Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 34 AS 4185/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 74/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Meldeaufforderung des Beklagten.
Der 1977 geborene Kläger bezieht seit Jahren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – und streitet in diversen Verfahren gegen den Beklagten. Unter anderem hat der Kläger auch in der Vergangenheit diverse vom Beklagten ihm auferlegte Meldetermine nicht wahrgenommen, so die Termine vom 10. Mai 2011, 4., 12., 19. und 29. August 2011 sowie 5. und 22. September 2011. Der Kläger wurde vom Beklagten mit Bescheid vom 23. September 2011 daher aufgefordert, sich am 30. September 2011 um 10.15 Uhr "im Jobcenter B., , H., Zimmer X einzufinden um über das Bewerberangebot bzw. die berufliche Situation des Klägers zu sprechen. Weiter heißt es in dem Bescheid: "Falls sie wegen Erkrankung arbeitsunfähig sind, reichen Sie bitte eine ärztliche Bescheinigung ein, aus der im Einzelnen hervorgeht, dass Sie zu dem in der Einladung genannten Termin aus medizinischen Gründen keinesfalls erscheinen können. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung allein reicht nicht aus."
Am 26. September 2011 reichte der Kläger daraufhin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 21. September bis 6. Oktober 2011 ein. Am 29. September 2011 legte er durch seinen Bevollmächtigten überdies noch ein ärztliches Attest vor, aus welchem die Wegeunfähigkeit des Klägers hervorging. Zum Meldetermin am 30. September 2011 erschien der Kläger nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2011 wies der Beklagte den am 30. September 2011 eingelegten Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, die Meldeaufforderung vom 23. September 2011 sei rechtmäßig gewesen. Der Kläger sei insbesondere wegen eines zulässigen Meldezwecks eingeladen worden. Die Einladung habe aufgrund von § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 Abs. 3 S. 3 SGB III auch mit einer Fortwirkung für den Krankheitsfall versehen werden dürfen. Ebenso sei die Vorlage einer Wegeunfähigkeitsbescheinigung hier angezeigt gewesen, weil eine Arbeitsunfähigkeit nicht immer gleichzusetzen sei mit einer krankheitsbedingten Unfähigkeit, einen Meldetermin beim Beklagten wahrzunehmen.
Am 14. Dezember 2011 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben, mit der er die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung vom 23. September 2011 begehrt hat. Zur Begründung führte er aus, die Meldeaufforderung vom 23. September 2011 sei rechtswidrig. Er sei seit dem 3. August 2011 arbeitsunfähig krank gewesen und zwar über den 30. September 2011 hinaus. Die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen habe er vorgelegt. Es habe daher ein wichtiger Grund bestanden, der Meldeaufforderung vom 23. September 2011 nicht nachzukommen. Das notwendige Feststellungsinteresse für die Fortsetzungsfeststellungsklage liege in der bestehenden Wiederholungsgefahr.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 31. Januar 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es bereits die Zulässigkeit der hier erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage bezweifelt. Das dafür erforderliche berechtigte Interesse (§ 131 Abs. 1 S. 3 SGG) käme nur in Form der Wiederholungsgefahr in Betracht. Diese sei jedoch nicht erkennbar, da eine konkrete, in naher Zukunft oder absehbarer Zeit tatsächlich bestehende Gefahr eines gleichartigen Verwaltungsaktes bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen nicht gegeben sei. Der Kläger beziehe laufende Leistungen nach dem SGB II und sei zwar daher fortlaufend neuen Meldeaufforderungen ausgesetzt. Allein die Furcht vor künftig weiteren Meldeaufforderungen begründe jedoch noch kein schutzwürdiges Interesse daran, der Wiederholung des erledigten Verwaltungsaktes vorzubeugen. Zum einen sei nicht besonders wahrscheinlich, dass eine gleichartige Fallkonstellation wieder eintrete, zum anderen sei der Bezug von SGB II Leistungen nach dem Willen des Gesetzgebers kein Dauerzustand. Es gehe hier darum, diesen Zustand möglichst schnell zu beenden, womit auch die Wahrscheinlichkeit von Maßnahmen der hier im Streit stehenden Art sinke. Auch könne der Kläger zumutbar auf die Möglichkeit des nachträglichen Rechtsschutzes verwiesen werden; überdies stünde ihm, sollte er abermals vorgeladen werden und sich hiergegen wehren wollen, auch die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 SGG zur Verfügung.
Auch materiell hat das Sozialgericht die Klage für unbegründet erachtet. Die Meldeaufforderung vom 23. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2011 sei auf Grundlage von § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III rechtmäßig und beschwere den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Sie genüge den formellen Anforderungen, die an derartige Aufforderungen zu stellen seien. Sie müsse den Ort, den Tag und die Zeit der Meldung hinreichend bestimmen und der Meldezweck müsse zumindest stichwortartig mitgeteilt werden. Diesen Anforderungen habe die angefochtene Verfügung entsprochen, indem der Kläger zum 30. September 2011 um 10.15 Uhr in das Jobcenter B., , H., Zimmer X zum Gespräch über das Bewerberangebot bzw. die berufliche Situation des Klägers eingeladen worden sei. Darüber hinausgehende Detaildarstellungen über den Meldezweck seien nicht erforderlich. Auch soweit die Meldeaufforderung die Pflicht zur Vorlage einer Wegeunfähigkeitsbescheinigung zum Nachweis eines wichtigen Grundes nach § 32 Abs. 1 S. 2 SGB II enthalte, bestünden hiergegen keine Bedenken. Mache der Leistungsberechtigte gesundheitliche Gründe für sein Nichterscheinen geltend, komme als Nachweis für die Unfähigkeit, aus gesundheitlichen Gründen beim Leistungsträger zu erscheinen, regelmäßig die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Betracht. Arbeitsunfähigkeit sei jedoch nicht in jedem Einzelfall gleichbedeutend mit einer krankheitsbedingten Unfähigkeit, zu einem Meldetermin zu erscheinen. Die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung begründe regelmäßig nur eine Vermutung, dass ein Meldetermin aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrgenommen werden könne. Der Beklagte könne daher in Fällen, in denen Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit nicht gleichzeitig die Unfähigkeit zur Wahrnehmung eines Meldetermins begründe, durchaus auch die Vorlage einer besonderen Bescheinigung über die krankheitsbedingte Unfähigkeit zur Wahrnehmung eines Termins verlangen. Die Vorgeschichte im Fall des Klägers habe den Beklagten veranlasst, hiervon Gebrauch zu machen. Der Kläger habe unstreitig bereits mehrfach Meldetermine unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht wahrgenommen, daher habe der Beklagte zu Recht die Vorlage einer besonderen Bescheinigung über die krankheitsbedingte Unfähigkeit den Meldetermin wahrzunehmen, verlangen dürfen. Die Meldeaufforderung sei auch mit einer ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrung versehen gewesen. Sie sei konkret, richtig und vollständig gewesen und sei zeitnah im Zusammenhang mit dem geforderten Verhalten erfolgt. Auch sei dem Kläger in verständlicher Form erläutert worden, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus der Weigerung des geforderten Verhaltens für ihn ergäben, wenn für diese kein wichtiger Grund vorliege. Auch in Bezug auf die Aufforderung an den Kläger für den Fall seiner Arbeitsunfähigkeit am 30. September 2011 am ersten Tag seiner Arbeitsunfähigkeit beim Jobcenter zu erscheinen, sei nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage hierfür sei § 309 Abs. 3 S. 3 SGB III. Danach wirke die Meldeaufforderung auf den ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit fort, wenn die meldepflichtige Personen am Meldetermin arbeitsunfähig sei und die Agentur für Arbeit die Fortwirkung zuvor in der Meldeaufforderung bestimmt habe. Insbesondere bewirke diese Bestimmung nicht, dass die Meldepflicht bei Arbeitsunfähigkeit ganz entfalle. Sie solle das Meldeverfahren für die Arbeitsverwaltung und die Leistungsberechtigten lediglich vereinfachen, Missbrauchsmöglichkeiten einschränken und der Arbeitsverwaltung die mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbundene erneute Meldung des Arbeitslosen ersparen, wenn sie aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit gleichzeitig einen wichtigen Grund für das Nichterscheinen zum Meldetermin annähme. Überdies führe das bloße Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht zur Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung. Ob ein wichtiger Grund für das Nichterscheinen gegeben war, sei vielmehr eine Frage der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer auf die unterbliebene Meldung erfolgten Sanktionsentscheidung nach § 32 Absatz 1 S. 1 SGB II. Denn habe der Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund zum Nichterscheinen, bleibe das Verhalten ohne Sanktion (§ 32 Abs. 1 S. 2 SGB II). Schließlich unterliege der Kläger der in § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 Abs. 2 SGB III normierten Pflicht zur Meldung, solange er Leistungen nach dem SGB II beziehe. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Vorschrift bestünden nicht. Weder seien diese vom Kläger vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Die Meldeaufforderung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers oder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil die Meldepflicht aus § 59 SGB II grundsätzlich alle Bezieher von Arbeitslosengeld II treffe.
Die am 28. Februar 2013 eingelegte Berufung begründet der Kläger zum einen damit, dass eine Wiederholungsgefahr für ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Rechtslage bestehe. Der arbeitslose Kläger müsse trotz vorgelegter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen damit rechnen, erneut Meldeaufforderungen zu erhalten. Dies sei hinreichend konkret um ein Feststellungsinteresse zu begründen. Zum anderen habe ein wichtiger Grund im Sinne des § 31 Abs. 1 S. 2 SGB II vorgelegen um der Meldeaufforderung des Beklagten nicht nachzukommen. Hierfür genüge die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, wie vom Kläger erbracht. Das bereits im Eilverfahren zum Aktenzeichen S 34 AS 3243/11 ER überreichte Attest der Nervenärztin des Klägers habe spezifiziert belegt und glaubhaft gemacht, warum er der Meldeaufforderung zum 30. September 2011 nicht habe nachkommen können. Es sei nicht bekannt, dass der Beklagte das Attest als wichtigen Grund sofort anerkannt habe, weshalb der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung auch erforderlich gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichtes vom 31. Januar 2013 festzustellen, dass die Meldeaufforderung vom 23. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2011 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin mit schriftlicher Erklärung vom 9. bzw. 16. April 2013 einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Sachakten des Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht bei seiner Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Der Berichterstatter konnte im Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senates entscheiden (§ 154 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Sie ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die streitgegenständlichen Bescheide des Beklagten erweisen sich als rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung derer Rechtswidrigkeit. Zur Begründung verweist das Gericht gemäß § 153 Abs. 2 SGG vollen Umfangs auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts.
Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen weist das Gericht ergänzend noch auf Folgendes hin: Das Berufungsgericht teilt die Zweifel des Sozialgerichts an der Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf das Feststellungsinteresse. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Bescheides mit Blick auf die Wiederholungsgefahr setzt stets einen konkreten Sachverhalt voraus, für den der Behörde im Wiederholungsfall untersagt werden soll, auf die im Streit befindliche Weise zu verfügen. Der der streitbefangenen Verfügung vorausgegangene Sachverhalt zeichnet sich jedoch durch eine Vielzahl von Details und Spezialitäten aus, deren genaue Wiederholung nicht wahrscheinlich ist. Eine Rechtswidrigkeitsfeststellung hätte vor diesem Hintergrund zum einen wegen der Detailliertheit, mit der sie ausgesprochen werden müsste, zum anderen wegen der geringen Wahrscheinlichkeit, mit der genau dieser Sachverhalt wieder eintreten wird, keine hinreichende Rechtswirkung. Zum einen hat der Beklagte sich aufgrund der hier konkret im Vorfeld aufgetretenen häufigen Missachtung von Meldeterminen durch den Kläger veranlasst gesehen an den vorliegend im Streit stehenden Meldetermin besondere Anforderungen an den Nachweis eines wichtigen Grundes für die Absage zu stellen. Zum anderen waren genau die vom Kläger vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und das nervenärztliche Attest Anlass für die Behörde, an dem Meldetermin zunächst festzuhalten. Auch insoweit bestehen erhebliche Zweifel, dass der Sachverhalt sich in genau der geschehenen Weise wiederholen könnte.
Ebenso teilt das Gericht in materieller Hinsicht die in der Beschwerde noch einmal zum Ausdruck gekommene Rechtsauffassung des Klägers nicht. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung grundsätzlich als Nachweis dafür, den Meldetermin nicht wahrnehmen zu können, und damit als wichtiger Grund im Sinne von § 31 Abs. 1 S. 2 SGB II anerkannt wird (Berlit in LPK-SGB II, 4. Auflage, 2011 § 31 Rn. 67). Zu Recht haben der Beklagte und das Sozialgericht jedoch angenommen, dass die nachgewiesene Arbeitsunfähigkeit nicht in jedem Einzelfall gleichbedeutend mit einer krankheitsbedingten Unfähigkeit, zu einem Meldetermin zu erscheinen, ist. Eine vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat keine Bindungswirkung und ist im Zweifelsfall auf ihre Tragfähigkeit zu überprüfen (so auch BSG, Urteil vom 9. November 2010, B4AS 27/10 R, Juris). Das Berufungsgericht teilt die Einschätzung des Sozialgerichts, wonach der Kläger mit seinem dem Meldetermin vom 30. September 2011 vorangegangenen Verhalten Anlass dafür gegeben hat, die Vorlage einer besonderen Bescheinigung über die krankheitsbedingte Unfähigkeit zur Wahrnehmung des Meldetermins, zu verlangen. Nach der Vorlage dieser weitergehenden Bescheinigung durch die Nervenärztin des Klägers hat der Beklagte auch angemessen reagiert. Denn nach deren – erstmaligen – Übersendung am 4. Oktober 2011 an den zuständigen Standort in B. wurde dieser vom Beklagten umgehend als wichtiger Grund anerkannt. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 21. November 2011 im bereits erwähnten einstweiligen Rechtsschutzverfahren dies bereits vorgetragen (Schriftsatz, Seite 1 unten) und daraus ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis für das gerichtliche Eilverfahren abgeleitet. Eine Sanktionierung des Klägers als Folge der Nichtwahrnehmung des fraglichen Meldetermins ist in der Konsequenz daher auch nicht mehr erfolgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Meldeaufforderung des Beklagten.
Der 1977 geborene Kläger bezieht seit Jahren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – und streitet in diversen Verfahren gegen den Beklagten. Unter anderem hat der Kläger auch in der Vergangenheit diverse vom Beklagten ihm auferlegte Meldetermine nicht wahrgenommen, so die Termine vom 10. Mai 2011, 4., 12., 19. und 29. August 2011 sowie 5. und 22. September 2011. Der Kläger wurde vom Beklagten mit Bescheid vom 23. September 2011 daher aufgefordert, sich am 30. September 2011 um 10.15 Uhr "im Jobcenter B., , H., Zimmer X einzufinden um über das Bewerberangebot bzw. die berufliche Situation des Klägers zu sprechen. Weiter heißt es in dem Bescheid: "Falls sie wegen Erkrankung arbeitsunfähig sind, reichen Sie bitte eine ärztliche Bescheinigung ein, aus der im Einzelnen hervorgeht, dass Sie zu dem in der Einladung genannten Termin aus medizinischen Gründen keinesfalls erscheinen können. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung allein reicht nicht aus."
Am 26. September 2011 reichte der Kläger daraufhin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 21. September bis 6. Oktober 2011 ein. Am 29. September 2011 legte er durch seinen Bevollmächtigten überdies noch ein ärztliches Attest vor, aus welchem die Wegeunfähigkeit des Klägers hervorging. Zum Meldetermin am 30. September 2011 erschien der Kläger nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2011 wies der Beklagte den am 30. September 2011 eingelegten Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, die Meldeaufforderung vom 23. September 2011 sei rechtmäßig gewesen. Der Kläger sei insbesondere wegen eines zulässigen Meldezwecks eingeladen worden. Die Einladung habe aufgrund von § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 Abs. 3 S. 3 SGB III auch mit einer Fortwirkung für den Krankheitsfall versehen werden dürfen. Ebenso sei die Vorlage einer Wegeunfähigkeitsbescheinigung hier angezeigt gewesen, weil eine Arbeitsunfähigkeit nicht immer gleichzusetzen sei mit einer krankheitsbedingten Unfähigkeit, einen Meldetermin beim Beklagten wahrzunehmen.
Am 14. Dezember 2011 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben, mit der er die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung vom 23. September 2011 begehrt hat. Zur Begründung führte er aus, die Meldeaufforderung vom 23. September 2011 sei rechtswidrig. Er sei seit dem 3. August 2011 arbeitsunfähig krank gewesen und zwar über den 30. September 2011 hinaus. Die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen habe er vorgelegt. Es habe daher ein wichtiger Grund bestanden, der Meldeaufforderung vom 23. September 2011 nicht nachzukommen. Das notwendige Feststellungsinteresse für die Fortsetzungsfeststellungsklage liege in der bestehenden Wiederholungsgefahr.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 31. Januar 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat es bereits die Zulässigkeit der hier erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage bezweifelt. Das dafür erforderliche berechtigte Interesse (§ 131 Abs. 1 S. 3 SGG) käme nur in Form der Wiederholungsgefahr in Betracht. Diese sei jedoch nicht erkennbar, da eine konkrete, in naher Zukunft oder absehbarer Zeit tatsächlich bestehende Gefahr eines gleichartigen Verwaltungsaktes bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen nicht gegeben sei. Der Kläger beziehe laufende Leistungen nach dem SGB II und sei zwar daher fortlaufend neuen Meldeaufforderungen ausgesetzt. Allein die Furcht vor künftig weiteren Meldeaufforderungen begründe jedoch noch kein schutzwürdiges Interesse daran, der Wiederholung des erledigten Verwaltungsaktes vorzubeugen. Zum einen sei nicht besonders wahrscheinlich, dass eine gleichartige Fallkonstellation wieder eintrete, zum anderen sei der Bezug von SGB II Leistungen nach dem Willen des Gesetzgebers kein Dauerzustand. Es gehe hier darum, diesen Zustand möglichst schnell zu beenden, womit auch die Wahrscheinlichkeit von Maßnahmen der hier im Streit stehenden Art sinke. Auch könne der Kläger zumutbar auf die Möglichkeit des nachträglichen Rechtsschutzes verwiesen werden; überdies stünde ihm, sollte er abermals vorgeladen werden und sich hiergegen wehren wollen, auch die Möglichkeit des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 SGG zur Verfügung.
Auch materiell hat das Sozialgericht die Klage für unbegründet erachtet. Die Meldeaufforderung vom 23. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2011 sei auf Grundlage von § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 SGB III rechtmäßig und beschwere den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Sie genüge den formellen Anforderungen, die an derartige Aufforderungen zu stellen seien. Sie müsse den Ort, den Tag und die Zeit der Meldung hinreichend bestimmen und der Meldezweck müsse zumindest stichwortartig mitgeteilt werden. Diesen Anforderungen habe die angefochtene Verfügung entsprochen, indem der Kläger zum 30. September 2011 um 10.15 Uhr in das Jobcenter B., , H., Zimmer X zum Gespräch über das Bewerberangebot bzw. die berufliche Situation des Klägers eingeladen worden sei. Darüber hinausgehende Detaildarstellungen über den Meldezweck seien nicht erforderlich. Auch soweit die Meldeaufforderung die Pflicht zur Vorlage einer Wegeunfähigkeitsbescheinigung zum Nachweis eines wichtigen Grundes nach § 32 Abs. 1 S. 2 SGB II enthalte, bestünden hiergegen keine Bedenken. Mache der Leistungsberechtigte gesundheitliche Gründe für sein Nichterscheinen geltend, komme als Nachweis für die Unfähigkeit, aus gesundheitlichen Gründen beim Leistungsträger zu erscheinen, regelmäßig die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Betracht. Arbeitsunfähigkeit sei jedoch nicht in jedem Einzelfall gleichbedeutend mit einer krankheitsbedingten Unfähigkeit, zu einem Meldetermin zu erscheinen. Die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung begründe regelmäßig nur eine Vermutung, dass ein Meldetermin aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrgenommen werden könne. Der Beklagte könne daher in Fällen, in denen Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit nicht gleichzeitig die Unfähigkeit zur Wahrnehmung eines Meldetermins begründe, durchaus auch die Vorlage einer besonderen Bescheinigung über die krankheitsbedingte Unfähigkeit zur Wahrnehmung eines Termins verlangen. Die Vorgeschichte im Fall des Klägers habe den Beklagten veranlasst, hiervon Gebrauch zu machen. Der Kläger habe unstreitig bereits mehrfach Meldetermine unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht wahrgenommen, daher habe der Beklagte zu Recht die Vorlage einer besonderen Bescheinigung über die krankheitsbedingte Unfähigkeit den Meldetermin wahrzunehmen, verlangen dürfen. Die Meldeaufforderung sei auch mit einer ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrung versehen gewesen. Sie sei konkret, richtig und vollständig gewesen und sei zeitnah im Zusammenhang mit dem geforderten Verhalten erfolgt. Auch sei dem Kläger in verständlicher Form erläutert worden, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus der Weigerung des geforderten Verhaltens für ihn ergäben, wenn für diese kein wichtiger Grund vorliege. Auch in Bezug auf die Aufforderung an den Kläger für den Fall seiner Arbeitsunfähigkeit am 30. September 2011 am ersten Tag seiner Arbeitsunfähigkeit beim Jobcenter zu erscheinen, sei nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage hierfür sei § 309 Abs. 3 S. 3 SGB III. Danach wirke die Meldeaufforderung auf den ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit fort, wenn die meldepflichtige Personen am Meldetermin arbeitsunfähig sei und die Agentur für Arbeit die Fortwirkung zuvor in der Meldeaufforderung bestimmt habe. Insbesondere bewirke diese Bestimmung nicht, dass die Meldepflicht bei Arbeitsunfähigkeit ganz entfalle. Sie solle das Meldeverfahren für die Arbeitsverwaltung und die Leistungsberechtigten lediglich vereinfachen, Missbrauchsmöglichkeiten einschränken und der Arbeitsverwaltung die mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbundene erneute Meldung des Arbeitslosen ersparen, wenn sie aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit gleichzeitig einen wichtigen Grund für das Nichterscheinen zum Meldetermin annähme. Überdies führe das bloße Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht zur Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung. Ob ein wichtiger Grund für das Nichterscheinen gegeben war, sei vielmehr eine Frage der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer auf die unterbliebene Meldung erfolgten Sanktionsentscheidung nach § 32 Absatz 1 S. 1 SGB II. Denn habe der Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund zum Nichterscheinen, bleibe das Verhalten ohne Sanktion (§ 32 Abs. 1 S. 2 SGB II). Schließlich unterliege der Kläger der in § 59 SGB II in Verbindung mit § 309 Abs. 2 SGB III normierten Pflicht zur Meldung, solange er Leistungen nach dem SGB II beziehe. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Vorschrift bestünden nicht. Weder seien diese vom Kläger vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Die Meldeaufforderung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers oder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil die Meldepflicht aus § 59 SGB II grundsätzlich alle Bezieher von Arbeitslosengeld II treffe.
Die am 28. Februar 2013 eingelegte Berufung begründet der Kläger zum einen damit, dass eine Wiederholungsgefahr für ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Rechtslage bestehe. Der arbeitslose Kläger müsse trotz vorgelegter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen damit rechnen, erneut Meldeaufforderungen zu erhalten. Dies sei hinreichend konkret um ein Feststellungsinteresse zu begründen. Zum anderen habe ein wichtiger Grund im Sinne des § 31 Abs. 1 S. 2 SGB II vorgelegen um der Meldeaufforderung des Beklagten nicht nachzukommen. Hierfür genüge die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, wie vom Kläger erbracht. Das bereits im Eilverfahren zum Aktenzeichen S 34 AS 3243/11 ER überreichte Attest der Nervenärztin des Klägers habe spezifiziert belegt und glaubhaft gemacht, warum er der Meldeaufforderung zum 30. September 2011 nicht habe nachkommen können. Es sei nicht bekannt, dass der Beklagte das Attest als wichtigen Grund sofort anerkannt habe, weshalb der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung auch erforderlich gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichtes vom 31. Januar 2013 festzustellen, dass die Meldeaufforderung vom 23. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2011 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin mit schriftlicher Erklärung vom 9. bzw. 16. April 2013 einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Sachakten des Beklagten Bezug genommen, die dem Gericht bei seiner Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Der Berichterstatter konnte im Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senates entscheiden (§ 154 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Sie ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die streitgegenständlichen Bescheide des Beklagten erweisen sich als rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung derer Rechtswidrigkeit. Zur Begründung verweist das Gericht gemäß § 153 Abs. 2 SGG vollen Umfangs auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts.
Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen weist das Gericht ergänzend noch auf Folgendes hin: Das Berufungsgericht teilt die Zweifel des Sozialgerichts an der Zulässigkeit der Klage im Hinblick auf das Feststellungsinteresse. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Bescheides mit Blick auf die Wiederholungsgefahr setzt stets einen konkreten Sachverhalt voraus, für den der Behörde im Wiederholungsfall untersagt werden soll, auf die im Streit befindliche Weise zu verfügen. Der der streitbefangenen Verfügung vorausgegangene Sachverhalt zeichnet sich jedoch durch eine Vielzahl von Details und Spezialitäten aus, deren genaue Wiederholung nicht wahrscheinlich ist. Eine Rechtswidrigkeitsfeststellung hätte vor diesem Hintergrund zum einen wegen der Detailliertheit, mit der sie ausgesprochen werden müsste, zum anderen wegen der geringen Wahrscheinlichkeit, mit der genau dieser Sachverhalt wieder eintreten wird, keine hinreichende Rechtswirkung. Zum einen hat der Beklagte sich aufgrund der hier konkret im Vorfeld aufgetretenen häufigen Missachtung von Meldeterminen durch den Kläger veranlasst gesehen an den vorliegend im Streit stehenden Meldetermin besondere Anforderungen an den Nachweis eines wichtigen Grundes für die Absage zu stellen. Zum anderen waren genau die vom Kläger vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und das nervenärztliche Attest Anlass für die Behörde, an dem Meldetermin zunächst festzuhalten. Auch insoweit bestehen erhebliche Zweifel, dass der Sachverhalt sich in genau der geschehenen Weise wiederholen könnte.
Ebenso teilt das Gericht in materieller Hinsicht die in der Beschwerde noch einmal zum Ausdruck gekommene Rechtsauffassung des Klägers nicht. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung grundsätzlich als Nachweis dafür, den Meldetermin nicht wahrnehmen zu können, und damit als wichtiger Grund im Sinne von § 31 Abs. 1 S. 2 SGB II anerkannt wird (Berlit in LPK-SGB II, 4. Auflage, 2011 § 31 Rn. 67). Zu Recht haben der Beklagte und das Sozialgericht jedoch angenommen, dass die nachgewiesene Arbeitsunfähigkeit nicht in jedem Einzelfall gleichbedeutend mit einer krankheitsbedingten Unfähigkeit, zu einem Meldetermin zu erscheinen, ist. Eine vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat keine Bindungswirkung und ist im Zweifelsfall auf ihre Tragfähigkeit zu überprüfen (so auch BSG, Urteil vom 9. November 2010, B4AS 27/10 R, Juris). Das Berufungsgericht teilt die Einschätzung des Sozialgerichts, wonach der Kläger mit seinem dem Meldetermin vom 30. September 2011 vorangegangenen Verhalten Anlass dafür gegeben hat, die Vorlage einer besonderen Bescheinigung über die krankheitsbedingte Unfähigkeit zur Wahrnehmung des Meldetermins, zu verlangen. Nach der Vorlage dieser weitergehenden Bescheinigung durch die Nervenärztin des Klägers hat der Beklagte auch angemessen reagiert. Denn nach deren – erstmaligen – Übersendung am 4. Oktober 2011 an den zuständigen Standort in B. wurde dieser vom Beklagten umgehend als wichtiger Grund anerkannt. Der Beklagte hat in seinem Schriftsatz vom 21. November 2011 im bereits erwähnten einstweiligen Rechtsschutzverfahren dies bereits vorgetragen (Schriftsatz, Seite 1 unten) und daraus ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis für das gerichtliche Eilverfahren abgeleitet. Eine Sanktionierung des Klägers als Folge der Nichtwahrnehmung des fraglichen Meldetermins ist in der Konsequenz daher auch nicht mehr erfolgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
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