges von Mutterschaftsgeld, des Bezuges einer vollen Erwerbsminderungsrente und Zeiten der Erziehung eines Kindes unter drei Jahren in die Versicherungspflicht der Arbeitslosenversicherungsschutz für die betroffenen Personengruppen verbessert werde. Damit dienten diese Zeiten unmittelbar zur Begründung eines Anspruches auf Arbeitslosengeld und sonstige beitragsabhängige Leistungen der Arbeitsförderung. Versicherungspflicht werde begründet, wenn die Betroffenen unmittelbar vor Beginn des Versicherungstatbestandes zum Kreis der Arbeitnehmer gehörten. Davon gehe die gesetzliche Regelung bei Personen aus, die zuvor in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden oder eine Entgeltersatzleistung nach dem Recht der Arbeitsförderung bezogen hätten.
Der Gesetzgeber ging danach davon aus, dass er mit der Ergänzung von § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III und der Einführung des § 26 Abs. 2a SGB III eben jene wirtschaftlichen Belastungen der Mutter im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben hinreichend und umfassend ausgeglichen und den vom Bundesverfassungsgericht später beanstandeten verfassungswidrigen Zustand durch das Job-AQTIV-Gesetz vom 10. Dezember 2001 beseitigt habe. Dass vor diesem Hintergrund für Frauen, die während des Beschäftigungsverbotes weder Mutterschaftsgeld noch Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III beziehen, versicherungsrechtliche Nachteile verbunden sein sollten, ist nicht erkennbar und würde den dargestellten gesetzgeberischen Zielen widersprechen.
Soweit die Beklagte einwendet, die Klägerin würde gegenüber Müttern, die nach dem 31. Dezember 2004 SGB II-Leistungen erhielten, besser gestellt, ist dem nicht weiter nachzugehen. Denn bei der Klägerin sind aus den genannten verfassungsrechtlichen Gründen die Zeiten des Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz zu berücksichtigen. Sofern bei SGB II-Leistungsbezieherinnen oder –Leistungsberechtigten die von der Beklagten vorgetragene Benachteiligung bestehen sollte, wäre zu prüfen, ob dem ebenfalls im Rahmen einer verfassungskonformen Rechtsauslegung begegnet werden. Wenn dies nicht möglich sein sollte, wäre eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht in betracht zu ziehen.
d) Nach alledem sind bei der Klägerin die Zeiten des Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz bei § 26 Abs. 2a Satz 1 SGB III zu berücksichtigen mit der Folge, dass die Zeitraum ab dem letzten Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung am 31. Dezember 2004 nicht bis 24. Februar 2005, dem tag der Geburt des Kindes reicht, sondern um sechs Wochen verkürzt wird. Die Unterbrechung endet damit am 18. Januar 2005, dem Beginn des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes. Damit ist aber die Tatbestandsvoraussetzung der Unmittelbarkeit aber erfüllt.
e) Die Klägerin erfüllt damit alle Voraussetzungen aus § 26 Abs. 2a Satz 1 SGB III. Sie befand sich ab der Geburt ihres zweiten Kindes am 24. Februar 2005 durchgängig bis zum 23. Februar 2007 in der Erziehungszeit. Dieses Kind hatte zum Zeitpunkt der Antragstellung am 24. Februar 2007 das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet. Die Klägerin war unmittelbar vor der Kindererziehung, die unter der beschriebenen Berücksichtigung der Zeit des Beschäftigungsverbotes im Rechtssinne am 18. Januar 2005 begann, Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III, nämlich Arbeitslosenhilfe bis 31. Dezember 2004, bezogen. Sie hat sich schließlich auch, was unstreitig ist, mit ihrem Kind im Inland gewöhnlich aufgehalten.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183,193 SGG.
IV. Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Dr. Scheer Atanassov Richter am Arbeitsgericht Guddat ist wegen Beendigung seiner Abordnung an der Unterschrifts- leistung gehindert
Dr. Scheer
II. Die Beklagte hat der Klägerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Berufung zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 24. Februar 2007. Streitig ist insbesondere, ob die Klägerin die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
Die 1976 geborene Klägerin absolvierte von 1993 bis 1996 eine Berufsausbildung zur Restaurantfachfrau und erhielt während dieser Zeit Berufsausbildungsbeihilfe. Danach war sie kurze Zeit als Kellnerin tätig und bezog dann vom 10. Dezember 1996 bis 28. Februar 1998 Arbeitslosengeld, unterbrochenen durch eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Restaurantfachfrau vom 25. April 1997 bis 31. Juli 1997. Vom 1. August 1998 bis 31. März 2002 arbeitete die Klägerin, unterbrochen durch Erziehungsurlaub, als Kellnerin. Am 1999 war ihr erstes Kind geboren worden. Vom 27. Dezember 1999 bis 14. Oktober 2001 befand sich die Klägerin im Erziehungsurlaub. Vom 1. April 2002 bis 22. Juli 2002 arbeitete sie als Kellnerin. Vom 18. September 2002 bis 15. Juni 2003 bezog sie Arbeitslosengeld. Vom 16. Juni 2003 bis 31. Mai 2004 arbeitete die Klägerin wieder als Kellnerin. Danach bezog sie zunächst bis zum 2. Juli 2004 Arbeitslosengeld und nach Ansprucherschöpfung bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Die Klägerin erhielt ab 1. Januar 2005 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit keine Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II).
Am 22. Dezember 2004 heiratete die Klägerin. Am 2005 kam ihr zweites Kind zur Welt; das Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz hatte am 18. Januar 2005 begonnen. Der voraussichtliche Entbindungstermin war der 1. März 2005. Die Klägerin war familienversichert. Sie bezog während der Zeit des Mutterschutzes kein Mutterschaftsgeld. Sie hatte solches auch nicht beantragt, da ihr bekannt war, dass sie aufgrund der bestehenden Familienversicherung hierauf keinen Anspruch hatte. Die Klägerin erhielt vom 24. Februar 2005 bis zum 23. Februar 2007 Erziehungsgeld in Höhe von 300,00 EUR monatlich und widmete sich in diesem Zeitraum ausschließlich der Kindererziehung.
Die Klägerin stellte sich ab dem 24. Februar 2007 dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung und beantragte mit Wirkung zum 24. Februar 2007 die Bewilligung von Arbeitslosengeld.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 1. Dezember 2006 ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 4. April 2007 mit der Begründung zurückgewiesen, die Klägerin habe in der Rahmenfrist die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Hiergegen hat die Klägerin am 8. April 2007 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, dass sie die Anwartschaftszeit erfüllt habe. Die Erziehungszeit sei versicherungspflichtig gewesen. Denn die Versicherungspflichtigkeit der Erziehungszeit setze voraus, dass sie, die Klägerin, unmittelbar vor der Kindererziehungszeit versicherungspflichtig gewesen sei oder eine laufende Entgeltersatzleistung bezogen habe. Letzteres sei der Fall. Zwar sei richtig, dass die Zeit des Mutterschutzes selbst nicht versicherungspflichtig gewesen sei, weil sie kein Mutterschaftsgeld bezogen habe. Jedoch sei der Bezug der Arbeitslosenhilfe bis zum 31. Dezember 2004 als laufende Entgeltersatzleistung noch unmittelbar vor Beginn der Kindererziehung ab dem 24. Februar 2007 zu qualifizieren, weil die Zeit des Mutterschutzes für den Fall, dass der Feststellung der unmittelbar von einer starren Monatsfrist ausgegangen werden müsse, bei der Berechnung dieser Frist unberücksichtigt zu bleiben habe.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass es für sie keine Einwände gegen die Bewilligung des Arbeitslosengeldes gegeben hätte, wenn die Klägerin Mutterschaftsgeld bezogen hätte, weil Zeiten des Bezuges Mutterschaftsgeld zum damaligen Zeitpunkt versicherungspflichtig gewesen seien. Die Versicherungspflichtigkeit der Zeiten des Bezugs von Mutterschaftsgeld seien durch das Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz) vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3443) ab dem 1. Januar 2003 eingeführt worden. Da vorliegend aber kein Bezug des Mutterschaftsgeldes vorgelegen habe, sei zu prüfen gewesen, ob zwischen dem Bezug der letzten Entgeltersatzleistung und dem Beginn der Erziehungszeit weniger als vier Wochen gelegen hätten, da nur dann noch Unmittelbarkeit im Sinne des § 26 Abs. 2a Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) angenommen werden könne. Dies sei aber nicht der Fall. Es sei auch nicht so gewesen, dass die Arbeitslosenhilfe stets mit dem Beginn der Mutterschutzfrist gestrichen worden sei. Es habe durchaus auch Fälle gegeben, in denen die Schwangeren erklärt hätten, sich trotz Mutterschutz zur Verfügung zu stellen. Diese seien dann von der Bundesagentur für Arbeit eingeladen worden, und im Zweifelsfall sei Arbeitslosenhilfe bis zur Geburt gezahlt worden, weil es sich bei der Zeit vor der Geburt nicht um ein absolutes Beschäftigungsverbot gehandelt habe.
Die Klägerin hat in der erster Instanz hilfsweise beantragt, das Verfahren auszusetzen und im Wege der Richtervorlage dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Vereinbarkeit der Regelung des § 26 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 1 SGB III mit Artikel 6 Abs. 4 und Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) vorzulegen.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 22. April 2009 der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 24. Februar 2007 in Höhe und nach Maßgabe des Gesetzes zu zahlen. Der Begriff "unmittelbar" in § 26 Abs. 2a SGB III müsse verfassungskonform ausgelegt werden. Zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "unmittelbar" seien die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 28. März 2006 (Az.: 1 BvL 10/01) weiterführend. Zwar erfasse dieser Beschluss lediglich den problematischen Zeitraum von 1998 bis 2002. Das Bundesverfassungsgericht habe aber ausgeführt, dass die sich aus dem Beschäftigungsverbot, das sich aus § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz – MuSchG) ergebene, unmittelbar resultierenden sozialrechtlichen Nachteile so weit wie möglich auszugleichen seien, weil sonst der Schutz für Mutter und Kind unvollständig bliebe. Es habe damit unmissverständlich auf das Beschäftigungsverbot und nicht auf den Bezug von Mutterschutzgeld abgestellt. Da der voraussichtliche Entbindungstermin bei der Klägerin der 1. März 2005 gewesen sei, habe die Mutterschaftsfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG am 18. Januar 2005 begonnen. Dieser Zeitraum habe unberücksichtigt zu bleiben. Damit verbleibe zwischen dem Ende des Bezugs der laufenden Entgeltersatzleistungen am 31. Dezember 2004 und den Beginn des Beschäftigungsverbotes am 18. Januar 2005 ein Zeitraum, der eine unmittelbare Anknüpfung an die Erziehungszeit zulasse, so dass in der Erziehungszeit ein Versicherungspflichtverhältnis gemäß § 26 Abs. 2a Nr. 1 SGB III bestanden habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten vom 18. Mai 2009. Nach Ansicht der Beklagten dürften keine über vier Wochen beziehungsweise einen Monat hinausgehende Zeiträume zwischen der Leistungsbezugszeit und der Erziehungszeit bestehen, da der Monatszeitraum in zahlreichen Vorschriften des Sozialversicherungsrechts die Grenze für das Bestehen der Beitragspflicht beziehungsweise eine Versicherungspflicht des Verhältnisses darstelle. Eine mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vergleichbare Situation sei nicht gegeben. Denn für die Klägerin gelte ab dem 1. Januar 2005 grundsätzlich das Recht des SGB II, da die Arbeitslosenhilfe mit Wirkung zum 31. Dezember 2004 abgeschafft worden sei. Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V bestehe für Bezieher von Arbeitslosengeld II kein Anspruch auf Krankengeld und in der Folge auch kein Anspruch auf Mutterschaftsgeld gemäß § 200 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO). Eine abweichende Behandlung vom Mutterschaftsgeld im Vergleich zum Krankengeld erfolge damit im Recht des SGB II nicht. Nur hierum sei es in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes gegangen. Das Bundesverfassungsgericht habe insbesondere darauf verwiesen, dass das Beschäftigungsverbot in der Zeit des Mutterschutzes den Aufbau weiterer Versicherungsanwartschaften verhindere und nach der Rechtslage von 1998 bis 2002 eine abweichende Behandlung von Mutterschaftsgeld im Vergleich zum Krankengeld erfolge. Eine erweiternde Auslegung des Begriffs "unmittelbar" verschaffe Müttern, die aus persönlichen Gründen davon absehen, Arbeitslosengeld II zu beantragen, Vorteile gegenüber Müttern, die wegen Hilfebedürftigkeit Arbeitslosengeld II beziehen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 22. April 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise
das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht das Verfahren zur Entscheidung über die Frage vorzulegen, ob § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III in der Fassung des Artikel 1 Nr. 1 Buchst. b des Gesetzes vom 19. November 2004 (BGBl. I S. 2902) mit Artikel 6 Abs. 4 und Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht vereinbar ist, soweit Versicherungspflicht für Personen in der Zeit, in der sie ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, nicht besteht, obgleich sie zwar a) vor Geburt versicherungspflichtig waren, aber das deshalb nicht "unmittelbar davor", weil sie auf Grund Schwangerschaft einem Beschäftigungsverbot unterlagen, oder b) eine Entgeltersatzleistung nach dem SGB II, nicht aber nach dem SGB III bezogen,
hilfsweise
die Revision zuzulassen.
Der Vortrag der Beklagten werde weder dem Urteil des Sozialgericht noch der genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes gerecht. Letzteres habe nicht allein darauf abgestellt, dass eine abweichende Behandlung von Mutterschaftsgeld im Vergleich zu Krankengeld erfolge. Beanstandet worden sei vielmehr, dass die Zeiten der Beschäftigungsverbote bei der Anwartschaftszeit in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung während des dort maßgebenden Zeitraums nicht berücksichtigt wurden. Deswegen sei es bei dem hier zu entscheidenden Fall ohne Bedeutung, dass nach dem SGB II kein Anspruch auf Krankengeld bestehe. Maßgebend bleibe die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, weil nach deren tragenden Gründen es nicht mit Artikel 6 Abs. 4 GG zu vereinbaren sei, dass die Zeiten der Beschäftigungsverbote, die eine Schutzvorschrift zu Gunsten der werdenden Mütter darstelle, bei der Berechnung der Anwartschaftszeit in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung nicht berücksichtigt wurden. Darüber hinaus würde der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, wenn Zeiten des Bezugs von Erziehungsgeld, der mit dem Tag der Geburt des Kindes beginne, der Mutter nicht als Anwartschaft begründend angerechnet würden. Denn ein Vater sei nicht durch ein Beschäftigungsverbot an einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bis unmittelbar zum Tag der Geburt gehindert. Er könne also stets mit Erziehungszeiten die Anwartschaftszeit erfüllen, ohne durch Zeiten von Mutterschutz das Erfordernis der Unmittelbarkeit zu beinträchtigen. Ein rechtfertigender Grund für eine derartige Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich. Daher habe das Sozialgericht zu Recht durch eine verfassungskonforme Interpretation des gesetzlichen Ausdrucks "unmittelbar" ein verfassungswidriges Ergebnis vermieden. Der von der Beklagten behauptete Vorteil der Klägerin gegenüber Müttern, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, bestehe nicht. Allenfalls handele es sich um eine verfassungswidrige Benachteiligung der genannten Personengruppe, die zu beseitigen Aufgabe des Gesetzgebers wäre.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, sowie die beigezogene Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht den Bescheid vom 1. Dezember 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2007 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 24. Februar 2007 bis zum 24. Juni 2007 in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Da nur dieser Zeitraum streitgegenständlich ist, war der Tenor des Gerichtsbescheides vom 22. April 2009 klarstellend neu zu fassen.
II. Die Klägerin hat für den im Tenor bezeichneten Zeitraum einen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit (vgl. § 117 Abs. 1 Nr. 1 SGB III) haben gemäß § 118 Abs. 1 SGB III in der hier maßgebenden, ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 62, Artikel 124 Abs. 3 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) Arbeitnehmer, die arbeitslos sind (Nummer 1), sich arbeitslos gemeldet haben (Nummer 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt haben (Nummer 3). Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin, die Voraussetzung der Anwartschaftszeit allerdings nur auf Grund einer verfassungskonformen Auslegung von § 26 Abs. 2a Satz 1 SGB III.
1. Die Klägerin war, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, ab dem 24. Februar 2007 arbeitslos im Sinne der § 118 Abs 1 Nr. 1, §§ 119 bis 121 SGB III.
2. Sie hat sich am 23. November 2006 mit Wirkung zum 24. Februar 2007 bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet hat, sodass auch die Anspruchsvoraussetzung nach § 118 Abs 1 Nr. 2 und Abs 2, § 122 Abs 1 SGB III erfüllt ist.
3. Schließlich ist auch die dritte Voraussetzung, nämlich die Erfüllung der Anwartschaftszeit (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 3 SGB III), gegeben.
a) Die Einzelheiten zu den Anwartschaftszeiten sind den §§ 123, 124 SGB III zu entnehmen. § 123 SGB III ist maßgebend in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung von Artikel 3 Nr. 13 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954), § 124 SGB III in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 65, Artikel 124 Abs. 1 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848).
Die Voraussetzungen der Übergangsregelung in § 434j Abs 3 Satz 1 SGB III, die durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl I 2848) eingefügt worden ist, sind nicht erfüllt. Danach sind unter anderem die §§ 123 und 124 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden für Personen, deren Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum 31. Januar 2006 entstanden ist. Der streitige Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld ist aber erst im Jahr 2007 entstanden. Denn die Klägerin hat durch den Leistungsbezug vom 1. Juni 2004 bis zum 2. Juli 2004 den alten Arbeitslosengeldanspruch erschöpft. Erst durch die Kindererziehungszeiten hat sie die Anwartschaftszeiten neu angefüllt (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 3, § 123 SGB III i. V. m. § 26 Abs. 2a SGB III).
b) Gemäß § 123 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die in § 123 Satz 1 SGB III in Bezug genommene Rahmenfrist wiederum beträgt grundsätzlich zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen des Arbeitslosengeldanspruchs (vgl. § 124 Abs. 1 SGB III). Im Falle der Klägerin reicht die Rahmenfrist somit – rückwärts betrachtet – vom 23. Februar 2007 bis zum 24. Februar 2005.
In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen gemäß § 24 Abs. 1 SGB III Personen, die als Beschäftigte (vgl. § 25 SGB III) oder aus sonstigen Gründen (vgl. § 26 SGB III) versicherungspflichtig sind.
Versicherungspflichtig sind nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden, stehen nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich. Für Wehrdienstleistende und Zivildienstleistende gibt es in § 25 Abs. 2 SGB III weitere Sonderregelungen. Die Klägerin gehörte im maßgebenden Zeitraum vom 24. Februar 2005 bis zum 23. Februar 2007 zu keiner der in § 25 SGB III genannten Personengruppen. Ebenfalls erfüllte die Klägerin nicht die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zu einer der in § 26 Abs. 1 SGB III aufgeführten Gruppen von sonstigen Versicherungspflichtigen.
Besondere Regelungen für Mütter sind in § 26 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 2a Satz 1 SGB III enthalten. Nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III sind versicherungspflichtig unter anderem Personen in der Zeit, für die sie von einem Leistungsträger Mutterschaftsgeld beziehen, wenn sie unmittelbar vor Beginn der Leistung versicherungspflichtig waren, eine laufende Entgeltersatzleistung nach diesem Buch, dem SGB III, bezogen oder eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt haben, die ein Versicherungspflichtverhältnis oder den Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung nach diesem Buch unterbrochen hat. Versicherungspflichtig sind nach § 26 Abs. 2a Satz 1 SGB III ferner Personen in der Zeit, in der sie ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erziehen, wenn sie 1. unmittelbar vor der Kindererziehung versicherungspflichtig waren, eine laufende Entgeltersatzleistung nach diesem Buch bezogen oder eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt haben, die ein Versicherungspflichtverhältnis oder den Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung nach diesem Buch unterbrochen hat, und 2. sich mit dem Kind im Inland gewöhnlich aufhalten oder bei Aufenthalt im Ausland Anspruch auf Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder Bundeskindergeldgesetz haben oder ohne die Anwendung des § 64 oder § 65 des Einkommensteuergesetzes oder des § 3 oder § 4 des Bundeskindergeldgesetzes haben würden.
Sowohl in § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III als auch in § 26 Abs. 2a Satz 1 SGB III sind zwei Tatbestandsmerkmale enthalten, die im vorliegenden Zusammenhang maßgebend sind: zum einen der Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung, zum anderen die "Unmittelbarkeit" des vorangegangenen Leistungsbezuges.
Die Entgeltersatzleistungen sind in § 116 SGB III aufgeführt. Bis zum 31. Dezember 2004 gehörte hierzu auch die Arbeitslosenhilfe für Arbeitslose (vgl. § 116 Nr. 6 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung). Der "Bezug" einer laufenden Entgeltersatzleistung setzt die tatsächliche Zahlung dieser Leistung voraus (vgl. Brand, in: Niesel, SGB III [5. Aufl., 2010], § 26 Rdnr. 20; Vgl. zum Begriff des Bezuges in § 158 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III: SächsLSG, Urteil vom 18. Juni 2009 – L 3 AL 210/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 39 ff.). Ein bloßer Anspruch ist nicht ausreichend. Auf Grund des klaren und eindeutigen Gesetzeswortlautes ist eine erweiternde Auslegung auf Fälle, in denen – aus welchen Gründen auch immer – kein Mutterschaftsgeld bezogen wurde, nicht möglich.
Der unbestimmte Rechtsbegriff "unmittelbar" wird vielfach in der Normsetzung verwandt. Soweit dieser Begriff in einem zeitlichen Kontext steht, wird in der Rechtssprache darunter verstanden, dass eine Unterbrechung keinen wesentlichen Zeitraum umfasst. Als wesentlich wird in der Regel ein Zeitraum angesehen, der über vier Wochen oder einen Monat hinausgeht. So bestand nach § 24 Abs. 3 Nr. 2 SGB III in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung das Versicherungspflichtverhältnis fort für Zeiten eines Beschäftigungsverhältnisses, für die kein Arbeitsentgelt gezahlt wir, "längstens für einen Monat". Nach § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB III gilt eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, "jedoch nicht länger als einen Monat". Auf diesen zeitlichen Umfang des Begriffes "unmittelbar" stellte der Gesetzgeber beispielsweise auch in der Gesetzesbegründung zu § 28a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III, der ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag betrifft, ab (vgl. BT-Drs. 15/1515 S. 78). In der Rechtsprechung wurde von einer Beschäftigung "unmittelbar vor Dienstantritt" im Sinne von § 26 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a SGB III in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung in der Regel nur dann ausgegangen, wenn zwischen der letzten Beschäftigung und dem Dienstantritt kein Zeitraum von mehr als vier Wochen beziehungsweise höchstens einem Monat lag (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2006 – B 7a AL 74/05 R = SozR 4-4300 § 26 Nr. 4 = JURIS-Dokument Rdnr. 18. So bereits zu § 168 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AFG: SächsLSG, Urteil vom 23. Januar 2003 – L 3 AL 169/02 – JURIS-Dokument Rdnr. 34; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Februar 1986 – L 9 Ar 124/85 – Die Beiträge 1986, 188 = JURIS-Dokument). Auf Grund dieses Sprachverständnisses ist ein Zeitraum von nicht mehr als einem Monat noch als unmittelbar im Sinne des § 26 Abs. 2a Nr. 1 SGB III anzusehen (vgl. Brand, a. a. O., § 26 Rdnr. 21).
Übertragen auf den Fall der Klägerin bedeutet dies, dass sie letztmals am 31. Dezember 2004 eine laufende Entgeltersatzleistung, nämlich Arbeitslosenhilfe, bezog. Ihr zweites Kind wurde am 24. Februar 2005 geboren. Dieser zeitliche Abstand zum letzten Bezug einer Entgeltersatzleistung wird weder durch § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III noch durch § 26 Abs. 2a Satz 1 SGB III verkürzt. Mutterschaftsgeld, das nach § 200 Abs. 3 Satz 1 RVO unter anderem auch für die letzten sechs Wochen vor der Entbindung gezahlt wird, hat die Klägerin nicht bezogen. Die Kindererziehung, auf die in § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III Bezug genommen wird, kann frühestens mit der Geburt des Kindes beginnen.
Nach dem Wortlaut der maßgebenden Bestimmungen hat die Klägerin damit nicht die Anwartschaftszeiten erfüllt.
Ob eine Unterbrechung eines vorangegangenen Leistungsbezuges nach dem SGB III auch dann noch angenommen werden kann, wenn die Mutter zwischen dem Bezug von Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III und dem Beschäftigungsverbot Leistungen nach dem SGB II bezogen hat, kann dahingestellt bleiben, da die Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II nicht erhalten hat.
c) § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III bedarf im Hinblick auf das Schutzgebot in Artikel 6 Abs. 4 GG jedoch einer verfassungskonformen Auslegung dahingehend, dass in Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine schwangere Frau, die im Rahmen der Familienversicherung gemäß § 10 Abs. 1 SGB V krankenversichert und damit gemäß § 200 Abs. 1 RVO kraft Gesetzes vom Bezug von Mutterschaftsgeld ausgeschlossen ist, die Zeiten eines Beschäftigungsverbotes (ohne Beschäftigung) bei der Ermittlung des nach § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III maßgebenden Unterbrechungszeitraumes herauszurechnen sind.
Das Sozialgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. März 2006 (Az.: 1 BvL 10/01, BVerfGE 115, 259 ff. = NJW 2006, 1721 ff. = JURIS-Dokument) Bezug genommen. Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass der Schutzauftrag des Artikel 6 Abs. 4 GG zwar nicht bedeutet, dass der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (vgl. BVerfG, a. a. O., BVerfGE 115, 259 [271] = NJW 2006, 1721 = JURIS-Dokument Rdnr. 54, m. w. N.). Der Gesetzgeber ist – nicht anders als im Falle des Artikel 6 Abs. 1 GG – nicht verpflichtet, dem Förderungsgebot ohne Rücksicht auf sonstige Belange nachzukommen (vgl. BVerfG, a. a. O., m. w. N.). Untersagt er aber, wie in § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG, der Frau für eine bestimmte Zeit vor und nach der Geburt eines Kindes die Fortsetzung oder Wiederaufnahme ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung, so ist er gehalten, die sich aus diesem Verbot unmittelbar ergebenden sozialrechtlichen Nachteile soweit wie möglich auszugleichen. Dazu gehört auch der sozialversicherungsrechtliche Schutz im Falle der Arbeitslosigkeit (vgl. BVerfG, a. a. O.).
Einen solchen Schutz genoss die Klägerin nicht. Ihr war zum einen wegen des grundsätzlichen Beschäftigungsverbotes die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung untersagt. Zum anderen war allein auf Grund dessen, dass die Klägerin im Rahmen der Familienversicherung krankenversichert war, ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld ausgeschlossen. Denn Mutterschaftsgeld erhalten nach den weiteren Maßgaben in § 200 Abs. 1 RVO nur "weibliche Mitglieder" der Krankenversicherung. Mitglieder sind die Versicherungspflichtigen und die freiwillig Versicherten (vgl. §§ 186 ff. SGB V i. V. m. §§ 5 ff. und § 9 SGB V). Versicherte, die – wie die Klägerin – hingegen über § 10 Abs. 1 SGB V als Ehegatte im Rahmen der Familienversicherung den Krankenversicherungsschutz genießen, sind keine Mitglieder der Krankenversicherung (vgl. hierzu: Peters, in: Kasseler Kommentar – Sozialversicherungsrecht – [Stand: 64. Erg.-Lfg., Januar 2010], § 186 SGB V Rdnr. 5).
Diese Personengruppe hatte der Gesetzgeber nicht vor Augen, als er mit Wirkung vom 1. Januar 2003 die Vorschrift des § 26 SGB III ergänzte und in Absatz 2 Nr. 1 den Bezug von Mutterschaftsgeld als weiteres Tatbestandsmerkmal sowie den neuen Absatz 2a einfügte (vgl. Artikel 1 Nr. 10 Buchst. a und b des Job-AQTIV-Gesetzes).
Der Gesetzgeber wollte dadurch, dass er den Bezug von Mutterschaftsgeld den anderen in § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III genannten Entgeltersatzleistungen gleichstellte und damit zur versicherungspflichtigen Zeit machte, zum einen dem Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 20. Juni 2001 (Az. B 11 AL 20/01 R, NZS 2002, 100 ff. = SozSich 2002, 310 ff. = JURIS-Dokument) Rechnung tragen. Zum anderen sah er nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Dr. 14/6944 S. 26 [A. Allgemeiner Teil Nr. 7]) aber auch Handlungsbedarf, weil das bisherige Recht die Unterstützung der Berufsrückkehr von Frauen aus Zeiten der Kindererziehung uneinheitlich geregelt habe. Die derzeitige Regelung werde nicht der Lebenswirklichkeit von Familien gerecht. So hänge der Anspruch auf Lohnersatzleistungen derzeit von einer Vielzahl starrer Fristen ab, welche insbesondere die Belange von Müttern weitgehend außer Acht lassen. Im Ergebnis würden in der jetzigen Praxis Zufälligkeiten in der zeitlichen Abfolge von Anwartschaften, Mutterschutz und Erziehungszeit über den Leistungsanspruch und damit die Förderung der beruflichen Eingliederung entscheiden. Auch angesichts enger finanzieller Spielräume sei der Gesetzgeber daher aufgerufen, die Förderung der Berufsrückkehr von Frauen schrittweise so zu gestalten, dass diese zukünftig der Lebenswirklichkeit von Frauen und Familien stärker gerecht wird. Daher werde die Einbeziehung von Erziehungszeiten in die Arbeitslosenversicherung angestrebt.
Zu der Ergänzung von § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III und der Schaffung von § 26 Abs. 2a SGB III wird in der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Dr. 14/6944 S. 30 [Zu Nummer 10 (§ 26), Zu Buchstaben a und b]) ausgeführt, dass mit der Einbeziehung von Zeiten des Bezuges von Mutterschaftsgeld, des Bezuges einer vollen Erwerbsminderungsrente und Zeiten der Erziehung eines Kindes unter drei Jahren in die Versicherungspflicht der Arbeitslosenversicherungsschutz für die betroffenen Personengruppen verbessert werde. Damit dienten diese Zeiten unmittelbar zur Begründung eines Anspruches auf Arbeitslosengeld und sonstige beitragsabhängige Leistungen der Arbeitsförderung. Versicherungspflicht werde begründet, wenn die Betroffenen unmittelbar vor Beginn des Versicherungstatbestandes zum Kreis der Arbeitnehmer gehörten. Davon gehe die gesetzliche Regelung bei Personen aus, die zuvor in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden oder eine Entgeltersatzleistung nach dem Recht der Arbeitsförderung bezogen hätten.
Der Gesetzgeber ging danach davon aus, dass er mit der Ergänzung von § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III und der Einführung des § 26 Abs. 2a SGB III eben jene wirtschaftlichen Belastungen der Mutter im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben hinreichend und umfassend ausgeglichen und den vom Bundesverfassungsgericht später beanstandeten verfassungswidrigen Zustand durch das Job-AQTIV-Gesetz vom 10. Dezember 2001 beseitigt habe. Dass vor diesem Hintergrund für Frauen, die während des Beschäftigungsverbotes weder Mutterschaftsgeld noch Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III beziehen, versicherungsrechtliche Nachteile verbunden sein sollten, ist nicht erkennbar und würde den dargestellten gesetzgeberischen Zielen widersprechen.
Soweit die Beklagte einwendet, die Klägerin würde gegenüber Müttern, die nach dem 31. Dezember 2004 SGB II-Leistungen erhielten, besser gestellt, ist dem nicht weiter nachzugehen. Denn bei der Klägerin sind aus den genannten verfassungsrechtlichen Gründen die Zeiten des Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz zu berücksichtigen. Sofern bei SGB II-Leistungsbezieherinnen oder –Leistungsberechtigten die von der Beklagten vorgetragene Benachteiligung bestehen sollte, wäre zu prüfen, ob dem ebenfalls im Rahmen einer verfassungskonformen Rechtsauslegung begegnet werden. Wenn dies nicht möglich sein sollte, wäre eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht in betracht zu ziehen.
d) Nach alledem sind bei der Klägerin die Zeiten des Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz bei § 26 Abs. 2a Satz 1 SGB III zu berücksichtigen mit der Folge, dass die Zeitraum ab dem letzten Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung am 31. Dezember 2004 nicht bis 24. Februar 2005, dem tag der Geburt des Kindes reicht, sondern um sechs Wochen verkürzt wird. Die Unterbrechung endet damit am 18. Januar 2005, dem Beginn des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes. Damit ist aber die Tatbestandsvoraussetzung der Unmittelbarkeit aber erfüllt.
e) Die Klägerin erfüllt damit alle Voraussetzungen aus § 26 Abs. 2a Satz 1 SGB III. Sie befand sich ab der Geburt ihres zweiten Kindes am 24. Februar 2005 durchgängig bis zum 23. Februar 2007 in der Erziehungszeit. Dieses Kind hatte zum Zeitpunkt der Antragstellung am 24. Februar 2007 das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet. Die Klägerin war unmittelbar vor der Kindererziehung, die unter der beschriebenen Berücksichtigung der Zeit des Beschäftigungsverbotes im Rechtssinne am 18. Januar 2005 begann, Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III, nämlich Arbeitslosenhilfe bis 31. Dezember 2004, bezogen. Sie hat sich schließlich auch, was unstreitig ist, mit ihrem Kind im Inland gewöhnlich aufgehalten.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183,193 SGG.
IV. Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Dr. Scheer Atanassov Richter am Arbeitsgericht Guddat ist wegen Beendigung seiner Abordnung an der Unterschrifts- leistung gehindert
Dr. Scheer
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