L 9 U 343/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 3239/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 343/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17. Oktober 2012 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts (SG) Stuttgart vom 17.10.2012, mit welchem dieses ihre Klage auf Feststellung einer Subluxation des Sternoclaviculargelenks rechts als Folge des Arbeitsunfalls vom 12.11.2007 abgelehnt hat.

Das Urteil vom 17.10.2012 wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 17.12.2012 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Das Berufungsschreiben vom 16.1.2013 ist beim Landessozialgericht (LSG) am 21.1.2013 eingegangen.

Mit Schriftsatz vom 14.2.2013 hat der Bevollmächtigte der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu angegeben, er habe die Berufung am 15.1.2013 diktiert, die dann am 16.1.2013 geschrieben worden sei. Da er am 16.1.2013 ab 16:00 Uhr Besprechungen gehabt habe, habe Rechtsanwalt D. in Vertretung die Berufung unterschrieben und diese gegen 16:30 Uhr in das Postausgangsfach gelegt. Die Rechtsanwaltsfachangestellte Katharina B. (B.) habe am 16.1.2013 sämtliche im Postausgangsfach liegende Post fertig gemacht, d.h. diese einkuvertiert, frankiert und die einkuvertierte und frankierte Post gegen 17:15 Uhr zum Postamt Sindelfingen verbracht, dort eingeworfen bzw. in den im Postamt bereit gestellten Behälter gelegt. Die Post werde dort um 17:30 Uhr, sofern im Briefkasten, geleert und um 18:00 Uhr, sofern in den bereit gestellten Behälter eingelegt, versorgt. B. erinnere sich noch gut an den 16.1.2013, weil an diesem Tag die Post teilweise mit Briefmarken habe frankiert werden müssen, nachdem die Frankiermaschine nicht durchgehend funktioniert habe. Die mit Briefmarken frankierte Post habe sie in den Briefkasten eingeworfen und die mit der Frankiermaschine frankierte Post in die bereit gestellten Behälter eingelegt. B. hat eidesstattlich versichert, dass die von Rechtsanwalt F. gemachten Ausführungen ihre Tätigkeit richtig geschildert hätten.

In der vom Senat angeforderten eidesstattlichen Erklärung von B., wie sie das Berufungsschreiben vom 16.1.2013 im Einzelnen frankiert habe, wieviel Post im Postausgangsfach der Kanzlei gegen 17:15 Uhr gelegen habe, ob sie das Berufungsschreiben vom 16.1.2013 in den Briefkasten eingeworfen oder in den Behälter eingelegt habe, hat sie unter dem 2.5.2013 u.a. erklärt, ab ca. 16:30 Uhr habe sie sämtliche im Postausgangsfach liegende Post herausgenommen, einkuvertiert und mit der Frankiermaschine frankiert. Da die Frankiermaschine plötzlich nicht mehr richtig funktioniert habe, habe sie ihre Kollegin gebeten, beim ca. 150 m von der Kanzlei entfernten Postamt Briefmarken zu kaufen, ihrer Erinnerung nach zehn Stück zu 0,58 EUR und zehn Stück zu 0,90 EUR. Kurz nach 17:00 Uhr sei sie mit sämtlichen frankierten Poststücken zur Post gegangen, habe die mit der Frankiermaschine frankierten Schreiben in den Behälter innerhalb des Postamts geworfen und die mit Briefmarken frankierten Schriftstücke in den Briefkasten außerhalb des Postamts. Soweit sie sich erinnern könne, habe sie die Berufungsschrift mit einer Briefmarke frankiert, da sie meine, dass diese nach Beginn des Frankierens von Rechtsanwalt Dragoja in das Postausgangsfach gelegt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

ihr wegen Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist unzulässig, weil sie verspätet eingelegt worden ist.

Gemäß § 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt ist.

Gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung beim Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist beim Sozialgericht eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Berufungsfrist gemäß § 151 Abs. 1 SGG ist hier versäumt.

Die Berechnung der Berufungsfrist richtet sich nach § 64 SGG. Die Frist beginnt mit dem Tage nach der Zustellung (des Urteils) zu laufen (§ 64 Abs. 1 SGG) und endet mit dem Ablauf desjenigen Tages, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt (§ 64 Abs. 2 SGG). Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 64 Abs. 3 SGG).

Das angefochtene Urteil enthält eine zutreffende Rechtsmittelbelehrung. Sowohl die Frist für die Berufung, die Form der Berufungseinlegung und die Stellen, bei denen die Berufung eingelegt werden kann, sind zutreffend benannt (§ 66 Abs. 1 SGG).

Das Urteil des SG vom 17.10.2012 ist dem Bevollmächtigten der Klägerin ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 17.12.2013 zugestellt worden. Nach § 64 Abs. 1 SGG hat der Lauf der Berufungsfrist mit dem Tage nach der Zustellung, also am 18.12.2012, begonnen und nach § 64 Abs. 2 S. 1 SGG mit Ablauf des 17.1.2013 (einem Donnerstag) geendet. Die im Urteil enthaltene Rechtsmittelbelehrung ist vollständig und weist insbesondere auf die Monatsfrist des § 151 SGG hin.

Die Berufung ist indes erst am Montag den 21.1.2013 beim LSG eingegangen und ist daher verspätet eingelegt worden.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs. 1 SGG. Nach dieser Vorschrift ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Tatsachen zur Begründung der Wiedereinsetzung sollen glaubhaft gemacht werden (§ 67 Abs. 2 Satz 2 SGG). Die Klägerin war jedenfalls nicht ohne Verschulden gehindert, die Berufungsfrist einzuhalten.

Die Berufungsfrist ist nur dann ohne Verschulden nicht eingehalten, wenn diejenige Sorgfalt angewandt wird, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zuzumuten ist, so dass auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt durch einen gewissenhaft Prozessführenden die Versäumnis der Verfahrensfrist nicht vermeidbar gewesen ist (BSG, Urteil vom 27. Mai 2008 - B 2 U 5/07 R - in SozR 4-1500 § 67 Nr. 6 und in Juris, Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 10. Auflage § 67 Rn. 3 m.w.N.).

Vorliegend sind keine Tatsachen glaubhaft gemacht, die belegen würden, dass die Klägerin bzw. ihr Bevollmächtigter, deren Verschulden sich die Klägerin zurechnen lassen muss (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O. § 67 Rn. 3e), ohne Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten. Denn aus den eidesstattlichen Erklärungen von B. ergibt sich nicht, dass sie konkrete Erinnerungen an das Berufungsschreiben vom 16.1.2013 hat. Denn nach ihren Angaben wurden die im Postausgangsfach der Kanzlei am 16.1.2013 liegenden Schreiben entweder mit der Frankiermaschine frankiert oder mit den gekauften Briefmarken zu 0,58 EUR bzw. 0,90 EUR versehen. Der beim LSG am 21.1.2013 eingegangene Briefumschlag ist jedoch mit einer Briefmarke zu 1,45 EUR versehen, und zwar einer Briefmarke, die üblicherweise nicht im Postamt gekauft wird, sondern aus den Briefmarkenautomaten gezogen werden kann. Darüber hinaus war diese Briefmarke mit einem Tesafilmstreifen überklebt. Da B. in ihren eidesstattlichen Erklärungen weder eine Frankierung des Berufungsschreibens vom 16.1.2013 mit einer Briefmarke zu 1,45 EUR noch mit einer aus dem Briefautomaten gezogenen Briefmarke und auch nicht das Überkleben mit einem Tesafilmstreifen schildert, ist schon nicht glaubhaft gemacht, dass sie am 16.1.2013 dieses Berufungsschreiben frankiert und zur Post gebracht hat. Darüber hinaus fehlt auch ein Poststempel vom 16.1.2013.

Der Senat hat auch keinen Grund gesehen, die mit Schriftsatz vom 17.5.2013 gesetzte Frist zur Stellungnahme (bis 31.5.2013) zu verlängern, zumal dem Bevollmächtigten schon mit Schreiben vom 7.5.2013 die erheblichen Tatsachen mitgeteilt worden waren. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern eine nochmalige Rücksprache mit Rechtsanwalt D. notwendig sein soll, zumal die maßgebliche eidesstattliche Erklärung von der Rechtsanwaltsfachangestellten B., und nicht von Rechtsanwalt D., stammt.

Da somit nicht glaubhaft gemacht ist, dass die Berufungsfrist ohne Verschulden der Klägerin bzw. ihres Bevollmächtigten nicht eingehalten worden ist, verwirft der Senat die nicht fristgemäß eingelegte Berufung als unzulässig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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